Inhalt

LG München I, Endurteil v. 16.04.2025 – 14 O 14203/22
Titel:

Gerichtsstandsvereinbarung, Streitwertfestsetzung, Zeugnisverweigerungsrecht, Getrenntleben, Willenserklärungen, Richterliche Überzeugungsbildung, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Verjährung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Kostenentscheidung, Zuständigkeitsvereinbarung, Anderweitige Erledigung, Richterlicher Hinweis, Darlehensrückzahlungsanspruch, Prozeßbevollmächtigter, Elektronischer Rechtsverkehr, Duldungsvollmacht, Darlehensverträge, Gewerbegeheimnis, Geheimhaltungspflicht

Schlagworte:
Internationale Zuständigkeit, Schriftliche Darlehensverträge, Zuständigkeitsvereinbarung, Schlüssigkeitsanforderungen, Vertretungsmacht, Beweiswürdigung, Verzugszinsen
Fundstelle:
BeckRS 2025, 7698

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 182.694,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.09.2022 zu zahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 32.348,19 € zu zahlen.
III. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 3.311,18 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.05.2023 zu zahlen.
IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
V. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 182.694,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Rückzahlung angeblicher Darlehen.
2
Der Kläger ist ein in München wohnhafter Fernsehproduzent, die in London wohnhafte Beklagte ein in der Öffentlichkeit stehendes Model und eine TV-Persönlichkeit, die insbesondere durch ihre Ehe mit dem Tennisstar ... bekannt wurde.
3
Die Parteien lernten sich kurz vor der Trennung der Beklagten von ihrem damaligen Ehemann kennen und führten ab dem Jahr 2018 vorübergehend eine Beziehung, deren emotionale Intensität im Einzelnen streitig ist. Im Rahmen dieses Kontakts zwischen den Parteien unterstützte der Kläger die Beklagte in erheblichem Umfang finanziell, namentlich durch die Übernahme diverser Rechtsanwalts-, Detektiv- und Reisekosten sowie den Ausgleich von Steuerschulden. Die Beklagte befand sich im damaligen Zeitraum, insbesondere aufgrund der Trennung von ihrem Ehemann und des sich daran anschließenden Scheidungsverfahrens, in einer finanziell angespannten Situation.
4
Manager der Beklagten war seinerzeit der Zeuge ... .
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Mit vorgerichtlichem Schreiben der Klägervertreterin vom 13.10.2022 wurde die Beklagte erfolglos zur Rückzahlung der klagegegenständlichen Beträge einschließlich Zinsen bis zum 24.10.2022 aufgefordert.
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Der Kläger nimmt die Beklagte derzeit auch vor einem Zivilgericht in ... auf weitere Darlehensrückzahlungen erheblichen Umfangs in Anspruch.
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Der Kläger behauptet insbesondere, es sei zwischen den Parteien stets klar gewesen, dass die Beklagte die von ihm erbrachten Unterstützungsleistungen zurückzuzahlen habe. Dies habe die Beklagte auch in Gesprächen mit weiteren Personen, u.a. den Zeugen ... und ... wiederholt so bestätigt. Er habe sich diesbezüglich zuletzt absichern wollen und daher die Entwürfe der Darlehensverträge („Private Loan Agreement[s]“, vgl. Anlagen K 1 und K 2) bei einem Rechtsanwalt in Auftrag gegeben. Es sei beabsichtigt gewesen, der Beklagten die klägerseits bereits unterzeichneten Vertragsentwürfe über den Zeugen ... vorlegen und sodann von der Beklagten selbst unterzeichnen zu lassen. Letztlich sei dann aber die gescannte Unterschrift der Beklagten vom Zeugen – nach diesbezüglicher Absprache zwischen dem vorbenannten Zeugen und der Beklagten – in beide Dokumente eingefügt worden.
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Eine Schenkung sei bezüglich der streitgegenständlichen Leistungen klägerseits zu keinem Zeitpunkt gewollt gewesen und mit der Beklagten auch nicht vereinbart worden.
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Der Kläger meint vor diesem Hintergrund insbesondere, dass sich die klagegegenständlichen Ansprüche bereits aus den zwischen den Parteien wirksam geschlossenen schriftlichen Darlehensverträgen (Anlagen K 1 und K 2) ergäben.
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Das Landgericht München I sei aufgrund einer wirksam vorgenommenen Gerichtsstandsvereinbarung sowohl international als auch sachlich und örtlich zuständig. Deutsches Recht finde Anwendung.
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Der Kläger beantragt daher zu erkennen:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 182.694,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.09.2022 zu zahlen.
II. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger 32.348,19 € zu zahlen.
III. Die Beklagte wird zudem verurteilt, an den Kläger 3.311,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt demgegenüber:
Die Klage wird abgewiesen.
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Die Beklagte behauptet namentlich, es sei mit dem Kläger nie darüber gesprochen worden, dass sie die streitgegenständlichen Beträge zurückzahlen müsse. Der Kläger und sie seien nach ihrer Trennung von ... ein Paar geworden. Der Kläger habe während der Beziehung mit ihr von sich aus angeboten, sie finanziell zu unterstützen, was ihm dessen finanzielle Mittel auch durchaus erlaubt hätten. Sie habe ihrem damaligen Manager, dem Zeugen ... zu keinem Zeitpunkt erlaubt, mit ihrer Signatur bzw. eingescannten Unterschrift private Vereinbarungen zu unterzeichnen; dies gelte insbesondere für die verfahrensgegenständlichen Darlehensverträge.
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Die Beklagte ist insbesondere der Ansicht, das klägerseits angerufene Gericht sei mangels wirksamer Gerichtsstandsvereinbarung unzuständig. Auch sei deutsches Recht aufgrund der Unwirksamkeit der Darlehensverträge (Anlagen K 1 und K 2) nicht anwendbar. Mangels Vollmacht könne der Zeuge ... die streitgegenständlichen Verträge nicht mit Wirkung für und gegen sie unterzeichnet haben. Das bloße Einfügen ihrer eingescannten Unterschrift durch den Zeugen stelle überdies keine wirksame elektronische Signatur dar.
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In Bezug auf die Zahlungen des Klägers sei vollumfänglich von Schenkungen auszugehen. Hilfsweise beruft sich die Beklagte insbesondere auf die von ihr vorsorglich erklärte Anfechtung, weil ihr die Verträge jedenfalls „untergeschoben“ worden seien.
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Das Gericht hat die Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2025 formlos angehört. Darüber hinaus ist Beweis erhoben worden durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und ... .
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Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die Klageschrift vom 25.11.2022, den Schriftsatz der Beklagten vom 21.06.2023, die Klageerwiderung vom 13.07.2023, die Replik vom 28.08.2023, die Duplik vom 06.10.2023 sowie die Schriftsätze vom 19.01.2024, 06.02.2024, 12.02.2024, 25.03.2024, 02.04.2024, 09.04.2024, 10.04.2024, 12.04.2024, 30.04.2024, 04.06.2024, 14.06.2024, 25.06.2024, 05.07.2024, 22.07.2024, 24.07.2024, 11.02.2025 und 17.02.2025. Ferner wird verwiesen auf die Protokolle der öffentlichen Sitzungen vom 14.02.2024 und 26.02.2025.

Entscheidungsgründe

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Die vor dem zuständigen Gericht erhobene Klage ist zulässig und erweist sich in vollem Umfang als begründet.
I.
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Die Klage ist zulässig.
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1. Das angerufene Gericht ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien (Anlagen K 1 und K 2) international zuständig.
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Das – strittige – Vorliegen wirksamer schriftlicher Darlehensverträge („Private Loan Agreement[s]“) ist aufgrund der darin enthaltenen Zuständigkeitsvereinbarung nicht nur Voraussetzung für die Zuständigkeit des Gerichts, sondern auch für die Prüfung des materiell-rechtlichen Bestehens des Anspruchs von Bedeutung (sog. doppelrelevante Tatsache, vgl. hierzu u.a. BGH NJW-RR 2008, 516; BGHZ 124, 237 [241]). Jedoch werden die seitens der jeweiligen Klagepartei schlüssig behaupteten doppelrelevanten Tatsachen im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung als gegeben unterstellt. Ob sie tatsächlich gegeben sind, ist eine Frage der Begründetheit (BGH NJW-RR 2008, 516; BGHZ 124, 237 [240]; BGHZ 132, 105 [110]).
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Ausgehend hiervon genügt der klägerische Vortrag den Schlüssigkeitsanforderungen. Das Vorliegen schriftlicher Darlehensverträge mit entsprechender wirksamer Zuständigkeitsvereinbarungen ist vom Kläger insbesondere im Wege der Vorlage entsprechender Dokumente zumindest schlüssig dargetan worden.
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2. Das Gericht ist auf Grundlage der sich aus den Verträgen ergebenden Gerichtsstandsvereinbarung auch sachlich und örtlich zuständig. Auf die obigen Ausführungen zur Behauptung wirksamer Darlehensverträge als doppelrelevante Tatsache wird verwiesen.
II.
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Der Kläger kann nach § 260 ZPO mehrere Klageanträge stellen, weil dasselbe Prozessgericht für die Streitgegenstände zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.
III.
25
Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte zunächst ein Rückzahlungsanspruch aus gewährten Darlehen auf Grundlage der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge (Anlagen K 1 und K 2) i.V.m. § 488 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB in Höhe von 182.694,00 € zu.
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1. Die Parteien haben die klägerseits als Anlagen K 1 und K 2 vorgelegten Darlehensverträge wirksam geschlossen.
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a) Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei den Verträgen ausweislich ihrer Überschrift sowie in Ansehung des Wortlauts der Vereinbarungen und ihres Inhalts um Darlehensverträge i.S.v. § 488 BGB. Dem steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die vertragsgegenständlichen Leistungen des Klägers bereits (längere Zeit) vor Vertragsschluss erbracht worden waren. Einer näheren Betrachtung bedarf diese rechtliche Fragestellung in Ermangelung ihrer Entscheidungserheblichkeit indes nicht. Denn auch wenn der vertragliche Konsens als Anerkenntnis, nachträgliche Zinsabrede oder eine diesbezügliche Mischform auszulegen wäre, würden sich die Verträge (ohne Heranziehung des § 488 BGB) als tragfähige Grundlage für die klägerischen Zahlungsansprüche erweisen.
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b) Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich aus der diesbezüglichen, wirksamen Vereinbarung in den Darlehensverträgen. Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass freilich auch das Zivilrecht ... einen Darlehensrückzahlungsanspruch bzw. ein Anerkenntnis kennen würde.
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c) In Bezug auf den Abschluss der streitgegenständlichen Verträge ist zunächst von einem klägerseitigen Angebot auszugehen.
31
Indem der Kläger die Vertragsunterlagen (Anlagen K 1 und K 2) der Beklagten zukommen ließ, gab er zumindest konkludent ein wirksames Vertragsangebot gem. § 145 BGB ab. Der Zeuge ... – der damalige Manager der Beklagten, den der Kläger darum gebeten hatte, die Vertragsunterlagen der Beklagten vorzulegen und der dieser Bitte unter Einschaltung seiner Angestellten ... auch nachkam – fungierte dabei als Erklärungsbote. Bote einer Erklärung ist derjenige, der im Gegensatz zum Stellvertreter keine eigene, sondern eine Willenserklärung des Geschäftsherrn übermittelt und damit lediglich den Zugang einer bereits abgegebenen Willenserklärung bewirkt (MüKoBGB/Schubert BGB, § 164 Rn. 78). Vorliegend übermittelte der Zeuge ... unter Einschaltung seiner Mitarbeiterin das Vertragsangebot des Klägers an die Beklagte und bewirkte damit den wirksamen Zugang dieser Willenserklärung.
32
In diesem Zusammenhang beweisen insbesondere die glaubhafte Aussage des Zeugen ... sowie ein Auszug aus der WhatsApp-Kommunikation zwischen den Parteien (Anlage K 20), dass der Beklagten die Vertragsunterlagen auch tatsächlich vorlagen.
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Zur weiteren Würdigung der erhobenen Beweise wird auf die Ausführungen unter III. 1. g) der Entscheidungsgründe verwiesen.
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Das Gericht ist insoweit außerdem davon überzeugt, dass die der Beklagten zugeleiteten Unterlagen bereits zu diesem Zeitpunkt vom Kläger unterzeichnet waren. Diese Überzeugung wird insbesondere auf die glaubhafte diesbezügliche Aussage des Klägers gestützt, der sich im Rahmen seiner formlosen Anhörung noch konkret daran ... konnte, die Vertragsdokumente während eines Fluges unterschrieben und sodann per E-Mail an den Zeugen ... übersandt zu haben. Soweit der Zeuge ... demgegenüber in seiner Vernehmung angegeben hat, die Verträge seien nach seiner ... zu diesem Zeitpunkt klägerseits noch nicht unterschrieben gewesen, geht das Gericht davon aus, dass der Zeuge dieses – für ihn zum damaligen Zeitpunkt nicht relevante – Detail des überdies bereits längere Zeit zurückliegenden Vorgangs nicht mehr vor Augen hatte, zumal er auch angegeben hat, die Verträge zunächst nur überflogen und sodann an seine Schwester und Mitarbeiterin  ... weitergeleitet zu haben, damit sie die Verträge der Beklagten zur Unterschrift habe vorlegen können.
35
Ergänzend weist das Gericht in diesem Kontext darauf hin, dass auch die Vorlage klägerseits noch nicht unterzeichneter Vertragsunterlagen als verbindliches Angebot zu bewerten wäre. Denn die anwaltlich detailliert und abschließend ausformulierten Darlehensverträge stellten sich offenkundig nicht lediglich als Information, Diskussionsgrundlage oder bloße Einladung zum Antrag dar. Daran ändert auch der darin auftretende offensichtliche Schreibfehler betreffend den – in Deutschland wohl wenig geläufigen – Vornamen der Beklagten nichts.
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Die Erklärungen der Parteien waren überdies nicht an ein Formerfordernis gebunden. Auch in diesem Lichte hätte es einer – zumal vorherigen – Unterschrift des Klägers nicht zwingend bedurft.
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d) Die Beklagte nahm das Angebot des Klägers in der Folgezeit auch vollumfänglich an.
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Diese Annahme ist im Einfügen der eingescannten Unterschrift der Beklagten auf den Vertragsdokumenten durch den Zeugen ... zu sehen, §§ 147, 164 Abs. 1 S. 1 BGB.
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Insoweit gilt namentlich:
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Das Einfügen der Unterschrift durch den Zeugen ... ist der Beklagten gem. § 164 Abs. 1 BGB als Annahmeerklärung zuzurechnen. Denn der damalige Manager der Beklagten handelte – indem er die eingescannte Unterschrift der Beklagten in die Vertragsunterlagen einsetzte – als Vertreter der Beklagten i.S. der vorgenannten Norm.
41
Das Einsetzen der gescannten Unterschrift der Beklagten stellt einen tatsächlichen Erklärungsakt mit rechtlichem Erklärungsinhalt (vgl. BGH BeckRS 2019, 27039 Rn. 20; BGHZ 21, 102 [106 f.]) und somit eine Willenserklärung des Zeugen ... dar. Eine solche einfache elektronische Signatur (siehe Voigt/Herrmann/Danz: Die elektronische Signatur und ihre Einsatzmöglichkeiten für digitale Vertragsschlüsse, NJW 2020, 2991 Rn. 5) reicht jedenfalls für den Abschluss eines Darlehensvertrags nach § 488 Abs. 1 BGB aus, weil dieser grundsätzlich formfrei erfolgen kann (MüKoBGB/K.P. Berger, § 488 Rn. 6; OLG Koblenz WM 2013, 842 [843]).
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Vorliegend ist überdies das Offenkundigkeitsprinzip gewahrt, obschon der Zeuge ... nicht mit seinem eigenen Namen – und einem etwaigen klarstellenden Zusatz wie z.B. i.V. – unterschrieb, sondern die eingescannte Unterschrift der Beklagten in den Vertrag einfügte. Denn insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger die vertraglichen Unterlagen nicht unmittelbar der Beklagten, sondern ihrem Manager zuleitete. Dem Kläger musste daher klar gewesen sein, dass ggf. ein Handeln des Managers im Namen der Beklagten erfolgen würde. Dies gilt umso mehr, als nach den glaubhaften Angaben der Zeugen ... und ... – jeweils ehemalige Manager der Beklagten – von einer Branchenüblichkeit der Vorgehensweise des Zeugen ... auszugehen ist. So haben beide Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass es bei der Vertretung ihrer Klienten immer wieder vorkomme, dass Verträge nicht unmittelbar vom jeweiligen Künstler oder vom Manager unterzeichnet würden, sondern – mit Einverständnis des jeweiligen Vertretenen – dergestalt, dass der Manager bzw. die Managerin die gescannte Unterschrift des Künstlers einfüge. Auch der Kläger ist vorliegend als TV-Produzent letztlich derselben Branche zuzurechnen und daher mit der entsprechenden Vorgehensweise vertraut. Für den Kläger war daher hinreichend ersichtlich, dass auch im vorliegenden Fall auf diese Weise vorgegangen werde.
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Der Vertretene kann ausdrücklich benannt werden oder sich – wie hier – aus den Umständen des Vertretergeschäfts ergeben (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB), ohne dass es zur namentlichen Nennung kommen muss. Grundsätzlich muss der Vertretene bestimmt oder bestimmbar, also individualisierbar sein (MüKoBGB/Schubert, BGB § 164 Rn. 113). Dies ist hier auch deshalb der Fall, weil die Vertragsparteien in Ansehung der anwaltlich gefertigten Darlehensverträge von vornherein unabänderlich feststanden. Auf Darlehensnehmerseite kam hier per se nur die Beklagte als Vertragspartei in Betracht.
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An der vorstehenden rechtlichen Bewertung ändert sich auch dann nichts, wenn man bedenkt, dass der Kläger hier offenbar erst nachträglich abschließende Klarheit darüber erlangte, dass die Beklagte die Verträge tatsächlich nicht selbst unterschrieben hatte. Wollte man sich der oben dargestellten Auffassung nicht anschließen, mithin nicht von einem Handeln in fremdem Namen, sondern lediglich unter fremdem Namen ausgehen, ließe dies das Ergebnis gleichwohl unberührt. Denn auch dann würde nach der Rechtsprechung des BGH (siehe namentlich BGH NJW 2011, 2421) der Vertragspartner – vorliegend also die Beklagte – verpflichtet werden, wenn – wie hier – dem Namensträger (S. ... die Beklagte) die abgegebene Willenserklärung jedenfalls nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zuzurechnen wäre.
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Dies ist hier der Fall.
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Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln des Dritten kennt und trotz Verhinderungsmöglichkeiten duldet und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist. Bereits einmaliges Gewährenlassen kann eine Duldungsvollmacht begründen. Voraussetzung ist stets analog § 173 BGB, dass der andere Teil gutgläubig hinsichtlich einer Vollmacht ist (Spindler/Schuster/Spindler, 4. Aufl. 2019, BGB § 164 Rn. 8).
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Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln des Dritten zwar nicht positiv kennt, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere Teil annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters. Für die Annahme einer Anscheinsvollmacht ist regelmäßig zusätzlich eine gewisse Häufigkeit und Dauer des Verhaltens des angeblich Vertretenen erforderlich, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung des Dritten schließen zu können glaubt. Die andere Partei muss analog § 173 BGB gutgläubig hinsichtlich des Bestehens einer Vollmacht sein (Spindler/Schuster/Spindler, a.a.O.).
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Die vorgenannten Voraussetzungen sind vorliegend jeweils erfüllt, weil der Beklagten nach Überzeugung des Gerichts bekannt war, dass ihre Manager, so auch der Zeuge ... selbst in privaten Angelegenheiten – in branchenüblicher Weise – wiederholt für sie auftraten und unter Verwendung ihrer Unterschrift bzw. Signatur Verträge für sie abschlossen. An der diesbezüglichen Gutgläubigkeit des – ebenfalls branchenzugehörigen – Klägers bestehen aus Sicht des Gerichts keine Zweifel, zumal dieser auch Vertrauen in die Seriosität und Zuverlässigkeit des ihm gut bekannten Zeugen ... hatte und haben durfte.
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Der Zeuge ... handelte schließlich auch mit Vertretungsmacht. Zwar lässt sich dies nicht bereits aus dessen damaligem Management-Vertrag mit der Beklagten (Anlage B 14) herleiten.
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Zur Überzeugung des Gerichts steht nach durchgeführter Beweisaufnahme jedoch fest, dass die Beklagte dem Zeugen ... erlaubt hatte, ihre eingescannte Unterschrift in die Verträge einzusetzen. Hierdurch erlangte der Zeuge zweifelsfrei Vertretungsmacht für den Abschluss der konkreten streitgegenständlichen Darlehensverträge. Die Aussage des Zeugen ... ist insbesondere deshalb als glaubhaft zu erachten, weil sie mit den Angaben des Klägers und den zur Akte gereichten WhatsApp-Chatverläufen zwischen den Parteien in den maßgeblichen Punkten in Einklang steht und die Angaben des Zeugen keinen Belastungseifer zum Nachteil der Beklagten erkennen ließen. Zudem ist keinerlei relevantes Eigeninteresse des Zeugen am Ausgang des Verfahrens ersichtlich. Die – konträre – Einlassung der Beklagten, das Einscannen ihrer Unterschrift sowie deren Verwendung durch den Zeugen ... seien ohne ihr Einverständnis erfolgt, überzeugt das Gericht hingegen nicht, zumal die widerspruchsfreien, übereinstimmenden Angaben der Zeugen ... und ...- wonach es sich bei dem Einscannen der Unterschrift um eine gängige Praxis in derartigen Management-Verhältnissen handele – als glaubhaft erachtet werden.
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Zur weiteren Würdigung der erhobenen Beweise wird auf die umfassenden diesbezüglichen Ausführungen unter III. 1. g) der Entscheidungsgründe verwiesen.
52
Somit ist insbesondere davon auszugehen, dass dem Zeugen ... – wie branchenüblich - die eingescannte Unterschrift der Beklagten vorlag und er die Unterschrift gelegentlich für Vertragsunterzeichnungen mit Wirkung für die Beklagte verwendete, was der Beklagten bekannt war und von ihr auch gebilligt wurde. So verhielt es sich nach richterlicher Überzeugung auch im vorliegenden Fall.
53
Dass den hier streitgegenständlichen Vereinbarungen private Verbindlichkeiten zugrunde lagen, ändert daran nichts, zumal auch die Zeugin ... glaubhaft ausgeführt hat, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit als Managerin der Beklagten zugleich mit privaten Belangen der Beklagten betraut gewesen sei. Die Zeugin ... hat insoweit angegeben, dass sie die Beklagte ohne Weiteres auch in privaten Angelegenheiten hätte vertreten können und dürfen. Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen beruflichen und privaten Angelegenheiten wurde seitens der Beklagten in diesem Lichte offenbar weder im Rahmen der Tätigkeit der Managerin ... noch des Managers ... praktiziert. Bei einer Klientin, die derart in der Öffentlichkeit stehe, wie die Beklagte, sei bei der Managertätigkeit keine klare Grenzziehung zwischen beruflichen und privaten Belangen mehr möglich, so der Zeuge ... glaubhaft und nachvollziehbar.
54
Da den Zeugen ... und ... als ehemaligen Managern der Beklagten kein Zeugnisverweigerungsrecht zur Seite gestanden hat, ist das Gericht berechtigt gewesen, die Zeugen zu vernehmen und deren Aussagen zu verwerten. Denn vertraglich übernommene Verschwiegenheitspflichten begründen als solche kein Zeugnisverweigerungsrecht (Thomas/Putzo/Seiler, ZPO § 383 Rn. 1; OLG Nürnberg, BayJMBl 54, 66). Auch ergibt sich ein Zeugnisverweigerungsrecht hier nicht aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Danach sind zur Zeugnisverweigerung berechtigt: Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist. Eine Geheimhaltungspflicht der beiden Zeugen kraft Natur der Sache oder durch gesetzliche Vorschrift liegt nicht vor. Erstere Pflicht besteht beispielsweise bei Auskunfteien, Detektiven, Banken und Dolmetschern (Musielak/Voit/Huber/Röß, ZPO § 383 Rn. 6), ist vorliegend aber nicht ersichtlich. Eine gesetzliche Vorschrift i.S.v. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (vgl. z.B. § 85 GmbHG) greift ebenfalls nicht ein. Die Managerposition als solche genügt hierfür jedenfalls nicht.
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Darüber hinaus besteht auch kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 ZPO aus sachlichen Gründen. § 384 Nr. 1 ZPO ist schon deshalb nicht einschlägig, weil die Zeugen ... und ... zu der Beklagten nicht in einem der in § 383 Nr. 1 bis 3 ZPO bezeichneten Verhältnisse (Verlöbnis, Ehe, Verwandtschaft) stehen. Auch § 384 Nr. 3 ZPO scheidet aus. Hiernach kann das Zeugnis über Fragen verweigert werden, die der Zeuge nicht beantworten könnte, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren. Zwar dient diese Vorschrift grundsätzlich nur dem Schutz des Zeugen (Stadler NJW 1989, 1202; Stürner JZ 1985, 453; Gottwald BB 1979, 780), jedoch kann das Geheimnis sowohl sein eigenes als auch ein fremdes sein, wenn dem Dritten gegenüber eine entsprechende Pflicht, z.B. aus einem Arbeitsvertrag (Thomas/Putzo/Seiler, ZPO § 384 Rn. 5; RGZ 53, 40 [42]), besteht. Ein Gewerbegeheimnis betrifft eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, wobei eine weite Auslegung i.S. eines Geschäftsgeheimnisses angebracht ist (Thomas/Putzo/Seiler, ZPO § 384 Rn. 5; OLG Stuttgart WRP 77, 127). Eine entsprechende arbeitsvertragliche Geheimhaltungspflicht hinsichtlich eines Gewerbegeheimnisses ergibt sich zwar vorliegend aus der zwischen der Beklagten und den betreffenden Zeugen vereinbarten vertraglichen Verschwiegenheitsklausel. Allerdings kann der Dritte, dem gegenüber die Geheimhaltungspflicht besteht, nicht auch Prozesspartei sein (MüKoZPO/Damrau/Weinland, § 384 Rn. 13; Stürner JZ 1985, 453 [455 ff.]). Da die Beklagte vorliegend Prozesspartei ist, scheitert das Bestehen des Zeugnisverweigerungsrechts jedenfalls an dieser Voraussetzung.
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Das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts ist beklagtenseits zuletzt – zu Recht – auch gar nicht mehr eingewendet worden.
57
e) Die Annahmeerklärung wurde spätestens mit Zugang an den Kläger wirksam, § 130 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Zugang einer Willenserklärung tritt zu dem Zeitpunkt ein, zu dem nach gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme durch den Adressaten zu rechnen ist (MüKoBGB/Einsele, § 130 Rn. 25). Nach den gewöhnlichen Umständen war mit der Weiterleitung der unterschriebenen Verträge an den Kläger innerhalb weniger Tage zu rechnen. Zur Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen ... fest, dass dieser dem Kläger in der Folgezeit mitteilte, es sei alles in Ordnung und dass beide vereinbarten, der Zeuge ... solle die unterschriebenen Dokumente aufbewahren. Spätestens zu dem Zeitpunkt der entsprechenden Mitteilung durch den Zeugen ... wonach die Vertragsunterzeichnung erledigt sei, nahm der Kläger Kenntnis von der der Beklagten zuzurechnenden Willenserklärung. Die zeitnahe Weiterleitung der Vertragsurkunden selbst an den Kläger war mithin nicht mehr erforderlich. Unerheblich ist in diesem Kontext auch, dass der Zeuge ... den Kläger offenbar erst später darüber informierte, dass nicht die Beklagte selbst unterschrieben, sondern der Zeuge ... – berechtigterweise – die eingescannte Unterschrift der Beklagten bei der Vertragsunterzeichnung verwendet habe.
58
f) Nach alledem ist in rechtlicher Hinsicht von einem wirksamen Zustandekommen der streitgegenständlichen Darlehensverträge (Anlagen K 1 und K 2) zwischen den Parteien auszugehen.
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g) Der vorstehende Sachverhalt steht nach Durchführung der Beweisaufnahme zur vollen Überzeugung des Gerichts fest. Er konnte mitnichten durch die Angaben der Beklagten widerlegt werden.
60
Im Rahmen der Beweiswürdigung ist seitens des Gerichts zunächst zu betonen, dass die Sachverhaltsdarstellung beider Parteien in wesentlichen Punkten signifikant voneinander abweicht. Das streitige Vorbringen steht sich sogar weitgehend unvereinbar und nachgerade konträr gegenüber. Aufgrund der gravierenden diesbezüglichen Diskrepanzen muss letztlich sogar in Erwägung gezogen werden, dass eine der beiden Parteien – entgegen § 138 Abs. 1 ZPO und trotz ausdrücklicher diesbezüglicher Belehrung seitens des Gerichts – nicht zur Wahrheit gefunden hat. Dieser Vorwurf ist gegen die Beklagte gerichtet, was ggf. strafrechtliche Weiterungen nach sich ziehen wird.
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So ist das Gericht vorliegend zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger in allen streitentscheidenden Punkten seiner Darlegungs- und Beweislast zu genügen vermochte. Die klägerseits vorgenommenen Zahlungen stellten hiernach keine Schenkungen dar. Vielmehr waren und sind sie als Darlehen zugunsten der Beklagten zu bewerten. Der klägerseits behauptete Abschluss der streitgegenständlichen Darlehensverträge ist, wie dargelegt, als bewiesen zu erachten.
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Dabei ist zu betonen, dass für die Beweiswürdigung nach § 286 ZPO die folgenden Grundsätze gelten und seitens des Gerichts vorliegend zur Anwendung gebracht worden sind:
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Eine Tatsache ist erst dann zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, wenn das Gericht von der Wahrheit der jeweiligen bestrittenen Tatsache(n) überzeugt ist. Ein bloßes Glauben, Wähnen oder Fürwahrscheinlichhalten berechtigen das Gericht hingegen nicht zur Bejahung eines streitigen Tatsachenvortrags, wobei objektive Wahrscheinlichkeitserwägungen allenfalls Grundlage und Hilfsmittel für die richterliche Überzeugungsbildung sein können. Zwingend hinzukommen muss die subjektive persönliche Entscheidung des Gerichts, ob es die streitige Tatsachenbehauptung als wahr erachtet (BGH NJW 2014, 71; Zöller/Greger, ZPO, § 286 Rn. 18). Andererseits ist mehr als eine subjektive Überzeugung des Gerichts zum Beweis einer streitigen Tatsachenbehauptung auch nicht erforderlich. Absolute Gewissheit zu verlangen, hieße, die Grenze menschlicher Erkenntnisfähigkeit zu ignorieren. Dass die Sachverhaltsfeststellung durch das Abstellen auf ein persönliches Überzeugtsein mit subjektiven Einflüssen belastet wird, ist im Bereich menschlichen Richtens zwangsläufig und unvermeidbar. Das Gericht muss sich mit einer persönlichen Gewissheit begnügen. Hierbei handelt es sich um eine Gewissheit, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 256 = NJW 1970, 946; BGH NJW 2014, 71; Zöller/Greger, a.a.O. Rn. 19).
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Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer durchgeführten Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten ist. Unter Beachtung der Denk- und Naturgesetze, Erfahrungssätze und der gesetzlichen Beweisregeln hat das Gericht im Verlauf des Rechtsstreits gewonnene Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung zu bewerten. Dabei darf es zum Beispiel einer Partei mehr Glauben schenken als einem beeideten Zeugen und trotz mehrerer bestätigenden Zeugenaussagen das Gegenteil einer Beweisbehauptung als bewiesen ansehen. Das Gericht muss nach der Wahrheit streben, darf sie aber nicht zu der Voraussetzung seiner Entscheidung machen. Deshalb muss es sich mit einer persönlichen Gewissheit begnügen, die den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (siehe hierzu auch LG München I, BeckRS 2019, 35276 = ZMR 2020, 652).
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Zu einer solchen persönlichen Gewissheit vermochte das Gericht unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls durchaus zu gelangen. Dabei brauchte es auch nicht von einem non liquet zu Lasten des darlegungs- und beweisbelasteten Klägers auszugehen.
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So hält das Gericht zum einen die Ausführungen des Klägers für glaubhaft, der im Wesentlichen angegeben hat, mit der Beklagten einige Zeit in einer (Liebes-)Beziehung gestanden und ihr aufgrund ihrer damaligen finanziellen Schwierigkeiten in erheblichem Maße geholfen zu haben. Dabei sei zwischen ihm und der Beklagten stets klar gewesen, dass eine spätere Rückzahlung der – hohen – Beträge erwartet werde. Seine finanziellen Mittel hätten es ihm nicht erlaubt, Schenkungen dieser Größenordnung vorzunehmen.
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Dabei wird freilich insbesondere nicht verkannt, dass der Kläger naturgemäß ein ausgeprägtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Die glaubhaften Schilderungen des Klägers finden jedoch zum einen in den vorgelegten Unterlagen eine tragfähige Stütze. Dies gilt zunächst für die streitgegenständlichen Vertragsurkunden selbst. Aber auch die klägerseits zur Akte gereichten E-Mails, Auszüge aus WhatsApp-Chats usw. stützen deutlich die Ausführungen der Klägerseite.
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Bestätigung finden die substantiierten Behauptungen des Klägers zudem in den Aussagen der einvernommenen Zeugen ... und ... .
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Demgegenüber ist auf Beklagtenseite zuvörderst ein weitgehend pauschales Bestreiten der klägerseitigen Behauptungen zu konstatieren. So sei nach den – in weiten Teilen recht allgemeinen und vagen – Angaben der Beklagten insbesondere „nie“ (!) über eine Rückzahlung der klägerseits zur Verfügung gestellten Beträge gesprochen worden.
70
Dies ist jedoch in den Augen des Gerichts unglaubhaft und vermag die klägerseitige Beweisführung nicht zu erschüttern.
71
Auch die weiteren Argumente der Beklagtenseite überzeugen in diesem Zusammenhang nicht.
72
Dies gilt zunächst für den Verweis auf die im Einzelnen streitige seinerzeitige Beziehung zwischen den Parteien, die ihre – während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums bestehende – zwischenmenschliche Verbindung zumindest graduell unterschiedlich dargestellt haben. Klägerseits ist schriftsätzlich – mit gewisser Zurückhaltung – im Wesentlichen ausgeführt worden, man sei „einander zugetan“ gewesen, während die Beklagtenseite u.a. vortragen ließ, man habe „Tisch und Bett geteilt“. In der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2025 ist insoweit seitens des Klägers ergänzt und präzisiert worden, dass er durchaus „verliebt“ gewesen sei. Man habe jedoch Anfang 2019 aufgrund rationaler Überlegungen – fußend namentlich auf der räumlichen Trennung zwischen den Parteien (... bzw. ... sowie der medialen Aufmerksamkeit, die stets auf die Beklagte gerichtet (gewesen) sei – den Entschluss gefasst, dass eine Beziehung zum gegenwärtigen Zeitpunkt „keinen Sinn“ ergebe. Man sei also letztlich „kein Paar“ gewesen.
73
Demgegenüber sei die Beziehung zum Kläger nach den Ausführungen der Beklagten im Rahmen ihrer formlosen Anhörung vom 26.02.2025 „sowas von eng und ernst“ gewesen. Der Kläger sei sogar zusammen mit dem Sohn der Beklagten, ... gereist. Es sei eine „Lüge“, dass man niemals ein Paar gewesen sei.
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Diese – noch vergleichsweise geringen – Abweichungen bezüglich des jeweiligen Parteivortrags sprechen aus Sicht des Gerichts keineswegs gegen die Glaubhaftigkeit der klägerseitigen Ausführungen. Sie streiten ebenso wenig gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers, zumal die emotionale Situation und Involvierung der jeweils beteiligten Personen im Rahmen zwischenmenschlicher Beziehungen naturgemäß voneinander abweichen können. Auch die Grenzen betreffend die Frage, ab wann bzw. wie lange man „ein Paar“ ist, müssen – je nach individueller Anschauung, Empfindung und ... – nicht immer übereinstimmen. Dies gilt aus Sicht des Gerichts im Allgemeinen und trifft augenscheinlich auch auf die hier streitenden Parteien zu. Vorliegend ist im Rahmen dieser – ohnehin nicht stets trennscharf möglichen Abgrenzung – zudem nicht nur das „Innenverhältnis“ der Parteien in den Blick zu nehmen, sondern auch die diesbezügliche Außenwirkung, also das gemeinsame Auftreten gegenüber Dritten oder gar in der Öffentlichkeit zu betrachten. So haben die Parteien im Wesentlichen übereinstimmend angegeben, dass man „in der Öffentlichkeit“ nicht als Paar aufgetreten sei.
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Die Zeugin ... hat dies – aus Sicht des Gerichts zutreffend und prägnant wie folgt zusammengefasst: „Es war bekannt, dass der Kläger ein sehr wichtiger Mensch im Leben der Beklagten war. Es war auch klar, dass sie sich jeweils enger kennen. Offiziell deklariert als Partnerschaft war dieses Verhältnis zwischen den beiden allerdings nicht.“ Eine weitere Beweisaufnahme dazu, wie die Parteien gegenüber Bekannten und Freunden auftraten und einander vorstellten, bedurfte es also nicht. Insoweit könnte sogar eine Wahrunterstellung des Vorbringens der Beklagten vorgenommen werden. Dies betrifft auch die – aus Sicht des Gerichts entbehrliche – Einvernahme der beklagtenseits angebotenen Zeugen ...(...-...) ... .
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In diesem Zusammenhang betont das Gericht ferner, dass zwar innerhalb einer dauerhaften Paarbeziehung unentgeltliche Zuwendungen, Geschenke und dergleichen grundsätzlich wahrscheinlicher sein mögen als im Rahmen einer losen oder weniger emotionalen Verbindung zweier Personen. Dies ist jedoch schon wegen der Vielschichtigkeit und Unterschiedlichkeit zwischenmenschlicher Verbindungen keiner tragfähigen Verallgemeinerung zugänglich. Es kann daher auch kein Erfahrungssatz oder gar eine Art Anscheinsbeweis dafür konstruiert werden, dass im Falle einer finanziellen Unterstützung zugunsten des Partners oder der Partnerin innerhalb einer – wie auch immer ausgeprägten Paarbeziehung – eine Schenkung wahrscheinlicher sei als ein Darlehen, oder gar grundsätzlich von einer Schenkung ausgegangen werden könne. Vielmehr wird diese Beurteilung stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängen. Dabei wird es namentlich auf den Umfang und die Häufigkeit der betreffenden Leistungen, auf die jeweilige finanzielle Leistungsfähigkeit der Partner, deren individuelle Hilfsbereitschaft oder Großzügigkeit, die Intensität der Zuneigung sowie auf eine kaum überschaubare Vielzahl weiterer individueller Faktoren ankommen.
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Die – zumal vornehmlich subjektiv geprägten und von individueller Empfindung getragenen – Behauptungen der Beklagtenseite zur Intensität der vormaligen Beziehung zur Klägerseite widerlegen nach alledem keineswegs die Annahme eines Darlehens.
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Auch der Verweis der Beklagten auf das angeblich hohe bzw. deutliche höhere Einkommen des Klägers und ein – ebenfalls streitiges – dadurch bestehendes wirtschaftliches und finanzielles Gefälle zwischen den Parteien verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Zwar mag der Ausgangspunkt der diesbezüglichen Überlegungen noch plausibel anmuten. So ist durchaus denkbar, dass sich eine finanzielle Unterstützung durch den (ggf. sogar deutlich) wohlhabendere Partner zugunsten der weniger gut situierten Person innerhalb einer Beziehung als Schenkung darstellt. Die diesbezügliche Abgrenzung, namentlich zwischen Schenkung und Darlehen, ist jedoch wiederum individuell und konkret zu beurteilen und nicht pauschal oder abstrakt vorzunehmen.
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Im vorliegenden Fall konnte seitens des Gerichts bereits kein massives finanzielles Gefälle zwischen der Klage- und der Beklagtenpartei festgestellt werden. So verfügt der Kläger zwar offenbar über ein beachtliches regelmäßiges Einkommen. Auch der Beklagten stehen jedoch – wie sogar allgemein bekannt sein dürfte – immer wieder nicht unerhebliche Einnahmequellen zur Verfügung. Hinzu kommt, dass es bei dieser Betrachtung regelmäßig mitunter darauf ankommen wird, welcher Art die konkret erbrachten Leistungen sind. Geht es z.B. eher um alltäglichen Bedarf, der verhältnismäßig geringe Kosten verursacht, mag eine Schenkung wahrscheinlicher sein als bei außergewöhnlichen Anschaffungen, die relativ hohen finanziellen Aufwand verursachen. Im vorliegenden Fall sprechen namentlich die Höhe und Häufigkeit der finanziellen Unterstützung sowie der jeweilige Zweck der Leistungen – die gerade keine alltäglichen Zuwendungen darstellten – nicht mehr für die Annahme einer Schenkung, sondern für die Bejahung eines Darlehens. In diesem Zusammenhang ist seitens des Gerichts die anschauliche und nachvollziehbare Aussage des Klägers zu zitieren, wonach er der Beklagten „sicher […] mal Geld für eine Hose gegeben […] oder Blumen geschenkt habe, also im üblichen Rahmen“. Er habe jedoch „kein Geld mehr übrig [gehabt], um ihr größere Beträge schenkungsweise zur Verfügung zu stellen“. Hierfür streitet auch der Umstand, dass der Kläger zuletzt sogar selbst ein Darlehen aufnehmen musste, um durch die massive finanzielle Unterstützung der Beklagten nicht „ins Dispo zu rutschen“.
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Die Zeugin ... mit der der Kläger gemeinsame Kinder hat, hat dies plakativ so formuliert, dass der Kläger „sein Erbe“ für [die Beklagte] ausgegeben“, also – auch und gerade im Verhältnis zu seinem Einkommen und seinen Vermögensverhältnissen – sehr hohe Ausgaben auf sich genommen habe. Soweit die Zeugin ... den Kläger als „Normalverdiener“ bezeichnet hat, erscheint dies (zumal) aus richterlicher Sicht allerdings eher zurückhaltend formuliert zu sein; hierauf kommt es jedoch nicht maßgeblich an.
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Nach alledem überzeugt der Versuch der Beklagtenpartei, die Zahlungen des Klägers bereits unter Berufung auf dessen wirtschaftliche und finanzielle Verhältnisse – gerade auch in Abgrenzung zu ihren eigenen – als Schenkungen darzustellen, nicht.
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Auch der Umstand, dass die Klägerseite im Rahmen des Verfahrens anfänglich behauptet hat, die Beklagte selbst habe auf den Darlehensverträgen unterschrieben, stellt weder die Glaubhaftigkeit der klägerseitigen Ausführungen noch die Glaubwürdigkeit des Klägers in Abrede. Gleiches gilt für die Angaben des Zeugen ... bzw. dessen Person.
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Zwar ist bei der richterlichen Überzeugungsbildung durchaus zu berücksichtigen, dass der Zeuge in seiner schriftlichen Erklärung vom 01.11.2022 (Anlage K 7) zunächst angegeben hat, die Beklagte habe „am 05.03.2019 die zwei Darlehensverträge unterzeichnet und mir zwecks Weitergabe an Herrn ... zurück[ge]geben“. Diese Erklärung des Zeugen war jedoch (unbewusst) inhaltlich inkorrekt, jedenfalls aber unpräzise und wurde von ihm konsequenterweise mit eidesstattlicher Versicherung vom 16.10.2023 (Anlage K 11) dahingehend abgeändert bzw. präzisiert, dass er selbst die verfahrensgegenständlichen Darlehensverträge „im Auftrag von Frau ... digital unterzeichnet“ habe.
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Dieser Vorgang stellt jedoch die Belastbarkeit der Aussage des einvernommenen Zeugen ... nicht ernstlich infrage. So ist ausdrücklich zu betonen, dass der Zeuge seine damalige irrtümliche Annahme in Bezug auf ein Unterschreiben der streitgegenständlichen Darlehensverträge (Anlage K 1 und K 2) durch die Beklagte auf Vorhalt des Gerichts ohne Zögern eingeräumt hat. Insoweit hat er angegeben, dass er u.a. aufgrund der vorangegangenen diesbezüglichen Absprache mit der Beklagten davon ausgegangen sei, diese werde die Dokumente ohne Weiteres unterschreiben. Dass er in der Folgezeit nicht näher überprüft habe, ob die der Beklagten – von seiner Schwester und Mitarbeiterin ... auf sein Geheiß – vorgelegten Verträge tatsächlich unterschrieben wurden, hat der Zeuge durchaus plausibel damit erklärt, dass für ihn die Sache klar gewesen sei und zudem keine große Bedeutung gehabt habe. Da die Beklagte ihm ebenfalls mehrfach in Gesprächen bestätigt gehabt habe, dem Kläger Geld zu schulden, habe er die Unterzeichnung der Verträge letztlich lediglich als reine Formsache angesehen.
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Was die persönliche Beziehung des Zeugen ... zu beiden Parteien angeht, hat das Gericht namentlich berücksichtigt, dass dieser wohl in einem freundschaftlichen Verhältnis zum Kläger steht, jedenfalls aber stand. Andererseits handelt es sich auch bei ihm um einen ehemaligen Manager der Beklagten, was u.a. für ein nachwirkendes Loyalitätsverhältnis zur Beklagten sprechen könnte. Seitens der Beklagten ist jedenfalls in keiner Weise vorgebracht worden, dass zwischen ihr und dem Zeugen während oder nach seiner Managertätigkeit ein Konflikt auf- oder gar eine Zerrüttung eingetreten sei. Der Zeuge selbst hat sein Verhältnis zur Beklagten ebenfalls positiv dargestellt und dieses als „lang[…], gut[…] und eng[…]“ bezeichnet. Abweichendes ist auch insoweit seitens der Beklagten nicht ausgeführt worden. Es ist damit, wie bereits angesprochen, kein Motiv des Zeugen ... ersichtlich, die Beklagte zu Unrecht zu belasten. Das von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung – sehr vage – angesprochene etwaige finanzielle Interesse des Zeugen ist reine Spekulation.
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Was die vom Zeugen ... bestätigte Branchenüblichkeit des Einfügens einer gescannten Unterschrift des vertretenen Klienten anbelangt, sind die Ausführungen des Zeugen zudem durch die ebenfalls glaubhaften Angaben der Zeugin ... vollumfänglich bestätigt worden. Denn diese Zeugin hat ebenfalls klar und unmissverständlich ausgesagt, dass sie – auch bei Verträgen der Beklagten – als deren vormalige Managerin in einigen Fällen gleichermaßen so vorgegangen sei, was mit der Beklagten auch abgesprochen gewesen sei. Soweit die Beklagte demgegenüber – erneut nur pauschal – verneint hat, dass ihre Manager jemals berechtigt gewesen seien, die Unterschrift der Beklagten in berufliche oder private Verträge einzufügen, ist auch diese Einlassung als widerlegt anzusehen.
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Da die Beklagte die Unterschrift unstreitig nicht selbst vorgenommen hat, kann auch dahinstehen, wo sie sich aufhielt, als der Zeuge ... ihre Unterschrift einfügte. Auch die Zeugin ... brauchte daher unter Berücksichtigung des zuletzt klägerseits dargestellten zeitlichen Ablaufs nicht vernommen zu werden.
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Bei der Zeugin ... – die sowohl von der Kläger- als auch der Beklagtenseite als Zeugin angeboten worden ist – besteht nach Überzeugung des Gerichts ebenso wenig ein Anhaltspunkt dafür, dass sie unwahr zugunsten des Klägers bzw. zulasten der Beklagten ausgesagt haben könnte. So ist insbesondere eine – zumal aktuell noch relevante – persönliche Beziehung zwischen der Zeugin und dem Kläger nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass es sich auch bei der Zeugin ... ebenfalls um eine vormalige Managerin der Beklagten handelt. Mitnichten ist dabei ersichtlich, dass zwischen ihr und der Beklagten Umstände eingetreten sein könnten, die zu einem Belastungseifer der Zeugin hätten führen können. Es ist vielmehr so, dass auch die Zeugin ... – glaubhaft und nachvollziehbar sowie von der Beklagten unwidersprochen – ihr gutes Verhältnis zur Beklagten beschrieben hat. Neben der beruflichen Verbindung habe sogar ein „freundschaftliches“ Verhältnis zur Beklagten bestanden. Es ist daher nicht ersichtlich, warum an der Richtigkeit der Zeugenaussage gezweifelt werden könnte oder gar müsste. Dabei wird nicht übersehen, dass die Zeugin auch ihren Kontakt zum Kläger als „freundschaftlich“ bezeichnet hat, was zugleich darauf hindeuten kann, dass die Zeugin diesen Begriff eher weit auslegt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Gericht der stimmigen Aussage der Zeugin ohne Einschränkung Glauben schenkt. Be- bzw. Entlastungseifer ist mitnichten zu erkennen gewesen.
89
Was die Zeugin ... betrifft, sind deren Angaben indes nur in geringem Umfang in die richterliche Überzeugungsbildung eingeflossen. Die Zeugin wird zwar seitens des Gerichts als glaubwürdig erachtet. Allerdings darf selbstverständlich nicht verkannt werden, dass die Zeugin in einem nach wie vor recht engen persönlichen Verhältnis zum Kläger stehen dürfte. So handelt es sich bei ihr um eine frühere nichteheliche Lebensgefährtin des Klägers und die Mutter seiner Kinder. Auch kümmert sie sich augenscheinlich nach wie vor zumindest teilweise um seine finanziellen Angelegenheiten bzw. unterstützt ihn u.a. in diesem Bereich. Bei der Zeugin darf zudem aus weiteren Gründen ein eigenes Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits zugunsten des Klägers angenommen werden, zumal eine Vermögensminderung in der Person des Klägers – jedenfalls langfristig – eine Schmälerung des Erbes der gemeinsamen Kinder bedeuten könnte.
90
Übersehen wird ferner nicht, dass die Zeugin sich während der formlosen Anhörung der Beklagten bereits im (vollbesetzten) Sitzungssaal befunden hat, was ihr die Möglichkeit gegeben hat, die Anhörung der Beklagten zu verfolgen und deren Inhalt ggf. bei der nachfolgenden eigenen Vernehmung zu berücksichtigen.
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Das Gericht hält jedoch fest, dass die Zeugin nachvollziehbar und widerspruchsfrei angegeben hat, dass im Rahmen eines Telefonats zwischen ihr und der Beklagten auch über Rückzahlung an den Kläger gesprochen worden sei. Ebenso hat die Zeugin bestätigen können, dass einige der Überweisungen des Klägers an die Beklagte bzw. deren Verwandte den Betreff „loan“ (Darlehen) ausgewiesen hätten. Dieser Betreff hätte der Beklagten ebenfalls vor Augen führen können und müssen, dass keine Schenkungsabsicht des Klägers bestand.
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Nimmt man dagegen wiederum die Aussage der Beklagten in den Blick, fällt vornehmlich auf, dass diese – erfolglos – bemüht war, undifferenziert und vollumfänglich in Abrede zu stellen, dass zwischen ihr und dem Kläger jemals darüber gesprochen worden sei, ob die ihr zur Verfügung gestellten Beträge als Darlehen zu bewerten und damit zurückzuzahlen seien. Diese pauschale Einlassung erachtet das Gericht als schlicht unglaubhaft und unzutreffend. Sie steht nicht nur in unauflösbarem Widerspruch zu den glaubhaften Angaben des Klägers, sondern auch zu denen der Zeugen ... und ... die ausdrücklich auch ausgesagt haben, dass über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt über die Rückzahlung der finanziellen Unterstützungsleistungen – auch – des Klägers gesprochen worden sei. Dies sei u.a. in persönlichen Gesprächen in Anwesenheit des Zeugen ... bzw. der Zeugin ... erfolgt, z.T. aber auch in Videokonferenzen, wie von der Zeugin ... ergänzend berichtet. Ob dabei explizit von Darlehen gesprochen wurde und ob die Beklagte wörtlich und konkret bestätigte, Rückzahlungen vornehmen zu werden, ist dabei nicht entscheidend. Ausreichend ist vielmehr, dass aus den konkreten Umständen der (offenbar zahlreichen) Gespräche – wie von den Zeugen bestätigt – unzweideutig hervorging, dass die Beklagte Rückzahlungen an den Kläger schuldete und ihr dies auch klar war.
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Dies ist hier der Fall.
94
Vorliegend war nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers, der Zeugin ... des Zeugen ... und letztlich auch der Zeugin ... der Beklagten durchaus bewusst, dass von ihr eine künftige Rückzahlung geschuldet sei und erwartet werde – und dass damit gerade keine klägerseitigen Schenkungen vorlagen.
95
Dass die Beklagte dies im Rahmen des vorliegenden Verfahrens bis zuletzt aus- und nachdrücklich in Abrede gestellt hat, kann daher seitens des Gerichts mitnichten nachvollzogen werden. Dabei ist hiesigen Erachtens auch ausgeschlossen, dass die Beklagte einem diesbezüglichen Irrtum unterlegen sein könnte. Vielmehr ist ernstlich in Erwägung zu ziehen, dass sie gegenüber dem Gericht sogar bewusst unwahre Angaben gemacht hat. Auch mit einer etwaigen finanziellen Unbedarftheit, Sorglosigkeit oder gar Gleichgültigkeit allein können die gravierenden Diskrepanzen zwischen den klägerischen Angaben und denen aller Zeugen einerseits sowie den Angaben der Beklagten andererseits nicht mehr plausibel erklärt werden.
96
Der Widerspruch zu diversen – klägerseits zur Akte gereichten – Unterlagen kann hier ebenfalls nicht zugunsten der Beklagten aufgelöst werden. Dies gilt namentlich für die E-Mail-Korrespondenz zwischen der Klägerin, der Beklagten und Herrn ..., einem Freund der Beklagten in ... . Herr ... wurde offenbar mit E-Mail vom 05.03.2019 (Anlage K 8) um ein Darlehen in Höhe von 100.000,00 Britischen Pfund zugunsten der Beklagten gebeten. In dieser E-Mail, bei der die Beklagte auf cc gesetzt und die mit „...  and ... unterzeichnet war, ist auch davon die Rede, dass der Kläger der Beklagten bis dato 178.194,00 € (u.a. für Steuerschulden und Anwaltskosten) geliehen bzw. als Darlehen zur Verfügung gestellt habe („I loaned ... till now 178.194 Euro for helping with taxes.“).
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Die der E-Mail offenbar vorangegangene WhatsApp-Kommunikation zwischen den Parteien (Anlage K 21) deutet zudem deutlich darauf hin, dass sich die Beklagte jedenfalls bezüglich der Formulierung des einleitenden Satzes der E-Mail aktiv einbracht hatte. Auch von daher kann ohne Weiteres angenommen werden, dass der Beklagten die E-Mail und deren Inhalt bekannt war. Dies spricht aber zugleich auch dafür, dass es sich bei der Einlassung der Beklagten, es sei „nie“ von einem Darlehen des Klägers, sondern stets nur von einer Schenkung die Rede gewesen, um eine bloße – widerlegte – Schutzbehauptung handelt. Dass die Beklagte nun nicht (mehr) hat wissen wollen, ob das begehrte (weitere) Darlehen von immerhin 100.000,00 Britischen Pfund gewährt wurde und auf ihr Konto floss, mutet (ebenfalls) unglaubhaft an, kann jedoch dahinstehen.
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Widerlegt ist jedenfalls nach alledem auch die Einlassung der Beklagten, sie habe mit dem (beabsichtigten) Vertrag mit Herrn ... „nichts zu tun“ gehabt. Laut Aussage des Klägers soll das von Herrn ... erbetene Darlehen der Beklagten gewährt worden sein.
99
Lediglich ergänzend ist anzuführen, dass die Zahlungen des Klägers augenscheinlich auch in – im Rahmen einer familiengerichtlichen Auseinandersetzung mit ihrem (seinerzeit) getrennt lebenden Ehemann ... in ... gefertigten – Schriftsatzentwürfen (siehe Anlage K 17) nicht als Schenkungen bezeichnet waren, sondern diesbezüglich ebenfalls von Darlehensverträgen („loan agreements“) mit dem Kläger die Rede war.
100
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es sich bei diesen – dem Kläger von der Beklagten per WhatsApp übersandten – Dokumenten (vgl. Anlage K 18) um bloße Entwürfe handelte und zudem nicht ersichtlich ist, ob und ggf. mit welchem Inhalt ein etwaiger späterer Schriftsatz auf Basis der Entwürfe in der Auseinandersetzung zwischen der Beklagten und ... tatsächlich eingereicht wurde. Ohne jegliche Aussagekraft – zum Nachteil der Beklagten – wäre der Entwurf aber wohl allenfalls dann, wenn der damalige anwaltliche Vertreter der Beklagten den betreffenden Entwurf des Schriftsatzes ohne Rücksprache mit der Beklagten oder aufgrund eines Informationsversehens gefertigt hätte.
101
Ferner fügt das Gericht an, dass auch aus weiteren WhatsApp-Nachrichten zwischen den Parteien (Anlage K 20) deutlich hervorgeht, dass sich Klage- und Beklagtenpartei sehr wohl über das Unterzeichnen („sign“) eines Darlehensvertrags („loan agreement“) durch die Beklagte austauschten. Nach den glaubhaften Angaben des Klägers habe sich diese Kommunikation auf die hier streitgegenständlichen Verträge bezogen. Auch dies stellt die pauschale Behauptung der Beklagten, es sei zwischen ihr und dem Kläger „nie“ von einem Darlehen die Rede gewesen in gravierendem Maße infrage.
102
Der Beklagten ist in der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2025 umfassend Gelegenheit gegeben worden, sich zu allen Unterlagen – auch den (binnen Wochenfrist) mit klägerischem Schriftsatz vom 17.02.2025 eingereichten – zu erklären. Sie ist jedoch beharrlich dabei geblieben, dass zu keinem Zeitpunkt („nie“) von einem Darlehen die Rede gewesen, sondern ihrerseits stets von Schenkungen ausgegangen worden sei.
103
Nach alledem sieht das Gericht den Nachweis des wirksamen Abschlusses der streitgegenständlichen Darlehensverträge als erbracht an. Die diesbezügliche Einlassung der Beklagten, es habe sich durchgehend um Schenkungen gehandelt, ist dagegen – klar – widerlegt.
104
2. Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung ist seit dem 01.09.2022 auch fällig. Da die Parteien explizit die Fälligkeit der Rückzahlung in den wirksam geschlossenen Darlehensverträgen vereinbarten, kommt es auf die (vorsorglich erklärte) Kündigung des Darlehens nach § 488 Abs. 3 S. 1 BGB durch den Kläger mit Schreiben vom 22.09.2022 (Anlage B 7) nicht mehr an.
105
3. Ein Erlöschen der Rückzahlungspflicht durch Anfechtung seitens der Beklagten kommt vorliegend nicht ansatzweise in Betracht, zumal die Beklagte nach Überzeugung des Gerichts genau wusste, auf welche Verpflichtungen sie sich im Rahmen der Unterzeichnung der Verträge durch den Zeugen ... einließ. Ihr war auch zuvor bereits bekannt gewesen, dass sie dem Kläger zur Rückzahlung verpflichtet war. Es kann daher keine Rede davon sein, dass ihr die Verträge „untergeschoben“ worden seien. Ein Irrtum der Beklagten scheidet aus. Auch eine Täuschung seitens des Klägers oder des Zeugen ... ist explizit zu verneinen.
106
4. Eine Anspruchskürzung der Höhe nach ist vorliegend ebenfalls nicht veranlasst. Denn die vom Kläger vorgelegte Anlage K 2 weist offenbar nur versehentlich den geringeren Gesamtbetrag von 23.461,00 € aus. Die exakt und übersichtlich aufgelisteten Einzelpositionen und deren Bezifferung ergeben jedoch in der Summe den höheren, korrekten Gesamtbetrag von 27.961,00 €.
107
Der mithin anzunehmende evidente Schreib- oder Rechenfehler veranlasst nicht zu einer Kürzung der klagegegenständlichen Gesamtforderung.
108
Addiert man die beiden Teilbeträge von 27.961,00 € (Anlage K 2) und 154.733,00 € (Anlage K 1), so ergibt sich der streitgegenständliche Gesamtbetrag i.H.v. 182.694,00 € (Ziffer I der Klageanträge sowie des Tenors).
109
Soweit die Beklagte die Zahlung einzelner Beträge seitens des Klägers an sie in Zweifel gezogen hat, geht dies ebenfalls ins Leere. Denn zum einen ist vom Zustandekommen der Verträge gemäß den Anlagen K 1 und K 2 und zugleich von der Richtigkeit der darin aufgelisteten einzelnen Zahlungen auszugehen. Zum anderen hat sich das Bestreiten einzelner Zahlungen trotz richterlichen Hinweises bis zuletzt als unsubstantiiert dargestellt. Befragt dazu, welche Leitungen die Beklagte nicht erhalten haben will, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2025 keine diesbezüglichen Angaben machen können.
110
5. Soweit sich die Beklagte hilfsweise auf Verjährung und Verwirkung beruft, ist dem aus offenkundigen Gründen ebenfalls kein Erfolg beschieden, zumal der Vertragsschluss nachgewiesen ist und daher nicht auf etwaige einzelne, vorangegangene – konkludente oder ausdrückliche – mündliche Darlehensverträge abgestellt zu werden braucht.
IV.
111
Dem Kläger steht gegen die Beklagte darüber hinaus ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Zinsen aus § 488 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB in Höhe von 32.348,19 € zu. Der Anspruch ist gemäß den Zinsvereinbarungen zwischen den Parteien zugleich mit Fälligkeit der Rückzahlung der Darlehen fällig geworden. Die Höhe der zurückzuzahlenden Zinsen entspricht den klägerseits vorgelegten – korrekten – Zinsberechnungen (Anlage K 3 und K 4).
V.
112
Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.311,18 € aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB.
113
Die Beklagte befindet sich seit dem 01.09.2022 mit der Rückzahlung des Darlehens sowie der Zahlung der vereinbarten Zinsen in Verzug, § 286 Abs. 1 S. 1 BGB. Einer Mahnung des Klägers bedurfte es für den Verzugseintritt gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht. Denn in den Darlehensverträgen ist für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt.
VI.
114
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagten neben der Hauptforderung sowie der Nebenforderung der klägerseits berechneten und bezifferten Zinsen auch der geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.09.2022 aus §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB zu.
115
Die Beklagte befindet sich, wie dargelegt, gemäß § 286 Abs. 1 S. 1 BGB in Verzug. Der Kläger kann deshalb analog § 187 Abs. 1 BGB ab dem 01.09.2022 von der Beklagten die Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 288 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB verlangen.
116
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte schließlich auch einen Anspruch auf Verzinsung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 291 S. 1 Hs. 1, S. 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen ist. Analog § 187 Abs. 1 BGB fällt der Zinsbeginn auf den 26.05.2023, den Tag nach Zustellung der Klageschrift im Rechtshilfewege in England (siehe Bl. „zu 13“ d.A.).
117
Der Klage ist nach alledem in vollem Umfang Erfolg beschieden.
VII.
118
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Da der Kläger in vollem Umfang obsiegt, hat die Beklagte sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
119
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
VIII.
120
Die Streitwertfestsetzung fußt auf der Höhe der geltend gemachten Hauptforderung. Die eingeklagten Nebenforderungen bleiben dabei außer Acht.
IX.
121
Die Gewährung der seitens des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2025 beantragten Schriftsatzfrist ist hier nicht geboten gewesen.
122
Die Beklagte hat keinen Anspruch auf eine Schriftsatzfrist zur Einreichung weiterer Unterlagen sowie zur Stellungnahme auf den letzten Schriftsatz der Klagepartei vom 17.02.2025 im Anschluss an die durchgeführte mündliche Verhandlung. Denn der vorgenannte Schriftsatz der Klägervertreterin ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten gem. § 195 ZPO direkt zugestellt worden. Die Wochenfrist des § 132 Abs. 1 ZPO war dabei gewahrt, weil die mündliche Verhandlung erst am 26.02.2025 stattgefunden hat.
123
Abgesehen davon ist der Beklagten in der ca. fünfstündigen mündlichen Verhandlung vom 26.02.2025 umfassend Gelegenheit gegeben worden, sich auch noch zum aktuellen Vorbringen der Klägerseite zu erklären.