Inhalt

VG München, Beschluss v. 14.02.2025 – M 10 E 25.898
Titel:

Pflicht zur Übermittlung elektronischer Dokumente (Rechtsanwalt), Fehlende Antragsbefugnis

Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1
VwGO § 55d
BayVersG Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2
Schlagworte:
Pflicht zur Übermittlung elektronischer Dokumente (Rechtsanwalt), Fehlende Antragsbefugnis
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4927

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
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Der Antragsteller wendet sich gegen den Einsatz von Kameras ohne begründeten Anlass bei Demonstrationen anlässlich der Sicherheitskonferenz am 15. Februar 2025.
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Der Antragsteller hat am … Februar 2025 beantragt,
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1. Dem Antragsgegner wird untersagt, bei den Demonstrationen anlässlich der Sicherheitskonferenz 2025 am 15. Februar 2025, insbesondere der vom Königsplatz über die Innenstadt von München zurück zum Königsplatz führende Demonstration „München steht auf“ Überwachungswagen vor, in oder hinter den Demonstrierenden zu fahren, oder eindeutig für einen objektiven Dritten erkennbar dort angebrachte Kameras so zu verhüllen, dass eindeutig keine Aufnahme durch sie möglich ist.
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2. Dem Antragsgegner wird untersagt, bei den Demonstrationen anlässlich der Sicherheitskonferenz 2025 am 15. Februar 2025, insbesondere der vom Königsplatz über die Innenstadt von München zurück zum Königsplatz führende Demonstration „München steht auf“ Kameras auf Stangen von Polizisten oder anderen Personen, die ihm weisungsunterstellt und die nicht im Demonstrationszug Teilnehmer sind, tragen zu lassen, oder eindeutig für einen objektiven Dritten erkennbar solche Kameras so zu verhüllen, dass eindeutig keine Aufnahme durch sie möglich ist.
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3. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, bei den Demonstrationen anlässlich der Sicherheitskonferenz 2025 am 15. Februar 2025, insbesondere der vom Königsplatz über die Innenstadt von München zurück zum Königsplatz führende Demonstration „München steht auf“ Kameras von Polizisten oder anderen Personen, die ihm weisungsunterstellt und die nicht im Demonstrationszug Teilnehmer sind, eindeutig mit dem Objektiv vertikal nach unten zu halten, oder eindeutig für einen objektiven Dritten erkennbar solche getragenen Kameras so zu verhüllen, dass eindeutig keine Aufnahme durch sie möglich ist; nur eine Abdeckung durch eine Objektivklappe genügt zur Verhüllung nicht. Sobald konkret Anhaltspunkte für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit aus der Menge heraus oder von Passanten festgestellt werden, kann die Verhüllung entfernt werden und/oder die Kamera in Richtung des relevanten Geschehens gerichtet werden, solange eine Störung anhält; nach ausreichender Feststellung ist die Aufnahme unverzüglich wieder, erkennbar für einen objektiven Dritten, zu beenden und die Verhüllung und/oder das Objektiv wieder nach unten zu neigen.
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4. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, bei den Demonstrationen anlässlich der Sicherheitskonferenz 2025 am 15. Februar 2025, insbesondere der vom Königsplatz über die Innenstadt von München zurück zum Königsplatz führende Demonstration „München steht auf“ Kameras, die auf Wägen der Polizei angebracht sind, die noch im Nachgang zum Anschlag vom 13. Februar 2025 im Bereich Stiglmaierplatz / Dachauer Straße / Seidl straße / Königsplatz und Umgebung stehen, eindeutig für einen objektiven Dritten erkennbar dort angebrachte Kameras so zu verhüllen, dass eindeutig keine Aufnahme durch sie möglich ist.
