Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 17.03.2025 – B 7 K 24.809
Titel:

Widerruf „Soforthilfe Corona“, Zweckverfehlung der Soforthilfe, ex-post Betrachtung des Liquiditätsengpasses, Betrachtungszeitraum von drei Monaten, Ausklammerung von Personalkosten, Verlautbarungen der Politik, Verstoß gegen Treu und Glauben, Verwirkung, Widerrufsfrist

Normenketten:
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2a S. 1 Nr. 1
BayVwVfG Art. 49a Abs. 1
BayVwVfG Art. 49a Abs. 3
BayVwVfG Art. 48 Abs. 4
Schlagworte:
Widerruf „Soforthilfe Corona“, Zweckverfehlung der Soforthilfe, ex-post Betrachtung des Liquiditätsengpasses, Betrachtungszeitraum von drei Monaten, Ausklammerung von Personalkosten, Verlautbarungen der Politik, Verstoß gegen Treu und Glauben, Verwirkung, Widerrufsfrist
Fundstelle:
BeckRS 2025, 5010

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Regierung von … vom 11.07.2024, mit dem eine gewährte und ausbezahlte „Soforthilfe Corona“ widerrufen und unter Verzinsung zurückgefordert wird.
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Die Klägerin beantragte am 01.04.2020 „Soforthilfe Corona“, woraufhin mit Bescheid vom 05.05.2020 auf Grundlage der Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen freier Berufe („Soforthilfe Corona“) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 17.03.2020 in der gültigen Fassung eine Soforthilfe i.H.v. 30.000,00 EUR bewilligt und ausbezahlt wurde. Dabei wurde unter Ziffer 4 des Tenors des Bescheids darauf hingewiesen, dass die Soforthilfe zweckgebunden sei und ausschließlich der Bewältigung der existenzgefährdenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in die der Empfänger infolge der Corona-Pandemie geraten sei, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand zu zahlen (Liquiditätsengpass), diene. Grundlage des Bescheids sei der Antrag vom 01.04.2020 sowie alle dazu eingereichten Unterlagen. Aufgrund der im Antrag gemachten Angaben zur Mitarbeiterzahl und des angegebenen Liquiditätsengpasses i.H.v. 366.000,00 EUR werde eine „Soforthilfe Corona“ in Höhe eines Betrages von 30.000,00 EUR festgesetzt (vgl. Ziffer 5 des Bescheidstenors). Für den Fall, dass sich nach Stellung des Antrags durch nachträglich eintretende Ereignisse herausstelle, dass die Soforthilfe nicht oder nicht in der vollen Höhe benötigt werde, wurde der teilweise Widerruf des Bescheids bis zur Höhe der tatsächlich benötigten Soforthilfe vorbehalten (vgl. Ziffer 3 der Nebenbestimmungen zum Bescheid). Ferner wurde unter Ziffer 4 der Nebenbestimmungen eine Prüfung der Verwendung der Soforthilfe im Einzelfall vorbehalten. Unter Ziffer 5 der Nebenbestimmung wies die Bewilligungsstelle darauf hin, dass die Soforthilfe zu erstatten sei, soweit dieser Bescheid nach Verwaltungsverfahrensrecht oder anderen Rechtsvorschriften mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen werde oder sonst unwirksam geworden sei. Dies gelte insbesondere, wenn die Soforthilfe durch unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden sei oder sich durch nachträglich eintretende Ereignisse herausstelle, dass die Soforthilfe nicht oder nicht in der vollen gewährten Höhe benötigt werde. Der Erstattungsanspruch sei dabei vom Eintritt der Unwirksamkeit des Bescheids an mit drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich nach Maßgabe des Art. 49a Abs. 3 BayVwVfG zu verzinsen.
3
Mit Schreiben der Regierung von … vom 28.11.2022 wurde die Klägerin an die „Verpflichtung zur Überprüfung der erhaltenen Corona-Soforthilfe“ erinnert. Da klägerseits keine Rückmeldung erfolgte, wies die Regierung von … mit E-Mail vom 26.06.2023 daraufhin, dass mit Schreiben vom November 2022 an die Verpflichtung zur Überprüfung der erhaltenen Corona-Soforthilfe erinnert und gebeten worden sei, eine Rückmeldung über die bereitgestellte Online-Datenmaske abzugeben. Bislang sei jedoch keine Rückmeldung zu verzeichnen gewesen. Die Corona-Soforthilfe sei auf Grundlage einer bei der Antragstellung getroffenen Prognose gewährt worden. Aufgrund des Bewilligungsbescheids bestehe die Verpflichtung zu überprüfen, ob diese Prognose zu dem bei Antragstellung erwartenden Liquiditätsengpass auch tatsächlich eingetreten sei oder ob die Soforthilfe zurückbezahlt werden müsse. Die Klägerin wurde aufgefordert, das Ergebnis ihrer Überprüfung bis spätestens 31.12.2023 über die dafür vorgesehene Online-Datenmaske mitzuteilen.
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Im Nachgang zu einer E-Mail vom 12.12.2023, mit der die Klägerin nochmals an die am 31.12.2023 endende Rückmeldungsfrist erinnert wurde, zeigten sich mit Schreiben vom 29.02.2024 die Bevollmächtigten der Klägerin an und traten einer Pflicht zur Rückzahlung der Soforthilfe entgegen. Dabei wurde u.a. gebeten, den Soforthilfeantrag aus dem Jahr 2020 den Bevollmächtigten der Klägerin in Kopie zu übersenden, da der Klägerin der Antrag nicht mehr vorliege.
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Nachdem die Regierung von … mit E-Mail vom 22.03.2024 den ursprünglichen Soforthilfeantrag nochmals an die Klägerseite übermittelte, legten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 21.04.2024 eine betriebswirtschaftliche Auswertung für den Zeitraum März bis Mai 2020 bzw. April bis Juni 2020 vor, wonach sich ein erheblicher Liquiditätsengpass ergebe.
