Titel:
Kampfhunde, Phänotyp, Rassegutachten, DNA-Gutachten, Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung, Gefahrenprognose, Vorfälle, Ausführuntersagung, Ausführen durch kräftige und zuverlässige Person, Leinen- und Maulkorbzwang, ausbruchssichere Unterbringung, Ermessensausübung, Verhältnismäßigkeit
Normenketten:
LStVG Art. 7 Abs. 2
LStVG Art. 18 Abs. 1
LStVG Art. 18 Abs. 2
LStVG Art. 37 Abs. 1
LStVG Art. 37 Abs. 2
LStVG Art. 37 Abs. 4 Nr. 1
KampfhundeV § 1 Abs. 1
Schlagworte:
Kampfhunde, Phänotyp, Rassegutachten, DNA-Gutachten, Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung, Gefahrenprognose, Vorfälle, Ausführuntersagung, Ausführen durch kräftige und zuverlässige Person, Leinen- und Maulkorbzwang, ausbruchssichere Unterbringung, Ermessensausübung, Verhältnismäßigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2025, 6251
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren W 9 K 25.236 wird hinsichtlich Ziffer 5 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 5. Februar 2025 angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Untersagung der Haltung ihrer Hunde und damit verbundene weitere Anordnungen.
2
1. Mit Bescheid vom 5. Februar 2025 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Haltung der Hunde „M* …“ (Transponder-Nr.: … … … … … – Ausweis-Nr. … … …, Name im Ausweis „M* …“) und „M* …“ (Transponder-Nr.: … … … … … – Ausweis Nr. … … …, Name im Ausweis „M* …“); sie habe die beiden Hunde bis spätestens zum 17. Februar 2025 an eine berechtigte Person abzugeben und dies gegenüber der Antragsgegnerin schriftlich unter Angabe der vollständigen Adresse des Empfängers bis zum 17. Februar 2025 nachzuweisen (Ziffer 1 des Bescheids). Die vorgenannten Hunde dürften ab der Zustellung dieses Bescheides bis zur Abgabe an eine berechtigte Person ausschließlich von ausreichend kräftigen und zuverlässigen Personen ausgeführt werden, die in der Lage seien die Hunde auch körperlich sicher zu beherrschen; der Antragstellerin wurde untersagt, die beiden Hunde, auch einzeln, selbst auszuführen (Ziffer 2). Die Hunde seien ab der Zustellung dieses Bescheids bis zur Abgabe außerhalb eingefriedeter Privatgrundstücke und innerhalb der im Zusammenhang bebauten sowie bewohnten Ortsteile bayernweit nur an einer maximal 1,50 m langen reißfesten Leine mit schlupfsicherem Halsband oder Geschirr sowie angelegtem Maulkorb zu führen. Außerhalb bebauten Gebiets seien, wenn sich eine oder mehrere Personen den Hunden näherten, die Hunde ab einem Abstand von 30 m zu der oder den sich nähernden Personen anzuleinen. Die Hunde müssten bis zur Abgabe auf dem Privatgrundstück ausbruchsicher untergebracht werden (Ziffer 3). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1 des Bescheids und der Tierhaltung über den 17. Februar 2025 hinaus werde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR für fällig erklärt (Ziffer 4.). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die „Verpflichtung aus Ziffer 2 und 3“ des Bescheids werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR für fällig erklärt (Ziffer 5). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 3 wurde angeordnet (Ziffer 6).
3
Zur Begründung wurde in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragstellerin Halterin der vorgenannten Hunde „M* …“ und „M* …“ sei. Unter dem 23. Mai 2024 habe sie ihren Wohnsitz von der Gemeinde K* … in das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin verlegt, wo sie die beiden Hunde als W* …R* … R* … („M* …“) bzw. B* … („M* …“) gemeldet habe. Von der Gemeinde K* … habe die Antragsgegnerin Kenntnis erhalten, dass es mehrere Vorfälle mit den genannten Hunden gegeben habe. Das Polizeipräsidium Unterfranken habe unter dem 20. Juni 2024 eine polizeiliche Auflage nach Art. 11 PAG der Antragstellerin gegenüber erlassen, wonach aufgrund von Vorfällen vom 26. und 27. Januar 2024 (Aggressionen gegen Menschen sowie Verstöße gegen das bayerische Jagdgesetz) u.a. angeordnet worden sei, dass die beiden Hunde an einer reißfesten Leine von nicht mehr als 2 m mit schlupfsicherem Halsband auf allen öffentlichen Anlagen, öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen zu führen seien. Gegenstand der polizeilichen Auflage sei auch gewesen, dass die beiden Hunde nur durch eine ausreichend kräftige und zuverlässige Person ausgeführt werden dürften. Aus der Auflage ergebe sich, dass die Antragstellerin als Hundehalterin körperlich nicht in der Lage sei, gleichzeitig beide Hunde sicher zu führen. Aufgrund dessen und des Verdachts, dass es sich bei den beiden um Hunde der Kategorie 1 der Kampfhundeverordnung (mit Verweis auf § 1 Abs. 1 der Bayerischen Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit – KampfhundeV) handeln könnte, sei von der Antragsgegnerin ein Gutachten zur Rassezugehörigkeit durch den Hundesachverständigen Herrn F* … veranlasst worden. Aus dessen Gutachten vom 11. November 2024 ergebe sich, dass sowohl der Rüde „M* …“ als auch der Rüde „M* …“ aufgrund der sehr großen Übereinstimmung von Genotyp und Phänotyp den in § 1 Abs. 1 KampfhundeV genannten Rassen P* … T* … bzw. S* … zugeordnet und beide Hunde somit dem Erlaubnisvorbehalt des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG unterliegen würden. Bei beiden Hunden sei neben der Phänotyp-Beurteilung eine DNA-Untersuchung vorgenommen worden. Über eine entsprechende Erlaubnis verfüge die Antragstellerin nicht. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2024 sei die Antragstellerin zur beabsichtigten Haltungsuntersagung angehört worden. Unter dem 2. Januar 2025 habe das Polizeipräsidium Unterfranken der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass gegen die Antragstellerin ein Ermittlungsverfahren wegen Jagdwilderei (§ 292 StGB) sowie Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz (§ 18 TierSchG) aufgrund eines Vorfalls vom 16. Juli 2024 geführt werde. Die polizeilichen Ermittlungen hätten ergeben, dass sich die beiden Hunde der Antragstellerin in ein lebendes Wildschwein verbissen hätten; die Antragstellerin sei nicht in Sicht gewesen. Am 30. Januar 2025 habe die Antragsgegnerin vom Polizeipräsidium Unterfranken zudem Kenntnis von weiteren Vorfällen erhalten. Zeugenaussagen hätten ergeben, dass die Antragstellerin wiederholt die beiden oben genannten Hunde nicht angeleint habe und diese auch keinen Maulkorb getragen hätten. Ferner habe es am 24. Januar 2025 die Beobachtung eines Zeugen gegeben, wonach die Antragstellerin massive Probleme gehabt habe, Herrin über den von ihr ausgeführten Hund zu werden. Aufgrund dieses Vorfalls habe das Polizeipräsidium Unterfranken unter dem 30. Januar 2025 eine weitere Auflage nach Art. 11 PAG gegenüber der Antragstellerin erlassen, die es u.a. der Antragstellerin untersagt habe, beide Hunde, auch einzeln, auszuführen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 31. Januar 2025 habe die Antragstellerin Stellung genommen und sinngemäß ausgeführt, dass der Hund „M* …“ auf Grundlage eines Untersuchungsbefundes des Labors für klinische D* … G* … & … … (L* …*) vom 11. Oktober 2024 nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 49 Prozent der Rasse A* … S* … T* … zugeordnet werden könne, weshalb es sich bei diesem Hund nicht um einen Kampfhund im Sinn der Kampfhundeverordnung handele. Hinsichtlich des Hundes „M* …“ sei die Nachreichung eines entsprechenden Untersuchungsbefundes angekündigt worden.
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In rechtlicher Hinsicht führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, dass Rechtsgrundlage für die Anordnung unter Ziffer 1 des Bescheids Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG in Verbindung mit Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG sei. Denn die Antragstellerin halte die beiden betreffenden Hunde ohne die hierfür nach Art. 37 Abs. 1 LStVG erforderliche Erlaubnis und begehe (fortwährend) eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG, zu deren Unterbindung die Befugnisnorm des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG ermächtige. Die Antragstellerin halte zwei Kampfhunde im Sinne des Art. 37 Abs. 1 LStVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KampfhundeV. Dies werde belegt durch das Gutachten zur Rassezugehörigkeit des Hundesachverständigen vom 11. November 2024. Mit dem von der Antragstellerin vorgebrachten Einwand, bei dem Hund „M* …“ handele es sich nicht um einen Kampfhund mit Sinne der Kampfhundeverordnung, weil ein Gentest ergeben habe, dass dieser Hund lediglich mit einer Wahrscheinlichkeit von 49 Prozent der Rasse A* … S* … T* … zugeordnet werden könne, könne die Eigenschaft als Kampfhund nicht überzeugend entkräftet oder gar widerlegt werden. Die Feststellung, ob ein bestimmter Hund Kampfhund im Sinne des Art. 37 LStVG in Verbindung mit § 1 KampfhundeV sei, also den dort gelisteten Rassen oder Gruppen angehöre oder eine Kreuzung dieser Rassen oder Gruppen untereinander oder mit anderen Hunden sei, könne nicht alleine über genetische Analysen erfolgen. Maßgeblich sei eine phänotypische Beurteilung, also eine Erfassung nach äußerlich beobachtbaren und messbaren Merkmalen des Hundes und nicht nach dessen genetischem Aufbau, dem Genotyp. Das Gutachten vom 11. November 2024 stütze sich bei seinen Feststellungen sowohl auf äußere Kriterien (Phänotyp) als auch auf die vorgenommenen DNA-Untersuchungen (Genotyp). Ausgehend hiervon komme der Gutachter zu dem eindeutigen und nachvollziehbaren Ergebnis, dass es sich bei beiden Hunden um Kampfhunde handele. Derzeit seien auch keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass die Antragstellerin als Hundehalterin ein berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG nachweisen könne, um die Erlaubnis für die Haltung der beiden Hunde zu erhalten. Der Erteilung einer derartigen Erlaubnis stehe ferner entgegen, dass sich in der Vergangenheit diverse aktenkundige Vorfälle mit den beiden Hunden ereignet hätten, aus denen sich Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum durch diese ergeben würden. Die danach mögliche Anordnung nach Art. 7 Abs. 2 StVG stehe grundsätzlich im Ermessen der handelnden Sicherheitsbehörde. Ausgehend von den vorliegenden Gesamtumständen seien keine milderen Maßnahmen ersichtlich. Zu beachten sei nämlich, dass hinsichtlich der gesetzlichen Wertung der Gefahrenlage in Art. 37 Abs. 1 LStVG grundsätzlich kein Ermessensspielraum verbleibe (sogenanntes intendiertes Ermessen), die Haltung eines oder mehrere Kampfhunde ohne die erforderliche Erlaubnis zu unterbinden, und die Abgabe anzuordnen sei. Auch wenn dies eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung für die Antragstellerin darstelle, hätten ihre privaten Interessen gegenüber dem überragenden Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit zurückzutreten. Als Hundehalterin habe sie innerhalb der gesetzten Frist zur Abgabe und dem Nachweis dafür die Möglichkeit, eine anderweitige Unterbringung für ihre Hunde zu finden. Dieser Zeitraum sei angemessen, aber auch erforderlich, weil die aktenkundigen Vorfälle gezeigt hätten, dass von den Hunden eine Gefahr ausgehe.
