Titel:
Lehramtsbewerberin, Vorbereitungsdienst, Staatliche Monopolausbildung, Zweifel an der charakterlichen Eignung, Strafrechtliche Ermittlungsverfahren, Billigung von Gewalt gegen Sachen, Keine eindeutige Abgrenzung von Gewalt gegen Personen, Öffentliche Äußerungen und Posts in Sozialen, Medien, Eignungsprognose, Beurteilungsspielraum, Vorwegnahme der Hauptsache
Normenketten:
VwGO § 123
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 2
ZALG § 5
Leitsatz:
Der Einstellungsbehörde ist es nicht verwehrt, in einer Gesamtschau auch die beiden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bei der Würdigung der charakterlichen Eignung der Bewerberin zu berücksichtigen. § 5 Abs. 3 Nr. 1 ZALG sieht zwar einen eigenen Versagungsgrund vor, solange ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren oder ein gerichtliches Strafverfahren wegen des Verdachts einer vorsätzlich begangenen Tat anhängig ist, das wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr führen kann. Daraus, dass der Verordnungsgeber bei dem Vorliegen bestimmter Ermittlungsverfahren isoliert betrachtet die Möglichkeit der Versagung der Zulassung eröffnet hat, folgt jedoch nicht, dass der Verordnungsgeber zum Ausdruck bringen wollte, dass alle sonstigen Ermittlungsverfahren unberücksichtigt zu bleiben haben. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Lehramtsbewerberin, Vorbereitungsdienst, Staatliche Monopolausbildung, Zweifel an der charakterlichen Eignung, Strafrechtliche Ermittlungsverfahren, Billigung von Gewalt gegen Sachen, Keine eindeutige Abgrenzung von Gewalt gegen Personen, Öffentliche Äußerungen und Posts in Sozialen, Medien, Eignungsprognose, Beurteilungsspielraum, Vorwegnahme der Hauptsache
Fundstellen:
ESG 2025, 130
BeckRS 2025, 4945
LSK 2025, 4945
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 12.353,32 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt, vorläufig zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf, bzw. hilfsweise in einem Angestelltenverhältnis, zum Termin Februar 2025 zugelassen zu werden.
2
Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (im Folgenden: Ministerium) vom … November 2024 wurde der Antragstellerin die Möglichkeit zur Stellungnahme gegen die beabsichtige Nichtzulassung zum Vorbereitungsdienst gegeben. Davon machte die Antragstellerin mit Schreiben vom … Dezember 2024 Gebrauch.
3
Mit Schreiben vom ... November 2024 teilte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) dem Ministerium u.a. mit, dass die Antragstellerin dem BayLfV erstmals im Mai 2021 im Zusammenhang mit der Besetzung des Waldgebietes Forst ... bekannt geworden sei. Angehörige der linksextremistischen Organisation „Offenes Antikapitalistisches Klimatreffen M.“ (im Folgenden: OAKTM), u.a. die Antragstellerin, hätten sich an der Besetzung beteiligt. Im August 2021 habe die Antragstellerin als öffentliche Sprecherin des #noIAA-Bündnisses fungiert. Dieses Bündnis sei neben bürgerlichen Gruppierungen auch von der linksextremistischen Organisation OAKTM unterstützt worden. Die von der Antragstellerin in dieser Rolle verwendeten Formulierungen, „Klimaschutz ist #Klassenkampf“, „Let´s burn down Capitalism„und „System Change! Not Climate Change!“ werden dahingehend erläutert, dass Linksextremisten unter Kapitalismus die untrennbare Einheit von marktwirtschaftlicher Eigentumsordnung und demokratischem Rechtsstaat verstünden. Die notwendige Überwindung des Kapitalismus könne aus Sicht von Linksextremisten nicht durch politische Reformen, sondern nur durch einen Umsturz der bisherigen Staats- und Gesellschaftsordnung erreicht werden.
4
Das BayLfV teilte dem Ministerium mit Schreiben vom … Januar 2025 – nach erfolgter Stellungnahme der Antragstellerin – mit, dass die Antragstellerin als Teil des OAKTM anhand eines online veröffentlichten Fotos als Teilnehmerin der am … November 2024 erfolgten Rathaus-Besetzung zu erkennen sei. Hinsichtlich der Einlassung der Antragstellerin, dass der Verfassungsschutzbericht keine konkreten Beweise vorlege, warum das OAKTM als linksextrem eingestuft sei, werde auf die Ausführungen im Schreiben vom *. November 2024 in Verbindung mit dem Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2023 (Seiten 246 f., 267) verwiesen. Demnach sei das OAKTM nicht nur linksextremistisch, sondern dem Umfeld der autonomen „Antifaschistischen Linken M.“ zuzurechnen. Das Auftreten der Antragstellerin für das OAKTM, wie sie selbst schreibe, belege nicht nur ihre Zugehörigkeit zur Organisation, sondern auch ihr aktives Tätigwerden gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Aus einem Vermerk vom *. Februar 2025 ergibt sich, dass diese Einschätzung des BayLfV unabhängig von der Aktion am … November 2024 im M. Rathaus gelte.
5
Mit Bescheid vom … Februar 2025 lehnte das Ministerium den Antrag der Antragstellerin auf Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien zum Termin Februar 2025 ab. Aus § 5 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 der Zulassungs- und Ausbildungsordnung für das Lehramt an Gymnasien (ZALG) i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) ergebe sich, dass die Zulassung zu versagen sei. Die Antragstellerin biete nicht die Gewähr, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Unabhängig davon sei bei der Antragstellerin § 5 Abs. 3 Nr. 2 ZALG verwirklicht, da Tatsachen vorlägen, die die Bewerberin für die Tätigkeit als Lehrerin an einem Gymnasium als ungeeignet erscheinen ließen. Hierfür seien folgende Verhaltensweisen der Antragstellerin wesentlich:
6
Die Antragstellerin sei Mitglied der Gruppierung OAKTM. Das OAKTM werde im Verfassungsschutzbericht 2021 (S. 283, 339) und im Verfassungsschutzbericht 2023 (S. 267, 269) erwähnt und als linksextremistische Gruppierung eingestuft.
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Durch öffentliche Äußerungen und ihr öffentliches Auftreten setze sich die Antragstellerin für die Ziele des OAKTM ein und fungiere als Gesicht dieser Gruppierung nach außen. Sie verwende linksextremistischen Jargon, heiße Straftaten gegen Eigentum und Besitz von Personen mit ihr widerstrebenden politischen Ansichten oder Berufen gut, schließe Gewalt gegen Personen nicht eindeutig aus und setze sich öffentlich für eine Änderung des gegenwärtigen Systems ein.
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So habe sie sich im Juni 2023 in einem Podcast des BUND Naturschutzverein Bayern e.V. als Vertreterin des OAKTM geäußert. Am … September 2021 habe sie sich im gewaltbereiten autonomen Block an einer Demonstration beteiligt. Ebenfalls sei sie an einer Protestaktion am … November 2024 im M. Rathaus beteiligt gewesen. Dies belege ein aktives Tätigwerden gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.
