Titel:
Duldungsanordnung, Gewässerunterhaltung, Vorhabenbezogene Belange im Duldungsrechtsstreit
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
WHG §§ 39, 41, 42
BayWG Art. 25 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 3
Schlagworte:
Duldungsanordnung, Gewässerunterhaltung, Vorhabenbezogene Belange im Duldungsrechtsstreit
Fundstelle:
BeckRS 2025, 5484
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500.- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer mit Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 17. März 2025 erlassenen Anordnung, die ihn zur Duldung des Betretens seiner Grundstücke FlNr. 1…, 2… und 3…, jeweils Gemarkung und Gemeinde B* … … …, für Unterhaltungsarbeiten zur Sanierung des Salinenstollens im O* … Bach durch das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim ab der Bescheidszustellung bis zum 31. Mai 2025 verpflichtet.
2
Mit Klageschrift vom 17. März 2025 hat der Antragsteller gegen den Bescheid vom gleichen Tage Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben, bisher ohne Klageanträge und -begründung; die Klage, über die noch nicht entschieden ist, wird unter dem Aktenzeichen M 31 K 25.1640 geführt.
3
Mit Schriftsatz vom 20. März 2025, beim Verwaltungsgericht München am gleichen Tag eingegangen, beantragt der Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
4
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 17. März 2025, Az.: M 31 K 25.1640, gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. März 2025, zugestellt am 17. März 2025, … …, wiederherzustellen.
5
Hilfsweise wird beantragt,
6
die sofortige Vollziehung aufzuheben.
7
Zur Begründung wird unter Vorlage von zwei Gutachten im Wesentlichen angeführt, mit den beabsichtigten Maßnahmen des Antragsgegners könnten die Ziele der Instandsetzung – nämlich Wiederherstellung der hydraulischen Leistungsfähigkeit des Stollens sowie der Standsicherheit – nicht erreicht werden. Im Gegenteil entstünde eine ganz erhebliche Gefahr der Überflutung des Grundstücks des Antragstellers bei Starkregenereignissen, wie dies in der jüngeren Vergangenheit schon mehrfach eingetreten sei. Der Antragsteller habe die Arbeiten daher nicht zu dulden, da diese einen rechtswidrigen Zustand perpetuieren würden. Vielmehr seien ausweislich eines im Zuge der Planungen des zuständigen Wasserwirtschaftsamts vorgelegten Erläuterungsberichts andere Varianten gegenüber der Sanierung im Bestand vorzugswürdig.
8
Der Antragsgegner beantragte mit Schreiben vom 24. März 2025,
10
Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich bei den bereits begonnenen Arbeiten des Wasserwirtschaftsamts bzw. des von ihm beauftragten Bauunternehmens um reine Unterhaltungsarbeiten handele und nicht um einen Gewässerausbau, der für die vom Antragsteller geforderte Verbesserung des Hochwasserschutzes bezogen auf einen hundertjährlichen Hochwasserabfluss (HQ100) erforderlich wäre. Ein solcher Ausbau sei derzeit aber nicht absehbar, da dieser von den zuständigen Behörden aus verschiedenen Gründen als von nachrangiger Bedeutung eingestuft werde. Die beabsichtigten Unterhaltungsmaßnahmen seien hingegen dringend erforderlich, da der Stollen in sehr schlechtem Zustand und im Hochwasserfall einsturzgefährdet sei.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses und des Hauptsacheverfahrens sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
12
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
13
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im Interesse des hier als gewässerverwaltende Stelle des Freistaates Bayern mit der Gewässerunterhaltung betrauten Wasserwirtschaftsamtes angeordnet und in Übereinstimmung mit § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich begründet.
14
Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden summarischen Prüfung erweist sich die Duldungsanordnung als rechtmäßig (1.). Es besteht auch ein besonderes Vollzugsinteresse im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO (2.).
15
1. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 WHG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayWG haben die Eigentümer und Anlieger eines Gewässers die zu einer ordnungsgemäßen Unterhaltung erforderlichen Arbeiten und Maßnahmen am Gewässer sowie das Betreten ihrer Grundstücke durch die zur Unterhaltung Verpflichteten und ihre Beauftragten zu dulden. Nach Art. 25 Abs. 4 Satz 3 BayWG ist auf die Interessen der Duldungspflichtigen Rücksicht zu nehmen.