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Die weitergehenden Anordnungen unter den Ziffern 2 und 3 des Bescheides beruhten auf Art. 18 Abs. 2 LStVG. Die hiernach erforderliche konkrete Gefahr für die Schutzgüter des Art. 18 Abs. 1 LStVG liege vor. Die Anordnungen seien auch ermessenfehlerfrei ergangen. Ausgehend von den aktenkundigen Vorfällen vom 26. und 27. Januar 2024 sowie vom 24. Januar 2025 bestehe eine konkrete Gefahr für die Gesundheit von Menschen und das Eigentum anderer, die es rechtfertige, gegenüber der Antragstellerin tätig zu werden und entsprechende Anordnungen zu treffen. Ohne ein Tätigwerden der Antragsgegnerin könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich zukünftig ein oder mehrere derartige Vorfälle wiederholten. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu berücksichtigen, dass bislang nicht nur ein einziger Vorfall dokumentiert sei, sondern dass die Hunde der Antragstellerin bereits in mehrfacher Hinsicht aktenkundig geworden seien. Im Hinblick auf die Auswahlentscheidung, welche Anordnungen konkret getroffen würden, habe sich die Antragsgegnerin von folgenden Erwägungen leiten lassen: Zum Schutz vor den von den Hunden ausgehenden konkreten Gefahren für Eigentum und Gesundheit von Menschen und ausgehend von den bereits konkreten aktenkundigen Vorfällen seien die Anordnungen nach Ziffer 2 erforderlich, um derartige Vorfälle bis zur Abgabe der Hunde zu vermeiden. Art. 18 Abs. 2 LStVG lasse alle hundebezogenen Anordnungen gegenüber Hundehaltern zu. Hierunter fielen insbesondere Einschränkungen des freien Umherlaufens durch Leinenzwang, jedoch auch ergänzende Anordnungen wie die Festlegung einer Höchstlänge für die Leine oder das Anlegen eines schlupfsicheren Halsbands. Durch derartige Auflagen werde sichergestellt, dass die Einwirkungsmöglichkeit des Hundeführers auf den Hund jederzeit gewährleistet sei. Ein Leinen- und Maulkorbzwang, aber auch die übrigen in Ziffer 2 und 3 des Bescheides getroffenen Anordnungen dienten dem Schutz vor Gefahren, die von den Hunden ausgingen. In Anbetracht des Umstandes, dass es sich bei den beiden Hunden um Kampfhunde handele, deren rechtmäßige Haltung durch die Antragstellerin nicht in Betracht komme, sei es geboten, aber auch erforderlich, die unter Ziffer 2 getroffenen Anordnungen für den Zeitraum zu treffen, solange sich die beiden Hunde noch bei der Antragstellerin befänden. Angesichts der durch die Polizei dokumentierten Vorfälle seien zum Schutz höherwertiger Rechtsgüter keine milderen Maßnahmen ersichtlich, um den von den Hunden ausgehenden konkreten Gefahren sicher zu begegnen. Ein Tätigwerden der Antragsgegnerin erscheine insbesondere auch deshalb als erforderlich, weil sich die Antragstellerin nicht an die polizeilichen Auflagen des Polizeipräsidiums Unterfranken gehalten habe. In Anbetracht des polizeilich dokumentierten Vorfalls vom 24. Januar 2025 sei es zudem erforderlich, sicherzustellen, dass die Hunde bis zur Abgabe nur von solchen Personen ausgeführt werden dürften, die körperlich in der Lage seien, die Hunde uneingeschränkt zu beaufsichtigen und auch zu beherrschen. Da von beiden Hunden Gefahren ausgingen und die Antragstellerin nicht in der Lage sei, auch nur einen der beiden Hunde zu beherrschen, sei es erforderlich, aber auch angemessen, das Ausführen der Hunde durch die Antragstellerin selbst bis zur verfügten Abgabe zu untersagen. Mildere Mittel seien auch hierfür nicht ersichtlich. Damit ferner auch eine Gefahr von den beiden Hunden unterbunden werde, wenn sich die Hunde auf dem Privatgrundstück befänden, sei es geboten, aber auch erforderlich, sicherzustellen, dass die Hunde nicht vom Privatgrundstück ausreißen könnten. Die Anordnungen seien auch verhältnismäßig. Sie seien mögliche und geeignete Maßnahmen, um die Allgemeinheit vor von den Hunden ausgehenden Gefahren für Eigentum und Gesundheit zu schützen. Mildere Mittel seien wiederum nicht ersichtlich. Die Maßnahmen seien insbesondere auch angemessen. Der einhergehenden Eingriffe in die Rechte der Antragstellerin stünden keinesfalls außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Ziel eines wirkungsvollen Schutzes der Gesundheit und des Eigentums von Menschen. Die Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Hunde durch das Anleinen, das Anlegen eines Halsbandes sowie Maulkorbs sowie der übrigen getroffenen Anordnungen müsse hinter das höherwertige Ziel des Schutzes von Menschen vor Gefahren durch Hunde zurücktreten.
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Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 3 des Bescheids gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liege im besonderen öffentlichen Interesse. Vorliegend sei insbesondere das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit von Menschen und Tieren gefährdet. Die Bürger seien unverzüglich in ihren Rechten auf körperliche Unversehrtheit und vor Beeinträchtigungen durch eine ungeeignete Hundehaltung zu schützen. Die Allgemeinheit habe einen Anspruch darauf, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Maßnahmen zur Einhaltung der Rechtsordnung aufrechterhalten würden, die durch die Verwirklichung von Ordnungswidrigkeiten gestört werde. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids hätte zur Folge, dass die Antragstellerin die beiden Hunde halten dürfe, obwohl sie über keine Erlaubnis hierfür verfüge. Hinzukomme, dass es in jüngerer Vergangenheit diverse Vorfälle gegeben habe, in denen einer oder beide der Hunde gegenüber anderen Personen, aber aufgrund einer glaubhaften Zeugenaussage auch gegenüber der Antragstellerin ein aggressives Verhalten gezeigt hätten.
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2. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 14. Februar 2024 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg (W 9 K 25.236).
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Gleichzeitig beantragte sie bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheids. Dieser Antrag wurde von der Antragsgegnerin unter dem 24. Februar 2025 abgelehnt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Antragsschrift und die Entscheidung der Antragsgegnerin Bezug genommen.
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Mit am 7. März 2025 eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren durch ihren Prozessbevollmächtigten – sinngemäß – beantragen lassen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 bis 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 5. Februar 2025 wiederherzustellen und hinsichtlich dessen Ziffern 4 und 5 anzuordnen.
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Zur Antragsbegründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das ein das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegendes öffentliches Interesse nicht bestehe und nicht ausreichend gemäß § 80 Abs. 3 VwGO dargetan sei.
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Der Bescheid der Antragsgegnerin sei rechtswidrig. Er verweise lediglich pauschal und unsubstantiiert darauf, dass die Antragsgegnerin angeblich Kenntnis erhalten habe, dass es mehrere Vorfälle mit den Hunden der Antragstellerin gegeben haben solle. Welche konkreten Vorfälle dies sein sollten, sei der Antragstellerin bis heute nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Was den letzten „Vorfall“ vom 24. Januar 2025 betreffe, so habe ebenfalls keine gefährliche Situation vorgelegen, sondern die Tochter der Antragstellerin sei lediglich beim Ausführen einer der Hunde wegen Eis- bzw. Schneeglätte zu Sturz gekommen. Mehr sei nicht passiert. Hinsichtlich des Vorfalls mit dem Wildschwein könne die Antragstellerin den Vorwurf der Jagdwilderei und des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz nicht nachvollziehen und daher nicht einräumen. Sie und ihre Hunde seien von dem Wildschwein attackiert worden. Zum Eigenschutz habe sie daher ihre Hunde abgeleint. Die Antragstellerin führe die beiden Hunde auch gemäß der polizeilichen Auflage an einer reißfesten Leine auf allen öffentlichen Anlagen, Straßen und Plätzen. Im Übrigen sei sie ohnehin dazu übergegangen, die Hunde nicht mehr im Gemeindegebiet bzw. im befriedeten Bereich der Gemeinde L* … auszuführen, sondern fahre mit ihren Hunden weit außerhalb in den Wald bzw. auf eine Wiese oder einen Acker, um vorsorglich jeglichen Kontakt mit anderen Menschen oder Tieren zu vermeiden. Die Anordnungen respektive Auflagen zum Ausführen der Hunde durch eine ausreichend kräftige und zuverlässige Person seien weder gerechtfertigt, noch ausreichend bestimmt. Die exakten Anforderungen an die von der Antragstellerin geforderten Personen seien nicht ersichtlich bzw. nicht dargetan und es sei nicht nachgewiesen, dass die Antragstellerin die Anforderungen nicht erfüllen würde. Für die Behauptungen in der polizeilichen Auflage, wonach die Antragstellerin körperlich nicht der Lage sein solle, gleichzeitig beide Hunde sicher auszuführen, finde sich bislang kein tragfähiger Vortrag oder Beweis seitens der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin habe sich ferner unabhängig davon um fachkundige Beratung und Unterstützung durch die Hundeschule G* … M* … gekümmert und dies auch schon konkret umgesetzt. Hieraus folge, dass die Antragstellerin sehr wohl in der Lage sei, die beiden streitgegenständlichen Hunde sicher zu halten und zu führen und sie mit den Hunden auch äußerst verantwortlich umgehe. Es handele sich bei dem beauftragten Hundeausbilder G* … M* … um einen anerkannten und erfahrenen Ausbilder, Gutachter und Experten für Hundehaltung bzw. -ausbildung. Die Antragstellerin habe sich also um entsprechende Unterstützung und Beratung bemüht und nehme diese auch durchgehend bis heute wahr.
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Vor allem aber werde die Einordnung der beiden streitgegenständlichen Hunde nach § 1 Abs. 1 KampfhundeV bestritten. Der Gegenvorstellung und den substantiierten Einwänden der Antragstellerin, insbesondere den vorgelegten genetischen Untersuchungsbefunden für die beiden Hunde, sei nicht in ausreichender Weise Rechnung getragen worden. So habe das Verwaltungsgericht Würzburg beispielsweise mit Urteil vom 27. Mai 2002 (mit Verweis auf W 5 K 01.1023, juris, Rn. 12) darauf hingewiesen, dass bei einem Tier der genetische Anteil an der Kampfhundeklasse deutlich, das heißt mehr als 50 Prozent überwiegen müsse. Im vorliegenden Fall würden diese Wahrscheinlichkeiten für die beiden streitgegenständlichen Hunde allerdings nicht erreicht. Zur Glaubhaftmachung verweist die Antragstellerin auf die Genteste von L* … vom 20. September 2024 für den Hund „M* …“ und vom 11. Oktober 2024 für den Hund „M* …“, die sie vorlegt. Zudem habe auch der Hundeausbilder M* … in seinem Beratungsprotokoll vom 29. Januar 2025, das die Antragstellerin ebenfalls vorlegt, hinsichtlich Verhalten und Größe der Hunde eine eindeutige Zuordnung in die Kampfhundeklasse I. nicht bestätigen können.
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Letztendlich stelle es für die Antragstellerin – und ihre Kinder – „einen der massivsten Eingriffe“ dar, wenn sie ihre Hunde verlieren würde, die sie als Familienmitglieder ansehe und mit ihnen auch so lebe. In der Wohnung lebe auch noch eine Katze. Deutlicher „könnte es nicht werden, dass die beiden Hunde keine akute Gefahr darstellen und zwar weder für Mensch, noch für Tier“. Ebenfalls sei darauf hinzuweisen, dass der letzte vermeintliche Vorfall auf den 24. Januar 2025 datiere, es also auch seit über anderthalb Monaten keinerlei Vorfälle mehr gegeben habe.