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Auch öffentliche Äußerungen in Sozialen Medien, die teils linksextreme Ideologien enthielten, seien weitere Indizien für die mangelnde Gewähr, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzustehen. So bezeichne sich die Antragstellerin in ihrer Profilbeschreibung auf ... als „Marxistin“. Als 2023 in Berlin und Brandenburg unbekannte Täter in einer Vielzahl von Fällen Luft aus den Reifen von meist hochwertigen PKW gelassen hätten, habe die Antragstellerin dies auf X mit den Worten: „Individualkonsumkritik ist ja eher nicht so meins, aber diese Form der #Sabotage an überdimensionierten Stadtpanzern für Reiche ist angebracht.“ Auch habe sie durch ihre Posts Straftaten gebilligt, insbesondere in Form von Gewalt gegen Sachen und habe Gewalt gegen Personen nicht ausgeschlossen. Dies ergebe sich aus einem Post im Jahr 2022: „Ich halte es für legitim, die Adressen von Nazis, Klimafachos und Konzerneigentümer:innen zu veröffentlichen. Die Frage ist halt, was dann damit gemacht wird: Das Haus mit Farbe bewerfen oder Grafitti [sic], cool. Gewalt gegen Leute schwierig…“. Weiter habe sie Straftaten wie das gefährdende Verbreiten personenbezogener Daten gebilligt. Ein Post Ende 2021 zeige ein Plakat mit der Aufschrift „System Change! Not Climate Change!“ Im Zusammenhang mit den Protesten in L. Anfang 2023 verfasste die Antragstellerin folgenden Post: „Wir müssen dieses fucking System stürzen. Es geht so nicht mehr weiter!“. Diese Posts würden zeigen, dass die Antragstellerin für einen Systemwechsel in Deutschland eintrete, was wiederum ein Charakteristikum der extremen Linken Szene darstelle.
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Daneben sei auf Grund der aufgeführten Verhaltensweisen jeweils unabhängig voneinander, aber jedenfalls in einer Gesamtschau die charakterliche Nichteinigung der Antragstellerin festzustellen und § 5 Abs. 3 Nr. 2 ZALG verwirklicht. Zu berücksichtigen seien auch die beiden laufenden Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie wegen Sachbeschädigung. Der Strafrahmen des § 114 des Strafgesetzbuches (StGB) würde bei mindestens drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe liegen. Eine Verurteilung zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe würde bei Beamten auf Widerruf bzw. Beamten auf Probe zur Entlassung führen. Aufgrund der Äußerungen und Handlungen sei nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin als Lehrkraft die in Art. 131 der Bayerischen Verfassung (BV) und Art. 1 und Art. 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) vorgegebenen Bildungs- und Erziehungsziele vertreten werde.
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Auch sei die Maßnahme verhältnismäßig. Insbesondere scheide als milderes gleich geeignetes Mittel eine Ableistung des Vorbereitungsdienstes im Angestelltenverhältnis aus. Hierfür bestünde keine Rechtsgrundlage. Zudem wäre dies nicht genehmigungsfähig, da auch Angestellte im öffentlichen Dienst einer sogenannten politischen Treupflicht unterlägen. Es bestünde eine „einfache“ Loyalitätspflicht, die von dem Bewerber die Gewähr verlange, nicht selbst verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen oder aktiv zu unterstützen, wobei bei der Einstellung begründete Zweifel des Dienstherrn für die Annahme eines Eignungsmangels ausreichend seien. Diese lägen vor, da das BayLfV in seiner Mitteilung vom … Januar 2025 zu folgendem Schluss gelangt sei: „Das Auftreten von Frau (Name der Antragstellerin) für das OAKTM, wie sie selbst schreibt, belegt nicht nur ihre Zugehörigkeit zur Organisation, sondern auch ihr aktives Tätigwerden gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung“.
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Weiter wird ausgeführt, dass Schulen Schutzräume für Schüler sein sollten, in denen sie weder Gefahren noch Einflüssen ausgesetzt werden dürften, die ihre Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigen könnten. Das Verhalten außerhalb des Dienstes, wie beispielsweise Straftaten, Äußerungen oder die Billigung von Gewalt gegen Personen, gefährde diese Funktion der Schule als Schutzraum. Die Gesellschaft müsse darauf vertrauen können, dass sich Lehrkräfte, denen Schüler anvertraut seien, rechtskonform verhielten. Das Verhalten der Antragstellerin – sowohl ihre öffentlichen Äußerungen als auch Handlungen – widersprächen der Vorbildfunktion und dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule in fundamentaler Weise.
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Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2025 hat die Antragstellerpartei den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und ausgeführt, dass eine unzulässige Einschränkung der Berufsfreiheit vorliege. Die Erwähnung des OAKTM im Verfassungsschutzbericht reiche für die Annahme des Antragsgegners, dieses sei verfassungsfeindlich, nicht aus. Der Antragsgegner stelle die Auffassung des Verfassungsschutzes als einzig richtige Auffassung dar, ohne dies auch nur im Ansatz zu begründen. Die Auffassung des Verfassungsschutzes sei aber oftmals fehlerhaft. So gehe die Annahme fehl, dass „antikapitalistisch“ mit „linksextrem“ gleichzusetzen sei. Auch demokratische Parteien, Gewerkschaften und Wissenschaftler würden sich kritisch zum Kapitalismus äußern, ohne deshalb als extremistisch zu gelten. Verfassungsgrundsätze wie die Menschenwürde oder das Demokratieprinzip würden durch eine antikapitalistische Haltung nicht verletzt, zumal es keine zwingende Festlegung auf den Kapitalismus in der Verfassung gebe. Sowohl das Grundgesetz als auch die Bayerische Verfassung seien ideologiefrei, was die Form der Wirtschaftsordnung anbelange. Das Bundesverfassungsgericht spreche von der „wirtschaftspolitischen Neutralität“ des Grundgesetzes. Der Antragsgegner stelle fehlerhafterweise Kapitalismus und Demokratie als ein untrennbares Paar dar. Die Bedeutung der Begriffe „Profitmaximierung“, „Marxismus“ und „Klassenkampf“ würden verkannt.
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Auch die Äußerungen und Posts der Antragstellerin in den Sozialen Medien ließen nicht den Schluss zu, dass diese einen Umsturz des demokratischen Systems oder einen Aufruf zu Gewalt darstellten, wie vom Antragsgegner angenommen. Die Formulierung „ist angebracht“ im Kontext der Individualkonsumkritik und des Luftablassens von Autoreifen könne nicht als Aufruf zur Gewalt verstanden werden. Ebenso rufe die Formulierung „Let´s burn down Capitalism“ nicht direkt zu Gewalt auf. Vielmehr müsse der Begriff in Richtung der „Abschaffung“ oder „Überwindung“ des Kapitalismus ausgelegt werden. Auch die Äußerung „System Change! Not Climate Change!“ beziehe sich eindeutig auf das System des Kapitalismus, nicht auf die freiheitliche demokratische Grundordnung.