16
Bei summarischer Prüfung entspricht die streitgegenständliche Duldungsanordnung diesen gesetzlichen Voraussetzungen.
17
1.1 Der von Gesetzes wegen gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 WHG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayWG bestehenden Duldungspflicht, die hier durch den Antragsgegner in Nr. 1 streitbefangenem Bescheid gegenüber dem Antragsteller im Wege der Einzelfallanordnung nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 WHG Konkretisierung gefunden hat, kann der Antragsteller schon dem Grunde nach nicht entgegenhalten, die vom Wasserwirtschaftsamt geplanten Maßnahmen könnten die von ihm damit verfolgten Ziele der Wiederherstellung der hydraulischen Leistungsfähigkeit des Stollens und seiner Standsicherheit nicht erreichen. Dies ergibt sich daraus, dass der Antragsteller mit seiner hier allein auf das Sanierungsvorhaben selbst bezogenen Kritik im Verfahren um eine Duldungsanordnung nicht durchdringen kann (vgl. zu § 17 AEG BVerwG, B.v. 21.11.2022 – 7 VR 3.22 – juris Rn. 10). Anders als in der der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden Konstellation, bei der die Duldung einer planvorbereitenden Maßnahme gemäß § 17 AEG inmitten stand und damit die vorhabenbezogene Kritik in diesem Rahmen als unzulässiger vorbeugender einstweiliger Rechtsschutz abgelehnt wurde, dient die vorliegende Duldungsanordnung zwar unmittelbar der Durchführung der eigentlichen Unterhaltungsmaßnahme, so dass kein gestuftes Planungs- und Zulassungsszenario vorliegt. Dennoch ist beiden Konstellationen gemeinsam, dass vorhabenbezogene Einwendungen im Duldungsrechtsstreit geltend gemacht werden; eine derart weite Rechtmäßigkeitsverknüpfung sprengt indes den Rahmen des Duldungsrechtsstreits.
18
Dem Antragsteller wurde streitgegenständlich aufgegeben, das Betreten seiner Grundstücke FlNr. 1…, 2… und 3… der Gemarkung B* … … … zur Sanierung des Salinenstollens, der dort die Fassung des O* … Baches darstellt, ab der Bescheidszustellung bis zum 31. Mai 2025 zu dulden und dazu insbesondere den Revisionsschacht und einen entsprechenden Zugangsbereich freizuhalten. Damit sind allein das Betreten der vorgenannten Grundstücke während der Bauphase und die unterflurige Sanierung des Stollens Regelungsgegenstand der Anordnung. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich aus diesen im Bescheidswege konkretisierten gesetzlich Pflichten in erheblicher Weise unmittelbare Rechtsverletzungen für den Antragsteller ergeben würden. Die kritisierte Beeinträchtigung seiner Rechtspositionen wird von ihm vielmehr allein in der nach seiner Auffassung in erheblicher Weise unzureichenden Zielerreichung beim Hochwasserschutz nach Umsetzung der vom Wasserwirtschaftsamt durchgeführten Unterhaltungsmaßnahmen am Stollen gesehen. Diese vom Antragsteller befürchtete erhebliche Zielverfehlung beim Hochwasserschutz ist indes als lediglich mittelbare Folge der Unterhaltungsmaßnahme nach § 39 WHG nicht Prüfungsgegenstand der Anfechtung der streitbefangenen Duldungsverfügung.
