Titel:
Umschreibung einer albanischen in eine deutsche Fahrerlaubnis, ordentlicher Wohnsitz in Deutschland (verneint), Neuausstellung eines albanischen Führerscheins mit Verlängerung der Befristungen der Fahrerlaubnis, vorläufige Fahrerlaubnis im Wege einer einstweiligen Anordnung
Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1 S. 2
FeV § 7 Abs. 1, § 29 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 31 Abs. 1 S. 1, Anlage 11
Schlagworte:
Umschreibung einer albanischen in eine deutsche Fahrerlaubnis, ordentlicher Wohnsitz in Deutschland (verneint), Neuausstellung eines albanischen Führerscheins mit Verlängerung der Befristungen der Fahrerlaubnis, vorläufige Fahrerlaubnis im Wege einer einstweiligen Anordnung
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 11.02.2025 – RN 8 E 25.233
Fundstelle:
BeckRS 2025, 7335
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Unter Änderung von Nr. III. des angefochtenen Beschlusses wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 8.750,- Euro festgesetzt.
Gründe
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Der Antragsteller begehrt die vorläufige Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis im Wege der Umschreibung seiner albanischen Fahrerlaubnis.
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Der Antragsteller ist albanischer Staatsangehöriger. Am 2. April 2024 beantragte er beim Landratsamt Landshut die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis der Klassen A, B, BE, C und CE. Hierzu legte er u.a. einen am 14. Februar 2024 ausgestellten albanischen Führerschein (gültig bis 13.2.2039) mit beglaubigter Übersetzung vor, in dessen Spalte 10 als Erteilungsdaten für die Klasse A der 12. Mai 1996, für die Klassen B und C der 15. August 1996 und für die Klassen BE und CE der 27. Februar 2006 eingetragen sind. In einer über das Kraftfahrt-Bundesamt eingeholten Auskunft des Ministeriums für Infrastruktur und Energie der Republik Albanien wird die Gültigkeit der Fahrerlaubnis bestätigt. Nach einer Arbeitgeberbestätigung eines in Deutschland ansässigen Bauunternehmens vom 27. März 2024 sei der Antragsteller am 15. März 2024 als LKW-Fahrer eingestellt worden.
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Nach Recherchen des Landratsamts im Behördeninformationssystem war der Antragsteller vom 29. November 2022 bis 14. März 2024 mit Wohnsitz in 8..6692 Münster, vom 14. März bis 4. April 2024 in 8..2008 Unterhaching und vom 28. Oktober 2019 bis 1. Januar 2020, vom 4. Juni 2021 bis 29. November 2022 sowie seit 4. April 2024 in 8..4061 Ergoldsbach gemeldet.
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Mit Bescheid vom 11. Juni 2024 lehnte das Landratsamt den Antrag auf Fahrerlaubniserteilung ab und stellte fest, der Antragsteller sei nicht berechtigt, Kraftfahrzeuge im Inland zu führen. Es sei von einem ununterbrochenen Aufenthalt seit Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes Ende 2023 in Deutschland und daher auch im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis in Albanien am 14. Februar 2024 auszugehen.
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Über die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Regensburg noch nicht entschieden. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 31. Januar 2025 ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Regensburg beantragen, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Umschreibung der Fahrerlaubnis zu verpflichten. Er sei zwar seit 2021 in Deutschland gemeldet, habe hier jedoch keinen Wohnsitz gehabt, sondern sei immer wieder für wenige Tage nach Deutschland gekommen, um Kraftfahrzeuge zu erwerben, die er anschließend nach Albanien überführt und dort veräußert habe. In Albanien habe er bei seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern seinen Wohnsitz und auch eine feste Anstellung gehabt. Im Dezember 2023 habe er erstmals eine Aufenthaltserlaubnis beantragt, um einen in Aussicht gestellten Arbeitsplatz antreten zu können. Die Aufenthaltserlaubnis sei mit Bescheid vom 2. Februar 2024 abgelehnt und er sei aufgefordert worden, Deutschland bis spätestens 10. März 2024 zu verlassen. Hiergegen habe er Rechtsmittel eingelegt, sei aber aufgrund der unklaren Situation nach Albanien ausgereist. Dort sei ihm dann die Geldbörse mit seinem Führerschein gestohlen worden. Deshalb habe er sich dort einen neuen Führerschein ausstellen lassen. Nachdem er in Deutschland eine neue Arbeitsstelle gefunden habe, sei der Bescheid vom 2. Februar 2024 aufgehoben worden. Daraufhin sei er wieder eingereist und habe die Umschreibung der Fahrerlaubnis beantragt.
