Inhalt

VG München, Beschluss v. 20.03.2025 – M 5 E 25.530
Titel:

Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen, Beurteilungszeitraum, Keine Überschneidung

Normenketten:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen, Beurteilungszeitraum, Keine Überschneidung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 6362

Tenor

I. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stelle „Fachbereichsleitung Betriebssteuerung (m/w/d)“ mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts getroffen worden ist.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 17.992,54 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens.
2
Die Antragsgegnerin schrieb acht Stellen mit der Bezeichnung „Fachbereichsleitung Betriebssteuerung (m/w/d)“ intern aus. Auf diese Ausschreibung bewarben sich unter anderem der Antragsteller sowie der Beigeladene.
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Der 1975 geborene Antragsteller steht als Fachbereichsleiter Logistik im Amt eines Brandoberinspektors (Besoldungsgruppe A 10) im Dienste der Antragsgegnerin. In der periodischen dienstlichen Beurteilung vom 1. Januar 2019 erzielte der Antragsteller im Beurteilungszeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 im Statusamt A 9 das Gesamturteil „Übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise“ (erste von fünf Bewertungsstufen). In der periodischen Beurteilung vom 1. Januar 2022 im Beurteilungszeitraum 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2021 im Statusamt A 9+Z erzielte der Antragsteller das Gesamturteil „Übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise“ (erste von fünf Bewertungsstufen). Er wurde zum 1. Januar 2023 in das Statusamt A 10 befördert. Die Antragsgegnerin erstellte für ihn eine Anlassbeurteilung. In der Anlassbeurteilung vom 11. Oktober 2024 im Beurteilungszeitraum 1. Januar 2022 bis 30. April 2024 erzielte dieser im Amt A 10 das Gesamturteil „Erfüllt die Anforderungen in vollem Umfang“ (dritte von fünf Bewertungsstufen).
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Der 1978 geborene Beigeladene steht als Führungskraft im Feuerwehreinsatzdienst im Amt eines Brandoberinspektors (Besoldungsgruppe A 10) im Dienste der Antragsgegnerin. In seiner periodischen dienstlichen Beurteilung vom 8. Januar 2022 im Beurteilungszeitraum 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2021 im Statusamt A 10 erzielte er das Gesamturteil „Übertrifft deutlich die Anforderungen“ (zweite von fünf Bewertungsstufen). In der Vorbeurteilung vom 30. Oktober 2019 erzielte der Beigeladene im Statusamt A 9+Z im Beurteilungszeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 das Gesamturteil „Übertrifft deutlich die Anforderungen“ (zweite von fünf Bewertungsstufen).
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Mit nicht datiertem Auswahlvermerk (Bl. 25 ff. der Behördenakte) schlug die Antragsgegnerin vor, eine der ausgeschriebenen Stellen mit dem Beigeladenen sowie sieben weitere Stellen mit anderen Bewerbern zu besetzen. Die Besetzung der weiteren Stellen ist Gegenstand getrennter Stellenbesetzungsverfahren (M 5 E 25.520; M 5 E 25.527; M 5 E 25.528; M 5 E 25.529; M 5 E 25.531; M 5 E 25.532; M 5 E 25.533).
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Mit 25 Bewerbern führte die Antragsgegnerin einen Leistungsvergleich durch (siehe tabellarische Übersicht, Anlage 2, Bl. 33 der Behördenakte). 21 dieser Bewerber wurden zu Auswahlgesprächen eingeladen (siehe tabellarische Übersicht, Anlage 3, Bl. 35 der Behördenakte). Für den Beigeladenen ist vermerkt (Anlage 2, Bl. 33 der Behördenakte), dass er mit dem in der periodischen dienstlichen Beurteilung (Beurteilungszeitraum 1.1.2019 bis 31.12.2021) erzielten Gesamturteil „Übertrifft deutlich die Anforderungen (2 von 5)“ 40 Punkte erzielt habe und zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werde. Ein Ausgleich bezogen auf die geforderten Kompetenzen des Anforderungsprofils sei nicht möglich. In Bezug auf den Antragsteller heißt es, dass er mit seiner Anlassbeurteilung (Beurteilungszeitraum 1.1.2022 bis 30.4.2024) und dem enthaltenen Gesamtprädikat „Erfüllt die Anforderungen in vollem Umfang (3 von 5)“ 30 Punkte erhalten habe und nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Ein Ausgleich bezogen auf die geforderten Kompetenzen des Anforderungsprofils sei nicht möglich.
