Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 17.02.2025 – AN 17 S 24.2394
Titel:

Zulässigkeit der baurechtlichen Dritt-Anfechtungsklage, wenn der Träger des Bauherrn (Jugendamt) und der Baugenehmigungsbehörde identisch ist (Verwaltungsaktqualität wegen Drittwirkung der Baugenehmigung bejaht), Behandlung von Lärmimmissionen eines Jugendtreffs (nach Art. 1, Art. 3 KJG i.V.m. 18. BImschV), Abgrenzung von Außenbereichs- zu Innenbereichslage für klagenden Nachbarn (Insellage in Ortsnähe), einzuhaltende Immissionsrichtwerte im Außenbereich, Herabstufung des Schutzniveaus (Lärmschutz) im Allgemeinen oder Reinen Wohngebiet bei besonderer Lage (unmittelbar neben Parkanlage und in der Nähe eines Gewerbegebiets)

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3
BImSchV Art. 3 KJG i.V.m. 18.
BauGB § 35, § 34
VwVfG Art. 35
Schlagworte:
Zulässigkeit der baurechtlichen Dritt-Anfechtungsklage, wenn der Träger des Bauherrn (Jugendamt) und der Baugenehmigungsbehörde identisch ist (Verwaltungsaktqualität wegen Drittwirkung der Baugenehmigung bejaht), Behandlung von Lärmimmissionen eines Jugendtreffs (nach Art. 1, Art. 3 KJG i.V.m. 18. BImschV), Abgrenzung von Außenbereichs- zu Innenbereichslage für klagenden Nachbarn (Insellage in Ortsnähe), einzuhaltende Immissionsrichtwerte im Außenbereich, Herabstufung des Schutzniveaus (Lärmschutz) im Allgemeinen oder Reinen Wohngebiet bei besonderer Lage (unmittelbar neben Parkanlage und in der Nähe eines Gewerbegebiets)
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4533

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festge-setzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen die Baugenehmigung für einen Jugendtreff in einer benachbarten Grünanlage.
2
Die Antragstellerin ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. 472 der Gemarkung … (. ….), das inselartig nahezu ringsum von der von Bäumen eingesäumten R. …, die an dieser Stelle eine Schleife beschreibt, umschlossen wird und nur im Südwesten unmittelbare Nachbarbebauung durch ein Seniorenwohnheim aufweist. Auf dem Grundstück befindet sich das Wohnanwesen der Antragstellerin, ein 1965 genehmigtes eingeschossiges Einfamilienhaus (Bungalow in L-Form). Zur nördlich liegenden Grünanlage entlang der R. … sind nach dem Bauplan von 1965 ausgerichtet – im östlichen Teil – die Heizungsräume, ein Bad, ein Wasch- und Bügelzimmer, ein „Mädchenzimmer“ (Fenster nach Nordwesten) und – im westlichen, langgezogenen Teil – eine Diele mit Aufenthaltsbereich, der Flur zum Schlafzimmer, ein Vorraum zum Schlafzimmer und das Schlafzimmer selbst (mit Fenster nach Nordwesten). Der Eingang zum Bungalow, das Wohnzimmer, ein weiteres Schlaf- und ein Gästezimmer sind nach Süden, zum Seniorenwohnheim hin, ausgerichtet, Esszimmer und Küche nach Osten. Nordwestlich des Wohnhauses befindet sich auf dem Grundstück laut aktuellem Lageplan ein quadratisches Nebengebäude, für das keine Baugenehmigungsakte existiert.
3
Nördlich, östlich und vor allem westlich des Grundstücks der Antragstellerin befindet sich eine größere Grünanlage („…park“) mit Fußwegen, Ruhebänken, Baumgruppen und dem Fischgraben (wohl Gewässer, das nahe des Vorhabens in die R. … mündet). Südwestlich ihres Grundstücks befindet sich der Komplex des Alten- und Pflegeheims … Nach Luftbildern befindet sich außer dem Seniorenheim im weiteren Verlauf der an der R. … entlang führenden B..straße Richtung Westen Wohnbebauung mit Einfamilienhäusern. In dem Dreieck südlich der B..straße, zwischen der B..straße im Norden, der H. …straße im Süden und dem H. …ring im Westen findet sich außer weiterer Einfamilienhausbebauung insbesondere das größere Areal des Bauhofs/ … der Stadt … (H. …str.) und eine Schule (. ….). Südlich der H. …straße (und südlich ihrer Verlängerung nach Osten, der W. …straße) findet sich laut Luftbildern Wohnbebauung mit Mehrfamilienhäusern. Östlich des Anwesens der Antragstellerin folgt hinter der R. …schleife die Straße K. …, östlich davon ein großer Parkplatz. Nördlich des …parks schließen sich größere Gewerbeflächen an.