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Auch habe die Antragstellerin nicht selbst Adressen veröffentlicht, sondern lediglich hierzu Stellung bezogen. Sie führe sogar weiter aus, dass sie direkte Gewalt gegen die „Betroffenen“ nicht gutheiße. Der Antragsgegner führe zwar aus, die Formulierung „schwierig“ sei in diesem Kontext nicht ausreichend. Jedoch sei im Kontext von Sozialen Medien der Begriff „schwierig“ als Begriff der Ablehnung bekannt und stärker zu werten, als es das Wort im alltäglichen Gebrauch vermuten lasse.
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Dass die Antragstellerin die Bildungsziele missachten oder Schüler aufgrund politischer Differenzen schlechter behandeln würde, sei eine bloße Behauptung, die nicht belegt sei und entschieden zurückgewiesen werde.
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Auch die Einwertung der beiden Strafverfahren in die Prognoseentscheidung nach Art. 5 Abs. 2 Nr. 1 ZALG sei fehlerhaft. Gemäß Art. 5 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 ZALG könne die Zulassung zum Vorbereitungsdienst nur versagt werden, wenn die Gefahr bestehe, dass die Bewerberin zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt werde. Da die Zulassung aufgrund von Ermittlungsverfahren explizit geregelt sei, müsse eine mögliche Versagung auf diese Norm gestützt werden, sie sei „lex specialis“. Da die Antragstellerin nicht vorbestraft sei, sei selbst bei einer Verurteilung nicht zu erwarten, dass eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ausgesprochen werden würde.
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Unabhängig davon liege ein formeller Mangel vor, da die Anhörung nicht in Form eines persönlichen Gesprächs erfolgt sei. Die Antragstellerin sei bei der Anhörung vor die Wahl gestellt worden, schriftlich oder mündlich Stellung zu nehmen. In einem Verfahren, das auf subjektiven Wertungen beruhe, könne die schriftliche Anhörung nicht die mündliche Anhörung ersetzen. Gerade bei charakterlichen Eignungszweifeln müsse die betroffene Person Gelegenheit haben, unmittelbar auf kritische Fragen zu reagieren und durch ihr persönliches Auftreten mögliche Bedenken zu entkräften. Die Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 28 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) seien nicht gewahrt.
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Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 10. März 2025 ihren ursprünglichen Antrag präzisiert und zuletzt beantragt,
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den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien zum Termin Februar 2025 zuzulassen,
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hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig zum Termin Februar 2025 zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien im Angestelltenverhältnis einzustellen.
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Das Ministerium hat beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Antragstellerin wende sich nicht gegen die insgesamt vier eigenständigen und um eine Gesamtwürdigung ergänzten Versagungsgründe, sondern versuche lediglich, einzelne Aspekte, die zur Versagung geführt hätten, zu widerlegen. Ein Anordnungsanspruch werde damit schon nicht glaubhaft gemacht.
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Die Antragstellerin missachte das staatliche Gewaltmonopol durch Taten und Äußerungen, heiße Straftaten gut und schließe selbst Gewalt gegen Personen nicht aus. Insbesondere habe das Ministerium eine eigenständige Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorgenommen und die Einschätzung des BayLfV nicht ungeprüft übernommen. Die Gruppierung OAKTM werde im Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als linksextremistisch bezeichnet. Eine Aufnahme in den Bericht erfolge nur, wenn tatsächliche Anhaltspunkte auf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Aktivitäten vorlägen. Dies erfordere eine sorgfältige Beobachtung über einen längeren Zeitraum, die auf klaren Tatsachen beruhe und keine bloßen Vermutungen oder Verdächtigungen umfasse. Die Aufnahme zeige, dass die Aktivitäten und Äußerungen der Gruppierung als ausreichend gewichtig und verhältnismäßig bewertet worden seien. Ihre öffentlichen Äußerungen wie „let´s burn down capitalism“ und „system change not climate change“ würden einerseits das Ziel einer revolutionären Umwälzung, andererseits systematische Veränderungen implizieren. Von der Möglichkeit, sich von eigenen Beiträgen auch wieder zu distanzieren, sie zu relativieren oder zu löschen, um politische Äußerungen, die von Intoleranz, fehlender Achtung gegenüber anderen Meinungen, der Billigung von Straftaten oder dem Aufruf zum Umsturz zeugten, sowie deren Konsequenzen für das öffentliche Bild der Nutzerin bzw. des Nutzers zu vermeiden, habe die Antragstellerin – zumindest in zeitlicher Nähe zu den Äußerungen – nicht Gebrauch gemacht.
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Die Versagung der Zulassung zum Vorbereitungsdienst sei im Hinblick auf die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren auf § 5 Abs. 3 Nr. 2 ZALG gestützt worden. § 5 Abs. 3 Nr. 1 ZALG habe entgegen der Ansicht der Antragstellerin keinen ausschließenden Charakter. Neben systematische Argumenten sei allgemein anerkannt, dass im Rahmen der Prüfung der Eignung insbesondere die charakterliche Eignung in den Blick zu nehmen sei und hierbei dem Vorwurf von Straftaten besondere Bedeutung zukomme. Eine Bewerberin, die aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorgehe sei mit Blick auf den schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag als Lehrkraft nicht geeignet. Auch wenn das Gericht die Tätigkeiten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung als nicht ausreichend schwerwiegend betrachten würde, bliebe die Entscheidung dennoch rechtmäßig. Neben den strafrechtlichen Verfahren seien ihr Verhalten und ihre öffentlichen Äußerungen als unvereinbar mit den Bildungs- und Erziehungszielen zu bewerten. In der Gesamtschau aller genannten Aspekte ergebe sich die mangelnde charakterliche Eignung als Lehrkraft.
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Auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sei im Hinblick auf den Zeitpunkt der Einlegung des Antrags auf Eilrechtsschutz, nach Beginn des Vorbereitungsdienstes nicht glaubhaft gemacht worden. In diesem Zusammenhang werde zudem auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. März 2020 (W 1 E 20.460) hingewiesen, in dem das Gericht bezogen auf den juristischen Vorbereitungsdienst entschieden habe, dass für den Antragsteller im Falle eines Zuwartens bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine unzumutbaren und nicht anders abwendbaren Nachteile zu erwarten seien.
