Titel:
Beseitigungsanordnung, Landwirtschaftliche Privilegierung (verneint), Errichtung eines Fahrwegs, Aufschüttung, Bauschutt
Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 35 Abs. 2
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5
BayBO Art. 76 S. 1
Schlagworte:
Beseitigungsanordnung, Landwirtschaftliche Privilegierung (verneint), Errichtung eines Fahrwegs, Aufschüttung, Bauschutt
Fundstelle:
BeckRS 2025, 5478
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Aufhebung einer zwangsgeldbewehrten Beseitigungsanordnung betreffend mehrere Anlagen auf seinem Außenbereichsgrundstück FlNr. 832 Gem. H. (Vorhabengrundstück).
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Bereits im April 2011 stellte das Landratsamt R. (im Folgenden: das Landratsamt) fest, dass auf dem Vorhabengrundstück Auffüllungen bzw. die Errichtung einer Fahrstraße vorgenommen wurden (s. hierzu die umfangreiche Lichtbilddokumentation Bl. 4 ff. der Behördenakte – BA – BT- …). Mit bestandskräftigem Bescheid vom … Juli 2011 verpflichtete der Beklagte den Kläger zwangsgeldbewehrt, für die Maßnahme einen Bauantrag zu stellen.
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Am ... August 2011 reichte der Kläger einen Bauantrag für das Vorhaben „Aufschüttung einer Hangfläche in einer landwirtschaftlichen Wiesenfläche“ (...) ein. Mit Schreiben vom … Mai 2012 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass aus naturschutzrechtlichen Gründen Anpassungen der Planung erforderlich seien. Zudem diene das Vorhaben nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb und beeinträchtige als sonstiges Vorhaben Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Daraufhin zeigte der Pächter des Grundstücks den Bauherrnwechsel an. Mit Schreiben vom ... August 2017 hörte das Landratsamt den neuen Bauherrn zur Beabsichtigten Ablehnung des Bauantrags an; Nach Auffassung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten diene das Vorhaben des Pächters nicht, weil Pachtverträge relativ leicht kündbar seien. Mit Schreiben vom ... November 2017 teilte das Landratsamt dem Bauherrn mit, dass der Antrag als zurück genommen gelte.
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Die zwischenzeitlich seitens des Klägers vorgenommenen Arbeiten (Abladung neuer Materialen an der Hangkante, unter anderem Fliesen und Betonsteine) stellte der Beklagte mit Bescheid vom … April 2014 mit Sofortvollzug ein. Der hiergegen gerichtete Eilantrag (M 1 S 14.1967) blieb erfolglos, die Klage (M 1 K 14.1945) wurde zurück genommen. Die aufgrund der Größe der Aufschüttung erforderliche Baugenehmigung liege nicht vor. Sie sei im Übrigen auch nicht genehmigungsfähig. Sie diene insbesondere nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb und beeinträchtigte Landschafts- und Naturschutz.
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Nach Anhörung erließ der Beklagte unter dem ... September 2019 den streitgegenständlichen Bescheid, mit dem der Kläger unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von jeweils 1.500,00 Euro (Nrn. 2.1, 2.2, 2.3 des Bescheides) verpflichtet wird, die bereits errichtete, aus dem beigefügten Lageplan ersichtliche Fahrstraße, das Bauschuttlager und die Auffüllung binnen dreier Monate nach Bestandskraft des Bescheides zu beseitigen, dies anhand von Fotos zu dokumentieren und dem Landratsamt zuzuleiten. In den Gründen des Bescheids wird ausgeführt, dass die baulichen Anlagen bauplanungsrechtlich unzulässig seien. Das Bauvorhaben diene keinem landwirtschaftlichen Betrieb. Als sonstiges Vorhaben beeinträchtige es den Landschafts- und Naturschutz. Die Aufschüttungen an der Hangkante seien weithin sichtbar und beeinträchtigten die natürliche Eigenart der Landschaft. Zudem könne eine Beeinträchtigung des direkt angrenzenden Biotops nicht ausgeschlossen werden. Bei der Ortseinsicht habe sich gezeigt, dass hier unsortierter Bauschutt – Ziegel mit Steinwolle, Dachpappe, Eternitplatten und ähnliches – sowie Fliesen, Betonsteine und rote Ziegel zur Auffüllung eingebracht worden seien. Aus naturschutzrechtlichen Gründen sei hier nur eine Auffüllung mit Erdaushub zulässig. Die Beseitigung liege außerdem im pflichtgemäßen Ermessen und sei das einzige Mittel zur Herstellung rechtmäßiger Zustände, damit auch verhältnismäßig.
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Hiergegen hat der Kläger am 6. Oktober 2019 Klage (M 1 K 19.5033, nach Ruhensbeschluss vom 14. Februar 2020 auf Antrag des Beklagten vom 2. Juni 2021 fortgesetzt unter dem Aktenzeichen M 1 K 21.2989) erhoben und beantragt,
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den Bescheid des LRA aufzuheben.
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Die Fahrstrecke bestehe bereits seit 2009 und sei damals in Abstimmung mit der Fachabteilung Kreislaufwirtschaft/Umweltschutz hergerichtet worden. Dank des im Zuge der Errichtung verwendeten Materials, der Fahrbreite von 4,0 m – 5,0 m sowie ihrer Länge von 125 m füge sie sich völlig harmonisch in die Ortslage ein, das Höhenniveau sei hier nicht verändert, der Fahrweg schon lange eingewachsen. Jedenfalls mittlerweile diene das Vorhaben einem Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, eine entsprechende Wirtschaftlichkeitsberechnung sei dem AELF mit Schreiben vom … Dezember 2024 zugegangen. Angesichts der Grundstücksgröße sei eine landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks ohne Fahrweg nicht möglich, dies gelte umso mehr für seine dort befindliche Christbaumkultur. Ohne Fahrweg könne niemand die Christbäume vom Acker transportieren. Aber auch ohne Privilegierung halte er den Bescheid für rechtswidrig. Seine Vorhaben betreffe nur sein Grundstück und beeinträchtigten niemanden, seien unwesentlich einsichtig, die Erschließung vorhanden. Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien ausgeräumt. Eine Einigung mit der Abteilung Naturschutz sei am … September 2021 mit Änderung der Planung erzielt worden. Auch bei einem nördlichen Nachbargrundstück seien 2019 größere Auffüllungen gemacht worden, ohne dass hiergegen eingeschritten worden sei. Aus Gleichheitsgesichtspunkten seien seine Vorhaben damit entweder ebenfalls zu genehmigen oder der Nachbar ebenfalls zur Beseitigung aufzufordern.
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Der Beklagte beantragt,
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Mit E-Mail vom … Februar 2025 hat das AELF zum Betriebskonzept des Klägers vom … Februar 2024 mit Nachreichungen vom … Dezember 2024 Stellung genommen und im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Gesetzgeber im Falle einer Betriebsgründung unter anderem geforderte Wirtschaftlichkeit, Sachkunde und Nachhaltigkeit nicht gegeben sei. Es bestehe kein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 201 BauGB und die Maßnahmen, die auf FlNr. 832 Gem. H. durchgeführt worden seien oder noch geplant seien, dienten keinem landwirtschaftlichen Betrieb.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten.
Entscheidungsgründe
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1. Die zulässige Anfechtungsklage bezüglich des Bescheids vom ... September 2019 hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (im vorliegenden Fall einer Beseitigungsanordnung, wären im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht, Art. 14 Abs. 1 GG, Änderungen zugunsten des Klägers noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen).
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Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, so kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände geschaffen werden können, Art. 76 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO).
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Die Fahrstraße, die Aufschüttung sowie das Bauschuttlager, die ausweislich der Lichtbilddokumentation der Baukontrolle vom ... Februar 2025 noch im Wesentlichen vorhanden sind, dienen ersichtlich nicht einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und sind als sonstiges Vorhaben, § 35 Abs. 2 BauGB, bauplanungsrechtlich unzulässig. Denn sie beeinträchtigen die natürliche Eigenart der Landschaft und sind aufgrund des verwendeten Materials mehr als bedenklich in Bezug auf den Naturschutz, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB.
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Das Gericht folgt insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO der Begründung des angefochtenen Bescheides und macht sich die dortigen Ausführungen zu eigen. Weiter wird zur Genehmigungsfähigkeit der Fahrstraße und der Aufschüttung Bezug genommen auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts München im dem Beteiligten bekannten Beschluss vom 14. Juli 2014 (M 1 S 19.1967, dort insbes. S. 8 und 9) .
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Es haben sich zugunsten des Klägers zwischenzeitlich auch keine Änderungen hinsichtlich der Einordnung als sonstiges Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB ergeben. Zwar hat der Kläger vorgetragen, aufgrund seiner Bienenhaltung, dem Anbau und Verkauf von Christbäumen und eines praktizierten Kartoffel- und Gemüseanbaus nun Landwirt zu sein und diesbezüglich ein Betriebskonzept vorgelegt. Das Gericht folgt insoweit der Stellungnahme des AELF vom ... Februar 2025. Das Vorliegen einer landwirtschaftlichen Betriebsnummer oder die Gewährung von Fördermaßnahmen lässt für sich nicht den Schluss zu, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 201 BauGB vorhanden ist. Gleiches gilt für die Erteilung von forstwirtschaftlichen Aufforstungsmaßnahmen für die vorhandene Christbaumkultur. Auch der Verweis darauf, dass die Christbäume seit Jahren allseits gut angenommen würden, ist insoweit irrelevant. Allein die pauschale Aussage, er halte entgegen der Einschätzung des AELF sein Betriebskonzept für nachvollziehbar vermag die fachliche Einschätzung des AELF auch nicht in Frage zu stellen. Es drängt sich der Einzelrichterin vielmehr der Verdacht auf, dass der Vortrag des Klägers zu seinen landwirtschaftlichen Betätigungen insgesamt eher prozesstaktisch motiviert ist.
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Im Übrigen erweist sich die Anordnung zur Beseitigung des errichteten Fahrwegs auch mit dem Eigentumsgrundrecht vereinbar. Wie der Kläger selbst ausführt, besteht die grundgesetzlich in Art. 14 GG verankerte Eigentumsfreiheit nur im Rahmen der Gesetze. Im Rahmen der Gesetze bewegt sich die errichtete Zufahrt jedoch nicht, weil sie als sonstiges Vorhaben im Außenbereich unzulässig ist, s.o. Es stellt auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in die von ihm betriebene Christbaumzucht dar, wenn diese für Kundinnen und Kunden nicht mit Kraftfahrzeugen anfahrbar ist. Es kann dem Kläger zugemutet werden, den Verkauf der Christbäume an die Kunden auch von einer anderen Verkaufsstelle aus vorzunehmen.
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2. Die Klage war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.