Titel:
Zulassung zu einem kommunalen Volksfest, Auslegung des Kriteriums „Vertragserfüllung und Zuverlässigkeit“, Berücksichtigung von lebensmittelrechtlichen Beanstandungen
Normenketten:
VwGO § 123
GO Art. 21
Schlagworte:
Zulassung zu einem kommunalen Volksfest, Auslegung des Kriteriums „Vertragserfüllung und Zuverlässigkeit“, Berücksichtigung von lebensmittelrechtlichen Beanstandungen
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 11.03.2025 – Au 7 E 25.286
Fundstelle:
BeckRS 2025, 7368
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. März 2025 – Au 7 E 25.286 – wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf 4.500,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Zulassung zu dem von der Antragsgegnerin veranstalteten Augsburger Frühjahrsplärrer 2025, der in der Zeit vom 20. April bis 4. Mai 2025 stattfindet.
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Für die Auswahl unter den Bewerbern für den Betrieb der Geschäfte auf dem Frühjahrs- und Herbstplärrer stellte die Antragsgegnerin 16 Bewertungskriterien (Buchst. A bis P) auf, die ihre Grundlage in § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung der Stadt Augsburg über den Frühjahrs- und Herbstplärrer (BSPlärrer) vom 8. Januar 2013 (ABl. vom 25.01.2013, S. 26), zuletzt geändert am 14. Dezember 2019, haben. Je Bewertungskriterium können zwischen 0 und 20 Punkte erreicht werden. Die bei den einzelnen Kriterien erreichten Punkte werden mit Faktor zwei bzw. eins multipliziert. Das Kriterium Buchst. O betrifft die „Vertragserfüllung und Zuverlässigkeit“ (Faktor 1). Hierzu führt die Antragsgegnerin in ihren „Bewertungskriterien Süßwaren“ aus:
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„Dem Neubewerber wird unterstellt, dass er auf anderen Veranstaltungen dieses Kriterium vollends erfüllt. Deshalb wird dem Bewerber das Mittel von 10 Punkten gegeben, falls keine anderen Erkenntnisse vorhanden sind. Die Punktevergabe an bekannte Schausteller (Beschicker auf den Augsburger Plärrerveranstaltungen) erfolgt aufgrund der Bewährung.
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10 P. = nichts Negatives Bekanntes
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13 P. = 1 bis 2 Beschickungen
6
16 P. = 3 bis 5 Beschickungen
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20 P. = 6 Beschickungen oder mehr“
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Nach Bekanntmachung der Veranstaltung des „Frühjahrsplärrer 2025“ und der Fristen sowie weiterer Modalitäten der Bewerbung im städtischen Amtsblatt vom 17. Mai 2024 bewarb sich die Antragstellerin mit am 14. Juni 2024 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben für die Zulassung eines Verkaufswagens „zum Verkauf von gebrannten Mandeln, Süßwaren sowie Schoko-Früchten“.
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Mit Bescheid vom 1. Oktober 2024 lehnte die Antragsgegnerin die Bewerbung der Antragstellerin ab. Aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse und im Interesse eines insgesamt attraktiven Gesamtbilds der Veranstaltung hätten nicht alle Bewerbungen berücksichtigt werden können. Es sei innerhalb der mit dem Betrieb der Antragstellerin vergleichbaren Geschäfte eine Abwägung vorgenommen worden; dabei sei auf die Angaben der Antragstellerin in der Bewerbung zurückgegriffen worden.