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Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, am 15. Februar 2025 fänden diverse Demonstrationen statt, insbesondere wieder der Demonstrationszug „München steht auf“ zusammen mit der Demonstration „Macht Frieden“, der ab ca. 15:30 Uhr vom Königsplatz über die Innenstadt wieder zurück zum Königsplatz führe. Beginn der Demonstration „München steht auf“ / „Macht Frieden“ sei um 14:00 Uhr. Andere Demonstrationen fänden zu anderen Zeiten statt. Der Antragsteller plane selbst die Teilnahme an mindestens einer der Demonstrationen. Er habe nicht abschließend entschieden, an welcher, sehe sich aber potentiell einer Gefährdung ausgesetzt, wenn Kameras ihn anlasslos aufnehmen würden und würde dann davon Abstand nehmen. Am 17. Februar 2024 habe neben anderen Demonstrationen eine Demonstration am Königsplatz mit anschließendem Demonstrationszug „München steht auf“ anlässlich der Sicherheitskonferenz 2024 in München stattgefunden. Bei der Demonstration am 17. Februar 2024 seien eingesetzt worden: ein Überwachungswagen, Mercedes Sprinter (amtl. Kennzeichen BA-…) vor den Demonstrierenden während des gesamten Zugs. Der Polizeiwagen sei ab der Brienner Straße bis zurück zum Königsplatz vor dem Demonstrationszug gefahren. Dies sei auf Videoaufnahmen, die auf www.youtube.com veröffentlicht worden seien, mehrfach zu sehen. Zudem sei im Jahr 2024 mindestens eine auf einem Stab angebrachten Kamera eingesetzt worden. Diese sei von einem an der Ecke Luisen straße und Brienner Straße auf dem Bürgersteig stehenden Polizisten getragen worden. Die Kamera sei am Beginn der Demonstration auf alle Demonstranten gerichtet worden und habe diese vermutlich gefilmt. Im Jahr 2024 sei ferner mindestens eine auf Körperhöhe getragene Kamera, die von einem an der Ecke Luisen straße und Brienner Straße auf dem Bürgersteig stehenden Polizisten, der in der Gruppe anderer Polizisten gestanden habe, am Beginn der Demonstration auf alle Demonstranten gerichtet worden. Mit dieser Kamera seien vermutlich die Teilnehmer an der Demonstration gefilmt worden. Auf einem Video, das am 17. Februar 2024 angefertigt worden und auf www.youtube.com abrufbar sei, sei zu erkennen, dass ein Polizeibeamter der bayerischen Bereitschaftspolizei vor einer Gruppe von Polizisten links auf dem Bürgersteig stehend vor der Stelle, durch die alle Demonstranten auf der rechten Seite der Münchner Propyläen vorbeigezogen seien, eine Kamera in Richtung auf den Demonstrationszug gehalten habe. Dieser Platz sei prädestiniert für eine Aufnahme aller Teilnehmer gewesen, da der Demonstrationszug sofort nach links vor dem Bürgersteig ausweichen habe müssen und so immer neue Gesichter aufgezeichnet werden konnten. Auf dem Video sei ferner an gleicher Stelle zu sehen, dass ein anderer Beamter etwa 20 Meter weiter, etwa an der Ecke des Gartens des Lenbachhaus Museums, ein Teleskop hochgehalten habe, auf dem eine Kamera positioniert gewesen sei. Diese Kamera sei ebenfalls in die Richtung der friedlich Demonstrierenden gerichtet gewesen. Im Jahr 2024 hätten die beiden Polizisten die Kameras direkt auf die Personen des Demonstrationszugs gerichtet. Ob an dieser Stelle der Polizeibeamte gefilmt habe oder nicht, könne nicht gesagt werden. Der subjektive Druck auf die Demonstranten habe gleichwohl bestanden. Wenngleich meistens die Kameras auf allen Aufnahmen, welche auf YouTube zu sehen seien, nicht direkt in die Menge, sondern nach unten gehalten worden seien, sei in den Videos zu erkennen, dass die Kameras direkt in Richtung des Demonstrationszugs auf die Gesichter der Demonstrierenden dieser Stelle gerichtet gewesen seien. Mangels folgenden direkten Einsatzes von Polizisten müsse auch davon ausgegangen werden, dass keine Straftaten zu diesem Zeitpunkt begangen wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei eine anlasslose Videoüberwachung bei Demonstrationen unzulässig. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts stelle bereits das Führen der Kamera vor einem Demonstrationszug einen psychischen Druck dar, da jederzeit eine Videoüberwachung erfolgen könne, gleichzeitig aber für Teilnehmer oder Dritte nicht erkennbar sei, ob eine Aufnahme erfolge. Bereits die Möglichkeit der Aufnahme erzeuge psychischen Druck auf die Demonstranten, vom Bundesverfassungsgericht werde dies als Einschüchterungsversuch bezeichnet.
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Der Antragsgegner beantragt,
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Die Anträge werden abgelehnt.