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Mit E-Mail vom 7. Januar 2025 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die Auswahl auf eine Person gefallen sei, die das Anforderungsprofil der Stelle noch besser erfülle.
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Mit Schreiben vom 14. Januar 2025, zugegangen am 16. Januar 2025, teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, die Stellen zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens mit den acht ausgewählten Bewerbern zu besetzen.
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Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2025, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Antragstellerpartei den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch lägen vor. Die Anlassbeurteilung enthalte eine erhebliche Verschlechterung, die in der dienstlichen Beurteilung nicht nachvollziehbar begründet worden sei.
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Die Antragstellerpartei hat beantragt,
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Der Antragsgegnerin (korrekt anstelle: dem Antragsgegner) wird im Wege der einstweiligen Anordnung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – vorläufig untersagt, die Stelle „Fachbereichsleitung Betriebssteuerung (m/w/d)“ zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts getroffen worden ist.
12
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
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Der Antrag wird abgelehnt.
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Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, dass die Verschlechterung des Gesamtprädikats um zwei Punkte in der Anlassbeurteilung des Antragstellers im Vergleich zur Vorbeurteilung keiner Begründung bedürfe. Denn aus der Beurteilung gehe hervor, dass die Beurteilung eine höhere Besoldungsgruppe betroffen habe. Hieraus folge, dass ein strengerer Maßstab anzulegen gewesen sei. Dies bedürfe keiner gesonderten Begründung. Für den Antragsteller sei gem. Kap. III, Ziffer 6 der Beurteilungsrichtlinien eine Anlassbeurteilung zu erstellen gewesen, da er zum 1. Januar 2023 befördert worden sei. Für den Beigeladenen sei keine Anlassbeurteilung erstellt worden, weil die nach Kap. III, Ziff. 6 der Beurteilungsrichtlinien vorgegebenen Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien.
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Mit Beschluss vom 3. Februar 2025 wurde der ausgewählte Bewerber zum Verfahren beigeladen. Dieser hat weder einen Antrag gestellt noch sich sonst zum Verfahren geäußert.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
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Der zulässige Antrag ist begründet.
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1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d.h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerpartei hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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2. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung des Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangener Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung des ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Dienstherr die Ernennung des Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
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3. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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a) Der Antragsteller hat einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 Verfassung für den Freistaat Bayern (BV) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746, juris; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194, juris; BVerwG, U.v. 17.8.2005 – 2 C 36.04 – juris). Bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern für eine solche Stelle gilt es daher, den dafür „bestgeeigneten“ Bewerber ausfindig zu machen. Naturgemäß ist bei dieser Prognose auf die Leistungsanforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens abzustellen, wobei der Dienstherr im Rahmen seines organisatorischen Ermessens bestimmt, welche besonderen Eignungsvoraussetzungen der künftige Amtsinhaber mitbringen muss (Anforderungsprofil) und welchen Gesichtspunkten innerhalb von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung das größere Gewicht zukommen soll (VG München, B.v. 28.8.2006 – M 5 E 06.2324 – juris Rn. 22). Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Kandidaten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Auswahl (BVerwG, U.v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565, juris; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
22
Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris). Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746, juris). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2003 – 2 BvR 311/03 – BayVBl 2004, 17, juris).
