Inhalt

OLG München, Beschluss v. 26.03.2025 – 1 Ws 92/25 , 1 Ws 93/25
Titel:

Tatmehrheit, Staatsanwaltschaft, Strafzumessungsgesichtspunkte, Strafzumessungsgründe, Eröffnungsbeschluss, Prognoseentscheidung, Sofortige Beschwerde, Gericht niedrigerer Ordnung, Freiheitsstrafe, Hauptverhandlung, Verfahrensverzögerung, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Wirtschaftsstrafsachen, Einzelstrafen, Hohe Straferwartung, Untersuchungshaft, Eröffnung des Hauptverfahrens, Landgerichte, Strafrahmenverschiebung, Strafschärfende

Normenketten:
StPO § 210 Abs. 2
GVG § 24 Abs. 1 S. 1 Nr.
Schlagworte:
Zuständigkeitsstreit, Eröffnungsbeschluss, sofortige Beschwerde, Strafzumessung, Prognoseentscheidung, Hauptverfahren, Strafkammer
Vorinstanz:
LG Traunstein, Beschluss vom 17.02.2025 – 6 KLs 240 Js 14082/24
Fundstelle:
BeckRS 2025, 5642

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird Ziffer 2. der Entscheidungsformel des Beschlusses der 6. Strafkammer des Landgerichts Traunstein vom 17.02.2025 dahin abgeändert, dass das Hauptverfahren vor jener Strafkammer eröffnet wird.
II. Die Bestimmung der Besetzung der großen Strafkammer in der Hauptverhandlung (§ 76 Abs. 2 Satz 2 GVG) bleibt dieser vorbehalten.
III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Angeklagten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

1
Die Staatsanwaltschaft T. legt dem Angeklagten P in ihrer zur Strafkammer des Landgerichts Traunstein erhobenen Anklage vom 15.01.2025 zur Last, in der Zeit von November 2023 bis August 2024 in zwei von ihm betriebenen Nagelstudios mindestens sechs Personen mit vietnamesischer Staatsbürgerschaft beschäftigt zu haben, ohne dass diese zum Aufenthalt und zur Erwerbstätigkeit in Deutschland berechtigt gewesen seien. Lohn sei stets bar ausbezahlt worden, ohne dass dabei Sozialabgaben geleistet worden wären. Hierbei sei ein sozialversicherungsrechtlicher Gesamtschaden von 43.605,11 Euro entstanden. Die Bezahlung der Arbeitskräfte habe lediglich 25 bis 40% des gesetzlichen Mindestlohnes betragen. Ihnen sei zudem Unterkunft unter schlechten Bedingungen und Essen zur Verfügung gestellt worden. Aufgrund ihres illegalen Aufenthaltes und der prekären wirtschaftlichen Situation hätten sich die Personen in einer ausländerspezifischen Hilflosigkeit und einer Zwangslage befunden, die der Angeklagte P in Bereicherungsabsicht ausgenutzt habe. Er habe hierbei einen geldwerten Vorteil von insgesamt 121.881,90 Euro erwirtschaftet. Dadurch habe er sich des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in zehn Fällen in Tatmehrheit mit 44 tatmehrheitlichen Fällen des Wuchers in Tatmehrheit mit sechs tatmehrheitlichen Fällen des Einschleusens von Ausländern in Tatmehrheit mit sechs tatmehrheitlichen Fällen der Zwangsarbeit in Tatmehrheit mit sechs tatmehrheitlichen Fällen der Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung oder ohne Aufenthaltstitel und zu ungünstigen Arbeitsbedingungen jeweils in Tateinheit mit Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung oder ohne Aufenthaltstitel in größerem Umfang gemäß §§ 232b Abs. 1 Nr. 1,266a Abs. 1 und 2, 291 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 52, 53 STGB, § 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG, §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG strafbar gemacht.
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Der Angeklagten V wird hierzu jeweils Beihilfe vorgeworfen, da sie in Kenntnis der Vorgehensweise des Angeklagten P, ihres Ehemannes, eines der Nagelstudios betrieb.
3
Wegen der Einzelheiten der Tatvorwürfe und der rechtlichen Bewertung der Handlungen des Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft wird auf den Inhalt der Anklageschrift Bezug genommen.
4
Am 03.02.2025 teilte die Kammer den Verfahrensbeteiligten mit, dass beabsichtigt sei, das Verfahren beim Amtsgericht Rosenheim – Schöffengericht – (Wirtschaftsstrafsache) zu eröffnen. Den Verfahrensbeteiligten wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 10 Tagen gegeben.
