Titel:
Aufhebung einer Bruchteilsgemeinschaft, Streitwertfestsetzung, Erbscheinsverfahren, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Kostenentscheidung, Auslegung von Willenserklärungen, Aufhebungsanspruch, Erbauseinandersetzung, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Miterbengemeinschaft, Kosten des Berufungsverfahrens, Miteigentumsanteil, Auseinandersetzungsansprüche, Entscheidung des Revisionsgerichts, Aufhebung aus wichtigem Grund, Nutzungsüberlassung, Interessenabwägung, Erbengemeinschaft, Mitberechtigung, Klageantrag
Normenketten:
BGB § 741
BGB § 749 Abs. 2
BGB §§ 750 ff.
BGB § 2032
BGB § 2033
BGB § 2042
BGB § 2044
ZPO § 62
ZPO § 1032
Leitsätze:
1. Halten mehrere, nicht vollständig auseinandergesetzte Erbengemeinschaften jeweils Bruchteile einer Bruchteilsgemeinschaft, so richten sich die Voraussetzungen für die Aufhebung der Gemeinschaft nicht nach den erbrechtlichen Auseinandersetzungsvorschriften, sondern nach den für die Bruchteilsgemeinschaft einschlägigen Regelungen.
2. Ein von den Bruchteilseigentümern im Rahmen eines sog. Familienvertrages vereinbartes Teilungsverbot für gemeinschaftliches Familienvermögen kann dem Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft dauerhaft entgegenstehen. Eine analoge Anwendung der 30-jährigen Höchstfrist des § 2044 Abs. 2 BGB kommt mangels Regelungslücke nicht in Betracht.
3. Bei der Beurteilung, ob ein zur Aufhebung der Gemeinschaft berechtigender wichtiger Grund im Sinne des § 749 Abs. 2 BGB vorliegt, sind im Rahmen der Abwägung neben den privaten Interessen der Parteien auch ein bestehendes öffentliches Interesse an der Wahrung der Gesamtheit – hier einer aus einer Vielzahl von historischen Gegenständen bestehenden Familiensammlung – zu berücksichtigen.
Schlagworte:
Erbengemeinschaft, Bruchteilsgemeinschaft, Familienvertrag, Auseinandersetzungsausschluss, Teilungsverbot, Erbauseinandersetzung, Wichtiger Grund
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 09.11.2023 – 6 O 6331/22
Fundstellen:
FDErbR 2025, 005068
BeckRS 2025, 5068
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin zu 1) gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 9. November 2023, Az. 6 O 6331/22, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem jeweiligen Titel vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die beklagte Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 500.000,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien sind Nachfahren der Familie …, einer N. Patrizierfamilie. Die Klägerin zu 1) begehrt als Miterbin und Bruchteilseigentümerin den Pfandverkauf einer Familiensammlung zum Zwecke der Auseinandersetzung der Erben- und Bruchteilsgemeinschaft. Die streitgegenständliche Sammlung historischer Gegenstände ist „ungeteiltes Familienvermögen“ der Familie…/…Linie.
2
Die Nachkommen des L. Freiherr …, darunter dessen Söhne G. und F., beschlossen am 27. Oktober 1935 im Rahmen einer Familienversammlung die Gründung eines „Familienvereins der Familie der …“. Die Familienmitglieder bestimmten als Vereinszweck, die Wohlfahrt und das Ansehen der Familie zu erhalten, den Stammbaum fortzuführen, den Besitz des … und die im sog. alten Schlösschen aufbewahrte Sammlung von Erinnerungsgegenständen zu erhalten.
3
Am 2. Januar 1936 schlossen die Brüder G. und F. als jeweilige hälftige Miteigentümer der streitgegenständlichen Familiensammlung einen notariell beurkundeten Familienvertrag, der auch von den Ehefrauen, Kindern und der Schwester der Brüder unterzeichnet wurde. Hiernach bestimmten die Vertragsparteien, dass das gemeinschaftliche Familienvermögen auf alle Zeiten im Besitz des Mannesstammes der Familie bleiben solle. Demgemäß vereinbarten die Brüder G. und F. und ihre Söhne, dass jeder einzelne von ihnen wiederum von seinen Nachkommen im Mannesstamm als seinen Erben und Nacherben beerbt werden solle. Die beteiligten Frauen verzichteten – auch für ihre Nachkommen – auf ihr Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber den beiden Brüdern und ihren Söhnen, soweit es sich um deren Anteil an dem Familienvermögen handelte. Weiter heißt es in dem Familienvertrag unter Ziffer IV: „Das Familienvermögen steht schon heute im gemeinschaftlichen Eigentum der beiden Brüder, so daß es einer Eigentumsübertragung, vor allem einer Auflassung nicht bedarf. Die Vertragsschließenden (…) verzichten hiermit für immer auf das Recht, diese Gemeinschaft im ganzen, wie an jedem einzelnen Stück aufzuheben. Dieser Verzicht auf Aufhebung der Gemeinschaft gilt unbeschadet des § 749 und § 751 BGB unwiderruflich auch für ihrer aller Gesamtnachfolger und etwaige Sondernachfolger. (…)“
4
Der in der Familiensammlung am 27. Oktober 1935 gegründete Familienverein wurde im Vereinsregister eingetragen und im Jahr 1948 wieder aus diesem gelöscht.
5
Im Protokoll über die Familienversammlung am 13. März 1966 in N. heißt es unter anderem: „Hinsichtlich des Familienvertrages vom 27. Okt. 1935 wurde Einigkeit darüber erzielt, daß der Familienvertrag in der seinerzeit geschlossenen Form mit allen rechtlichen Bindungen den heutigen Verhältnissen nicht mehr gerecht wird. Aus diesem Grund wird einstimmig beschlossen, daß der Familienvertrag hinsichtlich der darin enthaltenen rechtlichen Verpflichtungen von allen Beteiligten als gekündigt und aufgehoben zu betrachten ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit Beschluss zu fassen über die Frage, ob das bisher gemeinschaftlich verwaltete Familienvermögen aufgeteilt werden soll oder nicht. (…)“
6
In der Familienversammlung am 26. Oktober 1997, an welcher die eingeladene Klägerin zu 1) nicht teilnahm, wurde vereinbart: „(…) Um den Bestand der Familiensammlung für die Nachwelt zu wahren, wünschen die Anwesenden die außergerichtliche Beilegung der Differenzen am „Runden Tisch“ unter Mitwirkung von Fachleuten. (…) Gelingt ein Ausgleich der Interessen nicht, so möge ein Schiedsgericht beauftragt werden, bevor ein ordentliches Gerichtsverfahren angestrengt werden würde.“
7
Die jeweiligen Miteigentumsanteile an der streitgegenständlichen Familiensammlung sind im Wege der Erbfolge auf die Erben von G. und auf die Erben von F. und nachfolgend auf Erbeserben übergegangen. Erben des G. waren dessen Kinder MB und SL. Alleinerbe des Miterben MB war dessen einziger Sohn D. Erben der Miterbin SL sind deren Kinder U. (der Kläger zu 2), UR (die verstorbene Klägerin zu 3) und M., der von seiner Ehefrau (der Klägerin zu 4) allein beerbt wurde. D., der Sohn des Miterben MB, übertrug seinen Anteil an der Familiensammlung mit Notarvertrag vom 19. Januar 1996 auf die Klägerin zu 1). Erben des F. waren dessen Kinder E. und I. Alleinerbin der Miterbin I. ist die Ehefrau eines Neffen (die Klägerin zu 5). Alleinerbin des Miterben E. war dessen nachverstorbene Ehefrau EL, welche von ihren sechs Kindern, darunter die Beklagten zu 1) und 2) und die Klägerinnen zu 1) und 6), beerbt wurde. Ihre Kinder B. und FR. sind nachverstorben und wurden jeweils vom Ehegatten und den gemeinsamen Abkömmlingen beerbt. Erben der Tochter B. sind die Beklagten zu 3) bis 9), Erben des FR sind die Klägerin zu 5), der Kläger zu 7), die Klägerin zu 8) und der Beklagte zu 10).
