Titel:
Allgemeine Geschäftsbedingungen, Vertragswidriges Verhalten, Aufwandspauschale, Ordnungswidrigkeiten, Auskunftsersuchen, Schadenspauschale, Klauseln, Ordnungsbehörde, Schadensberechnung, Ersatzfähige, Besitzstörung, Unklarheitenregel, Halterhaftung, Sachvortrag, Branchenüblichkeit, Abmahnungskosten, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Tatbestandsberichtigungsantrag, Verwender, unangemessene Benachteiligung
Schlagworte:
Verbandsklageverfahren, Unterlassungsanspruch, Pauschalierter Schadensersatz, Inhaltskontrolle, Unwirksamkeit, Abmahnkosten
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 30.11.2023 – 12 O 1830/23
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4926
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 30.11.2023, Az. 12 O 1830/23, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an den gesetzlichen Vertretern, in Bezug auf Fahrzeugvermietungsverträge, die mit Verbraucherinnen und Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen, zu verwenden und sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:
„[Sonstige Gebühren und Steuern – Aufwandspauschale für die Bearbeitung von Gesetzesverstößen (Straftaten, Ordnungswidrigkeiten usw.)] Für die Bearbeitung von Verstößen gegen Verkehrs- und Ordnungsvorschriften, Besitzstörungen und sonstige Gesetzesverstöße erhebt S. eine Aufwandspauschale in Höhe von 29,00 EUR, es sei denn, der Mieter weist nach, dass S. kein oder ein wesentlich geringerer Aufwand und/oder Schaden entstanden ist.“
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 260,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.03.2023 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, in der Fassung, die es in Ziffer I. erhalten hat, ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten im Verbandsklageverfahren um einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich einer Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten.
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Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers.
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils wie erstinstanzlich beantragt zu verurteilen.
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Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
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Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf das erstinstanzliche Urteil, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO, sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2025.
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Die zulässige Berufung ist begründet.
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Der Kläger ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen und somit anspruchsberechtigte Stelle iSd § 3 Abs. 1 UKlaG. Mit Recht verlangt der Kläger gem. § 1 UKlaG von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel der von dieser verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die beanstandete Klausel ist sowohl nach § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB als auch nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 BGB unwirksam. Im Einzelnen:
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Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen lauten – soweit sie vorliegend in Streit stehen – wie folgt:
„[Sonstige Gebühren und Steuern – Aufwandspauschale für die Bearbeitung von Gesetzesverstößen (Straftaten, Ordnungswidrigkeiten usw.)] Für die Bearbeitung von Verstößen gegen Verkehrs- und Ordnungsvorschriften, Besitzstörungen und sonstige Gesetzesverstöße erhebt S. eine Aufwandspauschale in Höhe von 29,00 EURO, es sei denn, der Mieter weist nach, dass S. kein oder ein wesentlich geringerer Aufwand und/oder Schaden entstanden ist.“
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Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Klausel, eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB darstellt, die nicht als kontrollfreie Preisvereinbarung im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.02.2015 – XII ZR 199/13, Rn. 16 ff.; Urt. v. 17.09.2009 – Xa ZR 40/08, Rn. 10; OLG Schleswig, Urt. v. 26.03.2013 – 2 U 7/12, Ziff. B. II.2.1.1 f., OLG Koblenz, Urt. v. 14.07.2016 – 2 U 615/15 – Ziff II.1.a.). Denn gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nur Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen, kontrollfähig. Darunterfallen weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung (BGH, Urt. v. 30.11.2004 – XI ZR 200/03, Ziff. II.1.; Urt. v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96; Urt. v. 07.05.1996 – XI ZR 217/95 [zu § 8 AGBG]). Hingegen stellen Bestimmungen, die – wie vorliegend – kein Entgelt für auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Sonderleistungen vorsehen, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten des Verwenders oder für Zwecke des Verwenders auf den Kunden abwälzen, eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar (BGH, Urt. v. 07.06.2011 – XI ZR 388/10, Rn. 19; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, 7. Aufl. 2020, § 307 Rdnr. 314ff.; Stoffels, AGB-Recht, 4. Aufl. 2021, Rdnr. 446 f.).