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Mit Schreiben vom 13.05.2024 führte die Regierung von … im Hinblick auf den geltend gemachten Liquiditätsengpass im Wesentlichen aus, im Rahmen des Antrags vom 01.04.2024 habe die Klägerin angegeben, dass der voraussichtliche Liquiditätsengpass 30.000,00 EUR betrage. Mit Schreiben vom 21.04.2024 sei klägerseits jedoch mitgeteilt worden, dass im maßgeblichen Betrachtungszeitraum (April, Mai, Juni 2020) ein Liquiditätsengpass von -12.456,09 EUR bestanden habe. Ein tatsächlicher Liquiditätsengpass sei damit nicht entstanden, da eine zweckentsprechende Verwendung der Soforthilfe voraussetze, dass ein Liquiditätsengpass mindestens in Höhe der erhaltenen Soforthilfe auch tatsächlich eingetreten sei. Somit habe die gewährte Soforthilfe in Höhe von 30.000,00 EUR nicht entsprechend dem im Soforthilfebescheid bestimmten Zweck verwendet werden können. Die Klägerin wurde zum beabsichtigten Widerruf des Soforthilfebescheids vom 05.05.2020 angehört.
7
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11.07.2024 wurde der Bescheid vom 05.05.2020 rückwirkend zum Zeitpunkt der Auszahlung widerrufen (Ziffer 1). Unter Ziffer 2 wurde angeordnet, dass der Betrag in Höhe von 30.000,00 EUR bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Bescheids zurückzubezahlen ist. Ferner wurde die Verzinsung des zu erstattenden Betrags vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsakts an mit drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich angeordnet (Ziffer 3).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß Ziffer 4 der Nebenbestimmungen des Bescheids vom 05.05.2020 unterliege die Soforthilfe einer vorbehaltlichen Prüfung der Verwendung. Mit Rückmeldung vom 21.04.2024 sei eine Überkompensation durch den Leistungsempfänger in Höhe von 30.000,00 EUR mitgeteilt worden.
9
Rechtsgrundlage für den Widerruf des Bescheids vom 05.05.2020 sei Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nrn. 1 und 2 BayVwVfG. Gemäß Ziff. 3 der Nebenbestimmungen des Bescheids vom 05.05.2020 sei der Bescheid zu widerrufen, wenn sich herausstelle, dass die Soforthilfe nicht oder nicht in der vollen gewährten Höhe benötigt werde. Der tatsächlich eingetretene Liquiditätsengpass sei geringer als die ursprünglich erhaltene Soforthilfe. Die bewilligte Soforthilfe werde nur dann zweckentsprechend verwendet, wenn der Liquiditätsengpass in dieser Höhe tatsächlich bestanden habe. Soweit der Liquiditätsengpass geringer sei und die Soforthilfe nicht oder nicht in der vollen Höhe benötigt werde, sei die Soforthilfe wegen Zweckverfehlung zu widerrufen.
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Im Fall des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG fänden die Grundsätze über das intendierte Ermessen Anwendung. Von einem Widerruf des Bescheids könne deshalb nur dann abgesehen werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigten. Solche besonderen Gründe seien vorliegend weder vorgetragen noch sonst erkennbar. An der Wiederherstellung gesetzeskonformer Zustände bestehe ein besonderes Interesse. Die außergewöhnliche Eilbedürftigkeit im Rahmen des Bewilligungsverfahrens habe – wie auch mehrfach öffentlich kommuniziert worden sei – eine auf Plausibilität des Antrags beschränkte Prüfungsmöglichkeit zur Folge gehabt. Der Antragstellerin sei daher eine erhebliche Verantwortlichkeit für die eigenen Angaben und Auskünfte übertragen worden. Es sei auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass eine vertiefte Prüfung erst nach Auszahlung der Soforthilfe erfolgen könne. Die Antragstellerin habe damit rechnen müssen, dass die Bewilligung der Soforthilfe aufgehoben und die ausgezahlte Soforthilfe zurückgefordert werde, wenn der im Antrag angegebene Liquiditätsengpass nicht belegt werden könne. Im Übrigen wiesen auch die Nebenbestimmungen des Bescheids ausdrücklich auf die Rechtsfolge des Widerrufs hin. Das Ermessen sei daher unter Abwägung der haushaltsrechtlichen und finanziellen Interessen des Freistaats Bayern an einem Widerruf und des Interesses des Leistungsempfängers am Belassen der Soforthilfe nur zu Gunsten des Widerrufs des Bescheids ab dem Tag der Auszahlung auszuüben gewesen.
11
Der Widerruf erfolge fristgerecht innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme. Gemäß Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG sei der Betrag in Höhe von 30.000,00 EUR zurückzuerstatten. Der Zinsanspruch resultiere aus Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG.
12
Mit Schriftsatz vom 25.08.2024 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und beantragen,
Der Bescheid der Regierung von … vom 11.07.2024 wird aufgehoben.
13
Zur Klagebegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die offenbare Entscheidung der Staatsregierung, eine Rückzahlung gewährter Corona-Soforthilfen zu verlangen, wenn und soweit sich im Nachhinein herausstelle, dass die gewährte Soforthilfe den tatsächlichen „Liquiditätsengpass“ in den drei Monaten nach Antragstellung überstiegen habe, sei rechtswidrig. Sie verstoße bereits gegen die Bestimmungen der Bescheide sowie der einschlägigen Richtlinien. Das Rückforderungsbegehren stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG), in ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG), einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie gegen Treu und Glauben (in Ausprägung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) dar. Unternehmer in ganz Bayern hätten mit großer Überraschung zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Bezirksregierungen bzw. die Staatsregierung mit Erinnerungsschreiben vom 28.11.2022 mitgeteilt hätten, dass sich der Liquiditätsengpass aus einer nachträglichen Bewertung des „dreimonatigen Betrachtungszeitraums“ ergeben solle. Ferner hätten sie erfahren müssen, dass in den „erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand“ angeblich keine Personalkosten einberechnet werden dürfen.
14
Es fehle bereits an einer wirksamen Definition des Dreimonatszeitraums. In den Bescheiden sowie den Richtlinien sei stets die Rede von „in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten“ gewesen. Im Erinnerungsschreiben werde dieser Zeitraum nicht konkretisiert. Vielmehr werde von einem „dreimonatigen Betrachtungszeitraum“ gesprochen. Im Online-Tool werde ein Zeitraum überhaupt nicht genannt. Der Klägerin habe sich mithin nicht erschlossen, ob der Dreimonatszeitraum bereits am 01. des Anfangsmonats, am Tag der Antragstellung oder am 01. des Folgemonats der Antragstellung begonnen habe. Dem Wortlaut nach dürfe der Tag der Antragstellung wohl am naheliegendsten sein. Dies würde der Klägerin aber eine unmöglich zu erbringende Berechnung abverlangen, da die Buchhaltung natürlich monatlich erfolge. Für die konkrete Berechnung könne es aber von entscheidender Bedeutung sein, ob Einnahmen bis 31.05.2020, taggenau innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung oder bis 30.06.2020 berücksichtigt würden.
15
Die Klägerseite monierte weiter, dass es zu einer faktischen Änderung der Bewilligungsvoraussetzungen gekommen sei. So werde in der Richtlinie vom 03.04.2020 der Liquiditätsengpass in Ziffer 2.2 mit den Worten legal definiert, dass die laufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen würden, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z. B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen. Angesichts des Lockdowns, dessen Ende nicht absehbar gewesen sei, sei die im Frühjahr 2020 angestellte Prognose, dass die Einnahmen der nächsten drei Monate voraussichtlich nicht ausreichen würden, um die Verbindlichkeiten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand zu bezahlen, zweifellos richtig gewesen. Zudem habe man sich offensichtlich erst im Laufe des Jahres 2020 entschieden, dass Personalkosten nicht einberechnet werden dürften. Dies sei der Klägerin bei Antragstellung nicht klar gewesen. Auf damalige Verlautbarungen, u.a. auf der Homepage des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, wurde klägerseits hingewiesen. Erst am 18.04.2020 sei auf der Homepage nachzulesen gewesen, dass Personalaufwendungen nicht berücksichtigt werden könnten.
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Eine Widerrufsmöglichkeit gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG sei nicht gegeben, da die ausbezahlte Soforthilfe zweckentsprechend verwendet worden sei. Zweck der Soforthilfe sei es gewesen, Unternehmern unter die Arme zu greifen, die bei Antragstellung im Frühjahr 2020 prognostisch – und damit ex ante – fürchteten, einen Liquiditätsengpass zu erleiden. Dass der Engpass ex post zu beurteilen sei, sei dem Bescheid an keiner Stelle zu entnehmen. In diesem Zusammenhang wurde klägerseits auf einen Eintrag auf der Homepage der Steuerberaterkammer Hessen hingewiesen.
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Auch aufgrund der Nebenbestimmungen des Bescheids vom 16.04.2020 sei eine Widerrufsmöglichkeit nicht eröffnet (wird weiter ausgeführt). Damit stehe fest, dass sich der Beklagte für die Aufhebung des Bescheids lediglich auf Ziffer 3 und 5 der Nebenbestimmungen stützen könne. Dort sei aber von einer Rückforderung bei „nachträglich eintretenden Ereignissen“ die Rede. Rechtstechnisch handele es sich um einen Widerrufsvorbehalt im Sinne von Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Art. 36 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG. Auf dieser Grundlage könne aber die Corona-Soforthilfe nicht zurückgefordert werden (wurde umfassend ausgeführt). Auch die Widerrufsfrist (Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG) sei bei Bescheidserlass bereits verstrichen gewesen.
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Soweit bei der Rückforderung der Hilfen nicht zwischen den Branchen differenziert werde (bezüglich des Umstands, ob Nachholeffekte eintreten), liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Andere Bundesländer – etwa Nordrhein-Westfalen – würden die Sichtweise des Beklagten nicht teilen und Personalkosten als von den Einnahmen absetzbar ansehen. Die Benachteiligung bayerischer Unternehmen sei mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
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Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG ergebe sich mit Blick darauf, dass zur Kompensation von Einbußen durch staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sowohl grundrechtlich als auch rechtsstaatlich von einer Pflicht des Staates auszugehen sei, effektive Hilfsprogramme zu etablieren. Es könne nicht angenommen werden, dass die Soforthilfeleistungen aus Gründen bloßer Billigkeit ausgereicht worden seien. Vielmehr hätten diese gezielt der Kompensation dieser Grundrechtseingriffe gedient und seien daher nicht mehr zurückzuzahlen.
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Schließlich sei ein Verstoß gegen Treu und Glauben bzw. dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung anzunehmen. Die Klägerseite verwies insoweit auf die damaligen politischen Verlautbarungen sowie auf einschlägige Rechtsprechung zur „Verwirkung“. Angesichts des 29 Monate nach Beendigung des Lockdowns ergangenen Erinnerungsschreibens vom 28.11.2022 sei das Zeitmoment als erfüllt anzusehen. Auch das Umstandsmoment spreche für die Annahme einer Verwirkung (wurde weiter ausgeführt). In den damaligen Verlautbarungen sei von einer ex-post-Prüfung des Liquiditätsengpasses keine Rede gewesen.
21
Mit Schriftsatz vom 18.11.2024 beantragt die Regierung von … für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, entgegen der Auffassung der Klägerseite hätten ersichtlich keine Unklarheiten darüber bestanden, welcher Zeitraum für die Frage des Bestehens eines Liquiditätsengpasses zu betrachten sei, geschweige denn habe es diesbezüglich eine „nachträgliche Änderung“ gegeben. Abzustellen sei auf die auf die Antragstellung folgenden drei Monate. Soweit die Klägerseite hierzu moniere, dass es einen Unterschied machen könne, ob die Berechnung an den Monatsersten oder taggenau an den auf die Antragstellung folgenden Tag anzuknüpfen habe, sei klägerseits bislang nicht geltend gemacht, geschweige denn substantiiert worden, ob und wie sich dies im vorliegenden Fall zugunsten der Klägerseite auswirken würde.
23
Es treffe auch nicht zu, dass es Unklarheiten bzw. nachträgliche Änderungen bei der Frage gebe, ob Personalkosten bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses anzusetzen seien. Nach dem eindeutigen Richtlinienwortlaut, der bayernweit in der ständigen Praxis der Bewilligungsbehörden bei Zuwendungs- und Widerrufsentscheidungen auch zugrunde gelegt werde, zählten Personalkosten eben nicht zu den insoweit berücksichtigungsfähigen Positionen. Der Richtliniengeber habe sich bewusst dazu entschieden, diese bei der Betrachtung auszunehmen, insbesondere, um etwaige Doppelbezuschussungen neben dem Bezug von Kurzarbeitergeld zu vermeiden.