8
Die Klagepartei, die eine Auseinandersetzung der Miterben- und Bruchteilsgemeinschaft begehrt, hat erstinstanzlich vorgetragen, dass der Familienvertrag vom 2. Januar 1936 in der Familienversammlung am 13. März 1966 von den Familienmitgliedern aufgehoben worden sei und es sich bei dem im Protokoll angegebenen Datum „27. Okt. 1935“ um einen Schreibfehler handeln würde.
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Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die Klage abgewiesen. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass im Wege der Auslegung nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne, dass der Familienvertrag vom 2. Januar 1936 am Familientag 1966 aufgehoben wurde, und die Parteien daher an das vereinbarte Teilungsverbot gebunden seien. Das Landgericht sah in den vorgetragenen familiären Unstimmigkeiten zudem keinen wichtigen Grund, der zur Aufhebung der Gemeinschaft berechtige.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin zu 1) mit der Berufung. Sie ist der Auffassung, sie sei weder als Sondernachfolgerin im Miteigentum noch als Gesamtrechtsnachfolgerin an den Auseinandersetzungsausschluss gebunden. Das Erstgericht habe die Regelungen der §§ 2042, 2044 BGB nicht angewandt. Die gerichtliche Beweiswürdigung und Auslegung des Protokolls aus dem Jahr 1966 sei fehlerhaft, da ein Familienvertrag vom 27. Oktober 1935 gar nicht existiere. Im Oktober 1935 sei lediglich eine Gründungsversammlung protokolliert; Familienverein (1935) und Familienvertrag (1936) sollten ausweislich der Urkunden in Einklang miteinander stehen; die Miteigentumsanteile der Brüder G. und F. seien – insoweit unstreitig – nicht auf den Familienverein übertragen worden, der Familienverein sei im Vereinsregister gelöscht. Im Jahr 1966 hätten daher nur die Regelungen des Familienvertrages vom 2. Januar 1936 noch gegolten. Die erstrichterliche Auslegung lasse zudem einen Aufhebungsvermerk des Beklagten zu 1) hinsichtlich dieser Urkunde vom 6. Dezember 1997 und eine entsprechende Mitteilung gegenüber dem Landesamt für Denkmalschutz außer Betracht. Im Übrigen sei der Familienvertrag nichtig. Jedenfalls müsse die überschrittene 30-jährige Höchstfrist des § 2044 Abs. 2 BGB beachtet werden. Des Weiteren habe das Erstgericht verkannt, dass ein wichtiger Grund, der zur Aufhebung berechtigte, vorliege. Das Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin zu 1) und den Beklagten zu 1) und 2) sei nachhaltig gestört, Absprachen seien seit Jahrzehnten schlechthin nicht mehr möglich. Dies rechtfertige aus Sicht der Klägerin zu 1) die Aufhebung der Gemeinschaft.
11
Die Klägerin zu 1) beantragt in der Berufung:
12
Unter Abänderung des am 9.11.2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 9.11.2023, AZ. 6 O 6331/22 werden die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt:
1. Die Beklagten zu 1) – 10) werden gesamtverbindlich verurteilt, den Pfandverkauf der nicht museumsgebundenen Sammlungsstücke der … Familiensammlung/ … Linie die sich als Ausstattung an den Standorten:
- …, (Anhang I Positionen 85, 86 und 117); Klägerin zu 1)
- …, (Anhang I Positionen 34 und 35); Kläger zu 2)
- …, (Anhang I Positionen 2-4, 11-13, 15, 23, 33, 36, 125 (Beklagter zu 1)
- …, (Anhang I Positionen 1, 5-10, 14, 16-21, 24-32, 34-35, 37-56, 57 (1. Apostelkrug), 58-84, 87-116, 118-124, 126-177, 193-250, 252-255, 257-290, 294-298, 300-315, 317-327, 371-379, 383-379, 383-392) Beklagte zu 1-10)
befinden, so wie sie sich aus der in Anhang I. zur Klage in der mit „…“ näher bezeichneten Aufstellung ergeben (Positionen 1-21, 23-177; 193-250; 252-255; 257-290; 294-298; 300-315; 317-327; 371-379; 383-392) zum Zwecke der Erbauseinandersetzung, zu dulden.
2a. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Sammlungsstücke der … Familiensammlung … Linie, die sich als Ausstattung in … befinden und im Anhang I. in der Aufstellung mit „…“ näher bezeichnet sind (Positionen lfd. Nr. 2-4, 11-13, 15, 23, 33, 36, 125) an den öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer Herrn …, N. oder an einen von den Klägern zu beauftragenden öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer zum Zwecke des Pfandverkaufs zur Auseinandersetzung der Miteigentums- und Erbengemeinschaften herauszugeben.
2b. Die Beklagten zu 1-10) werden gesamtverbindlich verurteilt, die Sammlungsstücke der … Familiensammlung … Linie, die sich als Ausstattung in …befinden und im Anhang I. in der Aufstellung mit „…“ näher bezeichnet sind 1, 5-10, 14, 16-21, 24-32, 34-35, 37-56, 57 (1. Apostelkrug), 58-84, 87-116, 118-124, 126-177, 193-250, 252-255, 257-290, 294-298, 300-315, 317-327, 371-379, 383-379, 383-392) an den öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer Herrn …, N. oder an einen von den Klägern zu beauftragenden öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer zum Zwecke des Pfandverkaufs zur Auseinandersetzung der Miteigentums- und Erbengemeinschaften herauszugeben.
1. Die Beklagten zu 1) bis 10) werden gesamtverbindlich verurteilt, den Pfandverkauf der Sammlungsstücke der … Familiensammlung/… Linie die sich als Leihgabe im Germanischen Nationalmuseum N. befinden, so wie sie sich aus dem im Anhang II der Klage beigefügten im Leihgabenvertrag von 1968, Liste Anlagen A-F näher bezeichnet ergeben, sowie des emaillierten Apostelkrugs mit Zinndeckel wie er sich aus Anhang III. näher bezeichnet ergibt, zum Zwecke der Erbauseinandersetzung, zu dulden.
2. Die Beklagten zu 1) bis 10) werden gesamtverbindlich verurteilt, der Herausgabe der im Anhang II. im Leihvertrag (A-F) näher bezeichneten Sammlungsstücke sowie des emaillierten Apostelkrugs mit Zinndeckel wie er sich aus Anhang III. ergibt, durch das Germanische Nationalmuseum N. an den öffentlich vereidigten Versteigerer Herrn …, N. oder an einen von den Klägern zu beauftragen öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer zum Zwecke des Pfandverkaufs zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaften zuzustimmen.
1. Die Beklagten zu 1) bis 10) werden gesamtverbindlich verurteilt, den Pfandverkauf des museumsgebundenen Sammlungsstücks Stammbaum der Gesamtfamilie (…), welcher sich als Leihgabe im Stadtarchiv N. befindet, so wie er sich aus dem im Anhang IV der Klage beigefügten Hinterlegungsvertrag von 2018 ergibt, zum Zwecke der Erbauseinandersetzung, zu dulden.
