Titel:
Öffentliche Urkunde, Grundbuchamt, Miteigentumsanteil, Bayerisches Oberstes Landesgericht, Grundbuchunrichtigkeit, Grundbuchberichtigung, Grundbucheintrag, Nachweis der Unrichtigkeit, Berichtigungsbewilligung, Zwangsversteigerungsverfahren, Unrichtigkeitsnachweis, Zuschlagsbeschluß, Berichtigungsantrag, Befreiter Vorerbe, Erbengemeinschaft, Formerfordernisse, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Eintritt des Nacherbfalls, Nacherbfolge, Nacherben
Normenketten:
BGB § 2111 Abs. 1
GBO § 22 Abs. 1, § 29 Abs. 1
Leitsatz:
Der Erwerb mit Mitteln der Erbschaft im Sinne von § 2111 Abs. 1 BGB ist auch im Falle einer Kettensurrogation lückenlos in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nachzuweisen.
Schlagworte:
Grundbuchberichtigung, Nacherbfolge, Surrogatserwerb, Kettensurrogation, Unrichtigkeitsnachweis, Beschwerdeverfahren, Geschäftswertfestsetzung
Fundstellen:
FDErbR 2025, 006010
BeckRS 2025, 6010
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 27.2.2025 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 600.000 € festgesetzt.
Gründe
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Der Beteiligte begehrt seine Eintragung als Miteigentümer von Grundbesitz.
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Als Eigentümer des Grundstücks T.-Str. 3, 5 war im Grundbuch Ed. K. eingetragen. Nach dessen Tod wurden am ... 1997 E. K. und eine weitere Person als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragen. Bezüglich des Anteils der E. K. war Nacherbfolge unter anderem für den Fall von deren Tod angeordnet und im Grundbuch vermerkt. Als Nacherbe war der Beteiligte benannt. Die Erbengemeinschaft wurde im Zwangsversteigerungsverfahren durch Zuschlagsbeschluss vom 10.12.1998 auseinandergesetzt.
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Am 11.9.2000 wurde E. K. als Eigentümerin des Grundstücks R.-K.-Str. 25 eingetragen.
4
E. K. verstarb am ... 2021.
5
Mit Schreiben vom 18.7.2024 beantragte der Beteiligte, das Grundbuch dahingehend zu berichtigen, dass er als Miteigentümer des Grundstücks R.-K.-Str. 25 zu 583,07/1.000 eingetragen werde, und stimmte gemäß § 22 Abs. 2 GBO zu. Er trug vor, der Kaufpreis habe 1.440.000 DM betragen. 857.900 DM hiervon seien aus dem Erlösanteil der E. K. aus der Zwangsversteigerung aufgebracht worden. Als Nachweis legte der Beteiligte neben dem Zuschlagsbeschluss und dem Erbschein, der ihn nach Eintritt des Nacherbfalls als Alleinerben des Ed. K. ausweist, eine Kostenrechnung sowie mehrere Kontoauszüge und Überweisungsbelege vor. Der restliche Anteil der Anschaffungskosten sei mittelbar ebenfalls aus Surrogationsmitteln beglichen worden, dies werde jedoch im Wege der Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB gerichtlich verfolgt werden. Gegenstand des Antrags sei der im Wege des grundbuchlichen Unrichtigkeitsnachweises nach § 22 Abs. 1 GBO belegbare Miteigentumsanteil.
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Das Grundbuchamt wies den Antrag mit Beschluss vom 27.2.2025 zurück. Die Kaufurkunde enthalte keinerlei Hinweise darauf, das ein Surrogatserwerb aus Mitteln des Nachlasses des Ed. K. durch die Vorerbin E. K. erfolgt sei. Ebenso sei auch kein Vermerk über die Nacherbfolge im Grundbuch eingetragen worden. Weder aus dem Grundbucheintrag selbst noch aus den in den Grundakten befindlichen Urkunden und Nachweisen ergebe sich folglich eine Zugehörigkeit des Objekts zum Nachlass des Ed. K. Die im Berichtigungsantrag gemachten Angaben und Ausführungen samt Anlagen würden keinen Unrichtigkeitsnachweis in grundbuchtauglicher Form des § 29 GBO darstellen. Ein Surrogatserwerb könne nicht belegt werden.
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Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde vom 4.3.2025. Für den Unrichtigkeitsnachweis gemäß § 22 GBO gelte nicht die Anforderung des § 29 GBO, sondern der Freibeweis, ebenso wie dieser ausreiche, um die Entgeltlichkeit der Verfügung des befreiten Vorerben zu belegen (DNotI-Report 5/2018).
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Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 19.3.2025 der Beschwerde nicht abgeholfen. Ein Freibeweis sei für die vorliegend begehrte Eintragung nicht zulässig.
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Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Behebung einer nachträglich eingetretenen Grundbuchunrichtigkeit die unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft (Senat NJOZ 2016, 445; Bauer/Schaub/Sellner GBO 5. Aufl. § 71 Rn. 68; Hügel/Holzer GBO 5. Aufl. § 22 Rn. 100).