24
Richtig sei zwar, dass die Prognose eines Liquiditätsengpasses in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten Grund für die ursprüngliche Bewilligung der Soforthilfe gewesen sei. Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der Soforthilfe in der weiteren Folge sei aber selbstredend das tatsächliche Vorhandensein eines entsprechenden Liquiditätsengpasses in der bei der Antragstellung geltend gemachten Höhe. Dies nachzuprüfen sei gerade Gegenstand und Zweck des Nachprüfungs- und Rückmeldeverfahrens und der Grund für die Aufnahme entsprechender Nebenbestimmungen in die Bewilligungsbescheide. Maßgeblich sei also nicht, ob ein Antragsteller zu Recht einen Liquiditätsengpass in der geltend gemachten Höhe prognostiziert habe, sondern, ob sich im Nachhinein diese Prognose als richtig oder unzutreffend herausgestellt habe. Ergebe sich – wie vorliegend – aus den im Rückmeldeverfahren gemachten Angaben, dass im maßgeblichen Betrachtungszeitraum kein Liquiditätsengpass gegeben gewesen sei, so stehe damit zugleich fest, dass der Bewilligungsempfänger die bewilligte Soforthilfe nicht zu dem Zweck, zu dem die Leistungsbewilligung und Auszahlung erfolgt sei – nämlich zum Ausgleich eben dieses Liquiditätsengpasses – verwendet habe und damit tatbestandlich ein Bewilligungswiderruf wegen nicht zweckentsprechender Mittelverwendung eröffnet sei. Als nachträglich eintretendes Ereignis seien daher auch die im Zuge des Rückmeldeverfahrens erfolgten buchhalterischen Auswertungen und betrieblichen Ergebnisse im Antragzeitraum, die sich bei nachträglicher Betrachtung des Bewilligungszeitraums ergeben, zu werten. Es liege auf der Hand, dass dann, wenn die Bewilligungsentscheidung zunächst auf einer betriebswirtschaftlichen Prognose erfolge, dann, wenn sich im Nachhinein herausstelle, dass sich die Wirtschaftslage des Unternehmens im Nachhinein doch anders darstelle und ein Liquiditätsengpass nicht oder nicht in der zunächst prognostizierten Höhe tatsächlich bestanden habe, diese Erkenntnis zum Widerruf der Bewilligung berechtige.
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Entgegen der Auffassung der Klägerseite sei die Widerrufsfrist der Art. 48 Abs. 4 i.V.m. Art. 49 Abs. 2a Satz 2 BayVwVfG im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Widerrufsentscheidung noch nicht abgelaufen. Diese beginne frühestens zu dem Zeitpunkt zu laufen, als das Rückmeldeverfahren endgültig abgeschlossen gewesen sei und dem Bewilligungsempfänger im Rahmen des Anhörungsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zum beabsichtigten Widerruf gegeben worden sei.
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Die Ermessensentscheidung sei ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei schon nicht ersichtlich, inwieweit Modalitäten dazu, auf welche Art und Weise die Klägerin in der „Lockdown-Zeit“ ihre Produkte habe vertreiben können, für die Frage, ob ihr die – mangels Vorliegens eines Liquiditätsengpasses im maßgeblichen Betrachtungszeitraum letztlich zu Unrecht – bewilligte Soforthilfe zum jetzigen Zeitpunkt dennoch belassen werden könne oder nicht, relevant seien. Gleiches gelte auch für die klägerseits aufgeworfene Frage nach einer Differenzierung nach Branchen. Völlig unerheblich sei zudem der klägerische Verweis auf die Förder- und Rückforderungspraxis in anderen Bundesländern. Art. 3 Abs. 1 GG spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle, da dieser den in die Pflicht genommenen Hoheitsträger nur im Einflussbereich seines eigenen Zuständigkeitsbereichs binden könne. Die Unterstützung von im Zuge der Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Unternehmen obliege jedoch den Ländern.
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Die klägerseits im Klageverfahren vorgelegte BWA-Aufstellung gehe fehl. Nachdem der Zuwendungsantrag am 01.04.2020 gestellt worden sei, seien die zu betrachtenden Monate April, Mai und Juni 2020, nicht März, April und Mai 2020.
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Die Widerrufsentscheidung verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Es sei auch keine Verwirkung eingetreten. Im Anwendungsbereich der Art. 48, 49 BayVwVfG seien die Aspekte des Vertrauensschutzes bereits in den gesetzlichen Regelungen selbst mitberücksichtigt, so dass grundsätzlich kein Raum dafür verbleibe, der Widerrufsentscheidung über gesetzliche Gesichtspunkte wie Treu und Glauben und Verwirkung entgegenzuhalten. Aus den von der Klägerseite angeführten damaligen Verlautbarungen von Mitgliedern der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung könne diese für sich nichts herleiten. Die Äußerungen seien keinesfalls dahingehend zu verstehen, dass die unbürokratisch ausgezahlte Soforthilfe auch dann nicht zurückgezahlt werden müsse, wenn bzw. soweit kein tatsächlicher Liquiditätsengpass vorhanden sei. Denn die im Nachgang hierzu erlassenen Zuwendungsrichtlinien hätten die staatlichen Billigkeitsleistungen zwar einerseits als nicht zurückzahlbaren verlorenen Zufluss und gerade nicht als Darlehen ausgestaltet, andererseits aber die Förderfähigkeit dem Grunde und der Höhe nach an das tatsächliche Bestehen eines Liquiditätsengpasses geknüpft. Somit seien auch gegebenenfalls dem Grunde nach zu Unrecht oder der Höhe nach überzahlte Zuwendungen nach einer nachträglichen Überprüfung durch die Bewilligungsstellen rückforderbar. Daher bestehe auch insoweit keinerlei „Vertrauensschutz“ bei der Klägerin, der dem Widerruf entgegengehalten werden könnte.
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Mit Schriftsatz vom 11.12.2024 verwies die Klägerseite auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18.09.2024 (Az. 15 K 7121/23). Darüber hinaus wiederholte und vertiefte die Klägerseite ihren Vortrag dahingehend, dass der Widerruf nicht auf Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG gestützt werden könne. Voraussetzung des Widerrufs wegen Zweckverfehlung sei, dass für den Empfänger der Zuwendung unter Zugrundlegung eines objektiven Empfängerhorizonts – im Zeitpunkt des Zugangs des Bewilligungsbescheids – erkennbar gewesen sei, dass gerade der Zweck verfolgt worden sei, die Überwindung eines Liquiditätsengpasses basierend auf einer ex-post-Betrachtung des Zeitraums drei Monate nach dem Tag der Antragstellung zu fördern. Dieser Zweck sei dem Bewilligungsbescheid und den Auslegungshilfen nicht zu entnehmen gewesen. Dies gehe zu Lasten der Behörde, mit der Folge, dass sie nicht wegen Zweckverfehlung widerrufen dürfe. Vielmehr sei die im Zeitpunkt der Antragstellung abgegebene Prognose maßgeblich, zumal in der Richtlinie vom 17.03.2020 auch nur stichpunktartige Kontrollen angekündigt worden seien. Anders sei dies nur bei den sogenannten Überbrückungshilfen kommuniziert worden. Dort seien die Empfänger von Anfang an unmissverständlich auf die Notwendigkeit einer Schlussabrechnung hingewiesen worden.
