Inhalt

VG München, Beschluss v. 15.01.2025 – M 1 E1 24.7605
Titel:

Einstweilige Anordnung, Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, (behauptete) Brandschutzmängel, Öffnung in Trennwand, Ermessensreduzierung auf Null (verneint)

Normenketten:
VwGO § 123
BayBO Art. 2
BayBO Art. 12
BayBO Art. 27
BayBO Art. 28
BayBO Art. 54
BayBO Art. 75
BayBO Art. 76
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, (behauptete) Brandschutzmängel, Öffnung in Trennwand, Ermessensreduzierung auf Null (verneint)
Fundstelle:
BeckRS 2025, 751

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 5000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Einstellung von Bauarbeiten und zur Anordnung von bauaufsichtlichen Maßnahmen auf dem Grundstück der Beigeladenen wegen einer behaupteten Gefährdung durch fehlenden Brandschutz in Bezug auf die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehende Gebäudeabschlusswand, insbesondere aufgrund eines dort eingebauten Fensters, sowie eine Nutzungsuntersagung.
2
Der Antragsteller ist Eigentümer der FlNr. 307, Gem. F. – R. 21 –, welche straßenseitig mit einem Wohnhaus (E+I+D) bebaut ist. Östlich hieran schließt sich das Grundstück der Beigeladenen FlNr. 310, Gem. F. – R. 23 – an (im Folgenden: Baugrundstück).
3
Das Baugrundstück ist vollständig mit einem Wohnhaus (E+I+D) bebaut, dessen Außenwände jeweils an den vier Grundstücksgrenzen errichtet wurden. Das Wohnhaus der Beigeladenen schließt nicht profilgleich mit dem Wohnhaus des Antragstellers ab, sondern erstreckt sich um etwa 4 m weiter Richtung Norden ins Quartiersinnere. In der Grenzmauer befindet sich im EG ein Fenster zur Belichtung des dahinterliegenden Raumes (Küche) mit Blickrichtung Westen in den Garten des Anwesens des Antragstellers.
4
Die Grundstücke liegen im Quartier R. , L. , M. G. und Z. Dort herrscht geschlossene Bauweise vor (vgl. zur Lage der Grundstücke und ihrer Bebauung folgenden Lageplan im Maßstab 1: 500, ggf. durch das Einscannen nicht mehr maßstabsgetreu):
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Mit Bescheid vom … Oktober 1963 genehmigte die Antragsgegnerin den Umbau bzw. Abbruch und Wiederaufbau des Wohnhauses (zwei Wohneinheiten) auf dem Baugrundstück (Plan-Nr. 353/63). Zur Belichtung der Küche im EG wurde ein Fenster in der westlichen Grenzwand vorgesehen. Eine andere Positionierung des Küchenfensters war aufgrund von (zwischenzeitlich abgebrochenen) grenzständigen (Neben-)Gebäuden auf den Nachbargrundstücken FlNrn. 307 und 308 nicht möglich. Die Baugenehmigung enthielt u.a. die Auflage, dass die ins Freie führenden Küchenfenster [gemeint: das ins Freie führende Küchenfenster] als Metallfenster mit 2 × 8 mm starker Drahtverglasung auszuführen seien und nur die Hälfte der Fensterfläche zu öffnen sein dürfe. In den genehmigten Bauzeichnungen finden sich folgende Roteintragungen hinsichtlich des streitgegenständlichen Küchenfensters: „2 x 8 mm st. Drahtglas im Eisenrahmen“ (Darstellung Westansicht). Die Gebäudeabschlusswand zu FlNr. 307 (Anwesen des Antragstellers) ist nach den genehmigten Plänen als feuerbeständige Trennwand – Art. 30 BayBO a.F. – auszubilden. Die genehmigten Bauvorlagen sind vom damaligen Eigentümer des Anwesens des Antragstellers unterschrieben.
6
Im Grundbuch (von F. , Bl. …*) ist zulasten des Grundstücks des Antragstellers ein Anbaurecht für den jeweiligen Eigentümer des Baugrundstücks (FlNr. 310; Bl. 22522) gemäß Bewilligung vom … März 1967 eingetragen.
