Titel:
vorläufiger Rechtsschutz, Darlegungsanforderungen, bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3
Schlagworte:
vorläufiger Rechtsschutz, Darlegungsanforderungen, bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 13.01.2025 – M 7 S 24.104
Fundstelle:
BeckRS 2025, 7352
Tenor
I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 3.625,00 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse und weitere Nebenanordnungen.
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Anlässlich einer Meinungsverschiedenheit über eine Verkehrssituation wurde der Antragsteller mit Strafbefehl vom 22. September 2021 wegen Sachbeschädigung (Fremdsachschaden: 3.011,21 EUR) zu einer Geldstrafe i.H.v. 60 Tagessätzen verurteilt. Den hiergegen eingelegten Einspruch nahm er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht zurück. Der Strafbefehl ist seit dem 22. Februar 2022 rechtskräftig.
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Nach erfolgter Anhörung widerrief das Landratsamt ... mit Bescheid vom 4. Dezember 2023 die dem Antragsteller erteilte Waffenbesitzkarte und Sportschützenwaffenbesitzkarte (Nr. 1) und verpflichtete ihn unter Zwangsgeldandrohung (Nr. 6), die Erlaubnisurkunden zurückzugeben (Nr. 2), sowie die Waffen einschließlich Munition an einen Berechtigten abzugeben oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und hierüber einen Nachweis vorzulegen (Nr. 3). Bei Nichtbeachtung der Verpflichtung in Nummer 3 wurde die Sicherstellung angeordnet (Nr. 4) und für den Fall des fehlenden Nachweises wurde die Einziehung und Vernichtung der Waffen angeordnet (Nr. 5). Die sofortige Vollziehbarkeit der Nrn. 2, 3, 4 und 5 wurde angeordnet (Nr. 7).
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Hiergegen ließ der Antragsteller am 8. Januar 2024 Klage (Az.: M 7 K 24.103) erheben, über die nach Aktenlage noch nicht entscheiden ist. Seinem zugleich gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gab das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 13. Januar 2025 hinsichtlich Nummer 5 des Bescheids statt und lehnte ihn im Übrigen ab. Abgesehen von Nummer 5 des Bescheides, deren Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit bereits formell rechtswidrig sei, überwiege das Vollzugsinteresse des Antragsgegners, da die Klage in der Sache keinen Erfolg haben dürfte. Denn der Antragsteller besitze wegen der rechtskräftigen Verurteilung nicht die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG, Gründe für eine Ausnahme von der Regelvermutung bestünden keine. Weder habe die vorliegende Straftat Bagatellcharakter noch erscheine sie aufgrund von sonstigen Besonderheiten in einem milderen Licht. Auch wenn die Geldstrafe mit 60 Tagessätzen im Mindestbereich angesiedelt sei, rechtfertige dies nicht ohne weitere Umstände bereits eine Abweichung. Der bloße Zeitablauf seit der Verurteilung vermag die Annahme der Unzuverlässigkeit ebenfalls nicht zu entkräften. Es sei unerheblich, dass der Antragsteller in den 30 Jahren zuvor strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei und als Reservist ein hohes gesellschaftliches Ansehen genieße. Soweit zu den Umständen der abgeurteilten Straftat vorgetragen werde, sei nicht ersichtlich, dass das Urteil auf einem Rechtsirrtum beruhe; darüber hinaus sei es Sache eines jeden Angeklagten, im Strafverfahren entlastende und strafmildernde Umstände vorzutragen und ggf. sein Rechtsmittel weiterzuverfolgen oder zurückzunehmen. Bedenken gegen die Nebenanordnungen bestünden keine.
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Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter und beantragt,
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den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 13. Januar 2025 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nummer 1 des Bescheids anzuordnen und gegen Nummern 2, 3, 4 und 5 wiederherzustellen.
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Zur Begründung verweist er auf den erstinstanzlichen Vortrag und bringt vor, der Bescheid sei rechtswidrig und die sofortige Vollziehbarkeit daher nicht gerechtfertigt, denn die Regelunzuverlässigkeitsvermutung des § 5 Abs. 2 WaffG greife beim Antragsteller nicht, Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition seien nicht gerechtfertigt. Die Gesamtwürdigung der Art und Umstände der Straftat seien zu seinen Gunsten in einem milden Licht zu betrachten. Die dem Antragsteller vorgeworfene Unzuverlässigkeit sei gerade nicht aufgrund dessen „kriminellen Verhaltens“ zugesprochen worden, sondern Ergebnis einer rechtlichen Falschberatung und der Entscheidung des Antragstellers, die Strafe akzeptieren zu wollen, obwohl diese nach Würdigung der Strafakte auch weit unter den 60 Tagessätzen hätte ausfallen können. Der Antragsteller sei ein hoch angesehener und zuverlässiger Reservist, er sei seit über 30 Jahren Waffenbesitzer und ansonsten nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten, auch seit der Verurteilung sei er unauffällig. Dies alles sei bei der Ermessensprüfung zu berücksichtigen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen,
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und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
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I. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist bereits unzulässig.
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1. Soweit der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich Nummer 5 des Bescheids wiederherzustellen, ist der Antrag nicht statthaft, da das Verwaltungsgericht diesbezüglich die aufschiebende Wirkung bereits wiederhergestellt hat.
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2. Im Übrigen genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
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Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Begründung der Beschwerde einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Sie muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb diese aus Sicht des Beschwerdeführers nicht tragfähig sind. Das erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Das erstinstanzliche Vorbringen zu wiederholen, ohne auf die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung einzugehen, reicht grundsätzlich ebenso wenig wie pauschale oder formelhafte Rügen (BayVGH, B.v. 20.2.2024 – 15 CS 24.75 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 28.11.2022 – 1 CS 22.2150 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.12.2017 – 1 CS 17.2072 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 17.7.2013 – 15 CS 13.800 – juris Rn. 10).
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Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie stellt im Wesentlichen nur den Sachverhalt und die Rechtslage aus Sicht des Antragstellers dar und wiederholt weitestgehend wortgleich das erstinstanzliche Vorbringen (vgl. Antragsschriftsatz an das VG München vom 8.1.2024), ohne auf die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts einzugehen. Dieses hat sich bereits mit sämtlichen Argumenten und Einwendungen des Antragstellers, welche im Beschwerdeverfahren (erneut) vorgebracht werden, befasst und ausführlich begründet, weshalb aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung i.H.v. 60 Tagessätzen von einer Regelunzuverlässigkeit des Antragstellers nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG auszugehen sei. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht sämtliche Einwände des Antragstellers zum Abweichen von der Regelvermutung abgearbeitet und begründet, weshalb ein solches vorliegend nicht in Betracht kommt. Mit der Beschlussbegründung setzt sich der Antragsteller in seiner Beschwerde jedoch nicht ansatzweise auseinander.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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III. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5, 20.3, 50.1 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 und folgt in der Höhe der nicht beanstandeten Festsetzung des Verwaltungsgerichts.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).