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VG München, Urteil v. 18.03.2025 – M 5 K 24.32564
Titel:

Erfolglose Asylklage wegen unglaubhaftem Vortrag – Homosexualität in Uganda

Normenketten:
AsylG § 3, § 4, § 78
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
GG Art. 16a
Leitsatz:
Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist – unter Berücksichtigung der Herkunft, des Bildungsstands und des Alters des Asylsuchenden sowie sprachlicher Schwierigkeiten – ein geeigneter Vortrag, der die in die eigene Sphäre des Asylsuchenden fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, lückenlos trägt. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylklage, Ugander, Homosexualität, unglaubhaft, Asylrecht, Flüchtlingseigenschaft, Zuerkennung subsidiären Schutzes, Abschiebungsverbot, Uganda, unglaubhafter Vortrag
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 07.05.2025 – 9 ZB 25.30378
Fundstelle:
BeckRS 2025, 6364

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der 1995 geborene Kläger ist ugandischer Staatsangehöriger, reiste am 2. November 2022 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 18. Januar 2023 einen Asylantrag.
2
Bei seiner Anhörung trug er vor, dass er Uganda aufgrund seiner Homosexualität verlassen habe. Er habe in der Schule gemerkt, dass er homosexuell sei. Wegen seiner Homosexualität sei er aus der Schule entlassen worden. Sein Vater habe ihn zu einem Hexendoktor gebracht, der mehrmals schmerzhafte Rituale am Kläger durchgeführt habe. Seine Mutter habe aber nicht an die Besessenheit des Klägers durch Dämonen geglaubt und versucht, den Kläger zu retten. Er sei dann zu einem Freund gegangen, und erst nach einiger Zeit wieder arbeiten können und als Koch gearbeitet. Der Gemeindevorsteher, dem mitgeteilt worden sei, dass zwei Männer zusammenwohnen würden, hätte sie aber nicht angezeigt. Als er eines Tages von der Arbeit gekommen sei, sei sein Freund nicht daheim gewesen. Er habe dann erfahren, dass sein Freund von 40 Personen angegriffen und getötet worden sei. Er habe dann Angst bekommen und mit seinem Bruder zusammen die Ausreise organisieren können.
3
Mit Bescheid vom 26. Juli 2024 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Der Bescheid ist dem Kläger gegen Postzustellungsurkunde am 3. August 2024 zugestellt worden.
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Nach einer Bescheinigung von LeTRa vom 6. Juli 2023 habe er regelmäßigen Kontakt mit der dortigen Beratungsstelle und nehme an Aktivitäten der LGBTQ-Community teil. Durch zahlreiche Freundschaften sei es bei ihm zu einem regelrechten Schub in seinem Comingout Prozess gekommen.
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Die Klagepartei hat am 8. August 2024 Klage erhoben und beantragt,
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I. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2024 wird aufgehoben.
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II. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen.
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III. (Hilfsweise:) Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
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IV. (Hilfsweise:) Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.
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V. (Hilfsweise:) Die Beklagte wird verpflichtet, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) festzustellen.
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Das Bundesamt hat die Akten vorgelegt und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Am 17. März 2025 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift vom 17. März 2025 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der streitgegenständliche Bescheid stellt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG) als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – Grundgesetz (GG) wie auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Asylgesetz (AsylG) oder auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Nationale Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes erweist sich als rechtmäßig (§ 11 AufenthG). Die Klage war daher abzuweisen. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 3 AsylG). Änderungen der Sach- oder Rechtslage sind zwischen dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht eingetreten.
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Ergänzend wird ausgeführt:
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1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) wie auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), da er kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert hat, das diese Zuerkennung rechtfertigen würde.
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Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Die Verfolgungshandlungen werden in § 3a AsylG näher umschrieben, die Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylG erläutert. Eine Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3).
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a) Nach einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger homosexuell ist und aus diesem Grund bei einer Rückkehr nach Uganda eine asylerhebliche Verfolgung zu befürchten hätte.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des von der Klägerin behaupteten individuellen Schicksals erlangen. Auch innere Tatsachen, wie die sexuelle Identität oder dass eine verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für die religiöse Identität des Betroffenen zentrale Bedeutung hat, muss zur Überzeugung des Einzelrichters (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) feststehen (vgl. BVerfG, B.v. 3.4.2020 – 2 BvR 1838/15 – juris Rn. 27). Das Gericht darf dabei vor dem Hintergrund der typischer Weise bestehenden Beweisnot keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln schweigen gebieten muss, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, U. v. 16.4.1985 – 9 C 109/85 – juris Rn. 16 m.w.N.). Wegen der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – InfAuslR 1989, 349).