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Selbst wenn man den streitgegenständlichen Untersagungsbescheid der Antragsgegnerin nach summarischer Prüfung als rechtmäßig ansehen würde, so sei damit allein ein überwiegendes öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung noch nicht dargetan. Eine konkrete Gefahr für Gesundheit von Menschen und das Eigentum anderer Menschen sei ersichtlich bzw. nicht ausreichend dargelegt worden. Die Antragsgegnerin behaupte lediglich, dass die sofortige Vollziehung im besonderen öffentlichen Interesse liege.
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3. Die Antragsgegnerin beantragt,
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Der Antrag sei unbegründet. Unter Verweis auf ihren Bescheid führt die Antragsgegnerin hierzu aus, dass das Gutachten zur Rassezugehörigkeit vom 11. November 2024 nachvollziehbar und schlüssig zu der Erkenntnis komme, dass es sich bei den beiden Hunden der Antragstellerin um Kampfhunde handele. Die Ausführungen der Antragstellerin seien nicht geeignet, dies zu verneinen. Darüber hinaus seien mehrere Vorfälle mit den beiden Hunden der Antragstellerin aktenkundig dokumentiert. Bereits am vormaligen Wohnsitz der Antragstellerin in K* … seien entsprechende Anordnungen der damaligen Wohnsitzgemeinde in Vorbereitung gewesen. Nach dem Wohnsitzwechsel der Antragstellerin seien weitere Vorfälle mit deren Hunden bekannt geworden, die ein Handeln der Antragsgegnerin als Sicherheitsbehörde erforderlich machten.
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4. Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte – auch im Hauptsachverfahren W 9 K 25.236 – und die vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag ist bei sachgerechter Auslegung (§§ 88, 122 VwGO), die mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch bei anwaltlich vertretenen Antragstellern geboten ist, wenn das Rechtsschutzziel klar zu erkennen ist (vgl. BVerfG, B.v. 23.10.2007 – 2 BvR 254/07 –, juris, Rn. 17), dahingehend zu verstehen, dass die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. Februar 2025 insgesamt begehrt wird. Zwar hat die Antragstellerin ihren „Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“ dem Wortlaut nach nur auf die „Verfügung der Antragsgegnerin bezüglich der Untersagung der Hundehaltung gemäß dem Bescheid“ vom 5. Februar 2025 bezogen. Aus der weiteren Antragsbegründung ergibt sich aber bei verständiger Würdigung, dass damit keine inhaltliche Beschränkung des Antrags auf Ziffer 1 des Bescheids erfolgen sollte, sondern sich die Antragstellerin vielmehr an dessen Überschrift „Untersagung der Hundehaltung“ orientiert hat. So werden in der Sachverhaltsdarstellung auch die übrigen Ziffern des Bescheids ausgeführt, im Weiteren keine Differenzierungen vorgenommen und geht die Antragstellerin in ihren rechtlichen Ausführungen ausdrücklich auch auf die Bestimmtheit von Ziffer 2 des Bescheids ein.
19
Der so zu verstehende Antrag ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
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1. Der Antrag ist als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der im Verfahren W 9 K 25.236 erhobenen Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zulässig, insbesondere statthaft, soweit er sich auf die Ziffern 1 bis 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 5. Februar 2025 bezieht. Die aufschiebende Wirkung der insoweit in der Hauptsache statthaften Anfechtungsklage ist entfallen, weil die Antragsgegnerin in Ziffer 6 des Bescheids die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat.
21
Soweit der Antrag die Zwangsgeldandrohungen in den Ziffern 4 und 5 des Bescheids zum Gegenstand hat, ist er als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ebenfalls zulässig, namentlich statthaft. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit Art. 21a Satz 1 VwZVG entfaltet die Klage insoweit keine aufschiebende Wirkung.
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2. Der Antrag ist jedoch nur zu einem geringen Teil begründet.
23
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3a VwGO ganz oder teilweise anordnen (Alt. 1), im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen (Alt. 2). Das Gericht trifft insoweit eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 –, juris, Rn. 15 ff.; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5/20 –, juris, Rn. 8). Im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO hat das Gericht dabei zusätzlich und zunächst zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO gegeben sind.
24
Danach war vorliegend die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin allein hinsichtlich Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen.
25
a) Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 bis 3 des Bescheids der Antragsgegnerin gemäß dessen Ziffer 6 genügt vorliegend den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung des Sofortvollzugs – entgegen dem Antragsvorbringen – nicht nur pauschal, sondern hinreichend konkret und substantiiert begründet (vgl. insoweit etwa BVerwG, B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 – juris, Rn. 6; BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris, Rn. 16). Sie hat ausgeführt, dass die von der Haltung der betreffenden Hunde durch die Antragstellerin ausgehenden erheblichen Gefahren für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, namentlich das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit von Menschen und Tiere, ein sofortiges Einschreiten erfordere. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids hätte zur Folge, dass die Antragstellerin die beiden Hunde halten dürfe, obwohl sie über keine Erlaubnis zur Haltung von Kampfhunden verfüge. Hinzukomme, dass es in jüngerer Vergangenheit diverse Vorfälle gegeben habe, in denen einer oder beide der Hunde gegenüber anderen Personen, aber aufgrund einer glaubhaften Zeugenaussage auch gegenüber der Antragstellerin ein aggressives Verhalten gezeigt hätten. Insbesondere der Vorfall vom 24. Januar 2025, der erneut zu einer polizeilichen Auflage durch das Polizeipräsidium Unterfranken nach Art. 11 PAG geführt habe, belege, dass von den Hunden der Antragstellerin eine erhebliche Gefahr ausgehe. Damit ist der § 80 Abs. 3 VwGO zugrundeliegenden Forderung, die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs anzugeben (vgl. erneut BVerwG, B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 –, juris, Rn. 6; BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 –, juris, Rn. 16) auch mit Blick darauf, dass die hier zur Begründung des Verwaltungsakts angestellten Erwägungen zugleich für die Dringlichkeit der Vollziehung sprechen, Rechnung getragen. Die weitere Frage, ob die von der Antragsgegnerin angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (vgl. NdsOVG, B.v. 29.11.2017 – 11 ME 268/17 – juris, Rn. 5; BayVGH, B.v. 14.9.2017 – 9 CS 17.456 – juris, Rn. 11 m.w.N.).
26
b) Die vom Gericht vorzunehmende Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt vorliegend überwiegend zu Lasten der Antragstellerin aus.
27
aa) Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden, summarischen Prüfung wird die Klage der Antragstellerin in der Hauptsache größtenteils keinen Erfolg haben. Allein hinsichtlich Ziffer 5 ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. Februar 2025 voraussichtlich rechtwidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Kammer folgt insoweit zunächst den Ausführungen und Erwägungen der Antragsgegnerin im Bescheid vom 5. Februar 2025, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Darüber hinaus bzw. abweichend ist auszuführen:
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(1) Die in Ziffer 1 des Bescheids gegenüber der Antragstellerin verfügte Untersagung der Haltung von „M* …“ und „M* …“ sowie deren Abgabe an eine berechtigte Person erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig.
30
Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG in Verbindung mit Art. 37 Abs. 1 und 4 Nr. 1 LStVG. Deren Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor. Die Antragstellerin begeht durch die Haltung der Hunde „M* …“ und „M* …“ fortwährend eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG, zu deren Unterbindung die Befugnisnorm des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG ermächtigt (vgl. auch BayVGH, B.v. 25.4.2023 – 10 CS 23.506 –, juris, Rn. 8). Es handelt sich bei „M* …“ und „M* …“ um Kampfhunde im Sinne des Art. 37 Abs. 1 LStVG. Die danach zur Haltung der Hunde erforderliche Erlaubnis besitzt die Antragstellerin nicht.
31
Kampfhunde sind gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 LStVG Hunde, bei denen auf Grund rassespezifischer Merkmale, Zucht oder Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszugehen ist. Auf Grundlage des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LStVG wird die Kampfhundeeigenschaft bei den in § 1 Abs. 1 KampfhundeV genannten Hunden sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden stets vermutet. Bei Kreuzungen wird die Kampfhundeeigenschaft allerdings nur bis zur sogenannten F1-Generation angenommen, das heißt ein Elternteil des Mischlingshundes ist ein reinrassiger Kampfhund im Sinne des § 1 Abs. 1 KampfhundeV (vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2019 – 10 CS 19.277 – juris, Rn. 15 m.w.N.). § 1 Abs. 1 KampfhundeV setzt hierbei keine „Reinrassigkeit“ bzw. „volle Entsprechung“ zum Rassestandard voraus (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2019 – 10 ZB 18.2134 – juris, Rn. 6).
32
Sind die Elterntiere des streitgegenständlichen Hundes nicht bekannt, kann die Rassezuordnung grundsätzlich aufgrund des Phänotyps, insbesondere der Größe, des Körperbaus und der Kopfform eines Tieres vorgenommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2019 – 10 CS 19.230 –, juris, Rn. 8). Auch über die Merkmale Gewicht, Schulterhöhe, Haarkleid oder Farben lässt sich eine Rassezuordnung in schlüssiger Weise nachvollziehbar vornehmen (vgl. Schwabenbauer, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 24. Ed., Stand: 15.4.2023, Art. 37 LStVG Rn. 28; BayVGH, B.v. 25.4.2023 – 10 CS 23.506 –, juris, Rn. 13 ff.). Diese (vorrangige) Rassebestimmung durch einen Sachverständigen nach phänotypischen Merkmalen ist bei fehlendem Abstammungsnachweis in der ab 1. Februar 2025 geltenden Fassung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zum Vollzug des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (VollzBekLStVG) vom 13. Januar 2025 so vorgesehen (Nr. 37.3.1.3) und auch in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2019 – 10 CS 19.230 –, juris, Rn. 8 m.w.N.). Nur wenn die Rassebestimmung nach dem Äußeren (Phänotyp) nicht zuverlässig möglich ist, ist eine Rassezuordnung nach den drei Zuordnungskriterien Phänotyp, Wesen und Bewegungsablauf vorzunehmen; die Zuordnung eines Hundes zu einer Rasse ist in diesem Fall nur möglich, wenn alle drei Zuordnungskriterien gleichzeitig erfüllt sind (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2019 – 10 CS 19.230 –, juris, Rn. 8 m.w.N.). Zur Unterstützung der gutachterlichen Beurteilung kann ergänzend auf eine Gen-Analyse (DNA-Gutachten) abgestellt werden (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2023 – 10 CS 22.2549 –, juris, Rn. 10; B.v. 25.4.2023 – 10 CS 23.506 –, juris, Rn. 10). Es kann zur Unterstützung einer Rassebestimmung sinnvollerweise beitragen und insofern einen Baustein bilden (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2023 – 10 CS 23.506 –, juris, Rn. 17). Eine alleinige Gen-Analyse zur Rassezuordnung ist dagegen nicht ausreichend, da eine eindeutige genetische Zuordnung von vielen verschiedenen Faktoren abhängig und derzeit kaum möglich ist (vgl. VG Augsburg, B.v. 28.2.2023 – Au 8 S 23.133 –, juris, Rn. 58; BayVGH, B.v. 2.4.2019 – 10 CS 19.277 – juris, Rn. 16 f.)
33
In Anwendung dieser Maßstäbe lassen sich die Hunde der Antragstellerin „M* …“ und „M* …“ mit hinreichender Sicherheit als Kampfhunde im Sinne des § 1 Abs. 1 KampfhundeV einordnen. Die Antragsgegnerin hat im streitgegenständlichen Bescheid – bei unstreitig fehlendem Abstammungsnachweis für die Bestimmung der Rassezugehörigkeit der Hunde der Antragstellerin – zutreffend auf das vorliegende Sachverständigengutachten des öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen für das Hundewesen Herrn F* … vom 11. November 2024 sowie das jeweils zur Unterstützung der gutachterlichen Beurteilung ergänzend beauftragte DNA-Gutachten der Firma F* … abgestellt. Das Antragsvorbringen zieht die Aussagekraft dieser Rassegutachten, die für die Kammer hinreichend schlüssig und nachvollziehbar sind, nicht durchgreifend in Zweifel.