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Am 7. März 2025 hat die Antragstellerin zudem Klage gegen den Bescheid vom … Februar 2025 erhoben (M 5 K 25.1451), über die noch nicht entschieden worden ist.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet
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1. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Denn es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art (§ 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO). Das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (im Folgenden: Ministerium) vom … Februar 2025 stellt die Entscheidung einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts dar. Denn die Zulassung zum Vorbereitungsdiensts ist unabhängig davon, ob diese in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis oder in einem Beamtenverhältnis durchgeführt wird, keine privatrechtliche Maßnahme. Es handelt sich vielmehr um eine Entscheidung einer Behörde, die sie in dem Bewusstsein trifft, dass ein staatliches Ausbildungsmonopol für Lehrer besteht.
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2. Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerin hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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3. Im Hinblick auf das in einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich zu berücksichtigende Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache ist zunächst festzuhalten, dass die begehrte Anordnung auf eine tatsächliche Vorwegnahme der Hauptsache zielt. Eine solche widerspricht als Rechtsschutzziel grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes.
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Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – Grundgesetz/GG eröffnet den Rechtsweg gegen jede behauptete Verletzung subjektiver Rechte durch ein Verhalten der öffentlichen Gewalt. Gewährleistet wird nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Wirksamer Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit. Bei der Auslegung und Anwendung des § 123 VwGO sind laut dem Bundesverfassungsgericht die Fachgerichte daher gehalten, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn sonst dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG, B.v. 9.6.2020 – 2 BvR 469/20 – juris Rn. 23). Aus dem Zweck der Rechtsschutzgarantie und dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass der Rechtsschutzanspruch des Betroffenen umso stärker ist und seine vorläufige Regelung oder Sicherung umso weniger zurückstehen darf, je gewichtiger die dem Betroffenen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (BVerfG, B.v. 9.6.2020 – 2 BvR 469/20 – juris Rn. 24 m.w.N.).
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Eine Versagung des Zugangs zu einer staatlichen Monopolausbildung stellt eine Beeinträchtigung der Rechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 2 GG dar (BVerfG, B.v. 9.6.2020 – 2 BvR 469/20 – juris Rn. 25 zur Entlassung aus einem Beamtenverhältnisses auf Widerruf). In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich jedenfalls dann besondere Erfordernisse an die Effektivität des Rechtsschutzes ergeben, wenn die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes zu einer erheblichen Ausbildungsverzögerung führt, da die „verlorenen Studienjahre“ für sich genommen schon einen gravierenden Nachteil darstellen (vgl. BVerfG, B.v. 12.3.1999 – 1 BvR 355/99 – juris Rn. 5; B.v. 21.7.2005 – 1 BvR 584/05 – juris Rn. 13).
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Unter dem Gesichtspunkt des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) darf eine einstweilige Anordnung in diesen Fällen nur ergehen, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. BVerfG, B.v. 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – juris Rn. 27; BVerwG, U.v. 18.4.2013 – 10 C 9.12 – juris Rn. 22; B.v. 14.12.1989 – 2 ER 301.89 – juris Rn. 3).
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4. Ein Anordnungsgrund – das Bedürfnis für eine eilige Entscheidung des Gerichts – folgt aus dem Umstand, dass die Antragstellerin bei einem Zuwarten bis zu einer Hauptsacheentscheidung nicht mehr zum Februartermin 2025 oder einem zeitnahen Folgetermin zur Ableistung ihres Vorbereitungsdienstes zugelassen werden könnte. Ihr würden deshalb erhebliche Nachteile durch eine Ausbildungsverzögerung von möglicherweise mehreren Jahren drohen, wenn sie auf ein Hauptsacheverfahren verwiesen werden müsste. Es würden insbesondere erhebliche Nachteile für ihre berufliche und persönliche Entwicklung drohen (vgl. OVG LSA, B.v. 8.8.2013 – 3 M 202/13 – juris Rn. 10; HessVGH, B.v. 28.2.1997 – 1 TG 684/97 – juris Rn. 15; VG Saarl., B.v. 4.1.2017 – 1 B 295/16 – juris Rn. 8; VG Würzburg, B.v. 17.3.2023 – W 1 E 23.188 – Rn. 29; andere Ansicht noch die vom Antragsgegner zitierte Entscheidung des VG Würzburg, B.v. 30.3.2020 – W 1 E 20.460 – juris Rn. 31). Auch geht das Gericht davon aus, dass eine nachträgliche Zulassung zum Vorbereitungsdienst für eine gewisse Zeit nach Verstreichen des Einstellungstermins noch möglich ist. Dass alle Stellen für eine Ernennung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf bzw. möglichen Plätze im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses für den Vorbereitungsdienst Termin Februar 2025 durch andere Bewerber besetzt wären und deshalb der materielle Einstellungsanspruch mit Verstreichen des Einstellungszeitpunktes erlöschen wäre (BVerwG, U.v. 25.2.20210 – 2 C 22/09 – juris Rn. 19) ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
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5. Die Antragstellerin hat im Hauptantrag keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
39
Es besteht kein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg des Hauptantrages in der Hauptsache, sodass eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht kommt.
40
Die Zulassung zum Vorbereitungsdienst ist in der Regel nur in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf möglich. Der Hauptantrag der Antragstellerpartei ist deshalb dahingehend zu verstehen, dass die Zulassung zum Vorbereitungsdienst in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf begehrt wird (§ 88 VwGO). Die verweigerte Zulassung zum Vorbereitungsdienst in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf erweist sich als rechtmäßig. Die Annahme der Einstellungsbehörde, die Antragstellerin sei auf Grund bestehender Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung (Seiten 57 ff. des Bescheids) ungeeignet, eine Tätigkeit als Lehrerin auszuüben, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
41
a) Ein Verstoß gegen Art. 28 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetztes (BayVwVfG) liegt nicht vor. Eine mündliche Anhörung kann dann erforderlich sein, wenn nur mündliche Ausführungen den Zweck des rechtlichen Gehörs voll erfüllen können (Herrmann in: BeckOK VwVfG, 66. Ed. Stand 1.1.2025, § 28 Rn. 17; BAG, U.v. 9.9.1982 – 2 AZR 244/80 – juris Rn. 26). Zwar betont die Rechtsprechung, dass eine persönliche Anhörung zur Beurteilung der charakterlichen Eignung vielfach wegen der Bedeutung des persönlichen Eindrucks zweckmäßig sein mag. Zu einer persönlichen Anhörung des Bewerbers ist die Einstellungsbehörde jedoch weder von Verfassungs wegen noch aufgrund einfachen Beamtenrechts verpflichtet (BVerwG, U.v. 27.11.1980 – 2 C 38/79 – juris Rn. 33). Sofern keine spezielle Form der Anhörung vorgesehen ist, obliegt die Wahl der Form der Anhörung der Ermessensentscheidung der Behörde. Eine Ermessenreduzierung auf Null, wonach ausschließlich eine persönliche Anhörung im Rahmen eines Einstellungsgespräches den Zweck des rechtlichen Gehörs voll erfüllen könnte, ist nicht ersichtlich. Die Einstellungsbehörde stützt ihre vorläufige Einschätzung hinsichtlich der charakterlichen Eignung überwiegend auf objektiv feststellbare Umstände (Ermittlungsverfahren, öffentliche Äußerungen und öffentliche Post in sozialen Netzwerken) und weniger auf subjektive persönliche Einstellungen der Antragstellerin, sodass eine persönliche Anhörung – die insbesondere bei subjektiven Elementen maßgeblich an Bedeutung gewinnt – nicht zwingend erscheint.
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b) Rechtsgrundlage für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf sind Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern – Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Eine Einstellung setzt unter anderem die Eignung voraus, wozu auch die charakterliche Eignung als Unterfall der persönlichen Eignung gehört (BVerwG, B.v. 20.7.2016 – 2 B 18.16 – juris Rn. 26). § 5 Abs. 3 Nr. 2 der Zulassungs- und Ausbildungsordnung für das Lehramt an Gymnasien (ZALG) sieht präzisierend vor, dass die Zulassung zum Vorbereitungsdienst versagt werden kann, wenn Tatsachen vorliegen, die den Bewerber für die Tätigkeit als Lehrer als ungeeignet erscheinen lassen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, dass der Zugang zu einem Vorbereitungsdienst als Ausbildungsstätte im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG grundrechtlich geschützt ist (BVerfG, B.v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 111; BVerwG, U.v. 6.2.1975 – II C 68.73 – juris Rn. 48 f.). Die freie Wahl der Ausbildungsstätte steht jedoch unter dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG und kann beschränkt werden. Der Grundrechtseingriff muss zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sein sowie bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Belange noch die Grenze der Zumutbarkeit wahren (BVerwG, U.v. 22.10.1981 – 2 C 42/80 – juris Rn. 25; U.v. 26.6.2008 – 2 C 22/07 – juris Rn. 21; BVerfG, B.v. 25.2.1969 – 1 BvR 224/67 – juris Rn. 49; B.v. 14.12.1965 – 1 BvL 14/60 – juris Rn. 23). Die freie Wahl der Ausbildungsstätte kann zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter insbesondere durch subjektive Zulassungsvoraussetzungen beschränkt werden, die in der Person des Bewerbers begründet liegen (BVerfG, B.v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 104). Die durch § 5 Abs. 3 Nr. 2 ZALG vorgenommene Einschränkung der Berufsfreiheit hat ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 33 Abs. 2 GG. Zur Ablehnung der Einstellung genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn daran, ob der Beamte die erforderliche charakterliche Eignung besitzt (BVerwG, B.v. 20.7.2016 – 2 B 18.16 – juris Rn. 25 f.).
43
Ob die vom Antragsgegner festgestellten Umstände von hinreichendem Gewicht sind, um bei vernünftiger Würdigung begründete Mängel an der Eignung des Bewerbers auszulösen, ist von den Gerichten nachprüfbar, da insoweit ein objektiver, allgemeinen Bewertungsgrundsätzen entsprechender Maßstab anzulegen ist. Dabei dürfen die aus den zu berücksichtigenden tatsächlichen Umständen gezogenen Schlussfolgerungen nicht nur theoretisch möglich sein, sondern sie müssen auch ernsthaft vertretbar sein (BAG, U.v. 5.8.1982 – 2 AZR 1136/79 – juris Rn. 26 m.w.N.). Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes hat das Gericht die Richtigkeit des entscheidungserheblichen Sachverhalts von Amts wegen unter Berücksichtigung allgemeinverbindlicher Würdigungsgrundsätze, zu denen die gesetzmäßige Beschaffung der Entscheidungsgrundlagen, die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches/BGB), die allgemeinen Erfahrungssätze und die Denkgesetze gehören (BVerwG, U.v. 27.11.1980 – 2 C 38/79 – juris Rn. 38), unter Berücksichtigung der Besonderheit der Eilbedürftigkeit eines Eilrechtschutzverfahrens zu überprüfen.
44
Dagegen steht der Einstellungsbehörde bei der von ihr anzustellenden Gesamtabwägung (vorausschauende Prognose), ob unter Berücksichtigung der belastenden wie der entlastenden Umstände und der persönlichen Glaubwürdigkeit der Bewerberin die charakterliche Eignung vorliegt, ein Beurteilungsspielraum zu, der vom Gericht nur beschränkt überprüfbar ist. Gerichtlich nachprüfbar ist insoweit nur, ob die Einstellungsbehörde bei ihrer Entscheidung alle wesentlichen festgestellten Umstände des Einzelfalles berücksichtigt und sachgerecht gewichtet hat, ob sie allgemeingültige Bewertungsgrundsätze beachtet hat oder ob sie sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen und ob sie ihre Entscheidung in einem fehlerfreien Verfahren getroffen hat (BVerwG, B.v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 50). Es bedarf einer sorgfältigen Zukunftsprognose, welche dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen muss. Die Prognose entspricht nur dann dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn die Behörde alle belastenden und entlastenden Umstände im Einzelfall ausreichend gewürdigt hat. Hierbei ist eine angemessene Gewichtung der einzelnen Beurteilungselemente unabdingbar (BVerwG, U.v. 27.11.1980 – 2 C 38/79 – juris Rn. 40).
45
c) Die Einschätzung der Einstellungsbehörde, die Antragstellerin sei auf Grund bestehender Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung (Seite 57 ff. des Bescheids) ungeeignet, eine Tätigkeit als Lehrerin auszuüben, fußt auf einer hinreichenden und zutreffenden Tatsachengrundlage. Gegen die Prognosefeststellung selbst ist rechtlich nichts zu erinnern. Auch hat die Einstellungsbehörde das ihr nach § 5 Abs. 3 ZALG zustehende Ermessen in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise ausgeübt.
46
aa) Das Ministerium geht von einer zutreffenden Tatsachengrundlage aus. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist unter Berücksichtigung allgemeinverbindlicher Würdigungsgrundsätze, zu denen die gesetzmäßige Beschaffung der Entscheidungsgrundlagen, die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), die allgemeinen Erfahrungssätze und die Denkgesetze gehören (siehe Rn. 43), durch die Einstellungsbehörde zutreffend ermittelt worden.
47
Zum einen werden die beiden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die gegen die Antragstellerin geführt werden, benannt. Die Einstellungsbehörde hat weiter ermittelt, dass die Strafverfahren wegen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und wegen Sachbeschädigung nicht offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich eingeleitet worden sind.
48
Die Tatsache, dass die in Bezug genommenen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind, steht den aufgekommenen Zweifeln an der charakterlichen Eignung der Antragstellerin nicht entgegen. Die Unschuldsvermutung schützt den Betreffenden nicht vor Nachteilen, die keinen Strafcharakter haben. Die Beurteilung der charakterlichen Eignung hat keinen solchen Strafcharakter, sondern dient der Sicherung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung (BVerwG, B.v. 24.1.2017 – 2 B 75/16 – juris Rn. 13 m.w.N.).