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Damit eine Schutzberechtigung geprüft werden kann, hat ein Asylbewerber von sich aus einen stimmigen, der Wahrheit entsprechenden, vollständigen und widerspruchsfreien Sachverhalt anzugeben (vgl. stRspr. BVerwG, B.v. 20.5.1992 – 9 B 295.91 – juris Rn. 5; U.v. 20.10.1987 – 9 C 147.86 – juris Rn. 16; U. v. 22.3.1983 – 9 C 68.81 – juris Rn. 5). Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist – unter Berücksichtigung der Herkunft, des Bildungsstands und des Alters des Asylsuchenden sowie sprachlicher Schwierigkeiten – ein geeigneter Vortrag, der die in die eigene Sphäre des Asylsuchenden fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, lückenlos trägt (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1992 – 9 B 295.91 – juris Rn. 5; U.v. 8.5.1984 – 9 C 141.83 – juris Rn. 11). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht, sein Vorbringen nicht überzeugend auflösbare Widersprüche enthält oder er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert (vgl. BayVGH, U.v. 19.4.2021 – 11 B 19.30575 – juris Rn. 23 m.w.N.; BVerwG, U.v. 8.2.1989 – 9 C 29.87 – juris Rn. 8). Im Falle des Vortrags einer Homosexualität kann diese angesichts des sensiblen Charakters der die persönliche Sphäre betreffenden Frage nicht alleine deshalb als unglaubhaft angesehen werden, weil die Homosexualität nicht bereits bei der Anhörung durch das Bundesamt als erste Gelegenheit zur Offenbarung geltend gemacht wurde (vgl. EuGH, U. v. 2.12.2014, – C-148/13 – Rn. 67 ff. – juris).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Gericht unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zu der erforderlichen vollen Überzeugung gelangt, dass der Kläger homosexuell ist. Der Vortrag des Klägers weist nicht hinreichend viele Realkennzeichen auf, um davon auszugehen, dass der Vortrag erlebnisbasiert ist. Der Vortrag zur Homosexualität ist vielmehr detailarm und nicht plausibel, mithin als unglaubhaft zu werten. Insbesondere gelingt es dem Kläger weder, den Weg zur eigenen sexuellen Identität unter Entdeckung der eigenen Homosexualität, noch seine individuelle Situation als Homosexueller beziehungsweise ein Bewusstsein der hiermit einhergehenden Gefahren im Herkunftsland in stimmiger und nachvollziehbarer Weise darzustellen.
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Bei der Bildung und Entdeckung der eigenen sexuellen Identität handelt es sich um einen komplexen Prozess. Eine Identitätsbildung einer normabweichenden sexuellen Identität ist in Ländern, in denen diese staatlich oder gesellschaftlich geächtet wird, regelmäßig nicht geradlinig und konsequent, sondern von möglichen „Suchbewegungen“ und „inneren Konflikten“ gekennzeichnet (vgl. Berlit/Dörig/Storey, ZAR 2016, 332, 333 f.). In einer traditionell geprägten Gesellschaft wie der in Uganda, die gleichgeschlechtliche Sexualität tabuisiert, ablehnt (vgl. nur Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 30 – Uganda, Stand: 10/2020, S. 5 ff.) und unter Strafe stellt (vgl. zum Anti-Homosexuality-Act Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheiderbrief 10/2023, Die Situation von LGBTIQ-Personen in Ostafrika, insbesondere Uganda, S. 3), ist das Bewusstwerden der eigenen homosexuellen Identität ein Schritt, der eine Abweichung der persönlichen sexuellen Orientierung von der gesellschaftlich erwarteten Orientierung bedingt. Der Prozess, die eigene Homosexualität anzunehmen, erschöpft sich in diesem kulturellen Kontext nicht in einem bloßen Erkennen der abweichenden Orientierung, sondern erfordert eine Distanzierung von traditionellen Werthaltungen und gesellschaftlichen Konventionen.