34
Der Sachverständige hat die beiden Hunde in der Wohnung der Antragstellerin am 24. Oktober 2024 in Augenschein genommen und in seinem darauf beruhenden schriftlichen Gutachten vom 11. November 2024 unter Verwendung einer Tabelle mit farblichen Kennzeichnungen hinreichend deutlich gemacht, anhand welcher konkreten äußeren Merkmale und Kriterien er zu seiner Einschätzung gekommen ist (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 14.5.2019 – 10 CS 19.230 –, juris, Rn. 10), dass beide Hunde der Antragstellerin phänotypisch der Rasse „P* … T* … bzw. S* … T* …“ zuzuordnen sind. Hinsichtlich der Bezeichnungen stellt der Sachverständige dabei klar, dass beide Rassen den gleichen Ursprung hätten und sich sehr ähnlich bzw. vergleichbar seien, der P* … T* … aber vom Federation Cynologique Internationale [FCI] nicht anerkannt werde. Zudem wird aus den weiteren Ausführungen, insbesondere im Gutachten zu „… (vgl. dort Seite 9), ersichtlich, dass der Sachverständige den „A* … S* … T* …“ kurz als „S* … T* …“ bezeichnet.
35
Betreffend „M* …“ hat der Sachverständige eine große Übereinstimmung des Erscheinungsbildes mit den Standardvorgaben der Rassen P* … T* … bzw. A* … S* … T* … nach Nr. … FCI anhand der allgemeinen Erscheinung (stark; muskulös; beweglich), des Kopfes (ausgeprägter Stopp; mittellanger Fang, Oberseite rund; Lefzen anliegend; kräftiges Gebiss mit starkem Unterkiefer; Scherengebiss; kräftige Wangenmuskulatur; halb aufgerichtete Ohren), des Halses (kräftig; mittellang; nach vorne leicht verjüngend), des Körpers (kurzer Rücken; Kruppe abfallend und kurz; tiefe Brust), der Rute (kurz und gerade), der Gliedmaßen (Vorderläufe kräftig; Schultern muskulös), des Gangwerks (federnd; „t* …artig“), des Haarkleids (kurz, dicht und glänzend) und der Größe festgestellt. Einzelne Abweichungen (etwa Rücken zur Kruppe hin aufsteigend; helle Augen; relativ hohes Sprunggelenk) hat der Sachverständige erkannt, beschrieben und erkennbar bei der Einordnung berücksichtigt. Auf diese Weise hat er die für und gegen die Zuordnung zum A* … S* … T* … sprechenden Merkmale genannt und ist zu dem Schluss gekommen, dass „M* …“ phänotypisch dieser Rasse zuzuordnen und allenfalls als etwas hochbeinig zu bezeichnen ist. Für eine Rassezuordnung müssen auch nicht etwa alle dem FCI-Rassestandard entsprechenden Merkmale vorhanden sein (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2023 – 10 CS 23.506 –, juris, Rn. 14).
36
Auf dieselbe Weise hat der Sachverständige auch den Rüden „M* …“ phänotypisch der Rasse A* … S* … T* … zugeordnet. Wiederum hat er anhand der allgemeinen Erscheinung (kräftig; muskulös), des Kopfes (breiter Schädel; ausgeprägter Stopp; mittellanger Fang, Oberseite rund; Lefzen anliegend; starker Unterkiefer; Scherengebiss mit kräftigen Zähnen; sehr ausgeprägte Wangenmuskulatur; hoch angesetztes Kippohr), des Halses (kräftig; mittellang; nach vorne verjüngend), des Körpers (kurze Kruppe; Lenden leicht aufgezogen), der Rute (kurz und tief angesetzt), der Gliedmaßen (gerade Vordergliedmaßen), des Gangwerks (federnd) und des Haarkleids (kurz und glänzend) eine große Übereinstimmung des Erscheinungsbildes von „M* …“ mit den Standardvorgaben der Rassen P* … T* … bzw. A* … S* … T* … nach Nr. … FCI festgestellt. Einzelne Abweichungen (etwa helle Augen; langer Rücken und zur Kruppe hin aufsteigend; Sprunggelenk hoch; hochbeinig; Hinterhand mäßig bemuskelt) hat der Sachverständige wiederum erkannt, beschrieben und erkennbar bei der Einordnung berücksichtigt.
37
Dass der Sachverständige und ihm folgend auch die Antragsgegnerin zur Rassebestimmung ergänzend auch jeweils einen Gentest von Proben der beiden Hunde herangezogen haben, die von der Antragstellerin im Beisein des Sachverständigen entnommen worden sind, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Eine Genanalyse konnte vorliegend zur Unterstützung einer Rassebestimmung sinnvollerweise beitragen. Die Testergebnisse stellen vorliegend auch lediglich einen Baustein der Rassezuordnung der Hunde der Antragstellerin dar. Weder der Gutachter noch die Antragsgegnerin haben sich allein von den Ergebnissen dieser Gentests leiten lassen. Insbesondere bei „M* …“ hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass eine DNA-Entnahme mangels Kontrollierbarkeit des Rüden nur mit großen Problemen und nur sehr oberflächlich möglich gewesen sei, auf eine Zwangseinwirkung aber hätte verzichtet werden können, nachdem die phänotypische Zuordnung mit hinreichender Sicherheit möglich gewesen sei. Der Gentest kommt bei „M* …“ zu dem Ergebnis, dass es sich um einen Mischling mit einem detektierten Rasseanteil von 71 Prozent A* … S* … T* …, 13 Prozent S* … B* … T* …, 12 Prozent B* … T* … (Standard) und 4 Prozent B* … (English), abstammend auf der Elterngeneration von einem A* … S* … T* … und einem B* … T* … (Standard) oder Mix S* … B* … Te* … oder M** A* … S* … T* … handelt. Bezüglich „M* …“ hat der Gentest ergeben, dass dieser ein Mischling mit einem detektierten Rasseanteil von 76 Prozent A* … S* … T* … und 24 Prozent S* … Bull T* … ist, abstammend auf der Elterngeneration von einem Am* … S* … T* … und einem S* … B* … T* … oder A* … S* … T* … M**. Dass die Gentests die gutachterliche Rassezuordnung anhand des Phänotyps bei den Hunden der Antragstellerin insoweit stützen, spricht dabei erheblich für die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung (vgl. auch BayVGH, B.v. 25.4.2023 – 10 CS 23.506 –, juris, Rn. 17).
38
Die Einwände der Antragstellerin rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Sie ziehen die Überzeugungskraft des Sachverständigengutachtens nicht durchgreifend in Zweifel.
39
Soweit die Antragstellerin eigene Genteste von L* … vom 20. September 2024 („M* …“) und 11. Oktober 2024 („M* …“) vorlegt, sind diese schon deshalb nicht geeignet, das Sachverständigengutachten in Frage zu stellen, da sie – naturgemäß – keinerlei phänotypische Beurteilung enthalten, die nach den vorstehenden Maßstäben indes maßgeblich ist. Überdies sind die vorgelegten Genteste ihrerseits nicht hinreichend aussagekräftig. Die Antragstellerin hat bereits nicht erläutert und entsprechend glaubhaft gemacht, dass und durch wen die eingesandten Proben tatsächlich von ihren Hunden entnommen worden sind. Der Gentest zu „M* …“ führt als Probenehmerin eine Frau M* … G* … an. Um wen es sich hierbei handelt, hat die Antragstellerin ebenso wenig erläutert wie den Umstand, weshalb und wo Frau G* … die Probe entnommen haben soll. Betreffend „M* …“ fehlt es sogar gänzlich an der Angabe des Probenehmers. Im Übrigen vermag der Gentest zu „M* …“ auch deshalb das Sachverständigengutachten nicht zu entkräften, weil das Ergebnis eine Wahrscheinlichkeit von 49 Prozent ausweist, dass „M* …“ der Rasse A* … S* … T* … zuzuordnen ist. Ausweislich des Untersuchungsbefunds – unter dem Punkt „Befundinterpretation“ – ist für Hunde, bei denen ein Elternteil reinrassig ist, allgemein „nur“ eine Zuordnungswahrscheinlichkeit zwischen 40 und 60 Prozent zu erwarten, und (nur) eine Zuordnungswahrscheinlichkeit von weniger als 30 Prozent bedeutet, dass es sich mit höchster Wahrscheinlichkeit weder um einen reinrassigen Hund dieser Rassen noch um einen Mischling der F1-Generation handelt (vgl. insoweit auch BayVGH, B.v. 8.3.2023 – 10 CS 22.2549 –, juris, Rn. 13). Soweit bei „… dagegen für alle der untersuchten Rassen eine Zuordnungswahrscheinlichkeit von weniger als 30 Prozent festgestellt wurde, zieht das die Validität und Aussagekraft beider Genteste von L* … in Zweifel, da es sich bei den beiden Hunden der Antragstellerin nach deren eigenen Angaben um „Wurfbrüder“ handelt. Überdies sei darauf hingewiesen, dass nach den Angaben einer Zeugin vom 18. Juli 2024, die die Antragstellerin persönlich kenne, da diese etwa zehn Jahre im Café der Zeugin in K* … tätig gewesen sei, die Antragstellerin die Hunde von einem Züchter in Hessen erworben habe, es handele sich um A* … S* … T* … Die Antragstellerin habe ihr damals auch Fotos gezeigt.
40
Soweit die Antragstellerin auf das Wesen bzw. Verhalten ihrer Hunde – insbesondere unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Herrn G* … M* …, Sachverständiger für Hunde, Diensthundeführer und IHKzertifizierter Ausbilder für Diensthundeführer Ausbildungsleiter Diensthundeschule Bayern – verweist, kommt es hierauf schon nicht entscheidungserheblich an. Nur dann, wenn eine Rassebestimmung durch einen Sachverständigen nach dem Äußeren (Phänotyp) nicht zuverlässig möglich ist, ist eine Rassezuordnung gemäß den drei Kriterien Phänotyp, Wesen und Bewegungsablauf vorzunehmen (vgl. erneut etwa BayVGH, B.v. 14.5.2019 – 10 CS 19.230 –, juris, Rn. 8). Vorliegend hat der Gutachter Herr F* … nachvollziehbar dargelegt, dass auch unter Berücksichtigung der Abweichungen vom Rassestandard eine Einordnung anhand des Phänotyps eindeutig möglich ist. Es war insoweit nicht mehr geboten, eine Rassebestimmung nach allen drei Zuordnungskriterien vorzunehmen. Im Übrigen spricht ein freundliches Verhalten, das auch im Gutachten vom 11. November 2024 erwähnt wird, nicht gegen die Zuordnung als Kampfhund.
41
Mit den Ausführungen des Sachverständigen zur phänotypischen Beurteilung setzt sich die Antragsgegnerin dagegen nicht auseinander. Einzig führt sie an, „M* …“ sei für einen Terrier „zu groß. Die Größe gehe „gravierend über die Größe des im Standard eines relevanten Terriers (z.B. A* … S* … T* …*) deutlich hinaus“. Dabei stützt sie sich auf die entsprechende Aussage des Herrn G* … M* … in seinem Beratungsprotokoll vom 29. Januar 2025. Mangels näherer Ausführungen hierzu bleibt dieser Einwand bereits zu unsubstantiiert, um die Feststellungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Es bleibt insbesondere offen, auf Grundlage welcher Erkenntnisse Herr M* … von welchen Rassenstandardvorgaben und von welcher Abweichung ausgeht. Zudem erklärt Herr M* … selbst, dass es nicht seine Aufgabe gewesen sei, die Hunde zu phänotypisieren. Unabhängig davon hat der Sachverständige, wie dargestellt, seine Beurteilung im Gutachten vom 11. November 2024 auf eine Vielzahl anderer Eigenschaften gestützt (vgl. insoweit auch BayVGH, B.v. 2.10.2019 – 10 ZB 18.2134 –, juris, Rn. 6).