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Ausweislich der Gesamtbewertung in der Sparte „Süßwaren“ gelangte die Antragsgegnerin unter Vergabe von insgesamt 107,5 Frontmetern anhand der Bewertungskriterien Buchst. A bis P zur Auswahl von zwölf Bewerbern. Die Antragstellerin erhielt 90 Punkte und erhielt Platz 14 der Bewerberliste. Die Beigeladenen wurden mit 102 Punkten bewertet und befanden sich damit auf Platz zwölf. Beim Kriterium O „Vertragserfüllung und Zuverlässigkeit“ vergab die Antragsgegnerin an die Antragstellerin fünf von 20 möglichen Punkten mit dem Zusatz: „Die Punkte werden aufgrund der Erkenntnisse der Lebensmittelüberwachung hier auf fünf Punkte gesetzt, aufgrund fehlender Fotos und Nachweise bleibt die Bewertung so bestehen“. Die Beigeladenen erhielten 20 Punkte mit der Bemerkung „Stand schon auf mehreren Veranstaltungen“.
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Am 6. Februar 2025 stellte die Antragstellerin den Antrag, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Antragstellerin mit ihrem Süßwarengeschäft „Z.“ zum Augsburger Frühjahrsplärrer 2025 zuzulassen. Es wurde u.a. näher ausgeführt, dass die Antragstellerin bei richtiger Bewertung 27 Punkte mehr hätte erhalten müssen.
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Mit angegriffenem Beschluss vom 11. März 2025 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden; allerdings sei der Antragstellerin beim Bewertungskriterium “Umweltfreundlichkeit“ ein zusätzlicher Punkt für den Bezug regionaler Waren bzw. von Bio-Lebensmittel zuzuerkennen. Die Bepunktung der Antragstellerin und der Beigeladenen für „Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“ halte sich innerhalb des Beurteilungs- und Ermessensspielraums der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin habe rechtsfehlerfrei die von der Lebensmittelüberwachung bei der Antragstellerin im September 2023 festgestellten Mängel bei ihrer Bewertung berücksichtigt und gestützt auf diese nur fünf von maximal 20 Punkten vergeben. Unerheblich sei der Umstand, dass das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen in einer E-Mail vom 21. März 2024 ausgeführt habe, dass nach glaubhafter Auskunft der Antragstellerin die im September 2023 festgestellten Mängel inzwischen abgestellt worden seien. Bei diesem Bewertungskriterium sei ersichtlich im Kern die Bewährung, d.h. die beanstandungsfreie Beschickung des Volksfestes in der Vergangenheit maßgeblich und damit das bisherige Verhalten des jeweiligen Beschickers. Unmaßgeblich sei, ob die festgestellten Mängel inzwischen abgestellt worden seien. Daher komme es auf den Hinweis der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin es versäumt habe, die zwischenzeitliche Behebung der Mängel hinreichend nachzuweisen, nicht an. Der Einwand, es habe sich bei den Beanstandungen im September 2023 um einen einmaligen Vorfall gehandelt, gehe schon deshalb fehl, weil es sich beim Herbstplärrer 2023 um die letzte Teilnahme der Antragstellerin an dem Volksfest gehandelt habe und das Jahr 2023 somit das primär maßgebliche Referenzjahr für die aktuelle Bewerbung darstelle. Auch in zeitlicher Hinsicht sei es der Antragsgegnerin unbenommen, der Antragstellerin die behördlichen Beanstandungen entgegenzuhalten. Zwar könne ein einmaliges Fehlverhalten nicht unbegrenzt als Malus herangezogen werden; hier sei dies jedoch noch berücksichtigungsfähig und geeignet, die Bewertung der Antragstellerin mit fünf Punkten zu tragen. Das Bewertungskriterium O mit der höchsten Maximalpunktzahl führe auch nicht zwingend zu einem künftigen Ausschluss der Antragstellerin und sei insoweit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit zu vereinbaren. Die Bepunktung der Beigeladenen mit 20 Punkten sei insoweit hinreichend begründet, als diese ersichtlich beanstandungsfrei an sechs oder mehr Plärrer-Veranstaltungen teilgenommen hätten, ohne dass konkrete negative Erkenntnisse vorlägen. Insoweit habe die Antragstellerin nichts Gegenteiliges substantiiert dargelegt.
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Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 17. März 2025 erhobenen und am 19. März 2025 begründeten Beschwerde unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Antrags.