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Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – BayVBl 2013, 335, juris; VG München, B.v. 26.10.2012 – M 5 E 12.3882 – juris; B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
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b) Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für den Bewerbervergleich setzt voraus, dass diese zeitlich aktuell (BVerwG, B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2.15 – juris Rn. 22) und inhaltlich aussagekräftig (BVerwG, U.v. 17.9.2015 – 2 C 27.14 – juris Rn. 14) sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das Leistungsvermögen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 2 A 10.13 – BVerwGE 150, 359, juris Rn. 21; B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20, juris Rn. 18, 21 f.; B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – BVerwGE 157, 168, juris Rn. 24).
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Nach der Rechtsprechung müssen dienstliche Beurteilungen zwar nicht hinsichtlich Beurteilungszeitraum und Stichtag stets und „absolut“ gleich sein (BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – n.v., Rn. 26 m.w.N.; B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25). Vielmehr gilt der Grundsatz der höchstmöglichen Vergleichbarkeit, der ein Optimierungsziel darstellt, das immer nur so weit wie möglich angestrebt werden kann (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 58). Wird einem Bewerber eine Anlassbeurteilung erteilt, sind nicht allein deshalb für alle Bewerber Anlassbeurteilungen einzuholen (vgl. dazu BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O., juris Rn. 57 f.; BayVGH, B.v. 18.9.2020 – 3 CE 20.1849 – juris Rn. 11; zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 3 CE 20.3137 – juris Rn. 20). Dementsprechend sind unterschiedliche Aktualitätsgrade der einer Auswahlentscheidung zugrunde zu legenden Beurteilungen in bestimmten Konstellationen zwangsläufig in Kauf zu nehmen. Maßgeblich ist jedoch, dass ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage beider Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach dem Grundsatz der Bestenauslese möglich bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 59). Die Frage, welche Länge der gemeinsame Beurteilungszeitraum haben muss, um einen Qualifikationsvergleich nach dem Grundsatz der Bestenauslese ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers zu ermöglichen, ist unter Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25 m.w.N.; ThürOVG, B.v. 28.11.2017 – 2 EO 524/17 – juris Rn. 9).
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Dabei ist zu beachten, dass die einzelnen Beurteilungszeiträume der zur Auswahlentscheidung herangezogenen dienstlichen Beurteilungen im Wesentlichen übereinstimmen müssen, weil nur so eine vergleichbare Aussagekraft zu Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber untereinander gewährleistet ist (BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – n.v., Rn. 26; B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25 m.w.N.). Umgekehrt fehlt es an einem aussagekräftigen aktuellen Vergleich der Leistungen, wenn die der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Beurteilungszeiträume überhaupt nicht oder nur noch geringfügig übereinstimmen (so OVG LSA, B.v. 7.12.2009 – 1 M 84/09 – juris Rn. 18).
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Die Eignung von (Anlass-)Beurteilungen als Instrument zur „Klärung einer Wettbewerbssituation“ erfordert die Gewährleistung ihrer Vergleichbarkeit in zeitlicher Hinsicht und setzt aus Gründen der Chancengleichheit voraus, dass einem Bewerber durch die für ihn zeitnah erstellte Anlassbeurteilung gegenüber anderen Bewerbern mit Regelbeurteilungen kein deren Bewerbungsverfahrensanspruch tangierender Vorteil dadurch erwachsen darf, dass bei dem Anlassbeurteilten neuere Erkenntnisse in die Beurteilung einfließen konnten (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – n.v., Rn. 26; B.v. 18.9.2020 – 3 CE 20.1849 – juris Rn. 11). Für eine konkrete Verwendungsentscheidung ist der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend. Erkenntnisse, die einen länger zurückliegenden Zeitraum betreffen, sind für die Entscheidung regelmäßig von geringerem Gewicht. Daher ist für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Stichtag oder zumindest nicht zu erheblich auseinanderfallenden Stichtagen endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Stichtag beginnt (OVG NW, B.v. 1.10.2015 – 6 B 1027/15 – juris Rn. 5; NdsOVG, B.v. 11.4.2018 – 5 ME 21/18 – ZBR 2018, 394, juris Rn. 13). Bei welcher Zeitspanne vor diesem Hintergrund von erheblich auseinanderfallenden Stichtagen ausgegangen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Mit einzubeziehen ist unter anderem, ob Regel- und/oder Anlassbeurteilungen verglichen werden, zu welchen Stichtagen oder in welchen Zeiträumen regelmäßig Beurteilungen erstellt werden und wie lang der gemeinsame Beurteilungszeitraum ist (vgl. NdsOVG, B.v. 11.4.2018 – 5 ME 21/18 – ZBR 2018, 394, juris Rn. 13).