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Grundsätzlich fertige die bayerische Polizei Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen im Rahmen von Versammlungen stets nur aufgrund einer entsprechend vorhandenen Rechtsgrundlage an. Die Entscheidung zur Fertigung solcher Aufnahmen bzw. Aufzeichnungen werde aufgrund der Beurteilung der konkreten Sachlage vor Ort durch den Polizeiführer entschieden. Anlässlich der Sicherheitskonferenz würden Videofahrzeuge eingesetzt werden, die über eine Kamera an einem ausfahrbaren Mast verfügten. Alle Kamerasysteme seien so gestaltet, dass für Versammlungsteilnehmer eindeutig erkennbar sei, in welche Richtung die Kameralinsen weisen. Die Polizeibeamten würden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Bildaufnahmen und -aufzeichnungen bei Versammlungen grundsätzlich nur zur Beweissicherung nach der StPO sowie unter den engen Voraussetzungen des Art. 9 BayVersG zulässig seien. Das Tragen und der Einsatz von Body-Cams bei oder im unmittelbaren Umfeld von Versammlungen sei nicht zulässig. Der Antragsteller habe keine Tatsachen für das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis hinreichend glaubhaft gemacht, § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 ZPO. Aufgrund der aktuell bestehenden Weisungs- und Regelungslage des Polizeipräsidiums München sei nicht davon auszugehen, dass bei den Versammlungen Kameras eingesetzt würden, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen. Geräte für Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen dürften mitgeführt werden, weil ein Einsatz im Rahmen des Art. 9 BayVersG in Betracht kommen könnte. Dabei werde darauf geachtet, dass dieses Mitführen/Begleiten der Versammlung so geschehe, dass nicht der Eindruck entstehen könne, es werde bereits aufgenommen oder aufgezeichnet. Dies bedeute insbesondere bei den Videofahrzeugen, dass die Kamerasysteme so gestaltet seien, dass für die Versammlungsteilnehmer eindeutig erkennbar ist, in welche Richtung die Kameralinsen weisen. Der Antragsteller plane die Teilnahme an mindestens einer der Demonstrationen und habe nicht abschließend entschieden, an welcher er teilnehmen möchte. Er beziehe sich in seinen Anträgen zwar auf die Demonstration „München steht auf“, füge aber „insbesondere“ hinzu. Aufgrund der Unbestimmtheit der Anträge seien diese bereits unzulässig bzw. es fehle am Rechtsschutzbedürfnis.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die vorlegte Behördenakte verwiesen.
II.
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Die Anträge des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO sind bereits unzulässig.
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1. Das Gericht hat bereits Zweifel, ob der Antrag durch den Antragsteller formgerecht gemäß § 55d Satz 1 VwGO erhoben wurde.
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Bereits der Wortlaut des § 55d Satz 1 VwGO spricht dafür, dass § 55d VwGO an den beruflichen Status des Antragstellers / Einreichers anknüpft und es daher für die Anwendbarkeit der Formvorschrift nicht zusätzlich darauf ankommt, ob der Schriftsatz im Rahmen des Berufs im fremden Namen (also als Bevollmächtigter) eingereicht wird (sog. statusbezogene Nutzungspflicht). Mithin genügt also grundsätzlich der Status als Rechtsanwalt, um den Pflichten des § 55d VwGO zu unterliegen, auch wenn der Rechtsanwalt in eigener Sache handelt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt als solcher auftritt (vgl. VG Berlin, B.v. 5.5.2022 – VG 12 L 25/22 – juris).
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Die gegenständlichen Anträge wurden vom Antragsteller ausgedruckt auf Papier eingereicht. Der Antragsteller ist ausweislich der Internetpräsenz https://www.drking.tv/contact (abgerufen am 14.02.2025) zugelassener Rechtsanwalt. Dementsprechend unterhält er ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach.
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Der Übermittlungspflicht aus § 55d Satz 1 VwGO – Übermittlung als elektronisches Dokument – ist der Antragsteller durch die Einreichung seines Antrags in Papierform nicht nachgekommen. Die Voraussetzungen des § 55d Satz 3 VwGO, die ausnahmsweise ein Einreichen der Anträge in Papierform erlauben würden, liegen erkennbar nicht vor bzw. der Antragsteller trägt hierzu nicht vor.
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Es kann vorliegend aber dahinstehen, ob der Antragsteller, der vorliegend nicht ausdrücklich als Rechtsanwalt aufgetreten ist, in diesem Fall den Voraussetzungen des § 55d VwGO unterliegt, da der Antrag auch aus anderen Gründen ohne Erfolg bleibt.
