Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 20.03.2025 – RN 5 S 25.221
Titel:

Vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO, Anordnungen zur Beseitigung eines massiven Rattenbefalls auf einem Grundstück, Störerauswahl

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
lfSG § 17 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 16 Abs. 2 S. 1, Abs. 1
Schlagworte:
Vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO, Anordnungen zur Beseitigung eines massiven Rattenbefalls auf einem Grundstück, Störerauswahl
Fundstelle:
BeckRS 2025, 5430

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Bescheid der Stadt X …, durch den ihm aufgegeben wurde, auf seinem konkret bezeichneten Grundstück Rattenbekämpfungsmaßnahmen durch einen professionellen Schädlingsbekämpfer durchführen zu lassen und Nistmöglichkeiten für die Ratten zu entfernen.
2
Im März 2024 wurde die Antragsgegnerin durch Bewohner der A … Straße in X … auf einen Rattenbefall auf dem Grundstück des Antragstellers, A … Straße … (Flur-Nr. …, Gemarkung …) aufmerksam gemacht. Im Rahmen einer von der Antragsgegnerin durchgeführten Ortseinsicht bestätigte sich die Beschwerde. Es wurde festgestellt, dass sich Ratten auf dem Grundstück des Antragstellers eingenistet hatten. Bereits mit Schreiben vom 27.3.2024 wurde der Antragsteller daher aufgefordert, Maßnahmen – wie etwa Verschließen von Einwanderungsmöglichkeiten für Ratten, Zumauern von Wandöffnungen, Verzicht der Lagerung von Essensresten und tierischen Abfällen auf dem Hauskompost, Entsorgung von Abfall nur in verschließbaren Mülleimern und Mülltonnen sowie Aufstellung von Fallen etc. – zu ergreifen. Der Einsatz eines Schädlingsbekämpfers wurde empfohlen. Werde das Rattenaufkommen auf dem Anwesen nicht beseitigt, könnten die zur Bekämpfung erforderlichen Maßnahmen kostenpflichtig angeordnet werden.
3
Daraufhin versuchte der Antragsteller, die Ratten durch den Einsatz von Lebendfallen zu bekämpfen. Nach Auffassung der Antragsgegnerin waren die von ihm ergriffenen Maßnahmen jedoch nicht zielführend, da durch die Lebendfallen insbesondere die Vermehrung der Ratten auf dem Grundstück nicht merklich verhindert werden könne. Mit Schreiben vom 15.4.2024 wurde dem Antragsteller daher erneut empfohlen, eine auf Schädlingsbekämpfung spezialisierte Firma mit der Rattenbekämpfung zu beauftragen.
4
Mit Schreiben vom 27.4.2024 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass er mit der Fachfirma Y … eine Grundstücksbegehung durchgeführt habe. Die Fachfirma habe mitgeteilt, dass zunächst gartenbauliche Maßnahmen erforderlich seien. Er weise aber auch darauf hin, dass sich laut einem Zeitungsartikel im … vom …2024 ca. … Ratten im Stadtgebiet aufhalten würden, was einem Durchschnittswert von etwa drei Ratten pro Einwohner entspreche. Die Rattenzahlen auf seinem Grundstück würden sich somit im Durchschnittsbereich bewegen. Die von ihm ergriffenen Maßnahmen (Einschaltung einer Fachfirma, Rattenfallen) halte er bislang für ausreichend.
5
Da sich die Situation im Laufe des Sommers nicht merklich verbesserte, fand am 9.10.2024 eine Ortsbegehung mit einer Vertreterin des Gesundheitsamtes (Landratsamt X … ) statt. Ausweislich eines dazu gefertigten Aktenvermerks habe der Antragsteller angegeben, fünf Lebendfallen aufgestellt zu haben. Er habe bislang 15 Ratten gefangen, die an der B … wieder freigelassen worden seien. Erneut sei der Antragsteller darauf hingewiesen worden, dass dieses Vorgehen wenig zielführend sei. Die Kastenfallen würden von den Ratten als Gefahr erkannt und nicht mehr besucht. Bei dem Ortstermin sei auch der Schädlingsbekämpfer Y … vor Ort gewesen, der angeraten habe, den Garten zu säubern und die Erdhaufen entfernen zu lassen. Erst danach sei eine Bekämpfung sinnvoll. Mit dem Antragsteller sei vereinbart worden, dass die Stellungnahme eines Schädlingsbekämpfers vorgelegt werde, aus der hervorgehe, welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden sollten.