7
Mit Baubescheid vom … Februar 2024 (Plan-Nr. …*) erteilte die Antragsgegnerin den Beigeladenen die Genehmigung zum Umbau des Einfamilienhauses auf dem Baugrundstück. Vorgesehen ist u.a. der Austausch des streitgegenständlichen Fensters auf der Westseite. In der genehmigten Bauzeichnung „Grundriss Erdgeschoss“ ist hierzu vermerkt: „Öffnung im Bestand; Fenster neu nach Angaben Brandschutz“. Die Baugenehmigung enthält u.a. Auflagen zum Denkmalschutz, wonach die neuen Fenster zweiflüglig in Holz zu arbeiten seien (Ziff. 4.10). Überdies wurde darauf hingewiesen, dass für das Vorhaben ein Brandschutznachweis zu erstellen sei. Zunächst wurde ein Brandschutznachweis vom ... Juni 2023 des Ingenieurbüros M. H. vorgelegt. Dieser wurde im Nachgang durch einen Brandschutznachweis vom … April 2024 desselben Ingenieurbüros ersetzt. Das gesamte Gebäude (Gebäudeklasse 2) bilde einen eigenständigen Brandabschnitt. Die Gebäudeabschlusswände seien als Brandwände auszubilden. Es werde davon ausgegangen, dass die Fenster im Bestand genehmigt worden seien. Zur zusätzlichen Sicherung würde u.a. das Fenster in der Außenwand West als „F30-Fenster“ ertüchtigt.
8
Die Beigeladenen zeigten den Baubeginn zum … Februar 2024 an.
9
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom … Juni 2024 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin bauaufsichtliches Einschreiten – Baueinstellung und Nutzungsuntersagung – gegenüber den Beigeladenen. Die derzeitige Ausführung der Gebäudeabschlusswand widerspreche Brandschutzvorgaben, weil hier ein vollständig zu öffnendes Holzfenster mit normalem Fensterglas vorgesehen sei. Das Fenster habe keine Brandschutzfunktion und sei sowohl in einer Brandwand als auch in einer Trennwand unzulässig.
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Am 6. März 2024 erhob der Antragsteller Klage mit dem Ziel, die Baugenehmigung vom ... Februar 2024 aufzuheben (M 1 K 24.1198). Zur Begründung wurde u.a. vorgetragen, dass die Gebäudeabschlusswand und das Küchenfenster Brandschutzvorgaben widersprächen. Ferner bestünden ein Abstandsflächenproblem und ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Über die Klage ist noch nicht entschieden worden.
11
Mit Schreiben vom … August 2024 hörte die Antragsgegnerin zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags des Antragstellers auf bauaufsichtliches Einschreiten an. Das Gebäude werde wegen der laufenden Baumaßnahmen nicht genutzt. Eine Nutzungsuntersagung, insbesondere auch eine vorbeugende Nutzungsuntersagung, komme nicht in Betracht. Eine generelle Baueinstellung sei keinesfalls ermessensgerecht, es komme allenfalls ein Einschreiten gegen das Fenster und den dahinterliegenden Raum infrage. Auch ein Einschreiten hiergegen sei aber nicht geboten bzw. zulässig, da mit dem Umbau eine Verbesserung des Bestands – nämlich der Ersatz des Bestandsfensters durch ein Fenster der Feuerwiderstandsklasse „F30“ – verbunden sei und im Übrigen ein Zustand an der Grenze gegeben sei, der schon seit 60 Jahren währe. Es sei unzutreffend, dass das neue Fenster keine Anforderungen erfülle. Das Gebäude selbst verändere sich in Volumen und Nutzung als Einfamilienhaus nicht. Ein Problem hinsichtlich der Abstandsflächen werde nicht gesehen.
12
Eine Verbescheidung des Antrags auf Einschreiten erfolgte im Nachgang nicht.
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Die Beigeladenen zeigten zum ... Dezember 2024 die Nutzungsaufnahme an.
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Mit am 18. Dezember 2024 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz beantragt der Antragsteller, vertreten durch seinen Bevollmächtigten,
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gemäß § 123 Abs. 1 VwGO
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1. der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Bauarbeiten an der dem Wohngebäude FlNr. 307 der Gemarkung F. gegenüberliegenden Abschlusswand des Wohngebäudes auf dem Grundstück R. 23, FlNr. 310 der Gemarkung F. , der Beizuladenden durch eine für sofort vollziehbar zu erklärende Ordnungsverfügung einzustellen,
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2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, bauaufsichtliche Anordnungen zu treffen und Maßnahmen zu ergreifen, um einen ausreichenden vorbeugenden Brandschutz hinsichtlich der in Ziffer 1 genannten Gebäudeabschlusswand sicherzustellen,
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3. den Beizuladenden zu untersagen, den Raum, der hinter dem Fenster der in Ziffer 1. beschriebenen Abschlusswand liegt, zu nutzen.