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Die Antragsgegnerin hat davon abgesehen, eine Stellungnahme abzugeben.
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Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Behördenakten Bezug genommen.
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
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1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. März 2025, die der Senat nur anhand der fristgerecht dargelegten Gründe überprüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht mangels eines Anordnungsanspruchs abgelehnt. Die dagegen vorgetragenen Einwände greifen nicht durch.
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a) Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Antragstellerin vor, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es nicht zulässig sei, der Antragstellerin bei dem Kriterium O „Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“ nur fünf Punkte zuzugestehen. Die Punktevergabe bei diesem Kriterium erfolge nach den bindenden Bewertungskriterien der Antragsgegnerin aufgrund der Bewährung, die wiederum ausdrücklich an der Zahl der Beschickungen festmache. Die Antragstellerin mit mehr als sechs Beschickungen müsse hier zwingend 20 Punkte erhalten. Allein damit läge sie vor der Beigeladenen und hätte zwingend zugelassen werden müssen. Bezüglich der bei der Bewertung herangezogenen „Erkenntnisse der Lebensmittelüberwachung“ lege die Antragsgegnerin eine falsche Annahme zugrunde. Soweit vermerkt worden sei, dass aufgrund fehlender Fotos und Nachweise die Bewertung mit fünf Punkten bestehen bleibe, sei übersehen worden, dass die Antragstellerin mit ihrer Bewerbung die Bestätigung des Amtes für Verbraucherschutz und Veterinärwesen vom 21. März 2024 vorgelegt habe, dass die festgestellten Mängel abgestellt seien. Das Verwaltungsgericht habe insoweit verkannt, dass sich aus den Bewertungskriterien nicht ergebe, wie viele Punkte bei negativen Erkenntnissen abgezogen und wie lange solche Erkenntnisse einem Bewerber vorgehalten werden dürften. Vielmehr mache die Antragsgegnerin die Bewährung ausschließlich an der Zahl der Beschickungen fest. Somit müsse davon ausgegangen werden, dass ein nachweislich abgestellter Verstoß bei einer Zulassungsentscheidung nicht vorgehalten werden dürfe. Das Gericht dürfe nicht einfach in die Bewertungskriterien etwas hineininterpretieren, was dort ausdrücklich anders geregelt sei. Es sei mit dem Transparenzgebot unvereinbar, die in den Bewertungskriterien erfolgte Festlegung auf die Zahl der Beschickungen durch irgendwelche hineingelesenen Zusatzkriterien nachträglich zu erweitern. Der Antragstellerin seien die Zusatzpunkte wie im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt vollumfänglich zuzuerkennen. Rein vorsorglich werde auf das gesamte Vorbringen in der ersten Instanz verwiesen, das ausdrücklich auch zum Gegenstand des Vortrags der Beschwerdeinstanz gemacht werde.
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b) Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Frage zu stellen. Die Antragstellerin kann nicht verlangen, mit dem Süßwarenstand „Z.“ auf dem Frühjahrsplärrer 2025 zugelassen zu werden. Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen ist nicht zu beanstanden.
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aa) Für die Vergabeentscheidung ist von dem Punktesystem auszugehen, das die Antragsgegnerin in ihren „Bewertungskriterien der Sparte ‚Süßwaren‘, Unterpunkt „Vertragserfüllung – Zuverlässigkeit“ vorsieht. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragstellerin hiernach zwingend die von ihr beanspruchten 20 Punkte oder jedenfalls mehr Gesamtpunkte als der Beigeladenen zuzusprechen wären, um zu dem Volksfest zugelassen zu werden.