42
Über die demnach gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG erforderliche Erlaubnis zur Haltung der beiden Hunde „M* …“ und „M* …“ verfügt die Antragstellerin nicht. Die Haltung ist bei summarischer Prüfung auch nicht erlaubnisfähig (vgl. zum Prüfungsumfang BayVGH, B.v. 15.1.2024 – 10 CS 23.1873 –, juris, Rn. 15).
43
Es fehlt bereits an der Voraussetzung des berechtigten Interesses im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG, die im Hinblick auf das gesetzgeberische Ziel, die Haltung von Kampfhunden wegen der von ihnen ausgehenden Gefahren „auf wenige Ausnahmetatbestände“ zu beschränken, restriktiv auszulegen ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2024 – 10 ZB 24.1053 –, juris, Rn. 9 m.w.N.). Ein Hundehalter muss danach nachweisen, dass im Hinblick auf die konkrete Hund-Halter-Situation die Haltung über ein reines Liebhaberinteresse hinaus einen Zweck verfolgt, der es rechtfertigt, das stets bestehende Restrisiko, das auch bei – der hier ohnehin Zweifel ausgesetzten – Zuverlässigkeit des Halters und sachgerechter und sicherer Unterbringung der Tiere besteht, hinzunehmen ist. Die Haltung eines Kampfhundes muss demnach für die Befriedigung des „berechtigten Interesses“ nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich sein (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2024 – 10 ZB 24.1053 –, juris, Rn. 9 f. m.w.N.). Weiter ist der Nachweis eines berechtigten Interesses in der Regel nur erbracht, wenn das berechtigte Interesse für die Haltung gerade eines Kampfhundes bestimmend ist und nicht das allgemeine Liebhaberinteresse im Vordergrund steht (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2024 – 10 ZB 24.1053 –, juris, Rn. 11). Einen solchen Nachweis hat die Antragstellerin nicht erbracht. Insbesondere genügt der Verweis darauf, dass es für die Antragstellerin (und ihre Kinder) einen der massivsten Eingriffe darstelle, wenn sie ihre Hunde verlieren würde, die sie sie als Familienmitglieder ansehe und mit ihnen auch so lebe, den vorstehenden Anforderungen nicht. Der Abbruch der Halter-Tier-Beziehung und die Unterbringung des Tieres gegebenenfalls in einem Tierheim sind – auch wenn sie für Mensch und Tier sehr belastend sein mögen – typische Folge einer Haltungsuntersagung mit Abgabeverpflichtung; ihre Verhinderung begründet daher kein berechtigtes Haltungsinteresse (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2024 – 10 ZB 24.1053 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). Dem Tierschutz wird auch dadurch Rechnung getragen, dass ein Kampfhund an einen Berechtigten abgegeben wird (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2004 – 24 ZB 03.2116 – juris, Rn. 8).
44
Überdies stehen – wie die Antragsgegnerin zutreffend ausgeführt hat – Gefahren für Leib, Gesundheit, Eigentum und Besitz der Erlaubnisfähigkeit nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 LStVG entgegen. Auf den streitgegenständlichen Bescheid (§ 117 Abs. 5 VwGO analog) und die nachstehenden, sinngemäß geltenden Ausführungen unter (2) (b) (aa) wird Bezug genommen.
45
Die Antragstellerin ist als Halterin der betroffenen Hunde im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG und damit Störerin nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG auch die richtige Adressatin der Haltungsuntersagung.
46
Die Untersagungsverfügung ist schließlich ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO) ergangen. Die Antragsgegnerin hat das ihr eingeräumte Ermessen erkannt und – unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls – entsprechend dem Gesetzeszweck ausgeübt (§ 40 BayVwVfG) und dabei insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt (Art. 8 Abs. 1 LStVG). Sie hat dabei namentlich auch zutreffend darauf abgestellt, dass für die Beseitigung der Gefahr, die von Kampfhunden ausgeht, im Hinblick auf die gesetzliche Wertung der Gefahrenlage in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG grundsätzlich kein Ermessensspielraum besteht. Der Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit von Menschen genießt Vorrang vor allen anderen Interessen und setzt die Eingriffsschwelle für die Sicherheitsbehörde von vornherein herab. In der Regel ist es bei fehlendem berechtigten Interesse geboten, die unerlaubte Haltung eines Kampfhundes zu untersagen, da nur so der Gesetzeszweck verwirklicht werden kann und die Sicherheitsbehörde es nicht hinnehmen kann, dass von einem Kampfhund eine Gefahr für Menschen oder Tiere ausgeht. Sie ist vielmehr gehalten, die Gefahr zu bekämpfen und gegen den Halter des Kampfhundes sicherheitsrechtlich einzuschreiten. Das Ermessen der Sicherheitsbehörde, ob sie einschreitet und welche Maßnahmen sie trifft, ist in diesen Fällen grundsätzlich bis zur Reduzierung auf Null eingeschränkt (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2019 – 10 CS 19.180 –, juris, Rn. 19 m.w.N.). Weitergehende Ermessenserwägungen als sie von der Antragsgegnerin vorgenommen wurden, waren daher nicht erforderlich. Insbesondere begründet der Abbruch der Halter-Tier-Beziehung und die anderweitige Unterbringung des Tieres – auch wenn sie für die Antragstellerin und ihre Hunde sehr belastend sein mögen – als typische Folge einer Haltungsuntersagung mit Abgabeverpflichtung keinen Ausnahmefall (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2020 – 10 ZB 19.459 –, juris, Rn. 29). Auch die nach Bekanntgabe des Bescheids am 5. Februar 2025 bis zum 17. Februar 2025 gesetzte Frist von knapp zwei Wochen ist nach Einschätzung der Kammer unter Berücksichtigung der Umstände des Falles – insbesondere auch zur Gefahrenabwehr (hierzu nachfolgend unter [2]) – noch ausreichend (vgl. ähnlich: VG Augsburg, B.v. 27.6.2012 – Au 5 S 12.681 –, juris, Rn. 43).
47
Erweist sich die Untersagung der Hundehaltung voraussichtlich als rechtmäßig, durfte die Antragsgegnerin nach Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG auch die Abgabeanordnung verfügen (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2024 – 10 CS 23.1873 –, juris, Rn. 24 m.w.N.).
48
(2) Die weiteren Anordnungen in Ziffern 2 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids begegnen ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
49
(a) Ziffer 2 des Bescheids verstößt entgegen der Ansicht der Antragstellerin zunächst nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, weil sie anordnet, dass deren Hunde bis zur Abgabe an eine berechtigte Person ausschließlich von ausreichend kräftigen und zuverlässigen Personen ausgeführt werden dürfen, die in der Lage sind, die Hunde auch körperlich sicher zu beherrschen. Nach der am objektiven Empfängerhorizont orientierten Auslegung (§ 133, § 157 BGB analog), die insoweit maßgeblich ist (vgl. BayVGH, B.v. 10.3.2017 – 10 ZB 17.136 –, juris, Rn. 7), ergibt sich aus dieser Anordnung hinreichend, was von der Antragstellerin verlangt wird, nämlich die Hunde zum Ausführen nur Personen zu überlassen, die nach ihren physischen und psychischen Verhältnissen fähig sind, die Hunde unter Kontrolle zu halten bzw. auf diese hinreichend einzuwirken (vgl. zum Ganzen auch Schwabenbauer, in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 24. Ed., Stand: 15.4.2023, Art. 37 LStVG Rn. 125, 129 m.w.N.). Damit ist Ziffer 2 auch geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung (vgl. insoweit BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 41.87 – juris, Rn. 29).
50
(b) Auch im Übrigen erweisen sich die Ziffern 2 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids als voraussichtlich rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Anordnungen ist jeweils Art. 18 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 LStVG. Danach können Gemeinden zum Schutz von Leben, Gesundheit, Eigentum oder der öffentlichen Reinlichkeit Anordnungen zur Haltung von Hunden für den Einzelfall treffen.
51
(aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 18 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 LStVG liegen vor.
52
Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden nach Art. 18 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 LStVG dürfen nur getroffen werden, wenn im jeweils gesondert zu betrachtenden Einzelfall eine konkrete Gefahr für die betreffenden Schutzgüter (Leben, Gesundheit, Eigentum) besteht. Dies ist dann der Fall, wenn bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in dem zu beurteilenden Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt gerechnet werden kann. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schutzwürdiger das bedrohte Schutzgut und je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. etwa BayVGH, U.v. 9.6.2020 – 10 B 18.1470 – juris, Rn. 40; B.v. 11.2.2015 – 10 ZB 14.2299 – juris, Rn. 5; jeweils m.w.N.). Es ist für die Bejahung einer konkreten Gefahr nicht zwingend erforderlich, dass vor dem Erlass entsprechender Anordnungen bereits (Beiß-)Zwischenfälle stattgefunden haben (vgl. etwa BayVGH, B.v. 11.2.2015 – 10 ZB 14.2299 – juris, Rn. 5 m.w.N.). Ist es bereits zu einem Beißvorfall oder sonstigen Schadensfall durch den Hund gekommen, ist eine konkrete Gefahr zu bejahen, wenn nicht dargelegt werden kann, dass eine Wiederholung auch ohne Erlass einer sicherheitsrechtlichen Anordnung auszuschließen ist (vgl. BayVGH, U.v. 9.6.2020 – 10 B 18.1470 –, juris, Rn. 40). Die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer bestimmten Rasse vermag für sich genommen mangels einer in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherten Prognose noch keine abstrakte oder konkrete Gefahr zu begründen (vgl. BayVGH, U.v. 9.6.2020 – 10 B 18.1470 –, juris, Rn. 40; U.v. 6.4.2016 – 10 B 14.1054 – juris m.w.N.).
53
Es kommt dabei nicht darauf an, ob von dem betreffenden Hund eine gesteigerte Aggressivität gegen Menschen oder andere Hunde ausgeht oder ob es sich um ein hundetypisches Verhalten handelt (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2011 – 10 B 09.2966 – juris, Rn. 21; Schenk/Seidel, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, 39. Lfg., April 2024, Art. 18 Rn. 54; jeweils m.w.N.). Sinn der Ermächtigung des Art. 18 Abs. 2 LStVG ist es, den Gemeinden die Befugnis zu geben, zur Verhütung jeglicher Gefahren für die in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG genannten Rechtsgüter Anordnungen zur Haltung von Hunden zu treffen, unabhängig davon, in welcher Weise diese von Hunden verursacht werden. Die Mehrheit der von Hunden ausgehenden Gefahren beruht nämlich gerade auf hundetypischem Verhalten. Auch wenn ein Schaden durch den Hund dadurch herbeigeführt wird, dass er durch ein „Fehlverhalten“ oder eine „Fehlreaktion“ einer anderen Person entstanden ist, sind solche Vorfälle dennoch dem Hund zuzurechnen, da die Gefahr ausschließlich von diesem ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2011 – 10 B 09.2966 –, juris, Rn. 21; B.v. 31.7.2014 – 10 ZB 14.688 –, juris, Rn. 7). Von Passanten wird kein hundegerechtes Verhalten erwartet, vielmehr steht der Hundehalter in der Pflicht, wenn er seinen Hund in der Öffentlichkeit ausführt. Nur das bewusste und gezielte Reizen eines Hundes stellt kein (Fehl-)Verhalten eines Passanten dar, mit dem der Hundehalter jederzeit hätte rechnen und die Reaktion seines Hundes hierauf hätte verhindern müssen (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2014 – 10 ZB 14.688 –, juris, Rn. 7).