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2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
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a) Liegt – wie hier – keine Berichtigungsbewilligung nach § 19 GBO vor, so bedarf es gemäß § 22 Abs. 1 GBO des Nachweises der Unrichtigkeit. Unrichtig in diesem Sinne ist das Grundbuch nach der Vorgabe des § 894 BGB dann, wenn die dort verlautbarte von der wirklichen Rechtslage abweicht (Senat NJOZ 2016, 1194; Bauer/Schaub/Schäfer § 22 Rn. 38; Hügel/Holzer § 22 Rn. 25). Der Nachweis der Unrichtigkeit ist grundsätzlich in der Form des § 29 Abs. 1 GBO, also durch öffentlich beglaubigte oder öffentliche Urkunden zu führen. Damit soll verhindert werden, dass am Berichtigungsverfahren nicht beteiligte Personen Schaden erleiden. Ferner soll den Gefahren begegnet werden, die aus einer unrichtigen Eintragung für den öffentlichen Glauben des Grundbuchs erwachsen könnten. Der Nachweis ist deshalb auch dann in der Form des § 29 Abs. 1 GBO zu erbringen, wenn dies im Einzelfall schwierig, unzumutbar oder gar unmöglich ist (BayObLG Rpfleger 1984, 463; Bauer/Schaub/Schäfer § 22 Rn. 175; Hügel/Holzer § 22 Rn. 65).
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b) Danach hat hier der Beteiligte durch öffentlich beglaubigte oder öffentliche Urkunden den Nachweis zu führen, dass E. K. als Vorerbin den verfahrensgegenständlichen Miteigentumsanteil mit Mitteln der Erbschaft erworben hatte und dieser somit dem Beteiligten als Nacherben im Wege der Kettensurrogation (MüKoBGB/Lieder 9. Aufl. § 2111 Rn. 10) gemäß §§ 1922, 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB angefallen ist. Die Kostenrechnung sowie die Kontoauszüge und Überweisungsbelege, die er vorgelegt hat, sind allerdings nur einfache Schriftstücke und genügen deshalb dem strengen Formerfordernis des § 29 Abs. 1 GBO nicht.
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c) Von diesem Erfordernis hier eine Ausnahme zuzulassen, ist im Hinblick auf dessen unter a) dargelegten Zweck nicht angezeigt. Insbesondere sind die Erwägungen, die bei einer Verfügung des befreiten Vorerben über einen Nachlassgegenstand im Hinblick auf § 2113 Abs. 2 BGB zu einer Nachweiserleichterung betreffend die Entgeltlichkeit führen, nicht auf den hiesigen Fall übertragbar. Denn bei der Entgeltlichkeit einer Verfügung und dem Surrogatserwerb handelt es sich um gänzlich verschiedene Gegenstände. Insbesondere liegt bei der Verfügung über ein Nachlassgrundstück im Sinne von § 2113 Abs. 2 BGB regelmäßig wegen § 925 Abs. 1 BGB, § 20 GBO eine Urkunde in der in § 29 Abs. 1 GBO vorgeschriebenen Form vor, die unmittelbar das zugrundeliegende Rechtsgeschäft betrifft und anhand derer das Grundbuchamt die Frage der Entgeltlichkeit prüfen kann. So führt auch das Bayerische Oberste Landesgericht in einer grundlegenden Entscheidung aus, man könne nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgehen, dass ein Geschäft, das sich nach seiner urkundlichen Fassung als entgeltlich kennzeichne, nicht Schein, sondern Wirklichkeit sei (BayObLGZ 1956, 54/61). Die Nachweiserleichterung beschränkt sich im Ergebnis auf die bloße Beseitigung von Zweifeln an der Entgeltlichkeit (OLG Düsseldorf ErbR 2022, 162/165; OLG Frankfurt a. M. NJOZ 2012, 643/644). Demgegenüber fehlt es in der vorliegenden Konstellation schon per se an einer hinreichenden Prüfungsgrundlage in der durch § 29 Abs. 1 GBO vorgeschriebenen Form. Ein insoweit formgerechter Nachweis liegt allenfalls für die Versteigerung des Grundstücks T.-Str. 3, 5 und den dabei erzielten Erlös vor. Dass letzterer in der Folge gerade für den Erwerb des verfahrensgegenständlichen Grundstücks R.-K.-Str. 25 verwendet wurde, ist hingegen nicht einmal ansatzweise durch öffentlich beglaubigte oder öffentliche Urkunden belegt. Es sind somit nicht nur Zweifel zu beseitigen, vielmehr liegt eine Lücke in der Nachweiskette vor. Das Grundbuchamt hat daher mit Recht den Berichtigungsantrag zurückgewiesen. Der vorherige Erlass einer Zwischenverfügung war nicht geboten, da nicht ersichtlich ist, wie der Nachweis, dass die zum Erwerb des verfahrensgegenständlichen Grundstücksanteils verwendeten Mittel dem Versteigerungserlös entstammten, zur Gänze in der durch § 29 Abs. 1 GBO vorgeschriebenen Form geführt werden könnte. Die Möglichkeit, im Zivilprozess auch insoweit eine Berichtigungsbewilligung nach § 894 BGB zu erstreiten, bleibt dem Beteiligten unbenommen. Er ist somit nicht bar jeglichen Rechtsschutzes.
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3. Ein Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht erforderlich, weil der Beteiligte diese gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG bereits kraft Gesetzes zu tragen hat.
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4. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1 GNotKG. Zugrundezulegen ist gemäß § 46 Abs. 1 GNotKG der Verkehrswert des verfahrensgegenständlichen Grundstücksanteils. Ausgehend von dem beim Erwerb im Jahr 2000 auf diesen entfallenden Betrag von 857.900 DM schätzt der Senat den aktuellen Verkehrswert auf bis zu 600.000 €.
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5. Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO besteht nicht.