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(1) Die Vergabekriterien als solche werden von der Antragstellerin nicht angegriffen; Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich. Es kommt daher ausschließlich auf die rechtmäßige, insbesondere ermessensgerechte Anwendung der Kriterien hinsichtlich der Bewerbung der Antragstellerin und der Beigeladenen unter Beachtung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG an. Denn bei einer Erschöpfung der Kapazität der öffentlichen Einrichtung hat der Bewerber ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens, d.h. darauf, dass die Antragsgegnerin die Auswahlentscheidung nach sachlichen Kriterien (BVerwG, B.v. 24.6.2011 – 8 B 31.11 – juris Rn. 5) und unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes trifft. Die Erfüllung der Vergabekriterien einer Bewerbung ist vom Gericht aufgrund des gegebenen Einschätzungsspielraums der Antragsgegnerin lediglich dahingehend zu überprüfen, ob die Bewertung nachvollziehbar und schlüssig erfolgte, d.h. ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen worden ist, ob sachwidrige Erwägungen angestellt oder ob Verfahrensfehler gemacht worden sind. Das Verwaltungshandeln der auswählenden Behörde muss dabei transparent und nachvollziehbar sein. Das gilt nicht nur für die Kriterien, von denen sich die Behörde bei der Auswahlentscheidung leiten lässt, sondern auch für den konkreten Auswahlvorgang selbst (zum Vorstehenden: BayVGH, B.v. 11.2.2019 – 4 ZB 18.378 – juris Rn. 16 m.w.N.).
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(2) Der Antragstellerin stehen keine 20 Punkte für die Erfüllung des Kriteriums „Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“ zu. Die von ihr vertretene Auffassung, dass für die Punkte im Bereich „Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“ ausschließlich die Anzahl der Beschickungen maßgeblich sei, trifft nicht zu.
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Das Verwaltungsgericht stellt insoweit zu Recht darauf ab, dass für dieses Bewertungskriterium das beanstandungsfreie Verhalten in der Vergangenheit maßgeblich ist. Damit hat es die Bewertungskriterien der Antragsgegnerin, die als Willenserklärungen der Auslegung nach den allgemeinen Grundsätzen zugänglich sind, zutreffend ausgelegt und nicht, wie die Antragstellerin meint, anhand irgendwelcher Zusatzkriterien „etwas hineininterpretiert“, was die Antragstellerin ausdrücklich anders geregelt habe. Die Punktekriterien der Antragsgegnerin sind so zu verstehen, dass nur solche Bewerber, die in der Vergangenheit keinen Anlass zur Beanstandung gaben, zehn Punkte (im Falle ohne bisheriger Beschickung) bis 20 Punkte (sechs oder mehr Beschickungen) erhalten können. Dies ergibt sich aus den folgenden Überlegungen:
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Die Antragsgegnerin unterscheidet in ihrem Kriterienkatalog zum einen „Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“ (Kriterium O) und zum anderen die „Volksfesterfahrung“ (Kriterium P). Bei dem Kriterium „Volksfesterfahrung“ hat die Antragstellerin die volle Punktzahl erhalten, so dass insoweit ersichtlich ausschließlich die Anzahl der erfolgten Volksfestteilnahmen eingestellt wurde. Schon aus diesem Umstand ergibt sich, dass der Wille der Antragsgegnerin darauf gerichtet ist, dem Punkt „Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“ einen anderen Regelungsgehalt zukommen zu lassen; im Übrigen lässt sich dies auch aus der Bezeichnung des Kriteriums („Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“) folgern. Bei diesem Kriterium kommt es der Antragsgegnerin auf die Tadellosigkeit des Verhaltens im Zeitablauf an. Ihr Wille ist ersichtlich darauf gerichtet, (nur) ein bewährtes Verhalten über einen längeren Zeitraum zu belohnen. Dies ist auch den weiteren Angaben in den Beurteilungskriterien zu entnehmen. Namentlich stellt die Antragsgegnerin dort auf die „Bewährung“ ab und bei der Vergabe von zehn Punkten darauf, dass „nichts Negatives bekannt“ ist. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass negative Erkenntnisse, also solche, die etwa auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, zu einer Herabsetzung der Bepunktung führen.