19
Der Antrag sei zulässig, da Rechtsschutz nach §§ 80, 80a VwGO nicht in Betracht komme. Fragen des vorbeugenden Brandschutzes gehörten nicht zum Prüfprogramm. Aus der Baugenehmigung gehe zudem hervor, dass die Belange des Abstandsflächenrechts nicht berücksichtigt worden seien, obwohl dies Bestandteil des Prüfprogramms sei. Nachdem sich die Antragsgegnerin geweigert habe, bauaufsichtlich einzuschreiten, komme dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zu. Die derzeitige Bauausführung der Gebäudeabschlusswand widerspreche Brandschutzvorgaben und sei materiell baurechtswidrig. Obschon der Brandschutznachweis eine Brandwand als Gebäudeabschlusswand für erforderlich halte, sehe er dies in der Ausführung als nicht erreicht und rechtfertige dies mit Bestand. Das Küchenfenster habe weniger als 2 m Abstand zum Schlafzimmer des Antragstellers. Auch der Dachstuhl sei nur 2,2 m entfernt. Ein Fenster der Feuerwiderstandsklasse „F30“ reiche nicht. Die Wand mit dem Fenster sei weder als Brand- noch als Trennwand zulässig und erfülle die Anforderung, die Brandausbreitung ausreichend lange auf das Gebäude des Antragstellers zu verhindern, nicht. Gerade in der dicht bebauten Altstadt sei die Gefahr einer schnellen Brandausbreitung besonders hoch, sodass besondere vorbeugende Brandausbreitungsmaßnahmen zwingend seien. Das Schutzziel könne nur erreicht werden, wenn die Abschlusswand keine Öffnungen aufweise. Öffnungen seien nur zulässig, wenn sie für den Nutzen des Gebäudes unverzichtbar seien. Tatsächlich könne das Fenster zur Nordseite hin versetzt werden. Dort betrage der Abstand zum nächsten Gebäude 9,50 m. Das vorhandene Fenster sei ein einflügliges Holzfenster mit normalem Fensterglas, welches komplett zu öffnen sei. Das derzeit eingebaute Fenster entspreche daher nicht den Auflagen im Baubescheid von 1963. Der Bestandsschutz sei untergegangen und könne nicht wiederhergestellt werden. Überdies müsse die Gebäudeabschlusswand nach der Eingabeplanung von 1963 feuerbeständig ausgeführt werden. Ein „F30“ Fenster erfülle lediglich die Vorgabe „feuerhemmend“. Das Argument der (unzureichenden) Verbesserung des vorigen Zustands greife daher nicht. Zudem intensiviere sich die Nutzung durch Änderung der Grundrissorganisation von der kleinen, abgeschlossenen Küche der separaten Erdgeschosswohnung hin zu einem offenen KochEssbereich eines Einfamilienhauses. Das Vorhaben sei überdies im Hinblick auf die nunmehr gegebene Versetzungsmöglichkeit des Fensters in die Nordwand aufgrund der durch das streitgegenständliche Fenster eröffneten Einsichtnahmemöglichkeiten rücksichtslos.
20
Die Antragsgegnerin äußerte sich in der Sache nicht.
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Die Beigeladenen traten dem Antrag mit Schreiben vom … Dezember 2024 und … Dezember 2024 entgegen. Der Austausch des seit ca. 60 Jahren bestehenden Küchenfensters in ein Fenster mit „F30“-Verglasung gemäß Brandschutznachweis erfolge, sobald dessen Rechtmäßigkeit in diesem Verfahren bestätigt worden sei. Der Antragsteller wolle sein Haus vergrößern, deshalb störe ihn das Fenster. Für das Fenster bestehe Bestandsschutz. Etwaige Abweichungen der ursprünglichen Ausführung könnten den Beigeladenen nicht angelastet werden. Das Versetzen des Fensters an die Nordseite sei nicht ohne Weiteres möglich und würde den Ensembleschutz verletzen. Eine Nutzungsuntersagung sei unverhältnismäßig, da nachweislich alle Maßnahmen ergriffen würden, um den Brandschutz inklusive Dämmputz und zertifizierten Brandschutzfenstern zu gewährleisten. Ferner wurde mit Schreiben vom … Dezember 2024 ein Angebot einer Schreinerei vom … Juni 2024 vorgelegt, das Details des geplanten Fensters enthält.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte – auch im Verfahren M 1 K 24.1198 – und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
23
Die teilweise auslegungsbedürftigen Anträge haben, soweit sie zulässig sind, in der Sache keinen Erfolg. Der Antragsteller konnte keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen.
I.