4
Mit Formblatt stellte das Amt für Familie und Jugend der Stadt … (Jugendamt) am 5. Dezember 2023 für das Grundstücks FlNr. 2115 (nördlich des Anwesens der Antragstellerin) für einen Bereich, der inmitten des …parks liegt und in der Nähe der Mündung des F. …grabens in die R. …, beim Bauamt der Stadt … einen Bauantrag für die Errichtung eines Treffpunkts für Jugendliche mit vier Bänken, einem Tisch, drei Outdoor-Sportgeräten, einem Basketballkorb und „eventuell“ einem Unterstand. Eine Skizze mit den Aufstellorten und Abbildungen der aufzustellenden Bänke und Geräte wurde beigefügt. Auf diesen sind auch acht Sitzsteine eingezeichnet. Im Erläuterungsbericht ist ausgeführt, dass es sich um ein Gemeinschaftsprojekt von Schülern der … Mittelschulen handle, das zusammen mit dem … und unter pädagogischer Begleitung der Fachkräfte des Jugendamtes realisiert werden soll. Es soll ein selbstgewählter Treffpunkt für Jugendliche geschaffen werden. Hintergrund seien Vandalismusvorkommnisse am … in … durch Jugendliche. Es werde auch ein Verbindungsweg zwischen dem öffentlichen Weg und dem Treffpunkt angelegt, damit auch die Bewohner des Alten- und Pflegeheims die Sitzmöglichkeiten nutzen könnten. Angestrebt werde ein Mehrgenerationentreff. Der Bereich sei bereits als Treffpunkt ausgewiesen.
5
Nachgereicht wurde eine schallimmissionsschutztechnische Untersuchung und Beurteilung des Ingenieurbüros … vom 17. April 2024, wonach der Treffpunkt, da er im Wesentlichen der Freizeitgestaltung diene, dem Anwendungsbereich des Gesetzes über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen (KJG) und der 18. BImSchV mit der Maßgabe unterfalle, sodass die besonderen Regelungen und Immissionswerte für Ruhezeiten keine Anwendung fänden. Nach Art. 3 Abs. 3 KJG dürften Jugendspieleinrichtungen zwischen 22.00 und 7.00 Uhr nicht betrieben werden. Der Platz sei bereits als Treffpunkt ausgewiesen und weise als Sitzmöglichkeit sieben Steinquader auf. Als Schallemittenten seien Kommunikationsgeräusche (auf der gesamten Fläche) und Spielgeräusche (Fläche um den Basketballkorb herum) zu berücksichtigen. Abstimmungsgemäß werde eine Nutzungszeit von 12.00 bis 22.00 Uhr und eine Anzahl von maximal 20 Personen zu Stoßzeiten angenommen. Es werde mit der Vollbelegung von 20 Personen über die gesamte Nutzungszeit gerechnet und davon ausgegangen, dass 50% der Anwesenden sprechen bzw. rufen würden. Da für Basketballgeräusche keine Literaturangaben vorlägen, werde auf die Werte von Streetball zurückgegriffen, die eher zu einer Überschätzung führten. Es werde eine Maximalbetrachtung, eine Nutzungszeit von fünf Stunden am Tag, angenommen sowie ein Impulshaftigkeitszuschlag berücksichtigt. Für kurzzeitige Spitzenpegel wurde ein lautes Schreien an der ungünstigsten Stelle angesetzt, um auf der sicheren Seite zu sein. Als Immissionsort (IO) 1 wurde am Anwesen der Antragstellerin das Fenster am „Mädchenzimmer“, als IO 2 ein Fenster im Nordwesteck des am nächsten gelegenen Gebäudes des Alten- und Pflegeheims festgelegt. Das nicht als IO herangezogene Schlafzimmerfenster der Antragstellerin liegt mittig zwischen dem IO 1 und dem IO 2. Am IO 1 errechnet sich nach dem Gutachten ein Beurteilungspegel von 47 dB(A) tags außerhalb der Ruhezeiten (zwischen 9.00 und 13.00 sowie 15.00 und 20.00 Uhr) und von 48 dB(A) tags innerhalb der Ruhezeiten (13.00 bis 15.00 und 20.00 bis 22.00 Uhr), für den IO 2 liegen die Werte bei 45 dB(A) und 47 dB(A). Am IO 1 und am IO 2 wurde jeweils ein Spitzenpegel von 65 dB(A) errechnet. Das Vorhaben halte damit die zulässigen Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) und den maximalen kurzfristigen Spitzenpegel von 90 dB(A) im Mischgebiet (MI) ein.
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Für das Vorhabengrundstück und das Grundstück der Antragstellerin existiert kein Bebauungsplan. Das Vorhaben liegt im Überschwemmungsgebiet der R. … und im Landschaftspark … Mit Bescheid vom 30. April 2024 erteilte das Bauamt der Antragsgegnerin die bauaufsichtliche Genehmigung und führte aus, dass vom Bescheid die Baubeschreibung, die mit Prüfvermerk und Genehmigungsvermerk versehenen Planzeichnungen (Lageplan mit Darstellung des Vorhabens), der Erläuterungsbericht/Vorhabenbeschreibung und die schallschutztechnische Untersuchung umfasst seien. Unter Auflagen und Bedingungen ist zum Immissionsschutz aufgenommen, dass die im Sachverständigengutachten vom 17. April 2024 getroffenen Annahmen und zugrunde gelegten Berechnungsparameter (insbesondere hinsichtlich der Nutzungszeiten sowie der Anzahl der Personen) im Betrieb einzuhalten seien. In dem Lageplan ist mit Grünstift durch die Bauaufsichtsbehörde eingetragen, dass der Dachunterstand nicht Gegenstand dieser Baugenehmigung sei. Die Baugenehmigung wurde in der …zeitung am 8. Mai 2024 öffentlich bekanntgemacht.
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Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2024 erhob die Antragstellerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 30. April 2024 (AN 17 K 24.1111), über die noch nicht entschieden ist, und stellte am 18. September 2024 einen Antrag nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO.