19
Zwar stehen die Pflichten nach § 41 Abs. 1 WHG als allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung unter dem Vorbehalt der ordnungsgemäßen Gewässerunterhaltung. Danach müssen sich die durchzuführenden Maßnahmen im Rahmen des § 39 WHG halten und als solche erforderlich sein. Eine unverhältnismäßige Inanspruchnahme des Pflichtigen scheidet daher aus. Insbesondere muss eine Art der Unterhaltung gewählt werden, die bei gleicher Eignung zur Zweckerreichung die geringsten Auswirkungen auf den Duldungspflichtigen hat. Dabei darf die mit der Duldung verbundene Beeinträchtigung nicht außer Verhältnis zur erreichten Verbesserung der Unterhaltung stehen. Art. 25 Abs. 4 Satz 3 BayWG statuiert dazu als einfachgesetzlich landesrechtliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausdrücklich ein Gebot der Rücksichtnahme. Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Duldungspflichtigen besteht dabei als begleitende Sorgfaltspflicht bei jeder Ausführung der Gewässerunterhaltung. Somit ist grundsätzlich auf vom Betroffenen vorgetragene Gegenvorschläge über andere technische Möglichkeiten zur Unterhaltung Rücksicht zu nehmen und darauf, soweit möglich, auch einzugehen. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der Vorschläge hat der Duldungspflichtige aber nur dann, wenn seine Vorschläge zu einer objektiv effektiveren Unterhaltung führen und diese auch in das Gesamtkonzept der Unterhaltungsmaßnahme einschließlich ihrer Finanzierbarkeit passen. Dabei ist die Frage der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit umso strenger zu beurteilen, je stärker der Eingriff sich auf das betroffene Grundstück auswirken würde (vgl. Gies in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 105. EL September 2024, § 41 WHG Rn. 24 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 13. Aufl. 2023, § 41 Rn. 15 f.; Drost in Drost/Ell, WHG, Stand 43. EL August 2024, § 41 Rn. 20).
20
Dies zugrunde gelegt, sind vorliegend allein die zu duldende Grundstücksbetretung sowie die Durchführung der unterflurigen Sanierungsarbeiten am Stollen als solche als Rechtseingriff in den Blick zu nehmen, da diese den unmittelbaren Inhalt der streitigen Verfügung darstellen; darin erschöpft sich ihr konkreter Regelungsgegenstand und -zweck. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind indes die mittelbaren Folgen bei der wasserwirtschaftlichen Zielerreichung des Hochwasserschutzes, die vom Antragsteller hier allein als maßgeblich rechtswidrig in den Blick genommen werden. Eine entsprechende weite Rechtmäßigkeitsverknüpfung auch im Hinblick auf die weitere Zielerreichung der Unterhaltungsmaßnahme wird vom Vorbehalt der ordnungsgemäßen Erfüllung der Unterhaltungspflichten nach § 41 Abs. 1 i.V.m. § 39 WHG nicht mehr erfasst. Vielmehr können Einwendungen gegen die mittelbare Zielerreichung des Hochwasserschutzes zum Gegenstand eines gegen den auf eben diese Maßnahmen selbst bezogenen Rechtsschutzverfahrens sein (vgl. Schwendner/Rossi in Sieder/Zeitler, BayWG, Stand 39. EL Januar 2023, Art. 25 Rn. 52; Drost in Drost/Ell, BayWG, Stand März 2023, Art. 25 Rn. 17). Ihre rechtliche Prüfung ist allein einem solchen eigenständigen Verfahren vorbehalten. Der Duldungspflichtige kann dabei im Rahmen und Umfang der ihm insoweit zu Gebote stehenden Rechtsposition (vgl. dazu nachfolgend unter 1.2) die Durchsetzung des Rücksichtnahmegebots im Wege einer allgemeinen Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) verfolgen (vgl. Drost aaO).
21
Eine andere Betrachtungsweise würde den lediglich flankierend-akzessorischen Charakter des Rücksichtnahmegebots nach § 41 WHG i.V.m. Art. 25 Abs. 4 Satz 3 BayWG bei der Prüfung der Ordnungsgemäßheit und Erforderlichkeit der Ausführung der zu duldende Unterhaltungsmaßnahme überschreiten, der gerade vom unmittelbaren Maßnahmeinhalt und -zweck geprägt und begrenzt wird. Zudem würde die vom Antragsteller vorliegend postulierte Prüfung, ob die entsprechend der Planung des Wasserwirtschaftsamtes realisierten Unterhaltungsmaßnahmen in weiterer Folge mangels hydraulischer oder statischer Ungeeignetheit einer Bestandsanierung zu einer erheblichen Gefährdung von Rechtspositionen des Antragstellers infolge von dadurch auch künftig nicht bewältigbarer Starkregenereignisse auf seinen Grundstücken führen, den Rahmen des Duldungsrechtsstreits überschreiten.