24
Der Antrag auf Baueinstellung – Ziffer 1 – ist zulässig, aber unbegründet. Das zum Einbau vorgesehene Fenster in der Gebäudeabschlusswand entspricht, ebenso wie die Gebäudeabschlusswand selbst, den Vorgaben des Brandschutzrechts der BayBO in der zum 1. Januar 2025 in Kraft getretenen Fassung des Zweiten Modernisierungsgesetzes Bayern vom 23. Dezember 2024 (GVBl. S. 619), so dass bereits kein Verstoß gegen drittschützende Normen erkennbar ist, § 123 Abs. 1 VwGO i.V.m. Art. 75 Abs. 1 BayBO i.V.m. Art. 28 Abs. 2 Satz 2, Art. 27 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 BayBO.
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1. Der Antrag ist zulässig.
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1.1. Er ist nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft, soweit der Antragsteller ihn auf eine behauptete Verletzung von drittschützenden Vorschriften zum Brandschutz stützt.
27
Die mit Anfechtungsklage vom *. März 2024 angefochtene Baugenehmigung vom ... Februar 2024 erging im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO. In diesem Verfahren wird der Brandschutz nicht geprüft, sodass die Baugenehmigung insoweit keine Regelung trifft. Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, bzw. wird ein solcher Verstoß behauptet, hat der Nachbar Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2132 – juris Rn. 3; B.v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 22). Dieser Rechtsschutz ist in der Hauptsache über eine Verpflichtungsklage zu verfolgen, so dass dementsprechend als einstweiliger Rechtsschutz eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft ist.
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Dagegen kann der Nachbar seinen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO, gerichtet auf bauaufsichtliches Einschreiten, nicht in zulässiger Weise auf die Verletzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften stützen, die von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung erfasst werden, mithin die Normen, die vom Prüfungsumfang des Art. 59 BayBO umfasst sind. Insoweit muss der Nachbar die Baugenehmigung nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO anfechten und – will er deren Vollzug verhindern – die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 80a Abs. 3 VwGO beantragen. Die Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29-38 BauGB gehören zum Prüfprogramm des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO. Die vom Antragsteller behauptete Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, insbesondere durch Einsichtnahmemöglichkeiten, welche das streitgegenständliche Fenster eröffnen soll, kann seinen Antrag daher nicht stützen. Soweit der Antragsteller ausführt, dass aus der Baugenehmigung nicht hervorgehe, dass die Belange des Abstandsflächenrechts berücksichtigt worden seien, dringt er damit ebenfalls nicht durch. Nach Art. 68 BayBO i.V.m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BayBO stellt die erteilte Baugenehmigung verbindlich fest, dass das Vorhaben mit den Vorschriften über Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO in Einklang steht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Einhaltung dieser Vorschriften von der Bauaufsichtsbehörde tatsächlich überprüft wurde oder (wie vom Antragsteller behauptet) nicht (vgl. zur Feststellungswirkung der Baugenehmigung: Laser in: Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 5. Auflage 2022, Art. 68 Rn. 6).
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1.2. Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Er konnte schon vor Klageerhebung gestellt werden, § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Antragsteller hat mit seinem Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten bei der Antragsgegnerin um eine Baueinstellung ersucht. Dieser Antrag wurde bisher noch nicht förmlich verbeschieden, sodass in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage als Untätigkeitsklage, § 75 VwGO, statthaft wäre.
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Dem Antragsteller fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, obschon gegenwärtig keine Baumaßnahmen an der streitgegenständlichen Außenwand bzw. dem Fenster durchgeführt werden und die Beigeladenen glaubhaft versicherten, dass das vorgesehene Brandschutzfenster erst nach Entscheidung des Gerichts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verbaut werde. Zwar ist das Rechtsschutzinteresse regelmäßig zu verneinen, wenn sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Baumaßnahmen richtet, die abgeschlossen sind; ein solcher Eilantrag geht ins Leere (Schoch in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: August 2024, § 123 Rn. 121a m.w.N.). Hier richtet sich der Eilantrag jedoch gegen die Aufnahme bzw. Weiterführung von noch nicht abgeschlossenen Bauarbeiten.
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2. Der Antrag ist nicht begründet.
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2.1. Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete streitige Recht (Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend.
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Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist nur dann zulässig, wenn sie zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller oder Dritte unzumutbar und nicht mehr zu beseitigen wären (SächsOVG, B.v. 20.4.2011 – 4 B 311/10 – juris).
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2.2. Der Antragsteller kann keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten nach Art. 75 Abs. 1 BayBO glaubhaft machen. Es werden schon keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletzt, die Rechte des Nachbarn schützen.