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4. Unter Anwendung dieser Grundsätze leidet die Auswahlentscheidung an Rechtsfehlern.
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a) Die zur Auswahlentscheidung herangezogenen Beurteilungen in Form der Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 11. Oktober 2024 (Beurteilungszeitraum: 1.1.2022 bis 30.4.2024) und der periodischen dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen vom 8. Januar 2022 (Beurteilungszeitraum: 1.1.2019 bis 31.12.2021) sind nicht hinreichend miteinander vergleichbar. Da sich die Beurteilungszeiträume der herangezogenen dienstlichen Beurteilungen überhaupt nicht überschneiden, ist nicht sichergestellt, dass ein Qualifikationsvergleich ohne eine ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach dem Grundsatz der Bestenauslese möglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 59; BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – n.v., Rn. 26; B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25).
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Es ist äußerst zweifelhaft, ob für den Antragsteller eine Anlassbeurteilung überhaupt zu erstellen war. Anlassbeurteilungen sind im Regelbeurteilungssystem grundsätzlich restriktiv zu handhaben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann Bedarf für eine Aktualisierung der Beurteilungsgrundlage insbesondere dann entstehen, wenn der Beamte nach dem Stichtag der letzten (regulären oder aktualisierten) periodischen Beurteilung wesentlich andere Aufgaben (qualitatives Element) während eines erheblichen Zeitraums (zeitliches Element) wahrgenommen hat (BVerwG, B.v. 2.7.2020 – 2 A 6.19 – juris Rn. 12; U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 38, 41 ff., 49 ff.; BayVGH, B.v. 6.3.2024 – 3 CE 23.2302 – juris Rn. 8). Inwieweit insbesondere das zeitliche Element beim Antragsteller erfüllt, ist höchst fraglich. Eine nicht erforderliche Anlassbeurteilung darf nicht für einen Leistungsvergleich herangezogen werden (BVerwG, B.v. 2.7.2020, a.a.o., juris Rn. 12; B.v. 7.1.2021 – 2 VR 4/20 – ZBR 2021, 342, juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – NVwZ-RR 2023, 333, juris Rn. 16).
31
b) Ein weiterer Rechtsfehler liegt darin, dass in der zur Auswahlentscheidung herangezogenen Anlassbeurteilung des Antragstellers ein wesentlicher Leistungsabfall im Vergleich zur vorangegangenen periodischen dienstlichen Beurteilung zum Ausdruck kommt, der nicht entsprechend dem in der Rechtsprechung entwickelten Begründungserfordernis begründet worden ist. Denn der bloße Hinweis der Antragsgegnerin, wonach der Antragsteller infolge seiner Beförderung erstmals an einer starken Vergleichsgruppe zu messen sei, trägt eine wesentliche Verschlechterung nicht (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.2023 – 2 A 7/22 – juris Rn. 43). Auf die Begründung im Beschluss des Gerichts vom 20. März 2020 (M 5 E 25.520, Rn. 26 bis 48) wird ergänzend Bezug genommen.
32
c) Da der Eilantrag bereits aus diesen Gründen Erfolg hat, kommt es auf die übrigen von der Antragstellerseite vorgetragenen Gesichtspunkte nicht entscheidungserheblich an.
33
5. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da er sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
34
6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) – ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Das ergibt bei der im Streit stehenden Stelle der Besoldungsgruppe A 11 Stufe 10 einen Betrag von 17.992,54 EUR (BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390 für die Besoldung nach Bundesrecht; hier: 71.970,16 EUR / 4).