30
Schließlich sei dem Beklagten zu widersprechen, dass die Klägerin nicht substantiiert geltend gemacht habe, wie sich die unterschiedlichen Zeiträume im vorliegenden Fall zu Gunsten bzw. zu Lasten der Klägerin auswirken würden. Insoweit werde auf Seite 15 der Klagebegründung sowie auf Seite 44 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Aus zahlreichen Verfahren sei auch bekannt, dass das Internetportal des Beklagten zur Beantragung von Corona-Soforthilfen Ende März 2020 zeitweise vollkommen überlastet gewesen sei. Der Klägerin sei es daher nicht gelungen, den Antrag bereits Ende März einzureichen. Dies sei erst am 01.04.2020 gegen Mittag wieder technisch möglich gewesen.
31
Hinsichtlich Personalkosten sei der Richtlinienwortlaut nicht eindeutig. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass es der ständigen Praxis entspreche, Personalkosten bei Zuwendungs- und Widerrufsentscheidungen nicht zu berücksichtigen.
32
Mit Schriftsatz vom 23.12.2024 führte der Beklagte ergänzend aus, der klägerische Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart sei unbehelflich. Es sei schon nicht ersichtlich, inwieweit eine zum baden-württembergischem Landesrecht bzw. zu einer baden-württembergischen Förderrichtlinie ergangene Entscheidung unbesehens auf das bayerische Landesrecht Anwendung finden solle. Das Förderverfahren, einschließlich entsprechender Rückforderungsverfahren, sei Ländersache.
33
Unklarheiten bezüglich des „Liquiditätsengpasses“ konnten und könnten nicht bestehen. Zweck der Bewilligung sei es gerade nicht gewesen, vom in Ziffer 2 der Richtlinie definierten „Liquiditätsengpass“ losgelöste bzw. darüberhinausgehende wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. eine Existenzbedrohung abzufedern.
34
Soweit klägerseits zum wiederholten Male darauf verwiesen werde, dass in der Richtlinie nicht ausdrücklich bestimmt sei, dass es zu einer Nachprüfung der Bewilligungsentscheidungen mit gegebenenfalls folgenden Rückforderungsentscheidungen komme, werde darauf hingewiesen, dass es angesichts der Regelungen der Art. 48, 59, 51 BayVwVfG einer ausdrücklichen Regelung hierzu in den Förderrichtlinien nicht bedurft habe. Ungeachtet dessen werde daran erinnert, dass in den Ziffern 3 und 6 der Nebenbestimmungen der Bewilligungsbescheide Regelungen zur nachträglichen Überprüfung ohnehin verfügt worden seien.
35
Im Hinblick darauf, dass Personalkosten bei der Ermittlung des Liquiditätsengpasses nicht zu berücksichtigen seien, sei bereits vorgetragen worden. Diese zählten im Sinne der Ziffer 2 der Richtlinien nicht zum „fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (beispielsweise gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten)“. Sie seien vom Fördergeber deshalb nicht mit aufgenommen worden, um Doppelbezuschussungen mit dem Kurzarbeitergeld auszuschließen. Die Klägerin als Förderempfängerin könne ihr eigenes Richtlinienverständnis dem des Beklagten als Fördergeber nicht entgegenhalten. Zuwendungsrichtlinien seien einer Auslegung wie Normen nicht zugänglich.
36
Mit Schriftsätzen vom 18.11.2024 und 30.01.2025 erklärten sich die Beteiligten mit einer Entscheidung über die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
37
Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

I.
38
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO über die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
II.
39
Die zulässige Anfechtungsklage bleibt ohne Erfolg. Die Widerrufsentscheidung unter Ziffer 1 des Bescheids vom 11.07.2024 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gleiches gilt für die Anordnung der Rückerstattung – einschließlich der Verzinsung – der mit Bescheid vom 05.05.2020 bewilligten und ausbezahlten Förderung i.H.v. 30.000,00 EUR (Ziffer 2 und 3 des Bescheids vom 11.07.2024).
40
1. Der Widerruf der mit Bescheid vom 05.05.2020 gewährten Soforthilfe ist rechtlich nicht zu beanstanden.
41
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Zuwendung ist Art. 49 Abs. 2a Satz 1 BayVwVfG. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird (Nr. 1) oder wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist erfüllt hat (Nr. 2).
42
a) Gemessen hieran geht die Regierung von … jedenfalls zutreffend davon aus, dass der Tatbestand der „Zweckverfehlung“ i.S.d. Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG vorliegt.
43
aa) Bei der Ermittlung des Zwecks einer Zuwendung ist auf den Wortlaut des Zuwendungsbescheids, die diesem zugrundeliegenden Bewilligungsgrundlagen (Förderantrag und Richtlinien) sowie analog § 133 BGB auf den objektiven Gehalt der Erklärung aus Sicht des Empfängers und auf die dem Begünstigten bekannten und erkennbaren Umstände abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1983 – 7 C 70.80 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 25.1.2021 – 6 ZB 20.2162 – juris Rn. 9; VG Bayreuth, U.v. 18.12.2023 - B 7 K 22.800 – juris Rn. 30).
44
Gemäß Ziffer 1 Satz 3 der vorstehenden Richtlinien in der Fassung vom 01.04.2020 soll mit den im Rahmen des Sofortprogramms ausgereichten Finanzenhilfen den in Folge der COVID-19-Pandemie wirtschaftlich betroffenen Unternehmen und Angehörigen freier Berufe eine Soforthilfe gewährt werden, insbesondere um die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen und Freiberufler zu sichern, Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten. Antragsvoraussetzung ist gemäß Ziffer 2 der Richtlinien u.a. die glaubhafte Versicherung des Antragstellers, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz gefährden, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem laufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand zu zahlen (Liquiditätsengpass). Die streitgegenständliche Soforthilfe erfolgt gemäß Ziffer 5 Satz 1 der Richtlinien als Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO gestaffelt nach der Zahl der Erwerbstätigen und beträgt bei bis zu fünf Erwerbstätigen 5.000,00 EUR, wobei gemäß Ziffer 5 Satz 3 der Richtlinien Obergrenze für die Höhe der Soforthilfe der Betrag des durch die Corona-Krise verursachten Liquiditätsengpasses ist. Darüber hinaus verweist auch der Bewilligungsbescheid vom 05.05.2020 unter Ziffer 4 des Tenors auf die Zweckgebundenheit der streitgegenständlichen „Soforthilfe Corona“, die ausschließlich zur Bewältigung der existenzgefährdenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten von seit dem 11.03.2020 in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie entstandenen Liquiditätsengpässen diene. Damit lässt sich die Zweckbestimmung der Soforthilfe, nämlich (tatsächliche) Liquiditätsengpässe zu kompensieren, mit hinreichender Deutlichkeit den Fördergrundlagen entnehmen (vgl. hierzu umfassend: VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 45 ff.). Der Beklagte geht mithin – auch im Widerrufsbescheid – zutreffend davon aus, dass das tatsächliche Vorhandensein eines Liquiditätsengpasses sachliche Grundlage für die Gewährung der streitgegenständlichen Soforthilfe dem Grunde und der Höhe nach ist (VG Bayreuth, Gb.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378 – juris Rn. 32).