5
Die Staatsanwaltschaft T. trat dem mit Verfügung vom 04.02.2025 entgegen. Bei dem vorliegenden Fall seien insbesondere die Vergehen der Zwangsarbeit gemäß § 232b Abs. 1 Nr. 1 StGB und des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. AufenthG von Bedeutung. Angesichts der Erheblichkeit der in Rede stehenden Delikte, der kriminellen Energie der Angeschuldigten, des planvollen Vorgehens über einen längeren Zeitraum sowie des durch die Ausbeutung der Arbeitnehmer und die unterbliebene Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen erlangten hohen Vermögensvorteiles von mehr als 120.000,- Euro erscheine die Zuständigkeit des Landgerichts durchaus gegeben. Ferner sei zu berücksichtigen, dass nach den bisherigen Einlassungen auch nicht mit einem Geständnis und der entsprechenden Berücksichtigung im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne zu rechnen sei, da seitens des Angeschuldigten P lediglich das Vergehen nach § 266a StGB eingeräumt worden sei.
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Die Verteidiger der beiden Angeschuldigten teilten mit, keine Bedenken/Einwände gegen eine Eröffnung des Verfahrens an das Amtsgericht Rosenheim – Schöffengericht – (Wirtschaftsstrafsache) zu haben.
7
Mit Beschluss vom 17.02.2025 hat das Landgericht Traunstein die Anklage ohne Änderungen zur Hauptverhandlung zugelassen. Abweichend vom Antrag der Staatsanwaltschaft eröffnete die Strafkammer das Hauptverfahren allerdings gem. § 209 Abs. 1 StPO vor dem Amtsgericht Rosenheim – Schöffengericht – (Wirtschaftsstrafsache).
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Die Kammer begründete dies wie folgt: Eine originäre Zuständigkeit des Landgerichts nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GVG i.V.m. § 74 Abs. 2 GVG scheide aus, da keine der dort genannten Taten angeklagt wurde. Auch sei keine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe nach Aktenlage zu erwarten (§ 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GVG). In der Folge stellte die Kammer die Strafrahmen der angeklagten Taten dar und führte kurz aus, dass bei §§ 266a, 291 StGB und § 10 SchwarzArbG das Vorliegen eines besonders schweren Falles jeweils nicht angeklagt sei und nach Aktenlage belastbare Anhaltspunkte für eine solche Annahme fehlten.
9
Der Beschluss wurde der Staatsanwaltschaft am 20.02.2025 zugestellt. Mit der sofortigen Beschwerde vom 21.02.2025, eingegangen am 25.02.2025, wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die abweichende Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Amtsgericht unter Ziffer 2 des angegriffenen Beschlusses. Zur Begründung hat die Beschwerdeführerin mit näheren Ausführungen geltend gemacht, dass die Annahme des Landgerichts, eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe sei nicht zu erwarten, fehlerhaft sei, wobei auf die Stellungnahme vom 04.02.2025 verwiesen wurde. Im Übrigen liege keine Wirtschaftsstrafsache vor. Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf die Beschwerdebegründung der Staatsanwaltschaft.
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Mit Zuleitungsverfügung vom 14.03.2025 legte die Generalstaatsanwaltschaft M. die Akten dem Senat zur Entscheidung vor und beantragte die Eröffnung vor der Strafkammer, hilfsweise vor dem Amtsgericht Traunstein.
11
Die Verteidiger des Angeklagten P nahmen mit Schriftsatz vom 17.03.2025 und vom 19.03.2025 Stellung, die Verteidigerin der Angeklagten V mit Schriftsatz vom 17.03.2025. Die Verteidigung des Angeklagten P beantragt, die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft als unbegründet zurückzuweisen, weil eine höhere Straferwartung als 4 Jahre Freiheitsstrafe nicht bestehe. Für Einzelheiten wird auf die genannten Schriftsätze verwiesen.
II.
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Die nach § 210 Abs. 2 Alt. 2 StPO statthafte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig; insbesondere wurde sie innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO erhoben. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Dies hat die Prüfung durch den Senat ergeben.