2. Die Beklagten zu 1) bis 10) werden gesamtverbindlich verurteilt, die Herausgabe des museumsgebundenen Sammlungsstück Stammbaum der Gesamtfamilie (…) durch das Stadtarchiv der Stadt N. an den öffentlich vereidigten Versteigerer Herrn …, N. oder an einen von den Klägern zu beauftragenden öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer zum Zwecke des Pfandverkaufs zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zuzustimmen.
13
Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Berufung.
14
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen ihre erstinstanzlich bereits vorgebrachten Einwendungen. Nach Auffassung der Beklagten liege auf Klageseite eine notwendige Streitgenossenschaft vor, die Klage(n) seien schon als unzulässig abzuweisen, jedenfalls sei der gegen die Beklagten erhobene Auseinandersetzungsanspruch unbegründet.
15
Ergänzend wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 7. Februar 2025 Bezug genommen.
16
Die zulässige Berufung der Klägerin zu 1) hat in der Sache keinen Erfolg.
17
I. Mit ihrem zulässigen Rechtsmittel hat die Klägerin zu 1) den Rechtsstreit nicht auch zugleich für die Kläger zu 2) bis 8) in die nächste Instanz gebracht. Die weiteren Kläger waren daher vom Senat nicht gemäß § 62 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren zu beteiligen.
18
Unabhängig von der Frage, ob zwischen den Prozessbeteiligten eine Erbengemeinschaft besteht, sind klagende Miterben im Aktivprozess keine notwendigen Streitgenossen, da jeder Miterbe seinen eigenen Auseinandersetzungsanspruch im Leistungsklageweg geltend macht (Zöller/Althammer, ZPO, § 62 Rn 16 m.w.N.; MüKoBGB/Fest, BGB, § 2042 Rn 63 und MüKoBGB/Gergen, BGB, § 2032 Rn 46; Burandt/Rojahn/Flechtner, BGB, § 2042 Rn 50). Die im Gesetz für die Erbauseinandersetzung gegebenen Teilungsregeln sind im Sinne gegenseitiger Verpflichtungen der Erben zu verstehen, sich die Teilung nach diesen Regeln gefallen zu lassen. Es hat also jeder Erbe gegen jeden einzelnen der anderen Miterben in diesem Sinne einen Anspruch auf Mitwirkung bei der Auseinandersetzung, insbesondere auf Abgabe der dafür erforderlichen Erklärungen (OLG Köln, Urteil vom 17. Dezember 2003 – 2 U 98/03, juris).
19
Gleiches gilt für einen Aufhebungsanspruch aus Gemeinschaftsrecht nach §§ 741, 749 BGB. Gemäß § 749 BGB kann jeder Gemeinschafter seinen Anspruch auf Aufhebung einer Bruchteilsgemeinschaft im Leistungsklagewege geltend machen. Dies gilt auch, soweit der Bruchteil zum Vermögen einer Gesamthandsgemeinschaft gehört (BeckOGK/Fehrenbacher, BGB, § 749 Rn 12).
20
II. Die von den Beklagten im Rahmen der Berufungserwiderung vorgebrachten Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Klage bleiben ohne Erfolg.
21
Die Klage ist zulässig.
22
1. Das Erstgericht ist rechtsfehlerfrei von einer hinreichenden Bestimmtheit der Leistungsklageanträge, wie sie die Klägerin zu 1) auch in zweiter Instanz weiterverfolgt, ausgegangen. Die einzelnen Klageanträge (Ziff. I bis III) enthalten konkrete Handlungen in Form des Herausgabe- und Zustimmungsverlangens bzw. zu duldende Maßnahmen, die zur Durchsetzung eines der Auseinandersetzung vorgeschalteten Pfandverkaufs der bezeichneten Gegenstände bei Teilung durch Verkauf nach §§ 749, 753 BGB erforderlich sind. Die notwendige Individualisierung einer Vielzahl von Gegenständen kann durch eine Bezugnahme auf Anlagen erfolgen und steht als solche einer hinreichenden Bestimmtheit des Klageantrags im Sinne des § 253 Abs. 2 ZPO nicht entgegen (Zöller/Greger, ZPO, § 253 Rn 12 m.w.N.).
23
2. Die Beklagten können sich gegenüber der Klägerin zu 1) nicht mit Erfolg auf die Einrede des § 1032 ZPO berufen. Die am Familientag 1997 von den teilnehmenden Familienmitgliedern gewünschte Schiedsbindung erstreckt sich nicht auf die Klägerin zu 1).
24
Grundsätzlich können die Miterben oder die Teilhaber einer Gemeinschaft für den Fall der nicht einvernehmlichen Einigung gemäß §§ 1025ff. ZPO die Auseinandersetzung einem Schiedsgericht übertragen, indem sie gemäß § 1029 Abs. 1 ZPO vereinbaren, dass damit der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten ausgeschlossen ist (für die Erbauseinandersetzung: BGH, Urteil vom 30. April 1959 – VII ZR 191/57, juris). Hierfür genügt, dass die Entscheidung aller oder einzelner Streitigkeiten zwischen den Parteien in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis einem Schiedsgericht übertragen wird. Eine weitere Konkretisierung ist nicht erforderlich (Zöller/Geimer, ZPO, § 1029 Rn 28).
25
Eine Schiedsvereinbarung wirkt jedoch nur zwischen den Parteien, die eine solche Abrede getroffen haben. Für und gegen Dritte kann eine Schiedsabrede nur ausnahmsweise Wirkung entfalten. Dies folgt bereits aus der grundsätzlichen Unwirksamkeit von Verträgen zu Lasten Dritter (Zöller/Geimer, ZPO, § 1031 Rn 18 m.w.N.).
26
Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Familienversammlung am 26. Oktober 1997 bereits Rechtsnachfolgerin des Anteils des D. (auszugsweise vorgelegter notarieller Überlassungsvertrag vom 19. Januar 1996, Anlage K5, nebst Ergänzungsurkunde, Anlage K6). Die weiteren Familienmitglieder konnten daher den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für Streitigkeiten über die verfahrensgegenständliche Familiensammlung nicht zu Lasten der Klägerin zu 1) ausschließen. Auch von einem Fall der nachträglichen stillschweigenden Zustimmung der Klägerin zu 1) nach Zugang des Protokolls der Familienversammlung, wie sie beispielsweise im kaufmännischen Verkehr bei Vorliegen eines Handelsbrauchs denkbar ist, kann mangels konkreter Anhaltspunkte nicht ausgegangen werden.
27
III. Der Klägerin zu 1) kommt jedoch weder der gegen die Beklagten zu 1) bis 10) klageweise geltend gemachte Anspruch auf Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft noch ein gemeinschaftsrechtlicher Aufhebungsanspruch zu.
28
1. Die Klägerin zu 1) kann sich nicht auf einen Auseinandersetzungsanspruch gegen die Beklagten zu 1) bis 10) nach §§ 2032, 2042 ff., 749 Abs. 2, 750 ff. BGB berufen.