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Mit Beschluss vom 11. Februar 2025 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Antragsteller bei Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 7 ff. der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) – ausgenommen hierbei jedoch die in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 5 FeV genannten Vorschriften – vorläufig eine Fahrerlaubnis der Klassen A, B, BE, C und CE zu erteilen. Überwiegendes spreche dafür, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis und Ausstellung des Führerscheins am 14. Februar 2024 seinen Wohnsitz noch in Albanien gehabt habe. Bei seiner Einreise nach Deutschland Ende 2023 sei noch völlig offen gewesen, ob er einen Aufenthaltstitel erhalten werde, den das Landratsamt Donau-Ries zunächst auch mit Bescheid vom 2. Februar 2024 abgelehnt habe. Für das Bestehen eines fahrerlaubnisrechtlich relevanten Wohnsitzes komme es nicht entscheidend auf die melderechtlichen, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Aus der in Übersetzung vorgelegten Auflistung der Polizeidirektion Tirana über seine Aus- und Einreisen aus und nach Albanien ergebe sich ein überwiegender Aufenthalt des Antragstellers in Albanien für die Jahre 2021 bis 2023. Der Antragsteller habe durch die Vorlage eines Schreibens seines Arbeitgebers, der ihm angedroht habe, das Arbeitsverhältnis ohne gültige Fahrerlaubnis zu beenden, auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
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Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde trägt der Antragsgegner vor, dem Antragsteller sei die albanische Fahrerlaubnis vom 14. Februar 2024 unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip erteilt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe er aufgrund seiner aufenthaltsrechtlichen und beruflichen Bindungen bzw. Pläne seinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland gehabt. Er habe am 18. Juli 2023 in Albanien unter Vorlage eines unbefristeten Arbeitsvertrags die Erteilung eines deutschen Visums beantragt und angegeben, keinen ständigen Wohnsitz außerhalb Deutschlands beizubehalten. Nach Erhalt des Visums für den Zeitraum vom 19. Oktober 2023 bis 16. April 2024 sei er am 1. November 2023 nach Deutschland eingereist und habe am 5. November 2023 einen unbefristeten Wohnraummietvertrag geschlossen. Im Dezember 2023 habe er beim Landratsamt Donau-Ries einen Aufenthaltstitel beantragt und einen neuen Arbeitsvertrag für ein auf ein Jahr befristetes Arbeitsverhältnis vorgelegt. Nach Verweigerung der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit habe das Landratsamt diesen Antrag abgelehnt und den Antragsteller verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Dieser Bescheid sei nach Vorlage eines neuen Arbeitsvertrags vom 29. Februar 2024 mit unbefristeter Vollzeitbeschäftigung ab 1. März 2024 aufgehoben und dem Antragsteller am 14. März 2024 eine Fiktionsbescheinigung mit Beschäftigungserlaubnis erteilt worden. Die temporäre Rückkehr nach Albanien im Februar 2024 bedeute keine Aufgabe des Wohnsitzes in Deutschland nebst Wiederbegründung eines Wohnsitzes in Albanien. Der Antragsteller habe nicht beabsichtigt, Deutschland dauerhaft zu verlassen. Dies ergebe sich auch aus der erneuten, erfolgreichen Arbeitsplatzsuche und dem Vorgehen gegen den Ablehnungsbescheid vom 2. Februar 2024. Der Antragsteller habe auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine Tätigkeit als LKW-Fahrer oder die Voraussetzung, Inhaber einer Fahrerlaubnis zu sein, gehe aus dem im aufenthaltsrechtlichen Verfahren vorgelegten Arbeitsvertrag nicht hervor.