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b) Hiervon ausgehend hat der Kläger den Weg zu seiner sexuellen Identität unter Entdeckung der eigenen Homosexualität sowie etwaige Auswirkungen auf das eigene Leben weder in der Anhörung vor dem Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung bei Gericht glaubhaft und nachvollziehbar beschrieben.
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Der Kläger wurde mehrfach sowohl durch das Gericht wie auch seinen Bevollmächtigten zur Bewusstwerdung der eigenen Homosexualität befragt. Dabei fällt auf, dass nach den gegebenen Antworten die Dimension von „Suchbewegungen“ oder einem „inneren Konflikt“ hinsichtlich dieser Bewusstwerdung von ihm nicht erkannt wurde. Auf wiederholte Fragen des Gerichts gab der Kläger lediglich an, dass er – als er bemerkt habe, dass er homosexuell sei – nicht gewusst habe, dass das verboten sei. Das sei „in ihm drin“. Er habe gewusst, dass das riskant sei, aber es sei „in ihm drin“. Auf wiederholte Fragen seines Bevollmächtigten hat er geantwortet, dass der Kläger das als normal und gut befunden habe, wenn er seinen Partner angefasst habe. Ihm sei nicht der Gedanke gekommen, dass andere Leute das nicht als normal empfinden könnten. Er sei verliebt gewesen und habe sich zu seinem Partner hingezogen gefühlt. Er habe nicht daran gedacht, was andere Leute denken könnten. Sie hätte auch nichtdaran gedacht, dass ihnen etwas passieren könnte. Dieses Ausleben seiner homosexuellen Identität ohne einen „inneren Konflikt“ zwischen der eigenen Sexualität einerseits und den gesellschaftlichen Erwartungen und Verboten andererseits zu schildern wirkt völlig unplausibel. Vor dem Hintergrund, dass die Aufnahme einer homosexuellen Beziehung in Uganda einen strafrechtlich bewehrten Tabubruch darstellt, der schwerwiegende Folgen haben kann, wirken die Darstellungen des Klägers nicht wie die Schilderung eines tatsächlich inneren Erlebens, sondern aufgesetzt und nichtssagend. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger bei Beginn der Beziehung erst 15 Jahre alt gewesen sein soll. Angesichts dessen Schilderung, dass auf das Verbot homosexueller Handlungen in der Schule immer wieder hingewiesen worden sein soll, drängte sich ein entsprechender innerer Entscheidungsprozess zwischen eigener Sexualität und dem Verbot homosexueller Handlungen geradezu auf. Dieser Grundkonflikt bestand auch schon im Jugendalter und muss wenigstens in Grundzügen erkennbar geschildert werden. Erst recht gilt das, nachdem der Kläger wegen seiner Homosexualität angeblich wiederholt die Schule habe wechseln müssen sowie in den folgenden Jahren bis zum Erwachsenenalter von seinem Vater diszipliniert und misshandelt worden sein will. Hierzu wurde aber auch nicht ansatzweise etwas vom Kläger vorgetragen. Sein Vortrag, dass das „in ihm drin gewesen sei“ und er verliebt gewesen sei und nicht daran gedacht habe, dass ihnen etwas passieren könnte, stellt gerade nicht die Darstellung eines „inneren Kampfes“ dar. Der Prozess, die eigene Homosexualität anzunehmen und sich von traditionellen Werthaltungen und gesellschaftlichen Konventionen zu distanzieren, wird damit nicht begründet. Insgesamt wirkt der Vortrag des Klägers zu seiner angeblichen Homosexualität oberflächlich, konstruiert und aufgesetzt.
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Die Unglaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers insgesamt wird auch dadurch unterstrichen, dass er wesentliche Umstände seiner Anhörung vor dem Bundesamt in seinem Vortrag vor Gericht anders darstellt. Beim Bundesamt hat der Kläger angegeben, dass er gemerkt habe, dass er sich zu Männern hingezogen fühle, als sie in den Sommerferien schwule Pornos angeschaut hätten. In seiner Anhörung bei Gericht hat er das nicht erwähnt, sondern davon gesprochen, dass er im Etagenbett oben geschlafen habe, sein Freund und späterer Partner unten, er habe seinen Freund in der Dusche berührt. So hat er weiter vor Gericht angegeben, zwei Mal von einer Schule wegen seiner Homosexualität verwiesen worden zu sein, beim Bundesamt hat er nur eine Schulentlassung angegeben. Beim Bundesamt hat der Kläger angegeben, zwei Mal von zuhause weggelaufen zu sein, vor Gericht hat er angegeben, nur einmal weggelaufen zu sein. Vor Gericht hat er nicht erwähnt, dass er aufgrund der Misshandlungen durch seinen Vater fünf Tage in einem Krankenhaus habe behandelt werden müssen. Beim Bundesamt hat der Kläger angegeben, dass sein Partner von einem Mob in dessen Computergeschäft angegriffen und getötet worden sei, vor Gericht hat der Kläger ausdrücklich angegeben, dass sein Partner vor ihrem Wohnhaus angegriffen und getötet worden sei. Andererseits fiel der Kläger mit einem langatmigen, auf Details bedachten Vortrag auf.
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Wenn der Klägerbevollmächtigte dagegen meint, dass der Kern des Verfolgungsschicksals durch den Kläger kohärent dargestellt worden und daher glaubhaft sei, so kann dem nicht gefolgt werden. Gerade die Abweichungen in wesentlichen Einzelpunkten deuten darauf hin, dass der Kläger nicht über ein tatsächlich erlebtes Geschehen berichtet, sondern über eine von ihm erfundene angebliche Verfolgungsgeschichte.
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Auch der Umstand, dass der Kläger regelmäßigen Kontakt zu einer Beratungsstelle von LeTRa hat und er an Aktivitäten der LGBTQ-Community teilnehme sowie Freundschaften zu Mitgliedern dieser Community aufgebaut habe (Stellungnahme vom 6.7.2023), kann das die massiven Umstände, die gegen die Glaubhaftigkeit sprechen, nicht ins Gegenteil verkehren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anbindung an eine Organisation, die homosexuelle Menschen betreut und berät, den Kläger nicht davon befreien kann, seine homosexuelle Veranlagung glaubhaft darzulegen. Das hat der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts getan.
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c) Nach § 145 des Strafgesetzbuches (Penal Code Act, 1950) sind homosexuelle Handlungen sowohl zwischen Männern als auch Frauen unter Strafe gestellt („Geschlechtsverkehr wider die Natur“). Am 24. Februar 2014 unterzeichnete der Präsident Ugandas ein Gesetz, das für gleichgeschlechtliche Handlungen Strafen bis zur Todesstrafe sowie eine Strafbarkeit für „Förderung der Homosexualität“ und die „Unterstützung und Beihilfe zur Homosexualität“ vorgesehen hat (Auskunft von amnesty international vom 30.8.2019 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof). Dieses Gesetz wurde aber vom Verfassungsgericht im August 2014 für nichtig erklärt (Länderinformationsblatt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Stand 27.9.2017, S. 17). Die Diskussion um die letztlich erfolglose Gesetzesverschärfung 2014/15 sei danach abgeflacht (Auswärtiges Amt vom 2.7.2018 an das BAMF). Am 2. Mai 2023 hat das ugandische Parlament ein überarbeitetes Antihomosexuellengesetz verabschiedet, nachdem ein erster Entwurf durch den Präsidenten zurückgewiesen wurde. Der neue Gesetzentwurf sieht hohe Strafen vor. Bei einer Beteiligung an homosexuellen Handlungen sieht der Entwurf vor, dass dies mit lebenslanger Haft und in manchen Fällen mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Dieses Gesetz ist inzwischen vom Präsidenten unterzeichnet worden und somit in Kraft getreten (zum Ganzen: BAMF, Entscheiderbrief 10/2023; BAMF, Briefing Notes 5.6.2023).
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Die in Bezug auf Homosexuelle in Uganda vertretene Ansicht (vgl. VG Regensburg, U.v. 4.9.2017 – RN 1 K 17.32818 – juris S. 12 m.w.N.; VG München, U.v. 20.6.2022 – M 5 K 17.46131; U.v. 13.7.2022 – M 5 K 18.33311; U.v. 31.10.2022 – M 5 K 17.42264), dass insoweit die Voraussetzungen der § 3 ff. AsylG erfüllt wären, kommt für den vorliegenden Fall von vornherein nicht zum Tragen. Denn der Kläger hat nicht glaubhaft vortragen können, homosexuell zu sein.
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2. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Es sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen in Frage stellen könnten. Insoweit wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 3 AsylG). Änderungen der Sach- oder Rechtslage sind zwischen dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht eingetreten.
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3. Gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
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4. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.