Inhalt

VGH München, Beschluss v. 31.03.2025 – 11 C 23.1073
Titel:

Ablehnung der der Genehmigung zum Mietwagenverkehr

Normenketten:
VwGO § 166
PBefG § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 49 Abs. 4, § 54a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 2
PBZugV § 1 Abs. 1 S. 1, S. 2
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 1 S. 2, § 117 Abs. 2 S. 1, § 118 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, Abs. 4 S. 2
Leitsätze:
1. Wird Prozesskostenhilfe von Personen beantragt, die, nach ihren Angaben keine Sozialhilfe beziehen, muss dargelegt und glaubhaft gemacht werden, wie der Lebensunterhalt finanziert wird. Auch freiwillige Zuwendungen Dritter sind nach der umfassenden Definition des § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO grundsätzlich dem Einkommen hinzuzurechnen, wenn sie regelmäßig und in nennenswertem Umfang gewährt werden, wobei bei freiwilligen Leistungen Dritter etwa eidesstattliche Versicherungen der Dritten über Umfang und Grund der Hilfeleistung vorgelegt werden müssen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt es regelmäßig, dass die Erfolgsaussichten offen sind oder es entscheidungserheblich auf schwierige Rechtsfragen ankommt, die höchstrichterlich noch nicht geklärt sind. Hinreichende Erfolgsaussichten liegen allerdings dann nicht vor, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist oder konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Da die berücksichtigungsfähigen Anhaltspunkte in § 1 Abs. 1 S. 2 PBZugV nicht abschließend geregelt sind, ist für die an dem Gesamtverhalten und der Persönlichkeit des Betroffenen auszurichtende Zuverlässigkeitsprognose bei der Genehmigung für den Verkehr mit Mietwagen  maßgeblich, ob dieser willens und in der Lage ist, die einschlägigen Vorschriften zu beachten, wobei wegen der ihm anvertrauten Schutzgüter ein strenger Maßstab anzulegen ist und sich die Annahme der Unzuverlässigkeit auch aus einer Häufung von im Einzelnen nicht so schwerwiegenden Verstößen ergeben kann. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Kommt der Betreffende seiner sich aus § 54a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 PBefG ergebenden Mitwirkungspflicht nicht in angemessenem Umfang nach, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre, reduziert sich die Aufklärungspflicht der Behörde und darf dem im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung getragen werden. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Halterhaftung für die Kosten eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens beinhaltet keine Haftung für gegen den Fahrer verhängte Verwarnungs- und Bußgelder und stellt keine Sanktion dar. Vielmehr handelt es sich um eine bloße Kostenregelung, die subsidiär erst nach ergebnisloser Beendigung eines Bußgeldverfahrens durch Einstellung oder Freispruch zur Anwendung kommt und dann die allgemeinen Kostenregelungen nach Einstellung und Freispruch verdrängt. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Genehmigung zum Verkehr mit Mietwagen, Versagung wegen Unzuverlässigkeit, Glaubhaftmachung der wirtschaftlichen Bedürftigkeit im Prozesskostenhilfeverfahren, Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der eingereichten Unterlagen, Mietwagenverkehr, Genehmigung, Ablehnung, persönliche Zuverlässigkeit, Prozesskostenhilfe, Nachweispflicht, Einkommen, Erfolgsaussicht, Mitwirkungspflicht, Aufklärungspflicht, Verstöße, Halterhaftung, Sanktion, Beweiswürdigung, Unzuverlässigkeit
Vorinstanz:
VG München, Entscheidung vom 15.05.2023 – M 23 K 21.2173
Fundstelle:
BeckRS 2025, 5851

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
1
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für eine auf Erteilung der Genehmigung zum Mietwagenverkehr gerichtete Klage.
2
Seit 1. Juli 2014 war er bei der Beklagten mit dem An- und Verkauf und der Vermittlung von Kraftfahrzeugen, der Vermietung von Kraftfahrzeugen an Selbstfahrer und der Vermittlung von Reiseveranstaltungen und zudem seit 1. April 2015 mit der Durchführung von Gütertransporten mit Kraftfahrzeugen (bis 3,5 t) gewerberechtlich gemeldet.
3
Am 10. April 2019 beantragte er bei der Beklagten unter Vorlage einer Bescheinigung über die fachliche Eignung für den Verkehr mit Taxen und Mietwagen die Erteilung einer Genehmigung zum Mietwagenverkehr für zwei Fahrzeuge.