54
Beim gemeinsamen Ausführen mehrerer Hunde ist die Gefahrenlage erhöht, da sich die beutetriebliche Stimulanz und die Aktionsdynamik durch die Rudelbildung verstärkt, was einen Zugriff auf jeden Hund im Ernstfall durch den Ausführenden erschwert (vgl. BayVGH, B.v. 11.11.2003 – 24 CS 03.2796 –, juris, Rn. 9; B.v. 13.12.2022 – 10 ZB 21.2487 –, juris, Rn. 7; Schenk/Seidel, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, 39. Lfg., April 2024, Art. 18 Rn. 51). Im Fall einer Fehlreaktion von Passanten, die gerade angesichts einer Mehrzahl von Hunden eher zu erwarten ist als im Falle eines einzelnen Hundes, kann deshalb eine Gefahr für die Gesundheit einer Person nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2022 – 10 ZB 21.2487 –, juris, Rn. 7 m.w.N.). Dabei wird das Herankommen mehrerer Hunde gerade von Passanten regelmäßig als bedrohlicher empfunden (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2015 – 10 CS 14.2820 –, juris, Rn. 6; Schenk/Seidel, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, 39. Lfg., April 2024, Art. 18 Rn. 51).
55
Bei der Aufklärung des Sachverhalts darf die Sicherheitsbehörde grundsätzlich von der Richtigkeit von Zeugenaussagen ausgehen, insbesondere dann, wenn die Aussage den Vorfall detailliert und nachvollziehbar schildert und wenn mehrere Aussagen verschiedener Zeugen übereinstimmen. Eine vollständige Aufklärung des tatsächlichen Ablaufs eines Vorfalls ist als Voraussetzung für ein sicherheitsbehördliches Einschreiten nicht erforderlich. Die Sicherheitsbehörde darf auch polizeiliche Erkenntnisse heranziehen, ist allerdings an die im Ermittlungsverfahren getroffene Beurteilung nicht gebunden. Nach Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG ist der Hundehalter zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Seine mangelnde Mitwirkung kann im Rahmen der Beweiswürdigung zu Lasten des Hundehalters gewertet werden (vgl. zum Ganzen: VG Würzburg, U.v. 27.7.2018 – W 9 K 17.332 –, juris, Rn. 30; VG Augsburg, B.v. 10.9.2024 – Au 8 S 24.1635 –, juris, Rn. 42; Schenk/Seidel, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, 39. Lfg., April 2024, Art. 18 Rn. 35 f., 53).
56
Gemessen an diesen Maßstäben geht von den Hunden der Antragstellerin eine konkrete Gefahr im Sinne von Art. 18 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 LStVG aus.
57
Dies folgt nach Auffassung der Kammer vorliegend bereits ungeachtet der aktenkundigen Vorfällen.
58
Zwar begründet der Umstand, dass es sich bei den Hunden der Antragstellerin um Kampfhunde im Sinne des § 1 Abs. 1 KampfhundeV handelt nach den vorstehenden Maßstäben allein noch keine konkrete Gefahr. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht aber davon aus, dass von „großen“ Hunden (vgl. Nr. 18.1 VollzBekLStVG: Schulterhöhe von mindestens 50 cm), die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei herumlaufen, vom Führen derartiger Hunde durch eine hierzu nicht befähigte Person oder durch eine nicht ausbruchsichere Unterbringung solcher Hunde in der Regel eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2013 – 10 ZB 10.2523 –, juris, Rn. 4; B.v. 11.2.2015 – 10 ZB 14.2299 –, juris, Rn. 5; B.v. 3.6.2022 – 10 CS 22.982 –, juris, Rn. 15; jeweils m.w.N.) und schon deshalb entsprechende Anordnungen gerechtfertigt sind (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2022 – 10 CS 22.982 –, juris, Rn. 15; B.v. 22.1.2024 – 10 ZB 23.1563 –, juris, Rn. 9; jeweils m.w.N). Verwiesen wird insoweit darauf, dass viele Menschen bzw. Passanten gerade innerhalb geschlossener Ortschaften das Verhalten von solchen großen, freilaufenden Hunden mit hoher Beißkraft, Muskelkraft und hohem Gewicht nicht richtig einschätzen können, sodass es aus einer zu erwartenden angsterfüllten Begegnung zu unvorhersehbaren und unkontrollierten Kettenreaktionen mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit kommen kann. Dies gilt selbst dann, wenn ein Hund sich freundlich und friedlich verhält. Denn bei frei umherlaufenden größeren Hunden kommt es häufig vor, dass unerfahrene oder ängstliche Personen in Angstzustände versetzt werden, was bereits als Beeinträchtigung der Gesundheit anzusehen ist. Auch wenn der einzelne Hund gutmütig und von friedlicher Wesensart ist, fühlen sich solche Personen nicht selten durch den Hund bedroht und fürchten, von ihm gebissen zu werden. Da viele Menschen keine Erfahrung im Umgang mit Hunden haben und nicht einschätzen können, ob ein Hund friedlich auf sie zuläuft oder ob er sich in aggressiver Weise nähert, reagieren sie falsch, was zu erheblichen Gefahren, insbesondere auch deshalb führen kann, weil der Hund zum Beißen animiert wird (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2013 – 10 ZB 10.2523 –, juris, Rn. 12 m.w.N.).
59
Nach Ansicht der Kammer kann jedenfalls vorliegend für die betroffenen Hunde der Antragstellerin angesichts deren Größe mit einer Schulterhöhe von 47 cm („M* …“) bzw. 49 cm („M* …“), ihrem Gewicht von etwa 28 kg („M* …“) bzw. 30 kg („M* …“), der für ihre Rasse typischen Muskel- und Beißkraft (vgl. auch Nr. … FCI, S. 2) und Temperaments sowie äußeren Erscheinungsbilds, wie auch vom Hundesachverständige in seinem Gutachten vom 11. November 2024 konkret für „M* …“ und „M* …“ festgestellt, sowie dem Umstand, dass sie gemeinsam gehalten und in der Regel auch ausgeführt werden, nichts anderes gelten (vgl. insoweit auch Schenk/Seidel, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, 39. Lfg., April 2024, Art. 18 Rn. 45 ff.; vgl. ähnlich wohl im konkreten Einzelfall: BayVGH, B.v. 13.11.2018 – 10 CS 18.1780 –, juris, Rn. 13; vgl. ferner BayVGH, U.v. 21.12.2011 – 10 B 10.2806 –, juris, Rn. 20 zu einem B* …*). Dabei kann auch die nach § 1 Abs. 1 KampfhundeV bestehende unwiderlegbare gesetzliche Vermutung, dass Kampfhunde – wie „M* …“ und „M* …“ – gesteigert aggressiv und gefährlich sind, das heißt, permanent jede sich bietende Gelegenheit wahrnehmen, um zu raufen und/oder zu wildern und/oder nahezu bei jeder Belastungs-, Stress- oder Reizsituation Menschen attackieren (zum Beispiel auch anspringen) und dabei den Gehorsam verweigern, was in der Regel im Zusammenhang mit geringem oder fehlendem Drohverhalten und einem zunehmenden Verlust der Beißhemmung steht (vgl. zum Ganzen: Nr. 37.3.1.1 VollzBekLStVG), nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben.
60
Unabhängig davon haben sich vorliegend bereits mehrere Zwischenfälle ereignet, in denen sich das gesetzlich vermutete Gefährdungspotential der Hunde der Antragstellerin realisiert hat und die insoweit jedenfalls die Annahme einer konkreten Gefahr – auch in den Teilen des Außenbereichs, die einen relevanten Publikumsverkehr aufweisen – für die hochrangigen Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Eigentum tragen. Die gemeinsam gehaltenen und in der Regel auch ausgeführten Hunde der Antragstellerin sind mehrfach auf andere Menschen und Tiere zugelaufen und haben diese bedroht oder erschreckt. Hinzukommt ein Beißvorfall gegen ein Wildschwein, der das Aneignungsrecht des Jagdberechtigten als Vorstufe des Eigentums (vgl. § 1 Abs. 5 BJagdG; § 292 StGB) und damit auch dessen Schutz betrifft, und im Übrigen allgemein die gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit der beiden Hunde der Antragstellerin erkennen lässt, die auch gegenüber Menschen und deren Hunde, gerade bei falscher Reaktion von Menschen, umschlagen kann.