49
Zum anderen werden die öffentlichen Äußerungen zum Gutheißen des Ablassens von Luft aus Reifen von PKW, zum Legitimieren der Veröffentlichung von Daten von Personen, deren politische Weltanschauung oder Beruf die Antragstellerin missbilligt, sowie zum für „cool“-Befinden der äußerlichen Verunstaltung von Häusern als aktives Billigen von Straftaten zu Recht als Gesichtspunkte zu Grunde gelegt, die gegen die charakterliche Eignung der Antragstellerin sprechen.
50
Die Antragstellerin hat sich in ihren Posts auch nicht von der Gewalt gegen Personen eindeutig abgegrenzt. Der Begriff „schwierig“ stellt aus der Sicht eines objektiven Empfängerhorizonts gerade keine klare Ablehnung dar. Eine unmissverständliche Ablehnung kann auch in Bezug auf den Sprachgebrauch in den sozialen Medien in dem Begriff „schwierig“ nicht gesehen werden. Angesichts der hohen Bedeutung des Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit stellt der Begriff „schwierig“ keine unmissverständliche, einer anderen Deutung nicht zugängliche Ablehnung von Gewalt gegen Personen dar.
51
Die Äußerungen der Antragstellerin, insbesondere die Posts in Sozialen Medien sowie die beiden Ermittlungsverfahren, sind hinreichend belegt und werden von der Antragstellerseite auch nicht in Abrede gestellt.
52
Die Einstellungsbehörde konnte auch die von der Antragstellerin lediglich geteilten Posts bzw. Äußerungen einbeziehen. Die Wiedergabe fremder Äußerungen können dann als eigene zu werten sein, wenn der Äußernde sich diese ausdrücklich oder konkludent zu eigen macht. Ob dies der Fall ist, ist durch eine Auslegung zu ermitteln, die aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Die Bewertung des Inhalts einer Äußerung richtet sich ebenso wie die Frage des Zu-Eigen-Machens nach deren objektivem Sinngehalt, der nach dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittsempfängers zu ermitteln ist. Dabei können neben dem Wortlaut und dem Kontext der Äußerung auch außerhalb derselben liegende Umstände Bedeutung erlangen. Nicht erkennbar gewordene Umstände, beispielsweise eine weder in der Äußerung selbst, noch in den Begleitumständen zum Ausdruck gekommene innere Einstellung des Äußernden sind aus Sicht des Empfängerhorizonts hingegen ohne Belang (BVerwG, U.v. 23.5.2024 – 2 WD 13/23 – juris Rn. 25).
53
Dies berücksichtigend hat das Gericht keine Anhaltspunkte, daran zu zweifeln, dass die Antragstellerin sich auch den Inhalt der Posts zu eigen machen wollte, auch wenn sie diese lediglich „geteilt“ hat (z.B. Bilder mit Aufschriften). Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass sich deren Inhalte thematisch und von der Zielrichtung her in ihre selbst verfassten Posts einreihen.
54
bb) Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite war es der Einstellungsbehörde nicht verwehrt, in einer Gesamtschau auch die beiden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bei der Würdigung der charakterlichen Eignung der Bewerberin zu berücksichtigen. § 5 Abs. 3 Nr. 1 ZALG sieht zwar einen eigenen Versagungsgrund vor, solange ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren oder ein gerichtliches Strafverfahren wegen des Verdachts einer vorsätzlich begangenen Tat anhängig ist, das wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr führen kann. Daraus, dass der Verordnungsgeber bei dem Vorliegen bestimmter Ermittlungsverfahren isoliert betrachtet die Möglichkeit der Versagung der Zulassung eröffnet hat, folgt nach Auffassung der Kammer jedoch nicht, dass der Verordnungsgeber zum Ausdruck bringen wollte, dass alle sonstigen Ermittlungsverfahren unberücksichtigt zu bleiben haben. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass auch Strafverfahren mit einer niedrigeren als der in § 5 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZALG vorgesehenen Freiheitsstrafe nach 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG zur Entlassung eines Beamten auf Probe bzw. Beamten auf Widerruf führen können, sodass es nur konsequent ist, solche Ermittlungsverfahren bereits bei der Einstellung zu berücksichtigen. Ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren kann (einen ersten) Anlass für berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung eines Bewerbers hervorrufen (VGH BW, B.v. 10.3.2017 – 4 S 124/17 – juris Rn. 7). Charakterliche Eignungsmängel können auch aus Ermittlungsverfahren, die ein niedrigeres Strafmaß erwarten lassen, abgeleitet werden. Insbesondere können neben dem Strafmaß auch die Anzahl der Ermittlungsverfahren und die verletzen Rechtsgüter Aufschluss über die charakterliche Eignung geben, sodass auch dies dafür spricht, alle Ermittlungsverfahren in die Prognoseentscheidung der charakterlichen Eignung einzustellen.
55
Die Einstellungsbehörde hat dementsprechend in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die beiden laufenden Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie wegen Sachbeschädigung als Tatsache in ihre Prognoseentscheidung miteinbezogen. Weiter ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass die Einstellungsbehörde auch die Höhe des Strafrahmens des § 114 Strafgesetzbuch (StGB) berücksichtigt hat, welcher bei einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht. Auch ist rechtlich nichts dagegen einzuwenden, dass das Ministerium unter Zugrundelegung des § 47 StGB berücksichtigt hat, dass Freiheitsstrafen von unter sechs Monaten in der Regel nicht verhängt werden sollen, sowie, dass sich das [diesem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende] Delikt gegen das Gewaltmonopol des Staates (Polizei) richtet.
56
cc) Die Beurteilung der Einstellungsbehörde, dass die Antragstellerin dem im Art. 1 und Art. 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) niedergelegten Bildungsziel nicht gerecht werde und in einer Gesamtschau deshalb charakterlich ungeeignet i.S.d. § 5 Abs. 3 Nr. 2 ZALG sei, ist – innerhalb des dem Dienstherrn zustehenden weiten Beurteilungspeilraums, welcher gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (siehe Rn. 44) – rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat dies ohne Rechtsfehler damit begründet, dass die Bewerberin das Gewaltmonopol des Staates missachte, der Vorbildfunktion als Lehrkraft nicht gerecht werde, sich öffentlich aktiv für aggressives Verhalten gegenüber bestimmten Personen einsetze, Straftaten gegen Eigentum legitimiere und sich von Straftaten gegen Personen nicht klar abgrenze. Es hält sich innerhalb des rechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums der Behörde, insbesondere die Billigung von Straftaten und die anhängigen Ermittlungsverfahren als so gewichtig zu bewerten, dass die Antragstellerin für eine Tätigkeit als Lehrerin nicht geeignet erscheint.