4
Aus einer Auskunft aus dem Fahreignungsregister vom 7. Mai 2019 ergaben sich folgende Einträge für den Kläger:
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Tat vom 9. September 2015: Nichteinhaltung des erforderlichen Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug (2 Punkte, 160,- EUR Geldbuße, 1 Monat Fahrverbot)
6
Tat vom 30. August 2017: Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 21 km/h (1 Punkt, 80,- EUR Geldbuße)
7
Tat vom 18. Oktober 2017: Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 29 km/h (1 Punkt, 100,- EUR Geldbuße)
8
Nach einer polizeilichen Auskunft vom 17. Mai 2019 hatte das Amtsgericht Erding den Kläger am 27. November 2001 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern (Tatzeit 17.4.2001; § 177 Abs. 1 Nr. 1, § 176 Abs. 1 StGB) zu einer Haftstrafe von 13 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt worden war.
9
Wegen Hinweisen auf eine Missachtung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften führte die Beklagte am 26. Juni 2019 eine Betriebsprüfung am damaligen Wohnort des Klägers durch. Nach seinen Angaben führt er die Geschäfte als Einzelunternehmer ohne Angestellte und hat auch in der Vergangenheit keine Angestellten beschäftigt. Für die Transporttätigkeit (Gepäcktransport) halte er keine eigenen Fahrzeuge, da sich dies aufgrund der wechselhaften Auftragslage nicht lohne. Die Beförderungsaufträge habe ihm im Regelfall die L. R. Service GmbH vermittelt. Die Zusammenarbeit mit dieser habe er allerdings vor ca. einem Jahr wegen Zahlungsschwierigkeiten der Auftraggeberin beendet. Im Prüfungsbericht vom 4. Juli 2019 ist festgehalten, dass der Kläger den Betriebsprüfern nur Einsicht in einzelne Dokumente und augenscheinlich nicht in die gesamte Rechnungsführung gewährt hat. Bei der Durchsicht weiterer Unterlagen seien zahlreiche an den Kläger adressierte Bußgeldbescheide gefunden worden. Hierzu habe der Kläger erklärt, bei geringeren Verstößen übernehme er die Zahlung selbst, bei größeren Verstößen lasse er sich die Bußgeldforderung im Nachhinein bar erstatten. Belege gebe es keine. Im Zeitraum vom 11. Januar bis 21. Dezember 2018 seien aus den Unterlagen insgesamt 153 Verstöße erkennbar. 59 Ordnungswidrigkeiten habe direkt eine Überweisung zugeordnet werden können. Bei 18 Ordnungswidrigkeiten sei keine entsprechende Überweisung ersichtlich; für 76 Überweisungen gebe es keinen Bußgeldbescheid. Unterlagen über andere Jahre seien nicht vorgelegt worden. Die Verstöße seien sowohl im In- als auch im Ausland begangen worden. Es sei nicht erkennbar, welche im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit und welche seitens der Kunden verwirklicht worden seien. Mangels Belegen für entsprechende Rückvergütungen sei davon auszugehen, dass solche, wenn überhaupt, nur äußerst selten stattfänden.
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Mit Bescheid vom 17. Juli 2019 verlängerte die Beklagte die Entscheidungsfrist bis 16. September 2019. Mit Schreiben vom 27. August 2019 hörte sie den Kläger zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags an. Zur Verlängerung der Frist zur Stellungnahme verzichtete der Kläger am 11. September 2019 auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion und vereinbarte mit der Beklagten eine Verlängerung der Entscheidungsfrist bis 15. Oktober 2019.
11
Mit Bescheid vom 2. Oktober 2019 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Genehmigung zum Mietwagenverkehr wegen Fehlens der persönlichen Zuverlässigkeit ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 18. März 2021 zurück.
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Am 22. April 2021 ließ der Kläger beim Verwaltungsgericht München Klage auf Erteilung der beantragten Genehmigung erheben und hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten beantragen.