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Ein Anspruch auf Bewertung mit 20 Punkten ergibt sich daher nicht aus dem bloßen Umstand, dass sechs oder mehr Beschickungen erfolgten, sondern nur dann, wenn die Beschickungen in der Vergangenheit auch beanstandungsfrei waren.
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(3) Dieses Verständnis zugrunde gelegt, ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die lebensmittelrechtlichen Beanstandungen bei der Punktevergabe berücksichtigt hat. Dazu war sie angesichts der Bindung an ihre Bewertungskriterien sogar verpflichtet.
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Die lebensmittelrechtlichen Beanstandungen, die die Antragstellerin im Übrigen in der Sache auch nicht bestreitet, betreffen ein einschlägiges Fehlverhalten für die Beurteilung des Grades der „Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“, so dass die Antragsgegnerin diese zu Recht bei der damit einhergehenden Frage der Bewährung in ihrer Punktevergabe berücksichtigt hat. Die Einhaltung der Hygiene- und Lebensmittelvorschriften ist eine zentrale Frage der „Zuverlässigkeit“ gerade im volksfestrelevanten Bereich, an deren Einhaltung der Antragsgegnerin schon als Veranstalterin ein besonderes Interesse zuzugestehen ist. Es ist im Übrigen auch nicht dargelegt, dass es sich um Verfehlungen im Bagatellbereich gehandelt hätte, die einen geringeren oder keinerlei Punkteabzug rechtfertigen würden. Im Gegenteil ordnet das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seinen vorangegangenen Eilbeschluss die Beanstandungen als „erhebliche Mängel“ ein (BA Rn. 94), was die Antragstellerin auch nicht in Frage gestellt hat.
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Es trifft zwar der Einwand zu, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Bewertung fehlerhaft den Umstand eingestellt hat, dass die Antragstellerin „keine Nachweise/Fotos“ eingereicht habe. Zutreffend hat aber das Verwaltungsgericht hierzu ausgeführt (BA Rn. 93 – 97), dass es unmaßgeblich sei, ob die festgestellten Mängel zwischenzeitlich abgestellt seien, und es deswegen auch nicht darauf ankomme, dass die Antragsgegnerin dies ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt habe. Dass bei der Beurteilung der „Bewährung“ das Verhalten in der Vergangenheit und damit die unstreitig festgestellten Mängel zugrunde gelegt werden, ist nicht ernstlich zweifelhaft. Weiter handelt es sich um eine Selbstverständlichkeit, dass festgestellte Mängel abgestellt werden, so dass sich hieraus kein Bewertungsvorteil zugunsten der Antragstellerin ergeben kann.
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(4) Aus dem Umstand, dass der Kriterienkatalog keine näheren Angaben dazu enthält, wie viele Punkte bei negativen Erkenntnissen abgezogen werden dürfen und wie lange solche Erkenntnisse einem Bewerber vorgehalten werden dürfen, folgt nicht, dass – wie die Antragstellerin wohl meint – negative Erkenntnisse gar nicht herangezogen werden dürften. Dies widerspräche dem ersichtlichen Regelungsgehalt des als „Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“ bezeichneten Kriteriums. Die Antragsgegnerin war insoweit auch nicht gehalten, detailliertere Regelungen nach den Vorstellungen der Antragstellerin zu treffen. Insbesondere gebietet dies nicht das von der Antragsgegnerin einzuhaltende Transparenzgebot. Vielmehr liegt es in der Natur von Bewertungskriterien als ermessenslenkenden Regelungen, dass diese einerseits der vollziehenden Verwaltung bindende Vorgaben machen (hier etwa die Punktematrix) und ihr andererseits einen Spielraum für die Beurteilung des Einzelfalls belassen (vgl. hierzu BSG, U.v. 16.6.1999 – B 9 V 4/99 R – BSGE 84, 108-114, juris Rn. 27). Der hier eingeräumte Spielraum bezüglich der Einordnung von „negativen Erkenntnissen“ bzw. der fehlenden Bewährung ist nicht zu beanstanden, sondern dürfte sogar für eine angemessene flexible Handhabung der Umstände des Einzelfalls notwendig sein. Denn angesichts der denkbaren Vielzahl unterschiedlichster Ausprägungen von „negativen Erkenntnissen“ ist eine nähere Differenzierung kaum vorstellbar. So sind Verstöße in verschiedenen Rechtsbereichen, etwa im Strafrecht, Gewerberecht, Vertragsrecht, im Bau- und Immissionsschutzrecht, Sozialrecht oder eben im Lebensmittelrecht denkbar, die wiederum in ihrer Ausprägung und Häufigkeit unterschiedliches Gewicht haben können. Insoweit begegnet es keinen Bedenken, wenn keine weiteren Abstufungen vorgegeben werden, sondern die Beurteilung des Einzelfalls bei der vollziehenden Behörde verbleibt. Soweit die Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit von Verstößen in zeitlicher Hinsicht inmitten steht, ist auch insoweit keineswegs eine strikte Vorgabe in den Beurteilungskriterien erforderlich (vgl. hierzu die bereits vom Verwaltungsgericht genannte Entscheidung BayVGH, B.v. 13.9.2016 – 4 ZB 14.2209 – BayVBl 2017, 166, juris Rn. 12); auch dies kann der Einzelfallentscheidung überlassen bleiben.
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(5) Die Beschwerde legt auch nicht dar, dass die Antragsgegnerin in Form einer Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet wäre, sie jedenfalls mit zusätzlichen zwölf Punkten zu beurteilen. Dass dies erforderlich wäre, um wie beantragt statt der Beigeladenen zugelassen zu werden, ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Bewertung der Beigeladenen, die insgesamt 102 Punkte erhalten haben, und derjenigen der Antragstellerin, der zunächst 90 Punkte und nach Korrektur durch das Verwaltungsgericht 91 Punkte zugesprochen worden sind.
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Für einen solchen Anspruch auf eine Höherbewertung im zweistelligen Bereich ist im Übrigen auch nichts ersichtlich. Denn die Vergabekriterien im Bereich „Vertragserfüllung, Zuverlässigkeit“ sehen vor, dass zehn oder mehr Punkte nur solche Bewerber erhalten, die sich beanstandungsfrei zeigten. Angesichts der hier zu berücksichtigenden lebensmittelrechtlichen Beanstandungen musste die Antragstellerin also in jedem Fall unter zehn Punkte erhalten und damit weniger, als erforderlich wäre, um die Beigeladenen zu verdrängen.
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bb. Soweit die Antragstellerin im Übrigen pauschal auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verweist, genügt dies dem Darlegungserfordernis nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2016 – 10 CS 16.431 – juris Rn. 16; NK-VwGO/ Guckelberger, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 79 m.w.N.).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG; die Befugnis zur Änderung des erstinstanzlichen Streitwerts ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Der Festsetzung in Höhe von 4.500 Euro legt der Senat wie das Verwaltungsgericht mangels anderer Anhaltspunkte den Mindestbetrag von 300 Euro für jeden der 15 Volksfesttage zugrunde (vgl. Ziff. 54.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Trotz des Charakters als Eilverfahren wird von einer Herabsetzung abgesehen und der Gesamtbetrag in voller Höhe angesetzt, weil das Verfahren hier die Entscheidung in der Sache vorwegnimmt, vgl. Ziff. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs (so auch BayVGH, B.v. 25.6.2007 – 4 C 07.1299 – juris Rn. 2; B.v. 15.9.2016 – 4 CE 16.1804 – n.v., BA Rn. 28; B.v. 22.11.2018 – 4 CE 18.2417 – NVwZ-RR 2019, 683, juris Rn. 25; vgl. auch B.v. 14.7.2020 – 20 NE 20.1485 – juris Rn. 27; B.v. 25.5.2023 – 4 CE 23.854 – BayVBl 2023, 531, juris Rn. 26)
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).