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2. Für die begehrten Anordnungen fehlt dem Antragsteller ferner das erforderliche Feststellungsinteresse, weshalb seine Anträge unzulässig sind.
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a) Im Rahmen einer entgegen der Vorgaben der Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 BayVersG angefertigten Videoaufnahme steht eine mögliche Verletzung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG des Antragstellers im Raum. (Rechtswidrige) Bild- und Tonbandaufnahmen oder -aufzeichnungen sind Realakte, gegen die – auch nach einer Versammlung – in der Hauptsache die allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO statthaft ist (Klauck in BeckOK PolR Bayern, Stand 1.3.2024, Art. 9 BayVersG, Rn. 51). Damit eine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO zulässig ist, bedarf es eines hinreichend konkreten Rechtsverhältnisses. Die Klärung abstrakter Rechtsfragen ist nicht möglich. Spiegelbildlich bedarf es im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO eines entsprechenden Feststellungsinteresses.
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Der Antragsteller selbst benennt bereits keine konkrete Versammlung am 15. Februar 2025, an der er teilnehmen möchte. Vielmehr möchte der Antragsteller sich selbst noch überlegen, an welcher der zahlreichen Versammlungen er am 15. Februar 2025 teilnehmen möchte. Anlässlich der Sicherheitskonferenz in München werden zahlreiche Versammlungen erwartet (vgl. auch https://www.tz.de/muenchen/stadt/geplant-die-siko-steht-bevor-demos-und-massive-sicherheitsvorkehrungen-93568629.html, abgerufen am 14.02.2025 und den vom Antragsgegner vorgelegten Veranstaltungskalender, der rund zwanzig Versammlungen im (erweiterten) Kontext der Sicherheitskonferenz für den 15. Februar 20255 ausweist). Die Polizei geht laut Medienberichten von rund 40 Aktionen aus.
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Damit kann das Gericht bereits rein faktisch keine einstweilige Anordnung in Bezug auf einen konkreten Streitgegenstand treffen. Eine allgemeine Klärung von abstrakten rechtlichen Fragen ohne Bezug zu einem konkreten Gegenstand wäre auch in einem Hauptsacheverfahren im Rahmen einer Feststellungsklage nicht möglich, da es an einem hinreichend konkreten Rechtsverhältnis fehlt. Vielmehr liegt es am Antragsteller eine oder mehrere konkrete Versammlungen zu benennen, an denen er teilnehmen wird bzw. möchte.
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b) Der Antragsteller hat darüber hinaus auch noch nicht im Ansatz einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weshalb auch aus diesem Grund ein Feststellungsinteresse zu verneinen ist. Die Anträge des Antragstellers zielen offensichtlich auf die rechtlichen Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 BayVersG und zwar insbesondere auf das Merkmal der offenen Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen. Der Antragsteller begehrt, dass die bayerische Polizei bei allen (!) rund um die Sicherheitskonferenz am 15. Februar 2025 stattfindenden Versammlungen die gesetzlichen Anforderungen des 9 Abs. 1 und Abs. 2 BayVersG einhält und keine rechtswidrigen Bild- und Tonbandaufnahmen anfertigt. Der Antragsteller hat jedoch nicht dargelegt, dass es bei jeglichen am 15. Februar 2025 stattfindenden Versammlungen zu Verstößen gegen Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 BayVersG kommen könnte wird bzw. zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist. Dies wäre jedoch erforderlich, um einen Anordnungsanspruch bzw. ein Feststellungsinteresse glaubhaft zu machen.
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aa) Zur Begründung seines Antrags bezieht sich der Antragsteller auf Geschehnisse aus dem Jahr 2024. Der Antragsteller beschreibt, dass Versammlungsteilnehmer einer Versammlung anlässlich der Sicherheitskonferenz 2024 an bestimmten Örtlichkeiten von Polizeibeamten gefilmt worden seien und zudem auch ein Videoüberwachungswagen eingesetzt worden sei. Der Antragsteller hat jedoch nicht aufgezeigt, dass die von ihm beschriebenen Bild- und Tonbandaufnahmen unter Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 BayVersG aufgenommen wurden. Anders als der Vortrag des Antragstellers suggeriert, sind Bild- und Tonbandaufnahmen von Versammlungen unter den Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 BayVersG durchaus zulässig. Dass im Jahr 2024 Bild- und Tonbandaufnahmen rechtswidrig angefertigt wurden, ergibt sich aus dem Vortrag des Antragstellers nicht. Vielmehr führt der Antragsteller selbst aus, dass meistens die Kameras auf allen Aufnahmen, welche auf YouTube zu sehen seien nicht direkt in die Menge, sondern nach unten gehalten worden seien. Dies spricht bereits dafür, dass die Vorgaben des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 BayVersG eingehalten wurden, weil eine nach unten gehaltene Kamera gerade keine Bild- und Tonaufnahmen anfertigen kann.
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Mit Blick auf den Videoüberwachungswagen bleiben die Ausführungen des Antragstellers derart unsubstantiiert, dass es dem Gericht nicht ansatzweise möglich ist, dessen Einsatz im Jahr 2024 zu beurteilen. Soweit es um den Einsatz von Videoüberwachungswagen in diesem Jahr geht, sind laut nachvollziehbarem Vortrag des Antraggegners die Kamerasysteme so gestaltet, dass für die Versammlungsteilnehmer eindeutig erkennbar ist, in welche Richtung die Kameralinsen weisen. Des Weiteren hat der Antragsgegner die aktuelle Weisungslage aufgezeigt, nach der Polizeibeamte nochmals besonders für die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 BayVersG sensibilisiert wurden. Daher ist nach Aktenlage nicht von einem rechtswidrigen Einsatz der Videoüberwachungswagen auszugehen.
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bb) Losgelöst von den Geschehnissen aus dem Jahr 2024 hat der Antragsteller auch nicht dargelegt, dass die bayerische Polizei bei allen Versammlungen am 15. Februar 2025 überhaupt plant, Bild- und Tonbandaufnahmen oder -aufzeichnungen anzufertigen. Ein bloßer möglicher Verdacht, dass es bei den Versammlungen bezüglich der Sicherheitskonferenz 2025 zu rechtswidrigen Bild- und Tonbandaufnahmen oder -aufzeichnungen durch Polizeibeamte oder einen Videoüberwachungswagen kommen könnte, genügt nicht, um ein Feststellungsinteresse zu bejahen.
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cc) Eine vom Antragsteller begehrte Verhüllung von Kameras fordert weder die Rechtsprechung noch die Literatur, weshalb sich aus einem möglicherweise unverhüllten Führen von Kameras bei Versammlungen am 15. Februar 2024 auch kein Feststellungsinteresse ergibt. Bild- und Tonaufnahmen und -aufzeichnungen dürfen nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BayVersG nur offen, also unter vorheriger oder zeitgleicher Ankündigung angefertigt werden. Dem kann die Polizei auf verschiedene Weise nachkommen: Die grundrechtsfreundlichste Verfahrensweise ist wohl die dauerhaft sichtbare Kennzeichnung der Videoaufzeichnung für alle Versammlungsteilnehmer, wie sie in der Praxis beispielsweise durch eine offene Präsentation der Videogeräte und durch gelbe Warnwesten mit der Aufschrift „Videoaufzeichnung“ der mit der Maßnahme beauftragten Polizeibeamten durchgeführt wird. Sofern die Ton- und Videoaufzeichnungen hingegen nur aus großer Distanz oder aus einer schwer einsehbaren Position heraus stattfinden können, ist die Polizei verpflichtet, die Maßnahme – je nach Größe der Versammlung – zumindest gegenüber den Versammlungsleitern anzukündigen (vgl. Klauck in BeckOK PolR Bayern, Stand 1.3.2024, Art. 9 BayVersG, Rn. 51). In diesem Zusammenhang genügt es auch, dass Kameras mit dem Objektiv nach unten gerichtet in der Hand bzw. an einem Stab gehalten werden. Dementsprechend werden nach aktueller Weisungslage des Antragsgegners Geräte für Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen von Polizeibeamten so geführt, dass nicht der Eindruck entstehen kann, es werde bereits aufgenommen oder aufgezeichnet.
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dd) Hinsichtlich eines möglichen rechtswidrigen Einsatzes eines Videoüberwachungswagens im Antrag zu 4) hat der Antragsteller nicht ausgeführt, wieso dieser am 15. Februar 2025 noch an dem Ort des Anschlags vom 13. Februar 2025 stehen soll und wird.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Da mit der Entscheidung eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist, wird der Streitwert auf die Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts angehoben.