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Dies lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. Mai 2023 ab. Bei Würdigung seines Gesamtverhaltens und der darin zum Ausdruck kommenden Persönlichkeit sei der Kläger aller Voraussicht nach als unzuverlässig im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG anzusehen, was der Erteilung einer Genehmigung zum Mietwagenverkehr entgegenstehe. Auch wenn die Verurteilung aus dem Jahre 2001 nicht mehr verwertet werden könne, habe die Beklagte bei der Betriebsprüfung am 26. Juli 2019 zahlreiche Verstöße und nicht zu vernachlässigendes Fehlverhalten festgestellt. In Zusammenschau mit den vom Kläger unstreitig verwirklichten Verkehrsordnungswidrigkeiten ergebe sich hieraus eine negative Prognose bezüglich der Zuverlässigkeit im personenbeförderungsrechtlichen Sinn. Aus den zwischen September 2015 und Oktober 2017 verwirklichten Verkehrsordnungswidrigkeiten ergebe sich ein gewisser Anhalt dafür, dass es der Kläger mit der Einhaltung von verkehrsrechtlichen Bestimmungen nicht so genau nehme und sich Bußgelder und weitere Sanktionen nicht zur Warnung dienen lasse. Ein Hang zur Missachtung der Rechtsordnung speise sich aber vor allem aus der Feststellung, dass er in 153 Fällen in einem Zeitraum von nicht einmal einem Jahr Adressat von Verwarnungs- und Bußgeldern gewesen sei und diese größtenteils auch selbst getilgt habe. Es sei nicht auszuschließen, dass diese auch durch ihn selbst verwirklichte Verkehrsordnungswidrigkeiten im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit betroffen hätten. Auch wenn der Kläger Verwarnungs- und Bußgelder für ein Fehlverhalten seiner Kunden übernommen habe, sei darin eine gewisse Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung zu sehen. Im Lichte der durch ihn bei der Betriebsprüfung gemachten Aussagen und des Umfangs der wirklichen Verwarnungs- und Bußgelder mute es faktisch als „Quasi-Geschäftsmodell“ an, wenn ein Vermieter von Mietwägen Verstöße seiner Kunden gegen das Straßenverkehrsrecht gewissermaßen in die Kalkulation mit einpreise, um damit die Kunden bestmöglich vor (finanziellen) Sanktionen abzusichern; zumal der Kläger auch nicht nachgewiesen habe, dass er die Kunden regelmäßig in Regress genommen habe. Vielmehr habe er auf Vorhalt darauf verwiesen, dass die Übernahme der finanziellen Sanktionen zur Kundenbindung erforderlich sei. Damit werde der Missachtung der verkehrsordnungsrechtlichen Bestimmungen Vorschub geleistet. Eine derart pauschale Übernahme von Verwarnungs- und Bußgeldern sei im Hinblick auf den mit dem Straßenverkehrsrecht beabsichtigten Schutzzweck nicht hinnehmbar. Insoweit dürfte sich auch aus der Regelung des § 25a StVG keine andere Wertung ergeben, sofern – wie augenscheinlich hier – gewissermaßen im Vorhinein eine pauschale Übernahme durch einen Mietwagenunternehmer erfolge, zumal in diesen Fällen der Kfz-Führer anhand des jeweiligen Mietvertrags ermittelbar wäre. Dass der Kläger angeblich andere Sanktionen (Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister, Fahrverbote) unter Nennung des Kfz-Mieters den zuständigen Behörden dargetan habe, habe er zu keinem Zeitpunkt substantiiert dargelegt oder nachgewiesen. Auf die Rechtsprechung zur Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 StGB im Falle der kollusiven Fahrertäuschung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten werde hingewiesen. Auch sei die Annahme nicht zu beanstanden, dass weiter gegen die Zuverlässigkeit des Klägers spreche, dass er seinen Mitwirkungspflichten bei der Betriebsprüfung nicht Genüge getan habe. Er habe eine verhältnismäßig einfache Frage, nämlich, ob er aktuell oder in der Vergangenheit Fahrer beschäftigt habe, wahrheitswidrig verneint und dies u.a. mit Sprachbarrieren zu begründen versucht. Auch sein Unvermögen, bei der bereits einen Monat zuvor angekündigten Betriebsprüfung wesentliche Unterlagen vorzulegen, spreche dafür, dass er seinen personenbeförderungsrechtlichen Pflichten nicht vollumfänglich nachkomme.