22
Für diese Sichtweise spricht auch die Erwägung, dass der – letztlich zufällige – Umstand, dass der Adressat der Duldungsanordnung hier gleichzeitig von den beabsichtigten Unterhaltungsmaßnahmen (mit) betroffener Dritter ist – da diese nämlich zumindest mittelbar auch auf den Schutz seiner Grundstücke mit Wohnbebauung vor Hochwasserereignissen zielen –, nicht ausschlaggebend für die Möglichkeit der Geltendmachung von vorhabenbezogenem Rechtsschutz sein kann. Befände sich der für die Sanierungsarbeiten erforderliche Zugang zum Revisionsschacht nicht auf den Grundstücken des Antragstellers, verblieben ihm nur die allgemeinen Rechtschutzmöglichkeiten gegen die Unterhaltungsmaßnahme als solche. Es wäre daher systemfremd, den Duldungsrechtsstreit um die vorhabenbezogene Kritik „aufzuladen“.
23
1.2 Anderes ergäbe sich im Übrigen auch dann nicht, wenn man – entgegen dem Vorstehenden – davon ausginge, dass die Sanierungsmaßnahme, insbesondere ihre Geeignetheit mit Blick auf den Hochwasserschutz des Antragstellers, selbst (inzidenter) Prüfungsgegenstand des vorliegenden Rechtsschutzverfahrens wäre. Denn ein Anspruch auf Berücksichtigung der Vorschläge des duldungspflichtigen Antragstellers könnte, wie ausgeführt, nur dann bestehen, wenn seine Vorschläge zu einer objektiv effektiveren Unterhaltung führten und diese auch in das Gesamtkonzept der Unterhaltungsmaßnahme einschließlich ihrer Finanzierbarkeit passten.
24
Hierzu trägt der Antragsteller indes nicht näher vor, sondern erwähnt in seiner Antragsschrift lediglich Varianten, die laut eines Erläuterungsberichts der d** …-G* … Salzburg vom 1. Februar 2021 „hydraulisch günstigere Verhältnisse gewährleisten würden“. Inwieweit diese Varianten objektiv besser geeignet sein sollen, um das Ziel der Unterhaltung, nämlich Erhaltung des Gewässerbetts und Sicherung des ordnungsgemäßen Wasserabflusses durch Wiederherstellung der Standsicherheit und Dauerhaftigkeit des Bauwerks, zu erreichen, führt der Antragsteller jedoch nicht näher aus. Vielmehr ergibt sich aus der Antragserwiderung (S. 2 oben), dass die vom Antragsteller favorisierte(n) Alternative(n) eines Gewässerausbaus bedürften und damit ein rechtliches aliud zur Gewässerunterhaltung (§§ 67 ff. WHG) darstellten.
25
Ein solches aliud kann der Antragsteller indes im Rahmen einer Maßnahme zur Gewässerunterhaltung nicht gleichsam als „Austauschmittel“ beanspruchen. Denn auch wenn, wie bereits ausgeführt, gemäß Art. 25 Abs. 4 Satz 3 BayWG grundsätzlich auf vom Betroffenen vorgetragene Gegenvorschläge über andere technische Möglichkeiten Rücksicht zu nehmen und darauf, soweit möglich, auch einzugehen ist, so endet diese Alternativenprüfung jedenfalls dort, wo statt der Unterhaltung ein Gewässerausbau gefordert wird. Ein Anspruch hierauf besteht nicht. Das Wasserwirtschaftsamt hat dazu im Übrigen nachvollziehbare Gründe (ungünstiger Kosten-Wirksamkeitsfaktor, Zweifelhaftigkeit des öffentlichen Interesses wegen singulärer Betroffenheit des Antragstellers, notwendiger Grunderwerb zur Umsetzung, weitere Nutzungs- und Interessenkonflikte) angeführt, wonach ein solcher Ausbau derzeit nicht beabsichtigt ist.
26
1.3 Unabhängig vom Vorstehenden selbstständig die Entscheidung tragend gilt schließlich, dass die vom Antragsteller gerügte evidente Ungeeignetheit und damit einhergehend offensichtliche Rechtswidrigkeit der geplanten Unterhaltungsmaßnahmen und eine darauf fußende Rechtsverletzung des Antragstellers nach Aktenlage nicht festzustellen ist.