29
a) Nach § 2042 BGB steht jedem Miterben unabhängig von der Größe seines Anteils sowie einem Erbteilerwerber (§ 2033 BGB) das Recht auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu. Der Anspruch ist gegen diejenigen Miterben zu richten, welche die Auseinandersetzung generell oder den konkret aufgestellten Auseinandersetzungsplan ablehnen. Mitglieder der Gemeinschaft sind jedoch nur die im Erbfall gleichzeitig und nebeneinander eintretenden gesetzlichen oder gewillkürten Erben (MüKoBGB/Gergen, BGB, § 2032 Rn 2). Verstirbt nach Entstehen der Miterbengemeinschaft und vor Auseinandersetzung ein Miterbe, so tritt hinsichtlich seines Anteils sein Erbe an seine Stelle (§ 1922 Abs. 1 BGB). Mehrere Erben treten in gesonderter Miterbengemeinschaft ein. Sie bilden eine Erbeserbengemeinschaft, also eine gesamthänderische Unterbeteiligung an der Erbengemeinschaft (Grüneberg/Weidlich, BGB, § 2032 Rn 2). Die Teilung des Nachlasses nach dem verstorbenen Miterben kann auch jeder Erbeserbe verlangen.
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b) Soweit die Klägerin zu 1) gegen die Beklagten zu 1) bis 10) als Erbeserbin (in der Linie nach F.) oder als Anteilserwerberin (in der Linie nach G.) einen Anspruch auf Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft geltend macht, ist ein solcher (Gesamt-)Auseinandersetzungsanspruch nicht gegeben, da nach dem Parteivortrag zwischen sämtlichen Prozessbeteiligten keine gemeinsame Miterbengemeinschaft besteht. Vielmehr sind bei Versterben des Miteigentümers G. am 27. Dezember 1938 und bei Versterben des weiteren Miteigentümers F. am 9. März 1948 jeweils selbständige Miterbengemeinschaften nach § 2032 BGB entstanden: einerseits die Miterbengemeinschaft nach G, andererseits die Miterbengemeinschaft nach F. Innerhalb der jeweils nicht vollständig auseinandergesetzten Miterbengemeinschaften entstanden bei Nachversterben eines Miterben jeweils weitere Erbeserbengemeinschaften, die als gesonderte Miterbengemeinschaften an Stelle des verstorbenen Miterben traten.
31
Die Klägerin zu 1) kann im Hinblick auf beide Gesamthandgemeinschaften nicht übergeordnet die Gesamtauseinandersetzung des „ungeteilten Familienvermögens“ auf Grundlage der §§ 2032, 2042, 2044 ff. BGB fordern, denn der teils noch ungeteilte Nachlass nach G. und der teils noch ungeteilte Nachlass nach F. stehen zueinander nicht in gesamthänderischer Verbundenheit im Sinne des § 2032 Abs. 1 BGB. Eine Auseinandersetzung kann sich nur innerhalb der jeweiligen Erbengemeinschaft auf den jeweils zugehörigen Nachlass, soweit er noch nicht vollständig auseinandergesetzt wurde, erstrecken.
32
Da die Brüder G. und F. jeweils hälftige Miteigentümer der streitgegenständlichen Familiensammlung waren, steht die Familiensammlung im Eigentum einer Bruchteilsgemeinschaft. Einen hälftigen Anteil hält die Erbeserbengemeinschaft nach G. in gesamthänderischer Bindung und den anderen hälftigen Anteil hält die Erbeserbengemeinschaft nach F. Dementsprechend ist der erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch jeder (Erbes-)Erbengemeinschaft auf deren gesamthänderisch gehaltenen Miteigentumsanteil und das weitere „persönliche“ Nachlassvermögen des jeweiligen Erblassers beschränkt. Die Auseinandersetzungen von Gesamthand (Erbengemeinschaft) und Gemeinschaft nach Bruchteilen (bestehend aus zwei Erbengemeinschaften) sind dabei voneinander abzugrenzen, denn sie folgen jeweils eigenen Regelungen. Eine gegenständlich beschränkte Teilauseinandersetzung ist zudem nur in engen Grenzen möglich und bedarf grundsätzlich des Einverständnisses aller Miterben.
33
c) Im Übrigen müssten für die jeweilige Erbauseinandersetzung auch die durch Testament des jeweiligen Erblassers angeordneten Verfügungen betreffend den Anteil am „Familienvermögen“, soweit diese erbrechtlich wirksam und insbesondere hinreichend bestimmt sind, Berücksichtigung finden.
34
Die Eltern der Klägerin zu 1) hatten im gemeinsamen handschriftlichen Ehegattentestament vom 29. November 1983 unter anderem bestimmt, dass die in beigefügter Liste angeführten Gegenstände sowie die Sammlungsgegenstände, die als Leihgaben dem Germanischen Nationalmuseum in N. überlassen wurden, als „unveräußerlicher Familienbesitz“ den „Agnaten der … Linie“ verbleiben sollen. Zwar ist eine Aufspaltung des Nachlasses in Privat- und Familienvermögen dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremd. Grundsätzlich denkbar ist aber eine Auslegung des Erblasserwillens beider Eheleute dahingehend, dass der nachlasszugehörige Anteil an der Familiensammlung nach Versterben des längerlebenden Ehegatten im Vermächtniswege den gemeinsamen Söhnen, den Agnaten, zukommen soll. Der Senat kann die Bewertung der auslegungsbedürftigen erbrechtlichen Bestimmungen der Eltern der Klägerin zu 1) im hiesigen Rechtsstreit letztendlich offen lassen, da sich der diesbezügliche Auseinandersetzungsanspruch hinsichtlich des Nachlasses der nachverstorbenen Ehefrau EL ungeachtet der testamentarischen Regelung nur gegen die fünf Geschwister der Klägerin zu 1) als Miterben der Erbengemeinschaft nach EL erstreckt und jedenfalls nicht im Wege der hier klageweise geltend gemachten Gesamtauseinandersetzung aller Gemeinschaften verfolgt werden kann.
35
Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass sich aus der von der Klägerin zu 1) im Berufungsverfahren vorgelegten Ausfertigung einer Entscheidung des Amtsgerichts Coburg – Nachlassgerichts vom 3. November 1951 (Anlage BK 4) im Erbscheinsverfahren nach F. ergibt, dass der Erblasser in einem Testament hinsichtlich seines in den Nachlass fallenden Anteils am „Familienvermögen“ seinen Sohn E. als „Erbe“ und hinsichtlich des „Privatvermögens“ beide Kinder zu gleichen Teilen als Erben einsetzte. Das Nachlassgericht hatte in der damaligen Entscheidung erläuternd ausgeführt, dass es sich bei der „Erbeinsetzung“ in Bezug auf den Anteil am Familienvermögen um ein Vorausvermächtnis zugunsten des Sohnes E. handeln könne (§ 2084 BGB), ein Vermächtnisanspruch aber aus gesetzlichen Gründen nicht Inhalt eines Erbscheins sein könne. Der Erbschein weist daher nur die zwischen den Parteien nicht in Streit stehende Erbfolge nach F. durch beide Kinder mit einer Quote zu je 1/2 aus. Auch diese testamentarische Verfügung wäre im Rahmen einer vollständigen Erbauseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach F. zu berücksichtigen.
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2. Ein Anspruch auf Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft an der streitgegenständlichen Familiensammlung kann sich daher nur aus Gemeinschaftsrecht (§§ 741, 749, 752, 753 BGB) ergeben, besteht aber ebenfalls nicht.
37
a) Die Aufhebung der Gemeinschaft im Sinne des § 741 BGB richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben der §§ 752 ff. BGB. Diese umfassen auch die notwendigen vorbereitenden Maßnahmen durch Verkauf der Gemeinschaftsgüter, soweit diese nicht in gleiche Teile aufteilbar sind und die Versilberung durch Pfandverkauf zur Herstellung der Teilbarkeit erforderlich ist.
38
b) Eine Gesamthandsgemeinschaft, mithin auch eine Erbengemeinschaft, kann Teilhaber einer Gemeinschaft nach Bruchteilen sein, da es sich um rechtlich verselbständigtes Sondervermögen handelt (BGH, Urteil vom 9. Februar 1983 – IVa ZR 162/81 und Urteil vom 25. April 2001 – IV ZR 281/99, juris).
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c) Die Klägerin zu 1) wurde durch Verfügung des D. im Wege lebzeitigen Anteilserwerbs Eigentümerin seines ideellen Anteils an dem innerhalb dieser Linie gesamthänderisch gehaltenen hälftigen Miteigentumsanteil an der Familiensammlung (auszugsweise vorgelegter Überlassungsvertrag vom 19. Januar 1996, Anlagen K5 und Anlage K6). D. hatte seinen Vater MB allein beerbt, so dass er grundsätzlich über dessen Nachlass frei verfügen konnte. Soweit in den Nachlass des MB der noch nicht vollständig auseinandergesetzte Anteil an der Miterbengemeinschaft nach G. fiel und zwar der hier verfahrensgegenständliche hälftige Miteigentumsanteil an der Familiensammlung, konnte er als Rechtsnachfolger des Miterben MB zwar nicht über einzelne gebundene Nachlassgegenstände oder seinen Anteil daran verfügen (§ 2033 Abs. 2 BGB), wohl aber über seinen Erbteil als solchen, also über seine ideelle quotale Berechtigung am noch nicht auseinandergesetzten Gesamthandsvermögen (§ 2033 Abs. 1 BGB). Aus der Notarurkunde vom 19. Januar 1996 ergibt sich, dass nachlasszugehörige Grundstücke nicht mehr vorhanden und sonstiges Vermögen bereits auseinandergesetzt war (Seite 4 der Notarurkunde). Die ideelle Berechtigung, die sich ausweislich der Erklärungen der Vertragsbeteiligten nur noch auf den gesamthänderischen Anteil am Familienvermögen bezog, konnte die Klägerin zu 1) mithin gemäß § 2033 Abs. 1 BGB wirksam erwerben mit der Folge, dass sie in die gesamthänderische Berechtigung am hälftigen Anteil der Familiensammlung eintrat. Die Höhe des ideellen Anteils, den das Landgericht Würzburg mit Feststellungsurteil vom 3. Juli 2001 aufgrund des damaligen Sach- und Streitstands im Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin zu 1) und dem Beklagten zu 2) mit 25% bewertet hat, steht im hiesigen Verfahren nicht in Streit.
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Da die Klägerin zu 1) in die gesamthänderische Berechtigung der Miterbengemeinschaft nach G. an der Familiensammlung eingetreten ist, steht ihr der Aufhebungsanspruch als Rechtsnachfolgerin des Miterben zur gesamten Hand zu. Auch als Gesamthänderin kann die Klägerin zu 1) den Anspruch nach § 749 Abs. 1 BGB geltend machen. Leistung kann sie gemäß § 2039 BGB nur für die Erbengemeinschaft verlangen (BeckOGK/Fehrenbacher, BGB, § 749 Rn 12; MüKoBGB/Schmidt, BGB, § 749 Rn 17 m.w.N.). Die Klägerin zu 1) ist daher grundsätzlich anspruchsberechtigte Teilhaberin. Überdies haben erstinstanzlich sämtliche weiteren Mitglieder der Erbengemeinschaft nach G., mithin alle Gesamthänder dieses Bruchteils, die Aufhebung der Gemeinschaft verlangt. Es ist daher davon auszugehen, dass sämtliche Gesamthänder, auch wenn sie nicht alle am Berufungsverfahren beteiligt sind, mit dem von der Klägerin zu 1) im Berufungsverfahren weiterverfolgten Aufhebungsverlangen einverstanden sind.
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d) Der Aufhebungsanspruch richtet sich gegen den anderen Teilhaber der Miteigentumsgemeinschaft, mithin gegen die eine Aufhebung ablehnenden Mitglieder der Erbengemeinschaft nach F.
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e) Die Beklagten berufen sich jedoch mit Erfolg auf das zwischen den vormaligen Miteigentümern G. und F. vereinbarte und sich auf sämtliche Rechtsnachfolger erstreckende Teilungsverbot als Auseinandersetzungshindernis. Das vertraglich vereinbarte unbefristete Teilungsverbot vom 2. Januar 1936 hat nach wie vor Bestand.
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Der Senat kann – wie das Erstgericht – nicht zweifelsfrei feststellen, dass die Familienmitglieder in der Familienversammlung im Jahr 1966 abweichend zum niedergeschriebenen Datum tatsächlich den Familienvertrag vom 2. Januar 1936 für gegenstandslos und aufgehoben erklärten. Zwar deuten einzelne der klägerseits vorgetragenen Umstände für sich genommen darauf hin, dass die in der damaligen Familienversammlung beschlossene Aufhebung (auch) den Familienvertrag vom 2. Januar 1936 betroffen haben könnte. In Gesamtwürdigung aller Umstände lässt sich aber nicht zur Überzeugung des Senats feststellen, dass im Erklärungszeitpunkt März 1966 die Aufhebung des Familienvertrages aus dem Jahr 1936 der tatsächliche Erklärungswille der Familienmitglieder war.
44
aa) Im Rahmen der Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) ist zunächst vom Wortlaut der Erklärung auszugehen. Ist dieser mehrdeutig und daher auslegungsbedürftig, sind in einem zweiten Auslegungsschritt die außerhalb des Erklärungsakts liegenden Begleitumstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Vereinbarung zulassen (BGH, Beschluss vom 14.2.2017 – VI ZB 24/16, juris; Grüneberg/ Ellenberger, BGB, § 133 Rn 1 m.w.N.). Als solche für die Auslegung maßgeblichen Begleitumstände kommt neben der Interessenlage der Beteiligten insbesondere auch ihr späteres Verhalten in Betracht (BGH, a.a.O.).
45
bb) Das im Protokoll der Familienversammlung von 1966 angegebene Datum „27. Okt. 1935“ ist zunächst ein Indiz, dass die Erklärenden im Rahmen der Beschlussfassung auch tatsächlich nur den Familienvertrag vom 27. Oktober 1935 gemeint haben. Der Senat schließt dies aus dem Gesamtinhalt des Protokolls der Familiensammlung: Die Familienmitglieder hatten ausweislich des Protokolls (Seite 1) zuerst über Unterbringung und Verbleib der streitgegenständlichen Familiensammlung diskutiert und einvernehmlich beschlossen, diese im gemeinsamen Besitz zu belassen sowie weitere Regelungen zur Verwaltung der Sammlungsstücke, beispielsweise der Leihgabe an Familienmitglieder und der Instandhaltungskosten vereinbart. In einem nachfolgenden Abschnitt wurde protokolliert, dass Einigkeit erzielt worden sei, dass der Familienvertrag vom 27. Oktober 1935 den heutigen Verhältnissen nicht mehr gerecht werde und daher beschlossen wurde, dass der Familienvertrag als aufgehoben zu betrachten sei. Alle zurzeit in gemeinschaftlicher Verwaltung befindlichen Vermögensteile sollen bis auf weiteres gemeinschaftlich verwaltet werden. Nachfolgend in einem abgesetzten dritten Abschnitt wurde protokolliert, dass hinsichtlich der früher gemeinschaftlich, jetzt getrennt bewirtschafteten Vermögensteile, zurzeit nicht an eine Ausweitung der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung gedacht sei.
46
Diese Reihenfolge der erörterten Punkte lässt darauf schließen, dass sich die Familienmitglieder einig waren, dass die Familiensammlung nicht aufgeteilt, sondern weiterhin in gemeinsamem Besitz bleiben und wie beschrieben verwaltet werden sollte, die ursprüngliche zur Erhaltung des Traditionsvermögens in der Familienversammlung vom Oktober 1935 angedachte Vereinslösung („Familienvertrag vom 27. Okt. 1935“) nicht mehr aufrechterhalten oder neu gelebt werden solle und bereits getrennt verwaltetes Immobilienvermögen aktuell nicht wirtschaftlich zusammengeführt werden solle.
47
cc) Auch die Tatsache, dass am 27. Oktober 1935 eine Familienversammlung abgehalten wurde, in der die Gründung eines Familienvereins beschlossen wurde, deutet darauf hin, dass nur der „Familienvertrag vom 27. Oktober 1935“ und nicht der am 2. Januar 1936 geschlossene Familienvertrag aufgehoben werden sollte. Die in der Familienversammlung im Jahr 1935 einvernehmlich getroffenen Regelungen zum Abschluss eines Familienvereins können, wie das Erstgericht zutreffend ausführt, im allgemeinen Sprachgebrauch als „Familienvertrag“ bezeichnet werden, auch wenn sie nicht ausdrücklich so bezeichnet wurden.
48
Der Umstand, dass der Familienverein nachfolgend im Vereinsregister eingetragen, das Eigentum an der streitgegenständlichen Familiensammlung jedoch nicht auf den Verein übertragen und dieser Familienverein nach dem Krieg im Jahr 1948 im Vereinsregister gelöscht wurde, fügt sich mit dem Erklärungsinhalt zusammen, dass eine vormals gewünschte Vermögensbindung in Form eines Familienvereins „den heutigen Verhältnissen nicht mehr gerecht“ werde. Nachdem im Gründungsprotokoll vom 27. Oktober 1935 neben der Sammlung auch weiteres Vermögen angegeben ist, lässt sich dies mit der Formulierung in Einklang bringen, dass weiterhin die Notwendigkeit bestehe Beschluss zu fassen „über die Frage, ob das bisher gemeinschaftlich verwaltete Familienvermögen aufgeteilt werden soll oder nicht“. Hierfür spricht auch, dass im Familienvertrag aus 1936 unter XXIII (Seite 52 der Urkunde, Anlage K 1) festgehalten wird, dass der vor Abschluss dieses Vertrages gegründete Familienverein „zu seinem Teile die gleichen Zwecke erfüllen“ solle. „Die beiden Verträge“ stünden deswegen in vollem Einklang. Soweit sich eine Verschiedenheit ergeben sollte, sollen die jeweiligen Miteigentümer innerhalb des Familienvereins die erforderlichen Erklärungen abgeben. Folglich war es den Mitgliedern der Familie bewusst, dass zwei Verträge mit gleicher Zweckrichtung existierten.
49
Auch wenn die Löschung des Vereins im Jahr 1948 ins Vereinsregister eingetragen wurde, ist eine spätere, auf die vertragliche Grundlage dieses Familienvereins bezogene Beschlussfassung durchaus plausibel. Denn in § 10 der Vereinssatzung (Anlage B4) war bestimmt, dass die Auflösung des Vereins einen förmlichen Beschluss der Familie erfordere und der Familientag zugleich auch über die Verwendung des Vereinsvermögens beschließen solle. Die Beklagten hatten insoweit vorgetragen, dass der Familie eine frühere Beschlussfassung in den Kriegswirren nicht möglich gewesen sei.
50
Mithin kann nicht davon ausgegangen werden, dass hinsichtlich des Familienvereins im Jahr 1966 kein weiterer Regelungsbedarf mehr bestanden habe.
51
dd) Der Senat berücksichtigt im Rahmen der Auslegung der Willenserklärungen insbesondere auch die in den Folgejahren nach 1966 innerhalb der Familie geübte Praxis. Sowohl in den protokollierten allgemeinen Erklärungen in der Notarurkunde der Anteilsübertragung auf die Klägerin zu 1) (Seite 4 der Notarurkunde, Anlage K5) als auch im handschriftlichen Ehegattentestament der Eltern der Klägerin zu 1) aus dem Jahr 1983 (Anlage K 10) ist ersichtlich, dass ungeachtet der von den Nachlassgerichten durch Erbschein ausgewiesenen Erbfolgen nach G. und F. die Nachkommen über Jahrzehnte, auch nach 1966, bei jedem Erbfall in Erfüllung des Familienvertrages von 1936 davon ausgingen, dass die Familiensammlung anders als das „Privatvermögen“ innerhalb der Familie als „ungeteiltes Familienvermögen“ an „die Agnaten“ weiterzugeben ist.
52
ee) Ein nur geringer Beweiswert kommt der späteren Mitteilung des D. an den ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1) im März 1999 (Anlage K 34) zu. D. hatte seinen Anteil am Familienvermögen auf die Klägerin zu 1) nur drei Jahre zuvor, im Januar 1996, übertragen. Im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Übertragung hat der Notar die Erklärungen der Vertragsbeteiligten zur Historie der Familienversammlung unter Ziff. I 1) bis 3) in der Notarurkunde detailliert protokolliert. Diese hatten unter anderem angegeben, dass die Familienmitglieder den Familienvertrag „weitgehend umgesetzt“ hätten (Seite 2 der Notarurkunde, Anlage K 5). Des Weiteren wurde die geübte Praxis festgehalten, wonach die Sammlung innerhalb der Linien ungeteilt an die Söhne weitergegeben wurde (Seite 4 der Notarurkunde, Anlage K 5).
53
Im Hinblick auf diese Schilderungen zur Eigentumslage konnten die Vertragsparteien im Übertragungszeitpunkt am 19. Januar 1996 auch annehmen, dass D. als Rechtsnachfolger seines Vaters dessen hälftige Beteiligung an der ungeteilten Familiensammlung im Wege der Erbfolge erworben hat. Das Landgericht Würzburg hatte in einem nachfolgenden Zivilrechtsstreit im Hinblick auf die widerstreitenden Ansichten zur Eigentumslage und der im Rahmen der Erbscheinsverfahren nicht anerkannten Agnaten-Regelung im Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin zu 1) und ihrem beklagten Bruder (dem Beklagten zu 2) durch Feststellungsurteil vom 3. Juli 2001 (Anlage K 2) den erworbenen ideellen Anteil der Klägerin zu 1) an der Sammlung mit (nur) 25% beziffert.
54
Die per E-Mail mitgeteilte Erklärung des D. aus dem Jahre 1999, wonach sich die Familienangehörigen im Jahre 1966 bereits einig gewesen seien, dass alle früheren Familienverträge gegenstandslos und aufgehoben sein sollten, steht insoweit in Widerspruch zu seinen nur drei Jahre zuvor abgegebenen notariell beurkundeten Erklärungen.