8
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 25. Juli 2024 vorgetragen, dass die nähere Umgebung des Grundstücks der Antragstellerin von absoluter Wohnruhe geprägt sei. Außer dem Seniorenwohnheim sei im Verlauf der B..straße ausschließlich Wohnnutzung vorhanden, ebenso entlang der W. …straße. Im Norden, Osten und Westen grenze das Grundstück an die R. …auen, vom Vorhabengrundstück sei es nur durch das Flussgrundstück (FlNr. 2116/6) getrennt. Das Vorhaben liege im Außenbereich und im Überschwemmungsgebiet und sei nicht privilegiert. Es verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Das Gutachten sei nicht geeignet, die Lärmbetroffenheit der Antragstellerin darzustellen. Die Prüfung setze eine Feststellung der angrenzenden Nutzungen einschließlich des Lärmpotentials und der Lärmempfindlichkeit voraus, woran es hier fehle. Der Bereich sei aufgrund der ausschließlichen Wohnnutzung entgegen der Antragsgegnerin nicht als MI einzustufen. Abzustellen sei auf das Geviert zwischen B..straße, W. …straße und R. …auen. Hier befinde sich ausschließlich unbebaute Fläche und Wohnbebauung. Sollte nach 6.7 TA Lärm von einer Gemengelage auszugehen sein, sei ein geeigneter Zwischenwert zu bestimmen. Für das Grundstück der Antragstellerin sei von einem Reinen Wohngebiet (WR), allenfalls von einem Allgemeinen Wohngebiet (WA) auszugehen. Der IO 1 sei auf ihrem Grundstück falsch bestimmt worden. Richtigerweise hätte das Schlafzimmerfenster am langgezogenen Teil des Hauses herangezogene werden müssen. Das Gutachten habe aber das Küchenfenster als IO 1 gewählt. Es sei auch fehlerhaft, dass eine Lärmbelastung nach 22 Uhr, wo sie erfahrungsgemäß am größten sei, nicht berücksichtigt werde. Es sehe keine Auflage eine Nutzungsbeschränkung auf diese Zeit vor. Der Bescheid sei auch zu unbestimmt. Es sei nicht erkennbar, wie die Lärmschutzwerte und die Nutzungszeitbeschränkung erreicht werden sollen.
9
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 30. April 2024 anzuordnen (Antrag I.) und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Bauarbeiten sofort einzustellen und alle Maßnahmen zum Ausführen des Bauvorhabens zu unterlassen (Antrag II.).
10
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 25. September 2024,
den Antrag abzulehnen.
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Bereits die Klagebefugnis der Antragstellerin sei zweifelhaft, weil sie nicht unmittelbar an das Vorhabengrundstück angrenze, sondern sich die R. … mit eigener FlNr. dazwischen befinde. Die prägende Umgebung sei nicht ausschließlich durch Wohnbebauung gekennzeichnet. Die H. …straße, die W. …straße, der K. … und die W. …L. …straße seien historisch schon immer gewerblich, teils durch lärmintensive Mischnutzungen geprägt gewesen. Der Bebauungsplan östlich des K. … und der Flächennutzungsplan legten ein Mischgebiet fest. In der H. …straße sei im direkten Umfeld der Antragstellerin ein Kfz-Ersatzteilgeschäft mit überregionalem Kundenverkehr. Im Seniorenzentrum befinde sich das öffentlich zugängliche Café … Im Umgebungsrahmen über 100 m befinde sich das Betriebsamt der Stadt … (H. …str.), eine Tanzschule (H. …straße), eine Fahrschule (H. …straße), ein größeres Zahntechniklabor (H. …straße), im Osten ein Handwerkerbauunternehmen (K. ….), in der W. …straße ein Gebrauchtwarenladen, ein Fahrradgeschäft, ein Tattoostudio usw. mit schwerpunktmäßig überregionaler Kundschaft. Es sei aber richtig, dass die gewerblich genutzten Objekte in der Umgebung eher etwas rückläufig seien. Die Beurteilungs- und Spitzenpegel seien auch bei Annahme eines WA eingehalten. Für die Lage im Überschwemmungsgebiet liege eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung vor, die nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sei. Hier bestehe auch kein Nachbarschutz. Die zugrunde gelegten Parameter seien mit der Baugenehmigung festgeschrieben worden. Der IO 1 sei nicht fehlerhaft festlegt. Es sei bei der Lärmbeurteilung von Flächenschallquellen jeweils auf die Entfernung des Schwerpunkts der Fläche zum IO abzustellen und nicht auf die Entfernung zum äußersten Rand dieser Flächenschallquelle, so dass von der Gesamtfläche der Freizeitanlage zu beiden Fenstern auf dem Grundstück der Antragstellerin mit rund 64 m die gleiche Entfernung bestehe. Zum Basketballfläche liege der gewählte IO 1 näher zur Schallquelle als das Schlafzimmerfenster. Zudem sei das Schlafzimmerfenster in Richtung Schallquelle im Gegensatz zum gewählten IO 1 durch ein Nebengebäude abgeschirmt. Beim IO 1 handle es sich folglich um das am stärksten betroffene Fenster. Sowohl für den Bereich Basketball als auch den Gesamtbereich Jugendtreff seien auch die Grenzwerte für das WR außerhalb der Ruhezeiten nicht überschritten. Zwischen 22.00 Uhr und 7.00 Uhr dürfe die Jugendspieleinrichtung bereits nach Art. 3 Abs. 3 KJG nicht betrieben werden.
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Hierzu führte die Antragstellerseite mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2024 aus, dass in dem von ihr für maßgeblich erachteten Geviert eine gewerbliche Nutzung nicht vorhanden sei. Das Kfz-Ersatzteilgeschäft sei seit längerer Zeit aufgegeben, das Café des Seniorenwohnheims werde nahezu ausnahmslos von Bewohnern des Seniorenzentrums genutzt und wäre auch im WR zulässig. Die anderen genannten gewerblichen Nutzungen seien für das Bauvorhaben nicht maßgeblich. Eine Abschirmungswirkung durch Nebengebäude gebe es nicht. Der vorhandene Schuppen habe eine nur geringe Höhe und der angebaute Carport sei in der maßgeblichen Richtung nicht geschlossen. Da eine konkrete Betriebsbeschreibung nicht vorliege, sei nicht klar, was im Jugendtreff erlaubt sein soll und wie viele Besucher kämen. Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, wie eine Überwachung der Personenanzahl und der Nutzungszeiten aussehen könne. Nicht berücksichtigt würden die Geräusche, die die Jugendlichen beim Kommen und Gehen verursachten. Unregelmäßige knallartige Dribbelgeräusche stellten eine erhöhte Belastung dar.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten (einschließlich der Baugenehmigungsakte zum Anwesen der Antragstellerin), und auf die Gerichtsakten (einschließlich des Verfahrens AN 17 K 24.1111) verwiesen.
II.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 24. Mai 2024 ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.) und deshalb abzulehnen. Über den Antrag auf Einstellung der Bauarbeiten in Ziffer II. des Schriftsatzes der Antragstellerin vom 19. September 2024 war nicht zu entscheiden (3).
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1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1, § 80a Abs. 3 VwGO ist zulässig.
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a) Er ist statthaft, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage vorliegt, der keine aufschiebende Wirkung zukommt.
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Eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO wurde von der Klägerseite mit Schriftsatz vom 23. Mai 2024, Eingang beim Verwaltungsgericht Ansbach am 24. Mai 2024, erhoben. Sie ist – bei summarischer Prüfung der Rechtslage – auch die richtige Klageart, weil der angegriffenen Baugenehmigung vom 30. April 2024 Verwaltungsaktqualität nach Art. 35 Abs. 1 VwVfG zukommt. Zwar liegt vorliegend, weil Bauherrin und Antragstellerin des Vorhabens die Stadt … als Träger des Jugendamts ist und die Baugenehmigungsbehörde ebenfalls die Stadt … (als Träger der Bauaufsichtsbehörde) ist, eine Regelung mit Außenwirkung i.S.v. Art. 35 Abs. 1 VwVfG im Verhältnis zwischen Bauantragsteller und Genehmigungsbehörde an sich nicht vor, allerdings trifft die Baugenehmigung eine Regelung, die über das Verhältnis zwischen Bauherrn und Genehmigungsbehörde hinausgeht. Sie stellt einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung dar. Von der Baugenehmigung betroffen sind neben dem Bauherrn nämlich regelmäßig auch die Nachbarn eines Bauvorhabens, denen gegenüber die Baufreigabe erfolgt und die in der Folge das Vorhaben zu dulden haben. Die Nachbarn sind im Baugenehmigungsverfahren deshalb grundsätzlich zu beteiligen und ihnen ist eine Ausfertigung der Baugenehmigung deshalb auch zuzustellen (vgl. Art. 66 Abs. 1, Abs. 2 BayBO). Aufgrund dieser Dritt- und damit Außenwirkung der Baugenehmigung ist deren Verwaltungsaktqualität zu bejahen mit der Folge, dass für den Nachbarn die Anfechtungsklage die statthafte Klageart und der Antrag nach § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3 VwGO die richtige – und gegenüber dem Antrag nach § 123 VwGO auch vorteilhafte – Antragsart ist.
18
Auf Grund des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs nach § 212a BauGB hat die Anfechtungsklage abweichend vom Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO auch keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; diese kann nur durch eine gerichtliche Anordnung hergestellt werden kann.
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b) Die Antragstellerin ist als Grundstücksnachbarin auch klage- und antragsbefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO (analog). Die Nachbareigenschaft im baurechtlichen Sinne ist grundstücksbezogen zu bestimmen, sie ist aber nicht generell auf den unmittelbaren Grundstücksnachbarn beschränkt. Vielmehr ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden, welches Grundstück als benachbart anzusehen ist (Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Werkstand: 154. EL Dez. 2024, § 66 Rn. 62 ff.), was maßgeblich davon abhängt, wie weit die Auswirkung des Vorhabens reichen. Bei geltend gemachten, vom Vorhaben ausgehenden Emissionen, ist jedes Grundstück benachbart, das belastenden Auswirkungen ausgesetzt sein kann (Busse/Kraus, a.a.O. Rn. 68). Für Lärmemissionen kommt es dabei nicht darauf an, ob die Grundstücke unmittelbar aneinandergrenzen, sondern darauf, ob Lärmemissionen angesichts der Entfernung der Grundstücke möglich erscheinen. Eine Betroffenheit von Lärmemissionen ist für das klägerische Grundstückvorliegend möglich und nicht von vorneherein ausgeschlossen, was sich auch an der durchgeführten immissionsschutzfachlichen Überprüfung zeigt.
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c) Unabhängig von der Frage, ob der streitgegenständliche Jugendtreff zwischenzeitlich schon errichtet ist, fehlt der Klage auch nicht das notwendige Rechtschutzbedürfnis. Mit der Fertigstellung des (Roh-)Baus einer baulichen Anlage kann der Eintritt einer Rechtsverletzung nicht mehr verhindert werden, weswegen das Eilverfahren regelmäßig unzulässig wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 15 CS 19.1845 – juris Rn. 14, B.v. 17.11.2015 – 9 CS 15.1762 – juris Rn. 18, B.v. 8.1.2004 – 14 CS 03.2852 – juris Rn. 15) und der Antragsteller allein auf die Klage verwiesen ist. Das Rechtschutzbedürfnis für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage besteht jedoch auch bei Fertigstellung des Vorhabens fort, wenn die Verletzung von Nachbarrechten gerade durch die Nutzung der genehmigten Anlage im Raum steht (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2015 – 9 CS 15.1762 – juris Rn. 19; B.v. 8.4.2014 – 9 CS 13.2007 – juris Rn. 18), was hier, weil in erster Linie unzumutbare Lärmimmission geltend gemacht werden, der Fall ist.
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2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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Im Rahmen der Begründetheitsprüfung ist vom Gericht eine Interessensabwägung zwischen dem Suspensivinteresse der Antragstellerin und dem Vollzugsinteresse des Bauherrn und der Antragsgegnerin anzustellen. Diese Abwägung ergibt hier ein Überwiegen des Vollzugsinteresses. Für die gerichtliche Abwägungsentscheidung spielen vor allem die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens eine maßgebliche Rolle. Erweist sich bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit als erfolgreich, überwiegt regelmäßig das Interesse an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Umgekehrt kommt regelmäßig dem Vollzugsinteresse Vorrang zu, wenn die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird. Erscheinen die Erfolgsaussichten der Hauptsache bei summarischer Prüfung im Eilverfahren als offen, ist eine von der Vorausbeurteilung der Hauptsache unabhängige Folgenabwägung vorzunehmen (BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris).
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Vorliegend erweist sich die Klage aller Voraussicht nach als erfolglos.
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Eine Anfechtungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat in der Sache nur dann Erfolg, wenn der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger zugleich in seinen Rechten verletzt. Aus der Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung folgt bei der Nachbaranfechtungsklage nicht automatisch deren Aufhebung. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Nachbar in einem eigenen Recht verletzt ist, also eine Verletzung einer Rechtsnorm vorliegt, die gerade seinem Schutz dient (Schutznormtheorie, vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris). Zum anderen ist nur eine Rechtsverletzung maßgeblich, die zum Prüfungsumfang im bauaufsichtsrechtlichen Verfahren gehört, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt, die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (BayVGH a.a.O.).
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a) Die Antragstellerin ist voraussichtlich nicht im gerügten baurechtlichen Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme unter Nachbarn, das zu den bauplanungsrechtlichen Belangen gehört und damit auch im hier einschlägigen vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 a) BayBO zu prüfen ist, verletzt. Das Rücksichtnahmegebot, das vorliegend allein aufgrund von Lärmimmissionen in Betracht kommt, gilt dabei in gleicher Weise und unabhängig davon, ob das Vorhabengrundstück im Innen- oder Außenbereich liegt; es ist sowohl im Prüfprogramm nach § 35 BauGB („schädliche Umweltauswirkungen“ i.S.v. 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB) als auch nach § 34 Abs. 1 BauGB (Gebot des Einfügens) niedergelegt (BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5/93 – juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 23).
26
Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt dabei von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Bei der in diesem Zusammenhang anzustellenden Interessensbewertung ist ausschlaggebend, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem zur Rücksichtnahme Verpflichteten nach der jeweiligen Situation, in der sich die betroffenen Grundstücke befinden, zuzumuten ist. Im Rahmen einer Gesamtschau der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigung sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten in billiger Weise zumutbar ist, gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48.12 – juris Rn. 7 m.w.N.; U.v. 18.11.2004 – 4 C 1/04 – juris). Was Lärmimmissionen betrifft, kann im Regelfall auf die Begriffsbestimmungen und Maßstäbe des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) und die im Zusammenhang erlassenen Rechtsverordnungen zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2011, 14 AS 11.2305 – juris Rn. 29), in denen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme allgemein festgesetzt sind (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 – 4 C 6/98 – juris). Lärmimmissionen sind unzumutbar, sofern sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG).
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Was an Lärmimmissionen für die Antragstellerin hinzunehmen ist, ist für den streitgegenständlichen Jugendtreff nach dem bayerischen Gesetz über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen (KJG) i.V.m. der Achtzehnten Verordnung zur Durchführung Bundes-Immissionsschutzgesetze (Sportanlagenlärmschutzverordnung – 18. BImSchV) zu bestimmen. Der Anwendungsbereich des KJG ist nach dessen Art. 1 eröffnet. Bei dem Jugendtreff handelt es sich – nach summarischer Prüfung – um eine Anlage i.S.v. Art. 2 Abs. 1 BayBO. Die Sportgeräte und der Basketballkorb sind aus Bauprodukten hergestellt und mit dem Erdboden festverbunden und fallen – isoliert betrachtet – damit unter den baulichen Anlagenbegriff des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Die zur Aufstellung vorgesehenen Sitzgelegenheiten sind zur ortsfesten Benutzung gedacht und gelten damit nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BayBO als bauliche Anlage. Durch die gemeinsame Zweckbestimmung miteinander verbunden, stellt in dieser Situation der gesamte Bereich des Jugendtreffs eine bauliche Anlage dar. Wie sich aus Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BayBO und Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 BayBO ergibt, können Flächen einheitlicher Nutzung auch ohne das Vorhandensein von Bauprodukten eine (einheitliche) bauliche Anlage darstellen. Die Anlage befindet sich im Freien und dient überwiegend Jugendlichen zur Freizeitgestaltung, wozu auch die körperliche Ertüchtigung zählt, Art. 1 Abs. 1 Satz 2 KJG.
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Es handelt sich auch um eine Jugendspielreinrichtung nach Art. 3 Abs. 2 KJG, weil sie für Jugendliche ab 14 Jahren und nicht für Kinder (unter 14 Jahren, vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB VIII) konzipiert ist. Der Jugendtreff ist nach Art. 3 Abs. 1 KJG immissionsrechtlich somit an der 18. BImSchV zu messen und darf die dort vorgegebenen Immissionswerte und Spitzenpegel nicht überschreiten, allerdings mit der – wesentlichen – Abweichung, dass die Regelungen für die Ruhezeiten der 18. BImSchV nicht anzuwenden sind, sondern auch in den Ruhezeiten, d.h. zwischen 20 und 22 Uhr und an Sonn- und Feiertagen zusätzlich zwischen 13 und 15 Uhr, vgl. § 2 Abs. 5 Nr. 3 der 18. BImSchG, die regulären, d.h. höheren Immissionsrichtwerte gelten. Nicht heranzuziehen ist wegen des Eingreifens der 18. BImSchV die Technische Anleitung zum Schutz vor Lärm (TA Lärm), vgl. Nr. 1 Satz 2 a) TA Lärm, und die Freizeitlärm-Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 6. März 2015 (FZL-RL), die nur für deutlich größere Freizeitanlagen anzuwenden ist, vgl. Nr. 1 der FZL-RL (zum Ganzen auch BayVGH, U.v. 6.2.2015 – 22 B 12.269 – juris Rn. 29 und 37).
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Welche Emissionen vom hier streitgegenständlichen Jugendtreff ausgehen und prognostisch das klägerische Anwesen betreffen und zumutbar sind, wurde durch die schallimmissionsschutztechnische Untersuchung und Beurteilung des Ingenieurbüros Wolfgang Sorge vom 17. April 2024 unter Zugrundelegung dieses Maßstabes und auch sonst korrekt ermittelt. Die Einwände der Antragstellerseite gegen das Gutachten greifen nicht durch.
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Die getroffenen Annahmen der täglichen Nutzung der Anlage zwischen 12 und 22 Uhr erfolgte unter Einbeziehung des städtischen Jugendamtes als Vorhabensträger und fachkundiger Stelle. Die Annahme einer Nutzung erst ab 12 Uhr erscheint dabei realistisch, es berücksichtigt insbesondere Schulzeiten und ein alterstypisches Verhalten. Eine Nutzung nach 22 Uhr war nicht zu veranschlagen, weil dies bereits nach Art. 3 Abs. 3 KJG unzulässig ist. Die Nutzungsintensität ist mit dauerhaft gleichzeitig anwesenden 20 Personen eher konservativ im Sinne von Maximalannahmen angesetzt, ebenso die sonstigen Berechnungsgrundlagen (insbesondere Ansatz der Lärmwerte für Streetball und Annahme der Spitzenpegel an der ungünstigsten Stelle). Die gewählten Immissionsorte, insbesondere der IO 1 am Anwesen der Antragstellerin, beruhen auf fachtechnischen Überlegungen und Regelwerken, sind – auch mit den zusätzlichen Ausführungen des fachlichen Immissionsschutzes der Stadt … – nachvollziehbar und überzeugend, insbesondere was die Behandlung von Flächenschallpegeln (entscheidende Entfernung nicht vom Rand, sondern vom Schwerpunkt der Fläche) betrifft, so dass sich der gewählte IO 1 am – so in der Baugenehmigung bezeichneten – „Mädchenzimmer“ als der am stärksten betroffene Immissionsort darstellt. Dem wurde letztlich von der Klägerseite auch nichts mehr entgegengesetzt. Auf eine abschirmende Wirkung des oder der auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhandenen Nebengebäude kommt es somit nicht mehr an. Der Einwand der Antragstellerseite, dass dem Nebengebäude aufgrund dessen geringer Höhe keine abschirmende Wirkung zukomme, kann angesichts der Tatsache, dass auch das Schlafzimmer der Antragstellerin nur auf Erdgeschosshöhe liegt, aber schwer nachvollzogen werden. Von dem berechneten Beurteilungspegel von 47 dB(A) bzw. 48 dB(A) für den IO 1 kann damit ausgegangen werden.
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Was die Zumutbarkeitsschwelle der Lärmimmissionen angeht, geht die Antragsgegnerin mit dem Gutachter von einem MI aus und damit von einem einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tagsüber (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 18.BImSchV), der durch die ermittelten Werte klar eingehalten ist. Die errechneten 47 dB(A) bzw. 48 dB(A) für den IO 1 halten aber auch das Schutzniveau des WA (55 dB(A), § 2 Abs. 2 Nr. 3 18.BImSchV) und grundsätzlich auch des WR (50 dB(A), § 2 Abs. 2 Nr. 4 18.BImSchV) ein, so dass die genaue Einstufung dahinstehen kann. Lediglich der Immissionsrichtwert des WR innerhalb der Ruhezeit am Morgen, von 6.00 Uhr bis 8.00 Uhr, der im WR bei 45 dB(A) liegt (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 18.BImSchV), wäre überschritten. Da die Ruhezeiten für Jugendspieleinrichtungen jedoch nach Art. 3 Abs. 1 KJG keine Gültigkeit haben (und eine Jugendspieleinrichtung überdies auch erst ab 7.00 Uhr betrieben werden darf), spielt dies keine Rolle.
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Das Zugrundelegen der MI-Werte ist angesichts der Lage des Grundstücks der Antragstellerin aller Voraussicht aber auch korrekt, wobei dahinstehen kann, ob die Umgebungsbebauung für das Grundstück der Antragstellerin tatsächlich als MI einzustufen ist (wofür einiges spricht), was maßgeblich davon abhängt, wie der Rahmen für diese Umgebungsbebauung gezogen würde, worüber sich die Parteien nicht einig sind. Es spricht aufgrund seiner konkreten Lage des Grundstücks der Antragstellerin viel dafür, dass dieses als Außenbereichsgrundstück zu klassifizieren ist, das einem Bebauungszusammenhang i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB nicht mehr angehört. Außenbereichsgrundstücke können regelmäßig nur das Schutzniveau des MI beanspruchen (BayVGH, B.v. 14.6.2013 – 15 ZB 11.2799 – juris; VG Regensburg, U.v. 9.10.2014 – RN 7 K 13.794 – juris Rn. 23).
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Die Annahme einer Außenbereichslage ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
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Der Bebauungszusammenhang erfordert nach der Rechtsprechung eine tatsächlich aufeinanderfolgende, zusammenhängende Bebauung (BVerwG, U.v. 16.9.2010 – 4 C 7/10 -juris). Bei lückenhafter, unterbrochener Bebauung ist für die Abgrenzung zwischen dem unbeplanten Innenbereich und dem Außenbereich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts danach abzugrenzen, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Lücken und Freiflächen nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit noch vermittelt und die umgebende Bebauung das Grundstück prägt (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger [EZBK], 155. EL August 2024, BauGB, § 34 Rn. 21). Regelmäßig endet der Bebauungszusammenhang am Ortsrand hinter dem letzten Gebäude, optisch wahrnehmbare besondere tatsächliche Gegebenheiten können jedoch als „natürliche“ Grenze in Erscheinung treten und den Bebauungszusammenhang vorher beenden oder erweitern, wobei hierfür insbesondere Gewässer und Geländehindernisse in Betracht kommen (BayVGH, U.v. 19.3.2009 – 1 B 08.365 – juris Rn. 17; EZBK, § 34 Rn. 25 f.). Das Grundstück der Antragstellerin weist im Norden, Osten und Westen keine unmittelbare Nachbarbebauung auf. Zwar befindet es sich nicht sehr weit entfernt von einem südlich liegenden Gebäude, das heute offenbar zur Seniorenwohnanlage gehört (evtl. ehemaliges Mühlengebäude), allerdings fließt – soweit auf Karten ersichtlich – zwischen den beiden Gebäuden die R. …, von der das Grundstück der Antragstellerin vollständig umschlossen und damit nach allen Seiten abgrenzt ist. Es hat eine Insellage und dürfte zusätzlich zum Gewässer, wie sich aus Luftbildern ergibt, auch durch den Bewuchs entlang der R. … von der Umgebung optisch isoliert wirken. Es spricht deshalb einiges dafür, dass sich das Grundstück der Antragstellerin selbst bereits im Außenbereich befindet und durch diese besondere Lage ein Zusammenhang mit der Bebauung im Umkreis nicht mehr besteht, eine Prägung von der vorhandenen Bebauung auf das Grundstück der Antragstellerin nicht mehr ausgeht.
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Selbst wenn eine Außenbereichslage nicht gegeben sein sollte, sondern das Grundstück noch dem Innenbereich zuzuordnen wäre und selbst wenn der Bereich – der Antragstellerauffassung entsprechend – als WR einzustufen sein sollte, wäre wegen der Randlage des Grundstücks aller Voraussicht nach das Schutzniveau – von 50 dB(A) im WR – zu mindern, da die typisierende Betrachtungsweise des Gesetzgebers für das streitgegenständliche Grundstück unangemessen erscheint und die tatsächlichen Grundstückssituation, nämlich die Lage am Rande einer öffentlichen Parkanlage, zu berücksichtigen ist (in ähnlicher Situation BayVGH, U.v. 6.2.2015 – 22 B 112.269 – juris Rn. 39 m.w. N.). In der spezifischen Lage sind Lärmeinwirkungen durch sich in der Grünanlage unterhaltende Spaziergänger, spielende Kinder und sich dort treffende Jugendliche zu erwarten, das Grundstück ist dadurch, anders als üblicherweise Grundstücke im WR, vorgeprägt. Jedenfalls dies mindert das beanspruchbare Schutzniveau, möglicherweise auch zusätzlich das sich jenseits der Parkanlage anschließende größere Gewerbegebiet. Die Einhaltung eines Immissionsrichtwerts von 50 dB(A) kann damit aller Voraussicht nach nicht beansprucht werden, sondern nur ein – nicht notwendigerweise arithmetischer – Mittelwert der einwirkenden Gebietsarten (BayVGH, U.v. 6.2.2015 – 22 B 112.269 – juris Rn. 39 – juris). Damit besteht zu den – ohnehin konservativ – errechneten Werten von 47 dB(A) bzw. 48 dB(A) für den Jugendtreff ein deutlicher Abstand bzw. Puffer, der eine unzumutbare Lärmbelastung für die Antragstellerin mit großer Sicherheit ausschließt. Selbst dann, wenn die Ruhezeitwerte nach der 18. BImSchGV Gültigkeit haben sollten, etwa weil das KJG nicht anwendbar sein sollte – wovon die Kammer bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aber gerade nicht ausgeht –, wären diese höchstwahrscheinlich eingehalten, da eben nicht von 45 dB(A) auszugehen wäre, sondern einem angehoben Wert von vielleicht 50 dB(A). Nicht ernsthaft in Fragen steht die Einhaltung der zulässigen Spitzengeräuschpegel nach § 5 Abs. 5 18. BImSchG.
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b) Der Bescheid vom 30. April 2024 ist – entgegen der Rüge der Antragstellerseite – auch ausreichend bestimmt im Sinne von Art. 37 Abs. 1 VwVfG. Der Umfang der Baugenehmigung ist durch die eingereichten Unterlagen, insbesondere durch den Plan mit den konkreten Aufstellungsplätzen für die Geräte, Sitzgelegenheiten und dem Basketballfeld und dem Erläuterungsbericht des Jugendamtes klar bestimmt und insbesondere in Bezug auf den vom Jugendtreff ausgehenden Lärm nicht zu Lasten der Antragstellerin zu unbestimmt. Im Bescheidstenor ist unter I ausdrücklich festgelegt, dass der Bescheid diese konkretisierenden Unterlagen umfasst und zusätzlich die Schallimmissionsschutztechnische Untersuchung und Beurteilung des Büros … vom 17. April 2024. Unter IV. ist weiter festgelegt, dass die im Gutachten … „getroffenen Annahmen und zugrunde gelegten Berechnungsparameter (insbesondere hinsichtlich der Nutzungszeiten sowie der Anzahl der Personen)“ im Betrieb einzuhalten sind. Damit ist die Nutzungsintensität zeitlich, hinsichtlich der Personenanzahl und der Emissionsorte klar festgelegt und - eher überobligatorisch – auf die im Gutachten angenommen Parameter (Betrieb erst ab 12.00 Uhr, max. 20 Personen) begrenzt. Unklarheiten bleiben nicht, auch nicht hinsichtlich der möglichen Nutzungszeiten am Abend. Bereits durch Art. 3 Abs. 3 KJG ist der Betrieb einer Jugendspieleinrichtung auf 22.00 Uhr schränkt und war eine Festlegung im Bescheid nicht nötig. Da die Schließzeit ab 22.00 Uhr auch Grundlage der Begutachtung war und deren Annahmen und Berechnungsparameter im Bescheid vom 17. April 2024 festgeschrieben worden sind, ist die Betriebszeit aber zusätzlich auch Bescheidsinhalt geworden.
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Durch den Grüneintrag („Dachunterstand nicht Gegenstand dieser Baugenehmigung“) der Bauaufsichtsbehörde auf dem vorgelegten Lageplan, der durch Stempelung auch eindeutig Bestandteil der Baugenehmigung geworden ist, ist auch klar, dass die auf dem Plan eingezeichnete Überdachung nicht genehmigt wurde.
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Da der Anfechtungsklage damit aller Voraussicht nach der Erfolg versagt bleibt, fällt die Interessensabwägung zugunsten der Stadt … aus und ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen.
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3. Über den weiteren Antrag auf Baueinstellung (Ziffer II des Schriftsatzes vom 18.9.2024) war nicht mehr zu entscheiden. Das Gericht wertet den Antrag unter Zugrundelegung des Gemeinten als einen Antrag auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen i.S.d. § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Zugunsten der Antragstellerseite wird der Antrag zudem dahingehend ausgelegt, dass dieser nur als Annexantrag zum Antrag I. anzusehen und so auszulegen ist, dass er unter der Bedingung gestellt ist, dass der Antrag I. Erfolg hat (unechter Hilfsantrag).
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Die Ausführungen am Ende des Schriftsatzes, in welchen das Gericht gebeten wird, der Antragsgegnerin schnellstmöglich aufzugeben, die Bauarbeiten bis zur Entscheidung über den Eilantrag einzustellen, sind nach verständiger Auslegung nicht als eigenständiger Antrag aufzufassen, wofür sowohl der Wortlaut als auch die Tatsache spricht, dass diese Bitte nicht etwa als III. unter der Antragstellung aufgeführt wurde, sondern nur als Fließtext erst am Ende des Schriftsatzes. Ohnehin hätte sich ein gestellter Antrag auf Erlass eines Hängebeschlusses für die Zeit der Verfahrensdauer des Antrages I. mit dem hier ergehenden Beschluss über diesen Antrag in Ziffer 1 des Tenors erledigt und wäre nicht mehr zu entscheiden.
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4. Die Kostentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht in der Drittanfechtungssituation, die vorliegt, auch wenn keine Beiladung des Bauherrn wegen der Personenidentität mit der Genehmigungsbehörde vorzunehmen war, auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.