Titel:
Universität R., Studium der Humanmedizin, 2. Studienabschnitt, Studienortwechsel, „Härtefall“-Bewerbung, Vorrang der in einem Studiengang bereits Immatrikulierten
Normenketten:
GG Art. 12
BayHZG Art. 6
HZV § 33
Zulassungszahlsatzung der Universität R. §§ 1 und 3
Leitsatz:
Anspruch auf Schaffung eines Studienplatzes für „Härtefall“-Bewerbungen (verneint).
Schlagworte:
Universität R., Studium der Humanmedizin, 2. Studienabschnitt, Studienortwechsel, „Härtefall“-Bewerbung, Vorrang der in einem Studiengang bereits Immatrikulierten
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 14.02.2025 – RO 1 E HK 24.10088
Fundstelle:
BeckRS 2025, 7375
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt im Beschwerdeverfahren im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 2. Studienabschnitt an der Universität R..
2
Mit Schreiben vom 8. Juli 2024 beantragte sie bei der Universität R. die Genehmigung eines Studienortwechsels im Fach Humanmedizin von H. nach R. für das 2. klinische Semester (6. Fachsemester) zum Wintersemester 2024/2025. Dabei trug sie vor, dass ihr aufgrund ihrer Erkrankung (Osteochondrosis dissecans im rechten oberen Sprunggelenk) und der damit einhergehenden Schmerzen die Fortführung des Studiums nur in R. möglich sei, weshalb ein Härtefall vorliege. Unter dem 11. September 2024 lehnte die Universität R. den Antrag mangels freier Studienplätze ab.
3
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. Februar 2025 wurden die Anträge der Antragstellerin abgelehnt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie vorläufig zum Studiengang Humanmedizin, 2. klinisches Semester, an der Universität R. zum Wintersemester 2024/2025 zuzulassen, sowie hilfsweise für den Fall, dass sie die Voraussetzungen für die Aufnahme in das 2. klinische Semester nicht erfüllt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie im 1. klinischen Semester an der Universität R. zum Wintersemester 2024/2025 zuzulassen. Bezüglich des Hauptantrags sei weder glaubhaft gemacht worden, dass die Antragstellerin bei ordnungsgemäßer Durchführung des Auswahlverfahrens einen Studienplatz erhalten hätte, noch, dass ein Härtefall vorliege. Ein Anspruch auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazitäten bestehe bei einem Ortswechsel von einer deutschen staatlichen Universität nicht. Die hilfsweise beantragte Zulassung zum 1. klinischen Semester Humanmedizin (5. Fachsemester) im Wintersemester 2024/2025 scheide aus. Es sei schon fraglich, ob die Bedingung für den Hilfsantrag eingetreten sei, da die Antragstellerin die Zulassungsvoraussetzungen für das 2. klinische Semester (6. Fachsemester) erfülle. Jedenfalls könne im Hinblick auf § 33 Abs. 2 Nr. 1 HZV nur die Zulassung zu einem nächsthöheren Fachsemester beantragt werden. Im Übrigen sei auch die Kapazität des 1. klinischen Semesters (5. Fachsemester) erschöpft.
4
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde.
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Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
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1. Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
7
Aus den vorgetragenen Gründen, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich kein Anspruch der Antragstellerin nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf die mit dem Hauptantrag geltend gemachte vorläufige Zulassung zum 2. klinischen Semester des Studiengangs Medizin an der Universität R. zum Wintersemester 2024/2025 (nachfolgend a.). Über den Hilfsantrag, den Antragsgegner zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig zum 1. klinischen Semester des Studiengangs Medizin an der Universität R. zum Wintersemester 2024/2025 zuzulassen, falls sie die Voraussetzungen für die Aufnahme in das 2. klinische Semester nicht erfüllt, war nicht zu entscheiden, da die Bedingung nicht eingetreten ist (nachfolgend b.).
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a. Die Beschwerde hat im Hauptantrag keinen Erfolg. Weder steht für das 2. klinische Semester an der Universität R. im Studiengang Medizin ein Studienplatz zur Verfügung, der im Rahmen der „Härtefallregelung“ nach Art. 6 Abs. 2 BayHZG (vorrangig) an die Antragstellerin vergeben werden müsste (nachfolgend aa.), noch hat sie darüber hinaus einen Anspruch auf Schaffung eines derartigen Studienplatzes (nachfolgend bb.).
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aa. In der auf Art. 3 Abs. 1 und 2 BayHZG beruhenden Satzung zur Festsetzung von Zulassungszahlen der im Studienjahr 2024/2025 an der Universität R. als Studienanfänger und Studienanfängerinnen sowie in höheren Fachsemestern aufzunehmenden Bewerber und Bewerberinnen vom 23. Mai 2024 (Zulassungszahlsatzung 2024/2025) sind die Zulassungszahlen für die höheren Fachsemester in zulassungsbeschränkten Studiengängen festgesetzt. Nach § 1 Abs. 1 Buchst. c der Zulassungszahlsatzung 2024/2025 stehen zum Wintersemester 2024/2025 im Studiengang Medizin für das 2. Semester des 2. Studienabschnitts (2. klinisches Semester; 6. Fachsemester) 40 Studienplätze zur Verfügung. Gegen diese Festsetzung und die ihr zugrundeliegende Kapazitätsermittlung hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keine Einwendungen erhoben.
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Für die Vergabe der 40 Studienplätze für das 2. klinische Semester gibt § 33 Abs. 1 Satz 1 HZV vor, dass eine Zulassung für ein höheres Fachsemester nur erfolgt, wenn die Zahl der in diesem Semester und gleichzeitig die Gesamtzahl der in dem betreffenden Studiengang eingeschriebenen Studierenden unter die hierfür festgesetzten Zulassungszahlen sinkt. Diese Regelung wird durch § 3 der Zulassungszahlsatzung 2024/2025 näher ausgestaltet: Gemäß § 3 Abs. 1 der Zulassungszahlsatzung 2024/2025 werden Bewerberinnen und Bewerber für ein höheres Fachsemester, für das Zulassungszahlen festgesetzt sind, in dem Umfang aufgenommen, in dem die Zahl der im entsprechenden Fachsemester eingeschriebenen Studierenden die festgesetzte Zulassungszahl unterschreitet. In § 3 Abs. 2 und 3 der Zulassungszahlsatzung 2024/2025 sind diejenigen Konstellationen geregelt, in denen trotz Unterschreitung der festgesetzten Zulassungszahl eine Zulassung von Bewerberinnen und Bewerbern ausnahmsweise nicht stattfindet.
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Die festgesetzten Zulassungszahlen bestimmen die Obergrenze der im jeweiligen Fachsemester zu vergebenden Studienplätze. Nachdem es an der Universität R. im Fach Medizin keine Teilstudienplätze i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayHZG gibt, sind die für das jeweilige Fachsemester festgesetzten Studienplätze im Hinblick auf ihre durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition zunächst an diejenigen zu vergeben, die bereits im Studiengang Medizin eingeschrieben sind (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayHZG). Sofern die ermittelte und festgesetzte Kapazität nicht bereits durch diese Studierenden ausgeschöpft ist, sind die noch verbleibenden Studienplätze grundsätzlich in der in Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 5 und Abs. 2 BayHZG vorgesehenen Reihenfolge zu vergeben.
12
Die vorliegend für das 2. klinische Semester festgesetzten 40 Studienplätze sind laut der zum 1. Dezember 2024 ergangenen amtlichen Statistik der Universität R. mit der Einschreibung von 48 Studierenden im 2. klinischen Semester des Studiengangs Medizin (davon 6 beurlaubt) ausgeschöpft. Bei diesen handelt es sich nach der Erklärung des Antragsgegners in der Beschwerdeerwiderung vom 18. März 2025 ausschließlich um Studierende, die sich zum Weiterstudium im 2. Semester des klinischen Studienabschnitts zurückgemeldet haben. Eine Unterschreitung i.S.v. § 3 Abs. 1 der Zulassungszahlsatzung und § 33 Abs. 1 Satz 1 HZV liegt somit nicht vor. Mangels zur Verfügung stehender freier Studienplätze kann sich die Antragstellerin demnach nicht mit Erfolg auf die Härtefallregelung des Art. 6 Abs. 2 BayHZG berufen. Auf § 3 Abs. 2 und 3 der Zulassungszahlsatzung kommt es nicht an. Ob die Antragstellerin das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte i.S.v. Art. 6 Abs. 2 BayHZG überhaupt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
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bb. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin steht ihr auch kein Anspruch auf Schaffung eines über die Kapazität hinausgehenden zusätzlichen Studienplatzes im 2. klinischen Semester des Studiengangs Medizin an der Universität R. zu. Der grundrechtliche Teilhabeanspruch greift – auch in Härtefällen – nur, wenn Kapazität vorhanden ist. Art. 12 GG gewährt ein derivatives Teilhaberecht, welches (ausschließlich) auf Ausschöpfung der vorhandenen Ausbildungskapazität gerichtet ist (BVerfG, U.v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71 – juris Rn. 63; BVerfG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14 – juris Rn. 106; BayVGH, B.v. 7.5.2020 – 7 CE 19.10137 u.a. – juris Rn. 20).
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b. Über den Hilfsantrag war im Beschwerdeverfahren nicht zu entscheiden.
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Der Hilfsantrag auf vorläufige Zulassung zum 1. klinischen Semester im Studiengang Medizin an der Universität R. zum Wintersemester 2024/2025 wurde von der Antragstellerin an die innerprozessuale Bedingung geknüpft, dass sie die Voraussetzungen für die Aufnahme in das 2. klinische Semester nicht erfüllt. Wie die Universität R. mit Schreiben vom 13. November 2024 mitgeteilt hat, lagen jedoch bei der Antragstellerin die Voraussetzungen für den Einstieg in das 2. klinische Semester des Studiengangs Medizin vor, da eine Einstufung in das nächsthöhere Semester allein nach den bisher absolvierten Semestern unabhängig von den dabei erbrachten Leistungen erfolgt. Die Zulassung der Antragstellerin zum 2. klinischen Semester wurde allein deswegen abgelehnt, weil kein freier Studienplatz zur Verfügung stand. Die innerprozessuale Bedingung für den Hilfsantrag ist somit nicht eingetreten.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 18.1 und 1.5 Satz 1 Halbs. 1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.