45
bb) Die Bewilligungsstelle ist auch berechtigt, das tatsächliche Vorhandensein eines Liquiditätsengpasses nachträglich zu überprüfen. Die „ex-post Betrachtung“ dahingehend, ob im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich ein Liquiditätsengpass eingetreten ist, ist – obwohl bei Beantragung der Soforthilfe von Seiten der Klägerin (zunächst) eine Prognose anzustellen war – gerichtlich nicht zu beanstanden (VG Bayreuth, Gb.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378 – juris Rn. 33 ff.; VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 82 ff.).
46
Dem steht insbesondere Ziffer 6 der streitgegenständlichen Richtlinien nicht entgegen. Nach Ziffer 6.1 Satz 1 der Richtlinien behält sich die Bewilligungsbehörde eine Überprüfung der Angaben im Antragsformular und der wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Aus dieser Formulierung kann jedoch nicht geschlossen werden, dass es der Bewilligungsbehörde verwehrt ist, das tatsächliche Vorhandensein eines Liquiditätsengpasses – der wie oben dargestellt, das maßgebliche Kriterium für die Förderberechtigung ist – auch (noch) nachträglich zu überprüfen. Darüber hinaus regelt Ziffer 10 Satz 5 der Richtlinien, dass die Bewilligungsbehörden zumindest stichprobenartig eine hinreichende Prüfung der erfolgten Bewilligung unter Vorlage von Belegen zu gewährleisten haben, was denknotwendigerweise voraussetzt, dass eine derartige Prüfung erst im Nachgang zur Verbescheidung der Bewilligung erfolgen kann.
47
Basierend auf das vorstehende – rechtlich nicht zu beanstandende – Verständnis der Richtlinien hat sich die Bewilligungsbehörde unter Ziffer 4 der Nebenbestimmungen zum Bewilligungsbescheid vom 05.05.2020 in zulässiger Weise eine Überprüfung der Verwendung der Soforthilfe im Einzelfall vorbehalten. Darüber hinaus regelt Ziffer 5 der Nebenbestimmungen den Vorbehalt eines (Teil-)Widerrufs, wenn sich durch nachträgliche Ereignisse herausstellt, dass die Soforthilfe – entgegen der im Bewilligungszeitpunkt nur möglichen Prognoseentscheidung – nicht oder nicht in der vollen gewährten Höhe benötigt wird. Die vorstehenden und bestandskräftigen Bestimmungen des Bewilligungsbescheids vom 05.05.2020 sind daher noch präziser gefasst, als die entsprechenden Regelungen der Richtlinien. Die Bewilligungsstelle ist daher auf Grundlage des bestandskräftigen Bescheids vom 05.05.2020 erst recht berechtigt, das Vorhandensein eines tatsächlichen Liquiditätsengpasses nachträglich zu überprüfen und bei Überkompensation entsprechende Widerrufs- und Rückforderungsmaßnahmen einzuleiten.
48
Das einstweilige Abstellen auf eine Prognose in der Antragsphase lag gerade im Interesse der Antragsteller, um eine rasche Bewilligung und Auszahlung der Soforthilfe zu ermöglichen. Die Kehrseite davon ist, dass im Nachhinein überprüft und festgestellt wird, ob sich die Prognose realisiert hat. Aus den Richtlinien und insbesondere den Maßgaben im Bewilligungsbescheid ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Klägerin nur die Fördermittel behalten durfte, die für die Überwindung des tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpasses benötigt wurden. Denn zeigt sich im Nachhinein, dass ein Liquiditätsengpass nicht vorgelegen hat, bedarf es keiner Zuschüsse zur Existenzsicherung und entfällt damit die Grundlage für das Behaltendürfen zu diesem Zweck. Bei objektiver Betrachtungsweise konnte für die Klägerin kein berechtigter Zweifel daran bestehen, dass jedenfalls diejenigen Mittel zurückzuzahlen sind, die im Rahmen der Zweckbindung während des dreimonatigen Bewilligungszeitraums nicht benötigt worden sind (vgl. eingehend VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 82 ff. m.w.N; VG Bayreuth, Gb.v. 26.2.2025 – B 7 K 24.519). Eine von der Klägerseite behauptete „nachträgliche faktische Änderung der Bewilligungsvoraussetzungen“ liegt daher ersichtlich nicht vor.
49
cc) Ausgehend von dem vorgelegten Zahlenmaterial trifft es auch zu, dass ein relevanter Liquiditätsengpass bei der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum nicht bestanden hat.
50
(1) Soweit die Klägerin die Frage des hier maßgeblichen Betrachtungszeitraums von drei Monaten aufgeworfen hat, steht dem Zuwendungsempfänger nach Ziffer 4.7 der FAQ ein Wahlrecht zu. Danach wird der Berechnung des Liquiditätsengpasses grundsätzlich ein Betrachtungszeitraum von drei Monaten zugrunde gelegt, beginnend mit dem Monat der Antragsstellung. Alternativ kann auch auf die der Antragstellung folgenden drei Monate abgestellt werden, beginnend mit dem Tag der Antragstellung oder dem auf die Antragstellung folgenden Monat. Sofern mehrere Anträge gestellt wurden, wird für den Beginn des Betrachtungszeitraums auf den ersten Antrag abgestellt.
51
Vorliegend wurde im Verwaltungsverfahren eine BWA für den Zeitraum März bis Mai 2020 sowie für den Zeitraum April bis Juni 2020 vorgelegt (Bl. 44/45 der Behördenakte) und ergänzend ausgeführt, die Klägerin sei aufgrund der unklaren Vorgaben stets davon ausgegangen, dass sich der Liquiditätsengpass aus dem Zeitraum März bis Mai 2020 ergeben müsse. Diese Auffassung sei schutzwürdig, da im Antragsformular unter Ziffer 7.2 ausdrücklich auch auf die Situation von vor dem 11.03.2020 abgestellt wurde.