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Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
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Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern und die begehrte einstweilige Anordnung abzulehnen wäre.
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1. § 31 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2024 (BGBl I Nr. 299), regelt in Verbindung mit der Staatenliste zu den Sonderbestimmungen für Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis (Anlage 11 zur FeV) die Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Fahrerlaubnis aus einem Staat außerhalb des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Beantragt der Inhaber einer Fahrerlaubnis, die in einem in Anlage 11 aufgeführten Staat und in einer in der Anlage 11 aufgeführten Klasse erteilt worden ist und die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder dazu berechtigt hat, die Erteilung einer Fahrerlaubnis für die entsprechende Klasse von Kraftfahrzeugen, sind Vorschriften über die ärztliche Untersuchung und des Sehvermögens, über den Sehtest, über die Befähigungsprüfung, über die Schulung in Erster Hilfe und über die Ausbildung nicht anzuwenden (§ 31 Abs. 1 Satz 1 FeV). Albanien wurde mit Wirkung zum 1. Juni 2022 in die Staatenliste der Anlage 11 zur FeV aufgenommen. Seither können insbesondere ab 24. Januar 2017 ausgestellte albanische Führerscheine (vgl. Anm. 19 zu Anlage 11) bei Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Deutschland unter erleichterten Voraussetzungen in eine deutsche Fahrerlaubnis „umgetauscht“ oder „umgeschrieben“ werden. Hierzu muss der Antragsteller den Besitz der ausländischen Fahrerlaubnis durch den nationalen Führerschein nachweisen (§ 31 Abs. 3 Satz 1 FeV) und diesen abgeben (§ 31 Abs. 4 Satz 2 FeV). Außerdem muss die ausländische Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigen oder dazu berechtigt haben (§ 31 Abs. 1 Satz 1 FeV). Dies ist für Inhaber einer gültigen albanischen Fahrerlaubnis sechs Monate nach Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Deutschland der Fall (§ 29 Abs. 1 Satz 4 FeV), wenn deren Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung der albanischen Fahrerlaubnis noch keinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland hatte (§ 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV; näher zur Historie des Wohnsitzerfordernisses siehe BayVGH, U.v. 24.4.2024 – 11 BV 23.1080 – juris Rn. 24). Dass die ausländische Fahrerlaubnis den Betroffenen zum Führen von Kraftahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat, gehört nach § 31 Abs. 1 Satz 1 FeV zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, deren Nichterweislichkeit – wenn berechtigte Zweifel daran verbleiben – zu Lasten des Anspruchstellers geht (BayVGH a.a.O. Rn. 33).
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a) Im Fall des Antragstellers kommt es somit darauf an, ob er im Zeitpunkt der Ausstellung des albanischen Führerscheins am 14. Februar 2024 mit Verlängerung der ursprünglichen Befristungen der Fahrerlaubnisklassen A, B und BE bis 13. Februar 2039 und der Klassen C und CE bis 13. Februar 2029 einen Wohnsitz in Albanien oder in Deutschland hatte. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis im Wege der Umschreibung darf er seinen ordentlichen Wohnsitz noch nicht oder nicht mehr in Deutschland gehabt haben, als ihm der Ausstellerstaat Albanien das materielle Recht in dem nunmehr für die Teilnahme am Straßenverkehr in Deutschland in Anspruch genommenen Umfang (erstmals) verliehen oder in dem er es – wie am 14. Februar 2024 mit der Verlängerung der ursprünglichen Befristungen geschehen – erweitert hat (vgl. BayVGH, U.v. 24.4.2024 – 11 BV 23.1080 – juris Rn. 26). Ein ordentlicher Wohnsitz in Deutschland wird angenommen, wenn der Bewerber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Jahr, in Deutschland wohnt (§ 7 Abs. 1 Satz 2 FeV; vgl. auch Art. 12 Abs. 1 der RL 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über den Führerschein, die in Art. 11 Nr. 6 auch den „Umtausch“ von Führerscheinen regelt, die ein Nicht-EU-Mitgliedstaat ausgestellt hat, und hierfür gemäß Art. 7 Nr. 1 Buchst. e einen ordentlichen Wohnsitz im Mitgliedstaat voraussetzt). Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Staaten aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift im Inland, sofern er regelmäßig hierhin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV, vgl. auch Art. 12 Abs. 2 RL 2006/126/EG). Maßgebend hierfür sind die tatsächlichen Wohn- und Lebensverhältnisse im Einzelfall. Lassen die persönlichen und beruflichen Bindungen an den (neuen) Wohnort es als gesichert erscheinen, dass der Betroffene dort mindestens 185 Tage wohnen wird, begründet er dort bereits mit der Wohnsitznahme einen ordentlichen Wohnsitz (Koehl in Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 48. Auflage 2025, § 7 FeV Rn. 5 ff.). Eintragungen in behördlichen (Melde-)Registern kommt zwar eine Indizwirkung für einen ordentlichen Wohnsitz zu; die tatsächlichen Wohn- und Lebensverhältnisse im maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung oder der Erweiterung der Fahrerlaubnis, auf die es letztendlich ankommt, können hiervon jedoch abweichen.
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Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass der Antragsteller – vorbehaltlich einer vertieften Prüfung und neuer Erkenntnisse im Hauptsacheverfahren – nach dem Gesamtbild der (bisher) bekannten Umstände am 14. Februar 2024 keinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland hatte. Persönliche Bindungen an einen Ort in Deutschland sind nicht ersichtlich. Bei der Beantragung des Visums am 18. Juli 2023 und im ausländerrechtlichen Verfahren hat der Antragsteller durchgehend angegeben, seine Ehefrau und seine beiden Kinder würden in Albanien leben und es sei keine Einreise von Familienangehörigen nach Deutschland beabsichtigt. Als Zweck seiner Einreise hatte der Antragsteller im Visumsantrag berufliche Gründe und unter Vorlage eines Vertrags vom 6. Juli 2023 eine Anstellung als Fahrer bei M… A… in Langweid am Lech angegeben. Zur Aufnahme dieser Beschäftigung wurde ihm nach Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit am 16. Oktober 2023 auch das Visum für die Zeit vom 19. Oktober 2023 bis 16. April 2024 erteilt. Nach Einreise am 1. November 2023 in das Bundesgebiet beantragte er am 12. Dezember 2023 unter Vorlage eines Arbeitsvertrags vom 9. November 2023 mit einem anderen Unternehmen die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Diesen Antrag lehnte das Landratsamt Donau-Ries mit Bescheid vom 2. Februar 2024 ab, verpflichtete den Antragsteller, die Bundesrepublik Deutschland bis spätestens 10. März 2024 zu verlassen, und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Albanien an. Dem Bescheid ist zu entnehmen, dass die vorgesehene Anstellung des Antragstellers bei M… A… wegen der Dauer der „Visumangelegenheiten“ nicht zustande gekommen und die Arbeitsstelle anderweitig besetzt worden sei. Die Zustimmung für die Aufnahme einer stattdessen vorgesehenen Tätigkeit des Antragstellers bei der Firma C.-GmbH in Rain am Lech habe die Bundesagentur für Arbeit wegen Nichterfüllung der Gehaltsgrenze abgelehnt. Daraufhin ist der Antragsteller aus Deutschland ausgereist und nach Albanien zurückgekehrt, wo ihm nach seinem Vorbringen unter Vorlage einer polizeilichen Bestätigung der Geldbeutel mit seinem Führerschein entwendet wurde. Aus diesem Grund habe er sich am 14. Februar 2024 dort einen neuen Führerschein ausstellen lassen.