61
Ausweislich einer Zeugenmitteilung eines Forstarbeiters der Forstverwaltung bei der Gemeinde K* … jagten die unangeleinten Hunde der Antragstellerin in einem Waldstück am 26. Januar 2024 Rehe. Auch am 27. Januar 2024 rannte danach einer der Hunde angeleint und unkontrolliert im Bestand herum. Der Jagdpächter habe Anzeige erstattet. Nach einer Notiz der Gemeinde L* … über eine Vorsprache bei der Antragstellerin vom 4. April 2024 haben sich ferner zu dieser Zeit Beschwerden gehäuft, nach denen die Antragstellerin ihre beiden Hunde nicht immer angeleint ausführe. Am 22. Mai 2024 teilte ein Zeuge der Gemeinde K* … mit, dass die Hunde der Antragstellerin im Bereich eines öffentlich ausgewiesenen Radweges außerorts durch diese nicht angeleint ausgeführt worden seien. Der Zeuge wurde beim Fahrradfahren von den Hunden verfolgt, ein Abrufen durch die Antragstellerin blieb erfolglos. Der Zeuge machte geltend, große Angst gehabt zu haben, dass ihn die beiden Hunde angreifen und beißen könnten. Die Antragstellerin sei mit ihren Hunden überfordert und die Hunde würden ihr nicht gehorchen. Bei seiner polizeilichen Zeugenvernehmung ergänzte der Zeuge, dass es bereits im Zeitraum zwischen März und April 2024 zu einer ähnlichen Begegnung auf dem Radweg gekommen sei. Auch bei diesem Zusammentreffen sei es der Antragstellerin kaum möglich gewesen, die beiden Tiere zu bändigen. Am 16. Juli 2024 kam es sodann zu einem Beißvorfall der beiden Hunde der Antragstellerin gegen ein Wildschwein, der nach polizeilichen Ermittlungen durch Lichtbilder (aus einem Video) und mehrere Zeugenaussagen, u.a. nach einem Zeugenaufruf in der Presse, belegt ist. Eine Zeugin gab in ihrer Vernehmung dabei an, die Antragstellerin persönlich zu kennen, da diese etwa zehn Jahre im Café der Zeugin in K* … tätig gewesen sei. Sie berichtete anschließend von einem weiteren Vorfall. Die Antragstellerin habe ihre beiden Hunde frei am Main laufen lassen, die dann zwei Joggerinnen gestellt und angeknurrt hätten. Die Frauen hätten nach eigenen Angaben „,Todesängste‘“ durchlitten. Ferner habe die Antragstellerin der Zeugin erzählt, dass sie ihre Hunde immer frei laufen lassen müsse, da sie die beiden nicht halten könne. Bei einer Durchsuchung bei der Antragstellerin am 24. Oktober 2024 stellte die zuständige Sachbearbeiterin des Polizeipräsidiums Unterfranken ausweislich ihres Vermerks vom 31. Oktober 2024 zunächst die Übereinstimmung der Hunde der Antragstellerin mit denen auf den Lichtbildern bzw. dem Video zu dem Beißvorfall fest. Darüber hinaus vermerkte sie, dass es der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt während der Durchsuchung möglich gewesen sei, den Hunden ein Mindestmaß an Gehorsam abzuverlangen. Kräftemäßig sei es der Antragstellerin nicht einmal möglich gewesen, jeden Hund einzeln am Halsband festzuhalten, sodass ein Ablesen der Chipnummer oder ein Messen der Hunde möglich gewesen wäre. Auch nach den Ausführungen des Hundesachverständigen, der seinerzeit zur Erstellung seines Gutachtens zugegen war, im Gutachten vom 11. November 2024 war die Antragstellerin nicht in der Lage, die Hunde zu kontrollieren. Deren Eignung zur Betreuung und Führung sei kaum bzw. gar nicht vorhanden gewesen. Nach einer weiteren Zeugenaussage vom 23. Januar 2025 kam es auch in der Nachbarschaft der Antragstellerin seit Dezember 2024 zu mehreren Vorfällen mit deren Hunden. In den Weihnachtsferien 2024 sei der Ehemann der Zeugin mit dem gemeinsamen Hund „Gassi“ gegangen. Er sei auf der Parallelstraße zu ihrer Straße unterwegs gewesen und habe beobachten können, wie mehrere Personen vor dem Anwesen der Antragstellerin gestanden hätten. Er habe gesehen, dass einer der beiden Hunde frei auf der Straße gelaufen sei, und habe Angst gehabt, dass dieser Hund sich quer über die Wiese in seine Richtung bewege. Der Hund sei nämlich von der Antragstellerin weggelaufen. Diese habe den Hund gerufen, was diesen allerdings nicht interessiert habe. Irgendwann sei die Antragstellerin hinter dem Hund hergelaufen und habe es geschafft, ihn einzufangen. Eine Woche später habe die Zeugin selbst Entsprechendes erlebt. Einer der beiden Hunde sei frei gelaufen, beide Hunde hätten keinen Maulkorb getragen. Es sei nicht die Antragstellerin, die mit den Hunden gehe, sondern die Hunde würden diese hinter sich herziehen. Die Zeugin habe Angst. Am 23. Januar 2025 sei es zu einer weiteren Begegnung bei dem Parkplatz an einem Feldweg, wo viele Menschen mit ihren Hunden spazieren gingen, gekommen. Die Antragstellerin habe einen ihrer Hunde angeleint geführt, den anderen frei laufen lassen. Dieser sei auf das Auto der Zeugin zu gerannt, trotz der Rufe der Antragstellerin. Die Zeugin habe dann umdrehen müssen. Eine weitere Zeugin berichtete schließlich am 24. Januar 2025 von einem Vorfall vom frühen Morgen desselben Tages. Sie habe ihre beiden Hunde in der Nachbarschaft ausgeführt und habe dabei eine „Frau“, hinsichtlich derer sie im Nachgang aufgrund der Erzählungen ihrer Mutter annahm, dass es sich um die Antragstellerin gehandelt habe, mit deren Hund wahrgenommen. Die weibliche Person habe in etwa 15 m-Entfernung versucht, den Hund hinter sich herzuziehen. Dies habe nicht funktioniert. Der Hund habe die ganze Zeit in die Richtung der Zeugin und ihres Hundes gestarrt und sich nicht für seine „Besitzerin“ interessiert. Der Hund habe es dann geschafft an der Frau vorbei in die Richtung der Zeugin zu laufen. In diesem Moment sei die Frau von ihrem Hund umgerissen worden. Sie sei nicht einfach nur gefallen, sondern „auf der Straße entlang gekugelt und noch von dem Hund etwas hinterhergezogen“ worden. Die Zeugin sei so schnell wie möglich umgedreht und nach Hause gegangen. Sie habe prinzipiell keine Angst vor Hunden. An diesem Morgen habe sie aber das erste Mal Angst empfunden, dass ihren beiden Hunden etwas passiere. Sie werde „ab jetzt definitiv nicht mehr alleine mit [ihren] beiden Hunden gehen“.
62
Nach den vorstehenden Maßstäben kann von der Richtigkeit dieser jeweils nachvollziehbaren Schilderungen der Vorfälle ausgegangen werden. Insbesondere rechtfertiget auch das Gegenvorbringen der Antragstellerin keine andere Bewertung. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass außer bei dem Vorfall mit dem Wildschwein „nichts passiert“ sei und es dort Selbstschutz gewesen sei. Das Wildschwein habe angegriffen und sie habe zu ihrem eigenen Schutz die Hunde abgeleint. Die Kammer wertet diese Einlassungen als reine Schutzbehauptungen und im Übrigen als pauschales Bestreiten, das zudem die vorstehenden Vorfälle selbst nicht in Abrede stellt, sondern vielmehr den Eintritt eines Schadens verneint. Der Vorfall vom 24. Januar 2025 kann dagegen nur insoweit berücksichtigt werden, als dass die Hunde nur von einer ausreichend kräftigen Person geführt werden dürfen, und auf andere Menschen und Hunde zulaufen sowie diese dadurch in Angst versetzen. Aus der zugrundeliegenden Zeugenaussage ergibt sich nicht hinreichend, dass es sich bei der betroffenen Person um die Antragstellerin handelte. Die Zeugin spricht insofern nur von einer „Frau“ oder „Dame“. Die gegenteilige Angabe der Antragstellerin, dass es vielmehr ihre Tochter gewesen sei, lässt sich insofern nicht ohne Weiteres widerlegen bzw. als unglaubhaft einordnen. Soweit die Antragstellerin indes weiter angibt, ihre Tochter sei nur wegen Glätte ausgerutscht, wertet die Kammer dies angesichts der Aussage der Zeugin, die von derartigen Witterungsbedingungen nichts berichtet, sondern vielmehr anschaulich geschildert hat, dass der Hund die Frau umgerissen und einige Meter „mitgeschleift“ habe, nachdem diese versucht habe, den Hund hinter sich herzuziehen, als reine Schutzbehauptung.
63
Allein aufgrund des Verweises der Antragstellerin darauf, dass es seit dem 24. Januar 2025 keine Vorfälle mehr gegeben habe, kann auch nicht etwa von einem Wegfall der konkreten Gefahr ausgegangen werden. Dies wäre vielmehr nur dann der Fall, wenn über den bloßen Zeitablauf ohne weitere Zwischenfälle hinaus Tatsachen vorliegen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden kann, dass von dem betroffenen Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 10 ZB 19.2474 –, juris, Rn. 7). Hierfür ist indes nichts ersichtlich. Insbesondere ergibt sich ein solches nicht schon aus dem Umstand, dass die Antragstellerin Ende Januar 2025 die Hundeschule Möller konsultiert und nach eigenen Angaben seither deren Unterstützung in Form von Trainingseinheiten angenommen hat. Die Art und der Umfang dieser Unterstützung ist überdies von der Antragstellerin nicht konkretisiert worden. Dabei ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass angesichts der Gefahr für die betroffenen hochrangigen Rechtsgüter der Gesundheit und des Eigentums Dritter, keine zu hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts weiterer Schäden gestellt werden dürfen, zumal von den Hunden der Antragstellerin nach der gesetzlichen unwiderlegbaren Vermutung eine gesteigerte Gefahr und Aggressivität ausgeht (vgl. oben und erneut Nr. 37.3.1.1 VollzBekLStVG).
64
Nach alledem kann dahinstehen, ob bei der erforderlichen Gefahrenprognose allein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen ist oder ob es sich bei den sicherheitsbehördlichen Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG um Dauerverwaltungsakte handelt, für deren gerichtliche Überprüfung auch hinsichtlich der Gefahrenprognose der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist (vgl. offenlassend: BayVGH, U.v. 26.11.2014 – 10 B 14.1235 – juris, Rn. 20). Denn auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung besteht nach den vorstehenden Ausführungen weiter eine von den Hunden der Antragstellerin ausgehende konkrete Gefahr.
65
Die Antragstellerin ist als Halterin der betreffenden Hunde Zustandsstörerin im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG und entsprechend richtige Adressaten der sicherheitsrechtlichen Anordnung(en).
66
Damit war die Antragsgegnerin grundsätzlich berechtigt, Einzelfallanordnungen gegenüber der Antragstellerin bezüglich der Haltung ihrer Hunde zu erlassen.
67
(bb) Die konkret getroffenen Anordnungen in den Ziffern 2 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids sind nach summarischer Prüfung auch nicht ermessensfehlerhaft (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Antragsgegnerin hat ihr Entschließungs- und Auswahlermessen erkannt und im Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Insbesondere gilt dies für das Auswahlermessen und ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt (Art. 8 LStVG).
68
Entsprechend den vorstehenden Ausführungen – unter (aa) – zum Vorliegen einer konkreten Gefahr erachtet die Kammer die Anordnungen in Ziffern 2 und 3 des Bescheids, soweit dort aufgegeben wird, dass nur ausreichend kräftige und zuverlässige Personen die Hunde der Antragstellerin bis zu deren Abgabe an eine berechtigte Person und in bewohnten Ortsteilen bayernweit mit einer maximal 1,50 m langen reißfesten Leine mit schlupfsicherem Halsband oder Geschirr ausführen dürfen sowie die Hunde ausbruchssicher unterzubringen sind, bereits angesichts der Größe, des Gewichts der Muskel- und Beißkraft sowie des Temperaments der gemeinsamen gehaltenen und in der Regel ausgeführten „M* …“ und „M* …“, als gerechtfertigt, das heißt namentlich als verhältnismäßig an. Nähere Erwägungen der Antragsgegnerin hierzu bedurfte es insoweit nicht.
69
Aber auch im Übrigen begegnen die Anordnungen in den Ziffern 2 und 3 keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Ermessensausübung der Antragsgegnerin.
70
Der Anordnung in Ziffer 2 des Bescheids, wonach bis zur Abgabe an eine berechtigte Person nur ausreichend kräftige und zuverlässige Personen die Hunde der Antragstellerin ausführen dürfen, während es dieser untersagt wird, die beiden Hunden auch einzeln, auszuführen, liegt die zutreffende Annahme der Antragsgegnerin zugrunde, dass die Antragstellerin körperlich nicht in der Lage ist, auch nur einen der beide Hunde so auszuführen, dass sie jederzeit die Kontrolle behält und auf den Hund einwirken kann. Zwar stützt sich die Antragsgegnerin im Rahmen der Ausführungen zur eigentlichen Ermessenausübung vor allem auf den Vorfall vom 24. Januar 2025, bei dem – wie dargestellt ist – nicht hinreichend belegt ist, dass dabei die Antragstellerin beteiligt war. Dies ist indes im Ergebnis unschädlich. Zum einen zeigt der Vorfall auch unter Zugrundelegung der Angaben der Antragstellerin, dass ihre Tochter den Hund ausgeführt habe, dass die Hunde der Antragstellerin, auch einzeln, nur von einer ausreichend kräftigen Person zu kontrollieren sind. Zum anderen ergibt sich die fehlende körperliche Eignung der Antragstellerin zum Ausführen auch nur einer der beiden Hunde aus den weiteren vorgenannten Vorfällen, die von der Antragsgegnerin an verschiedenen Stellen im Bescheid, u.a. unter Inbezugnahme der polizeilichen Auflagen nach Art. 11 PAG, zumindest allgemein erwähnt werden und diesem damit hinreichend erkennbar zugrunde liegen. Entsprechendes gilt für die Feststellungen im Gutachten des Hundesachverständigen vom 11. November 2024 zur fehlenden Eignung der Antragstellerin zur Betreuung und Führung der Hunde. Die Anordnungen in Ziffer 2 sind auch verhältnismäßig, insbesondere sind sie zur Gefahrenabwehr geeignet und erforderlich. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich.
