Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 14.03.2025 – 101 Sch 3/24 e
Titel:

Schiedsspruch

Normenketten:
ZPO § 1031, § 1040, § 1054, § 1064
SGO § 28, § 29
BGB § 14, § 305, § 310
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4
Leitsätze:
1. § 1064 Abs. 1 ZPO enthält keine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern eine Beweismittelregelung. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus einem zweistufigen Schiedsverfahren folgt indes, dass die Frist des § 1059 Abs. 3 S. 1 und 2 ZPO erst mit dem Verstreichen der Rechtsmittelfrist beginnt. (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Überraschungseffekt iSd § 305c BGB kann sich auch aus der Stellung der Klausel im Gesamtwerk der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben, wenn diese in einem systematischen Zusammenhang steht, in dem der Vertragspartner sie nicht zu erwarten braucht. Eine im geschäftlichen Verkehr verwendete Schiedsklausel ist jedenfalls im Regelfall nicht überraschend. (Rn. 71) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Form des § 1031 Abs. 2 ZPO gilt als gewahrt, wenn eine Partei der anderen ein Schriftstück mit einem Angebot zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung oder einer Vereinbarung nach § 1031 Abs. 3 ZPO übermittelt und das Schweigen der Gegenpartei oder der nicht rechtzeitige Widerspruch nach der Verkehrssitte als ihre Zustimmung zu dem schriftlichen Abschlussangebot anzusehen ist. Das beurteilt sich nach dem maßgeblichen, auf die Schiedsvereinbarung anzuwendenden materiellem Recht. (Rn. 96) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schiedsspruch, Schiedsverfahren, Vollstreckbarerklärung, Aufhebung, Schiedsvereinbarung, Kaufmann, Landwirt, Widerantrag, Zulässigkeitsvoraussetzung, Beweismittelanregung, Frist, AGB, überraschende Klausel, Transparenzgebot, Form, Rechtsschutzbedürfnis, Justizgewähranspruch
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4488

Tenor

I. Der in dem Schiedsverfahren zwischen der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin und dem Antragsteller als Schiedsbeklagten durch das Schiedsgericht der Bayerischen Warenbörse ... e. V., bestehend aus dem Schiedsrichter … als Obmann, dem Schiedsrichter … und dem Zwangsschiedsrichter …, am 22. September 2023 in München ergangene Schiedsspruch wird wie folgt für vollstreckbar erklärt:
1. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.560,93 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. hieraus seit dem 2. Dezember 2022 zu bezahlen.
2. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, Kosten der Preisfeststellung in Höhe von 303,74 € zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird der Schiedsspruch aufgehoben.
III. Im Übrigen werden der Antrag auf Vollstreckbarerklärung und der Antrag auf Aufhebung zurückgewiesen.
IV. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller 3/4 und die Antragsgegnerin 1/4.
V. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
VI. Der Streitwert wird auf 10.513,87 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller beantragt die Aufhebung eines Schiedsspruchs. Mit dem Widerantrag begehrt die Antragsgegnerin, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.
2
Die Parteien führten am Schiedsort M. vor dem Schiedsgericht der Bayerischen Warenbörse ... e. V. ein Schiedsverfahren, in dem die Antragsgegnerin als Schiedsklägerin Schadensersatz gegen den Antragsteller als Schiedsbeklagten mit der Begründung geltend machte, der Antragsteller habe zwei Verträge über die Lieferung von „Grassilage“ (Kontraktbestätigung vom 18. Juli 2022 Kontraktnummer …) und „Hähnchenmist“ (Kontraktbestätigung vom 30. August 2022 Kontraktnummer …) teilweise nicht erfüllt.
3
In der Kontraktbestätigung zur Lieferung von „Grassilage“ vom 18. Juli 2022 (Anlage ASt 1) heißt es unter „BEDINGUNG“:
„Es gelten die Einheitsbedingungen im Dt. Getreidehandel (neueste Fassung), angelehnt an die Ölmühlenbedingungen der ent[s]prechenden Ölmühle bzw. dem Verarbeiter des entsprechenden Produktes, ang[e]lehnt an die Bedingungen diese[s] Kontraktes.
Sollte der Verkäufer nicht im HGB eingetragen sein, wird hierdurch darauf hingewiesen, dass es sich rechtlich um einen Kontrakt unter Kaufleuten handelt! Anderslautende AGB'S und Kontraktbedingungen werden hierdurch nicht anerkannt!“
4
Am 22. September 2023 erging aufgrund einer mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2023, an der der Antragsteller nicht teilnahm, ein Schiedsspruch, der wie folgt lautet:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 10.036,81 zzgl. 5 Prozentpunkte über dem Basiszins hieraus seit dem 2. Dezember 2022 p. a. zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die Kosten der Preisfeststellung in Höhe von Euro 477,06 an die Klägerin zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Diese betragen insgesamt Euro 1.593,41 bestehend aus Schiedsgerichtskosten in Höhe von Euro 1.339,00 zzgl. 19% USt. in Höhe von Euro 254,41, welche der Beklagte der Klägerin zu erstatten hat.
5
Zur Begründung führte das Schiedsgericht aus, es sei nach § 1 Abs. 3 Satz 2 der Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel (im Folgenden: EB) zuständig. Die Kontrakte sähen die Einbeziehung der EB ausdrücklich vor. Die Schiedsklage sei dem Schiedsbeklagten mit Einschreiben (Rückschein) am 25. März 2023 durch Abholung zugestellt worden. In der Folge habe der Schiedsbeklagte das Schreiben vom 3. Mai 2023 (Einschreiben-Rückschein) über die Konstituierung des Schiedsgerichts und die Mitteilung über die Ernennung des Zwangsschiedsrichters sowie die Ladung zum Termin vom 26. Juni 2023 (Einschreiben-Rückschein) nicht abgeholt bzw. die Annahme verweigert. Nach § 21 SGO (Anmerkung des Senats: Schiedsgerichtsordnung für das Schiedsgericht der Bayerischen Warenbörse in der Fassung vom 1. Juni 2008) könne das Schiedsgericht wegen der vorliegenden Zustellungsnachweise für die Klage und die Ladungen an den Schiedsbeklagten auch ohne dessen Erscheinen zum Termin zur mündlichen Verhandlung den Sachverhalt ermitteln, in der Sache verhandeln und auch entscheiden.
6
Die Schiedsklage sei begründet. Die Schiedsklägerin habe gegen den Schiedsbeklagten einen Zahlungsanspruch in Höhe von 10.036,81 € (7.560,93 € hinsichtlich des Kontrakts „Grassilage“ sowie 2.475,88 € hinsichtlich des Kontrakts „Hähnchenmist“) als Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 19 Abs. 4 EB. Die Kontrakte seien wirksam geschlossen worden. Der Schiedsbeklagte habe den Kontrakt vom 18. Juli 2022 über die „Grassilage“ per Telefax erhalten und mit E-Mail vom 18. Juli 2022, 18:52 Uhr, ausdrücklich und vorbehaltlos bestätigt. Damit seien auch die EB wirksam vereinbart worden. Etwaige Einwände hinsichtlich der kaufmännischen vertraglichen Details seien entgegen § 2 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 2 Abs. 2 EB nicht vorgebracht worden. Überdies habe der Schiedsbeklagte mit der vorbehaltlosen Erfüllung dieses Kontrakts durch Lieferung und Berechnung begonnen. Auch der Kontrakt vom 30. August 2022 über den „Hähnchenmist“ sei dem Schiedsbeklagten unwidersprochen per Telefax zugesandt worden und ebenfalls ohne inhaltlichen Widerspruch im Sinne des § 2 EB geblieben. Auch dieser Kontrakt sei vom Schiedsbeklagten vorbehaltlos teilweise durch Lieferung und Rechnungstellung erfüllt worden. Der Einwand des Schiedsbeklagten, er sei Landwirt und kein Kaufmann und unterliege damit nicht den Regeln des HGB zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben, sei unbehelflich, wie die einschlägigen Vorschriften des § 2 EB zeigten. Als Landwirt und Betreiber einer Biogasanlage sei er jedenfalls Unternehmer und genieße nicht den Schutz eines Verbrauchers vor einer etwaigen Übervorteilung durch die Regeln über das Zustandekommen eines Vertrags nach den EB. Da der Schiedsbeklagte mit Schreiben vom 1. Dezember 2022 seine vertragliche Verpflichtung eindeutig bestritten und noch dazu die Kontrakte – wenn auch „vorsorglich“ – fristlos gekündigt habe, habe er zu verstehen gegeben, die weitere Vertragserfüllung ernsthaft und dauerhaft im Sinne von § 18 Abs. 9 Buchst. d) EB zu verweigern. Die Schiedsklägerin sei daher nach § 19 Abs. 4, Abs. 5 EB auch ohne Nachfrist berechtigt gewesen, einen Makler mit der Preisfeststellung für die beiden Kontrakte zu beauftragen. Die Zinsanträge seien begründet. Die Kosten der Preisfeststellung in Höhe von 477,06 € habe der säumige Schiedsbeklagte gemäß § 19 Abs. 6 EB zu tragen.
7
Mit an das Oberlandesgericht München gerichtetem Schriftsatz vom 2. Januar 2024, dort eingegangen am selben Tag, hat der Antragsteller beantragt, den Schiedsspruch aufzuheben. Mit Beschluss vom 8. Januar 2024 hat das Oberlandesgericht München das Verfahren auf den Antrag des Antragstellers zuständigkeitshalber an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben.
8
Zur Begründung hat der Antragsteller geltend gemacht, das Verfahren vor dem Schiedsgericht sei bereits unzulässig gewesen.
9
Er sei kein Kaufmann, sondern Landwirt. Die Kontrakte seien daher nicht durch Übermittlung eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens zustande gekommen und auch nicht durch Angebot (Kontraktbestätigung) und Annahme (E-Mail). Es sei falsch, dass er den Inhalt des ersten Kontrakts mit E-Mail vom 18. Juli 2022 ausdrücklich und vorbehaltlos bestätigt habe. Er habe lediglich den Erhalt und die Tatsache bestätigt, dass er Kenntnis genommen habe.
10
Die EB seien nicht ordnungsgemäß einbezogen worden, so dass das Schiedsgericht nicht habe angerufen werden können. Es fehle an den Voraussetzungen des § 305 BGB. In der Kontraktbestätigung vom 18. Juli 2022 hinsichtlich der „Grassilage“ sei nicht die mündliche Vereinbarung „niedergeschrieben“; es würden schon die Käufer- und Verkäuferstellung verwechselt. Aus der Kontraktbestätigung ergebe sich auch im Übrigen, dass ein völlig falsches Formular verwendet worden sei. Es sei auch nie eine Liefermenge benannt worden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlungen habe er stets geäußert, dass er eine Menge nur schätzen könne. Es lägen kollidierende allgemeine Geschäftsbedingungen vor und er sei dadurch benachteiligt. Die Kontraktbestätigungen seien inhaltlich derart widersprüchlich, dass der Antragsteller nicht mit der Einbeziehung der Geschäftsbedingungen habe rechnen müssen.
11
Jedenfalls habe das Verfahren beim Schiedsgericht an Ladungs- und Zustellungsmängeln gelitten, so dass ein Schiedsspruch nicht hätte ergehen dürfen. Es sei falsch, dass er ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen worden sei. Er habe keine Informationen über den Termin erhalten.
12
Das schiedsgerichtliche Verfahren habe an gravierenden formellen Mängeln gelitten. Ihm sei das rechtliche Gehör verweigert worden, da er nicht ordnungsgemäß geladen worden sei. Das Schiedsgericht verkenne, dass auf der Basis der Kontraktbestätigungen keine Verträge zustande gekommen seien. Die mündlichen Abreden habe er allesamt erfüllt.
13
Der Schiedsspruch sei ihm auch nicht zugestellt worden; er sei ihm erst kurz vor Weihnachten von der Antragsgegnerin per Post übermittelt worden.
14
Hilfsweise sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Glaubhaftmachung würden eidesstattliche Versicherungen des Antragstellers sowie von … und … beigefügt. Letztere wohnten im gleichen Haus wie der Antragsteller und kümmerten sich um die Post.
15
Der Antragsteller beantragt,
1.
De[n] im Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, ([B]ayerische Warenbörse ... e. V., Az.: K22/23) bestehend aus dem Schiedsrichter … als Obmann und den Schiedsrichtern … und Dr. … am 22. September 2023 ergangene[n] Schiedsspruch, durch den der Antragsteller zur Zahlung von € 10.513,87 € zzgl. 5%-Punkten über dem Basiszins seit 2. Dezember 2022 und Kosten in Höhe von 1.593,41 € verurteilt worden ist, aufzuheben.
2.
Der Rechtsstreit wird nicht an das genannte Schiedsgericht zurückverwiesen.
16
Hilfsweise beantragt der Antragsteller,
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
17
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag de[s] Antragsteller[s] vom 2. Januar 2024 auf Aufhebung des Schiedsspruchs vom 22. September 2023 wird zurückgewiesen.
18
Die hilfsweise beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
19
Sie bringt vor, der Aufhebungsantrag sei nicht innerhalb der gemäß § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO vorgeschriebenen Frist von drei Monaten bei dem zuständigen Gericht eingereicht worden. Entscheidend für den Beginn der Frist sei der Empfang des Schiedsspruchs. Dieser Begriff sei nicht gleichzusetzen mit der Zustellung von Schriftstücken nach den §§ 166 ff. ZPO. Bei einem normalen Postversand sei dem Antragsteller der Schiedsspruch spätestens am 25. September 2023 ordnungsgemäß zugegangen. Für einen späteren Empfang als den genannten Zeitpunkt bringe der Antragsteller keine nachvollziehbare Begründung vor. Die Frist sei daher spätestens am 27. Dezember 2023 abgelaufen gewesen.
20
Im Übrigen sei der Schiedsspruch „zulässig und begründet“ und daher aufrechtzuerhalten.
21
Die EB seien aufgrund der Kontraktbestätigung der Antragsgegnerin vom 18. Juli 2022 im Zusammenspiel mit der Bestätigung durch den Antragsteller vom selben Tag wirksam einbezogen worden. Bei der Kontraktbestätigung handele es sich um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, denn es würden die Bedingungen eines bereits ausgehandelten Vertrags nochmals schriftlich unter Kaufleuten fixiert. Der Antragsteller sei – wie die Antragsgegnerin – im vorliegenden Fall Kaufmann, da er zumindest im Zusammenhang mit dem Betrieb seiner Biosgasanlage ein entsprechendes Handelsgewerbe betreibe. Der Antragsteller sei außerdem gemäß § 2 EB „als Kaufmann zu werten“. In der Kontraktbestätigung vom 18. Juli 2022 werde für den Fall, dass der Verkäufer „nicht im HGB eingetragen“ sei, explizit auf die Vorschriften des Handelsgesetzbuches Bezug genommen. Der Antragsteller habe zumindest bezüglich dieses Kontrakts mit entsprechender Kaufmanns-Eigenschaft gehandelt.
22
Die Antragsgegnerin habe gegenüber dem Antragsteller mit Schreiben vom 18. Juli 2022 ein Angebot hinsichtlich des Abschlusses des Kontrakts mit dem genannten Inhalt abgegeben und der Antragsteller habe dieses mit seiner E-Mail vom selben Tag angenommen. Der Vertrag sei zumindest dadurch zustande gekommen, dass die Antragsgegnerin in der Folgezeit mehrfach Grassilage vom Antragsteller erhalten habe. Die Kontraktbestätigung sei nicht widersprüchlich, es ergebe sich deutlich, dass die EB als Vertragsgrundlage herangezogen würden. Der Verweis der Antragstellerseite, die Einbeziehung sei überraschend, sei widersinnig. Es ergebe sich schon aus der hervorgehobenen Stellung des Verweises auf die EB, dass diese vorrangig vor den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der „Antragstellerin“ gelten sollten.
23
Es werde bestritten, dass der Antragsteller keine Ladung zum Termin des Schiedsgerichts erhalten habe. Der Antragsteller habe die Ladung bewusst bei der betreffenden Post-Filiale nicht abgeholt bzw. die Annahme verweigert. Dies könne nicht zu Lasten des Schiedsverfahrens im Allgemeinen und der Antragsgegnerin im Besonderen gehen. Ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör liege daher nicht vor.
24
Die Kontrakte über die „Grassilage“ sowie den „Hähnchenmist“ seien auf der Grundlage der Kontraktbedingungen der Antragsgegnerin zustande gekommen. Sie, die Antragsgegnerin, berufe sich nicht auf vermeintlich mündlich getroffene Abreden, sondern auf den schriftlich abgeschlossenen Kontrakt über den Ankauf von Grassilage vom 18. Juli 2022.
25
Mit auf den 19. Februar 2024 datiertem Schriftsatz, der am 14. März 2024 beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen ist, beantragt die Antragsgegnerin außerdem, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.
26
Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung sei zu entsprechen. Es seien keine Aufhebungsgründe zu berücksichtigen, da die Frist des § 1059 ZPO abgelaufen sei, ohne dass der Antragsteller einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt habe.
27
Der Antragsteller beantragt,
den Antrag, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, zurückzuweisen.
28
Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen, er sei Landwirt und kein Kaufmann. Damit griffen „etwa bestehende kaufmännische Bestätigungsschreiben“ nicht. Der Schaden sei deutlich niedriger als zugesprochen. Um einen entgangenen Gewinn korrekt berechnen zu können, müssten auch die entsprechenden ersparten Kosten etc. Beachtung finden.
29
Mit Beschluss vom 24. Juli 2024 hat der Senat die mündliche Verhandlung angeordnet.
30
Mit Schriftsatz vom 12. August 2024 hat die Antragsgegnerin ihr Vorbringen dahingehend ergänzt, der Antragsteller sei als Kaufmann zu qualifizieren, da er im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit wiederholt am Markt auftrete und an diesem teilnehme (Beweis: Sachverständigengutachten).
31
Mit Beschluss vom 12. September 2024 hat der Senat darauf hingewiesen, dass der Antragsteller hinreichend begründet geltend gemacht haben dürfte, dass dem Schiedsspruch hinsichtlich des „Hähnchenmists“ keine wirksame Schiedsvereinbarung zugrunde liege. Anders als zur Kontraktbestätigung betreffend die Grassilage vom 18. Juli 2022 werde im Schiedsspruch zur Kontraktbestätigung hinsichtlich des „Hähnchenmists“ nicht festgehalten, dass sie vom Antragsteller ausdrücklich und vorbehaltlos per E-Mail bestätigt worden sei. § 1031 Abs. 2 ZPO greife nicht ein, da nicht ersichtlich sei, dass der Antragsteller als Kaufmann im Handelsregister eingetragen sei. Entsprechendes gelte für § 2 EB.
32
Auf den Hinweis hat die Antragsgegnerin nochmals betont, dass im Kontrakt vom 18. Juli 2022 in den Bedingungen ausgeführt sei, es handele sich rechtlich um einen Kontrakt unter Kaufleuten, sollte der Verkäufer „nicht im HGB eingetragen“ sein. Dem sei der Antragsteller nicht entgegengetreten, sondern habe mit E-Mail vom 18. Juli 2022 den Inhalt des Kontrakts vollumfänglich bestätigt. Der nachfolgende Kontrakt bezüglich des „Hähnchenmists“ vom 30. August 2022 sei mit dem gleichen Inhalt geschlossen worden und vom Antragsteller unwidersprochen geblieben. Der Antragsteller habe außerdem mit der vorbehaltlosen Erfüllung des Kontrakts begonnen. Aufgrund der Gesamtumstände und des vorhergehenden Kontrakts bezüglich der „Grassilage“ habe die Antragsgegnerin davon ausgehen dürfen, dass es sich bei dem Antragsteller um einen Kaufmann handele. Der Antragsteller sei nicht nur Geschäftsführer einer Biogasanlage, die als Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Handelsregister eingetragen sei, sowie Landwirt, sondern auch Gesellschafter dieser Biogasanlage. Die Kosten der Preisfeststellung bezüglich der „Grassilage“ hätten sich ausweislich der Anlage K 10 zur Schiedsklage auf 255,25 € und bezüglich des „Hähnchenmists“ auf 145,64 €, jeweils zuzüglich 19% Umsatzsteuer belaufen.
33
Ergänzend wird auf die Sitzungsniederschrift vom 5. Februar 2025 (Bl. 76/78 d. A.) und auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
34
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung führt teilweise zum Erfolg.
35
Der Schiedsspruch ist für vollstreckbar zu erklären, soweit Schadensersatz wegen teilweiser Nichterfüllung des Vertrags über die Lieferung der „Grassilage“ in Höhe von 7.590,93 € nebst Zinsen (vgl. Ziffer 1 des Schiedsspruchs) sowie die Erstattung von Kosten der Preisfeststellung für die „Grassilage“ in Höhe von 255,25 € zuzüglich 19% Umsatzsteuer zugesprochen worden sind (vgl. Ziffer 2 des Schiedsspruchs). Im Übrigen ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter teilweiser Aufhebung des Schiedsspruchs (§ 1060 Abs. 2 ZPO) zurückzuweisen (Schadensersatz wegen teilweiser Nichterfüllung des Vertrags über die Lieferung von „Hähnchenmist“ in Höhe von 2.475,88 € nebst Zinsen [vgl. Ziffer 1 des Schiedsspruchs]; Kosten der Preisfeststellung für den „Hähnchenmist“ in Höhe von 145,64 € zuzüglich 19% Umsatzsteuer [vgl. Ziffer 2 des Schiedsspruchs]; Kostenentscheidung in Ziffer 3 des Schiedsspruchs).
36
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zulässig.
37
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 ZPO i. V. m. § 7 GZVJu zuständig, weil der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Bayern liegt.
38
b) Der Schiedsspruch genügt den förmlichen Anforderungen des § 1054 Abs. 1 bis 3 ZPO.
39
c) Es ist unschädlich, dass anstelle der anwaltlich beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs nur ein Scan als elektronisches Dokument übermittelt worden ist. Einer Vorlage des Schiedsspruchs im Original oder einer anwaltlich beglaubigten Abschrift durch die Antragsgegnerin bedurfte es nicht. § 1064 Abs. 1 ZPO enthält keine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern eine Beweismittelregelung (vgl. BayObLG, Beschluss vom 4. Juli 2023, 101 Sch 28/22, juris Rn. 94; Wilske/Markert in BeckOK ZPO, 55. Ed., Stand: 1. Dezember 2024, § 1064 Rn. 3; Dietrich in Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl. 2020, § 1064 Rn. 1). Die Authentizität des Schiedsspruchs ist nicht bestritten.
40
d) Es liegt auch ein wirksamer Schiedsspruch vor (§ 1054 Abs. 4 ZPO). Der Einwand des Antragstellers, der Schiedsspruch sei ihm nicht zugestellt worden, ist ohne rechtliche Relevanz, da eine formlose Übermittlung ausreichend war. Das Vorbringen der Antragsgegnerin, dass dem Antragsteller der Schiedsspruch vom Schiedsgericht formlos übermittelt worden sei, hat der Antragsteller nicht bestritten. Offenbleiben kann, ob der Schiedsspruch schon dadurch wirksam geworden ist, weil er der Antragsgegnerin übermittelt wurde und damit kein Internum geblieben ist.
41
aa) Zwar reicht es für eine Übermittlung im Sinne des § 1054 Abs. 4 ZPO nicht aus, dass der Schiedsspruch der unterlegenen Partei lediglich vom obsiegenden Gegner übermittelt wird.
42
Gemäß § 1054 Abs. 4 ZPO ist die Übermittlung des Schiedsspruchs vielmehr vom Schiedsgericht selbst zu veranlassen, obwohl die Bestimmung dies nach ihrem Wortlaut nicht anordnet und nach früherem Recht Partei-Zustellung vorgesehen war (§ 1039 Abs. 2 a. F. i. V. m. §§ 191 ff., § 166 ZPO; vgl. Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, § 1054 Rn. 42). Bei § 1054 ZPO handelt es sich in systematischer Hinsicht um Verpflichtungen des Schiedsgerichts (vgl. Münch a. a. O. Rn. 43). Soweit im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts von einem „vom Gläubiger zu veranlassenden Akt“ gesprochen wird (BT-Drs. 13/5274 S. 60, linke Spalte, vgl. Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1059 Rn. 72 und Fn. 415), bezieht sich die Passage nicht auf das Übermittlungserfordernis des § 1054 Abs. 4 ZPO, sondern auf die Frage, wann ein – die Dreimonats-Frist für die Einreichung eines Aufhebungsantrags auslösendes – „Empfangen“ des Schiedsspruchs im Sinne des § 1059 Abs. 3 ZPO anzunehmen ist.
43
bb) Im Streitfall ist es aber als zugestanden anzusehen, dass das Schiedsgericht dem Antragsteller den Schiedsspruch formlos und damit im Sinne des § 1054 Abs. 4 ZPO übermittelt hat (§ 138 Abs. 3 ZPO).
44
(1) Gemäß § 1054 Abs. 4 ZPO ist grundsätzlich die formlose Übermittlung des (schriftlichen) Schiedsspruchs ausreichend. Eine förmliche Zustellung ist nicht erforderlich (vgl. Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1054 Rn. 42). Vorrangig zu beachtende abweichende Parteivereinbarungen bestehen im Streitfall nicht. § 22 Abs. 5 SGO bestimmt im Gleichlauf mit § 1054 Abs. 4 ZPO, dass jeder Partei ein von den Schiedsrichtern unterschriebener Schiedsspruch zu „übersenden“ ist.
45
(2) Das Vorbringen des Antragstellers, der Schiedsspruch sei ihm (vom Schiedsgericht) „nicht zugestellt“ worden (Seite 3 unten der Antragsschrift: „Schiedsspruch wurde ihm nicht zugestellt“; Seite 5 der Antragsschrift „nach eigenen Angaben nie zugestellt“; eidesstattliche Versicherung des Antragstellers: „Der Schiedsspruch … wurde mir erst am 19.12.2023 über die [Antragsgegnerin] zugestellt.“), ist somit in rechtlicher Hinsicht nicht relevant. Auf die Frage, ob der Schiedsspruch dem Antragsteller vom Schiedsgericht förmlich übermittelt worden ist, kommt es nicht an.
46
(3) Das Vorbringen der Antragsgegnerin, es sei von einem ordnungsgemäßen Zugang des Schiedsspruchs spätestens am 25. September 2023 auszugehen, hat der Antragsteller nicht wirksam bestritten.
47
Aus den eidesstattlichen Versicherungen von … und … ergibt sich keine abweichende Bewertung. Die Erklärungen sind bereits nicht Gegenstand des Sachvortrags des Antragstellers. Die bloße Beifügung von Erklärungen Dritter „zur Glaubhaftmachung“ ersetzt erforderliches eigenes, schriftsätzliches Vorbringen nicht. Die nahezu wortlautidentischen eidesstattlichen Versicherungen von … und … betreffen überdies im Kern wiederum „Zustellungen“, nämlich angeblich nicht im Briefkasten des Antragstellers vorhandene „Einschreiben-Rückscheine“. Soweit an Eides statt versichert wird, im Zeitraum Mai bis Dezember 2023 habe sich im Briefkasten des Antragstellers „auch kein Schreiben“ des Schiedsgerichts befunden, erscheint dies unstimmig und lückenhaft. Nicht versichert wird, dass der Antragsteller seinen Briefkasten in dem betreffenden Zeitraum nie selbst geleert habe und ausschließlich … und … in der Lage gewesen seien, dem Briefkasten des Antragstellers Post zu entnehmen. Der Umstand, dass dem Antragsteller „täglich seine Post“ gebracht worden sei („ins Büro“), schließt nicht aus, dass der Antragsteller seinen Postkasten auch selbst leerte.
48
Die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers selbst bezieht sich nur auf in Abrede gestellte „Zustellungen“ per Einschreiben gegen Rückschein. Nicht dagegen erklärt der Antragsteller, dass er seinem Briefkasten keine normale Post entnommen habe.
49
(4) Aus den genannten Gründen kommt es nicht mehr darauf an, dass der Schiedsspruch jedenfalls der Antragsgegnerin gemäß § 1054 Abs. 4 ZPO übermittelt worden ist.
50
2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist nur teilweise begründet.
51
a) Soweit der Antragsgegnerin vom Schiedsgericht Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Vertrag über die Lieferung von „Grassilage“ (Kontraktbestätigung vom 18. Juli 2022) zugesprochen worden ist, führt der Antrag auf Vollstreckbarerklärung in dem tenorierten Umfang zum Erfolg. Aufhebungsgründe liegen insoweit nicht vor.
52
aa) Die Rüge des Antragstellers, die Parteien hätten keine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen, greift hinsichtlich der „Grassilage“ nicht durch.
53
(1) Gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) ZPO kann ein Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn der Antragsteller begründet geltend macht, dass die Schiedsvereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben, oder, falls die Parteien nichts hierüber bestimmt haben, nach deutschem Recht ungültig ist. Dabei steht das Fehlen einer Schiedsvereinbarung ihrer Ungültigkeit gleich (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018, I ZB 2/15, SchiedsVZ 2019, 46 [juris Rn. 15]).
54
(2) Dem Antragsteller ist der Einwand der fehlenden Schiedsvereinbarung nicht gemäß § 1040 Abs. 2 Satz 1, § 1031 Abs. 6 ZPO verwehrt.
55
Nach den Feststellungen des Schiedsgerichts hat der Antragsteller im Schiedsverfahren nach Zustellung der Schiedsklage am 25. März 2023 (durch Abholen des Einschreibens [Rückschein]) mit Telefax vom 6. April 2023 eingewendet, dass er das Verfahren ablehne und auf seine bisherige Korrespondenz mit der Schiedsklägerin verweise. Nach den weiteren Feststellungen des Schiedsgerichts hatte der Antragsteller am 1. Dezember 2022 vorprozessual eingewendet, er habe keinen gültigen Liefervertrag abgeschlossen und die von der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin behaupteten Kontrakte nicht gegengezeichnet. Am 6. Dezember 2022 habe er vorprozessual ergänzt, als Landwirt handele er üblicherweise nicht mit Silage und Hühnertrockenkot.
56
Ausgehend hiervon hat der Antragsteller bereits im Schiedsverfahren geltend gemacht, dass das Schiedsgericht unzuständig sei. Er ist auch nicht nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs gehindert, die Unwirksamkeit der Schiedsabrede geltend zu machen.
57
(3) Die Berücksichtigung des Aufhebungsgrunds des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst.
58
a) ZPO ist nicht gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO ausgeschlossen. Der Antragsteller hat den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO gestellt. Dies gilt selbst dann, wenn zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt wird, dass der Antragsteller den Schiedsspruch zum frühestmöglichen Zeitpunkt, also bereits am Tag seines Erlasses – dem 22. September 2023 – im Sinne des § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO empfangen hat.
59
(a) Es ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, dass die Parteien eine von § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO abweichende Regelung getroffen hätten, so dass die Frist zur Einreichung des Aufhebungsantrags – die Übermittlung des Schiedsspruchs noch am 22. September 2023 unterstellt – an sich am 22. Dezember 2023 abgelaufen gewesen wäre.
60
(b) Aus einem zweistufigen Schiedsverfahren folgt indes, dass die Frist des § 1059 Abs. 3 Sätze 1 und 2 ZPO erst mit dem Verstreichen der Rechtsmittelfrist beginnt (vgl. Wilske/Markert in BeckOK ZPO, § 1059 Rn. 24.1).
61
Die Schiedsgerichtsordnung für das Schiedsgericht der Bayerischen Warenbörse e. V. sieht ein Berufungsverfahren vor dem Oberschiedsgericht vor (§ 28 Abs. 1 SGO). Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt zehn Geschäftstage nach Zustellung oder Empfang des Schiedsspruchs (§ 29 Abs. 1 SGO). Hieraus folgt, dass die dreimonatige Frist – wiederum unterstellt, dass der Antragsteller den Schiedsspruch bereits am Tag seines Erlasses empfangen hat – frühestens am 6. Oktober 2023 zu laufen begonnen hat.
62
(c) Am 6. Januar 2024 war der Aufhebungsantrag zwar noch nicht beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen. Jedoch wird die Frist des § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO auch dadurch gewahrt, dass der den Anforderungen des § 1059 ZPO entsprechende Schriftsatz, mit dem die Aufhebung beantragt wird, innerhalb der Frist beim unzuständigen Gericht eingeht und das unzuständige Gericht das Verfahren an das zuständige Gericht verweist oder abgibt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 17. Mai 2023, 102 Sch 44/22, juris Rn. 35). Dies ist hier der Fall. Der Aufhebungsantrag ist am 2. Januar 2024 und somit noch vor dem Ablauf der Drei-Monats-Frist beim (unzuständigen) Oberlandesgericht München eingegangen, welches das Verfahren mit Beschluss vom 8. Januar 2024 an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben hat.
63
(4) Für das Geschäft mit der „Grassilage“ gilt, dass die Parteien wirksam eine Schiedsklausel vereinbart haben, § 1029 Abs. 1 und 2, § 1031 Abs. 1 und 3 ZPO.
64
(a) Anders als der Antragsteller meint, haben die Parteien mit der Kontraktbestätigung der Antragsgegnerin vom 18. Juli 2022 und der E-Mail des Antragstellers vom selben Tag, wonach der Erhalt und die inhaltliche Kenntnisnahme des Kontrakts bestätigt werde, übereinstimmende Willenserklärungen des Inhalts abgegeben, dass der Vertrag über die Lieferung der „Grassilage“ zu den Konditionen, wie sie in der Kontraktbestätigung niedergelegt sind, abgeschlossen werden soll. Die E-Mail des Antragstellers vom 18. Juli 2022 ist aus der Sicht eines objektiven Empfängers dahin auszulegen, dass mit ihr nicht lediglich der Zugang der Kontraktbestätigung vom selben Tag bestätigt, sondern darüber hinaus die Annahme des Angebots der Antragsgegnerin auf Abschluss des Vertrags zu den in der Kontraktbestätigung schriftlich aufgeführten Konditionen erklärt wird (§§ 133, 157 BGB).
65
Nach dem Vertrag haben die Parteien auch die EB vereinbart, welche in § 1 für alle Streitigkeiten, die aus den in der Einleitung der EB genannten Geschäften entstehen, eine Schiedsklausel enthalten. Die Lieferung von Grassilage ist ein Geschäft mit Futter- und Düngemitteln gemäß den in der Einleitung der EB unter Buchstabe b) genannten Geschäften.
66
Es kann offenbleiben, ob die Parteien zuvor mündlich einen anderslautenden Vertrag über den Kauf von Grassilage geschlossen hatten. Denn jedenfalls hätten sie einen solchen Vertrag durch die übereinstimmenden Willenserklärungen vom 18. Juli 2022 dahingehend abgeändert, dass der Vertrag zu den in der Kontraktbestätigung aufgeführten Konditionen abgeschlossen ist.
67
Auch die weiteren Einwendungen des Antragstellers greifen nicht durch. Nach dem Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ ist es unschädlich, dass in der Kontraktbestätigung die Unterschrift des Geschäftsführers der Komplementärin der Antragsgegnerin als „Verkäufer“ vorgesehen ist, denn die Parteien sind gemäß §§ 133, 157 BGB übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Antragsteller um den Verkäufer und bei der Antragsgegnerin um die Käuferin der „Grassilage“ handelt. Entsprechendes gilt für die Erklärung der Antragsgegnerin am Ende der Kontraktbestätigung, dass die Ware bis zur vollständigen Bezahlung ihr Eigentum bleibe. Im ersten Satz der Kontraktbestätigung heißt es zutreffend und hervorgehoben: „Wir bestätigen (…) von Ihnen gekauft zu haben.“
68
(b) Die in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung („BEDINGUNG“) über den Verweis auf die EB enthaltene schiedsvertragliche Regelung zum Geschäft über die Lieferung der „Grassilage“ wurde auch in AGBrechtlicher Hinsicht wirksam einbezogen.
69
Die strengen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB finden im Verhältnis zwischen Unternehmern keine Anwendung, § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vorliegend ist auch der Antragsteller als Landwirt Unternehmer im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB (vgl. Ellenberger in Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 14 Rn. 2). Eine ausdrückliche Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wie hier, ist wirksam, auch wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt waren und der Kunde den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht kennt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 25. Oktober 2024, 102 AR 120/24 e, juris Rn. 28; Beschluss vom 14. August 2024, 102 AR 84/24 e, juris Rn. 21 m. w. N.; Grüneberg in Grüneberg, BGB, § 305 Rn. 50 m. w. N.). Das Klauselwerk ist klar und unzweideutig beschrieben („Einheitsbedingungen im Dt. Getreidehandel [neueste Fassung]“) sowie gebräuchlich und branchenüblich, so dass ein Hinweis in der Kontraktbestätigung, dass die EB auf Wunsch übersandt werden, nicht erforderlich war (vgl. Grüneberg a. a. O. Rn. 53, 56). Dass dem Antragsteller eine Kenntnisnahme der Bedingungen nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre oder ihm die EB trotz Aufforderung von der Antragsgegnerin nicht übermittelt worden seien, macht er nicht geltend.
70
(c) Die Schiedsvereinbarung ist entgegen der Meinung des Antragstellers weder wegen Verstoßes gegen das Verbot überraschender Klauseln des § 305c Abs. 1 Satz 1 BGB noch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 BGB nichtig.
71
(aa) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB, wenn sie nach ihrem Inhalt oder nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich ist, dass der Vertragspartner des Verwenders nicht mit ihr zu rechnen brauchte. Ein Überraschungseffekt im Sinne von § 305c BGB kann sich auch aus der Stellung der Klausel im Gesamtwerk der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben, wenn diese in einem systematischen Zusammenhang steht, in dem der Vertragspartner sie nicht zu erwarten braucht (vgl. BGH, Urt. v. 28. Januar 2016, I ZR 60/14, NJW-RR 2016, 316 Rn. 31 m. w. N.). Eine im geschäftlichen Verkehr verwendete Schiedsklausel ist jedenfalls im Regelfall nicht überraschend (vgl. OLG München, Beschluss vom 16. August 2017, 34 SchH 14/16, juris Rn. 83 m. w. N.).
72
Das gilt auch hier. Der Antragsteller hat keine Umstände vorgetragen, die ausnahmsweise eine andere Wertung rechtfertigen würden. Die Bestimmung über die Geltung der EB ist auch nicht infolge ihrer Stellung im Gesamtwerk überraschend. Sie befindet sich in einem eigenen Abschnitt der Vertragsbedingungen, der erwartungsgemäß mit „BEDINGUNG“ bezeichnet ist.
73
(bb) Es liegt auch keine intransparente Regelung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB vor. Die Inhaltskontrolle ist allein an dieser Regelung auszurichten, da es sich sowohl bei der Antragsgegnerin als auch dem Antragsteller um Unternehmer handelt, § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ein Fall des § 310 Abs. 1 Satz 3 BGB ist nicht gegeben.
74
Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar, einfach und präzise darzustellen. Dies ist hier der Fall. Die Klausel, dass für den Vertrag die EB gelten sollen, ist klar und verständlich. Aus Sicht eines Adressaten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird auch hinreichend deutlich, dass die „Ölmühlenbedingungen“ für den Vertragsgegenstand nicht maßgeblich sind. Von ihm gestellte, kollidierende Allgemeine Geschäftsbedingungen hat der Antragsteller nicht bezeichnet.
75
(cc) Es kann dahinstehen, ob die im Teil „BEDINGUNG“ enthaltene Klausel, wonach darauf hingewiesen wird, dass es sich rechtlich um einen „Kontrakt unter Kaufleuten“ handele, sollte der Verkäufer „nicht im HGB eingetragen“ sein, gemäß § 305c Abs. 1 oder § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Denn trotz des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion (vgl. Grüneberg in Grüneberg, BGB, § 306 Rn. 6) würde die Unwirksamkeit dieses Teils der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zur Unwirksamkeit des Hinweises auf die Geltung der EB führen. Enthält eine Klausel neben der unwirksamen auch unbedenkliche, sprachlich und inhaltlich abtrennbare Bestimmungen, bleiben diese wirksam, selbst wenn sie den gleichen Sachkomplex betreffen. Voraussetzung für die Teilaufrechterhaltung ist, dass nach dem Wegstreichen der unwirksamen Teilregelung ein aus sich heraus verständlicher Klauseltext verbleibt („blue pencil-test“; Grüneberg in Grüneberg, BGB, a. a. O. Rn. 7). Vorliegend sind die in der Passage „BEDINGUNG“ enthaltenen Klauseln teilbar.
76
(d) Die für den Vertrag über die Lieferung der „Grassilage“ geltende Schiedsvereinbarung ist auch in formaler Hinsicht wirksam getroffen.
77
Die Voraussetzungen von § 1031 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO sind erfüllt. Gemäß § 1031 Abs. 1 ZPO muss eine Schiedsabrede entweder in einem von den Parteien unterzeichneten Dokument oder in zwischen ihnen gewechselten Schreiben, Fernkopien, Telegrammen oder anderen Formen der Nachrichtenübermittlung, die einen Nachweis der Vereinbarung sicherstellen, enthalten sein. Nimmt ein den Formerfordernissen des Absatzes 1 entsprechender Vertrag auf ein Dokument Bezug, das eine Schiedsklausel enthält, so begründet dies eine Schiedsvereinbarung, wenn die Bezugnahme dergestalt ist, dass sie diese Klausel zu einem Bestandteil des Vertrages macht, § 1031 Abs. 3 ZPO (vgl. BayObLG, Beschluss vom 19. August 2022, 102 SchH 99/21, ZIP 2022, 2177 [juris Rn. 70]). Ein gesonderter Hinweis auf die Schiedsvereinbarungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nicht erforderlich, wenn der Vertrag, welcher die Bezugnahme enthält, seinerseits dem Formerfordernis des § 1031 Abs. 1 und 2 ZPO genügt (vgl. BGH, Urt. v. 25. Januar 2007, VII ZR 105/06, SchiedsVZ 2007, 274 [ juris Rn. 23]; Wolf/Eslami in BeckOK ZPO, § 1031 Rn. 14).
78
Vorliegend wurde die das Angebot enthaltende Kontraktbestätigung zur Lieferung der „Grassilage“, die auf die EB Bezug nimmt, welche ihrerseits eine Schiedsklausel enthalten, per Telefax übermittelt, der Antragsteller hat das Angebot per E-Mail angenommen. Die Bezugnahme ist dergestalt im Sinne von § 1031 Abs. 3 ZPO, dass sie die Klausel zu einem Bestandteil des Vertrags gemacht hat. Für die – wie hier – in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Bestimmung, dass die EB gelten, welche ihrerseits die Schiedsklausel enthalten, sind, wie ausgeführt, die allgemein für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nötigen Voraussetzungen gegeben. Die EB sind wirksam in den Vertrag einbezogen worden.
79
Die Schiedsvereinbarung musste nicht gemäß § 1031 Abs. 5 ZPO in einer vom Hauptvertrag getrennten Urkunde erfolgen, da an ihr kein Verbraucher im Sinne des § 13 BGB beteiligt war.
80
bb) Der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs, soweit er sich auf die Streitigkeit wegen der Lieferung der „Grassilage“ bezieht, steht auch nicht der Aufhebungsgrund eines Verstoßes gegen das schiedsrichterliche Verfahren gemäß § 1060 Abs. 1 Satz 1, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d) ZPO entgegen. Das Vorbringen des Antragstellers, er habe die Ladung zur mündlichen Verhandlung des Schiedsgerichts sowie die Mitteilung über dessen Konstituierung nicht erhalten, zeigt keinen Aufhebungsgrund in diesem Sinn auf, denn eine Abweichung des Verfahrens von der Parteivereinbarung oder von Bestimmungen des Zehnten Buchs der Zivilprozessordnung geht daraus nicht hervor. Es kann deshalb dahinstehen, ob der Antragsteller das Recht, angebliche Mängel des schiedsrichterlichen Verfahrens im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung oder Aufhebung des Schiedsspruchs zu rügen, dadurch gemäß § 1027 ZPO verloren hat, dass er von der ihm nach § 28 SGO eingeräumten Möglichkeit der Berufung keinen Gebrauch gemacht hat.
81
Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SGO hat die Ladung zum Termin schriftlich zu erfolgen. Nach § 14 Abs. 4 Satz 3 SGO sind Zustellungen an die Parteien durch Einschreiben oder Einschreiben gegen Rückschein zu bewirken, soweit ein Empfangsbekenntnis erforderlich ist, im Übrigen durch einfachen Brief. Sowohl für die Zustellung des Schreibens vom 3. Mai 2023 über die Konstituierung des Schiedsgerichts und die Ernennung des Zwangsschiedsrichters als auch für die Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2023 hat das Schiedsgericht die Übermittlung durch Einschreiben gegen Rückschein gewählt. Soweit der Antragsteller vorbringt, die Schreiben verfahrensfehlerhaft nicht erhalten zu haben, kann er hiermit nicht durchdringen. Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 5 SGO gilt die Zustellung mit der Übergabe des Schriftstücks zur Post als bewirkt, wenn die Annahme seitens der Partei verweigert wird oder die Zustellung aus anderen in der Person des Empfängers liegenden und von ihm zu vertretenden Umständen nicht erfolgen konnte. Nach den Feststellungen des Schiedsgerichts waren beide Alternativen erfüllt, denn es führt im Schiedsspruch aus, dass die Annahme der Schreiben vom Antragsteller entweder verweigert worden sei oder der Antragsteller die Ladung trotz Benachrichtigung und Hinterlegung bei der Post nicht abgeholt habe. Dabei genügt es für das Eingreifen der Zustellungsfiktion des § 14 Abs. 4 Satz 5 SGO, dass die Aufgabe der Einschreiben gegen Rückschein zur Post und die Rücksendung wegen Annahmeverweigerung bzw. Nichtabholung nachgewiesen ist. Im Schiedsspruch ist festgehalten, dass dem Schiedsgericht die entsprechenden Nachweise vorgelegen hätten. Dem ist der Antragsteller nicht entgegengetreten, der lediglich bestreitet, die Einschreiben (Rückschein) nicht erhalten zu haben.
82
Das Schiedsgericht war nach der maßgeblichen Verfahrensordnung befugt, in der angesetzten mündlichen Verhandlung in der Sache zu entscheiden. Nach § 1047 Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet – vorbehaltlich einer Vereinbarung der Parteien – das Schiedsgericht, ob mündlich verhandelt werden soll oder ob das Verfahren auf der Grundlage von Dokumenten und anderen Unterlagen durchzuführen ist. Ausweislich des Schiedsspruchs hat das Schiedsgericht gemäß den Vorgaben in § 5 Abs. 2 und § 21 SGO den Sachverhalt ermittelt und auf dieser Grundlage eine Entscheidung getroffen. Die Voraussetzungen, wonach das Schiedsgericht trotz Nichterscheinens des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung in der Sache treffen konnte, waren gegeben. Die „Zustellungsnachweise für die Klage und die Ladungen“ im Sinne des § 21 SGO lagen dem Schiedsgericht vor. Für diese genügte es gemäß § 14 Abs. 4 Satz 5 SGO, dass die Aufgabe des Einschreibens gegen Rückschein zur Post und die Rücksendung wegen Annahmeverweigerung bzw. Nichtabholung nachgewiesen waren. Das Schiedsgericht hat ausgeführt, dass sowohl das Schreiben vom 3. Mai 2023 als auch die Ladung gemäß Schreiben vom 26. Juni 2023 nicht abgeholt bzw. die Annahme verweigert worden seien.
83
cc) Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs, soweit das Geschäft mit der „Grassilage“ betroffen ist, ist schließlich auch nicht gemäß § 1060 Abs. 1 Satz 1, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) ZPO abzulehnen. Der Aufhebungsgrund eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör des Antragstellers ist nicht gegeben.
84
(1) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) ZPO aufgehoben werden, wenn das Gericht feststellt, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG ist Bestandteil des (verfahrensrechtlichen) ordre public. Die Einhaltung des ordre public ist im Vollstreckbarerklärungs- und Aufhebungsverfahren von Amts wegen zu prüfen. Dies führt jedoch nicht zu einer Amtsermittlung der hierfür erforderlichen Tatsachen. Es gilt der Beibringungsgrundsatz, so dass eine Gehörsrechtsverletzung regelmäßig nur auf eine ordnungsgemäß ausgeführte Rüge hin geprüft werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2021, I ZB 21/21, WM 2022, 576 Rn. 53).
85
(2) Die Rüge des Antragstellers, er habe die Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erhalten, begründet keinen Gehörsverstoß des Schiedsgerichts.
86
(a) Das grundrechtsgleiche Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich vor dem Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem ihr zu Grunde liegenden Sachverhalt zu äußern. Dieses Äußerungsrecht ist eng verknüpft mit dem Recht auf Information über eine Ladung (vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 2020, I ZB 64/19, WM 2021, 504 Rn. 37).
87
(b) Dies zugrundegelegt, hat der Antragsteller einen Aufhebungsgrund nicht ordnungsgemäß aufgezeigt.
88
Der Antragsteller rügt lediglich pauschal, dass ihm die Ladung „nicht zugestellt“ worden sei in dem Sinne, dass er die per Einschreiben gegen Rückschein förmlich zuzustellende Ladung letztlich nicht erhalten habe. Er bestreitet dagegen nicht, dass das Schiedsgericht eine Übermittlung durch Einschreiben gegen Rückschein bei der Post tatsächlich veranlasst habe und eine solche Übermittlung erfolglos versucht worden sei. Er erklärt auch weder, dass die Annahme der Schreiben jeweils nicht verweigert worden sei, noch bringt er vor, dass jeweils kein Benachrichtigungsschein der Post hinterlassen worden sei mit dem Hinweis, dass die Sendung hinterlegt wurde und abgeholt werden könne. Einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör hat er damit nicht ordnungsgemäß geltend gemacht.
89
Eine andere Bewertung folgt auch insoweit nicht aus den vom Antragsteller vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, die, wie ausgeführt, bereits nicht Gegenstand des schriftsätzlichen Vorbringens des Antragstellers sind. Überdies wird mit der Aussage, es sei kein „Einschreiben-Rückschein“ zugestellt worden bzw. es sei „kein Einschreiben-Rückschein“ im Briefkasten des Antragstellers gewesen, nicht eidesstattlich versichert, dass dem Antragsteller zum maßgeblichen Zeitpunkt kein Benachrichtigungsschein der Post zugegangen war, wonach die Zustellung per Einschreiben gegen Rückschein versucht, der Empfänger aber nicht angetroffen und das Einschreiben daher bei der Post hinterlegt worden sei.
90
Im Übrigen war der Antragsteller von dem schiedsgerichtlichen Verfahren durch das bei der Post am 25. März 2023 abgeholte Einschreiben (Rückschein), welches die Schiedsklage vom 11. Februar 2023 und das Schreiben des Schiedsgerichts vom 11. Februar 2023 enthielt, in Kenntnis gesetzt, so dass er mit der Übermittlung weiterer Schreiben des Schiedsgerichts rechnen und entsprechende Vorkehrungen hätte treffen müssen. Eine Konstellation, in der dem Antragsteller weder die Schiedsklage noch die Verfügungen des Schiedsgerichts übermittelt worden sind (vgl. BayObLG, Beschluss vom 16. März 2000, 4Z Sch 50/99, NJW-RR 2001, 431 [juris Rn. 16 ff.]), liegt nicht vor. Der Antragsteller, der sich dem Schiedsgericht gegenüber mit Telefax vom 6. April 2023 dahingehend geäußert hatte, dass er das Verfahren ablehne, hat nicht geltend gemacht, dass er in der mündlichen Verhandlung erschienen wäre, hätte er von der Ladung Kenntnis genommen.
91
(3) Soweit der Antragsteller einen ordre-public-Verstoß wegen Verletzung seines Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs darin sieht, dass der Vertrag über die „Grassilage“ lediglich mündlich und mit anderem Inhalt geschlossen worden sei, erstrebt er in der Sache lediglich eine Überprüfung des Schiedsspruchs auf seine materielle Richtigkeit, was mit dem grundsätzlichen Verbot der révision au fond unvereinbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 2025, I ZB 78/24, juris Rn. 31 m. w. N.). Entsprechendes gilt für die sonstigen Rügen des Antragstellers, mit denen er geltend macht, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts in materiell-rechtlicher Hinsicht unter Mängeln leide. Im Verfahren vor dem staatlichen Gericht kommt eine Nachprüfung der Frage, ob das Schiedsgericht in der Sache zutreffend entschieden hat, regelmäßig nicht in Betracht.
92
(4) Aus diesen Gründen kann dahinstehen, ob es dem Antragsteller, der die Möglichkeit der Berufung im Schiedsverfahren nicht genutzt hat, ohnehin nach § 1027 ZPO verwehrt ist, eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem staatlichen Gericht geltend zu machen (vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 2. Mai 2017, I ZB 1/16, SchiedsVZ 2017, 317 Rn. 26; BayObLG, Beschluss vom 18. September 2022, 101 Sch 60/21, juris Rn. 90).
93
b) Soweit der Schiedsspruch Schadensersatzansprüche der Antragsgegnerin wegen der Lieferung von „Hähnchenmist“ (Kontraktbestätigung vom 30. August 2022) betrifft, ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung als unbegründet zurückzuweisen, weil der Aufhebungsgrund der fehlenden Schiedsvereinbarung gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) ZPO, § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO eingreift. Für die Streitigkeit über das Geschäft mit dem „Hähnchenmist“ ist jedenfalls keine formwirksame Schiedsvereinbarung gemäß § 1031 Abs. 1 bis 3 ZPO getroffen worden.
94
aa) Die Voraussetzungen von § 1031 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Anders als beim Vertrag über die Lieferung der „Grassilage“ hat beim Geschäft mit dem „Hähnchenmist“ kein Austausch von Nachrichten in der erforderlichen Form stattgefunden. Die Kontraktbestätigung ist lediglich unwidersprochen geblieben. Der Antragsteller hat sein Einverständnis mit den in der Kontraktbestätigung niedergelegten Konditionen nicht durch Nachrichtenübermittlung erklärt, sondern geschwiegen.
95
bb) Die Voraussetzungen von § 1031 Abs. 2 und 3 ZPO sind ebenfalls nicht erfüllt.
96
(1) Die Form des § 1031 Abs. 2 ZPO gilt als gewahrt, wenn eine Partei der anderen ein Schriftstück mit einem Angebot zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung oder – wie hier – einer Vereinbarung nach § 1031 Abs. 3 ZPO übermittelt und das Schweigen der Gegenpartei oder der nicht rechtzeitige Widerspruch nach der Verkehrssitte als ihre Zustimmung zu dem schriftlichen Abschlussangebot anzusehen ist; das beurteilt sich nach dem maßgeblichen, auf die Schiedsvereinbarung anzuwendenden materiellem Recht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 19. August 2022, 102 SchH 99/21, ZIP 2022, 2177 [juris Rn. 73]). § 1031 Abs. 2 ZPO erleichtert die Formpflicht durch Rücksichtnahme auf die Verkehrssitte, die eine nationale oder lokale sein kann, sofern sie einer geläufigen Übung entspricht, die Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten (vgl. Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1031 Rn. 35). Hauptfall ist das Schweigen bzw. der nicht rechtzeitige Widerspruch auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben im Handelsverkehr (Anders in Anders/Gehle, ZPO, 80. Aufl. 2022, § 1031 Rn. 6). Ein bloßer Handelsbrauch reicht nicht für die Annahme einer Schiedsvereinbarung (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2017, I ZB 69/16, juris Rn. 21; BayObLG ZIP 2022, 2177 Rn. 73).
97
(2) Vorliegend ist eine Vereinbarung im Wege einer widerspruchslosen Hinnahme nach § 1031 Abs. 2 ZPO nicht anzunehmen.
98
(a) Dem Grundsatz, dass im Handelsverkehr der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens unverzüglich widersprechen muss, wenn er den Inhalt nicht gegen sich gelten lassen will, liegt ein Handelsbrauch zugrunde, der zu Gewohnheitsrecht geworden ist und im persönlichen Anwendungsbereich nicht mehr auf Kaufleute beschränkt ist. Die Pflicht zum sofortigen Widerspruch wird aus im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen und auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abgeleitet. Innere Rechtfertigung erlangt die Dogmatik vom Schweigen auf kaufmännische Bestätigungsschreiben im Wesentlichen über die Argumentation von Vertrauensschutz bzw. Verkehrsschutz innerhalb der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre. Persönlich anwendbar sind die Regeln über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auf Kaufleute, aber auch auf Personen, die wie ein Kaufmann selbständig und in größerem Umfang am Rechtsverkehr teilnehmen (vgl. BGH, Urt. v. 27. Januar 2011, VII ZR 186/09, BGHZ 188, 128 [juris Rn. 22 f.]; Ellenberger in Grüneberg, BGB, § 147 Rn. 9). Erfasst sind aber nicht alle Unternehmer im Sinne des § 14 BGB (Ellenberger in Grüneberg a. a. O.).
99
(b) Ein Land- und Forstwirt ist nach der gesetzlichen Konzeption kein Kaufmann, es besteht für ihn lediglich die Möglichkeit, sich unter einer Firma in das Handelsregister eintragen zu lassen und dadurch Kaufmann zu werden, wenn sein Betrieb nach Art und Umfang eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs bedarf (§ 3 Abs. 2 i. V. m. § 2 HGB). Der Antragsteller ist nicht im Handelsregister eingetragen. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, der Antragsteller sei Geschäftsführer und Gesellschafter der … GmbH und damit Kaufmann, trifft die rechtliche Schlussfolgerung bereits nicht zu. Der Einwand geht überdies ins Leere, da Vertragspartner der Antragsgegnerin der Antragsteller und nicht die … GmbH ist.
100
Es ist im Streitfall auch nicht anzunehmen, dass der Antragsteller ähnlich einem Kaufmann in größerem Umfang selbständig beruflich am Markt teilnimmt, so dass von ihm erwartet werden könne, nach kaufmännischer Übung zu verfahren (vgl. Ellenberger in Grüneberg, BGB, § 147 Rn. 9; Armbrüster in Erman BGB, 17. Aufl. 2023, § 147 Rn. 6 m. w. N.). Dem pauschalen und hinsichtlich des Beweismittels untauglichen Beweisangebot der Antragsgegnerin auf Erholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung, dass der Antragsteller „als Kaufmann zu qualifizieren“ sei, ist nicht zu entsprechen. Die Antragsgegnerin ist dem Vorbringen des Antragstellers, er habe mit dem Handel von Getreidesilage oder Hühnerkot eigentlich nichts zu tun, sondern habe vorliegend aufgrund einer behördlichen Weisung gehandelt, im Übrigen nicht ausreichend entgegengetreten. Im Streitfall ist daher nicht anzunehmen, dass der Antragsteller in größerem Umfang tätig geworden wäre und die Verkehrserwartung aus diesem Grund eine unverzügliche Reaktion wie bei einem Kaufmann erfordert hätte (vgl. Armbrüster in Erman BGB, § 147 Rn. 6).
101
Aus § 2 Abs. 1 Satz 2 EB folgt bereits deswegen keine andere Bewertung, weil die gesetzlichen Voraussetzungen an die Form einer Schiedsvereinbarung gemäß § 1032 Abs. 2 und 3 ZPO nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen abbedungen werden können. Entsprechendes gilt für die in der Kontraktbestätigung enthaltene Allgemeine Geschäftsbedingung, dass es sich, sofern der Verkäufer „nicht im HGB eingetragen“ ist, „rechtlich“ (dennoch) „um einen Kontrakt unter Kaufleuten“ handele.
102
c) Die Vollstreckbarerklärung der schiedsgerichtlichen Kostenentscheidung (Ziffer 3 des Schiedsspruchs) ist ebenfalls zu versagen, weil die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs in der Hauptsache teilweise abgelehnt wird. Der Ausspruch über die Kosten eines Schiedsspruchs wird ohne weiteres hinfällig, wenn der Schiedsspruch in der Hauptsache aufgehoben wird. Da sich die Grundlage, auf der das Schiedsgericht die Kostenentscheidung nach § 1057 Abs. 1 Satz 2 ZPO getroffen hat, schon durch die Teilaufhebung (siehe nachfolgend unter III) verändert, eine sachliche Änderung des Schiedsspruchs aufgrund des Verbots der révision au fond jedoch allein dem Schiedsgericht obliegt, gilt dies auch bei einer lediglich teilweisen Aufhebung des Schiedsspruchs (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009, III ZB 88/07, BGHZ 179, 304 Rn. 37).
103
Einen Antrag, die Sache gemäß § 1059 ZPO an das Schiedsgericht zurückzuverweisen, hat die Antragsgegnerin nicht gestellt.
104
3. Der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 6. Februar 2025 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
III.
105
Der Antrag auf Aufhebung ist zulässig, führt aber nur in dem tenorierten Umfang zum Erfolg. Im Übrigen ist der Aufhebungsantrag zurückzuweisen.
106
1. Der Aufhebungsantrag ist dahin auszulegen, dass begehrt wird, den Schiedsspruch insgesamt, also auch im Hinblick auf Ziffer 2 des Schiedsspruchs (Erstattung der Kosten der Preisfeststellung in Höhe von 477,06 €) aufzuheben. Der entsprechende gerichtliche Hinweis vom 11. Januar 2024 ist unwidersprochen geblieben.
107
2. Der Aufhebungsantrag ist zulässig.
108
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 ZPO i. V. m. § 7 GZVJu auch für den Aufhebungsantrag zuständig.
109
b) Der Aufhebungsantrag ist, wie ausgeführt, fristgemäß eingereicht worden (§ 1059 Abs. 3 ZPO).
110
c) Auch das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben.
111
aa) Das Grundgesetz garantiert Rechtsschutz vor den Gerichten nicht nur gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, sondern darüber hinaus im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs. Dieser ist Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG. Der allgemeine Justizgewährungsanspruch umfasst nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Recht auf Zugang zu den staatlichen Gerichten, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie eine verbindliche Entscheidung durch ein staatliches Gericht. Der Justizgewährungsanspruch garantiert darüber hinaus aber auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Ein Antrag ist zwar als unzulässig abzuweisen, wenn für ihn kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses soll verhindern, dass Rechtsstreitigkeiten in das Stadium der Begründetheitsprüfung gelangen, für die eine solche Prüfung nicht erforderlich ist. Grundsätzlich haben Rechtssuchende allerdings einen Anspruch darauf, dass die staatlichen Gerichte ihr Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2024, I ZB 22/24, juris Rn. 17 f.).
112
bb) Ausgehend von diesem Maßstab ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht deswegen entfallen, weil § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmt, dass ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung „unter Aufhebung des Schiedsspruchs“ abzulehnen ist, wenn ein Aufhebungsgrund vorliegt und zugleich die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung den Widerantrag auf Vollstreckbarerklärung gestellt hat mit der Folge, dass dieser nicht mehr ohne Einverständnis des Antragstellers zurückgenommen werden kann (§ 269 Abs. 1 ZPO).
113
(1) Grundsätzlich ist sowohl über den Aufhebungsantrag als auch über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu verhandeln und zu entscheiden. Der Widerantrag auf Vollstreckbarerklärung ist erst nach dem Aufhebungsantrag eingereicht worden. Der Aufhebungsantrag kann somit nicht in einen bloßen Gegenantrag auf Aufhebung im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens umgedeutet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 1999, III ZB 21/98, BGHZ 142, 204 [207, juris Rn. 7] zum umgekehrten Fall; vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 28. Juni 2022, 101 Sch 120/21, juris Rn. 74).
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(2) Zwar bestimmt § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO, dass der Antrag auf Vollstreckbarerklärung „unter Aufhebung des Schiedsspruchs“ abzulehnen ist, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Zudem folgt aus § 269 Abs. 1 ZPO, der im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs entsprechende Anwendung findet (vgl. BayObLG, Beschluss vom 6. Mai 2024, 101 Sch 40/24 e, juris Rn. 13), dass der Widerantrag auf Vollstreckbarerklärung nicht mehr ohne Einwilligung des Gegners zurückgenommen werden kann, sobald der Widerantragsgegner über ihn mündlich verhandelt hat. Soweit – wie hier – Aufhebungsgründe vorliegen, hätte eine Aufhebung des Schiedsspruchs in einer Konstellation wie der vorliegenden somit ohnehin zusammen mit der Ablehnung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung zu erfolgen. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller mit dem selbständigen Aufhebungsantrag einen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann und deshalb ein verständliches Interesse an der Verfolgung des selbständigen Antrags auf Aufhebung anzuerkennen ist. Dass der Aufhebungsantrag objektiv schlechthin sinnlos ist, kann nicht festgestellt werden.
115
4. Der Aufhebungsantrag ist teilweise begründet.
116
Soweit der Antragsgegnerin vom Schiedsgericht Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Vertrag über die Lieferung von „Hähnchenmist“ (Kontraktbestätigung vom 30. August 2022) zugesprochen worden ist, führt der Aufhebungsantrag in dem tenorierten Umfang zum Erfolg. Wie ausgeführt, ist der Aufhebungsgrund des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) ZPO erfüllt, da die Parteien insoweit keine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen haben.
117
Der Aufhebungsantrag ist auch hinsichtlich der schiedsgerichtlichen Kostenentscheidung (Ziffer 3 des Schiedsspruchs) begründet, weil der Schiedsspruch in der Hauptsache teilweise aufgehoben wird (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009, III ZB 88/07, BGHZ 179, 304 Rn. 37).
118
Im Übrigen (Schadensersatz wegen teilweiser Nichterfüllung des Vertrags über die Lieferung der „Grassilage“ in Höhe von 7.590,93 € nebst Zinsen [vgl. Ziffer 1 des Schiedsspruchs] sowie Erstattung der Kosten der Preisfeststellung für die „Grassilage“ in Höhe von 255,25 € zuzüglich 19% Umsatzsteuer [vgl. Ziffer 2 des Schiedsspruchs]) ist der Aufhebungsantrag unbegründet und daher zurückzuweisen. Wie ausgeführt liegen Aufhebungsgründe nicht vor, soweit sich der Schiedsspruch auf den Vertrag über die Lieferung der „Grassilage“ bezieht.
IV.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
120
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 ZPO anzuordnen.
121
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs. 1, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 3, § 48 GKG i. V. m. § 3 ZPO. Der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs und der Widerantrag auf Vollstreckbarerklärung betreffen denselben Gegenstand im kostenrechtlichen Sinn, so dass wirtschaftliche Identität im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG vorliegt. Den Streitwert bewertet der Senat mit dem Wert der im Schiedsspruch zugesprochenen Hauptforderungen. Das Begehren auf Vollstreckbarerklärung bzw. Aufhebung (auch) der schiedsgerichtlichen Kostenentscheidung wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023, I ZB 31/22, juris Rn. 9).