Im Einzelnen:
1. Der Eröffnungsbeschluss des Landgerichts Traunstein bleibt hinsichtlich Ziffer 1. aufrechterhalten.
Inwiefern der mit Ziff. 1 des angefochtenen Beschlusses bejahte hinreichende Tatverdacht (§ 203 StPO) vom Senat überprüft werden musste, ist umstritten (vgl. zu den unterschiedlichen Ansichten hierzu beispielsweise MüKoStPO/Wenske, 2. Aufl. 2024, StPO § 210 Rn. 41 m.w.N.). Diese Frage kann indes dahinstehen. Denn der Senat hat bereits mit dem Haftfortdauerbeschluss vom 20.02.2025 den dringenden Tatverdacht hinsichtlich sämtlicher der Anklage zugrunde liegenden Taten im Bezug auf den Angeklagten P vollumfänglich bejaht. Auf diesen Beschluss wird verwiesen. Gründe für eine Änderung dieser Einschätzung haben sich seither nicht ergeben. Der insofern geringere Verdachtsgrad des hinreichenden Tatverdachts ist damit auch gegeben.
Der hinreichende Tatverdacht hinsichtlich der Beihilfe der Angeklagten V liegt nach dem im vorgenannten Beschluss dargestellten Ermittlungsergebnis auf der Hand, wobei die Art der Beteiligung hinsichtlich der Tatbestände, die nicht durch die Unterlassung der Anmeldung von Arbeitskräften begangen wurden, möglicherweise noch zu überprüfen sein wird. Daran ändert sich vor dem Hintergrund der Zeugenaussagen der Beschäftigten auch nichts durch die Einlassungen der beiden Angeklagten, zuletzt im Schriftsatz der Verteidigung der Angeklagten V vom 17.03.2025.
Der Prüfungsumfang des Senats umfasst auch die Frage der erwartbaren Verurteilung wegen eines besonders schweren Falles. Denn nach allgemeiner Auffassung unterliegt der Eröffnungsbeschluss bei einer sofortigen Beschwerde gegen die Eröffnung vor einem Gericht niedrigerer Ordnung in vollem Umfang der Nachprüfung, wenn dies erforderlich ist, um die Eröffnungszuständigkeit zu bestimmen, vgl. KG Berlin, Beschluss vom 18. Oktober 2021 – 4 Ws 87/21 –, Rn. 13, juris m.w.N.. Nachdem es sich bei der Frage des Vorliegens eines besonders schweren Falles zudem um reine Strafzumessungsgesichtspunkte handelt, spricht gegen eine Überprüfung durch das Beschwerdegericht auch nicht das Argument der Unanfechtbarkeit des Eröffnungsbeschlusses nach § 310 Abs. 2 StPO (vgl. dazu KG a.a.O. und OLG Koblenz, Beschluss vom 6. November 2017 – 2 Ws 686/17 –, Rn. 6, juris). Denn eine von der Anklage abweichende Bewertung des eröffnenden Gerichts hinsichtlich des Vorliegens eines besonders schweren Falles stellt keine abweichende rechtliche Würdigung im Sinne von § 207 Abs. 2 Nr. 3 StPO dar. Dies ist letztlich nur bei der Subsumtion eines anderen Straftatbestandes, eines abweichenden Handlungsstadiums (Vorbereitung, Versuch, Vollendung) oder einer von der Anklage differierenden Schuldform (Fahrlässigkeit, Vorsatz) der Fall. Bei Strafzumessungsgesichtspunkten ist lediglich die Möglichkeit der Darlegung in entsprechender Anwendung von § 207 Abs. 2 Nr. 3 StPO eröffnet, um einen späteren Hinweis nach § 265 StPO entbehrlich zu machen (KK-StPO/Schneider, 9. Aufl. 2023, StPO § 207 Rn. 9 m.w.N.).
2. Die Zuständigkeit der großen Strafkammer des Landgerichts ist gegeben; denn auf Grundlage der Anklageschrift ist zumindest hinsichtlich des Angeklagten P eine Straferwartung von über vier Jahren in Betracht zu ziehen.
Eine Eröffnung vor dem Gericht niedrigerer Ordnung ist nur zulässig, wenn dessen Strafgewalt mit Sicherheit ausreichend erscheint. In Zweifelsfällen muss es bei der Zuständigkeit des durch die Staatsanwaltschaft angerufenen Gerichts bleiben.
a) Eine Zuständigkeit des Schöffengerichts ist nach §§ 28, 25, 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG nur gegeben, wenn nicht im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist. Dass die Rechtsfolgenerwartung aufgrund einer überschlägigen Prognoseentscheidung anhand der allgemeinen Strafzumessungsgründe und unter Berücksichtigung des gesamten Ermittlungsergebnisses nach § 160 StPO festgestellt werden muss, entspricht der allgemeinen Ansicht. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zu erwarten“ erweist sich aber als in der Literatur und unter den Oberlandesgerichten als umstritten, vgl. Pschorr, jurisPR-StrafR 5/2023 Anm. 3; BeckOK GVG/Eschelbach, 26. Ed., GVG § 24 Rn. 10.
Eine Zuständigkeit des Landgerichts in Zweifelsfällen bejahen insbesondere KG Berlin, z.B. Beschluss vom 18. Oktober 2021 – 4 Ws 87/21 –, OLG Koblenz, Beschluss vom 06. November 2017 – 2 Ws 686/17 – und OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10. Juli 2024 – 1 Ws 149/24 –, OLG Celle, Beschluss vom 14. Mai 2024 – 1 Ws 130/24 – (im Einzelfall), KK-StPO/Barthe, 9. Aufl. 2023, GVG § 24 Rn. 4, MüKoStPO/Schuster, 2. Aufl. 2025, GVG § 24 Rn. 5. Nach dieser Ansicht soll eine „Runtereröffnung“ vom Landgericht zum Amtsgericht nur zulässig sein, wenn die Strafgewalt des Schöffengerichts mit Sicherheit ausreichend erscheine.
Diese Ansicht wird maßgeblich damit begründet, dass hierdurch dem Beschleunigungsgrundsatz widersprechende Verfahrensverzögerungen ausgeschlossen würden. Solche könnten entstehen, wenn das Amtsgericht ein Verfahren, das zuvor durch die Strafkammer vor diesem eröffnet wurde, nach Durchführung der Hauptverhandlung gem. § 270 StPO wegen Überschreitung seiner Strafgewalt wieder an das Landgericht (zurück-)verweisen müsste, OLG Zweibrücken, a.a.O., MüKoStPO/Schuster a.a.O. Dies gelte jedenfalls in Fällen, in denen Untersuchungshaft vollstreckt werde (OLG Celle, a.a.O., Rn. 10, juris).
Für diese Ansicht spreche auch der Vergleich mit der Konstellation, in der die Anklage zum Amtsgericht erhoben werde. Denn dieses bleibe nach § 270 StPO bis zu dem Zeitpunkt, in welchem seine Strafgewalt „mit genügender Sicherheit“ nicht mehr ausreiche, zuständig. Dieser Maßstab müsse aber auch „umgekehrt“ für die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem anderen Gericht niederer Ordnung gelten, KK-StPO/Barthe, 9. Aufl. 2023, GVG § 24 Rn. 4 m.w.N.
Die Zuständigkeit des Landgerichts in Zweifelsfällen ergebe sich zudem bereits aus der negativen Formulierung des § 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG „wenn nicht … zu erwarten ist“, MüKoStPO/Schuster a.a.O..
Eine Zuständigkeit des Amtsgerichts im Zweifelsfall bejaht insbesondere das OLG Dresden, Beschluss vom 16. Dezember 2022 – 2 Ws 270/22 – mit Hinweis auf BeckOK GVG/Eschelbach a.a.O. Die entgegenstehende Rechtsansicht missachte im Ansatz das Regel-Ausnahme-Verhältnis der gerichtlichen Zuständigkeiten, die sich aus § 24 Abs. 1 Satz 1 GVG ergebe. Danach seien für Strafsachen in erster Instanz grundsätzlich die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht einer der Ausnahmetatbestände vorliege, OLG Dresden a.a.O..
b) Nach Ansicht des Senates ist für eine Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem Gericht niedrigerer Ordnung in echten Zweifelsfällen kein Raum.
Dabei ist nicht nur § 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG auszulegen, sondern auch dessen Anwendung im Rahmen von § 209 Abs. 1 StPO, wodurch sich für die Prognoseentscheidung des § 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG ein besonderer Prüfungsmaßstab im Rahmen der Eröffnungsentscheidung ergeben muss. Nach § 209 Abs. 1 StPO ist für die Verweisung an das Gericht niedrigerer Ordnung notwendig, dass das Gericht, bei dem die Anklage eingereicht ist, die Zuständigkeit eines Gerichts niedrigerer Ordnung in seinem Bezirk für begründet hält. Für begründet halten darf das verweisende Gericht die andere Zuständigkeit allerdings nur dann, wenn diese gesichert ist. Dies mag selbst in den meisten Fällen des § 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG auf der Hand liegen, etwa weil ein im Zwischenverfahren eingehendes Gutachten die Voraussetzungen für die Verhängung einer Maßregel für nicht gegeben hält oder die Anklage eine Qualifikation annimmt, deren Tatbestandsvoraussetzungen das Gericht nach eigener Prüfung verneint. Erst recht gilt dies bei den Fallgruppen des § 24 Abs. 1 Nr. 1 GVG, wenn etwa die Staatsanwaltschaft fehlerhaft annimmt, es bestehe ein hinreichender Tatverdacht hinsichtlich einer Katalogtat nach § 74 Abs. 2 GVG.
Geht es hingegen allein oder weit überwiegend um die Gewichtung von Strafzumessungsgesichtspunkten innerhalb eines zutreffend von der Staatsanwaltschaft angenommenen Strafrahmens, darf sich das Gericht nur für unzuständig halten, wenn die Strafgewalt des Amtsgerichts sicher ausreichen wird (so auch BeckOK StPO/Ritscher, 54. Ed. 1.1.2025, StPO § 209 Rn. 5).
Erst wenn unter Berücksichtigung des stets bestehenden Spielraumes zwischen der schon und der noch angemessenen Strafe feststeht, dass die Prognoseentscheidung der Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung derart fehl geht, dass die Strafgewalt des Amtsgerichts sicher ausreichen wird, ist eine Verweisung zulässig. Im Übrigen verbleibt es bei der Zuständigkeit des Landgerichtes, dem es – anders als dem Amtsgericht im umgekehrten Fall – unbenommen bleibt nach dem Abschluss der Beweisaufnahme und der Beratung mit den Schöffen im Einzelfall eine deutlich unter 4 Jahren liegende Strafe auszusprechen.
Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:
Zunächst ist zwar ist anerkannt, dass das Gericht die Prognoseentscheidung der Staatsanwaltschaft nicht übernehmen muss, sondern diese vom Gericht überprüfbar ist, vgl. KK-StPO/Barthe, 9. Aufl. 2023, GVG § 24 Rn. 4, m.w.N. Maßgeblich ist dann allein die Auffassung des Gerichts, vgl. Gittermann in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Auflage, § 24 GVG, Rn. 13. Dieses hat hierbei einen weiten Spielraum (BGH, Urteil vom 29. April 2015 – 2 StR 405/14 –, Rn. 12, juris).
Eine Prognoseentscheidung beinhaltet jedoch zwangsläufig bestimmte Unsicherheiten. Insbesondere im Rahmen der Strafzumessung verbleibt selbst nach dem Ende der Hauptverhandlung ein gewisser Spielraum, der einer Überprüfung nur sehr eingeschränkt zugänglich ist, wie sich insbesondere auch an den Prüfungsmaßstäben des BGH zur Strafzumessung zeigt: Dieser nimmt an, dass für die tatrichterliche Strafzumessung ein weiter Entscheidungs- und Wertungsspielraum besteht, so dass diese bis an die Grenze des Vertretbaren regelmäßig hinzunehmen sei. Weise die Strafzumessung keinen Rechtsfehler auf, sei sie deshalb auch dann zu respektieren, wenn eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre oder vielleicht sogar näher gelegen hätte (ständige Rechtsprechung, BGHSt 29, 319). Erst recht besteht ein solcher Spielraum im Zwischenverfahren (so auch BeckOK GVG/Eschelbach, a.a.O.).
Diesen Spielraum hat das Landgericht auch im Vergleich der eigenen Prognoseentscheidung mit derjenigen der Staatsanwaltschaft bei der Anklageerhebung anzuerkennen.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Argumente der Ansicht, die die Möglichkeit der „Runtereröffnung“ bejaht, solange das Landgericht innerhalb seines weiten Spielraums eine Straferwartung von unter 4 Jahren für wahrscheinlich hält.
Sofern wie vom OLG Dresden mit einem aus der Systematik des GVG folgenden Regel-Ausnahme-Verhältnis argumentiert wird, kann hiergegen das spezielle Wortlautargument der negativen Formulierung gerade in § 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG eingewandt werden. Auch die Überlegungen hinsichtlich des Verlustes einer Tatsacheninstanz können nicht vollständig überzeugen, weil auf der anderen Seite die Gefahr einer Verfahrensverzögerung angeführt wird. Beide Argumente überzeugen mit gleichem Gewicht. Letztlich ergibt sich damit kein Überwiegen der Argumente für eine Verweisungsmöglichkeit in Zweifelsfällen.
Der Senat sieht hier auch keinen Widerspruch zu der von der Gegenansicht zitierten Rechtsprechung, namentlich des BGH (a.a.O.), da dort zu prüfen war, ob sich das Landgericht rechtsfehlerhaft für zuständig gehalten hatte, obwohl schlussendlich eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren ausgesprochen wurde. Der BGH sah dort keinen Rechtsfehler darin, dass das Landgericht ohne Begründung im Eröffnungsbeschluss die eigene Zuständigkeit trotz Antrags der Verteidigung auf Verweisung an das Amtsgericht angenommen hatte. Zudem ist in der Kommentarliteratur zu § 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG zu beachten, dass in weiten Teilen Rechtsprechung zitiert wird, die die Auslegung von § 270 StPO zum Gegenstand hatte, so dass darauf verwiesen wird, dass die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht weiter geführt werden müsse (vgl. etwa Wolter / Deiters, SK-StPO, 6. Auflage 2023, § 24 GVG, Rn. 12 oder Gittermann in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Auflage, § 24 GVG, Rn. 13 und die dortigen Fundstellen).
c) Hier liegt ein Zweifelsfall vor, da die konkrete Strafzumessung im Falle einer Verurteilung von mehreren Faktoren abhängt, die bisher nicht ausreichend sicher beurteilt werden können. Der Spielraum der schuldangemessenen Strafe beinhaltet dabei auch eine Strafe von über vier Jahren.
Grundsätzlich spricht zugunsten des Angeklagten, dass er nicht vorbestraft ist und sich teilgeständig eingelassen hat. Die besondere Belastung durch die Verhaftung nur wenige Wochen vor der Geburt seines ersten Kindes kann ebenfalls strafmildernd berücksichtigt werden.
Für die rechtliche Würdigung kann zunächst umfassend auf die Ausführungen der Staatsanwaltschaft, insbesondere in der Anklage, des AG Traunstein in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 11.11.2024 (Bl. 404 ff. d.A.) und des LG Traunstein in seinem Beschluss vom 15.11.2024 (Bl. 413 ff. d.A.) verwiesen werden.
Hinsichtlich der Strafrahmen der dem Angeklagten zur Last gelegten Taten kann zunächst auf den Eröffnungsbeschluss des LG Traunstein vom 17.02.2025, dort S. 7 f., verwiesen werden.
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Diese Ausführungen sind jedoch wie folgt zu ergänzen:
§ Hinsichtlich der angeklagten zehn Taten nach § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB folgt der Senat der Ansicht der Kammer, dass nach Aktenlage die Annahme eines besonders schweren Falles fern liegt. Im Ergebnis scheinen hier Einzelstrafen allenfalls im Bereich einer Freiheitsstrafe von deutlich unter einem Jahr, möglicherweise auch von Geldstrafen als angemessen.
§ Hinsichtlich der angeklagten 44 Fälle des Wuchers nach § 291 Abs. 1 S. 1 Nr. StGB ist die Annahme eines besonders schweren Falles nach § 291 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 StGB nicht fernliegend. Aktuell ist nicht ohne Weiteres erkennbar, wieso die Frage der Gewerbsmäßigkeit durch die Zahlung zu niedriger Löhne anders gesehen werden sollte als hinsichtlich des Einschleusens (s. dazu sogleich). Folgerichtig hat die Staatsanwaltschaft in der rechtlichen Würdigung hierzu auch ausgeführt, dass der Angeklagte bei den 44 Taten gewerbsmäßig gehandelt habe, wenngleich der Verweis auf Abs. 2 der Vorschrift des § 291 StGB fehlt. Insofern kann hier auch die Anwendung eines Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe in Betracht kommen. Dabei ist der erhebliche Schaden von mehreren Zehntausend Euro zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen. Zwar kann nach Ansicht des Senats bei der Schadensberechnung nicht ohne Weiteres die Tabelle des HZA Rosenheim auf Bl. 742 d.A. herangezogen werden. Denn in dieser ist weder berücksichtigt, dass die Beschäftigten neben dem bar gezahlten Lohn auch Kost und Logis erhielten (s. auch „Zusatz“ des HZA, Bl. 741 d.A.), noch dass der gesetzlich geschuldete Mindestlohn ein Brutto-Stundenlohn ist, wobei im hiesigen Fall ein Abzug von Sozialabgaben gerade nicht erfolgte. Der insofern geschuldete Netto-Lohn wäre um rund 20% niedriger, so dass zumindest der Wucher-Schaden entsprechend niedriger anzusetzen sein dürfte. Zudem beinhaltet die Tabelle zahlreiche Monate, in welchen Lohn in Höhe von 0,00 € ausgezahlt worden sein soll. Dies widerspricht den Angaben der Zeugen in deren Vernehmungen, vgl. Bl. 73 ff. d.A., die jeweils schilderten, in jedem Monat bezahlt worden zu sein. Die Berechnungen werden aber auch bei Berücksichtigung weiterer Lohnzahlungen ergeben, dass der Angeklagte insgesamt dennoch zum Nachteil der Beschäftigten einen Vorteil in einer Größenordnung von mehreren Tausend Euro erlangte.
Nach Ansicht des Senates wird man demgegenüber hier nicht zugunsten des Angeklagten würdigen können, dass die Beschäftigten mit den gezahlten Leistungen zufrieden waren und den Angeklagten hier teilweise als „nett“ ansahen (vgl. Bl. 95 d.A.). Denn darin spiegelt sich gerade die deliktstypische Ausnutzungssituation wider.
Ausgehend von der Mindeststrafe von 6 Monaten bei der Bejahung des besonders schweren Falles ist hier nach dem aktuellen Stand des Verfahrens von Einzelstrafen im unteren Drittel des Strafrahmens, aber nicht am ganz unteren Rand auszugehen. Es erscheinen – je nach weiterem Verlauf des Verfahrens – Einzelstrafen im Bereich zwischen 7 Monaten und 2 Jahren 6 Monaten als denkbar. Sollte die Kammer im Laufe des Verfahrens aus noch unbekannten Gründen, etwa beim Vorliegen typisierter Strafmilderungsgründe, die Indizwirkung des Regelbeispieles als entfallen ansehen, wären entsprechend niedrige Einzelstrafen denkbar.
§ Im Rahmen der Strafzumessung hinsichtlich § 96 AufenthG kann hier nicht zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, dass die Geschleusten freiwillig mit dem Zug eingereist sind. Denn dem Angeklagten wird hier nicht die Einreise und/oder deren Art und Weise vorgeworfen, sondern die Unterstützung des illegalen Aufenthaltes im Sinne von § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, auf den § 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG verweist. Insofern verfängt auch nicht der Einwand des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt P, den dieser zuletzt im Schriftsatz vom 19.03.2025 wiederholte, wonach die sechs Beschäftigten sich bereits vor dem Kontakt mit dem Angeklagten illegal in Deutschland aufhielten. Dieser Einwand ist erstens durch die Angaben der Zeugen widerlegt. Diese geben übereinstimmend an, gerade auf das Arbeitsangebot des Angeklagten hin nach Deutschland eingereist zu sein. Im Übrigen waren alle Beschäftigten im Besitz eines ungarischen Aufenthaltstitels (vgl. Bl. 537 ff. d.A.), welcher sie zur Einreise nach Deutschland zunächst berechtigte. Der Aufenthalt wurde jedoch (spätestens) durch die Arbeitsaufnahme illegal.
Nachdem der Vermögensvorteil sich nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2024 – 1 StR 464/23 –) auch aus der Nichtabführung von Sozialabgaben und der Nichtanmeldung von Lohnsteuer für die Arbeitstätigkeit der eingeschleusten Person im Inland ergeben kann, wird der entsprechend hohe Vermögensvorteil strafschärfend zu berücksichtigen sein. Der Senat erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass der BGH a.a.O. die Entscheidung einer großen Strafkammer des LG Mannheim zu überprüfen hatte, bei der in ähnlicher Konstellation Gesamtfreiheitsstrafen von 3 Jahren und 3 Monaten sowie von 3 Jahren und 6 Monaten ausgesprochen wurden.
Der Senat gibt zudem zu bedenken, dass eine (tateinheitliche) Erfüllung des Tatbestandes des § 95 Abs. 1a AufenthG durch die Geschleusten in Betracht zu ziehen wäre, wodurch der Angeklagte in strafschärfender Weise zwei verschiedene Tatmodalitäten des § 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG erfüllen würde.
§ Die Ausführungen der Kammer zu § 232b Abs. 1 Nr. 1 StGB sind nur insofern ergänzungsbedürftig, als hier noch die Frage der Konkurrenzen zu den Schleusungsdelikten zu prüfen sein wird. Zwar kommt grundsätzlich auch Tatmehrheit in Betracht. Wenn jedoch gerade die Handlungen, die den Tatbestand der Zwangsarbeit nach § 232b StGB erfüllen, zugleich Unterstützungshandlungen für den illegalen Aufenthalt darstellen, ist von Tateinheit auszugehen (vgl. BGH NStZ 2020, 357 Rn. 20, beck-online; Senat Urt. v. 17.3.2004 – 2 StR 474/03, juris Rn. 46; ebenso MüKoStGB/Gericke AufenthG, 3. Aufl., § 96 Rn. 44).
Dies hätte zwar zur Folge, dass wegen der sechs angeklagten Fälle des § 232b StGB keine Einzelstrafen auszusprechen wären, bei den Einzelstrafen einer Tat des § 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 AufenthG in Tateinheit mit § 232b Abs. 1 StGB allerdings die tateinheitliche Erfüllung mehrerer Straftatbestände mit im Mindestmaß erhöhter Strafandrohung erheblich strafschärfend zu berücksichtigen wäre.
§ Zu den weiter angeklagten Vergehen nach §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG in sechs Fällen ist zu bemerken, dass auch hier die Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht völlig fern liegt, auch wenn eine solche von der Staatsanwaltschaft nicht explizit in der Anklage genannt ist. Insofern wäre auch hier eine Strafrahmenverschiebung nach § 10 Abs. 2 SchwarzArbG denkbar mit der Folge eines Strafrahmens von sechs Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe.
Allerdings besteht auch insoweit Anlass, die in der Anklage vorgenommene Bewertung der Konkurrenzen zu überdenken: Zwar wird für das Verhältnis zwischen § 10 Abs. 2 SchwarzArbG zu § 266a und § 291b StGB in der Regel Tatmehrheit angenommen (vgl. Parigger/Helm/Stevens-Bartol, Arbeits- und Sozialstrafrecht, SchwarzArbG § 10 Rn. 33), im Verhältnis zu § 96 Abs. 1 AufenthG allerdings mehrheitlich Tateinheit (vgl. ​Grözinger in: Gercke/​Kraft/​Richter, Arbeitsstrafrecht, 8. Konkurrenzen, Rn. 332; Esser in: Esser/​Rübenstahl/​Saliger/​Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, § 10 SCHWARZARBG, Rn. 18; MüKoStGB/Mosbacher, 4. Aufl. 2023, SchwarzArbG § 10 Rn. 38).
Insofern gelten die Ausführungen zu § 232b StGB entsprechend, wonach zwar keine Einzelstrafen auszusprechen wären, die tateinheitliche Erfüllung mehrerer Straftatbestände mit im Mindestmaß erhöhter Strafandrohung allerdings erheblich strafschärfend berücksichtigt werden müsste.
§ Selbstredend kann die Straferwartung durch weitere Entwicklungen im Strafverfahren – etwa durch ein vollständiges, von Reue getragenes Geständnis, eine Schadenswiedergutmachung und/oder einen Täter-Opfer-Ausgleich – noch erheblich, auch bis an den Rand des bewährungsfähigen Bereiches, sinken. Nachdem es bisher keine Hinweise für eine derartige Entwicklung gibt, konnte der Senat dies seiner Prognose jedoch nicht zugrunde legen.
d) Nach alldem verbleiben bestimmte Unsicherheiten, die den Spielraum der noch und schon schuldangemessenen Strafe beeinflussen. Damit ist eine Straferwartung von unter vier Jahren nicht mit Sicherheit erwartbar, auch wenn nach aktuellem Stand selbst eine deutlich darunter liegende Strafe am Ende nicht ausgeschlossen erscheint.
Es muss somit bei der Zuständigkeit der Kammer verbleiben.
Auf die Hilfsanträge der Generalstaatsanwaltschaft und die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichtes kommt es somit nicht an.
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3. Der Senat ändert deshalb den angefochtenen Beschluss und eröffnet das Hauptverfahren vor der Strafkammer des Landgerichts, die den Beschluss erlassen hat. Für die Anordnung, die Hauptverhandlung vor einer anderen großen Strafkammer stattfinden zu lassen (§ 210 Abs. 3 Satz 1 StPO), besteht kein Anlass.
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4. Die gem. § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG bei Eröffnung des Hauptverfahrens zu treffende Bestimmung der Besetzung der großen Strafkammer bleibt dieser vorbehalten. Diese Entscheidung ist bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung zu treffen (§ 76 Abs. 2 S. 2 GVG).
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5. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen in entsprechender Anwendung des § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StPO der Staatskasse zur Last, obwohl die Staatsanwaltschaft das mit ihrem Rechtsmittel verfolgte Ziel erreicht hat. Kosten, die durch die Einlegung eines Rechtsmittels entstehen, mit dem lediglich der gesetzmäßige Zustand hergestellt werden soll, hat die Staatskasse zu tragen (vgl. BGHSt 18, 268; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2000, 223).