27
Zunächst ist zu beachten, dass es sich bei der Gewässerunterhaltungspflicht nach § 39 Abs. 1 WHG um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt, die grundsätzlich nur gegenüber der Allgemeinheit besteht und keinen Drittschutz vermittelt. Es besteht daher regelmäßig bereits kein Rechtsanspruch Dritter auf Erfüllung der Unterhaltungspflicht oder auf Vornahme bestimmter Unterhaltungsarbeiten durch den Unterhaltungspflichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 31.8.2011 – 8 ZB 10.1961 – juris Rn. 22; VG München, B.v. 6.6.2024 – M 31 E 24.3064 – juris Rn. 21; U.v. 10.2.2015 – M 2 K 14.2914 – juris Rn. 33; Czychowski/Reinhardt, WHG, 13. Aufl. 2023, § 39 Rn. 19 ff. m.w.N.). Der Antragsteller hat daher grundsätzlich – und auch vorliegend – schon keinen Anspruch auf bestimmte Unterhaltungsmaßnahmen, die über die vom Wasserwirtschaftsamt geplanten Maßnahmen, hier der Bestandssanierung des Stollens, hinausgehen.
28
Dazu kommt, dass das Wasserwirtschaftsamt dem gutachtlich unterlegten Vortrag des Antragstellers zur Ungeeignetheit der projektierten Maßnahme inhaltlich substantiiert entgegengetreten ist. Soweit der Antragsteller maßgeblich bestreitet, dass mit den vom Wasserwirtschaftsamt geplanten Unterhaltungsmaßnahmen in Gestalt einer Bestandssanierung des Stollens eine hinreichende Hochwasservorsorge einhergehe, stellt dies die Position des Wasserwirtschaftsamtes nicht ernsthaft infrage. In wasserrechtlichen Verfahren kommt gerade den Beurteilungen des Wasserwirtschaftsamts als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (vgl. Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) besondere Bedeutung zu, weil sie auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen. Weitere Aufklärung des Sachverhalts ist nur dann geboten, wenn sich der Eindruck aufdrängen muss, dass das Gutachten des Wasserwirtschaftsamts unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist oder wenn die Erkenntnisse, die in dem Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände der Beteiligten ernsthaft infrage gestellt erscheinen. Auch ein Privatgutachten bedarf eines qualifizierten Vortrags, der sich nicht nur in ausreichendem Maß mit dem behördlichen Gutachten auseinandersetzt, sondern auch schlüssig aufzeigt, warum das dort gefundene Ergebnis nicht als vertretbar angesehen werden kann, um die Sachverständigenaussagen des Wasserwirtschaftsamts ernsthaft zu erschüttern (vgl. aktuell z.B. BayVGH, B.v. 19.2.2025 – 8 ZB 24.1334 – juris Rn. 25 f.)
29
Ein solchermaßen qualifizierter Vortrag des Antragstellers ist vorliegend nicht festzustellen. Ausweislich der Ausführungen in der Antragserwiderung setzen sich das Wasserwirtschaftsamt bzw. die von ihm beauftragten Sachverständigen, deren fachliche Bewertungen sich das Wasserwirtschaftsamt insoweit zu eigen macht, mit den vom Antragsteller vorgelegten privatgutachterlichen Ausführungen auseinander und entkräften diese nachvollziehbar unter Verweis auf eine Fehlinterpretation des Bildmaterials (S. 3 oben) bzw. auf bereits durchgeführte Maßnahmen im Zuge der derzeitigen Sanierung (S. 3 unten). Insbesondere wird für das Gericht nachvollziehbar betont, dass die beabsichtigten Unterhaltungsarbeiten weder zum Ziel haben, einen Hochwasserschutz für einen hundertjährlichen Hochwasserabfluss (HQ100) am O* … Bach herzustellen noch die aufgrund der starken Hanglage und damit vom Stollen unabhängig bestehende Gefahren bei wild abfließendem Wasser durch Starkregenereignisse zu beseitigen. Es wird daher auch nachvollziehbar erläutert, dass es aufgrund dieser unterschiedliche Zielsetzungen sowie Bearbeitungs- und Planungstiefe der vom Wasserwirtschaftsamt geplanten Unterhaltungsmaßnahme gegenüber der vom Antragsteller geforderten Ausbaumaßnahme zu unterschiedlichen Vermessungsergebnissen kommen konnte (S. 2 oben sowie S. 153 ff. der Behördenakte).
30
Weiterhin wird zur Überzeugung des Gerichts auch hinreichend dargelegt, dass seit der Einschätzung aus dem Jahr 2022, die noch davon ausgegangen war, eine Sanierung im Bestand sei aufgrund des Alters und des Zustands nicht möglich, das Wasserwirtschaftsamt zwischenzeitlich zu einer neuen Einschätzung gelangt ist.