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Die streitgegenständliche Aufwandspauschale für die Bearbeitung von Gesetzesverstößen (Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, u.s.w.) ist als pauschalierter Schadensersatzanspruch ausgestaltet, dessen Wirksamkeit an § 309 Nr. 5 BGB zu messen ist. Die Vorschrift des § 309 Nr. 5 Alt. 1 BGB erfasst nämlich solche Klauseln, die dem Grunde nach bestehende (gesetzliche oder vertraglich begründete) Ansprüche auf Schadensersatz pauschalieren (Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 7. Aufl., 2020 § 309 Rdnrn. 10 ff., 35).
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Dass die streitgegenständliche Klausel einen pauschalierten Schadensersatz zum Gegenstand hat, ergibt sich zum einen daraus, dass nach dem Vortrag der Beklagten mit der Pauschale in Höhe von 29 EUR der Aufwand ausgeglichen werden soll, der der Beklagten nach einem Verstoß gegen Ziffer C.7. der Allgemeinen Vermietbedingungen entsteht. Dort ist geregelt, dass der Mieter dafür Sorge zu tragen hat, „dass das Fahrzeug nur im Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften verwendet, wird“. Ein fahrlässiger oder vorsätzlicher Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften stellt damit zugleich einen Verstoß gegen eine vertragliche Nebenpflicht dar, sofern nicht ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Zudem ergibt sich aus dem Satzteil „es sei denn, der Mieter weist nach, dass S. kein oder ein wesentlich geringerer Aufwand und oder Schaden entstanden ist“, dass die Klausel einen (pauschalierten) Schadenersatzanspruch regelt.
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Zutreffend hat das Landgericht im Ansatz auch das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs der Beklagten gegen einen Kunden dem Grunde nach für den Fall bejaht, dass dieser entgegen Ziffer C. 7 der Allgemeinen Vermietbedingungen mit dem gemieteten Fahrzeug gegen Verkehrs- und Ordnungsvorschriften vorsätzlich oder fahrlässig verstößt bzw. fremden Besitz stört oder sonstige Gesetzesverstöße begeht. Dies gilt allerdings nur, sofern nicht ausnahmsweise ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Ein solcher Anspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 1 Satz 2 BGB. Verletzt der Schuldner diese – ihn treffenden – vertraglichen Pflichten in von ihm zu vertretender Weise, etwa durch Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit, kann der Gläubiger, den ihm hieraus entstehenden Schaden ersetzt verlangen (vgl. BGH, Urt. V. 17.09.2009 – Xa ZR 40/08, Tz. 11).
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Klausel nach § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB unwirksam, weil die vorgesehene Aufwandspauschale von EUR 29 höher ist als der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartendem Schaden bei der Beklagten. Im Einzelnen:
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1. Der Verwender einer Klausel – hier die Beklagte – trägt die Darlegungslast für einen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartendem Schaden in Höhe der Pauschale.
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Dieser hat darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der vereinbarte Betrag dem typischen Schadensumfang entspricht (BGH, Urt. v. 18.02.2015 – XII ZR 199/13, Rn. 22). § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB orientiert sich an § 252 S. 2 BGB und eröffnet dem Verwender der Klausel zwar eine Beweiserleichterung dahingehend, dass der Schaden nicht in jedem konkreten Fall erreicht werden muss. Der Verwender muss aber nachweisen, dass der vereinbarte Betrag dem typischen Schadensumfang entspricht (Grüneberg, 84. Aufl. 2025, § 309 Rn. 26, 29 mwN).
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a. Maßgeblich im Sinne dieser generalisierenden Betrachtungsweise ist grundsätzlich der branchentypische Durchschnittsschaden (BGH, Urt. v. 10.11.1976 – VIII ZR 115/75, Ziffer II.2.a); Urt. v. 07-.0.1981 – VIII ZR 229/80, Ziffer II. 2.).
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b. Dem Verwender der Klausel ist es ebenso freigestellt, seinen individuellen Durchschnittsschaden zu beanspruchen, wobei die Regelung in § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB dem Verwender eine entsprechende Beweiserleichterung dahingehend einräumt, dass der Schaden nicht in jedem konkreten Fall erreicht sein muss (BGH, Urt. v. 18.02.2015 – XII ZR 199/13, Rn. 22; OLG Koblenz, Urt. v. 14.07.2016 – 2 U 615/15 –, Rn. 52, zitiert nach juris). Der Verwender muss aber darlegen und ggf. nachweisen, dass der vereinbarte Betrag dem typischen Schadensumfang entspricht (Hau/Poseck in BeckOK BGB/Becker, 70. Ed. 1.5.2024, BGB § 309 Nr. 5 Rn. 19).
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c. Einer Pauschalierung (der Höhe nach) ist dabei nur der Schaden zugänglich, der dem Grunde nach ersatzfähig ist. Denn § 309 Nr. 5 BGB regelt den Anspruch lediglich seinem Umfang und nicht dem Grunde nach. Wird ein nicht ersatzfähiger Schaden in die Pauschale einbezogen, ist die Klausel nach § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB unwirksam, weil die Schadenspauschale in einem solchen Fall generell überhöht ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.09.2009 – Xa ZR 40/08, Rn. 10; MünchKommBGB/Wurmnest, 9. Aufl., § 309 Nr. 5 Rn. 10; Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 309 Rn. 26; Looschelders in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 309 BGB, Rn. 44; BGH, Urt. v. 26.06.2019 – VIII ZR 95/18, Rn. 18, beck-online).
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d. Zu ersetzen – und damit pauschalierbar – ist jeder Schaden, der unmittelbar oder mittelbar auf dem schädigenden Verhalten beruht und diesem nach den allgemeinen Regeln zurechenbar ist (MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 249 Rn. 103, beckonline). Ausgenommen sind solche Schäden, die außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Pflicht liegen (BeckOK BGB/Lorenz, 72. Ed. 01.11.2024, BGB § 280 Rn. 41) .
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e. Personal- und Vorhaltekosten, die der Schadensermittlung und außergerichtlichen Abwicklung eines Schadensersatzanspruchs dienen (z.B. anfallender Arbeits- und Zeitaufwand) hat deshalb – bei einer am Schutzzweck der Haftungsnorm sowie an Verantwortungsbereichen und Praktikabilität orientierten Wertung – der Geschädigte grundsätzlich selbst zu tragen, auch wenn er hierfür besonderes Personal einsetzt oder die Tätigkeiten – wie vorliegend – extern erledigen lässt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der im Einzelfall erforderliche Aufwand die im Rahmen des Üblichen typischerweise zu erbringende Mühewaltung überschreitet (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Urt. v. 26.06.2019 – VIII ZR 95/18 –, Rn. 19, juris).
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2. In Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte nicht schlüssig dargetan, dass bei einer Bearbeitung von Verstößen gegen Verkehrs- und Ordnungsvorschriften, Besitzstörungen und sonstigen Gesetzesverstößen typischerweise ein Schaden in Höhe von EUR 29 entsteht. Zudem hat die Beklagte für die Ermittlung des individuellen Schadens Bearbeitungsschritte berücksichtigt, die nicht durch den Verstoß adäquat kausal verursacht worden sind. Sie hat Rechnungsposten in die Schadensberechnung eingestellt, die nicht ersatzfähig sind, so dass in Anwendung der dargestellten Grundsätze die verlangte Aufwendungspauschale als überhöht anzusehen ist:
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a. Die Beklagte hat erstinstanzlich zur Höhe des typischerweise entstehenden Schadens („auszugsweise“) vorgetragen, dass die Bearbeitung von Auskunftsersuchen der Verkehrsbehörden durch die S. Dienstleistungen GmbH & Co.KG (nachfolgend S.) in R. erfolge. Zunächst werde von der Beklagten der Eingang eines Auskunftsersuchens dokumentiert und sodann im Original per Kurier zur S. nach R. weitergeleitet. Bei der S. würden das Auskunftsersuchen sortiert, barcodiert und gescannt. Jeder Scan werde „händisch“ nachkontrolliert. Sodann würden die Sachverhaltsdaten (beispielsweise Fristen) erfasst und in eine „eigens dafür entwickelte Vorgangsverwaltung übertragen“. Sodann erfolge eine inhaltliche Prüfung des Vorgangs anhand von Kennzeichen sowie Ort und Zeit des Verstoßes. Es werde geprüft, ob die Beklagte Halter des Fahrzeugs ist und wer der Mieter war. Die Ordnungsbehörde und die Mieter würden in der Regel postalisch informiert. Vorgänge müssten auf Wiedervorlage gelegt werden. Zudem müssten regelmäßig Rückfragen der Behörden und der Mieter bearbeitet werden. Die Prüfung und Bezahlung von Gebühren und Bußgeldern erzeuge einen neuen Arbeitsaufwand. Die Verauslagung von Bußgeldern erfordere ein Vieraugenprinzip unter Einbeziehung von weiteren geschulten Mitarbeitern. Der angesetzte Betrag sei branchenüblich und entspreche zudem den Auslagen, die von Verkehrsbehörden erhoben würden.
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b. Der Sachvortrag zum typischerweise entstehenden Aufwand ist unzureichend, worauf der Senat mit Verfügung vom 26.07.2024 hingewiesen hat.
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Mit der beanstandeten Klausel werden unstreitig verschiedene Formen von Nebenpflichtverletzungen erfasst (namentlich verschuldensabhängige Ordnungswidrigkeiten, Ordnungswidrigkeiten mit Halterhaftung, Straftaten, zivilrechtliche Ansprüche Dritter), die zu einer unterschiedlichen Inanspruchnahme der Beklagten führen können. Soweit die Klausel verschuldensabhängige Verkehrsordnungswidrigkeiten erfasst, wird die Beklagte – wie sich aus der Anlage B 1 (siehe dort: Zeugenanhörung des PP B. vom 28.04.2023; Zeugenfragenbogen des Landes Brandenburg vom 03.05.2023) ergibt – von deutschen Behörden als „Zeugin“ angehört. Von ausländischen Ordnungsbehörden, privaten Parküberwachungsgesellschaften und bei Parkverstößen wird die Beklagte dagegen als Halterin auch direkt in Anspruch genommen. Die Beklagte hat für die verschiedenen Formen von Gesetzesverstößen nicht dargetan, dass der Aufwand typischerweise jeweils 29 EUR verursacht, zumal sie die Bearbeitungsschritte „nur auszugsweise“ dargestellt hat (Klageerwiderung, LGA, Seite 30 f.). Dies gilt insbesondere für die Fälle (Straftaten und verschuldensabhängige Ordnungswidrigkeiten), in denen die Beklagte bzw. die Verantwortlichen der Beklagten „nur“ Auskunft über den Mieter eines Fahrzeugs geben müssen, da sich der Aufwand der Beklagten in der Bekanntgabe, der von ihr erhobenen Mieterdaten erschöpft.
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c. Darüber hinaus sind nicht alle vorgetragenen Bearbeitungsschritte als durch das vertragswidrige Verhalten adäquat kausal verursacht anzusehen:
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(1) Nicht ersatzfähig sind insbesondere das Sortieren, Barcodieren und Scannen der „diversen“ behördlichen Auskunftsersuchen. Es handelt sich um einen Personalaufwand, der lediglich der Schadensermittlung und außergerichtlichen Abwicklung eines Schadensersatzanspruchs dient. Zudem sind, wie sich aus der Anlage B1 ergibt, das Auskunftsersuchen der Behörden bereits Formulare beigefügt, die die Beklagte ausgefüllt zurückschicken kann. Hierzu ist weder eine Barcodierung noch ein Scan, eine „händische Nachkontrolle“ der Scans oder eine Sortierung erforderlich. Insbesondere in den Fällen, in denen die Beklagte von den Ordnungsbehörden (oder von einer Staatsanwaltschaft) nur um die Mitteilung des Fahrzeugmieters ersucht wird, ist der beschriebene Aufwand nicht erforderlich, um die Auskunft zu erteilen.
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(2) Nicht ersatzfähig sind zudem die Kosten für die Weiterleitung des Ersuchens an einen externen Dienstleister per Kurier. Das Auskunftsersuchen richtet sich stets an die Beklagte und nicht an die von ihr beauftragte S. Dass sich die Beklagte einer Organisation bedient, die den Versand per Kurier erforderlich macht, liegt in ihrer eigenen Sphäre. Für die Kosten hierfür ist bei wertender Betrachtung das vertragswidrige Verhalten nicht adäquat kausal.
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(3) Zur Beantwortung reines Auskunftsersuchen deutscher Behörden, in denen eine Halterhaftung nicht besteht, ist es regelmäßig nicht erforderlich, den Mieter zu benachrichtigen, Vorgänge auf Wiedervorlage zu legen, die Vorgänge inhaltlich zu prüfen oder anhand des Ortes und der Zeit des Verstoßes auf „Plausibilität“ einer Kontrolle zu unterziehen. Die Aufklärung eines derartigen Verkehrsverstoßes – einschließlich der Ermittlung des Fahrzeugführers und des Verschuldens – ist Aufgabe der Ordnungsbehörde, die von der Beklagten lediglich die Nennung des jeweiligen Mieters bzw. Fahrers verlangt (vgl. Anlage B1: Auskunftsersuchen des PP B.; des ZdP Br., der Autobahn-PI T.). Gleiches gilt bei Auskunftsersuchen von Staatsanwaltschaften wegen strafbarer Handlungen (z.B. Tankbetrug etc.) und für Auskunftsbegehren Privater. Soweit eine Plausibilitätskontrolle im Einzelfall – so etwa bei einer bestehenden Halterhaftung – zu den Obliegenheiten der Beklagten gehören mag, handelt es sich um eine reine Schadensermittlung, die grundsätzlich nicht ersatzfähig ist.
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3. Da nicht ersatzfähige Schadensposten in die Pauschale einbezogen werden, ist die Klausel nach § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB unwirksam. Die Schadenspauschale ist in einem solchen Fall generell überhöht (vgl. BGH Urt. v. 26.06.2019 – VIII ZR 95/18, Rn. 18, Urt. v. 17.09.2009 – Xa ZR 40/08, Rn 10; MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 309 Nr. 5 Rn. 10, beck-online; Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 309 Rn. 26; Erman/ Roloff, BGB, 15.Aufl., § 309 Rn. 44).
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4. Die Beklagte hat zudem nicht dargetan, dass ihr ein individueller Durchschnittsschaden in Höhe von 29 EUR entsteht, selbst wenn der von ihr beschriebene Aufwand typischerweise anfiele und in Gänze bei der Schadensberechnung in Ansatz zu bringen wäre.
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a. Die Beklagte hat insbesondere nicht vorgetragen, welche Kosten durch den Einsatz von Personal und durch den Versand das Auskunftsersuchen an die S. bzw. durch Versand der Auskünfte an die Behörden auf dem Postweg entstehen. Es ist aufgrund des Sachvortrags nicht nachvollziehbar, wie sich der individuelle Durchschnittsschaden konkret errechnet.
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b. Soweit die Beklagte unter Verweis auf die Schadenspauschalen anderer Autovermieter bzw. die Gebühren der Ordnungsbehörden auf den branchentypischen Durchschnittsschaden abstellt, ist der Sachvortrag ebenfalls unzureichend.
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(1) Ein substantiierter Vortrag zur Höhe des typischerweise entstehenden Schadens kann nicht isoliert durch den Verweis auf die von anderen Autovermietern verlangte Bearbeitungsgebühr ersetzt werden (so aber das Landgericht, LGA, Seite 33).
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Pauschalierungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen anderer Verwender sind grds. kein geeigneter Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der eigenen Pauschale. Die von den Konkurrenten verlangten Pauschalen können ebenfalls übersetzt sein (OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.02.2012, 7 W 92/11, Rn. 32, zitiert nach juris). Wird auf den branchentypischen Durchschnittsschaden abgestellt, so bedarf es eines Sachvortrags zu dem Schaden, der nach der Schätzung eines informierten Beobachters in der betreffenden Branche normalerweise beim Verwender entsteht, wenn der Partner seine Pflichten verletzt (NK-BGB/Andreas Kollmann, 4. Aufl. 2021, BGB § 309 Rn. 68). Denn dem Verwender obliegt es, Tatsachen darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass der Pauschalbetrag den branchenüblichen Durchschnittsschaden nicht wesentlich übersteigt. Dazu braucht der Verwender nicht die Einzelheiten seiner Kostenrechnung und Preiskalkulation offen zu legen, sondern kann auch auf tragfähige Statistiken eines Berufs- oder Unternehmensverbandes oder Vergleichbares zurückgreifen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.03.2018, I-20 U 39/17, GRUR-RR 2018, 354 Rn. 29, beck-online). Vorliegend verhält sich der Sachvortrag der Beklagten nicht dazu, wie sich der branchenübliche Durchschnittsschaden zusammensetzt. Hieran ändert auch nichts der Hinweis der Beklagten auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Branchenüblichkeit von Verzugszinsen (BGH, Urt. vom 07.10.1981, VIII ZR 229/80, NJW 1982, 331 ff). Anders als im vorliegenden Fall waren dort zur Höhe der branchenüblichen Verzugszinsen Feststellungen getroffen worden.