55
ff) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beklagte zu 1) am 6. Dezember 1997 den Familienvertrag vom 2. Januar 1936 versehen mit einem „Aufhebungsvermerk“ zur Sammlung gegeben hat (Anlage K 22) und die Urkunde nebst Vermerk im Mai 2009 als Anlage D3 beim Landesamt für Denkmalschutz im Rahmen der Antragsstellung einer gewünschten denkmalschutzrechtlichen Bindung der Sammlungsstücke an Schloss S. vorlegte. Das Erstgericht hat diesen Umstand in nicht zu beanstandender Weise in die Gesamtwürdigung einbezogen, indem es sich auf die erläuternden Angaben des Beklagten zu 1) stützte. Er hatte angegeben, dass er durch den Vermerk lediglich zum Ausdruck habe bringen wollen, dass er den Familienvertrag vom 2. Januar 1936 der Sammlung beifüge mit der Klarstellung, dass der weitere Familienvertrag aufgehoben und der Familienverein gelöscht sei. Soweit auf Seite 2 des Antrages an das Landesamt für Denkmalschutz (Anlage K 23) unter „Anlass des Antrages“ beschrieben wurde, dass sich die Familienmitglieder später einigten, den Vertrag von 1936 nach Einstufung als Umgehungsgeschäft des Fideikommissrechts nicht mehr anzuwenden, steht diese in Einklang mit der geübten Praxis, dass seither auch weibliche Abkömmlinge als erbberechtigt erachtet wurden. Diese im Rahmen des Denkmalschutzverfahrens gemachten Erklärungen der Antragssteller lassen daher nicht den Rückschluss zu, dass hierdurch zweifelsfrei belegt werden kann, dass die Aufhebung des Familienvertrages vom 2. Januar 1936 am Familientag März 1966 beschlossen worden sei.
56
gg) Auch die „Feststellungen zur Eigentumslage“ im Protokoll der Familienversammlung am 26. Oktober 1997 unter TOP 5 führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Aus den Protokollinhalten ist lediglich ersichtlich, dass die Nachlassgerichte 1939 (nach dem Versterben von G.) und 1949 (nach dem Versterben von F.) ungeachtet der Agnaten-Regelung im Familienvertrag aus 1936 die weiblichen Abkömmlinge als erbberechtigt anerkannten. Die Beteiligten erachteten daher aufgrund der Erbscheine über die Erbfolgen nach G. und F. den Familienvertrag und die Verzichtserklärungen der Nicht-Agnaten für aufgehoben. Die Erben von SL, der Tochter des Miteigentümers G., sahen sich aufgrund der erteilten Erbscheine und der „Bestätigung der Außerkraftsetzung am Familientag 1966“ als 25%ige Eigentümer. Die Beklagten hatten insoweit vorgetragen, dass es sich bei den protokollierten Feststellungen zur Eigentumslage im Protokoll von 1997 lediglich um Meinungen der Familienmitglieder handelte. Diese Protokollinhalte lassen daher ebenfalls nicht den Rückschluss zu, dass die am Familientag 1966 beteiligten Familienmitglieder nicht lediglich die „Vereinslösung“, sondern tatsächlich den Familienvertrag vom 2. Januar 1936 mit der Agnaten-Regelung und den weiter vereinbarten Regelungen meinten.
57
In Gesamtwürdigung aller zu berücksichtigenden Umstände kann ein gemeinsamer Parteiwille aller Vertragsschließenden (§§ 133, 157 BGB), dass der Familienvertrag vom 2. Januar 1936 als gegenstandslos und aufgehoben werden sollte, nicht festgestellt werden.
58
f) Das zwischen den Miteigentümern G. und F. in diesem Familienvertrag vereinbarte dauerhafte Verbot der Teilung der Miteigentümergemeinschaft an der Familiensammlung hat infolgedessen nach wie vor Bestand.
59
Zwar erachtet auch der Senat die von den Nachlassgerichten bereits in den Nachlassverfahren nicht anerkannten Verzichtserklärungen der Nicht-Agnaten für unwirksam, weil sie einen gegenständlich beschränkten Erb- und Pflichtteilsverzicht hinsichtlich der zum „Familienvermögen“ zählenden Gegenstände darstellen. Ein solcher Verzicht, der auf den Anteil am Familienvermögen beschränkt erklärt wurde, ist unzulässig, da für die Erbfolge der Grundsatz der Universalsukzession (§ 1922 BGB) gilt, das Bürgerliche Gesetzbuch bei dem Nachlass eines Erblassers nicht zwischen „persönlichem Vermögen“ bzw. „Privatvermögen“ und „Familienvermögen“ unterscheidet und insbesondere keine unmittelbare erbrechtliche Rechtsnachfolge in einzelne Gegenstände kennt (Staudinger/Schotten, BGB, § 2346 Rn. 61 m.w.N.). Zum anderen stellte die vereinbarte Agnaten-Regelung und der dadurch gewünschte dauerhafte Erhalt des Familienvermögens als „Sondervermögen“ in der Linie der männlichen Abkömmlinge eine Umgehung des nach Art. 155 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 und in den Ausführungsgesetzen der damaligen Länder abgeschafften Erbrechtsfideikommiss dar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich für das Umgehungsgeschäft eine Nichtigkeit aus § 134 BGB oder auch aus § 138 BGB ergibt.
60
Die (Teil-)Nichtigkeit der das gesetzliche Erbrecht der Nicht-Agnaten beeinträchtigende Bestimmung führt jedoch nicht zur Gesamtnichtigkeit aller im Familienvertrag getroffenen Vereinbarungen. Der Auseinandersetzungsausschluss, der sämtliche Gesamtrechtsnachfolger und Sonderrechtsnachfolger binden und den innerfamiliären Erhalt der Sammlung als Traditionsvermögen sicherstellen sollte – und damit einen legitimen Zweck verfolgt –, ist nach dem erkennbar erklärten Parteiwillen von einer etwaigen Nichtigkeit der anderen Willenserklärungen nicht betroffen. Die Parteien hatten ausdrücklich eine umfassend formulierte Erhaltungsklausel im notariell beurkundeten Familienvertrag aufgenommen. Zwar sind die erbrechtlichen Regelungen ein wesentlicher Bestandteil des Vertrages und die einzelnen erbvertraglichen Willenserklärungen (Vererbung im Mannesstamm, Verzichtserklärung der Frauen, Versorgungszusicherung gegenüber den weiblichen Angehörigen) in ihrem Bestand voneinander abhängig. Soweit die vertraglichen Regelungen jedoch lediglich allgemeine Absichtserklärungen enthalten oder auch den Familienverein betreffen, Vorkaufsrechte an den Gegenständen vorsehen oder das bestehende Miteigentum der Brüder bereits lebzeitig beschränken, sind diese Regelungen zum erbvertraglichen Inhalt jedenfalls ohne weiteres teilbar im Sinne von § 139 BGB.
61
g) Die Klägerin zu 1) kann sich hinsichtlich des Teilungsverbotes nicht mit Erfolg auf die Anwendung der 30-jährige Höchstfrist des § 2044 Abs. 2 BGB berufen.
62
aa) Gemäß § 2044 Abs. 2 BGB kann ein Erblasser im Wege einer Verfügung von Todes wegen – kraft Gesetzes auf 30 Jahre begrenzt – die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses oder einzelner Teile davon verbieten, Miterben können entsprechendes erbvertraglich vereinbaren. Des Weiteren kann ein solcher Aufhebungsausschluss aber auch durch lebzeitiges Rechtsgeschäft unter den Teilhabern einer Gemeinschaft verabredet werden (MüKoBGB/Schmidt, BGB, § 749 Rn 8 m.w.N.). Für die lebzeitige rechtsgeschäftliche Regelung, die nach §§ 749 Abs. 2, 751 Satz 1 BGB auch mit dauerhafter Bindungswirkung für den Sondernachfolger geschlossen werden kann, sieht das Gesetz im Gemeinschaftsrecht abweichend zur erbrechtlichen Regelung in § 2044 BGB keine absolute Höchstfrist vor. Eine analoge Anwendung des § 2044 Abs. 2 BGB kommt mangels Regelungslücke nicht in Betracht. Der Gesetzgeber hat insoweit statt einer Fristenregelung ein unabdingbares Recht zur Aufhebung aus wichtigem Grund normiert, § 749 Abs. 2 BGB.
