Titel:
Baugenehmigung für eine Ferienapartmentanlage mit Garage, angrenzende Waldfläche, Baumwurfgefahr
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
Schlagworte:
Baugenehmigung für eine Ferienapartmentanlage mit Garage, angrenzende Waldfläche, Baumwurfgefahr
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 22.07.2024 – RN 6 K 21.2291
Fundstelle:
BeckRS 2025, 5862
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger wendet sich als Eigentümer mehrerer Grundstücke, u.a. eines Waldgrundstücks, gegen eine der Beigeladenen erteilte Genehmigung für den Bau einer Ferienapartmentanlage mit Garage.
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Das Verwaltungsgericht hat seine entsprechende Klage abgewiesen. Der Kläger werde durch die erteilte Baugenehmigung nicht in seinem Schutz dienenden Rechten verletzt und könne sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Er ist der Meinung, das Urteil des Verwaltungsgerichts unterliege ernstlichen Zweifeln hinsichtlich seiner Richtigkeit, die Rechtssache weise besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf und habe grundsätzliche Bedeutung. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Auffassung, die geltend gemachten Zulassungsgründe seien nicht dargelegt. Die Beigeladene hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen und sich inhaltlich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Mit nachvollziehbarer Begründung ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, die seitens des Klägers angefochtene Genehmigung einer Ferienapartmentanlage auf dem an seine Waldfläche angrenzenden Grundstück beeinträchtige weder seinen sog. Gebietserhaltungsanspruch, noch verletze sie ihn anderweitig in eigenen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Vortrag im Zulassungsverfahren, auf dessen Darlegungen sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), gibt keinen Anlass, von dieser rechtlichen Beurteilung abzuweichen:
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Soweit der Kläger im anhängigen Zulassungsverfahren erstmals geltend macht, das Verwaltungsgericht „verkenne das Risiko einer Baumwurfgefahr“ und er sehe sich infolge des Bauvorhabens „möglicherweise steigenden Haftungsrisiken“ sowie „umfangreicheren Verkehrssicherungspflichten“ ausgesetzt, was „einen Rücksichtnahmeverstoß begründen kann“ verhilft dies seinem Antrag auf Zulassung der Berufung nicht zum Erfolg. In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist geklärt, dass ein an einen Waldrand „heranrückendes“ Gebäude aufgrund der Gefahr umstürzender Bäume a u s n a h m s w e i s e allenfalls dann zulasten eines benachbarten Waldeigentümers wegen Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot bauplanungsrechtlich unzulässig sein kann, wenn eine ganz konkrete, nicht jedoch bloß abstrakte Baumwurfgefahr besteht (BayVGH B.v. 29.10.2020 – 15 ZB 20.469 – juris Rn. 13 mit zahlreichen Nachweisen zur Rspr.). Eine solche konkrete Gefahr ist in Anlehnung an den sicherheitsrechtlichen Gefahrenbegriff des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG anzunehmen, wenn ein Schaden bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im konkret zu beurteilenden Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintritt; die bloße Möglichkeit eines schädigenden Ereignisses aufgrund eines hypothetischen Sachverhalts genügt nicht (BayVGH aaO.). Eine solche Gefahr zeigt der Kläger mit seinem Hinweis auf ein lediglich „möglicherweise steigendes Haftungsrisiko“ nicht auf.
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Der weitere Einwand des Klägers, das Vorhaben „beeinträchtige die Erschließungssituation bzw. die forstwirtschaftliche Nutzbarkeit seiner Grundstücke ggf. in unzumutbarer Weise“, ist nicht hinreichend substantiiert und auch anhand der eingereichten Planunterlagen nicht nachvollziehbar. Seine bloße Behauptung, die Genehmigung sei „in nachbarrechtlicher Hinsicht unbestimmt“, lässt ebenfalls nicht erkennen, in welcher Hinsicht dies der Fall sein sollte. Schließlich lässt sein Vorbringen, er könne „möglicherweise den Gebietserhaltungsanspruch zu seinen Gunsten ins Feld führen“ jegliche Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen ausführlichen Darlegungen des Verwaltungsgerichts vermissen (vgl. zu diesem Erfordernis: Happ ihn Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 a Rn. 63).
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2. Die Berufung ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist der Sachverhalt geklärt und die aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich ohne weiteres anhand der einschlägigen Vorschriften beantworten.
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3. Die Rechtssache hat auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 – 5 B 1.19 D – juris Rn. 2 m.w.N.; B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v. 10.1.2025 – 15 ZB 24.705 – juris Rn. 17). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
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Gemessen daran ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hier nicht dargelegt. Der Kläger behauptet zwar, „Grundsatzbedeutung kann der Entscheidung dahingehend zu kommen, als ersichtlich ober- und höchstrichterlich noch nicht abschließend über die Frage entschieden, in welchem Fall ein Verstoß gegen das baunachbarliche Rücksichtnahmegebot in Fällen von Baumwurfgefahr und nicht vollziehbarer Genehmigung tatsächlich gegeben ist“, formuliert damit aber keine entsprechend konkrete und verständliche Rechts- oder Tatsachenfrage. Im Übrigen ist das insoweit aufgeworfene Thema ersichtlich nur anhand der Umstände des Einzelfalls, nicht jedoch grundsätzlich und fallübergreifend zu klären.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladene hat sich im Zulassungsverfahren geäußert, es entspricht deshalb der Billigkeit, dass sie ihre hierdurch entstandenen Aufwendungen erstattet erhält, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013) und entspricht der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).