57
Hierbei berücksichtigte die Einstellungsbehörde insbesondere auch folgende Äußerungen und Posts: „Individualkonsumkritik ist ja eher nicht so meins, aber diese Form der #Sabotage an überdimensionierten Stadtpanzern für Reiche ist angebracht“, welcher von der Antragstellerin veröffentlicht wurde, als 2023 in Berlin und Brandenburg unbekannte Täter in einer Vielzahl an Fällen Luft aus den Reifen von meist hochwertigen PKW gelassen hatten. Weiter einbezogen ist auch folgender Post aus dem Jahr 2022: „Ich halte es für legitim, die Adressen von Nazis, Klimafachos und Konzerneigentümer:innen zu veröffentlichen. Die Frage ist halt, was dann damit gemacht wird: Das Haus mit Farbe bewerfen oder Grafitti [sic], cool. Gewalt gegen Leute schwierig…“. Dass die Einstellungsbehörde hieraus ableitet, dass die Antragstellerin Straftaten gegen fremdes Eigentum legitimiere und sich von Straftaten gegenüber Personen nicht abgrenze, ist nachvollziehbar und insoweit rechtlich nicht zu beanstanden. Ein geteiltes Bild vom *. November 2021, welches mit „Let´s burn down Capitalism“ betitelt war, ein Bild, auf welchem ein Plakat mit der Aufschrift „System Change! Not Climate Change!“ zu sehen ist sowie ein Post im Zusammenhang mit den Protesten in L. Anfang 2023: „Wir müssen dieses fucking System stürzen. Es geht so nicht mehr weiter!“ sind vom Ministerium ebenfalls herangezogen worden.
58
Die Einstellungsbehörde hat bei ihrer Entscheidung alle wesentlichen festgestellten Umstände des Einzelfalles berücksichtigt und dabei den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise ausgeübt. Es ist insbesondere rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass die Einstellungsbehörde den Äußerungen der Antragstellerin sowie den Stellungnahmen aus dem privaten und beruflichen Umfeld der Antragstellerin, in denen von einer Geeignetheit für den Lehrberuf ausgegangen wird, ein nur untergeordnetes Gewicht beimisst. Die Annahme der Einstellungsbehörde, dass diese subjektiven Einschätzungen aus dem Umfeld der Antragstellerin die durch objektive Umstände (Ermittlungsverfahren, öffentliche Äußerungen) festgestellten Zweifel an der charakterlichen Eignung nicht ausräumen können, ist nachvollziehbar und im Rahmen des dem Dienstherrn zustehenden weiten Prognosespielraums rechtlich nicht zu beanstanden.
59
Auch ist nicht erkennbar, dass allgemeingültige Bewertungsgrundsätze missachtet oder sachfremden Erwägungen Einfluss in die Entscheidung der Einstellungsbehörde gefunden hätten.
60
Die vorgenommene Prognoseentscheidung bewegt sich im Rahmen des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungspielraums. Insbesondere ist es zulässig, dass die Einstellungsbehörde eine Gesamtschau („Summeneffekt“) vornimmt und auch auf den Strafrahmen der in den Ermittlungsverfahren vorgeworfenen Delikte abstellt (siehe dazu auch Rn. 65).
61
Ergänzend ist auszuführen, dass es der Antragstellerin oblegen hätte, die angesprochenen Zweifel eindeutig zu widerlegen (VGH BW, B.v. 10.3.2017 – 4 S 124/17 – juris Rn. 10). Eine klare offene Abgrenzung der Antragstellerin insbesondere zur Anwendung von Gewalt gegen Personen oder eine Distanzierung zu ihren Posts, in welchen sie Gewalt gegen Sachen gutheißt, hat jedoch nicht stattgefunden.
62
dd) Auch Ermessensfehler liegen nicht vor. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die gerichtliche Kontrolle des der Verwaltung zukommenden Ermessens begrenzt ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Das Gericht prüft insoweit nur, ob der Verwaltungsakt deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt dann vor, wenn sachfremde Gesichtspunkte eingestellt wurden, wesentliche Gesichtspunkte übersehen wurden oder ein Belang in zu beanstandender Weise zurückgestellt oder überbetont wurde.
63
Gemessen hieran begegnet die Entscheidung der Einstellungsbehörde keinen Bedenken.
64
Auf den Seiten 83 ff. des Bescheids vom … Februar 2025 stellt die Einstellungsbehörde am Maßstab des § 5 Abs. 3 Nr. 2 ZALG eine umfassende, alle Aspekte berücksichtigende und auf den Einzelfall bezogene Ermessensausübung an.
65
Insbesondere führt das Ministerium zutreffend aus, dass eine bloße Hospitation ohne den Einsatz im Unterricht dem Zweck der Ausbildung zuwiderlaufen würde und die Ablegung zentraler Prüfungsteile so ausgeschlossen wäre. Weiter hat die Einstellungsbehörde die bei der Antragstellerin betroffenen Grundrechte zutreffend erkannt und in ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt. Weiter führt das Ministerium aus, dass die Schule einen Schutzraum für Schüler darstelle, in welchem diese nicht gefährdet oder Einflüssen ausgesetzt werden sollten, die deren Persönlichkeitsentwicklung gefährden könnte. Durch das außerdienstliche Verhalten (Straftaten, Äußerungen, Billigung von Gewalt gegen Personen) sei die Gewährleistung des Schutzraums Schule als zwingender Grund des Gemeinwohls gefährdet. Die Öffentlichkeit dürfe darauf vertrauen, dass die Lehrkräfte, denen die Schüler anvertraut seien, keine Straftaten begingen, zumal es sich bei der in Raum stehenden Straftat des § 114 StGB um eine Straftat mit einer Mindeststrafandrohung von drei Monaten Freiheitsstrafe handle die bei Beamten auf Probe bzw. Beamten auf Widerruf – eine entsprechende Verurteilung vorausgesetzt – zu einer Entlassung führen würde. Diese Ausführungen sind vor dem Hintergrund der maßgebenden Bedeutung von Lehrkräften bei der Bildung und Erziehung von Heranwachsenden schlüssig und nachvollziehbar.
66
Weiter führt die Einstellungsbehörde an, dass die Antragstellerin auf Grund ihrer Äußerungen und öffentlichen Handlungen ihrer Vorbildwirkung und dem schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag diametral zuwiderlaufe. Insbesondere der Achtung der Würde des Menschen – auch von politisch Andersdenkenden – würden die Handlungen der Antragstellerin wiedersprechen. Abschließend nimmt die Einstellungsbehörde eine Gewichtung der für und gegen die Antragstellerin sprechend Gesichtspunkte und betroffen Rechtsgüter vor und kommt in der Rechtsgüterabwägung zu dem Ergebnis, dass die zwingenden Belange des Gemeinwohls überwiegen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
67
6. Der Antragstellerin steht auch im Hilfsantrag kein Anordnungsanspruch zur Seite.
68
Es besteht auch für den Hilfsantrag kein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache, sodass die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht vorliegen.
69
Die verweigerte Zulassung zum Vorbereitungsdienst in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis erweist sich als rechtmäßig. Die Annahme der Einstellungsbehörde, die Antragstellerin sei auf Grund bestehender Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung (Seite 87 des Bescheids) ungeeignet, eine Tätigkeit als Lehrerin auszuüben, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
70
a) Entgegen den Ausführungen der Einstellungsbehörde bedarf es keiner ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zur Ableistung des Vorbereitungsdienstes in einem Ausbildungs- bzw. Angestelltenverhältnis. Das Bundesverfassungsgericht hat unterstrichen, dass aufgrund des in Art. 12 Abs. 1 GG geregelten Rechts auf Berufsfreiheit der Staat gehalten ist, für die Ausbildung zu solchen Berufen, die auch außerhalb des Staatsdienstes ausgeübt werden können, einen Vorbereitungsdienst zur Verfügung zu stellen, der nicht in einem Beamtenverhältnis abgeleistet werden muss (BVerfG, B.v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 100 f.; ausdrücklich für den Beruf eines Gymnasiallehrers: BAG, B.v. 15.5.1987 – 7 AZR 664/85 – juris Ls. 1 und Rn. 12 f.).
71
b) Geht es um eine Einstellung in ein Angestelltenverhältnis, reichen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründete Zweifel des Dienstherrn für die Annahme eines Eignungsmangels aus (BAG, U.v. 12.5.2011 – 2 AZR 479/09 – juris Rn. 31).
72
Der Begriff des öffentlichen Amtes in Art. 33 Abs. 2 GG erfasst auch Angestellte des öffentlichen Dienstes (BVerfG, B.v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 – juris Rn. 126 m.w.N.). Verfassungsrechtliche Bedenken, dass die Zulassung zum Vorbereitungsdienst auch in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis versagt werden kann, wenn Tatsachen vorliegen, die den Bewerber für die Tätigkeit als Lehrer als ungeeignet erscheinen lassen, bestehen nicht (siehe Rn. 42).
73
c) Da der anzuwendende Maßstab die Eignung für eine Tätigkeit als Lehrerin ist (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 ZALG), ist keine Differenzierung danach vorzunehmen, ob der Vorbereitungsdienst in einem Beamtenverhältnis oder einem Angestelltenverhältnis abgeleistet wird.
74
Der zum Teil vertretenen Literaturmeinung (Bickenbach in: v. Münch/Kunig, 7. Aufl. 2021, GG Art. 33 Rn. 62; Battis in: Sachs, 10. Aufl. 2024, GG Art. 33 Rn. 25), dass Art. 33 Abs. 2 GG für den Vorbereitungsdienst u.a. für Lehrer nicht gelte und dementsprechend keine Eignungsprüfung i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG anzustellen sei, da so der Zugang auch zu Berufen verschlossen sei, die nicht mit einem öffentlichen Amt verbunden sind, ist nicht zu folgen. Das Argument, dass sonst für die Ausbildung strengere Zulassungskriterien bestünden als für den späteren Beruf, mag zwar beim juristischen Vorbereitungsdienst zutreffend sein, nicht jedoch beim Vorbereitungsdienst für Lehrer.
75
Zwar bestehen Unterschiede zwischen dauerhaft tätigen Lehrkräften und Referendaren. Referendare sind aufgrund des staatlichen Ausbildungsmonopols nur vorübergehend im öffentlichen Schulwesen tätig. Bei ihnen steht nicht das eigenverantwortliche Unterrichten, d.h. der pädagogische Auftrag im Mittelpunkt, sondern die Berufsausbildung. Wollen sie ihren Berufswunsch nicht aufgeben, so müssen sie die staatliche Ausbildung auch dann absolvieren, wenn sie mit bestimmten Grundlagen des öffentlichen Schulwesens nicht einverstanden sind (BVerwG, U.v. 26.6.2008 – 2 C 22/07 – juris Rn. 21). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass alle Referendare – gleichgültig, ob in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf oder in einem Angestelltenverhältnis – nach ihrer Ausbildung im Schuldienst tätig sein werden. Art. 131 BV, Art. 1, 2 BayEUG bindet alle Lehrer an bayerischen Schulen, unabhängig davon, ob sie als verbeamtete Lehrer, als Angestellte bei staatlichen bzw. kommunalen Schulen oder als Angestellte bei privaten oder kirchlichen Schulen unterrichten.
76
Wegen der überragenden Bedeutung, welche die Erziehung und Bildung der Jugend für die Gemeinschaft haben, ist der Beruf des Lehrers, gleichgültig, ob er innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes ausgeübt wird, staatlich gebunden. Nach Art. 133 Abs. 1 Satz 1 BV ist für die Bildung der Jugend in erster Linie durch öffentliche Schulen zu sorgen. Nach Art. 133 Abs. 2 BV haben die Lehrer an öffentlichen Schulen grundsätzlich die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten. Zwar besteht, wie Art. 7 GG, Art. 134 BV ergeben, kein staatliches Schulmonopol; das Grundrecht der Privatschulfreiheit bedeutet jedoch nicht, dass die Privatschule eine staatsfreie Schule ist (BayVGH, U.v. 16.6.1993 – 3 B 92.2995 – juris Rn. 15). Daher gehört es zur Aufgabe aller Schulen und mithin aller Lehrer, im Rahmen der in der Bayerischen Verfassung festgelegten Bildungsziele nicht nur Wissen und Können zu vermitteln, Geist, Körper und Charakter zu bilden, sondern auch zur Selbstbeherrschung, zu Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit und im Geiste der Demokratie zu erziehen (Art. 131 BV, Art. 1, 2 BayEUG).
77
d) Hinsichtlich der zu Grunde gelegten Tatsachen, der von der Einstellungsbehörde vorgenommen Prognoseentscheidung sowie der Ermessensausübung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Rn. 46 ff. verwiesen. Gegen die verweigerte Zulassung zum Vorbereitungsdienst in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis ist rechtlich nichts zu erinnern.
78
7. Der Antragsgegner ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Antragstellerin nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 ZALG für die Tätigkeiten als Lehrerin charakterlich nicht geeignet ist. Auf die Frage der Gewähr der Antragstellerin, jederzeit aktiv für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten (§ 5 Abs. 2 Nr. 1; § 3 ZALG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtstG) bzw. diese nicht aktiv zu bekämpfen, kommt es für die Entscheidung des Gerichts nicht in erheblicher Weise an.
79
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
80
9. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetztes (GKG) welche für die Begründung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses die Hälfte der Jahresbezüge vorsieht. Für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis oder in einem öffentlich-rechtlichem Ausbildungsverhältnis ist eine entsprechende Anwendung angezeigt. Eine Halbierung des Streitwertes nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG auf ein Viertel erscheint vor dem Hintergrund der beantragten Vorwegnahme der Hauptsache (Nr. 1.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) nicht sachgerecht.