52
Dieser Sichtweise der Klägerin ist jedoch zu widersprechen. Nach Ziffer 5 der Richtlinie sind Anträge, die sich auf Liquiditätsengpässe beziehen, die vor dem 11.03.2020 entstanden sind, nicht förderfähig. Daraus kann aber keineswegs geschlossen werden, dass die Klägerin bei der hier am 01.04.2020 erfolgten Antragstellung auch (noch) auf den März 2020 abstellen kann. Aus Ziffer 2 der Richtlinie ergibt sich nämlich eindeutig, dass hinsichtlich des Liquiditätsengpasses auf die „der Antragstellung folgenden drei Monate“ abzustellen ist. Ergänzt und präzisiert wird dieser Zeitraum durch das bereits erwähnte „Wahlrecht“ in Ziffer 4.7 der FAQs. Damit ist bei keiner „Leseart“ auch (schon) der Monat März 2020 (mit) maßgeblich.
53
Dem steht auch der erstmals im Klageverfahren getätigte Vortrag, der Klägerin sei es nicht gelungen, den Antrag noch Ende März 2020 zu stellen, da das Portal überlastet gewesen sei, nicht entgegen. Neben der Tatsache, dass es sich insoweit um eine bloße unsubstantiierte Behauptung handelt, ist der Vortag schon deswegen nicht entscheidungserheblich, weil maßgeblicher Zeitpunkt – auch im Widerrufsverfahren – der Zeitpunkt der Behördenentscheidung ist (BayVGH, B.v. 25.1.2021 – 6 ZB 20.2162 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2254 – juris Rn. 14; VG Bayreuth, Gb.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378 – juris Rn. 37). Bis zum Bescheidserlass (11.07.2024) wurde jedoch mit keinem Wort erwähnt, dass es der Klägerin aus technischen Gründen, die dem Beklagten zuzurechnen wären, nicht möglich gewesen sei, bereits im März einen Soforthilfeantrag zu stellen.
54
Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte ausgehend von diesem Kontext im Falle der Klägerin für die Berechnung der Höhe des Liquiditätsengpasses auf den 3-Monats-Zeitraum April bis Juni 2020 abgestellt hat. Die Klägerin hat das ihr zustehende Wahlrecht mit ihrem Vorbringen und der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung insoweit (konkludent) ausgeübt, insbesondere wurde auch keine BWA für die Monate Mai bis Juli 2020 bzw. jedenfalls zusätzlich kein „Betriebsergebnis“ für den Monat Juli 2020 vorlegt, was ggf. zu Nachfragen bzw. Vergleichsberechnungen hätte führen müssen.
55
(2) Unter Zugrundelegung des zutreffenden Zeitraums (April bis Juni 2020) hat die Beklagte die insoweit angefallenen Personalaufwendungen ohne Rechtsfehler ausgeklammert.
56
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Richtlinien geregelt, müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig angewendet werden. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der jeweiligen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung im zugrundeliegenden Haushaltsgesetz/Haushaltsplan gezogen ist, nicht beachtet worden ist. Entscheidend ist allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris Rn. 6; U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26; VG München. U.v. 27.1.2020 – 31 K 19.4697 – juris Rn. 22). Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die – wie hier – nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf Verwaltungsvorschriften beruhen, kommt es nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern nur darauf, wie die entsprechenden Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind. Insoweit hat sie auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften, sodass es allein darauf ankommt, wie die Förderrichtlinien als administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger behördlicher Praxis gehandhabt wurden (BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris Rn. 10; zusammenfassend für die „Soforthilfe-Corona“ VG München, U.v. 23.2.2022 – M 31 K 21.2878 – juris Rn. 16).
57
An diesen Grundsätzen gemessen ordnet der Beklagte in den hiesigen Förderprogrammen der Corona-Soforthilfe nach seiner gerichtsbekannten, maßgeblichen ständigen Verwaltungspraxis Personalaufwand als keine zum Sach- und Finanzaufwand im Sinne der maßgeblichen Richtlinien gehörende Position ein (vgl. VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 77; VG München, U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 27 f.; U.v. 27.8.2021 – M 31 K 21.2666 – juris Rn. 30). Eine Verwaltungspraxis dieses Inhalts verletzt nicht das Willkürverbot. Denn eine Differenzierung, die an die Art des betrieblichen Aufwands anknüpft, ist im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des Beklagten bei der Bestimmung der Voraussetzungen der Finanzhilfe von ausreichend sachbezogenen Gesichtspunkten getragen (vgl. VG München, U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 31 und eingehend VG Bayreuth, Gb.v. 8.5.2024 – B 7 K 22.876 – juris Rn. 43 ff.). Insbesondere hat die Beklagte auch wiederholt nachvollziehbar dargelegt, dass Personalkosten nicht ansetzbar sind, um Doppelbezuschussungen mit dem Kurzarbeitergeld auszuschließen (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 137).
58
(3) Klammert man dementsprechend die Personalkosten in dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Zahlenmaterial aus, so ergibt sich für den Zeitraum April bis Juni 2020 kein Liquiditätsengpass, sondern (vgl. die „Berechnung“ im Schreiben der Regierung von … vom 13.05.2024, Bl. 48 ff. der Behördenakte) eine „Überkompensation“ von 30.000,00 EUR. Ist – wie vorliegend – ein tatsächlicher Liquiditätsengpass nicht feststellbar, so wurde der Zweck der bewilligten und ausbezahlten Soforthilfen verfehlt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG sind mithin erfüllt.
59
b) Auf der Rechtsfolgenseite eröffnet Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG einen Ermessensspielraum („kann“). Die Ermessenausübung ist innerhalb der Grenzen, die der gerichtlichen Kontrolle durch § 114 VwGO vorgegeben sind, nicht zu beanstanden.
60
aa) Der Beklagte hat insofern auf die haushalterischen Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hingewiesen, die auch bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen und grundrechtlichen Interessen der Klägerin bei einem Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen in der Regel einen Widerruf der Bewilligungsentscheidung gebieten, sog. intendiertes Ermessen. Auch ein Ausnahmefall, der eine Abweichung vom intendierten Ermessen begründen könnte, liegt nicht vor. Denn eine Ausnahme vom Regelfall ist mangels außergewöhnlicher Umstände im Einzelfall und damit mangels einer atypischen Situation nicht zu erkennen, weil der streitgegenständliche Widerruf wegen Zweckverfehlung gängige Verwaltungspraxis in einer typischen Fallkonstellation ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 115 ff.).