14
Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Die Beklagte, die Widerspruchsbehörde und das Verwaltungsgericht hätten die personenbeförderungsrechtliche Zuverlässigkeit des Klägers jeweils mit einer anderen Begründung verneint. Mit der Begründung des Verwaltungsgerichts habe der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedoch nicht abgelehnt werden können. Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung bestehe, wenn das Gericht den Standpunkt des Antragstellers aufgrund dessen eigener Sachdarstellung und der von ihm ggf. eingereichten Unterlagen für zutreffend und zumindest vertretbar halte und in tatsächlicher Hinsicht zumindest von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt sei. Allgemein sei für die Entscheidung über Prozesskostenhilfe eine hinreichende Erfolgsaussicht insbesondere dann anzunehmen, wenn eine Beweisaufnahme auch nur ernsthaft in Betracht zu ziehen sei. Lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehe, sei es verfassungsrechtlich geboten, diesem Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Soweit das Verwaltungsgericht den Hang zur Missachtung der Rechtsordnung daraus ableite, dass der Kläger in 153 Fällen innerhalb von elf Monaten Adressat von Verwarnungs- und Bußgeldern gewesen sei und diese größtenteils selbst getilgt habe, sei auszuführen, dass der Kläger keinesfalls „Adressat“ von 153 Verwarnungs- und Bußgeldern gewesen sei. In 76 Fällen seien Überweisungen des Klägers ohne Bescheide festgestellt worden. Darüber hinaus habe er einige Vorfälle beschrieben, wonach er Adressat der Anhörungsschreiben gewesen sei, da er die entsprechenden Kraftfahrzeuge von größeren Mietwagenunternehmen selbst angemietet und an Kunden aus dem arabischen Raum weitervermietet habe. Weiter sei vollkommen unklar, weshalb nicht auszuschließen sein solle, dass es sich bei den an den Kläger adressierten Bescheiden jedenfalls zum Teil auch um durch ihn selbst verwirklichte Verkehrsordnungswidrigkeiten im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit handeln könnte. Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei entscheidend, dass das Gericht den Standpunkt des Antragstellers aufgrund dessen eigener Sachdarstellung und der von ihm ggf. eingereichten Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar halte. In diesem Zusammenhang sei im Übrigen ebenfalls völlig unklar, welche Folgen diese nicht auszuschließende eigene Verwirklichung der Verkehrsordnungswidrigkeit durch den Kläger haben solle. Bei den „Taten“ handele es sich beispielsweise um Parkverstöße oder geringe Geschwindigkeitsüberschreitungen. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass eine teilweise (in welcher Größenordnung auch immer) eigene Verwirklichung von Parkverstößen o.ä. eine Unzuverlässigkeit im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG nach sich ziehen solle. Soweit das Gericht die Unzuverlässigkeit des Klägers mit der Übernahme von Verwarnungs- und Bußgeldern für Verkehrsverstöße seiner Kunden begründe, sei eine „gewisse“ Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung nicht mit „schweren Verstößen“ gleichzusetzen, die von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. c PBZugV vorausgesetzt würden. Unverständlich seien die Ausführungen zum „Quasi-Geschäftsmodell“ des Klägers. Dieser habe mehrfach dargelegt, dass er die Zahlungen deswegen übernommen habe, um die Geschäftsbeziehung mit dem Hauptvermieter nicht zu gefährden. Die Kunden stammten aus dem arabischen Raum und mieteten die Fahrzeuge während ihrer Besuche in Deutschland. Eine Geltendmachung der Verwarnungsgelder in Ländern wie Katar oder Kuwait wäre kaum realisierbar gewesen und die Hauptvermieter hätten die ihnen hierdurch entstehenden Kosten vom Kläger gefordert. Daran ändere auch nichts, dass der Kläger bei anderen als finanziellen Konsequenzen die Identitäten der Fahrer weitergereicht habe. Weshalb er sich hier widersprüchlich verhalten haben solle, erschließe sich nicht. Es sei ihm ersichtlich nicht darum gegangen, die Kunden vor finanziellen Sanktionen bei Verstößen gegen das Straßenverkehrsrecht abzusichern. Dies wäre mit dem praktizierten „Geschäftsmodell“ auch nicht sinnvoll möglich. Der Kläger müsste in Konkurrenz zu anderen Mietwagenunternehmen den Kunden derart hohe Beiträge in Rechnung stellen, damit er sämtliche potentiellen finanziellen Sanktionen der Fahrer ausreichend einpreisen könnte, dass kein Kunde bei ihm anmieten würde. Im Übrigen dürften auch andere Mietwagenunternehmen Kosten im Zusammenhang mit Verkehrsverstößen ihrer Kunden „einpreisen“, da auch für sie das Risiko bestehe, für bestimmte Kosten in Anspruch genommen zu werden, ohne diese mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand von ihren Kunden regressieren zu können. In Deutschland könne sich eine derartige „Halterhaftung“ etwa aus § 25a StVG ergeben; in anderen europäischen Ländern komme sogar eine Halterhaftung für die Verwarnungsgelder selbst in Betracht. Es dürfte völlig lebensfern sein, dass Mietwagenunternehmen dieses finanzielle Risiko bei der Preisgestaltung außer Acht ließen. Ein gesetzwidriges „Geschäftsmodell“ könne hierin nicht gesehen werden. Im Übrigen sei völlig unklar, gegen welche konkreten Vorschriften der Kläger durch sein Verhalten in schwerer Weise verstoßen haben solle. § 25a StVG zeige, dass die Übernahme fremder Verwarnungs- und Bußgelder nicht gesetzeswidrig sei. Eine Unterstellung eines mutmaßlich auf die regelmäßige und systematische Untergrabung des Schutzzwecks der Verhängung von Verwarnungs- und Bußgeldern gerichteten „Quasi-Geschäftsmodells“ stelle keinen Versagungsgrund für die begehrte Genehmigung und erst recht nicht für die beantragte Prozesskostenhilfe dar. Die vom Kläger zwischen September 2015 und Oktober 2017 verwirklichten Verkehrsverstöße fielen nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts „nicht so stark ins Gewicht“ und begründeten keinen schweren Verstoß im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. c PBZugV. Im Übrigen sei hinsichtlich aller drei Eintragungen die Tilgungsfrist nach § 29 Abs. 1 StVG längst überschritten. Was die dem Kläger vorgeworfenen unzureichenden bzw. wahrheitswidrigen Angaben in der Betriebsprüfung angehe, sei zur Klärung eine Beweisaufnahme erforderlich. Der Kläger gehe weiterhin davon aus, dass er von den Betriebsprüfern gefragt worden sei, ob er aktuell Arbeitnehmer beschäftigt habe, was er wahrheitsgemäß verneint habe. Wie bereits ausgeführt, habe der Kläger darüber hinaus keinerlei Vorteile von der vorgeworfenen Falschaussage im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Arbeitnehmern. Die Frage habe die gewerblichen Tätigkeiten außerhalb des Personenbeförderungsgesetzes betroffen. Daran ändere auch nichts, dass die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise davon ausgegangen sei, dass der Kläger unerlaubt Personenbeförderung betrieben habe. Vielmehr habe sie es nach Vorlage der entsprechenden Meldungen zur Sozialversicherung nicht für notwendig erachtet, die Beschäftigten zum Thema Personenbeförderung zu befragen. Die Beklagte habe vielmehr jegliche Aussagen der Arbeitnehmer des Klägers als Gefälligkeitsaussagen abgetan. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 29. Januar 2024 ließ der Kläger vortragen, er erziele aktuell keine Einnahmen aus Gewerbebetrieb. Er habe das Gewerbe bereits Ende 2020 abgemeldet. Seit dem Jahr 2023 vermiete er Räume der von ihm und seiner Familie bewohnten Immobilie über die Plattform Airbnb.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
17
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das noch in erster Instanz anhängige Klageverfahren ist bereits nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 4 Satz 2 ZPO abzulehnen, weil der Kläger seine geltend gemachte wirtschaftliche Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht und die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der eingereichten Unterlagen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht ausgeräumt hat.
18
Mit richterlichem Hinweis vom 28. November 2023 hat der Berichterstatter den Kläger gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 2, 3 ZPO aufgefordert, seine diesbezüglichen Angaben mit nachvollziehbaren Belegen glaubhaft zu machen, und ihn über die Rechtsfolgen belehrt, wenn er dem nicht nachkommt. Nach den aktualisierten Angaben des Klägers vom Dezember 2023 blieben nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen monatlich rund 165,- EUR übrig, wobei die Ausgaben wiederum nur unvollständig belegt sind. Insbesondere lassen sich die Beträge, die jeden Monat auf die Darlehen für das Einfamilienhaus gezahlt werden, aus den vorgelegten Kontounterlagen nicht nachvollziehen. Damit besteht weiterhin der Verdacht, dass es weitere Konten gibt, wie das aus der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 14. September 2023 auch noch ersichtlich war. In der Formularerklärung vom 20. Dezember 2023 wird nur noch ein Konto aufgeführt.