63
bb) Die Miteigentümer G. und F. haben im Familienvertrag vom 2. Januar 1936 mit den weiteren vertragsschließenden Familienangehörigen sowohl einvernehmlich erbrechtliche Regelungen innerhalb der Familie (Nachfolge im Mannesstamm, Erbverzichtserklärungen der Nicht-Agnaten) als auch sonstige Vereinbarungen getroffen. Bereits aus dem Wortlaut des Teilungsausschlusses ist im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB klar erkennbar, dass die beiden Miteigentümer einen Aufhebungsausschluss mit sofortiger Wirkung vereinbarten. Es entsprach auch dem schriftlich niedergelegten Vertragszweck, der Sicherung des dauerhaften Erhalts der Familiensammlung als Traditionsvermögens in der Familie, dass das Auseinandersetzungsverbot nicht erst für die Folgegenerationen im Erbfall Wirkung entfalten sollte, sondern die beiden Brüder unmittelbar und dauerhaft binden und sich auch auf sämtliche Rechtsnachfolger erstrecken sollte. Es handelt sich bei der streitgegenständlichen Regelung daher ersichtlich um eine zeitlich unbefristete rechtsgeschäftliche Vereinbarung der damaligen Miteigentümer, die lediglich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ihr Ende findet (§§ 749 Abs. 2, 751 BGB).
64
3. Ein solcher zur Aufhebung der Gemeinschaft berechtigender Grund im Sinne des § 749 Abs. 2 Satz 1 BGB liegt nach Auffassung des Senats in Gesamtabwägung aller Umstände nicht vor.
65
a) Die Prüfung, ob ein wichtiger Grund gegeben ist, ob also das Verbleiben in der Gemeinschaft einem Teilhaber nicht zuzumuten ist, richtet sich maßgeblich nach der konkreten Art der Gemeinschaft, dem gemeinschaftlichen Gegenstand, aber auch den Umständen, die zum Ausschluss der Aufhebung geführt haben. Auf die Teilhaber einer Gemeinschaft sind die im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entwickelten Maßstäbe nicht ohne weiteres übertragbar, weil es bei einer Bruchteilsgemeinschaft nicht um die Verfolgung eines gemeinsamen Gesellschaftszwecks, sondern um die gemeinsame Mitberechtigung an einer Sache geht.
66
Unzumutbar ist die Fortsetzung der Gemeinschaft daher nicht bereits dann, wenn Uneinigkeit oder Feindschaft zwischen den Beteiligten besteht, erforderlich ist vielmehr, dass eine ordnungsgemäße gemeinschaftliche Nutzung und Verwaltung unter Abwägung aller den Einzelfall prägenden Umstände unmöglich ist und der Gemeinschafter, welcher die Aufhebung begehrt, den wichtigen Grund nicht allein oder überwiegend herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 30. April 1984 – II ZR 202/83 und Urteil vom 5. Dezember 1994 – II ZR 268/93, juris). Es kommt daher darauf an, ob die konkrete Verwaltungs- und Nutzungsgemeinschaft im jeweiligen Einzelfall in zumutbarer Weise fortgesetzt werden kann (MüKoBGB/Schmidt, BGB, § 749 Rn 11 m.w.N.). Die Aufhebung bei wichtigem Grund ist ultima ratio, daher gilt ein strenger Maßstab (Grüneberg/Retzlaff, BGB, § 749 Rn 6).
67
b) Nach diesen rechtlichen Maßstäben, denen das Erstgericht gefolgt ist, reichen die vorgebrachten fortwährenden Differenzen in Gesamtabwägung der beiderseitigen Parteiinteressen als Aufhebungsgrund nicht aus.
68
Das Erstgericht hat in berufungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die klägerseits vorgebrachten Argumente und die Einwendungen der Gegenseite umfassend gewürdigt. Diesen rechtsfehlerfreien Ausführungen schließt sich der Senat an.
69
Die verfahrensgegenständliche Gemeinschaft erschöpft sich in der gemeinsamen Berechtigung an der Gesamtheit der historischen Sammlungsgegenstände der Familiensammlung. Die Sammlung als Sachgesamtheit ist Traditionsvermögen und Kulturgut, dessen Zerschlagung die Bruchteilseigentümer G. und F. bei Vereinbarung des Teilungsverbotes für alle Zeit ausschließen wollten. Daher muss im Hinblick auf die Bruchteilsgemeinschaft lediglich sichergestellt sein, dass nicht durch Rechtshandlungen des einen Teilhabers (der Erbeserbengemeinschaft nach F. bzw. einzelne ihrer Mitglieder) der andere Teilhaber (die Erbeserbengemeinschaft nach G. bzw. einzelne ihrer Mitglieder) in Mitleidenschaft gezogen wird und durch eine sinnvolle Verwaltung die gemeinschaftliche Sammlung in ihrem wirtschaftlichen Wert erhalten bleibt.
70
Ein Teil der Sammlung ist seit Jahrzehnten in musealer Nutzung im Germanischen Nationalmuseum in N.. Weitere Teile werden im Schloss S. verwahrt und dort als Ausstattung verwendet, wobei diese Sammlungsgegenstände der Nutzung durch andere Familienmitglieder nicht völlig entzogen sind. Es ist unstreitig, dass Sammlungsstücke auch als Leihgaben an Familienmitglieder zur Nutzung überlassen werden können. Einzelne Sammlungsstücke befinden sich, wie aus den Klageanträgen ersichtlich, unstreitig auch in Besitz der Klägerin zu 1). Die Klägerin zu 1) ist daher trotz der vorgetragenen Differenzen hinsichtlich der gemeinschaftlichen Verwaltung nicht völlig von der Mitberechtigung an Sammlungsgegenständen ausgeschlossen.
71
In Gesamtwürdigung aller Umstände begründen die klägerseits vorgebrachten langjährigen Differenzen keine Unzumutbarkeit der Fortführung der Gemeinschaft. Von entscheidender Bedeutung für den Senat im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist, dass das beklagtenseits eingewandte starke familiäre Interesse, als auch das angeführte öffentliche Interesse an dem Erhalt der Gesamtheit der Sammlung historischer Gegenstände in Gesamtabwägung dem klägerischen Interesse an einer Aufhebung der Gemeinschaft und damit verbundenen an der Zerschlagung der Sammlung überwiegt. Die Sammlung des „Familienvermögens“ ist Erinnerungsgut und Andenken einer langen geschichtsträchtigen Familienhistorie. Sie hat gerade als Einheit – in der Gesamtheit aller Sammlungsstücke – für die Beklagten einen überaus hohen ideellen Wert. Selbst wenn die gemeinschaftliche Verwaltung durch den Familiensenior, wie sie bislang gehandhabt wurde, aufgrund der verhärteten familiären Konflikte nicht mehr möglich sein sollte, ist jedenfalls die gemeinsame Verwaltung durch ein anderes jüngeres Mitglied der Familie oder einen neutralen Dritten zumutbar.
72
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
73
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 GKG, § 3 ZPO.
74
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Im Vordergrund stehen Auslegungs- und Bewertungsfragen des Einzelfalls. Soweit Rechtsfragen von Bedeutung sind, folgt der Senat der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung.