Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 13.01.2025 – 203 StRR 615/24
Titel:

Anfechtung der Kostenentscheidung, Sofortige Beschwerde, Zurückverweisung, Zulässigkeit des Rechtsmittels, Rechtsmittelführer, Prüfung des Revisionsgerichts, Isolierte Anfechtbarkeit, Entscheidungsgründe, Zulässigkeitsvoraussetzungen, Statthaftigkeit, Sprungrevision, Aufhebung, Angefochtenes Urteil, Unzulässigkeit, OLG Braunschweig, Berufungsgründe, BGH-Beschluss, Ermittlungsverfahren, Zuständigkeit des Oberlandesgerichts, Beschwerdeführer

Normenketten:
StPO § 333
StPO § 464 Abs. 3 S. 1, 2. HS.
Leitsätze:
1. Hat das Tatgericht nach der partiellen Aufhebung einer Einziehungsentscheidung und Zurückverweisung der Sache in der daraufhin getroffenen Entscheidung von der Anordnung einer Einziehung abgesehen und ausschließlich eine Kostenentscheidung getroffen, fehlt der Revision des Angeklagten die Zulässigkeitsvoraussetzung der Beschwer. Denn die unmittelbare Beeinträchtigung der Rechte des Rechtsmittelführers muss sich aus dem Tenor selbst und nicht nur aus den Entscheidungsgründen ergeben.
2. In diesem Fall ist die Kostenentscheidung isoliert anfechtbar. Die Unzulässigkeit der Revision mangels Beschwer hat jedoch zur Folge, dass dem Senat eine Entscheidung über die sofortige Beschwerde verwehrt ist. Hat sich das Revisionsgericht mangels Zulässigkeit des Rechtsmittels mit der Revision sachlich nicht zu befassen, so fehlt ihm auch die Zuständigkeit für die Entscheidung über eine sofortige Beschwerde, mit der sich der Angeklagte gegen die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil wendet.
Schlagworte:
Revision, Unzulässigkeit, Beschwer, Kostenentscheidung, Sprungrevision, Sofortige Beschwerde, Zuständigkeit
Vorinstanz:
AG Hersbruck, Urteil vom 12.09.2024 – 3 Cs 353 Js 25199/21 (2)
Fundstellen:
FDStrafR 2025, 004326
BeckRS 2025, 4326

Tenor

I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hersbruck vom 12. September 2024 wird als unzulässig verworfen.
II. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
III. Zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die im vorgenannten Urteil enthaltene Kostenentscheidung ist das Oberlandesgericht Nürnberg berufen.

Gründe

1
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hersbruck vom 12. September 2024 ist gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen. Das Amtsgericht Hersbruck hat nach der partiellen Zurückverweisung der Sache mit Senatsbeschluss vom 21. Juni 2023 in der nunmehr erneut angefochtenen Entscheidung von der Anordnung einer Einziehung abgesehen und ausschließlich eine Kostenentscheidung getroffen. Der nach § 335 Abs. 1 i.V.m. § 312 StPO grundsätzlich statthaften Sprungrevision des Angeklagten fehlt damit die Zulässigkeitsvoraussetzung der Beschwer. Denn die unmittelbare Beeinträchtigung der Rechte des Rechtsmittelführers muss sich nach ständiger Rechtsprechung aus dem Tenor selbst und nicht nur aus den Entscheidungsgründen ergeben (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020 – 4 StR 608/19 –, juris Rn. 2 m.w.N.; Hamm/Pauly in: Hamm/Pauly, Die Revision in Strafsachen, 8. Aufl. 2021, Teil 1: Voraussetzungen der Revision D II Rn. 94). Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob der Beschwerdeführer im Strafverfahren wirksam auf die Herausgabe der im Ermittlungsverfahren sichergestellten Gegenstände verzichtet hat (dazu eingehend BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18-, juris und BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 3 StR 307/18 –, BGHSt 63, 314-323, juris) oder ob er einen Anspruch auf Herausgabe hat, unterliegt damit nicht der Prüfung des Revisionsgerichts.
2
2. Die Anfechtung der Kostenentscheidung des Urteils richtet sich nach § 464 Abs. 3 StPO. Entgegen der Rechtsauffassung der Generalstaatsanwaltschaft ist die Anfechtung nicht bereits nach § 464 Abs. 3 S. 1 2. HS StPO ausgeschlossen. Denn eine Anfechtung der Hauptentscheidung, die sich in der Zusammenschau mit dem Urteil des Amtsgerichts Hersbruck vom 16. November 2022 als ein Teil einer einheitlichen gerichtlichen Endentscheidung darstellt, durch den Beschwerdeführer ist nach §§ 335, 312 StPO grundsätzlich statthaft. Damit ist die Kostenentscheidung isoliert anfechtbar. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 464 Abs. 3 S. 1, 2. HS StPO führt nur die Nicht-Statthaftigkeit des Rechtsmittels zum Ausschluss der sofortigen Beschwerde, sonstige Zulässigkeitshindernisse wie etwa eine mangelnde Beschwer bleiben außer Betracht (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 19. Januar 2023 – 1 Ws 309/22 –, juris Rn. 8; OLG Hamm, Beschluss vom 16. November 2021 – 3 Ws 433/21, BeckRS 2021, 36729; Grommes in MüKoStPO, 2. Aufl. 2024, StPO § 464 Rn. 44).
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Die Unzulässigkeit der Revision mangels Beschwer hat hier jedoch zur Folge, dass dem Senat eine Entscheidung über die sofortige Beschwerde verwehrt ist. Hat sich das Revisionsgericht mangels Zulässigkeit des Rechtsmittels mit der Revision sachlich nicht zu befassen, so fehlt ihm auch die Zuständigkeit für die Entscheidung über eine sofortige Beschwerde, mit der sich der Angeklagte gegen die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil wendet (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2009 – 3 StR 592/08 –, juris Rn. 4 zur Unzulässigkeit einer Revision der Nebenklage; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 464 Rn. 25a; Grommes a.a.O. § 464 Rn. 54; Kurtze in LR, StPO, 27. Aufl., § 464 Rn. 67; Gieg in KK-StPO, 9. Aufl., § 464 Rn. 13). Es verbleibt bei der Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Nürnberg nach § 464 Abs. 3 S. 1, § 311 StPO, § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.