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(2) Gleiches gilt, soweit die Beklagte darauf verweist, das die Verwaltungsgebühren der Ordnungsbehörden mindestens 25 EUR zzgl. 3,50 EUR für die Zustellung der Bußgeldbescheide berechnen. Diese Gebühren mögen „branchentypisch“ für die Erstellung von Bußgeldbescheiden sein. Die Beklagte ist aber nicht mit der Erstellung von Bußgeldbescheiden befasst. Dass die Arbeitsschritte der Beklagten und die von einer Bußgeldbehörde vorzunehmenden Ermittlungshandlungen identisch sind bzw. wenigstens vergleichbar, hat die Beklagte nicht dargetan. Die Aufklärung einer Ordnungswidrigkeit unterscheidet sich von der Erteilung einer einfachen Auskunft bereits dadurch, dass die Ordnungsbehörde – von Fällen der Halterhaftung abgesehen – für eine Ahndung den „Täter“ ermitteln und einen schuldhaften Verstoß nachweisen muss. Die von Ordnungsbehörden erhobenen Gebühren sind für einen Autovermieter deswegen nicht branchentypisch.
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5. Die Beklagte ist im Übrigen hinsichtlich ihres Sachvortrags zum individuellen Aufwand bei der Bearbeitung von Gesetzesverstößen zum Teil beweisfällig geblieben. Im Ansatz unzutreffend sind die Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen, dass der von der Beklagten geschilderte Bearbeitungsaufwand nicht bestritten sei (LGA, Seite 6 f.). Die Klagepartei hat mit der Replik vom 11.07.2023 insbesondere bestritten, dass die Entscheidungen und Verwaltungsvorgänge umfangreich und zeitintensiv seien. Ferner hat sie bestritten, dass die Auskunftserteilung wegen des niedrigen Digitalisierungsstandards der Behörden postalisch erfolgen müsse (LGA, Seite 45).
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Die Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen stehen in Widerspruch zu den eigenen Feststellungen im Tatbestand des Urteils, in welchem der Sachvortrag zum Bearbeitungsaufwand als streitiger Sachvortrag der Beklagten geschildert wird. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 14.02.2024 einen Tatbestandsberichtigungsantrag des Klägers zwar zurückgewiesen. In den Beschlussgründen führt die Kammer aber aus, dass die Klagepartei den von der Beklagtenseite geltend gemachten Aufwand bestritten habe und dass es sich bei den Ausführungen in den Entscheidungsgründen auf Seite 6 ihres Urteils nur um eine Wertung des Gesamtvorgangs handele. Es handelt sich damit nicht um tatsächliche Feststellungen, an die der Senat gem. §§ 314, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden wäre (BGH, Urt. v. 17.12.2013, VI ZR 230/12, Rn. 6).
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Soweit mit der Pauschale der bei der Bearbeitung von Gesetzesverstößen (Straftaten, Ordnungswidrigkeiten) entstehende Aufwand abgegolten werden soll, der durch das zu erwartende vertragswidrige Verhalten einer bestimmten Anzahl von Kunden entsteht, ohne im Einzelfall als Schaden ersatzfähig zu sein, handelt es sich um eine unwirksame Preisnebenabrede. Die Pauschale ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und ist intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
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1. Der betroffene Kunde der Beklagten wird durch die angegriffene Bestimmung unangemessen benachteiligt. Im Allgemeinen indiziert die Unvereinbarkeit einer Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Gegenseite (BGH, Urt. v. 08.03.2005 – XI ZR 154/04, NJW 2005, 1645; Urt. v. 18.05.1999 – XI ZR 219-98, NJW 1999, 2276). Gründe, die die beanstandete Klausel bei der gebotenen umfassenden Abwägung der berechtigten Interessen aller Beteiligten (BGH, Urt. v. 08.03.2005 – XI ZR 154/04, Ziff. II. 3. b.) gleichwohl nicht als unangemessen erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.
