Titel:
Antrag auf Korrektur des Melderegisters und Ausstellung neuer Personalausweise - erfolgloser Eilantrag
Normenketten:
PStG § 1 Abs. 1, § 48 Abs. 2, § 55
VwGO § 123
BMG § 3 Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. Für die Frage, ob das vorläufige Führen eines möglicherweise unzutreffenden Familiennamens einen wesentlichen Nachteil iSd § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO darstellt, ist der Umstand, dass eben dieser Name seit rund 30 Jahren faktisch geführt wird, ein wesentliches Indiz. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Meldebehörde ist grundsätzlich die sich aus den Personenstandsurkunden ergebende Schreibweise der Namen maßgebend, weil der gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BMG im Melderegister zu speichernde Familienname Teil des Personenstands iSd § 1 Abs. 1 S. 1 PStG ist, der von den Standesämtern beurkundet wird. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verhältnis von Melderecht und Personenstandsrecht, Bindungswirkung der Meldebehörde an Eintragung des Personenstandsregisters, Behördliche Berichtigung des Personenstandsregisters, Melderegister, Personalausweis, Korrektur des Melderegisters, Personenstandsurkunde, Familienname, einstweiliger Rechtsschutz, Änderung des Familiennamens
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 31.01.2025 – AN 18 E 25.154 , AN 18 E 25.162
Fundstelle:
BeckRS 2025, 7370
Tenor
I. Die Verfahren 5 CE 25.354 und 5 CE 25.355 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 10.000 Euro festgesetzt.
IV. Die Anträge des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren werden abgelehnt.
Gründe
1
Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Korrektur des Melderegisters (5 CE 25.354) und darauf aufbauend die Ausstellung neuer Personalausweise (5 CE 25.355).
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Sie machen geltend, die vom Antragsteller im Jahr 1995 für sich und die Antragstellerin beantragte Änderung des Familiennamens von „G. zu „B.“, die ausweislich der Urkunde der Antragsgegnerin über die Änderung des Familiennamens vom 3. April 1995 am 10. April 1995 wirksam wurde, sei gem. Art. 44 BayVwfG nichtig, da die aus Polen stammenden Antragsteller noch vor ihrer Einbürgerung vom dortigen Amtsgericht am 15. März 1989 rechtskräftig geschieden worden seien, so dass kein gemeinsamer Ehename hätte geführt werden dürfen.
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Mit Beschlüssen vom 31. Januar 2025 (AN 18 E 25.154 und AN 18 E 25.162) lehnte das Verwaltungsgericht die Eilanträge ab. Zur Begründung führte es aus, die Antragsteller hätten bereits keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine besondere Eilbedürftigkeit sei nicht ersichtlich. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass die Personalausweise der Antragsteller bereits ihre Gültigkeit verloren hätten bzw. dies in Kürze der Fall sei. Die Antragsteller könnten unter dem bisherigen Familiennamen neue (vorläufige) Ausweisdokumente beantragen und seien folglich an Auslandsreisen nicht gehindert. Den Antragstellern stünden überdies auch keine Anordnungsansprüche zu. Für die Personalausweisbehörden sei ebenso wie für Meldebehörden grundsätzlich die Schreibweise der Namen maßgeblich, wie sie sich aus der jeweiligen Personenstandsurkunde ergebe (§ 55 PStG). Die Klärung teils komplexer rechtlicher Fragen des Namens- und Familienrechts sei nicht Aufgabe der Personalausweisbehörde im Rahmen des Personalausweisausstellungsverfahrens, im Übrigen auch nicht Aufgabe des erkennenden Gerichts im diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren; sie sei vielmehr vorrangig in den hierfür einschlägigen spezialgesetzlichen Verfahren nach dem Personenstandsgesetz vor dem Standesamt bzw. im Streitfall vor den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl. §§ 48 ff. PStG) vorzunehmen.
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Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten im vorliegenden und in den vorangegangenen Verfahren verwiesen
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1. Die Beschwerden, die der Senat anhand der fristgerecht dargelegten Gründe prüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), haben keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht, dessen Ausführungen sich der Senat gem. § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO zu eigen macht, hat die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Die dagegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
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Für die begehrte Regelungsanordnung gem. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO fordert das Gesetz, dass die Regelung erforderlich ist, um „wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint“. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht daher berücksichtigt, dass die Antragsteller den Familiennamen B. bereits seit dem Jahr 1995 führen. Entgegen der Beschwerdebegründung wird ihnen nicht zum Vorwurf gemacht, dass sie sich nicht unmittelbar nach Kenntnis der Umstände, aus denen sie die Nichtigkeit der Namensänderung ableiten, an die Antragsgegnerin gewandt hatten. Für die Frage, ob das vorläufige Führen eines möglicherweise unzutreffenden Familiennamens einen wesentlichen Nachteil im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO darstellt, ist der Umstand, dass eben dieser Name seit rund dreißig Jahren faktisch geführt wird, ein wesentliches Indiz. Dazu kommt, dass es die Antragsteller bislang unterlassen haben, die Korrektur der Eintragungen im Personenstandsregister gem. § 48 Abs. 2 PStG beim zuständigen Amtsgericht Nürnberg (vgl. § 50 PStG) zu beantragen und damit die Ursache für die nun beanstandete Untätigkeit der Antragsgegnerin gesetzt haben.
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Hinsichtlich des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs sei lediglich ergänzt, dass die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht haben, dass das Melderegister unrichtig ist. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass das Melderecht auf einen einfachen und zügigen Vollzug angelegt und deshalb vom Gesetzgeber von Fragestellungen freigehalten worden sei, die angesichts der Vielfalt der Lebensgestaltungen zu komplizierten und streitträchtigen Erwägungen Anlass geben (vgl. BVerwG, U.v. 20.3.2002 – 6 C 12.01 – juris Rn. 14). Für die Meldebehörde ist grundsätzlich die sich aus den Personenstandsurkunden ergebende Schreibweise der Namen maßgebend, weil der gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BMG im Melderegister zu speichernde Familienname Teil des Personenstands im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 1 PStG ist, der von den Standesämtern beurkundet wird (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2016 – 5 ZB 15.142 – juris Rn. 6). Die eigenmächtige Änderung eines abgeschlossenen Registereintrags als Realhandlung ist der Behörde nur in den Fällen des § 47 PStG möglich, ohne dass es auf die Wirksamkeit oder die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts ankäme, der der Eintragung zugrunde lag und den die Antragsteller nunmehr irrtümlich einer verwaltungsgerichtlichen Inzidentprüfung unterzogen haben wollen. Gemäß § 48 Abs. 1 PStG darf ein abgeschlossener Registereintrag außer in den Fällen des § 47 PStG nur auf Anordnung des Gerichts berichtigt werden. Ob das Standesamt der Antragsgegnerin als Personenstandsbehörde gem. § 47 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 PStG im Ermessenswege aufgrund einer Scheidungsurkunde berechtigt wäre, die Nachnamen der Antragsteller zu ändern, kann dahinstehen, da die Antragsteller die Änderung des Personenstandsregisters nicht beantragt haben. Zur Entscheidung über die Ablehnung eines entsprechenden Antrags wäre im Übrigen ebenfalls das Amtsgericht Nürnberg zuständig (vgl. § 49 Abs. 1, § 50 PStG).
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 47 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nrn. 1.1.1, 1.1.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit entsprechend der zutreffenden Begründung des Verwaltungsgerichts.
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3. Da die Rechtsverfolgung aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot, waren gem. § 116 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO auch die Anträge des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten abzulehnen.
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Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.