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Auch wenn der Antragsteller seine Absicht, in Deutschland zu arbeiten und einen Wohnsitz zu begründen, nicht aufgegeben, sondern weiterverfolgt hat, war zu diesem Zeitpunkt keineswegs gesichert, dass er diese Absicht auch realisieren kann. Zwar hat er durch eine in Deutschland ansässige und am 28. Februar 2024 mandatierte Anwaltskanzlei mit Schreiben vom 1. März 2024 Einwendungen gegen den ausländerrechtlichen Bescheid vom 2. Februar 2024 erheben und zur Begründung ausführen lassen, er versuche derzeit, eine andere Beschäftigung zu finden. Nach Vorlage eines Arbeitsvertrags vom 29. Februar 2024 wurde der Ablehnungsbescheid vom 2. Februar 2024 offenbar auch aufgehoben und der Antragsteller reiste erneut in das Bundesgebiet ein. Bei Ausstellung des albanischen Führerscheins mit Verlängerung der Fahrerlaubnisbefristungen am 14. Februar 2024 war dies jedoch nicht absehbar. Vielmehr hatte er zu diesem Zeitpunkt keine genehmigte Beschäftigung in Deutschland, war deshalb zur Ausreise verpflichtet worden und ist dieser Verpflichtung auch nachgekommen. Von einem ordentlichen Wohnsitz in Deutschland zum maßgebenden Zeitpunkt kann daher aufgrund fehlender persönlicher und nicht gefestigter beruflicher Bindungen nach der Gesamtbetrachtung nicht ausgegangen werden. Spätere Ereignisse, etwa der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags am 29. Februar 2024, die Aufhebung des ausländerrechtlichen Ablehnungsbescheids am 8. März 2024, die Erteilung einer Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 5 AufenthG und die Wiedereinreise des Antragstellers, haben insoweit außer Betracht zu bleiben.
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b) Ein Anordnungsgrund ist unabhängig von den Unstimmigkeiten hinsichtlich der Tätigkeitsbeschreibung in den von den Verfahrensbeteiligten vorgelegten abweichenden Fassungen des Arbeitsvertrags vom 29. Februar 2024 zu bejahen, weil der Antragsteller zum jetzigen Zeitpunkt seit mehr als einem Jahr in Deutschland lebt und die Inlandsgültigkeit seiner albanischen Fahrerlaubnis nach § 29 Abs. 1 FeV daher erloschen ist. Er ist und bleibt zwar Inhaber dieser Fahrerlaubnis, kann von ihr jedoch bei ordentlichem Wohnsitz in Deutschland ohne Umschreibung im Inland keinen Gebrauch machen. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung zur vorläufigen Erteilung einer Fahrerlaubnis kann der Antragsgegner erfüllen, indem er dem Antragsteller in entsprechender Anwendung von § 22 Abs. 4 Satz 6 FeV i.V.m. Anlage 8a bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens ersatzweise einen vorläufigen Nachweis der Fahrerlaubnis (VNF) ausstellt, wobei ihm allerdings für etwaige Auslandsfahrten der nationale Führerschein belassen bleiben muss. Zur Erfüllung der Mitführungs- und Nachweispflicht gemäß § 4 Abs. 2 FeV ist der VNF ausreichend (§ 4 Abs. 3 FeV).
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Soweit das Verwaltungsgericht die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Erteilung der Fahrerlaubnis im Tenor seiner Entscheidung unter den Vorbehalt des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 7 ff. FeV ausgesprochen hat, obliegt diese Prüfung der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde. Dem Vorbringen der Verfahrensbeteiligten und den vorliegenden Behördenakten sind insoweit jedoch keine Hindernisse zu entnehmen.
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2. Die Beschwerde war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1, 46.1, 46. 3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Wird mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Erteilung einer Fahrerlaubnis begehrt, setzt der Senat in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts an (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2024 – 11 CE 23.2313 – juris Rn. 18; B.v. 7.3.2023 – 11 CE 22.2487 – juris Rn. 37). Aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit macht der Senat daher von seiner Befugnis zur Änderung des erstinstanzlichen Streitwertbeschlusses gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG Gebrauch.
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3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).