6
Aufgrund des Ortstermins fertigte das Gesundheitsamt am 24.10.2024 eine Stellungnahme. Danach sei aufgrund des Ausmaßes des Rattenbefalls eine konkrete Gesundheitsgefahr und ein erhöhtes Risiko der Ausbreitung von Krankheiten gegeben. Es drohe mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Übertragung von Krankheiten. Die Ratten seien bereits in den Innenbereich eines Wohnhauses (Wintergarten des Anwesens des Antragstellers) eingedrungen. Es bestehe die konkreten Gefahr einer Krankheitsverbreitung. Es sei bekannt, dass der Rattenbefall so immens sei, dass die Tiere bereits tagsüber im Garten des Antragstellers sowie in den angrenzenden Gärten zu beobachten seien. Nachbarn hätten bestätigt, dass die Ratten tagsüber auf die Spielgerätschaften von Kindern klettern und sich von Menschen nicht abschrecken lassen würden. Die Ratten hätten sich bereits durch das Holz in den Wintergarten der A … Straße … gefressen. Augenscheinlich sei der gesamte Garten des betroffenen Anwesens unterminiert. Die Tunnelausgänge seien an den frischen Grabungsspuren und am fehlenden Graswuchs gut zu erkennen. Die Übertragung von Krankheiten sei durch direkten oder indirekten Kontakt mit Kot oder Urin möglich. Dies könne zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.
7
Auf Nachfrage der Antragsgegnerin teilte der Schädlingsbekämpfer Y … im November 2024 mit, dass ihm der Antragsteller nach der Ortseinsicht am 9.10.2024 keinen Auftrag erteilt habe. Nach seiner Auffassung seien zunächst umfangreiche Gartenarbeiten notwendig. Danach könne mit der Bekämpfung der Ratten durch Auslegen von Gift begonnen werden. Zu diesen Schritten sei der Antragsteller jedoch nicht bereit. Das Aufstellen von Lebendfallen sei nicht zielführend. Er habe das Anwesen bereits vor etwa einem halben Jahr besichtigt. Aufgrund der fehlenden Einsicht des Antragstellers über die erforderlichen Maßnahmen habe er den Auftrag abgelehnt. Der Antragsteller sei der Ansicht, dass eine Bekämpfung mit Lebendfallen ausreichend sei. Um den Rattenbefall zu beseitigen, sei jedoch ein massiver Gifteinsatz erforderlich. Darüber hinaus müsse der ganze Wildwuchs im Garten professionell beseitigt werden.
8
Mit Schreiben vom 14.11.2024 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zum Erlass einer förmlichen Anordnung an. Der Antragsteller äußerte sich daraufhin mit Schreiben vom 18.11.2024. Seiner Ansicht nach liege kein massiver Rattenbefall vor. Er bat darum, eine Stellungnahme eines beauftragten Schädlingsbekämpfers abzuwarten.
9
Mit Schreiben vom 21.11.2024 erklärte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin, dass die Firma Y … nicht mehr für ihn tätig werden wolle und keine Stellungnahme abgeben werde. Die vorliegende Stellungnahme vom April 2024 sei nicht mehr aktuell. Der Antragsteller beabsichtige nunmehr die Firma Z … zu beauftragen. Diese werde innerhalb von 14 Tagen eine Ortsbegehung durchführen und dann eine Stellungnahme abgeben. Telefonisch wurde der Antragsteller nochmals darauf hingewiesen, dass eine Stellungnahme nicht ausreichend sei. Es seien vielmehr konkrete Bekämpfungsmaßnahmen einzuleiten. Andernfalls müsse eine förmliche Anordnung ergehen.
10
Aus einem sich in den Akten befindlichen Schreiben der nunmehr vom Antragsteller beauftragten Firma Z … vom 10.12.2024 geht hervor, dass anlässlich einer Ortsbesichtigung am 5.12.2024 zahlreiche Unterschlupfmöglichkeiten für Nager festgestellt worden seien. Ein Befall und ein Nest unter den Büschen und weiteren Pflanzen sei nicht auszuschließen. Um die Situation zu verbessern, werde dringend empfohlen, alle Pflanzen zurückzuschneiden. Zudem werde empfohlen, den Anbau und die Hütte im Außenbereich vollständig zu entmüllen, da dort Versteckmöglichkeiten für Ratten bestünden. Am Tag der Besichtigung seien Lebendfallen festgestellt worden. Es werde aus Tierschutzgründen dringend abgeraten, derartige Fallen ohne regelmäßige Kontrolle (mindestens zweimal täglich) zu verwenden. Zudem stelle sich die Frage, wohin gefangene Ratten gebracht werden sollen. Es werde die Installation von Köderstationen mit Toxködern durch einen professionellen Schädlingsbekämpfer empfohlen. Dadurch sei eine umfassende und nachhaltige Bekämpfung der Ratten gewährleistet.
11
Am 17.12.2024, dem Kläger zugestellt am 18.12.2024, erließ die Antragsgegnerin folgenden Bescheid:
I. Herrn … wird aufgegeben, auf seinem oben genannten Grundstück unverzüglich Rattenbekämpfungsmaßnahmen durch einen professionellen Schädlingsbekämpfer durchführen zu lassen und der Stadt X …, Gesundheitlicher Verbraucherschutz und Veterinärwesen hierüber bis zum 31.01.2025 geeignete Nachweise vorzulegen.
II. Herr … hat dafür zu sorgen, dass mögliche Nistmöglichkeiten für die Ratten, wie Sperrmüll, Gerümpel oder Abfallhaufen entfernt werden. Schlupflöcher sind zu verschließen.
III. Den Beauftragten der Stadt X … sind die erforderlichen Ermittlungen zu ermöglichen. Insbesondere sind die befallenen Grundstücke, Räume, Anlagen und Einrichtungen zugänglich zu machen.
IV. Eine Anfechtung dieser Anordnung hat keine ausschiebende Wirkung.
V. Diese Anordnung ergeht kostenfrei.
12
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, Ratten seien Gesundheitsschädlinge im Sinne des § 2 Nr. 12 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), die jederzeit Krankheitserreger übertragen und somit schwerste gesundheitliche Schäden beim Menschen verursachen könnten. Bei Feststellung von Gesundheitsschädlingen habe die zuständige Behörde gemäß § 17 Abs. 2 IfSG die erforderlichen Maßnahmen anzuordnen, sofern die Gefahr begründet sei, dass durch sie Krankheitserreger verbreitet würden.
13
Aufgrund der biologischen Eigenschaften bzw. Lebensgewohnheiten von Ratten sowie des räumlichen Zusammenhangs des befallenen Areals mit von Menschen bewohnten bzw. von diesen frequentierten Bereichen bestehe die konkrete Gefahr der Weiterverbreitung von Krankheitserregern. Die Antragsgegnerin sei somit gehalten, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Nachdem Ratten aufgrund biologischer Gegebenheiten von bereits befallenen Anwesen teilweise weiterwanderten, sei es erforderlich, umgehend Bekämpfungsmaßnahmen einzuleiten, damit eine Befallsausdehnung auf umliegende Grundstücke vermieden werde. Aufgrund des massiven Befalls und der Sachverständigenäußerungen werde die Bekämpfung durch ein anerkanntes Schädlingsbekämpfungsunternehmen angeordnet. Grundlage hierzu sei § 17 Abs. 3 Satz 1 IfSG. Die Anordnung sei erforderlich, um eine fachgerechte Bekämpfung der Ratten, auch unter Tierschutzbedingungen, sicherzustellen. Mildere Mittel seien nicht ersichtlich. In Abwägung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sei die Anordnung verhältnismäßig. Im Interesse einer tatsächlich erfolgreichen und ausreichenden Bekämpfung der Schädlinge sei es zudem unbedingt erforderlich, dass den Beauftragten des Veterinäramts gemäß § 16 Abs. 2 IfSG die fraglichen Örtlichkeiten zu Überwachung und Überprüfung der Bekämpfungsmaßnahmen zugänglich gemacht würden. Angesichts des öffentlichen Interesses an der Verhinderung übertragbarer Krankheiten würden die getroffenen Anordnungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Dem Antragsteller werde nichts rechtlich oder tatsächlich Unmögliches abverlangt. Die geforderten Maßnahmen seien zur Infektionsprävention geeignet, erforderlich und angemessen.
14
Mit am 15.1.2025 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenem Schreiben vom 13.1.2025 erhob der Kläger Anfechtungsklage, die unter dem Aktenzeichen RN 5 K 25.112 geführt wird, und stellte zugleich (sinngemäß) einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
15
Zur Begründung trägt er vor, das Verwaltungsverfahren sei fehlerhaft geführt worden. Bei der Ortsbegehung am 9.10.2024 sei vereinbart worden, dass eine Stellungnahme eines professionellen Schädlingsbekämpfers vorgelegt werde. Am 19.12.2024 habe der Antragsteller eine solche Stellungnahme vom 10.12.2024 auch vorgelegt. Allerdings habe die Antragsgegnerin den streitgegenständlichen Bescheid bereits am 17.12.2024 erlassen und habe demzufolge die Stellungnahme nicht berücksichtigt. Auf dem Grundstück des Antragstellers liege auch kein massiver Rattenbefall vor. Soweit sich die Antragsgegnerin diesbezüglich auf eine Äußerung der Firma Y … stütze, müsse bedacht werden, dass diese Äußerung bereits vom April 2024 stamme und in jedem Fall veraltet sei. Bei der Ortsbegehung am 9.10.2024 sei der Antragsteller beauftragt worden, eine aktuelle Stellungnahme eines professionellen Schädlingsbekämpfers vorzulegen. Diese habe die fachliche Grundlage für das weitere Vorgehen sein sollen. Gleichwohl habe das Amt bereits vor Einreichung der Stellungnahme entschieden. Insgesamt sei festzustellen, dass stichhaltige Beweise für einen „massiven“ Rattenbefall nicht vorliegen würden. Schließlich seien die angeordneten Maßnahmen nicht zielführend. Laut Anordnung solle er eine Schädlingsbekämpfungsfirma für eine „Einmalaktion“ beauftragen, die 600,00 EUR bis 800,00 EUR kosten werde. Die Wirkung lasse jedoch nach zwei bis drei Monaten nach. Nachdem es im Stadtgebiet etwa … Wanderratten gebe, sei ersichtlich, dass die Maßnahmen keinen Erfolg versprächen. Zuletzt verstoße die Anordnung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Auch insoweit müsse bedacht werden, dass die angeordneten Maßnahmen im Lauf der Zeit ihre Wirksamkeit verlieren würden. In Anbetracht der verursachten Kosten sei dies nicht hinnehmbar. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Antragstellers wird auf den Inhalt der Klage- und Antragsschrift Bezug genommen.
16
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.12.2024 anzuordnen.
17
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
18
Die getroffenen Anordnungen seien formell und materiell rechtmäßig. Ein Verfahrensfehler liege nicht vor. Die Stellungnahme der Firma Z … vom 10.12.2024 gegenüber dem Antragsteller sei bei der Entscheidung berücksichtigt worden. Die Stellungnahme sei dem Antragsteller und der Antragsgegnerin zeitgleich von der genannten Firma übermittelt worden, wie dies zwischen den Beteiligten vereinbart worden sei. Die Anordnungen seien auch rechtmäßig, insbesondere zielführend und verhältnismäßig. Insoweit könne weitestgehend auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid verwiesen werden.
19
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Eilrechtsschutzsowie auch im Hauptsacheverfahren und auf die Akte der Antragsgegnerin, die dem Gericht vorgelegen hat, Bezug genommen.
II.
20
Der Antragsteller hat neben der von ihm erhobenen Anfechtungsklage auch einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 (VwGO) gestellt (vgl. 1.), der zwar zulässig ist (vgl. 2.), aber in der Sache keinen Erfolg hat (vgl. 3.).
21
1. Nach dem erkennbaren Rechtschutzziel des Antragstellers hat das Gericht die am 15.1.2025 eingegangene Klageschrift vom 13.1.2025, die lediglich mit „Klageerhebung gegen die Anordnung vom 17.12.2024 des Veterinäramts der Stadt X …“ überschrieben ist, zugleich als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO gewertet. Nach dem Inhalt des Schriftsatzes geht es dem nicht anwaltlich vertretenen Kläger im gerichtlichen Verfahren erkennbar (auch) darum, die Anordnungen im streitgegenständlichen Bescheid nicht befolgen zu müssen, um die dadurch verursachten Kosten zu vermeiden. Nachdem der Bescheid sofort vollziehbar ist (vgl. dazu 2.), bedarf es dazu eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO. In seinem Schreiben vom 30.1.2025 (Bl. 1 der Gerichtsakte) hat er später im Übrigen ausdrücklich bestätigt, dass er mit seinem als Klage bezeichneten Schriftsatz vom 13.1.2025 auch dieses Ziel verfolgt.
22
2. Der Antrag ist zulässig.
23
Er ist insbesondere statthaft. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen, wenn der Verwaltungsakt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist. Die getroffenen Maßnahmen stützen sich auf § 17 Abs. 2 und 3 sowie auf § 16 Abs. 2 IfSG, weshalb sie nach den §§ 17 Abs. 6, 16 Abs. 8 IfSG kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind.
24
3. Im Rahmen der Begründetheitsprüfung hat das Gericht eine eigene, originäre Interessenabwägung vorzunehmen, im Rahmen derer zu ermitteln ist, ob das Suspensivinteresse des Antragstellers oder das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Dabei sind maßgeblich die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten einer Klage im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen: Während dem Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer voraussichtlich unzulässigen oder unbegründeten Klage kein hohes Gewicht zukommt, ist die aufschiebende Wirkung im Regelfall anzuordnen, wenn der in der Hauptsache erhobene bzw. noch zu erhebende Rechtsbehelf bei summarischer Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein wird (vgl. nur BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 27.3.2019 – 8 CS 18.2398 – juris Rn. 25 m.w.N.). Sind die Erfolgsaussichten hingegen als offen anzusehen, ist die Entscheidung des Gerichts auf der Grundlage einer reinen Interessenabwägung zu treffen, wobei die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen an einer Herstellung des Suspensiveffekts den öffentlichen Interessen an einem Vollzug schon vor Bestandskraft des Verwaltungsakts gegenüberzustellen sind (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 93 m.w.N.). In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz1 Nr. 4 VwGO stattfindet. Während in den Fällen, in denen die Behörde den Sofortvollzug angeordnet hat, die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses vorgesehen hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (ausführlich dazu: BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f. m.w.N.). Ist ein Verwaltungsakt daher nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig, kommt eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung regelmäßig nicht in Betracht (vgl. dazu: Hoppe in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 91; Schoch in: Schoch/Schneider, 46. EL August 2024, VwGO § 80 Rn. 372 ff. jeweils m.w.N.).
25
a) Rechtsgrundlage für die Anordnungen unter Nr. I. (Beauftragung eines professionellen Schädlingsbekämpfers und Vorlage von geeigneten Nachweisen zur Durchführung der Maßnahmen) ist § 17 Abs. 2 IfSG. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 IfSG hat die zuständige Behörde, wenn Gesundheitsschädlinge festgestellt werden und die Gefahr begründet ist, dass durch sie Krankheitserreger verbreitet werden, die zu ihrer Bekämpfung erforderlichen Maßnahmen anzuordnen.
26
aa) Die Antragsgegnerin hat keinen Verfahrensfehler begangen. Der Antragsteller argumentiert insoweit, die Antragsgegnerin habe vor Erlass der streitgegenständlichen Anordnung die Stellungnahme des Antragstellers und die von ihm angekündigte Äußerung des von ihm beauftragten Schädlingsbekämpfers nicht abgewartet. Die Maßnahmen seien somit ohne vollständige Kenntnis aller maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen getroffen worden. Im Ergebnis macht der Antragsteller damit geltend, dass die nach Art. 28 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) vorgesehene Anhörung vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
27
Mit Schreiben vom 14.11.2024 hat die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Anordnung der erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der Ratten auf seinem Grundstück angehört. Ihm wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 22.11.2024 eingeräumt. Mit Schreiben vom 18.11.2024 äußerte sich der Antragsteller dazu und bat darum, die Stellungnahme der von ihm beauftragten Schädlingsbekämpfungsfirma Y … noch abzuwarten. Nachdem diese Firma den Auftrag ablehnte, erfolgten noch mehrere Telefongespräche zwischen den Verfahrensbeteiligten, im Rahmen derer vereinbart wurde, dass noch die Stellungnahme der nunmehr beauftragten Schädlingsbekämpfungsfirma Z … abgewartet werden soll. Der Antragsteller wurde dabei darauf hingewiesen, dass eine bloße Stellungnahme der Firma nicht ausreiche. Erforderlich seien vielmehr eine Einleitung und die Durchführung von Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen aufgrund der Stellungnahme.
28
Aus den Behördenakten ist ersichtlich, dass die Stellungnahme der Firma Z … vom 10.12.2024 zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnungen bei der Antragsgegnerin bekannt war. Sie wurde offenbar von der Firma Z … auch unmittelbar an die Antragsgegnerin übermittelt; denn sie befindet sich vor dem Bescheid in den Akten. Nach alledem kann eine Verletzung der Anhörungsverpflichtung nicht festgestellt werden.
29
bb) Nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen auch in materieller Hinsicht keine Bedenken gegen die getroffenen Anordnungen, da die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 IfSG erfüllt waren (vgl. (1)), der Antragsgegner als Zustandsstörer der richtige Adressat war (vgl. (2)) und die Anordnung der Beauftragung eines professionellen Schädlingsbekämpfers als einzige erfolgversprechende Maßnahme verhältnismäßig war (vgl. (3)).
30
(1) Es wurden – wie dies § 17 Abs. 2 Satz 1 IfSG erfordert – Gesundheitsschädlinge festgestellt und es ist dadurch die Gefahr begründet, dass durch sie Krankheitserreger verbreitet werden. Deshalb hatte die Antragsgegnerin die zur Bekämpfung der Gesundheitsschädlinge erforderlichen Maßnahmen anzuordnen.
31
Aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich, dass für die zuständige Behörde kein Entschließungsermessen besteht, d.h. die Behörde muss Maßnahmen ergreifen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift gegeben sind. Nur bei der Frage, welche Maßnahmen sie trifft, hat sie ein Auswahlermessen, wobei sie insoweit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat. § 17 Abs. 2 Satz 1 IfSG erfordert eine konkrete seuchenrechtliche Gefahr, die sich aus der feststehenden Tatsache des Vorhandenseins von Gesundheitsschädlingen ergeben muss. Ein bloßer Gefahrenverdacht ist somit nicht ausreichend (OVG Saarl, B.v. 19.12.2024 – 2 B 171/24 – juris Rn. 13; Zwanziger in: BeckOK InfSchR, 23. Ed. 1.7.2024, IfSG § 17 Rn. 26).
32
Ratten sind Gesundheitsschädlinge im Sinne des § 2 Nr. 12 IfSG, nämlich Tiere, durch die Krankheitserreger auf den Menschen übertragen werden können (OVG Saarl, B.v. 19.12.2024 – 2 B 171/24 – juris Rn. 13; Gabriel in: BeckOK InfSchR, 23. Ed. 10.1.2023, IfSG § 2 Rn. 62; Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 2 Rn. 41). Deshalb musste die Antragsgegnerin Maßnahmen ergreifen, weil sich jedenfalls nach der im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens ausreichenden aber auch erforderlichen summarischen Prüfung der Sachlage auf dem Grundstück des Antragstellers ein massiver Rattenbefall zeigte. Nach Aktenlage ist die zur Entscheidung berufene Kammer davon überzeugt, dass der Rattenbefall auf dem Grundstück des Antragstellers weit größere Dimensionen annimmt, als dies im gesamten Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin der Fall ist. Aus den sich in den Akten befindlichen Zeitungsberichten ergibt sich zwar, dass im gesamten Bereich der Stadt X … ein „Rattenproblem“ besteht. Aus den vorliegenden Zeitungsberichten ergibt sich ferner, dass die Stadt X … dieses Problem auch in der Fläche bekämpft und in ihrem Zuständigkeitsbereich professionelle Schädlingsbekämpfer einsetzt, um die Population in Schach zu halten. Die Situation auf dem Grundstück des Antragstellers ist jedoch nach der Überzeugung des Gerichts weitaus problematischer als in der Fläche. Dies wird aus verschiedenen tatsächlichen Umständen ersichtlich.
33
Einerseits ergibt sich aus den vorliegenden Anwohnerbeschwerden, dass sich die im Bereich der A … Straße gesichteten Ratten vom Grundstück des Klägers her ausbreiten. Schon die im März 2024 seitens der Antragsgegnerin durchgeführte Ortseinsicht bestätigte dies. Auf sich in den Akten befindlichen Lichtbildern ist erkennbar, dass schon tagsüber Ratten auf den Nachbargrundstücken auftraten und nach Nahrung suchten, obwohl Ratten nachtaktiv sind. Dies spricht für eine große Population. Der Antragsteller selbst ging im Frühjahr 2024 davon aus, dass die von seinem Grundstück ausgehende „Rattenproblematik“ massiver ist als im übrigen Stadtgebiet. Er selbst gab an, insgesamt 15 Ratten in Lebendfallen gefangen zu haben. Er selbst hielt somit Rattenbekämpfungsmaßnahmen auf seinem Grundstück für erforderlich. Deshalb kontaktierte er auch eine Gartenbaufirma, um die Situation – wie vom Schädlingsbekämpfer Y … empfohlen – auf seinem Grundstück zu verbessern. Dazu kam es dann offenbar jedoch nicht; denn noch im Dezember 2024 waren keine gartenbaulichen Maßnahmen durchgeführt worden.
34
Auch bei der Ortsbesichtigung am 9.10.2024 zeigte es sich, dass die Situation auf dem Grundstück des Antragstellers eine besondere ist. Der vor Ort befindliche Schädlingsbekämpfer Y … empfahl Säuberungs- und Aufräummaßnahmen, um den Befall in den Griff zu bekommen. Nach diesen Maßnahmen, welche die Lebenssituation für die Ratten schwieriger machen, empfahl er den Einsatz von Gift. Die gefertigten und sich in den Akten befindlichen Lichtbilder bestätigen die „Unordnung“ und zeigen auf, dass auf dem Grundstück Verhältnisse herrschen, die zu einer Begünstigung der Vermehrung von Ratten führen.
35
Auch aus der Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 24.10.2024 ergibt sich, dass das Ausmaß des Befalls auf dem Grundstück des Antragstellers außergewöhnlich hoch ist. Es ist dort ausgeführt, dass sich die Ratten durch das Holz in den Wintergarten gefressen haben und augenscheinlich der gesamte Garten des Anwesens unterminiert ist. Die Tunnelgänge seien an den frischen Grabungsspuren und dem fehlenden Graswuchs gut zu erkennen.
36
Noch am 10.12.2024 stellte die nunmehr vom Antragsteller beauftragte Schädlingsbekämpfungsfirma Z … fest, dass im Rahmen einer Besichtigung vom 5.12.2024 zahlreiche Unterschlupfmöglichkeiten für Nager festgestellt worden seien. Ein Befall und ein Nest unter den Büschen und weiteren Pflanzen sei nicht auszuschließen. Um die Situation zu verbessern, werde dringend empfohlen, alle Pflanzen zurückzuschneiden. Zudem müssten der Anbau und die Hütte im Außenbereich vollständig entmüllt werden, da weiterhin Versteckmöglichkeiten für Ratten bestünden.
37
Dies alles zeigt, dass auf dem Grundstück des Klägers mindestens seit März 2024 ideale Lebensbedingungen für Ratten vorherrschen und deshalb ein akuter Rattenbefall gegeben ist. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei den auf dem Grundstück des Antragstellers gelagerten Gegenständen tatsächlich um Müll handelt oder – wie dieser meint – um noch brauchbare Gegenstände und Werkzeuge für die Gartenarbeit etc.. Maßgeblich ist allein, dass der ungeordnete Zustand auf dem Grundstück eine Vermehrung der Ratten erheblich begünstigt.
38
Von den Ratten geht auch eine konkrete Gesundheitsgefahr aus. In der Klage- und Antragserwiderung hat die Antragsgegnerin auf eine Veröffentlichung des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit verwiesen (https://www.laves.niedersachsen.de/startseite, dort: Tiere > Schädlingsbekämpfung > Ratten und Mäuse > Wanderratten als Krankheitsüberträger; abgerufen vom Gericht am 13.3.2025), wo Folgendes ausgeführt wird:
„Ratten können etwa 120 Infektionskrankheiten übertragen. Insgesamt sind derzeit weltweit ohne die vielfältigen Hantavirusspezies, 42 wichtige mit Nagetieren assoziierte humanpathogene Erreger oder Erregersubtypen bekannt. Zusammenfassend ist die große Bedeutung der Schadnager als Reservoir für Salmonellen und als Überträger von beispielsweise SARS, Hantavirus, Typhus (Salmonella typhi), Paratyphus, Leptospirose (Bakterien der Gattung Leptospira), Tularämie (Anthropozoonose durch Francisella (= Pasteurella tularensis), Toxoplasmose (Einzeller Toxoplasma gondii), Trichinose (Larven von Trichinella spiralis), Ruhr (Entamoeba histolytica), Cholera (Vibrio cholerae) und Pest (Yersinia pestis) aber auch Tierseuchen wie MKS, Schweinepest und Geflügelpest hervorzuheben.
Bedenklich ist mittlerweile die Rolle, die Ratten als Zwischenwirte und Überträger von antibiotikaresistenten Keimen spielen.
Weiterhin sind Ratten auch Reservoire von Krankheitserregern im Freiland. Zecken und Flöhe dienen in diesem Fall als Vektoren und übertragen diese Erreger auf Menschen und Tiere (etwa Borrelia burgdorferi).“
39
Diese beschriebenen Gefahren sind im vorliegenden Fall auch hinreichend konkret, denn die A … Straße in X … führt durch eine Wohnbebauung . Die Anwohner äußerten im Beschwerdeschreiben vom 13.3.2024 die nicht von der Hand zu weisende Befürchtung, die Ratten könnten in die umliegenden Wohnhäuser eindringen. Eine konkrete Gefahr der Verbreitung von Krankheitserregern besteht damit, und zwar nicht nur dann, wenn man davon ausgeht, dass die Ratten in Häuser gelangen. Wie in der Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 24.10.2024 ausgeführt ist, verbreiten sich Krankheitserreger alleine durch den Kontakt mit Kot oder Urin der Ratten. Hier wurden Ratten schon auf Kinderspielgeräten gesichtet, weshalb die Gefahr der Verbreitung von Krankheitserregern offensichtlich ist.
40
Nach alledem waren die Voraussetzungen von § 17 Abs. 2 Satz 1 IfSG gegeben, weshalb die Antragsgegnerin handeln musste.
41
(2) Zum Adressaten der zu treffenden Maßnahmen enthält § 17 IfSG keine Aussage. Die Auswahl des richtigen Adressaten liegt demzufolge im Auswahlermessen der zuständigen Behörde und bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln des Gefahrenabwehr- und Polizeirechts (BVerwG, B.v. 16.6.2005 – 3 B 129.04 – juris Rn. 3; Handorn in: Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, IfSG § 17 Rn. 3; Zwanziger in: BeckOK InfSchR, 23. Ed. 1.7.2024, IfSG § 17 Rn. 18).
42
Nicht zu beanstanden ist es, dass die Antragsgegnerin die Anordnungen an den Antragsteller gerichtet hat. Als Eigentümer und Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das von Ratten befallene Grundstück ist er Zustandsstörer im Sinne des Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) und konnte als solcher in Anspruch genommen werden.
43
Aus dem Inhalt der vorliegenden Akten ergibt sich, dass der Rattenbefall auf dem Grundstück des Antragstellers eine besondere Intensität aufweist, was bereits oben dargestellt wurde (vgl. oben 3. a) bb) (1)). Deshalb kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, dass der Befall auf seinem Grundstück kein größeres Ausmaß annehme, als dies im gesamten Stadtgebiet der Fall sei. Nur wenn letzteres zuträfe, hätte die Antragstellerin im Rahmen ihrer Störerauswahl rechtswidrig gehandelt, weil sie den Antragsteller dann über Gebühr in Anspruch genommen hätte. Aus den sich in den Akten befindlichen Zeitungsberichten folgt, dass die Antragsgegnerin die sich in ihrem Zuständigkeitsbereich verbreitenden Ratten durch den Einsatz professioneller Schädlingsbekämpfer einzudämmen versucht. Nur wenn der Rattenbefall auf dem Grundstück des Antragstellers keinen über das „Normalmaß“ hinausgehenden Umfang aufweisen würde, wäre es als ermessensfehlerhaft einzustufen, wenn der Antragsteller zusätzlich als Störer in Anspruch genommen worden wäre. Dann hätte nämlich die Antragsgegnerin den Antragsteller im Vergleich zu anderen Gemeindeeinwohnern rechtswidrig benachteiligt, weil er in Anspruch genommen worden wäre, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund gegeben wäre. Aufgrund des massiven Rattenbefalls auf seinem Grundstück, der durch die dort vorherrschenden örtlichen Gegebenheiten extrem begünstigt wird, ist dies aber gerade nicht der Fall.
44
(3) Die Anordnung der Beauftragung eines professionellen Schädlingsbekämpfers ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 IfSG ausdrücklich bestimmt, dass die zuständige Behörde anordnen kann, dass der Verpflichtete mit der Durchführung einer Maßnahme nach § 17 Abs. 1 Satz 2 IfSG geeignete Fachkräfte beauftragt, wenn die Durchführung besondere Sachkunde erfordert. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben; denn seit behördlicherseits der übermäßige Rattenbefall auf dem Grundstück des Antragstellers bekannt war (März 2024), konnte der Rattenbefall allein durch vom Antragsteller ergriffene Maßnahmen nicht reduziert werden. Nach Aktenlage hat sich im Laufe der Zeit nichts geändert, obwohl der Antragsteller durch den Einsatz von Lebendfallen bemüht war, den Befall einzudämmen. Die bereits im Vorfeld des Bescheidserlasses seitens des Antragstellers eingeschalteten professionellen Rattenbekämpfer Y … und Z … empfahlen übereinstimmend eine Beauftragung einer Fachfirma sowie eine Bekämpfung der Ratten mit Giftködern. Eine entsprechende Empfehlung gab schließlich auch der zuständige Veterinärmediziner bereits in seinem Schreiben vom 15.4.2024 gegenüber dem Antragsteller ab. Nach alledem wird deutlich, dass der angeordnete Einsatz eines professionellen Schädlingsbekämpfers – neben den angeordneten „Aufräumarbeiten“ – die einzige zielführende Maßnahme ist, um dem Rattenbefall Herr zu werden. Die Maßnahme ist erforderlich, geeignet und angemessen, was die Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt hat.
45
Im Hinblick auf die Geeignetheit der Maßnahme ist es auch nicht erkennbar, dass - wenn die Maßnahmen mit „Aufräumarbeiten auf dem Grundstück“ einhergehen – die Ratten im Laufe der Zeit in einem übermäßigen Ausmaß auf das Grundstück zurückkehren, wie dies der Antragsteller meint.
46
Die Anordnung unter Nr. I. des Bescheids vom 17.12.2024 ist nach alledem aller Voraussicht nach rechtmäßig. Die darin auch enthaltene Verpflichtung zur Vorlage von Nachweisen über die durchgeführten Maßnahmen ergibt sich ebenfalls aus den festgestellten Zuständen. Sie konnte als Annex zur Anordnung der Schädlingsbekämpfung angeordnet werden, um es der Antragsgegnerin zu ermöglichen, die Einhaltung der Anordnung zu überwachen.
47
b) Die Anordnungen unter Nr. II. (Beseitigung von Nistmöglichkeiten) stützen sich gleichfalls auf § 17 Abs. 2 Satz 1 IfSG. Die Beseitigung von Nistmöglichkeiten, wie Sperrmüll, Gerümpel oder Abfallhaufen sowie das Verschließen von Schlupflöchern dienen dazu, die Lebensbedingungen für Ratten auf dem Grundstück zu verschlechtern und soll somit gerade sicherstellen, dass nach dem Einsatz eines professionellen Ratenbekämpfers die Ratten nicht mehr auf das Grundstück zurückkehren. Zur Erfüllung der genannten Verpflichtungen bedarf es keines Einsatzes von Fachkräften, weshalb es hier gerade dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, ausschließlich den Antragsteller zu verpflichten, die Nistmöglichkeiten zu beseitigen und es ihm im Ergebnis selbst zu überlassen, wie und durch wen er diese Beseitigung durchführt. Die Anordnung ist auch hinreichend bestimmt; denn auch wenn der Antragsteller meint, dass es sich bei den auf seinem Grundstück abgelagerten Gegenständen nicht um Abfall oder Müll etc. handelt, so spielt dies im Ergebnis keine Rolle. Maßgeblich und für den Antragsteller ohne weiteres erkennbar ist jedenfalls, dass die Art der Lagerung der sich auf dem Grundstück befindlichen Gegenstände Nistmöglichkeiten für Ratten bieten und somit deren Vermehrung fördern. Für den Antragsteller war damit unzweifelhaft erkennbar, was mit der Anordnung gemeint ist.
48
Auch bezüglich dieser Anordnung bestehen im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit keine Bedenken.
49
c) Schließlich ist auch die Anordnung unter Nr. III., wonach den Beauftragten der Antragsgegnerin die erforderlichen Ermittlungen zu ermöglichen sind und insbesondere ein Betretungsrecht von befallenen Grundstücken, Räumen, Anlagen und Einrichtungen angeordnet wird, nicht zu beanstanden. Die Anordnung wiederholt die im Rahmen der Generalklausel des § 16 Abs. 1 IfSG bestehenden Befugnisse nach § 16 Abs. 2 Satz 1 IfSG. Dort ist geregelt, dass die Beauftragten der zuständigen Behörde und des Gesundheitsamtes zur Durchführung von Ermittlungen und zur Überwachung der angeordneten Maßnahmen berechtigt sind, Grundstücke, Räume, Anlagen und Einrichtungen sowie Verkehrsmittel aller Art zu betreten. Die genannten Befugnisse bestehen, wenn die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 IfSG vorliegen. Danach kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahren treffen, wenn Tatsachen festgestellt werden, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können, oder wenn anzunehmen ist, dass solche Tatsachen vorliegen. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind somit weiter gefasst als diejenigen des § 17 Abs. 2 Satz 1 IfSG und sind hier gegeben. Die Anordnung der Zulassung von „Gefahrerforschungsmaßnahmen“ war damit möglich und da auch keine Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Anordnung bestehen, ist sie ebenfalls nicht zu beanstanden ist (vgl. dazu: Gerhardt, IfSG, 6. Aufl. 2022, § 17 Rn. 25). Der Antragsteller selbst hat auch nichts gegen diese Maßnahme eingewandt.
50
Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
51
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG und den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. dort Nr. 1.5).