61
bb) Der Widerruf des Bescheids vom 05.05.2020 verstößt auch nicht gegen höherrangiges bzw. ungeschriebenes Recht, insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
62
Der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 32). Geboten ist eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Auf die Handhabung in anderen Bundesländern kommt es – wie der Beklagte zutreffend ausführt – in diesem Kontext dagegen nicht an. Nicht statthaft wäre allenfalls eine uneinheitliche, objektiv willkürliche Förderpraxis. Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt – auch bei Corona-Beihilfen – mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG Bayreuth, Gb.v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 35; BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 13; VG Würzburg, U.v. 3.7.2023 – W 8 K 23.189 – juris Rn. 94 m.w.N.). Denn dem Zuwendungs- und Richtliniengeber bzw. der Zuwendungsbehörde ist ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz ein bestimmtes Maß an Typisierung zuzugestehen. Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen. Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, den Förderungsgegenstand nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Dies gilt umso mehr deswegen, weil ihm – wie bereits ausgeführt – sachbezogene Gesichtspunkte dabei in einem sehr weiten Umfang an die Hand gegeben sind (VG München, U.v. 17.10.2022 – M 31 K 21.4328 – juris Rn. 34). Dementsprechend verfängt auch der klägerische Vortrag nicht, der Beklagte hätte mit Blick auf Nachholeffekte bei der hiesigen Soforthilfe zwischen einzelnen Branchen differenzieren müssen.
63
Liegt nach dem vertretbaren Verständnis der Zuwendungsrichtlinie durch die Behörde und der korrekten Berechnung im Einzelfall kein Liquiditätsengpass vor, so ist nicht erkennbar, inwieweit mit dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 und/oder Art. 14 Abs. 1 GG einhergehen solle (vgl. VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 138/139).
64
Weiter verstößt der Widerruf des Zuwendungsbescheids weder gegen den Grundsatz von Treu und Glauben noch liegt eine Verwirkung im Rechtssinne vor. Im Zuwendungsbescheid hatte sich die Bewilligungsstelle eine Prüfung der Verwendung der Soforthilfe im Einzelfall ausdrücklich vorbehalten. Für die Annahme einer Verwirkung fehlt es jedenfalls am sog. Umstandsmoment. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen setzt die Verwirkung voraus, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die eine spätere Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Vorliegend ist nichts dafür erkennbar, dass die Klägerin aus dem Verhalten der Zuwendungsbehörde hätte ableiten dürfen, dass eine Überprüfung der zweckentsprechenden Verwendung der Soforthilfe nicht mehr erfolgen würde. Immerhin wurde die Klägerin bereits mit Schreiben vom 28.11.2022 – und damit gleichsam wenige Monate nach dem „Ende der Pandemie“ bzw. dem Wegfall der allermeisten pandemiebedingten Beschränkungen an die Verpflichtung zur Überprüfung der erhaltenen Soforthilfe erinnert. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände kann eine Verwirkung damit keinesfalls angenommen werden (vgl. VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 130).
65
Die Klägerin konnte schließlich aufgrund von öffentlichen Verlautbarungen von Vertretern der Bayerischen Staatsregierung oder anderer Stellen nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, dass eine Überprüfung der Zweckerreichung der Soforthilfe nicht erfolgen werde, nachdem die Hilfen offenkundig als Überbrückung die Existenzsicherung bezweckten und nicht gewährt werden sollten, wenn es dieser nicht bedarf. Abgesehen davon sind entsprechende politische Verlautbarungen nicht isoliert zu sehen und zu bewerten, sondern gerade auch im Zusammenhang mit der einschlägigen Förderrichtlinie, den Vollzugshinweisen und den FAQs, an denen sich die Verwaltungspraxis ausgerichtet hat. Unabhängig davon dürften in Pressemitteilungen enthaltene Aussagen politischer Entscheidungsträger per se kaum tauglich sein, schutzwürdigen guten Glauben in das dauerhafte Behaltendürfen einer Zuwendung zu begründen, denn ersichtlich pointierte Pressemitteilungen beinhalten keine Aussage zu den Details eines Förderprogramms. Weiter scheint kaum vorstellbar, dass politische Aussagen bei Empfängern einer Corona-Beihilfe die Annahme entstehen lassen konnten, die Förderung solle voraussetzungslos – und selbst bei Nichterfüllung der Voraussetzungen dauerhaft – gewährt werden (vgl. zum Ganzen VG Bayreuth, U.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378 – juris Rn. 38; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 121 ff.; VG Würzburg, U.v. 13.1.2025 – W 8 K 24.641 – juris Rn. 124 ff.).
66
d) Letztlich erweist sich die Widerrufsentscheidung auch nicht mit Blick auf die Fristenregelung des Art. 49 Abs. 2a Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG als rechtswidrig.
67
Danach kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt, in dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhalten hat, welche dessen Rücknahme rechtfertigen, zurückgenommen werden. Die Frist beginnt dabei zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (BVerwG, B.v. 19.12.1984 – GrSen 1/84 – juris; BVerwG, U.v. 24.1.2001 – 8 C 8/00 – juris Rn. 10 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird die Jahresfrist (erst) in Lauf gesetzt, wenn die Behörde positive Kenntnis von den Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigen, erhalten hat. Die Jahresfrist beginnt erst zu laufen, wenn die maßgeblichen Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind. Eine schuldhafte Unkenntnis der Behörde genügt nicht (BayVGH, U.v. 15.3.2001 – 7 B 00.107 – juris Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, U.v. 24.1.2001 – 8 C 8/00 – juris Rn. 10 ff.). Nachdem die Klägerin das maßgebliche Zahlenwerk, aus dem sich das Fehlen eines Liquiditätsengpasses ergibt, (erst) mit Schreiben vom 21.04.2024 vorgelegt hat, konnte die Jahresfrist keinesfalls vor diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen. Der Widerruf ist mithin auch fristgerecht erfolgt.
68
2. Gegen die unter Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids angeordnete Rückerstattung der Zuwendung in Höhe von 30.000,00 EUR, die ihre Rechtsgrundlage in Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG findet, sowie gegen die gem. Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG verfügte Verzinsung des zu erstattenden Betrages (Ziffer 3 des Bescheids), sind rechtliche Bedenken weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.
69
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Kosten des leistungsfähigen Beklagten nicht.