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2.2.1. Ein Anspruch des Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten durch Erlass einer Baueinstellungsverfügung nach Art. 75 Abs. 1 BayBO setzt zum einen voraus, dass die umstrittene bauliche Anlage öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt, die Rechte des Nachbarn schützen. Zum anderen muss das der Bauaufsichtsbehörde eingeräumte Ermessen aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zugunsten eines bauaufsichtlichen Einschreitens auf Null reduziert sein (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2010 – 9 ZB 08.319 – juris Rn. 3 m.w.N.; B.v. 10.4.2018 – 15 ZB 17.45 – juris).
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2.2.2. Die inmitten stehenden Anforderungen an Gebäudeabschlusswände und Öffnungen in Brand- bzw. Trennwänden vermitteln Drittschutz. Zwar sind die allgemeinen Brandschutzanforderungen nach Art. 12 BayBO nicht nachbarschützend (BayVGH, B.v. 12.9.2024 – 9 ZB 23.357 – juris Rn. 11), allerdings dienen die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Brandwände als Gebäudeabschlusswand dem Nachbarschutz, soweit sie das Übergreifen des Brandes auch auf Nachbargebäude verhindern sollen. Für Gebäudeabschlusswände oder Trennwände an Stelle von Brandwänden kann nichts anderes gelten (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2019 – 9 CS 19.374 – juris Rn. 19 zu Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayBO aF; vgl. auch: BayVGH, B.v. 8.3.2018 – 15 CE 17.2599 – juris Rn. 58).
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2.2.3. Soweit beantragt ist, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Bauarbeiten an der streitgegenständlichen Abschlusswand einzustellen, kommt nach summarischer Prüfung eine Rechtsverletzung nur durch den Austausch des streitgegenständlichen Fensters in Betracht. Anhaltspunkte dafür, dass von den weiteren, an der Gebäudeabschlusswand vorgesehenen Arbeiten und/oder von dieser selbst eine Brandgefahr ausgehen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Laut Brandschutznachweis vom … April 2024 bzw. dem Brandschutzplan handelt es sich bei der Gebäudeabschlusswand um eine Brandwand aus verputztem Mauerwerk, das nicht brennbar ist. Nach den genehmigten Bauzeichnungen (Plan-Nr. …*) ist lediglich das Aufbringen eines Dämmputzes auf die Bestandsmauer vorgesehen (Ansicht „Grundriss Erdgeschoss“). Anhaltspunkte dafür, dass von diesem Putz eine Brandgefahr ausgehen könnte, sind nicht ersichtlich.
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2.2.4. Die vorgesehene Ausführung des Fensters genügt den Brandschutzvorgaben der BayBO in der maßgeblichen, zum 1. Januar 2025 in Kraft getretenen Fassung des Zweiten Modernisierungsgesetzes Bayern vom 23. Dezember 2024 (GVBl. S. 619).
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Art. 28 Abs. 2 BayBO, wonach Brandwände als Gebäudeabschlusswand erforderlich sind, soweit kein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden Gebäuden gesichert ist, gilt nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 1 BayBO nicht für Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2.
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Bei dem Wohngebäude der Beigeladenen handelt es sich nach Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BayBO um ein Gebäude der Gebäudeklasse 2, da das Maß der Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, über der Geländeoberfläche im Mittel mit 6,34 m unter 7 m liegt (vgl. die genehmigten Bauzeichnungen: „Schnitt AA“) und das Gebäude nur eine Nutzungseinheit mit einer Fläche von unter 400 m² (die Bruttogrundfläche liegt laut Bauantrag bei 222,45 m²) beherbergt.
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Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 1 BayBO findet in den Fällen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 BayBO, also wenn eine Gebäudeabschlusswand als Brandwand erforderlich wäre, für Gebäude der Gebäudeklasse 2 Art. 27 BayBO entsprechend Anwendung, sofern – wie hier – kein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist.
42
Art. 27 Abs. 1 BayBO bestimmt, dass Trennwände, welche gemäß Art. 27 Abs. 2 Nr. 1 BayBO zwischen Nutzungseinheiten erforderlich sind, als raumabschließende Bauteile ausreichend lang widerstandsfähig gegen die Brandausbreitung sein müssen. Sie müssen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile des Geschosses haben, jedoch mindestens feuerhemmend sein, Art. 27 Abs. 3 Satz 1 BayBO. Öffnungen in solchen Trennwänden müssen nach Art. 27 Abs. 5 BayBO feuerhemmende, dicht- und selbstschließende Abschlüsse haben. Die bis zum 31. Dezember 2024 normierte Bedingung, dass solche Öffnungen nur zulässig sind, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind, wurde durch § 4 Nr. 3 des Zweiten Modernisierungsgesetzes Bayern vom 23. Dezember 2024 gestrichen.
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Das einzubauende Fenster entspricht nach summarischer Prüfung diesen Anforderungen. Nach dem vom Beigeladenen vorgelegten Brandschutzplan ist vorgesehen, das streitgegenständliche Fenster als „F 30 Fenster“ zu ertüchtigen. Feuerwiderstandsklasse F 30 nach DIN 4102 entspricht dem in der BayBO (vgl. insbesondere Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBO) verwendeten Ausdruck „feuerhemmend“ (IMBek v. 2.2.1978, MABl. S. 133, Ziffer 3.2., abgedruckt in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2024, Anhang 258; vgl. auch BayVGH, B.v. 10.1.2020 – 15 ZB 19.425 – BeckRS 2020, 138 Rn. 23). Weiterhin legten die Beigeladenen ein Angebot einer Schreinerei vom … Juni 2024 vor, wonach als Fenster ein einflügliges, selbstschließendes „Brandschutzelement“ mit feuerhemmendem Denkmalflügel verbaut werden soll.
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Auf die Frage, ob das zur Belichtung und Belüftung der Küche vorgesehene Fenster auch in die vom Grundstück des Antragstellers abgewandte Nordwand versetzt werden kann, kommt es nach ersatzlosem Wegfall der Bedingung, dass Öffnungen in Trennwänden auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind, seit dem *. Januar 2025 nicht mehr an.
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Der Antragsteller hat überdies keinen Anspruch auf Beibehaltung eines bisherigen, für ihn (vermeintlich) günstigeren Zustands, sondern nur ein Recht darauf, dass die gegenwärtigen Anforderungen eingehalten werden, auch wenn diese ggf. einen geringeren Standard bedeuten. Daher kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die streitgegenständliche Gebäudeabschlusswand nach der Baugenehmigung vom … Oktober 1963 als feuerbeständige Trennwand gemäß Art. 30 BayBO 1962 auszubilden war.
II.
46
Der Antrag nach Ziffer 2, gerichtet auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass bauaufsichtlicher Anordnungen und zum Ergreifen von Maßnahmen zur Sicherstellung des Brandschutzes ist nach Auslegung zulässig, bleibt in der Sache jedoch ebenfalls ohne Erfolg. Auch insoweit konnte ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht werden, § 123 Abs. 1 VwGO i.V.m. Art. 54 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BayBO.
47
1. Der Antrag ist zulässig.
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1.1. Dem Antrag fehlt es, soweit man ihm wörtlich nimmt, zwar an der erforderlichen Bestimmtheit (§ 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO analog), denn ein Eilantrag muss grundsätzlich so klar formuliert sein, dass im Falle der Stattgabe eine inhaltlich genau abgegrenzte und auch vollstreckbare Entscheidung ergehen kann (BayVGH, B.v. 22.7.2021 – 25 CE 21.1852 – juris Rn. 11 m.w.N.). Das Gericht ist im Verfahren nach § 123 VwGO jedoch an die Antragstellung nicht gebunden (BayVGH, B.v. 1.2.2007 – 15 CE 06.2931 – BeckRS 2007). Unter sachgerechter und zugunsten des Antragstellers möglichst weit verstandener Auslegung des Antrags (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) und bei Beachtung des Grundsatzes, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hauptsache nicht vorweggenommen werden soll, begehrt der Antragsteller der Antragsgegnerin aufzugeben, umgehend geeignete bauaufsichtliche Anordnungen zu treffen und Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass von der streitgegenständlichen Gebäudeabschlusswand bis zur Entscheidung des Gerichts über eine noch zu erhebende Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BayBO keine Brandgefahr für das Grundstück des Antragstellers ausgeht.
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1.2. Auch hier fehlt das Rechtsschutzbedürfnis nicht. Zwar erfordert das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich die Vorbefassung der zuständigen Behörde. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Behörde vorprozessual bereits klar und eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass sie einen solchen Antrag definitiv ablehnen wird (BVerwG, B.v. 22.11.2021 – 6 VR 4/21 – juris Rn. 8, 10; Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 70). So liegt der Fall hier: Der am 14. Juni 2024 gestellte Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten bezog sich ausdrücklich nur auf Baueinstellung und Nutzungsuntersagung und gerade nicht auf das Ergreifen von anderen Maßnahmen zur „Ertüchtigung“ des Bestands. Allerdings wäre eine Vorbefassung der Antragsgegnerin aufgrund der Umstände des Einzelfalls faktisch aussichtlos gewesen, da die Antragsgegnerin mit Schreiben vom … August 2024 in Kenntnis der Bestandssituation und des Vorhabens unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, dass sie einem Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten keinesfalls entsprechen würde.
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2. Der Antrag ist unbegründet.
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2.1. In Frage käme ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO, bzw. Art. 54 Abs. 4 BayBO.
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Neben einem baurechtswidrigen Zustand, der den Nachbarn in seinen öffentlich-rechtlich geschützten Rechten betrifft, muss auch hier das der Behörde auf der Rechtsfolgenseite eingeräumte Ermessen auf Null reduziert sein, um zu einem Anspruch des Antragstellers zu gelangen. Eine Ermessensreduzierung auf Null und damit ein Rechtsanspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten kommt nur dann in Betracht, wenn zum Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften besonders qualifizierte Beeinträchtigungen der nachbarlichen Rechtsstellung hinzu treten, insbesondere wenn eine unmittelbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit droht oder sonstige unzumutbare Belästigungen abzuwehren sind und die Abwägung der Beeinträchtigung des Nachbarn mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Überwiegen der Interessen des Nachbarn ergibt (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2010 – 9 ZB 08.319 – juris Rn. 3 m.w.N.; B.v. 10.4.2018 – 15 ZB 17.45 – juris Rn. 19). Zudem verlangt insbesondere Art. 54 Abs. 4 BayBO bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen auf der Tatbestandsseite begrifflich die Notwendigkeit einer Abwehr von „erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit“.
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2.2. Die vorgesehenen Maßnahmen zum vorbeugenden Brandschutz entsprechen – wie bereits ausgeführt – dem materiellen Recht, sodass insoweit schon nicht ersichtlich ist, zu welchen weiteren Anordnungen und Maßnahmen das Gericht die Antragsgegnerin verpflichten sollte.
54
2.3. Soweit sich der Antragsteller (wohl auch) gegen den Bestand wendet und im einstweiligen Rechtsschutz um weitergehende bauaufsichtliche Maßnahmen für die „Interimsphase“ vor Austausch des Fensters ersucht, ist bei summarischer Prüfung und Würdigung der Umstände des Einzelfalls jedenfalls keine Ermessenreduzierung auf Null gegeben.
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2.3.1. Es kann offenbleiben, ob entgegen der Annahme des Brandschutznachweises vom … … 2024 aufgrund planabweichender Bauausführung, die sich die Beigeladenen auch zurechnen lassen müssten – das Fenster wurde nach unbestrittenem Vortrag des Antragstellers entgegen den Auflagen aus der Baugenehmigung vom 29. Oktober 1963 nicht als Metallfenster mit Drahtverglasung ausgeführt, das nur zur Hälfte geöffnet werden kann – für den derzeitigen baulichen Zustand Bestandsschutz besteht (vgl. zum Bestandsschutz: BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 9 ZB 19.1612 – juris Rn. 17; Decker in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2024, Art. 76 Rn. 115 ff).
56
Denn auch bei Berücksichtigung dessen, dass das Bestandsfenster („gewöhnliches Fenster mit Fensterglas“) drittschützende Rechte des Antragstellers – erforderlich ist eine feuerhemmende Ausführung nach Art. 27 Abs. 5 BayBO – beeinträchtigen könnte, ist eine unmittelbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit, die einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten des Antragstellers infolge Ermessenreduzierung auf Null gegenüber der Antragsgegnerin begründen könnte, nicht ersichtlich.
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2.3.2. Eine solche Gefahr ist – auch bei Berücksichtigung des Abstands des streitgegenständlichen Fensters zum Schlafzimmer und Dachstuhl des Antragstellers – insbesondere den fachlichen Einschätzungen des den Brandschutznachweis ausstellenden Ingenieurbüros nicht zu entnehmen. Der – zwischenzeitlich durch die Absicht der Bauherren, die Fenster zu ertüchtigen, überholte – Brandschutznachweis vom ... Juni 2023 stellt im Gegenteil fest, dass das vorhandene Fenster im Bestand bestehen bleiben kann. In einer E-Mail vom … Juli 2023 (vorgelegt vom Antragsteller im Verfahren M 1 K 24.1198, Anlage K2 zum Schriftsatz vom ... 5.2024) wurde durch den Aussteller des Nachweises auf eine Nachfrage zum Brandschutznachweis überdies ergänzend ausgeführt, dass an sämtliche Fenster in der Fassade aus brandschutztechnischer Sicht keine besonderen Anforderungen zu stellen seien. Zwar geht der Brandschutznachweis von einem im Bestand genehmigten Fenster aus. Allerdings können und ggf. müssen auch an bestandsgeschützte Anlagen im Fall von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit weitergehende Anforderungen gestellt werden (Art. 54 Abs. 4 BayBO), die im Bedarfsfall auch im Brandschutznachweis einen Niederschlag finden müssen. Solche Gefahren, insbesondere eine unmittelbare Gefahr für das Nachbargebäude, sehen die fachlichen Stellungnahmen jedoch gerade nicht. Im Gegenteil besteht nach dem Brandschutznachweis vom … April 2024 – auch bei Berücksichtigung der Nutzung des streitgegenständlichen Raums als Koch- und Essbereich eines Einfamilienhauses – weder eine besondere Brandgefahr, noch befinden sich in dem Gebäude der Beigeladenen besondere Brandlasten. Insoweit war auch zu berücksichtigen, dass sich direkt an das streitgegenständliche Fenster kein Baubestand des Antragstellers anschließt, vielmehr ist dieses zum unbebauten Garten hin ausgerichtet.
58
Eine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend, dass die Antragsgegnerin für die „Interimsphase“ vor Austausch des Fensters weitergehende Maßnahmen ergreifen müsste, ist angesichts der vorliegenden fachlichen Einschätzungen nicht auszumachen. Das Gericht hat überdies keinen Zweifel daran, dass die Beigeladenen den Einbau des streitgegenständlichen Fensters – auch im Eigeninteresse – zügig vornehmen werden. Dass die geplanten Maßnahmen zum Brandschutz bisher nicht umgesetzt wurden, liegt nach Aktenlage am vom Antragsteller angestoßenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, das einen (freiwilligen) Baustopp auf Seiten der Bauherren zur Folge hatte.
59
2.3.3. Ob darüber hinaus auch deswegen kein Anspruch auf bauaufsichtsrechtliches Einschreiten gegeben ist, weil die Abwehrrechte des Antragstellers aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung – zugunsten des Baugrundstücks ist ein Anbaurecht im Grundbuch eingetragen – untergegangen sind und das Vorgehen des Antragstellers deswegen gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (vgl. hierzu OVG Saarl, U.v. 4.6.1991 – 2 R 12/90 – BeckRS 1991, 8548, Ls. 3) kommt es damit nicht mehr an.
III.
60
Der unter Ziffer 3 gestellte Antrag, den Beigeladenen zu untersagen, den Raum, der hinter dem Fenster der in Antrag 1 beschriebenen Abschlusswand liegt, zu nutzen, ist bereits unzulässig, § 123 Abs. 1 VwGO.
61
1. Für ein solches Vorgehen des Gerichts gibt es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine Rechtsgrundlage (BayVGH, B.v. 17.2.1984 – 22 CE 84 A. 217 – BeckRS 2010, 56618). Das Gericht darf nicht selbst Sicherungs- oder Regelungsmaßnahmen treffen, sondern – mit Rücksicht auf die Gewaltenteilung – lediglich die Verwaltung zu bestimmten Maßnahmen verpflichten (Schoch in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: August 2024, § 123, Rn. 163 m.w.N.). Adressat der gerichtlichen Anordnung ist nur der Antragsgegner, nicht etwa der Beigeladene (Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, § 123 Rn. 67), denn gegen den Beigeladenen kann regelmäßig kein Sachantrag gestellt werden. Da er an einem fremden Verfahren teilnimmt, kann auch keine Anordnung an ihn gerichtet werden (Puttler in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 123 Rn. 117).
62
2. Ohne dass es noch darauf ankommt, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass auch hier ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht wurde.
63
Auch für eine Nutzungsuntersagung, Art. 76 Satz 2 BayBO, gilt, dass ein Rechtsanspruch eines Dritten auf bauaufsichtliches Einschreiten nur vorliegt, wenn sich das der Bauaufsichtsbehörde eingeräumte Ermessen auf Null reduziert. Von einer Ermessensreduzierung auf Null ist nur dann auszugehen, wenn die von der rechtswidrigen Nutzung ausgehenden Beeinträchtigungen einen erheblichen Grad erreichen und die Abwägung der Beeinträchtigung des Nachbarn mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Übergewicht der Interessen des Nachbarn ergibt (Decker in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dezember 2024, Art. 76 Rn. 490 m.w.N.).
64
Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt bei Berücksichtigung des ohnehin vorgesehenen Austauschs des Fensters und der fachlichen Einschätzungen im Brandschutznachweis insbesondere bei Berücksichtigung der Interessen der Beigeladenen – die Nutzung der Kücheneinheit ist für die Nutzung des Wohnhauses essenziell – nicht vor.
IV.
65
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
66
Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Prozessrisiko ausgesetzt haben, § 162 Abs. 3 VwGO.
67
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Ziffern 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der Streitwert beträgt die Hälfte des im Hauptsacheverfahren voraussichtlich anzusetzenden Streitwerts.