31
Schließlich ist festzuhalten, dass ausweislich des Vermerks des Wasserwirtschaftsamts vom 14. Februar 2025 (S. 151 ff. der Behördenakte) bereits im Zuge der Aufstellung der Außenbereichssatzung „Os* …“ nach § 35 Abs. 6 BauGB durch die Gemeinde B* … … … im Jahr 2017 auf die möglichen Überflutungen durch den verrohrten O* … Bach und Gefahren durch wild abfließendes Wasser hingewiesen und Maßnahmen zum Objektschutz thematisiert wurden, die jedoch nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts durch den Antragsteller weder bei der Bauausführung noch auf mehrfache Empfehlungen des Wasserwirtschaftsamts im Zuge der Untersuchungen nach Starkregenereignissen umgesetzt wurden (S. 3 f. des Vermerks, S. 152 f. der Behördenakte). Zu Recht wird dort außerdem zum einen auf die Obliegenheit zur Eigenvorsorge gemäß § 5 Abs. 2 WHG verwiesen sowie zum anderen auf die Grenzen der Gewässerunterhaltungspflicht. Demnach folgt hieraus keine umfassende Verantwortung des Unterhaltungspflichtigen für einen in jeder Hinsicht gefahrlosen Zustand des Gewässers und optimalen Wasserabfluss auch im Hochwasserfall. Die Unterhaltungspflicht umfasst alle zur Erhaltung eines ordnungsmäßigen Zustandes notwendigen Arbeiten am Gewässerbett einschließlich der Ufer, damit das in ihm gewöhnlich befindliche Wasser im Normalfall ungehindert, störungsfrei und gefahrlos abfließen kann, nicht aber Veränderungen zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses (Czychowski/Reinhardt, WHG, 13. Aufl. 2023, § 39 Rn. 29; Schwendner/Rossi in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG Stand 59. EL August 2024, § 39 Rn. 65).
32
2. Es besteht auch ein besonderes materielles Vollzugsinteresse i.S.d. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Nachvollziehbar weist der Antragsgegner darauf hin, dass es bei einem jederzeit möglichen Hochwasser am O* … Bach durch den unstreitig mangelhaften Zustand des Stollens ohne die nunmehr veranlassten und bereits begonnenen Sanierungsarbeiten zu erheblichen Schäden insbesondere gerade für den Antragsteller kommen könnte. Die besondere Dringlichkeit (der Fortsetzung) der Arbeiten ergibt sich nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Antragsgegners gerade auch daraus, dass die vorbereitenden Arbeiten der Sanierungsmaßnahme einen unmittelbaren Handlungszwang zur Sicherung der Standfestigkeit mit Blick auf die – auch bereits vom Privatgutachter Wimmer – festgestellten Sohlauskolkungen bestätigt haben. Im Falle eines Abbruchs der Sanierungsarbeiten und Zuwartens mit der Entscheidung in der Hauptsache droht jederzeit im Hochwasserfall der Einsturz von Stollenteilen, was insbesondere das angrenzende und teilweise über dem Stollen liegende Grundstück sowie das auf dem Stollen befindliche Gebäude u.a. des Antragstellers erheblichen Gefahren aussetzen würde. Es ist daher ebenfalls nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner eine besondere Eilbedürftigkeit darin sieht, dass der Stollen vor der nächsten Hochwassersaison im Frühjahr 2025 gerade aufgrund der drohenden Einsturzgefahr saniert werden muss.
33
Da, wie ausgeführt, die vorhabenbezogene Kritik des Antragstellers im Duldungsrechtsstreit nicht zum Tragen kommt bzw. das Gericht zumindest nach summarischer Prüfung keine durchgreifenden Zweifel an der Erforderlichkeit der konkret beabsichtigten Sanierung im Bestand hat und die Duldungsanordnung als solche betreffende Gründe von relevantem Belang weder vom Antragsteller vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, überwiegt daher das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung der Vollziehbarkeit der Duldungsanordnung.
34
Der Antrag war sonach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
35
Der Hilfsantrag, gerichtet auf die Aufhebung der sofortigen Vollziehbarkeit, ist unzulässig. Statthafter Rechtsbehelf gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Duldungsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist der bereits als Hauptantrag gestellte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO.
36
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013.