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Soweit der Kläger vortragen ließ, er lebe mit seiner fünfköpfigen Familie von Barzahlungen seiner im Ausland lebenden Eltern, hat er diese weder der Höhe, dem Leistungszeitpunkt und der Häufigkeit nach dargelegt noch die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderlichen Belege beigebracht. Auf das verfahrensrechtliche Erfordernis des § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO muss ein anwaltlich vertretener Kläger nicht hingewiesen werden (OVG NW, B.v. 20.8.2014 – 18 E 953/13 – juris Rn. 4 f. m.w.N.; Wache in MünchKomm zur ZPO, 7. Aufl. 2025, § 117 Rn. 36). Zudem hat der Kläger seine diesbezüglichen Angaben entgegen der richterlichen Aufforderung vom 28. November 2023 nicht glaubhaft gemacht (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 2 ZPO). Nachdem der Senat die Glaubhaftmachung der Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen gefordert und der Kläger die bei mehreren elterlichen Besuchen im Jahr fließenden Unterstützungsleistungen in der Formularerklärung vom 14. September 2023 verschwiegen hatte, hätte es sich seinem Prozessbevollmächtigten aufdrängen müssen, dass zu dem gänzlich neuen Vortrag substantiierte Angaben zu machen und entsprechende eidesstattliche Versicherungen über die elterlichen Zuwendungen vorzulegen sind, sofern der Kläger sonst keine Aufzeichnungen darüber beibringen kann. Insoweit bedurfte es keines erneuten richterlichen Hinweises. Wird Prozesskostenhilfe von Personen beantragt, die, wie der Kläger, nach ihren Angaben keine Sozialhilfe beziehen, muss nach der obergerichtlichen Rechtsprechung dargelegt und glaubhaft gemacht werden, wie der Lebensunterhalt finanziert wird. Auch freiwillige Zuwendungen Dritter sind nach der umfassenden Definition des § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO grundsätzlich dem Einkommen hinzuzurechnen, wenn sie regelmäßig und in nennenswertem Umfang gewährt werden. Bei freiwilligen Leistungen Dritter müssen etwa eidesstattliche Versicherungen der Dritten über Umfang und Grund der Hilfeleistung vorgelegt werden (vgl. BGH, B.v. 27.11.2018 – X ZA 1/17 – FamRZ 2019, 547 Rn. 5 m.w.N.; B.v. 27.7.2021 – XI ZA 1/21 – FamRZ 2021, 1722 Rn. 7; B.v. 26.1.2023 – III ZA 15/22 – juris Rn. 5 f.; B.v. 10.10.2024 – V ZB 55/23 – juris Rn. 7; OVG NW, B.v. 20.8.2014 a.a.O. Rn. 10; SächsOVG, B.v. 26.9.2011 – 3 D 130/11 – NJW 2011, 3738 Rn. 3). Wenn die von einem Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren beziffert angegebenen Einkünfte auch für einen noch so bescheidenen Lebensunterhalt nicht ausreichen, ist die Vermutung gerechtfertigt, dass bestimmte Einkünfte nicht angegeben sind. Diese Vermutung muss der Antragsteller ausräumen (BGH, B.v. 27.11.2018 a.a.O. Rn. 5 m.w.N.; B.v. 27.7.2021 a.a.O. Rn. 7; B.v. 10.10.2024 a.a.O. Rn. 8; BayVGH, B.v. 13.12.2022 – 10 C 22.2086 – BayVBl 2023, 322 Rn. 10).
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Ferner ergeben sich erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der zu den wirtschaftlichen Verhältnissen gemachten Angaben auch daraus, dass die seit Jahresbeginn 2023 aus Vermietung erzielten Einkünfte in der Formularerklärung vom 14. September 2023 verschwiegen worden sind.
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Daher kann dahinstehen, dass in der Erklärung vom 20. Dezember 2023 auch keine Angaben dazu gemacht werden, weshalb der Kläger seine Erwerbsarbeit seit September 2023 offenbar verringert und seine Ehefrau, die bis August 2023 mehr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit hatte als er, diese Arbeit offenbar aufgegeben hat (vgl. BGH, B.v. 30.9.2009 – XII ZB 135/07 – NJW 2009, 3658 Rn. 11: zur Zurechnung fiktiver Einkünfte bei Rechtsmissbrauch).
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2. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten des Klägers für das noch in erster Instanz anhängige Klageverfahren im Ergebnis aber auch zu Recht wegen fehlender Erfolgsaussichten versagt (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
23
Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt es regelmäßig, dass die Erfolgsaussichten offen sind oder es entscheidungserheblich auf schwierige Rechtsfragen ankommt, die höchstrichterlich noch nicht geklärt sind (vgl. BVerfG, B.v. 13.3.1990 – 2 BvR 94/88 u.a. – BVerfGE 81, 347 = juris Rn. 28 ff.; B.v. 28.1.2013 – 1 BvR 274/12 – NJW 2013, 1727 Rn. 11 ff.; Wysk in Wysk, VwGO, 5. Aufl. 2025, § 166 Rn. 36; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 166 Rn. 64 ff.). Hinreichende Erfolgsaussichten liegen allerdings dann nicht vor, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist oder konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.2.2002 – 1 BvR 1450/00 – NJW-RR 2002, 1069 = juris Rn. 12; B.v. 29.9.2004 – 1 BvR 1281/04 – NJW-RR 2005, 140 = juris Rn. 14).
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Nach diesen Maßstäben ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zum Mietwagenverkehr erfüllt. Es geht vorliegend nicht um die Bewertung schwieriger Rechtsfragen, sondern um die Bewertung der von der Beklagten festgestellten Sachverhalte und eine Prognose, ob die festgestellten Tatsachen die Annahme der Unzuverlässigkeit des Klägers rechtfertigen. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass das Gericht nach einer Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit wegen der Häufung von Rechtsverstößen vom Fehlen seiner persönlichen Zuverlässigkeit (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG) ausgegangen ist.
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Die Genehmigung für den Verkehr mit Mietwagen (§ 49 Abs. 4 PBefG) setzt u.a. voraus, dass keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Person dartun (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG). Der Begriff der Unzuverlässigkeit wird in § 1 Abs. 1 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15. Juni 2000 (PBZugV, BGBl I S. 851), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. April 2024 (BGBl I Nr. 119), näher konkretisiert. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PBZugV gelten das Unternehmen und die zur Führung der Geschäfte bestellten Personen als zuverlässig im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachtet oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens geschädigt oder gefährdet werden. Solche Anhaltspunkte sind insbesondere rechtskräftige Verurteilungen wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PBZugV), schwere Verstößen gegen Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes oder der auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a PBZugV) sowie Verstöße gegen die in § 1 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b bis f PBZugV genannten Vorschriften und Pflichten. Da die berücksichtigungsfähigen Anhaltspunkte in § 1 Abs. 1 Satz 2 PBZugV nicht abschließend geregelt sind („insbesondere“; vgl. auch BR-Drs. 257/00 S. 23), ist für die an dem Gesamtverhalten und der Persönlichkeit des Betroffenen auszurichtende Zuverlässigkeitsprognose maßgeblich, ob dieser willens und in der Lage ist, die einschlägigen Vorschriften zu beachten. Dabei ist wegen der ihm anvertrauten Schutzgüter ein strenger Maßstab anzulegen und kann sich die Annahme der Unzuverlässigkeit auch aus einer Häufung von im Einzelnen nicht so schwerwiegenden Verstößen ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2021 – 11 CE 20.2844 – juris Rn. 19 m.w.N.).
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Entgegen der Ansicht des Klägers durfte das Verwaltungsgericht aufgrund der großen Anzahl im Jahr 2018 an den Kläger adressierter Bußgeldbescheide bzw. Verwarnungen und der auf zugrundeliegende Verkehrsordnungswidrigkeiten geleisteten Zahlungen von einer Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung ausgehen. Nach dem Bericht über die Betriebsprüfung am 26. Juni 2019 hat der Kläger damals nicht in Abrede gestellt, dass er auch selbst einen Teil der zahlreichen in seinen Unterlagen dokumentierten Verkehrsordnungswidrigkeiten (11.1. – 21.12.2021: 153 Verkehrsverstöße, wovon 59 Ordnungswidrigkeiten einer Überweisung zugeordnet werden konnten, für 18 keine Überweisung und für weitere 76 Überweisungen kein entsprechender Bußgeldbescheid bzw. keine Verwarnung ersichtlich war) begangen hat. Er hat „lediglich“ behauptet, dass die zugrundeliegenden Verkehrsordnungswidrigkeiten „mehrheitlich“ auf ein Verhalten seiner Kunden zurückzuführen seien (Prüfbericht vom 26.6.2019, S. 4), und in diesem Zeitraum auch selbst Transporte durchgeführt. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass eine Zahlung von Buß- und Verwarnungsgeldern erst erfolgt, wenn der Betroffene seine Zahlungspflicht bzw. den zugrundeliegenden Lebenssachverhalt zumindest auf Plausibilität hin geprüft hat, und dass ohne entsprechende staatliche Geldforderung keine Zahlungen geleistet werden. Auch wenn entsprechende Unterlagen aus anderen Jahren nicht vorhanden waren, durften die Prüfer bei dieser Sachlage nach allgemeiner Lebenserfahrung ferner davon ausgehen, dass auch in anderen Jahren eine nicht unerhebliche Anzahl von Verkehrsordnungswidrigkeiten mit vom Kläger gehaltenen oder angemieteten Fahrzeugen begangen worden sind und er diese zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil auch selbst begangen hat. Dies bestätigen die zuletzt eingereichten Unterlagen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, aus denen sich allein für den Monat Dezember 2023 fünf Hinweise auf Verwarnungs- oder Bußgeldzahlungen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten ergeben, ohne dass der Kläger noch der Autovermietung oder dem Gütertransport nachgeht, in deren Rahmen er aus Gründen der Kundenbindung die Bußgelder Dritter übernommen haben will.
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In Anbetracht seiner Art der Geschäftsführung und seines Verhaltens während der Betriebsprüfung genügt es nicht, die Begehung der zugrundeliegenden Verkehrsverstöße mit nicht nachprüfbaren Einwänden zu bestreiten. Dadurch, dass der Kläger keinerlei Belege für die von ihm behauptete Freistellung seiner Kunden von den Unannehmlichkeiten begangener Ordnungswidrigkeiten aufbewahrt hat, hat er eine Feststellung relevanter Sachverhalte vereitelt. Hinzu kommt, dass er den Prüfern ganz allgemein auf Verlangen nur Einzelunterlagen gezeigt hat (Prüfbericht, S. 3). Damit hat er eine Prüfung der Vollständigkeit der Aufzeichnungen und der Richtigkeit der darin abgebildeten Sachverhalte erschwert oder verhindert, was einer ordentlichen Buchführung und der sich aus § 54a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 PBefG ergebenden Mitwirkungspflicht, nämlich die Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere zu ermöglichen und Auskunft zu erteilen (vgl. BayVGH, B.v. 21.1.2025 – 11 CS 24.2003 – juris Rn. 13 f.), nicht genügt. Vor diesem Hintergrund ist eine Beweiswürdigung nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrensrechts zu seinen Lasten gerechtfertigt. Kommt der Betreffende seiner Mitwirkungsobliegenheit oder -pflicht nicht in angemessenem Umfang nach, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre, reduziert sich die Aufklärungspflicht der Behörde und darf dem im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung getragen werden (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 26 Rn. 40, 43 f.; § 24 Rn. 12a ff., 50; Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 26 Rn. 44, 52; BayVGH, B.v. 8.11.2019 – 11 CS 19.1565 – juris Rn. 24).
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Ob das die Verkehrssicherheit unterlaufende „Geschäftsmodell“ des Klägers geeignet ist, seine Unzuverlässigkeit als Beförderungsunternehmer zu begründen, solange die Übernahme von Verwarnungs- und Bußgeldern oder gar Geldstrafen keine Straftat, wie z.B. eine falsche Verdächtigung (§ 164 StGB), Vollstreckungsvereitelung (§ 258 Abs. 2 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB), darstellt, kann offenbleiben. Jedenfalls ist die Übernahme der von Automietern verursachten Verwarnungs- und Bußgelder nach im Internet veröffentlichten Informationen (vgl. https://www.bussgeldkatalog.org/mit-mietwagen-geblitzt/; https://faq.avis.de/question-category/fines/; https://www.sixt.de/ help-center/articles/ordnungswidrigkeiten/; https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/hertz-pauschale-bearbeitungsgebuehr-bei-bussgeldern-unwirksam-19471 410.html) nicht, wie vom Kläger dargestellt, allgemein üblich. Das Verwaltungsgericht ist in diesem Zusammenhang auch zutreffend davon ausgegangen, dass § 25a StVG seiner Bewertung des Sachverhalts nicht entgegensteht. Die Halterhaftung für die Kosten eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens beinhaltet keine Haftung für gegen den Fahrer verhängte Verwarnungs- und Bußgelder und stellt auch keine Sanktion dar (Hühnermann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. 2022, § 25a StVG Rn. 1). Es handelt sich um eine bloße Kostenregelung, die subsidiär erst nach ergebnisloser Beendigung eines Bußgeldverfahrens durch Einstellung oder Freispruch zur Anwendung kommt und dann die allgemeinen Kostenregelungen nach Einstellung und Freispruch verdrängt (Hühnermann a.a.O.).
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Weiter durfte das Verwaltungsgericht auch das Verhalten des Klägers während der Betriebsprüfung, d.h. die Verweigerung der den Befugnissen der Prüfer nach § 54a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 PBefG entsprechenden Mitwirkung, zu seinen Lasten werten.
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Nach alledem kann offenbleiben, ob der Kläger daneben gegen Buchführungspflichten verstoßen hat, ob eine Beweisaufnahme zur Feststellung, ob er als Subunternehmer Personentransporte durchgeführt hat, zu seinen Lasten ausginge oder ob gegenwärtig überhaupt die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betriebs gewährleistet wäre (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG i.V.m. § 2 PBZugV). Hieran bestehen nach den im Prozesskostenhilfeverfahren gemachten Angaben erhebliche Zweifel.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als im Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz fallen im Beschwerdeverfahren Gerichtskosten an, wobei eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist im Hinblick auf die nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG anfallende Festgebühr von 66,- Euro jedoch entbehrlich.
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4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).