71
Die Anordnung einer Leinenpflicht in Ziffer 3 (Satz 1) bis zur Abgabe an eine berechtigte Person für die im Zusammenhang bebauten sowie bewohnten Ortsteile bayernweit mit einer maximal 1,50 m langen reißfesten Leine mit schlupfsicherem Halsband oder Geschirr, ist geeignet und erforderlich, um sicherzustellen, dass die „M* …“ und „M* …“ ausführende Person jederzeit die Möglichkeit des Einwirkens auf diese hat. Damit ist sie zugleich geeignet, die konkrete Gefahr für Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter durch die Hunde der Antragstellerin zu reduzieren. Die aktenkundigen Vorfälle haben gezeigt, dass die Hunde der Antragstellerin wiederholt unangeleint ausgeführt wurden und bei fehlender Leine auf Dritte zulaufen und diese in Angst versetzen und ihr Verhalten damit Auslöser für unvorhersehbare und unkontrollierten Kettenreaktionen mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit sein können, die Art. 18 LStVG gerade verhindern will. Die Anleinpflicht ist auch erforderlich, da im Ortsbereich kein milderes ebenso wirksames Mittel zur Vermeidung dieser Gefahr ersichtlich ist. Soweit die Antragstellerin nunmehr vorbringt, sie führe ihre Hunde ohnehin immer angeleint, sodass es der Anordnung nicht bedürfe, ist dies als reine Schutzbehauptung zu werten und stellt die Erforderlichkeit der Anordnung zur Gefahrenabwehr, auch da sie sich auf das Ausführen durch andere Personen als die Antragstellerin bezieht, im Übrigen nicht in Abrede. Sie ist ferner angemessen, da das Interesse am Schutz der hochrangingen Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter das Interesse der Antragstellerin am freien Ausführen ihrer Hunde ohne Leine deutlich überwiegt. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass das Ausführen eines Hundes an der Leine keine gravierende Beeinträchtigung des Halters und seines Hundes darstellt. Dabei ist vorliegend gewährleistet, dass der Auslauf der Hunde ohne Leine auf dem Grundstück der Antragstellerin und außerhalb des in Ziffer 3, Satz 1 des angegriffenen Bescheids bezeichneten Bereichs möglich ist. Den Hunden wird somit ein möglichst weitgehender Raum für die Bewegung ohne Leine gelassen. Dass die Anordnung nicht auf das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin beschränkt ist, sondern grundsätzlich bayernweit gilt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil die von den Hunden ausgehende Gefahr, welche die Antragsgegnerin mit der Anordnung abwehren will, nicht an deren gemeindlichen Gebietsgrenze endet (vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2017 – 10 CS 17.405 –,juris, Rn. 3).
72
Nichts anderes gilt vor diesem Hintergrund auch, soweit die Antragsgegnerin in Satz 2 der Ziffer 3 des Bescheids ferner anordnet, dass die Hunde der Antragstellerin bis zur Abgabe im Außenbereich bei Annäherung von Menschen und/oder Tieren rechtzeitig (30 m Entfernung) anzuleinen sind, zumal es vorliegend bereits zu mehren entsprechenden Vorfällen im Außenbereich, insbesondere einem Beißvorfall gegenüber einem Wildschwein und Bedrohungen für Menschen, gekommen ist (vgl. insoweit etwa BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 10 ZB 19.2474 –, juris, Rn. 7).
73
Die Anordnung des Maulkorbzwangs in Ziffer 3 Satz 1 zusätzlich, das heißt kumulativ, zur Leinenpflicht, ist nach summarische Prüfung ebenfalls ermessenfehlerfrei ergangen. Zwar lässt der streitgegenständliche Bescheid im Rahmen der Ausführungen zur Ermessensausübung keine näheren Erwägungen der Antragsgegnerin dahingehend erkennen, weshalb ein zusätzlicher Maulkorbzwang erforderlich ist, wenn die Hunde der Antragstellerin im bebauten Innenbereich ohnehin nur noch von einer ausreichend kräftigen und zuverlässigen Person an einer reißfesten Leine mit 1,50 m Länge geführt werden dürfen. Aus dem Bescheid im Übrigen – und auch der Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung sowie der Antragserwiderung (vgl. § 114 Satz 2 VwGO) – ergibt sich aber (noch) hinreichend, dass die Antragsgegnerin insbesondere angesichts der gemeinsamen Haltung und Ausführung der beiden Hunde der Antragstellerin und der damit verbundenen Gefahrerhöhung sowie der durch die aktenkundigen Vorfälle insgesamt belegten Aktionsdynamik der beiden Hunde und den hierdurch hervorgerufenen Ängsten bei anderen Personen sowie eingetretenen Schäden bei Wild im Außenbereich einen kombinierten Leinen- und Maulkorbzwang zur effektiven Gefahrenabwehr als notwendig erachtet, wie es für eine solche Anordnung nach Art. 18 LStVG erforderlich ist (vgl. BayVGH, B.v. 21.2.2024 – 10 CS 24.190 –, juris, Rn. 14). In ihrer Antragserwiderung verweist die Antragsgegnerin zudem auf den seinerzeit durch die Gemeinde K* … vorbereiteten Bescheid, der entsprechende Anordnungen und Ermessenserwägungen zum kombinierten Leinen- und Maulkorbzwang enthielt. Die Maßnahme ist auch im Ergebnis nicht zu beanstanden, namentlich ist sie nicht unverhältnismäßig. Der Eingriff weist keine gesteigerte Intensität auf, da der Maulkorbzwang nur für den bebauten Innenbereich angeordnet wurde und die Antragstellerin nach eigenen Angaben ohnehin die Hunde vorwiegend im Außenbereich auszuführen beabsichtigt. Auch unter Berücksichtigung von tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten erweist sich die Anordnung als rechtmäßig. Nach § 2 Abs. 1 der Tierschutz-Hundeverordnung ist einem Hund u.a. ausreichend Auslauf im Freien sowie ausreichend Umgang mit der Betreuungsperson zu gewähren. Dies wird durch den Maulkorbzwang nicht berührt. Bei einer entsprechenden Auswahl des Maulkorbs werden Hunde auch nicht in relevanter Weise am Hecheln gehindert (vgl. BayVGH, B.v. 24.5.2022 – 10 CS 22.865 – juris Rn. 10; VG Augsburg, B.v. 10.9.2024 – Au 8 S 24.1635 –, juris, Rn. 49).
74
Die weitere Anordnung in Satz 3 von Ziffer 3, die Hunde bis zur Abgabe an eine berechtigte Person auf dem Privatgrundstück ausbruchssicher unterzubringen, ist dementsprechend ebenfalls nicht zu beanstanden. Ausweislich der Zeugenaussage vom 23. Januar 2025 ist es bereits vorgekommen, dass einer der beiden Hunde frei auf der Straße vor dem Anwesen der Antragstellerin gelaufen und von dieser weggelaufen ist. Diese habe den Hund gerufen, was diesen allerdings nicht interessiert habe. Irgendwann sei die Antragstellerin hinter dem Hund hergelaufen und habe es geschafft, ihn einzufangen. Der Hund hatte demnach offensichtlich Gelegenheit, aus dem Grundstück der Antragstellerin und deren Aufsicht zu entweichen. Den damit verbundenen Gefahren kann durch die grundstückbezogene Anordnung wirksam begegnet werden, wie die Antragsgegnerin zurecht anführt. Angesichts des von den Hunden der Antragstellerin ausgehenden Gefahren für hochrangige Schutzgüter erweist sich die Anordnung insbesondere auch nicht als unverhältnismäßig.
75
Für die Verhältnismäßigkeit der vorgenannten Anordnungen insgesamt spricht nach Auffassung der Kammer schließlich auch, dass es sich um temporäre Maßnahmen von kurzer Dauer handelt, da die Antragstellerin primär nach Ziffer 1 des Bescheids ohnehin zur Abgabe der beiden betreffenden Hunde an einen Berechtigten verpflichtet ist, da sie diese nicht halten darf und hierfür auch keine Erlaubnis erhalten kann. Insofern erfolgen die Anordnungen in den Ziffern 2 und 3 auch zur Reduzierung der zusätzlichen Gefahren, die von der formell illegalen Haltung von Kampfhunden durch hierzu nicht Berechtigte ausgehen. Angesichts der bedrohten hochrangingen Rechtsgüter ist ein Restrisiko nicht hinzunehmen, namentlich nicht ein Restrisiko, dass die beiden Hunde vom Privatgrundstück der Antragstellerin entweichen oder sich auch bei einer kräftigen Person von der Leine im Innenbereich losreißen und – etwa aufgrund einer Fehlreaktion von Passanten oder anderen Hunden – zum Beißen animiert werden.
76
(3) Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Bescheids hinsichtlich der Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung in dessen Ziffer 1 bestehen keine Bedenken und sind von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht. Insbesondere wird (noch) hinreichend erkennbar, dass die Antragsgegnerin das auch ihr insoweit eingeräumte Ermessen erkannt und (fehlerfrei) ausgeübt hat („in ihrer Bedeutung angemessen“).
77
(5) Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 des Bescheids betreffend die Anordnungen in dessen Ziffern 2 und 3 ist dagegen nach summarischer Prüfung insgesamt rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten. Sie verstößt bereits gegen das Bestimmtheitsgebot (Art. 36 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 VwZVG). Ziffer 5 lässt offen, ob das angedrohte Zwangsgeld schon fällig wird, wenn die Antragstellerin gegen die Verpflichtungen aus den Ziffern 2 und 3 des Bescheids für sich genommen verstößt oder, ob dies erst der Fall ist, wenn sie kumulativ gegen sämtliche der dort angeordneten Verpflichtungen verstößt, zumal Ziffer 3 selbst mehrere Verpflichtungen enthält. Unklar ist dabei auch, in welcher Höhe das Zwangsgeld im Falle eines Verstoßes gegen nur eine der Verpflichtungen fällig wird. (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 23.8.2021 – 10 C 21.1944 –, juris, Rn. 4).
78
bb) Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen würde selbst bei der Annahme offener Erfolgsaussichten der Klage betreffend die Ziffern 1 bis 4 des Bescheids eine reine Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin ausgehen. Das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der angeordneten Haltungsuntersagung samt Abgabeverpflichtung und den weiteren Anordnungen überwiegt sowohl unter Berücksichtigung der für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausreichenden „Indizwirkung“ der durch den Sachverständigen vorgenommenen Zuordnung der Hunde als Kampfhunde nach § 1 Abs. 1 KampfhundeV als auch eingedenk des Umstands, dass sich das bei Kampfhunden dieser Kategorie angenommene Gefährdungspotential vorliegend bereits in mehreren Vorfällen realisiert hat, das Interesse der Antragstellerin, „M* …“ und „M* …“ vorläufig weiter halten und (ohne Einschränkungen) unterbringen sowie ausführen zu dürfen (vgl. auch BayVGH, B.v. 12.1.2016 – 10 CS 15.2239 –, juris, Rn. 18; B.v. 25.4.2023 – 10 CS 23.506 –, juris, Rn. 19; VG Augsburg, B.v. 28.2. 2023 – Au 8 S 23.133 –, juris, Rn. 76). Auf die vorstehenden Ausführungen unter (2) (b) (aa) wird insoweit Bezug genommen.
79
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Antragsgegnerin ist mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich Ziffer 5 des Bescheids vom 5. Februar 2025, die auch nicht streitwerterhöhend wirkt, nur zu einem geringen Teil unterlegen.
80
4. Die Streitwertfestsetzung resultiert aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG. Das Gericht orientiert sich an Nr. 35.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach ist bei Anordnungen gegen den Tierhalter vom Auffangwert von 5.000,00 EUR auszugehen, sofern diese – wie hier – nicht einer Gewerbeuntersagung gleichkommen. Nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs war dieser Wert vorliegend zu halbieren (2.500,00 EUR).