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Die Aufwandspauschale wird für auch Aufwendungen erhoben, die die Beklagte zur Erfüllung eigener Pflichten bzw. für ihre eigenen Zwecke tätigt. Es gehört nämlich zu den Mitwirkungspflichten einer Autovermietung, im Falle eines Verkehrsverstoßes jene Person zu benennen, an die das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt vermietet worden ist (OVG Lüneburg Beschluss vom 11.7.2012 – 12 LA 169/11, BeckRS 2012, 53484, beck-online).
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Die Ermittlung des Fahrzeugmieters dient damit der Erfüllung dieser Mitwirkungspflicht. Den Verwaltungsaufwand, der durch das zu erwartende vertragswidrige Verhalten einer bestimmten Anzahl von Kunden entsteht, ohne im Einzelfall als Schaden ersatzfähig zu sein, weist die gesetzliche Regelung dem Aufgabenkreis des Unternehmers zu. Dieser Verwaltungsaufwand ist daher vom Unternehmer auch dann allein zu tragen, wenn er sich abgrenzen lässt; er kann nur bei der Bildung des Preises für die Hauptleistung berücksichtigt werden (BGH, Urt. v. 17.09.2009 – Xa ZR 40/08, Rn. 17).
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2. Darüber hinaus ist die Klausel auch in mehrfacher Hinsicht intransparent, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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a. Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen sind nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGH, Urt. v. 19.01.2005 – XII ZR 107/01, Ziffer II. 1.). Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH, Urt. v. 16.05.2007 – XII ZR 13/05, Rn. 14). Der Verwender muss somit die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht (BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, Ziff. A. I.1.a] und Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, Rn. 23) . Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BGH, Urt. v. 09.12.2009 – XII ZR 109/08, Rn. 22). Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (BGH, Urt. v. 08.10.2008 – XII ZR 84/06, Rn. 6 und Urt. v. 23.02.2011 − XII ZR 101/09, Rn. 10).
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b. Diesen Anforderungen wird die gegenständliche Klausel nicht gerecht. Mit der Formulierung „Für die Bearbeitung von Verstößen gegen Verkehrs- und Ordnungsvorschriften, Besitzstörungen und sonstige Gesetzesverstöße“ ist zum einen für einen verständigen und redlichen Vertragspartner nicht erkennbar, unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen die Aufwandspauschale zu zahlen ist. Die Beklagte hat in der Berufungserwiderung hierzu ausgeführt, es entspreche der „gelebten Praxis“ dass sie ein ggf. bereits erhobenes und geleistetes Bearbeitungsentgelt an den Mieter zurückzahle, „sofern eine von der Beklagten durchgeführte Plausibilitätskontrolle“ ergebe oder der Mieter darlege (z.B. durch Vorlage eines Einstellungsbescheides), dass der Mieter den ihm vorgeworfenen Verkehrsverstoß nicht oder nicht schuldhaft begangen hat (Bl. 27 d. A.). Bereits hieraus ergibt sich, dass in der „gelebten Praxis“ auf Grundlage der gegenständlichen Klausel auch bei nicht erbrachtem Nachweis eines schuldhaften Verstoßes die Aufwandspauschale erhoben wird. Eine spätere Rückzahlung wird nicht von einem Nachweis des Verstoßes, sondern von einer Plausibilätskontrolle bzw. von Darlegungen abhängig gemacht, dass der Verkehrsverstoß nicht begangen wurde. Auch nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden bleiben angesichts der „gelebten Praxis“ für einen redlichen und um Verständnis bemühten Vertragspartner jedenfalls Zweifel, ob er auch dann zur Zahlung verpflichtet sein soll, wenn sich im Rahmen der „Bearbeitung von Verstößen“ herausstellt, dass kein vertragswidriges Verhalten vorlag, weil das Fahrzeug – entsprechend Ziffer C.7 der Allgemeinen Vermietbedingungen – im Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften verwendet wurde. Aus der Formulierung „Bearbeitung von Verstößen gegen Verkehrs- und Ordnungswidrigkeiten, Besitzstörungen und sonstige Gesetzesverstöße“ ist nämlich – auch vor dem Hintergrund der „gelebten Praxis“ – nicht zu ersehen, ob die Pauschale nur bei einem festgestellten rechtswidrigen und schuldhaften Verstoß oder auch dann zu entrichten ist, wenn ein fahrlässiger oder vorsätzlicher Verstoß nicht erwiesen ist oder wenn ein Rechtfertigungsgrund für den Verstoß vorlag, namentlich bei einem Geschwindigkeitsverstoß wegen geleisteter Nothilfe (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 02.05.2005 – 8 Ss-OWi 98/05, NStZ 2006, 526 Rn. 8, beck-online, BayObLG, Beschluss vom 22.11.1999 – 2 ObOWi 518/99, NJW 2000, 888).
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Zum anderen ist aus der Klausel auch nicht zu ersehen, welche Rechtsfolgen an einen (festgestellten) Verstoß iSd Klausel geknüpft werden. Durch die Formulierung „es sei denn, der Mieter weist nach, dass S. kein oder ein wesentlich geringerer Aufwand und/oder Schaden entstanden ist“, ist für einen redlichen und um Verständnis bemühten Vertragspartner unklar, welcher „Aufwand“ des Verwenders – neben den kausal verursachten Schäden – ausgeglichen werden soll.
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c. Die sich zulasten des Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB führt im hier vorliegenden Verbandsprozess dazu, dass bei der beanstandeten Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (BGH, Urt. v. 10.06.2020, VIII ZR 289/19, Rn. 27, 28). Nach der kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel sollen mit der Pauschale die Kosten für einen Aufwand der Beklagten ausgeglichen werden, dem kein vertragswidriges Verhalten zugrunde liegt, weil er bei der Prüfung von Verdachtsfällen entsteht bzw. nicht kausal durch ein vertragswidriges Verhalten verursacht worden ist.
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Ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt aus § 5 UKlaG i.V.m. § 13 Abs. 3 UWG (vgl. BGH, U. v. 31.03.2021, IV ZR 221/19, Rn. 58). Unstreitig hat die Klagepartei die Beklagte mit Schreiben vom 04.11.2022 unter Fristsetzung zur Abgabe einer vertragsstrafenbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert; bezüglich des Inhalts wird Bezug genommen auf das in Kopie als Anlage K3 vorgelegte Schreiben. Auch die Berechnung des Auslagenbetrages ist im Wesentlichen zwischen den Parteien unstreitig (Klagepartei, LGA, Bl. 8, Beklagtenpartei LGA, Bl. 35 d.A.).
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Nach § 13 Abs. 3 UWG kann Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist. Die Höhe der vom Kläger verlangten Abmahnkosten von 260,- € ist als angemessen anzusehen und wird von der Beklagten auch nicht beanstandet.
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Der Zinsanspruch in Bezug auf die Abmahnkosten folgt aus §§ 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S.1 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die von der Berufung aufgeworfenen Rechtsfragen sind aus dem Gesetz und unter Anwendung anerkannter Grundsätze eindeutig zu beantworten. Die Sache hat auch im Übrigen keine grundsätzliche Bedeutung; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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Der Streitwert ist auf 2.500 EUR festzusetzen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richten sich der Streitwert und die Beschwer in Verfahren nach dem UKlaG regelmäßig nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung einer gesetzwidrigen AGBBestimmung, nicht hingegen nach der wirtschaftlichen Bedeutung eines Klauselverbots. Auf diese Weise sollen Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen AGB zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken geschützt werden. Diese Erwägungen gelten nicht nur für die Beschwer des unterliegenden Verbraucherschutzverbands, sondern auch für die Beschwer des unterliegenden Klauselverwenders. Bei einer gegen die Verwendung von AGB-Bestimmungen gerichteten Verbandsklage ist regelmäßig von einem Streitwert und einer Beschwer von 2.500,- EUR je angegriffener Teilklausel auszugehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 13.10.2020 – VIII ZR 25/19).
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Zwar schließen diese Grundsätze es nicht aus, der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel oder einer Praxis für die betroffenen Verkehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel oder die Zulässigkeit einer bestimmten Praxis für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (BGH, Beschluss vom 22.11.2016 – I ZR 184/15, Rn. 16). Die vorliegende Klausel ist für die Autovermieterbranche jedenfalls nicht von großer wirtschaftlicher Tragweite. Auch bei Unwirksamkeit der Klausel bleibt es den Autovermietern unbenommen, von Mietern Schadensersatz zu verlangen, die ein Fahrzeug vertragswidrig benutzen. Hinweise für eine bereits bestehende Kontroverse sind nicht dargetan.
Verkündet am 28.02.2025 …
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle