Inhalt

VGH München, Beschluss v. 28.02.2025 – 1 NE 24.1907
Titel:

einstweiliger Rechtsschutz im Normenkontrollverfahren, planbedingte Verkehrszunahme, Oberflächen- und Niederschlagswasserbeseitigung, Sondergebiet Seniorenpflege/-wohnen, Änderung des Umweltberichts nach Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung, Offene Erfolgsaussichten, Interessenabwägung

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 6
BauGB § 1 Abs. 3
BauNVO § 11 Abs. 1
BauGB § 1 Abs. 7
BauGB § 1a Abs. 3 S. 1
BauGB § 2 Abs. 3
BauGB § 4a Abs. 3 S. 1
Schlagworte:
einstweiliger Rechtsschutz im Normenkontrollverfahren, planbedingte Verkehrszunahme, Oberflächen- und Niederschlagswasserbeseitigung, Sondergebiet Seniorenpflege/-wohnen, Änderung des Umweltberichts nach Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung, Offene Erfolgsaussichten, Interessenabwägung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4309

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller zu 1) und die Antragsteller zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldner tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 25.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller wenden sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen den Bebauungsplan „Ü.-Ost“, den die Antragsgegnerin am 18. April 2024 sowie nach Durchführung eines ergänzenden Verfahrens erneut am 9. Dezember 2024 als Satzung beschlossen und am 27. Juni 2024 sowie am 19. Dezember 2024 erneut und rückwirkend zum 27. Juni 2024 bekannt gemacht hat.
2
Das ca. 2,65 ha große Plangebiet liegt am (nord)östlichen Rand des Hauptortes im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin und wird bislang ganz überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Es reicht im Norden bis an die B. straße und bezieht diese teilweise mit ein und grenzt im Nordwesten, Westen und Südwesten an Siedlungsflächen entlang der B. straße, der M1. Straße, der W. straße sowie der Straße Weidenfeld und im Übrigen an landwirtschaftlich genutzte Flächen an. Die westlich angrenzenden Flächen sind durch den Bebauungsplan „M. Straße“ als Mischgebiet, die südwestlich angrenzenden Flächen durch die Bebauungspläne „W. straße“ und „W. straße II“ als Mischgebiet bzw. allgemeines Wohngebiet überplant. Nördlich des vom Plangebiet umfassten Abschnitts der B.straße verläuft die Bahnlinie M.-S.. Südlich der B. straße und entlang derselben besteht im Norden des Plangebiets ein Park & R1.platz.
3
Der Bebauungsplan setzt ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Seniorenpflege/-wohnen“ und ein allgemeines Wohngebiet, das in neun Bereiche gegliedert ist (WA 1 bis WA 9), sowie die zur Erschließung mittels einer von der B. straße abzweigenden Stichstraße erforderlichen Verkehrsflächen fest. Über einen ebenfalls festgesetzten Rad- und Fußweg wird das Baugebiet mit der M1. Straße verbunden. Die Baufenster in den einzelnen Baugebieten werden durch Baugrenzen festgelegt, das Maß der baulichen Nutzung wird durch die Festsetzung der jeweils maximal zulässigen Grundfläche je Bauraum (mit gestaffelter Überschreitungsmöglichkeit für bestimmte bauliche Anlagen) sowie der maximal zulässigen Wandhöhe bestimmt. Im nahe der B. straße liegenden WA 8 ist die Bebauung entlang den mit einem bestimmten Planzeichen gekennzeichneten Bereichen nach den textlichen Festsetzungen (§ 14) in der festgesetzten Höhe durchgehend und ohne Lücken zu errichten und darf die festgesetzte maximale Oberkante der Wandhöhe lediglich um bis zu 0,5 m unterschritten werden. Im Sondergebiet „Seniorenpflege/-wohnen“ sind ausschließlich folgende Nutzungen zulässig: Räume zur Unterbringung und Versorgung von Senioren in Wohngruppen, Räume zur Betreuung und Unterbringung von gerontopsychiatrisch Pflegebedürftigen in Wohngruppen, Räume für gemeinschaftliche, gesundheitliche, sportliche und kulturelle Zwecke im Zusammenhang mit den übrigen zulässigen Nutzungen, ambulante Einrichtungen zur Seniorenpflege, Verwaltungsnutzungen in Zusammenhang mit den übrigen zulässigen Nutzungen, Neben-, Technik- und Serviceräume (z.B. Küchen) im Zusammenhang mit den übrigen zulässigen Nutzungen, betreutes Wohnen und Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal. § 17 der textlichen Festsetzungen enthält Regelungen zu den Abstandsflächen. In § 13 der textlichen Festsetzungen werden im Hinblick auf die Lärmvorbelastung durch die B. straße und den Bahnverkehr Festsetzungen zum Immissionsschutz getroffen.
4
Den Festsetzungen des Bebauungsplans liegen eine Relevanzprüfung zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) vom 8. September 2022, eine Wohnbauflächenbedarfsermittlung und Potentialanalyse vom 20. Dezember 2022, eine schalltechnische Untersuchung vom 5. Dezember 2023, der eine Voruntersuchung von Dezember 2022 vorausgegangen ist, und eine ergänzende schalltechnische Stellungnahme vom 8. April 2024, ein geotechnischer Bericht vom 14. April 2023 sowie eine Grundwasseraufstauberechnung vom 6. November 2023 zugrunde.
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Die Antragsteller sind Allein-, Mit- bzw. Gesamthandseigentümer der nordwestlich unmittelbar an das Plangebiet angrenzenden Grundstücke FlNrn. …, … und …; das Grundstück FlNr. … liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „M. Straße“. Das Grundstück FlNr. … und das östlich davon gelegene Grundstück … sind jeweils mit einem Wohngebäude bebaut. Die Wohngrundstücke sind von der B. straße über einen Privatweg, der sich auf dem Grundstück FlNr. … befindet, erreichbar. Unmittelbar entlang der südlichen Grenze der Grundstücke der Antragsteller sind im Bebauungsplan Stellplatzflächen vorgesehen, an die sich die Erschließungsstraße anschließt.
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Am 15. August 2024 stellten die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan (1 N 24.1415). Mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beantragen sie zuletzt,
7
den Bebauungsplan „Ü.-Ost“ vom 18. April 2024 und 9. Dezember 2024 (Satzungsbeschlüsse vom 18. April 2024 und 9. Dezember 2024), ursprünglich bekannt gemacht am 27. Juni 2024 und zuletzt rückwirkend bekannt gemacht am 19. Dezember 2024, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug zu setzen und den ursprünglich am 27. Juni 2024 und zuletzt am 19. Dezember 2024 rückwirkend bekannt gemachten Bebauungsplan „Ü.-Ost“ vom 18. April 2024 und 9. Dezember 2024 (Satzungsbeschlüsse vom 18. April 2024 und 9. Dezember 2024) vorläufig bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO bezogen auf die Herstellung der öffentlichen Straßenverkehrsfläche im Plangebiet außer Vollzug zu setzen.
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Zur Begründung wird unter anderem vorgetragen, dass die Antragsteller antragsbefugt seien. Es erscheine vorliegend insbesondere möglich, dass das abwägungserhebliche Interesse der Antragsteller, von einer Beeinträchtigung und Gefährdung ihrer Gesundheit und ihres Eigentums durch das im Plangebiet anfallende Oberflächen- und Niederschlagswasser, von planbedingtem Verkehrslärm und von der planbedingten Erhebung von Erschließungsbeiträgen verschont zu bleiben bzw. mit ihren Grundstücken in das Plangebiet einbezogen zu werden, sowie das abwägungserhebliche Interesse an einer Nichtbebauung von Nachbargrundstücken mit im Vergleich zur eigenen Wohnbebauung hohen Gebäuden ohne hinreichenden Abstand und am Erhalt einer bisherigen Grünfläche auf dem Nachbargrundstück in der Abwägung fehlerhaft behandelt worden sei. Zur Begründetheit des Antrags wird über die nähere Erläuterung der bereits in Bezug auf die Antragsbefugnis angesprochenen Aspekte hinaus insbesondere Folgendes dargelegt: § 11 BauNVO sei keine taugliche Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Sondergebiets mit der Zweckbestimmung „Seniorenpflege/-wohnen“. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwägung hinsichtlich der Belange des Immissionsschutzes betreffend die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse sei unzureichend, weil das Lärmschutzkonzept der Antragsgegnerin mit Fehlern behaftet sei. Dem Plan fehle es an Festsetzungen, die die Umsetzung und dauerhafte Sicherung des Lärmschutzkonzepts gewährleisteten. Die Antragsgegnerin habe tatsächlich in Betracht kommende Planungsalternativen betreffend die Trassenführung der öffentlichen Verkehrsfläche und die Anordnung von etwaigen öffentlichen Parkplätzen im Plangebiet nicht bzw. nicht ausreichend in Betracht gezogen. Die schalltechnische Stellungnahme vom 8. April 2024 sei nicht hinreichend in die Abwägung eingestellt worden, da diese im Rahmen der Sitzung des Bauausschusses vom 18. April 2024 nicht vorgelegen habe. Wesentliche Aspekte zur Beurteilung der planbedingten Zunahme des Verkehrs im Plangebiet und die von der öffentlichen Verkehrsfläche ausgehende Lärmbeeinträchtigung auf die Grundstücke der Antragsteller seien nicht hinreichend ermittelt worden. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwägung betreffend die naturschutzfachliche Eingriffsregelung und die Belange des Umwelt- und Naturschutzes sei fehlerhaft. Eine zutreffende Bestandserfassung und -bewertung liege insoweit nicht vor. Die Antragsgegnerin habe das Bestehen eines Biotops im Plangebiet verkannt. Der Bebauungsplan verstoße vor dem Hintergrund von nach der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgenommenen Änderungen des Umweltberichts betreffend den planbedingten Verkehrslärm sowie die naturschutzfachliche Eingriffsregelung gegen die Pflicht zur erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit. Zur Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung wird u.a. dargelegt, dass mit dem Vollzug des Bebauungsplans, insbesondere der weiteren Errichtung der öffentlichen Straßenverkehrsfläche mit mangelhafter Entwässerung, schwerwiegende Beeinträchtigungen besonders schützenswerter Belange verbunden seien. Außerdem sei bei Herstellung der Erschließungsstraße zu befürchten, dass die Antragsgegnerin einer Abwägung der von den Antragstellern angeregten alternativen Trassenführungen bzw. dem Abrücken der öffentlichen Straße von ihren Grundstücken nicht mehr offen, sondern voreingenommen gegenüberstehe. Sollten die Erschließungsarbeiten fortgeführt werden, werde das Plangebiet und das bislang bestehende, artenreiche Grünland weiter verändert und unter Umständen nachhaltig geschädigt. Schließlich sei mit dem dargelegten Verstoß gegen die Pflicht zur nochmaligen Beteiligung der Öffentlichkeit gegen Unionsrecht verstoßen worden, so dass wegen der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts regelmäßig ein wichtiger Grund bzw. ein schwerer Nachteil vorliege, der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung streite.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
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Der Antrag sei bereits unzulässig, da den Antragstellern die Antragsbefugnis fehle. Im Übrigen sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch unbegründet. Eine solche sei schon nicht dringend geboten. Außerdem sei auch der Normenkontrollantrag unbegründet, da der Bebauungsplan keinen Fehler aufweise, der zu seiner Unwirksamkeit führe.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Antragsgegnerin vorgelegten Normaufstellungsakten sowie auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren 1 N 24.1415 Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hat keinen Erfolg.
14
1. Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere sind die Antragsteller antragsbefugt.
15
1.1 Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der jeweilige Antragsteller muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Der Eigentümer eines Grundstücks, für das der Bebauungsplan Festsetzungen trifft, ist grundsätzlich nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 – 4 BN 17.17 u.a. – BauR 2018, 814). Der Eigentümer eines außerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstücks ist antragsbefugt, wenn er eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots geltend machen kann. Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privaten Belange, die für die Abwägung erheblich sind (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2019 – 3 BN 2.18 – NVwZ-RR 2019, 1027; B.v. 13.11.2012 – 4 BN 23.12 – juris Rn. 4; B.v. 22.8.2000 – 4 BN 38.00 – NVwZ 2000, 1413). Die Antragsbefugnis ist jedoch dann nicht gegeben, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2015 – 4 BN 30.14 – BauR 2015, 967; B.v. 10.7.2012 – 4 BN 16.12 – BauR 2012, 1771). Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2020 – 4 BN 44.20 – juris Rn. 7; B.v. 12.1.2016 – 4 BN 11.15 – ZfBR 2016, 263). Die Prüfung, ob dies der Fall ist, ist nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffs vorzunehmen und darf nicht in einem Umfang und in einer Intensität erfolgen, die einer Begründetheitsprüfung gleichkommt (vgl. BVerwG, B.v. 14.9.2015 – 4 BN 4.15 – ZfBR 2016, 154). Für die Entscheidung über die Antragsbefugnis darf das Gericht den Sachverhalt nicht von sich aus weiter aufzuklären. Die im Laufe des Verfahrens fortschreitende Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht vermag die Antragsbefugnis eines Antragstellers nicht nachträglich in Frage zu stellen. Andererseits muss das Gericht widerstreitendes Vorbringen des jeweiligen Antragsgegners, auf dessen Grundlage sich die maßgeblichen Tatsachenbehauptungen in der Antragsschrift als offensichtlich unrichtig erweisen, nicht ausblenden, sondern kann auf der Grundlage des wechselseitigen Schriftverkehrs darüber befinden, ob es einen abwägungserheblichen Belang des bzw. der Antragsteller(s) geben kann (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2013 – 4 BN 13.13 – ZfBR 2014, 159 und B.v. 14.9.2015 a.a.O.).
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1.2 Gemessen hieran zeigt die Antragsbegründung jedenfalls im Hinblick auf die planbedingte Verkehrszunahme die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Antragsteller auf. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die (ergänzende) schalltechnische Stellungnahme vom 8. April 2024 zur Immissionsbelastung der Nachbarschaft durch den Verkehr auf den geplanten öffentlichen Verkehrsflächen im Plangebiet als einschlägigen Maßstab für alle Grundstücke zu Recht die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV für ein Mischgebiet herangezogen hat. Denn dieser Stellungnahme, die ausweislich des Protokolls der Sitzung des beschließenden Ausschusses der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 18. April 2024 tatsächlich vorlag und schon damals Entscheidungsgrundlage war (vgl. S. 58 des Sitzungsprotokolls, vgl. auch S. 33 und 36 der Begründung des Bebauungsplans), ist ohne Weiteres zu entnehmen, dass auch die für allgemeine bzw. reine Wohngebiete einschlägigen Grenzwerte der 16. BImSchV von 59 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts durch die prognostizierte Immissionsbelastung von 56 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts infolge des Verkehrs auf den im Plangebiet vorgesehenen öffentlichen Verkehrsflächen auf den Grundstücken der Antragsteller nicht überschritten werden.
17
Allerdings ist das Interesse, von planbedingtem Verkehrslärm verschont zu bleiben, grundsätzlich auch dann ein abwägungserheblicher Belang, wenn die Zunahme (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.1996 – 11 B 66.96 – juris Rn. 6; U.v. 21.3.1996 – 4 C 9.95 – BVerwGE 101, 1) des Verkehrslärms die einschlägigen Grenzwerte nicht überschreitet. Anderes gilt nur, wenn der Lärmzuwachs nur geringfügig ist oder sich nur unwesentlich auf das bzw. die Nachbargrundstück(e) auswirkt (vgl. BVerwG, B.v. 10.7.2020 – 4 BN 50.19 – BauR 2020, 1767; B.v. 1.7.2020 – 4 BN 49.19 – juris Rn. 8 m.w.N.; BayVGH, B.v. 25.7.2022 – 1 NE 22.1358 – juris Rn. 18; B.v. 14.12.2021 – 1 NE 21.2369 – juris Rn. 13). Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht anhand fester Maßstäbe beurteilen, sondern ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 10.7.2020 a.a.O.; B.v. 24.8.2017 – 4 BN 35.17 – juris Rn. 6; B.v. 20.7.2011 – 4 BN 22.11 – BauR 2012, 76; BayVGH, B.v. 25.7.2022 a.a.O. Rn. 18). Insoweit ist eine wertende Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorbelastung und der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets vorzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 10.7.2020 a.a.O. m.w.N.).
18
Vorliegend hat die Antragsgegnerin die durch die planbedingte Verkehrszunahme verursachten Lärmauswirkungen auf die Plannachbarn gutachterlich ermitteln und damit erkennen lassen, dass sie die Verkehrszunahme nicht nur als geringfügig ansieht. Wenn man die zulässigen Nutzungen im Plangebiet betrachtet, insbesondere auch das Nutzungsspektrum des gegenüber den Grundstücken der Antragsteller festgesetzten Sondergebiets, dürfte auch die regelmäßig bei 200 zusätzlichen zu erwartenden Fahrzeugbewegungen pro Tag anzusetzende Bagatellgrenze überschritten sein (vgl. BayVGH, B.v. 25.7.2022 – 1 NE 22.1358 – juris Rn. 18; U.v. 16.5.2017 – 15 N 15.1485 – BayVBl 2018, 307 mit Verweis auf die Rechtsprechung des HessVGH). Ob die Abwägungsentscheidung – keine unzumutbare Beeinträchtigung der benachbarten Grundstücke, da die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV nicht überschritten werden – fehlerfrei erfolgt ist, ist eine Frage der Begründetheit.
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2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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2.1 Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. § 47 Abs. 6 VwGO stellt an die Aussetzung einer Norm erheblich strengere Anforderungen als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (vgl. BVerwG, B.v. 18.5.1998 – 4 VR 2.98 – NVwZ 1998, 1065). Prüfungsmaßstab bei einem Bebauungsplan sind die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache. Erweist sich, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinn von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – BauR 2015, 968). Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (BVerwG, B.v. 30.4.2019 – 4 VR 3.19 – BauR 2019, 1442). Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung des Vollzugs von Rechtsvorschriften hat, ist dabei in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.1995 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 93, 181; BayVGH, B.v. 28.11.2019 – 1 NE 19.1502 – juris Rn. 14).
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Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sind im Hinblick auf den gerügten Verfahrensfehler des Unterlassens einer nochmaligen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach Ergänzung des Umweltberichts (2.2) sowie die gerügten Abwägungsfehler im Hinblick auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (2.3) und die Beseitigung des im Plangebiet anfallenden Oberflächen- und Niederschlagswassers (2.4) die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags derzeit als offen anzusehen. Im Übrigen liegen die geltend gemachten formellen und materiellen Mängel des Bebauungsplans voraussichtlich nicht vor (2.5). Die danach gebotene Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragsteller aus (2.6).
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2.2 Nach summarischer Prüfung könnte der Bebauungsplan an einem beachtlichen Verfahrensfehler leiden, weil der Umweltbericht nach dem Verfahren der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung gemäß § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 BauGB ergänzt wurde, ohne ihn der Öffentlichkeit und den Behörden erneut zugänglich zu machen. Eine Pflicht zur erneuten Durchführung eines Beteiligungsverfahrens wurde zwar nach vorläufiger Einschätzung des Senats nicht durch die Ergänzung des Umweltberichts um Informationen zur naturschutzfachlichen Eingriffsregelung begründet (2.2.1). Anderes könnte jedoch im Hinblick auf die Ergänzung des Umweltberichts um neue Informationen über den planbedingten Verkehrslärm gelten (2.2.2).
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Gemäß § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ein erneutes Beteiligungsverfahren unabhängig von der Einschränkung am Ende der Regelung zwar nur dann erforderlich, wenn der Entwurf des Bauleitplans selbst mit den seinen normativen Inhalt ausmachenden zeichnerischen und textlichen Festsetzungen geändert oder ergänzt wird (vgl. BVerwG, B.v. 3.1.2020 – 4 BN 25.19 – juris Rn. 6; U.v. 8.3.2017 – 4 CN 1.16 – BVerwGE 158, 182; BayVGH, B.v. 27.9.2021 – 1 NE 21.1820 – BayVBl 2022, 199), so dass eine „bloße“ Änderung der Begründung, die dem Entwurf des Bebauungsplans lediglich beigefügt wird (vgl. § 2a Satz 1 BauGB), grundsätzlich keine Pflicht zur erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung begründet (vgl. BVerwG, 8.3.2017 a.a.O.). Dies steht jedoch im Fall der Änderung des Umweltberichts, der ein gesonderter Teil der Begründung ist (§ 2a Satz 3 BauGB), möglicherweise zumindest dann nicht mit Unionsrecht in Einklang, wenn die Änderung des Umweltberichts nicht lediglich eine Neubewertung bereits vorhandener Sachinformationen enthält (vgl. BVerwG, U.v. 8.3.2017 a.a.O.; dem folgend OVG NW, U.v. 31.10.2024 – 10 D 279/21.NE – juris Rn. 50 ff.; zur insoweit noch nicht abschließenden Klärung durch das BVerwG vgl. HessVGH, U.v. 19.10.2017 – 4 C 2424/15.N – juris Rn. 69; Kuchler, jurisPR-UmwR 7/2017 Anm. 2; Külpmann, juris PR-BVerwG 20/2017 Anm. 4).
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2.2.1 Vorliegend wurde der Umweltbericht nach Abschluss des Verfahrens nach § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 BauGB dahingehend um Informationen zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ergänzt, dass der Ausgangszustand des Plangebiets – der schon zuvor als intensiv genutzte, artenarme Grünlandfläche beschrieben worden war (vgl. Seite 50 der Begründung des ausgelegten Planentwurfs mit Stand vom 30.11.2023) – naturschutzfachlich eine geringe Bedeutung habe und dass bei einer Begehung durch Herrn … … (Diplom-Biologe, …) am 21. Februar 2024 habe bestätigt werden können, dass die Wiese als Intensivgrünland G11 einzustufen sei, da nur wenige krautige Blütenpflanzen (außer den Nährstoffzeigern wie Löwenzahn und Stumpfblättriger Ampfer) zu finden seien. Es seien keine weiteren Arten vorhanden, welche eine höhere Einstufung als Extensivgrünland zulassen würden (vgl. S. 63 der Begründung des Bebauungsplans). Nach summarischer Prüfung wurde damit die zum Zeitpunkt des Beteiligungsverfahrens bereits im Umweltbericht enthaltene Sachinformation – die Einstufung des Plangebiets als intensiv genutzte, artenarme Grünlandfläche – lediglich um weitere Bewertungen, die die Information zur naturschutzfachlichen Qualität des Plangebiets bestätigen, ergänzt (zu einem ähnlich gelagerten Fall vgl. BVerwG, U.v. 8.3.2017 – 4 CN 1.16 – BVerwGE 158, 182; vgl. auch OVG NW, U.v. 31.10.2024 – 10 D 279/21.NE – juris Rn. 53 ff.). Durch diese Ergänzung dürfte der Zweck der unionsrechtlichen Vorgaben zur Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung, die Sachverstandspartizipation, nicht erneut berührt worden sein, so dass auch unionsrechtlich keine Pflicht zur erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ausgelöst wurde (vgl. BVerwG, U.v. 8.3.2017 a.a.O.) und diese Ergänzung des Umweltberichts in Übereinstimmung mit der Einschätzung der Antragsgegnerin als lediglich „redaktionell“ (vgl. BA-Protokoll v. 18.4.2024, S. 30) anzusehen ist.
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2.2.2 Dagegen erscheint es nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass die Ergänzung des Umweltberichts um neue Informationen betreffend den planbedingten Verkehrslärm insofern anders zu beurteilen ist. Der dem ausgelegten Planentwurf beigefügte Umweltbericht hatte die Auswirkungen der im Bebauungsplan vorgesehenen Straßenneubauten auf die Plannachbarn als Teil der Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch nicht erwähnt (vgl. Seite 59 der Begründung des ausgelegten Bebauungsplans mit Stand vom 30.11.2023). Nach dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 BauGB wurde der Umweltbericht dahingehend ergänzt, dass im Rahmen einer schalltechnischen Stellungnahme die Auswirkungen der im Rahmen des Bebauungsplans vorgesehenen Straßenneubauten (Straße, Stellplätze, P+R-Stellplatz) darauf untersucht worden seien (Text hier unvollständig), ob es zu relevanten Lärmimmissionen an den Bestandsgebäuden komme. Die Stellungnahme komme zu dem Schluss, dass die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV durch die geplanten Straßenneubauten nicht überschritten würden. Somit seien keine entsprechenden Maßnahmen erforderlich (vgl. S. 61 der Begründung des Bebauungsplans). Mangels Vorhandenseins jeglicher Sachinformationen zu den Auswirkungen der im Bebauungsplan vorgesehenen Verkehrsflächen auf die Plannachbarn in dem dem ausgelegten Planentwurf beigefügten Umweltbericht kann diese Ergänzung voraussichtlich nicht als „bloße“ Neubewertung bereits vorhandener Sachinformationen angesehen werden, so dass das Unionsrecht möglicherweise ein erneutes Beteiligungsverfahren geboten hätte.
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Ein dahingehender Fehler wäre voraussichtlich auch nicht gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB unbeachtlich. Dabei kann dahinstehen, ob die sich allein auf die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften „dieses Gesetzbuchs“, also des Baugesetzbuchs, beziehende Vorschrift auf das Unterlassen eines bei Änderung allein des Umweltberichts unionsrechtlich gebotenen erneuten Beteiligungsverfahrens anwendbar ist. Denn auch wenn dies der Fall wäre, wäre ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines erneuten Beteiligungsverfahrens in Form des vollständigen Unterlassens gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 beachtlich (vgl. HessVGH, U.v. 19.10.2017 – 4 C 2424/15.N – juris Rn. 79). Nichts anderes ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Zwar ist nach Halbsatz 2 dieser Regelung u.a. eine Verletzung der Vorschriften über die Begründung des Entwurfs eines Bebauungsplans nach §§ 2a, 3 Abs. 2 BauGB unbeachtlich, wenn die Begründung (entsprechend dem Stand des Verfahrens) unvollständig ist. Allerdings gilt dies gemäß Halbsatz 3 für eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht aus unionsrechtlichen Gründen nur dann, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist. Von einer solchen Unwesentlichkeit kann hinsichtlich der planbedingten Verkehrszunahme und der dadurch verursachten Lärmimmissionen an den Bestandsgebäuden aufgrund ihrer Abwägungsrelevanz (s.o. unter 1.2) nicht offensichtlich ausgegangen werden (vgl. NdsOVG, U.v. 9.10.2008 – 12 KN 12.07 – ZfBR 2009, 262; Uechtritz in BeckOK BauGB, Stand November 2024, § 214 Rn. 57.1 m.w.N.; Michler in Kröninger/Aschke/Jeromin, BauGB, 5. Aufl. 2024, § 214 Rn. 43).
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Die Klärung der in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, dessen Ausgang insoweit als offen anzusehen ist. Ein etwaiger Verfahrensfehler könnte jedoch bis zum Abschluss des Normenkontrollverfahrens auch vorsorglich durch die Durchführung eines erneuten Beteiligungsverfahrens gemäß § 214 Abs. 4 BauGB geheilt werden.
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2.3 Ferner erscheint es nach summarischer Prüfung nicht ausgeschlossen, dass der Bebauungsplan im Hinblick auf die im Rahmen der Bauleitplanung abwägend zu berücksichtigende naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (vgl. § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB; BVerwG, U.v. 19.5.2021 – 9 C 3.20 – BVerwGE 172, 343; B.v. 26.11.2020 – 4 BN 19.20 – juris Rn. 6) an einem Ermittlungsdefizit und/oder Bewertungsfehler leidet und insofern ein nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlicher Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB vorliegt. Um den Anforderungen des § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB zu genügen, muss die planende Gemeinde zunächst auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme und Bewertung des vorhandenen Zustands von Natur und Landschaft die durch die Umsetzung des Bebauungsplans hervorgerufenen oder zu erwartenden Eingriffe selbst in Art und Ausmaß erfassen und bewerten und im Anschluss daran abwägend entscheiden, ob und in welchem Umfang die Zurückstellung der Belange des Naturschutzes sich überhaupt durch hinreichend gewichtige städtebauliche Gründe rechtfertigen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2020 – 4 BN 19.20 – juris Rn. 6). Vorliegend ging die Antragsgegnerin zwar ausweislich des Umweltberichts davon aus, dass das Plangebiet Teil einer größeren, intensiv genutzten Grünlandfläche sei (vgl. Seite 52 der Begründung des Bebauungsplans). Zudem nimmt der Umweltbericht in diesem Zusammenhang Bezug auf eine Begehung durch einen Diplom-Biologen (Herrn …) am 21. Februar 2024, der bestätigt habe, dass die Wiese als Intensivgrünland G11 einzustufen sei, da nur wenige krautige Blütenpflanzen zu finden seien, und keine weiteren Arten vorhanden seien, welche eine höhere Einstufung als extensives Grünland zuließen (vgl. Seite 52 der Begründung des Bebauungsplans). Mangels jeglicher Unterlagen hierzu ist diese in Bezug genommene fachliche Einschätzung allerdings nicht nachvollziehbar. Insbesondere ist die in der Bauausschusssitzung vom 18. April 2024 erwähnte Dokumentation der Begehung mit dem Diplom-Biologen (vgl. BA-Protokoll v. 18.4.2024, S. 30) in den Planaufstellungs- und auch sonstigen vorgelegten Unterlagen nicht enthalten. Aufgrund eines insofern möglicherweise vorliegenden Defizits bei der naturschutzfachlichen Bestandsaufnahme ist es – unabhängig von der fachlichen Einschätzung einer vom Antragsteller zu 1) beauftragten Diplom-Biologin – nicht ausgeschlossen, dass der Bebauungsplan im Hinblick auf § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB aufgrund eines Ermittlungsdefizits und/oder Bewertungsfehlers gegen § 2 Abs. 3 BauGB verstößt. Zur Klärung dieser Frage bedarf es weiterer Informationen, die sich beispielsweise auch in der mündlichen Verhandlung aus einer Erläuterung der Ergebnisse der Begehung vom 21. Februar 2024 durch den Gutachter ergeben können. Allein mit den fragmentarischen Angaben der von den Antragstellern vorgelegten Stellungnahme vom 22. November 2024 lässt sich ein Ermittlungsdefizit nicht begründen.
29
2.4 Nach summarischer Prüfung und auf der Grundlage der dem Gericht bislang vorgelegten Unterlagen kann ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden, ob die Problematik der Beseitigung des im Plangebiet anfallenden Niederschlags- und Oberflächenwassers gemäß § 2 Abs. 3 BauGB zureichend ermittelt bzw. im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB in ausreichender Weise berücksichtigt wurde.
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§ 1 Abs. 7 BauGB verlangt, dass der Bauleitplanung eine Erschließungskonzeption zugrunde liegt, nach der das im Planungsgebiet anfallende Niederschlagswasser so beseitigt werden kann, dass Gesundheit und Eigentum der Planbetroffenen – auch außerhalb des Planungsgebiets – keinen Schaden nehmen. Überschwemmungen und Wasserschäden als Folge der Planverwirklichung müssen die Nachbarn des Plangebiets ebenso wenig hinnehmen wie die Bewohner des Plangebiets selbst (vgl. BVerwG, U.v. 31.3.2002 – 4 CN 14.00 – BVerwGE 116, 144). Daher muss der Abwägungsentscheidung ein ausreichendes Konzept zur Niederschlagswasserbeseitigung zugrunde liegen (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174; BayVGH, B.v. 14.12.2021 – 1 NE 21.2369 – juris Rn. 15). Dies bedeutet jedoch grundsätzlich nicht, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses des Bebauungsplans bereits alle Details der Niederschlagswasserbeseitigung feststehen oder gar im Bebauungsplan selbst festgesetzt sein müssen und insofern der gerichtlichen Überprüfung im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens unterliegen. Es muss bis zu diesem Zeitpunkt lediglich ausreichend ermittelt sein und der Abwägung zugrunde gelegt werden können, dass das Niederschlagswasser grundsätzlich ohne Schaden für die Planbetroffenen beseitigt werden kann. Ob dies vorliegend der Fall war, kann im Rahmen dieses Verfahrens und auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen nicht abschließend geklärt werden.
31
In dem dem Bebauungsplan als Anlage beigefügten geotechnischen Bericht vom 14. April 2023 wurde ausgeführt, dass (im untersuchten Plangebiet) eine Versickerung innerhalb der quartären Kiese grundsätzlich möglich sei, sofern die Versickerungseinrichtungen mit den quartären Kiesen gekoppelt würden (S. 17 des geotechnischen Berichts, ebenso die Begründung des Bebauungsplans S. 13, 39), allerdings mit Bezug auf die Grundwasserverhältnisse im Baufeld eine Versickerung (nur) für den westlichen bis südwestlichen Baufeldbereich empfohlen (S. 17 des geotechnischen Berichts, S. 39, 55 der Begründung des Bebauungsplans). Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 18. April 2024 ging die Antragsgegnerin davon aus, dass im Rahmen des geotechnischen Berichts nachgewiesen worden sei, dass der Boden (im gesamten Plangebiet) grundsätzlich ausreichend sickerfähig sei, um das anfallende Niederschlagswasser auf den Baugrundstücken direkt in diesen aufzunehmen (vgl. BA-Protokoll v. 18.4.2023, S. 86). Auch die Begründung des Bebauungsplans stellt zusammenfassend fest, dass eine Versickerung – unter Beachtung von Maßnahmen – grundsätzlich möglich erscheine (S. 75 der Begründung). Diese Maßnahmen werden auf S. 39 und 55 der Begründung des Bebauungsplans näher beschrieben (Koppelung der Versickerungseinrichtungen mit den quartären Kiesen, Einplanung von Rückhaltevolumina je nach Grundwasserverhältnissen, Notüberlauf in die Kanalisation). Der erneuten Abwägungsentscheidung legte die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf eine (ergänzende) Stellungnahme des Erstellers des geotechnischen Berichts vom 3. Dezember 2024 wiederum zugrunde, dass das Niederschlagswasser vor Ort versickert werden könne, wenn bei den Versickerungsanlagen eine Verbindung zu den anstehenden Kiesböden hergestellt werde, und dass so sichergestellt sei, dass das Niederschlagswasser – ggf. unter Errichtung von Versickerungsanlagen – auf den Baugrundstücken selbst versickert werden könne. Allerdings wird nach den Angaben in der ergänzenden Stellungnahme für den Senat weiterhin nicht hinreichend deutlich, wie die Niederschlagswasserentwässerung auf den Grundstücken in den Bereichen des Plangebiets erfolgt, bei denen ein hoher Grundwasserstand besteht (erlaubnisfreie Versickerung? Einleitung in den geplanten Regenwasserkanal?). Auch wenn der Senat nicht verkennt, dass das Wasserwirtschaftsamt als Fachbehörde das Niederschlagswasserbeseitigungskonzept bestätigt hat, bedarf es jedenfalls einer Erläuterung dieses Punkts im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
32
2.5 Im Übrigen liegen die geltend gemachten formellen und materiellen Mängel des Bebauungsplans nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung nicht vor.
33
2.5.1 Der Bebauungsplan verstößt nach summarischer Prüfung weder im Hinblick auf die Beseitigung des im Plangebiet anfallenden Niederschlags- und Oberflächenwassers (2.5.1.1) noch im Hinblick auf das geltend gemachte Bestehen eines Biotops (2.5.1.2) gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
34
§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist unter anderem dann verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt und daher die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – BauR 2015, 1620; U.v. 21.3.2002 – 4 CN 14.00 – BVerwGE 116, 144). § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB setzt der Bauleitplanung dem Grunde nach, d.h. in grundsätzlicher Hinsicht, eine erste, strikt bindende Schranke. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 a.a.O.).
35
2.5.1.1 Im Hinblick auf die Beseitigung des im Plangebiet anfallenden Niederschlagswassers ist ein Fall der generellen („absoluten“) Vollzugsunfähigkeit auch nach dem Vortrag der Antragsteller nicht ersichtlich. Ein solcher läge etwa vor, wenn eine Gemeinde ein Gebiet überplant, dessen ordnungsgemäße Entwässerung aus technischen und/oder topografischen Gründen tatsächlich unmöglich ist oder aus wirtschaftlichen (finanziellen) Gründen weder von der Gemeinde noch von einem anderen Erschließungsträger in absehbarer Zeit ins Werk gesetzt werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 a.a.O.). Ein derartiger Fall ist vorliegend nicht erkennbar. Es ist weder nach dem Vortrag der Antragsteller noch aufgrund sonstiger Umstände davon auszugehen, dass die Niederschlagswasserbeseitigung im Plangebiet objektiv vor nicht überwindbaren tatsächlichen oder rechtlichen Hindernissen steht. Allein der geltend gemachte Umstand, dass eine Gemeinde im Rahmen ihrer Entwässerungsplanung die Eigentumsbelange betroffener Plangebietsnachbarn nicht hinreichend beachtet habe, macht den Plan nicht „absolut“ vollzugsunfähig, sondern (nur) eine situationsgerechte Planung erforderlich, die auch die Eigentumsbelange der von Überflutungen bedrohten Anlieger ausreichend berücksichtigt. Das fällt in den Anwendungsbereich des planerischen Abwägungsgebots (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2002 a.a.O.).
36
2.5.1.2 Ebenso wenig gibt es auf der Grundlage des derzeit bekannten Sachverhalts sowie des Vortrags der Antragsteller hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Bebauungsplan auch nur teilweise die städtebauliche Erforderlichkeit wegen entgegenstehender naturschutzrechtlicher Verbote im Sinn des § 30 Abs. 2 BNatSchG bzw. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG aufgrund des Bestehens eines Biotops im Plangebiet fehlen könnte. Solche ergeben sich insbesondere nicht aus der von den Antragstellern vorgelegten Stellungnahme des Planungsbüros … … vom 22. November 2024. Denn die Begutachtung geht weder von nachvollziehbaren Beurteilungsgrundlagen aus noch macht sie belastbare Angaben für das Vorliegen eines Biotops auf Teilflächen des Plangebiets.
37
2.5.2 Die Festsetzung des Sondergebiets mit der Zweckbestimmung „Seniorenpflege/-wohnen“ und der ausschließlichen Zulässigkeit von Räumen zur Unterbringung und Versorgung von Senioren in Wohngruppen, Räumen zur Betreuung und Unterbringung von gerontopsychiatrisch Pflegebedürftigen in Wohngruppen, Räumen für gemeinschaftliche, gesundheitliche, sportliche und kulturelle Zwecke im Zusammenhang mit den übrigen zulässigen Nutzungen, ambulanten Einrichtungen zur Seniorenpflege, Verwaltungsnutzungen in Zusammenhang mit übrigen zulässigen Nutzungen, Neben-, Technik- und Serviceräumen (z.B. Küchen) im Zusammenhang mit den übrigen zulässigen Nutzungen, betreutem Wohnen und Wohnungen für Aufsichts- und Pflegepersonal ist nach summarischer Prüfung von § 11 Abs. 1 BauNVO gedeckt.
38
Gemäß § 11 Abs. 1 BauNVO sind als sonstige Sondergebiete solche Gebiete festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Ein wesentlicher Unterschied zu den Gebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO besteht, wenn ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. BauNVO geregelten Gebietstypen zuordnen und sich deshalb sachgerecht auch nicht mit einer auf sie gestützten Festsetzung erreichen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.2017 – 4 C 5.16 – BVerwGE 160, 104; U.v. 11.7.2013 – 4 CN 7.12 – BVerwGE 147, 138; BayVGH, U.v. 30.6.2009 – 9 N 07.541 – BauR 2010, 191). Bei der Frage, ob sich das festgesetzte Sondergebiet wesentlich von einem Baugebietstyp im Sinne der §§ 2 bis 10 BauNVO unterscheidet, kommt es entscheidend auf einen Vergleich der konkreten Festsetzungen des Sondergebiets mit der jeweiligen abstrakten allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietstyps an. Die Festsetzung eines Sondergebiets scheidet aus, wenn die planerische Zielsetzung der Gemeinde durch Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 10 BauNVO in Kombination mit den Gestaltungsmöglichkeiten des § 1 Abs. 5 bis 9 BauNVO verwirklicht werden kann, die insoweit begrenzt sind, als die festgelegte allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietstypus gewahrt bleiben muss (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.2017 – 4 C 5.16 – BVerwGE 160, 104; U.v. 28.5.2009 – 4 CN 2.08 – BVerwGE 134, 117; BayVGH, U.v. 30.6.2009 – 9 N 07.541 – BauR 2010, 191).
39
Aufgrund dieser Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten des § 1 Abs. 5 bis 9 BauNVO dürfte sich die planerische Zielsetzung des festgesetzten Sondergebiets „Seniorenpflege/-wohnen“, die ausweislich der in § 2 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans definierten zulässigen Nutzungen darin besteht, ein Baugebiet ausschließlich für Nutzungen zu schaffen, die der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Senioren dienen, nicht mit der Festsetzung eines Baugebiets nach § 3 oder § 4 BauNVO in Kombination mit § 1 Abs. 5 bis 9 BauNVO verwirklichen lassen. Zwar sind betreute Wohnformen und Pflegeheime wegen der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 4 BauNVO grundsätzlich in allen Baugebieten zulässig, in denen Wohngebäude zulässig sind und daher auch in reinen oder allgemeinen Wohngebieten im Sinn von § 3 f. BauNVO. Die von der Antragsgegnerin gewünschte, allein die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Senioren umfassende Nutzung lässt sich jedoch durch differenzierte Festsetzungen nach § 1 Abs. 5 ff. BauNVO nicht verwirklichen, weil eine so spezifische Nutzungsstruktur festgesetzt wird, die mit einer Bündelung dieser Nutzungen auf einer Fläche der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets widerspräche. Insofern erweist sich die Annahme der Antragsgegnerin, dass sich ihre planerischen Vorstellungen nur in einem Sondergebiet verwirklichen lassen (vgl. S. 16 der Begründung des Bebauungsplans), nach summarischer Prüfung als zutreffend (vgl. BayVGH, U.v. 30.6.2009 – 9 N 07.541 – BauR 2010, 191).
40
2.5.3 Abgesehen von den oben unter den Ziffern 2.3 und 2.4 angesprochenen, denkbaren Ermittlungs- bzw. Abwägungsmängeln liegen die von den Antragstellern geltend gemachten Abwägungsfehler voraussichtlich nicht vor.
41
2.5.3.1 Insbesondere ist nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass insofern ein Abwägungsdefizit vorliegen könnte, als die Antragsgegnerin das Interesse der Antragsteller, dass südlich von ihren Grundstücken keine hohen Baukörper abriegelnder Natur und mit negativen Auswirkungen auf die Belichtung ihrer Grundstücke entstehen, ohne dass insofern ein hinreichender Abstand gewahrt würde, nicht berücksichtigt hat. Denn eine abriegelnde oder gar erdrückende Wirkung in Folge des Nutzungsmaßes eines Bauvorhabens kann nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl. 1981, 928: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl. 1986, 1271: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück). Angesichts dieser Maßgaben liegt eine abriegelnde oder gar erdrückende Wirkung der im Plangebiet zugelassenen Baukörper auf die Anwesen der Antragsteller offensichtlich fern. Die Abstände zwischen den Gebäuden auf den Grundstücken der Antragsteller und den jeweils nächstgelegenen Bauräumen im Plangebiet, die festgesetzten Wandhöhen und die auch gegenüber dem Gebäude auf dem Grundstück FlNr. … nach Südosten versetzte Lage des Bauraums im SO „Seniorenpflege/wohnen“ schließen eine erdrückende oder abriegelnde Wirkung auf die jeweils zweigeschossigen (Wohn-)Gebäude auf den Grundstücken der Antragsteller aus. Zudem ist in diesem Zusammenhang in den Blick zu nehmen, dass der bayerische Gesetzgeber – ähnlich wie in anderen Bundesländern – mit dem ab 1. Februar 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus eine Anpassung der regulären Abstandsfläche vorgenommen hat und davon ausgeht, dass bei einer Tiefe der Abstandsflächen von 0,4 H regelmäßig eine ausreichende Belichtung und Besonnung gewährleistet ist. Die Antragsgegnerin hat vorliegend von der Möglichkeit des Art. 6 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 BayBO Gebrauch gemacht und in einer Satzung nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO eine von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO abweichende, größere Abstandsflächentiefe von 0,8 H festgesetzt hat, die gem. § 17 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch im Plangebiet gilt, um unabhängig vom Abstand der Bauräume untereinander und zu den Flächen außerhalb des Plangebiets ausreichende Abstände hinsichtlich gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse, des Brandschutzes und des Nachbarschutzes zu gewährleisten (Begründung des Bebauungsplans S. 21 f.).
42
2.5.3.2 Ebenso wenig ist nach summarischer Prüfung ein Abwägungsdefizit ersichtlich, soweit das Interesse der Antragsteller am Erhalt einer bisherigen Grünfläche auf der südlich an ihre Grundstücke angrenzenden Fläche nicht berücksichtigt wurde. Das Interesse eines Plannachbarn am Erhalt eines „unverbauten Blicks“ und/oder einer Ortsrandlage ist in der Regel kein abwägungserheblicher Belang im Sinn von § 2 Abs. 3 BauGB bzw. § 1 Abs. 7 BauGB (vgl. BVerwG, B.v. 22.8.2000 – 4 BN 38.00 – BauR 2000, 1834; BayVGH, U.v. 29.7.2011 – 15 N 08.2086 – juris Rn. 20). Das gilt auch für den Fall, dass mit dem Wegfall der Aussicht Auswirkungen auf den Verkehrswert zu erwarten sein sollten (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.1995 – 4 NB 17.94 – ZfBR 1995, 216). Eine ausnahmsweise Abwägungserheblichkeit aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 22.8.2000 a.a.O.) ist nicht ersichtlich. Bei der Ortsrandlange ihrer Grundstücke liegt weder eine ganz besonders exponierte, deutlich aus dem Rahmen fallende bzw. wegen außergewöhnlicher örtlicher Gegebenheiten aus sich heraus besonders schutzwürdige Lage vor noch ist ihre Nutzung durch die Ortsrandlage geprägt (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.2012 – 15 NE 11.2857 – juris Rn. 5.; U.v. 29.7.2011 – 15 N 08.2086 – juris Rn. 21 und 23; U.v. 21.7.2008 – 1 NE 08.1264 – juris Rn. 16). Auch handelt es sich bei der bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche nicht um eine in einem Bebauungsplan festgesetzte Grünfläche, an deren Fortbestand die Antragsteller ein rechtlich begründetes Interesse haben könnten (vgl. BVerwG, B.v. 7.1.1993 – 4 NB 42.92 – NVwZ-RR 1993, 513).
43
2.5.3.3 Nach summarischer Prüfung ist der Antragsgegnerin kein Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB in Bezug auf die Möglichkeit aktiver Lärmschutzmaßnahmen zur Reduzierung der auf das Plangebiet einwirkenden Lärmbelastung anzulasten.
44
Die Antragsgegnerin hat vom Ersteller der schalltechnischen Untersuchung vom 5. Dezember 2023 im Rahmen einer Voruntersuchung – wenngleich auf der Grundlage einer von der letztlich beschlossenen geringfügig abweichenden Planung – die Wirkungen einer 6 m hohen und 460 m langen Abschirmwand zwischen dem Plangebiet und der nördlich angrenzenden Straße untersuchen lassen (vgl. S. 23 und Anlage 5 der schalltechnischen Untersuchung vom 5. Dezember 2023). Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass mit einer solchen Schallschutzmaßnahme eine Verbesserung erreicht werden könne, der Orientierungsrichtwert (der DIN 18005) für ein allgemeines Wohngebiet aber dennoch nicht durchgängig eingehalten würde (vgl. S. 23 der schalltechnischen Untersuchung vom 5. Dezember 2023). In der Sitzung ihres Bauausschusses vom 7. Dezember 2023 schloss die Antragsgegnerin hieraus, dass insofern ein aktiver Schallschutz nicht im Verhältnis zum Schutzzweck stünde (vgl. BA-Protokoll v. 7.12.2023, S. 19; vgl. auch S. 35 der Begründung des Bebauungsplans). In der erneuten Abwägungsentscheidung vom 9. Dezember 2024 stellte die Antragsgegnerin zusätzlich darauf ab, dass eine 6 m hohe Lärmschutzeinrichtung entlang der Straße, deren Wirkung zudem durch notwendige Unterbrechungen stark reduziert würde, städtebaulich nicht vertretbar wäre (vgl. BA-Protokoll v. 9.12.2024, S. 8).
45
Soweit die Antragsteller vortragen, dass die Antragsgegnerin nicht ermittelt habe, welche Kosten für die Errichtung der 6 m hohen Schallschutzwand konkret verursacht würden, ist festzustellen, dass zwar für eine sachgerechte Abwägung nach § 2 Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 7 BauGB grundsätzlich zu ermitteln ist, ob bzw. inwieweit aktiver Lärmschutz möglich ist, aber nicht stets auch, welcher finanzielle Betrag für eine solche Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre. Vielmehr können es – unabhängig von Durchführung und Ergebnis einer Kosten-Nutzen-Analyse – auch gewichtige städtebauliche Belange rechtfertigen, im Rahmen der Abwägung von Maßnahmen des aktiven Schallschutzes abzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2007 – 4 CN 2.06 – BVerwGE 128, 238). Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus der fehlenden Kostenanalyse für die gutachterlich untersuchte Lärmschutzwand kein Ermittlungsdefizit. Dass die Antragsgegnerin eine 6 m hohe und 460 m lange Lärmschutzwand an einem ihrer Ortseingänge als städtebaulich nicht vertretbar und als massive Beeinträchtigung ihres Ortsbildes erachtet, ist ohne Weiteres nachvollziehbar und stellt einen hinreichend gewichtigen städtebaulichen Belang dar, der gegen die Errichtung einer solchen Lärmschutzwand spricht.
46
2.5.3.4 Ebenfalls kein gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtliches Ermittlungsdefizit ist nach summarischer Prüfung im Hinblick auf die durch den planbedingten Verkehrslärm verursache Lärmbeeinträchtigung der Grundstücke der Antragsteller festzustellen. Die Antragsgegnerin hat die durch die im Bebauungsplan vorgesehenen Verkehrsflächen hervorgerufene Lärmproblematik erkannt und die Immissionsbelastung für die Bestandsbebauung in einer (ergänzenden) schalltechnischen Stellungnahme, die Bestandteil der Planbegründung ist, ermitteln lassen. Ob die der vom Gutachter angenommenen Schutzwürdigkeit der Umgebungsbebauung zugrundeliegende Einschätzung, es handle es sich bei der nördlich bzw. nordwestlich an das Plangebiet angrenzenden Bebauung insgesamt um ein Mischgebiet, zutreffend ist, kann, wie bereits oben unter 1.2 dargelegt, dahinstehen, da dieser Stellungnahme ohne Weiteres zu entnehmen ist, dass auch die im Hinblick auf die Gebietsart alternativ als Maßstab in Betracht kommenden Grenzwerte der 16. BImSchV für allgemeine bzw. reine Wohngebiete von 59 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts durch die prognostizierte Immissionsbelastung von 56 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts infolge des Verkehrs auf den im Plangebiet vorgesehenen öffentlichen Verkehrsflächen nicht überschritten werden. Davon ist auch die Antragsgegnerin bei ihrer erneuten Abwägungsentscheidung am 9. Dezember 2024 hilfsweise ausgegangen (vgl. BA-Protokoll v. 9.12.2024, S. 5). Ansonsten wurden keine substantiierten Einwendungen gegen die (ergänzende) schalltechnische Stellungnahme erhoben. Außerdem stellt sich die der Abwägungsentscheidung (hilfsweise) zugrunde gelegte (generelle) Schutzwürdigkeit eines allgemeinen/reinen Wohngebiets für die nördlich bzw. nordwestlich an das Plangebiet angrenzende Umgebungsbebauung jedenfalls als ausreichend dar. Soweit die Antragsteller vortragen, dass die Nachbargrundstücke bislang unbebaut und ihre nach Süden ausgerichteten Außenwohnbereiche nicht durch (von dort ausgehenden) Verkehrslärm beeinträchtigt gewesen seien, ist zu berücksichtigen, dass die nördlich bzw. nordwestlich an das Plangebiet angrenzende Bebauung aufgrund ihrer Lage grundsätzlich nur eingeschränkt schutzwürdig ist. Denn die Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande des Außenbereichs können nicht damit rechnen, dass in ihrer Nachbarschaft keine emittierenden Nutzungen entstehen. Sie dürfen nur darauf vertrauen, dass keine mit ihrer Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht. Das ist bereits dann nicht der Fall, wenn die Lärmbelastung nicht über das in einem (Dorf-)Mischgebiet zulässige Maß hinausgeht, denn auch diese Gebiete dienen dem Wohnen (vgl. BVerwG B.v. 12.1.2015 – 4 BN 18.14 – ZfBR 2015, 271; B.v. 18.12.1990 – 4 N 6.88 – BayVBl 1991, 310; B.v. 30.11.1992 – 4 NB 41.92 – juris Rn. 10). Die insoweit maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV werden vorliegend durch den prognostizierten planbedingten Verkehrslärm deutlich unterschritten.
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2.5.3.5 Nach summarischer Prüfung vermag der Senat auch dahingehend keinen Abwägungsfehler zu erkennen, dass die Antragsgegnerin die vom Antragsteller vorgeschlagenen Alternativen zur Trassenführung der Erschließungsstraße und zur Anordnung der öffentlichen Parkplätze nicht ausreichend in Betracht gezogen hat und hierzu insbesondere nicht untersucht hat, inwieweit die Lärmbeeinträchtigung der Grundstücke der Antragsteller durch eine andere Situierung der öffentlichen Verkehrsflächen reduziert würde.
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Ein Bebauungsplan verstößt gegen das Abwägungsgebot, wenn die Gemeinde eine alternative Straßenführung außer Acht gelassen oder gar verworfen hat, obwohl diese unter dem Gesichtspunkt der einschlägigen öffentlichen und privaten Belange eindeutig besser geeignet wäre und sich folglich geradezu aufdrängt (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.1978 – 4 C 13.78 – DÖV 1979, 517; BayVGH, U.v. 19.11.2021 – 1 N 17.673 – juris Rn. 28; U.v. 17.12.2013 – 2 N 12.682 – juris Rn. 20; U.v. 24.5.2012 – 2 N 12.448 – juris Rn. 48). Insofern hat sie zu prüfen, ob es ein milderes Mittel gibt, das zur Zweckerreichung gleich geeignet ist, die Planbetroffenen aber weniger belastet. Alternativen, die vor dem Hintergrund der gemeindlichen Zielkonzeption weniger eingreifend sind, verdienen wegen des Gebots der Proportionalität der Abwägung und des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine intensivere Prüfung (vgl. BayVGH, U.v. 17.12.2013 a.a.O. Rn. 20). Solche Alternativen sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich.
49
Die Antragsgegnerin hat im Hinblick auf die vom Antragsteller zu 1) vorgeschlagene (auch nur teilweise) Erschließung des Plangebiets von Westen her über die M2. Straße festgestellt, dass eine solche aufgrund der geringen Breite dieser Straße nicht (sinnvoll) möglich sei (BA-Protokoll v. 18.4.2024, S. 84; BA-Protokoll v. 7.12.2023, S. 57), was nachvollziehbar ist und von den Antragstellern auch nicht in Zweifel gezogen wird. Eine Verlegung der Erschließungsstraße in den Süden des Plangebiets würde nach Einschätzung der Antragsgegnerin entgegen dem Gebot des Flächensparens zusätzliche Erschließungsflächen erfordern, wäre insofern auch unwirtschaftlicher und verringerte – bei unveränderter Größe des Plangebiets – den Abstand zwischen der bestehenden und der geplanten Bebauung, insbesondere dem Seniorenheim, so dass sich das städtebauliche Konzept – Abstand zur bestehenden Bebauung im Norden und gleichzeitige (flächensparende) Nutzung dieser „Abstandflächen“ – nicht mehr ermöglichen ließe; eine Situierung des Seniorenheims wäre (aufgrund seines Flächenbedarfs und in seiner vorgesehenen Dimension) zumindest in dem bislang vorgesehenen Bereich des Plangebiets ebenfalls nicht mehr möglich (BA-Protokoll v. 7.12.2023, S. 57; BA-Protokoll v. 18.4.2024, S. 84; BA-Protokoll v. 9.12.2024, S. 6). Dies macht deutlich, dass auch die Variante der Verlegung der Erschließungsstraße nach Süden zur Erreichung der Ziele des Bebauungsplans nicht ebenso geeignet ist und zudem die nördlich an das Plangebiet angrenzenden Grundstücke infolge der mit einer Verlegung der Erschließungsstraße nach Süden einhergehenden Verlagerung der geplanten Bebauung nach Norden – wie vom Antragsteller zu 1) selbst angeführt (vgl. Bl. 54 der Normaufstellungsakten) – nicht weniger belasten würde. Auch der Gedanke, die nördlich der geplanten Erschließungsstraße gelegenen Grundstücke mitzuerschließen, weil sie bislang keinen direkten Anschluss an eine öffentliche Verkehrsfläche haben (BA-Protokoll v. 9.12.2024, S. 6), ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, U.v. 17.12.2013 – 2 N 12.682 – juris Rn. 20). Soweit der Antragsteller zu 1) ein Abrücken der öffentlichen Parkplätze von der nördlichen Grenze des Plangebiets, jedenfalls aber die Einrichtung einer ebenso großen Pufferzone zwischen diesen und seinen Grundstücken vorgeschlagen hat, wendet die Antragsgegnerin hiergegen ein, dass dadurch ihr städtebauliches Konzept nicht mehr umgesetzt werden könnte und eine Situierung des Seniorenheims (aufgrund seines Flächenbedarfs und in seiner vorgesehenen Dimension) zumindest in dem bislang vorgesehenen Bereich des Plangebiets ebenfalls nicht mehr wie geplant möglich wäre (BA-Protokoll v. 9.12.2024, S. 6). Vor dem Hintergrund der gemeindlichen Zielkonzeption können diese Planungsvarianten daher ebenso wenig als gleich geeignet angesehen werden. Insofern mussten die vom Antragsteller zu 1) vorgeschlagenen Planungsalternativen auch im Hinblick auf die Lärmbelastung der Grundstücke der Antragsteller nicht genauer untersucht werden und leidet die Abwägung ohne eine solche Untersuchung nicht an einem beachtlichen Ermittlungsdefizit.
50
2.5.3.6 Ebenfalls kein Ermittlungsdefizit ist nach summarischer Prüfung festzustellen, soweit die künftige Belastung der Antragsteller mit Erschließungsbeiträgen für die Herstellung der Erschließungsanlagen im Plangebiet nicht ermittelt wurde.
51
Die konkrete Belastung eines Planunterworfenen mit Erschließungskosten ist grundsätzlich kein abwägungserheblicher Belang. Denn hierbei handelt es sich lediglich um mittelbare Auswirkungen des Bebauungsplans, für die dieser keine unmittelbare rechtliche Grundlage darstellt (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2021 – 15 N 20.1649 – juris Rn. 78; U.v. 17.11.2014 – 9 N 13.1303 – juris Rn. 24; OVG SH, U.v. 29.6.2016 – 1 KN 16/15 – juris Rn. 47; VGH BW, U.v. 17.2.2014 – 5 S 3254.11 – BauR 2014, 1243 m.w.N.). Aus diesem Grund vermögen eventuell bei der späteren Ermittlung des Erschließungsbeitrags bestehende Schwierigkeiten bzw. Unsicherheiten hinsichtlich der durch den Bebauungsplan eintretenden bauplanungsrechtlichen Situation auch im Hinblick auf außerhalb des Plangebiets liegende Grundstücke keine Abwägungserheblichkeit der künftigen Erschließungsbeiträge zu begründen; diese Problematik ist im Rahmen des Erschließungsbeitragsrechts zu lösen. Ein Ausnahmefall, in dem das Ob und die Höhe künftiger Erschließungsbeiträge möglicherweise auch im Interesse des bzw. der künftigen Beitragsschuldner(s) abwägungsrelevant sein kann (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2021 – 15 N 20.1649 – juris Rn. 80), etwa wenn im Einzelfall die durch die Erschließung erwachsenden Vorteile in krassem Missverhältnis zu den Belastungen durch anfallende Erschließungsbeiträge stehen oder wenn die planerisch vorgesehene Erschließung funktional „unsinnig“ ist (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2021 – 15 N 20.1649 – juris Rn. 80), wird von den Antragstellern nicht schlüssig aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich. Soweit die Antragsteller rügen, durch die Erschließung ihrer Grundstücke mittels der P1.straße entstehe für sie allenfalls formal („auf dem Papier bestehende Doppelerschließung“) ein Vorteil, ist dies nicht nachvollziehbar. Es ist durchaus denkbar, dass künftig Nutzungsänderungen auf den betreffenden Grundstücken vorgenommen werden, die eine andere verkehrliche Erschließung als die über eine Privatstraße erfordern. Mit der direkten Anbindung der Grundstücke an eine öffentliche Straße, die zudem auch Parkraum bietet, ist somit objektiv durchaus ein Vorteil verbunden (vgl. BayVGH, U.v. 28.9.2000 – 2 N 96.4292 – juris Rn. 29, 31). Eine fehlende direkte Zufahrtsmöglichkeit auf die Grundstücke der Antragsteller lässt diesen nicht entfallen und ist gerade in Fällen der Zweiterschließung – aber nicht nur in diesen – nicht ungewöhnlich. Vorliegend gibt es auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Erschließungsstraße südlich der Grundstücke der Antragsteller ganz überwiegend nicht der Erschließung, sondern einem anderen Zweck dient (vgl. BayVGH, U.v. 28.9.2000 – 2 N 96.4292 – juris Rn. 31 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 10.2.1978 – IV C 4.75 – NJW 1978, 2311).
52
2.5.3.7 Ebenso wenig ist nach summarischer Prüfung ein Abwägungsfehler im Hinblick auf ein (eventuelles) Interesse der nördlich angrenzenden Plannachbarn an der Einbeziehung ihrer Grundstücke in den Bebauungsplan erkennbar. Eine willkürliche Ungleichbehandlung durch den Bebauungsplan ist insofern nicht ersichtlich.
53
Das Interesse eines Eigentümers, das Plangebiet entgegen den bisherigen planerischen Vorstellungen auf sein Grundstück ausgedehnt zu sehen, ist nicht grundsätzlich abwägungsrelevant. Das ergibt sich aus dem Rechtscharakter der gemeindlichen Bauleitplanung und den rechtlichen Bindungen, denen diese Planung unterliegt (vgl. BVerwG, U.v. 2.9.2009 – 4 BN 16.09 – juris Rn. 12; U.v. 30.4.2004 – 4 CN 1.03 – NVwZ 2004, 1120). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Nichteinbeziehung eines Grundstücks willkürlich erfolgt ist (vgl. BayVGH, U.v. 20.9.2011 – 1 N 10.1818 – juris Rn. 21; VGH BW, U.v. 2.5.2005 – 8 S 582.04 – juris Rn. 22; offen gelassen in BVerwG, U.v. 30.4.2004 a.a.O.). Die bloße Behauptung einer willkürlich vorgenommenen Abgrenzung des Plangebiets genügt insofern jedoch nicht. Vielmehr muss es sich objektiv gesehen um eine eingetretene oder zu erwartende Benachteiligung handeln (vgl. VGH BW, U.v. 2.5.2005 a.a.O. Rn. 22). Dahingehende Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Solche ergeben sich auch nicht allein daraus, dass die Grundstücke der Antragsteller sowie das östlich daran angrenzende Grundstück die einzigen Grundstücke sind, die durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan erschlossen werden, ohne in diesen einbezogen zu werden. Das Grundstück des Antragstellers zu 1), FlNr. …, ist im Übrigen bereits in einen (anderen) Bebauungsplan einbezogen.
54
2.5.3.8 Kein Fehler im Abwägungsvorgang (in Form eines Verstoßes gegen das Gebot der Konfliktbewältigung) liegt nach summarischer Prüfung insoweit vor, als die Antragsgegnerin zur Sicherung bzw. Umsetzung ihres Lärmschutzkonzepts im Bebauungsplan keine Baureihenfolge festgesetzt und nicht sichergestellt hat, dass die als Riegelbebauung umzusetzende Bebauung im WA 8 (vgl. § 14 der textlichen Festsetzungen) nach erstmaliger Errichtung fortbesteht.
55
Die Antragsgegnerin hat als Grundlage ihrer Planung die Lärmimmissionsbelastung des Plangebiets durch insbesondere vom Verkehr auf der nördlich gelegenen Bahnstrecke und Straße herrührende Immissionen bei freier Schallausbreitung, also ohne Bebauung, sowie unter Berücksichtigung der geplanten Bebauung („an den Fassaden des Bebauungsplanentwurfs“) gutachterlich ermitteln lassen (vgl. Seiten 13 ff. der schalltechnischen Untersuchung vom 5. Dezember 2023). Bei Letzterem ging das Gutachten von einer Riegelbebauung im WA 8 aus. Die Untersuchung machte zudem Textvorschläge für den Bebauungsplan; die Festsetzung einer Baureihenfolge war nicht dabei. Vielmehr bezeichnet die Untersuchung ihre Empfehlung zur Festsetzung eines Bau-Schalldämm-Maßes ausdrücklich als „Bau-Schalldämm-Maß freie Schallausbreitung ohne Baureihenfolge“ (vgl. S. 25 f. der schalltechnischen Untersuchung vom 5. Dezember 2023; vgl. auch die klarstellende Erläuterung des Gutachters vom 4. Dezember 2024). Die Ausbildung der im WA 8 zugelassenen Bebauung als Riegel ist insofern nicht in dem Sinn wesentlicher Bestandteil des in den angefochtenen Bebauungsplan übernommenen Lärmschutzkonzepts, als nur mit ihr die insgesamt für das Plangebiet angenommene lärmabschirmende Wirkung erreicht werden kann (vgl. zu einem solchen Fall BayVGH, B.v. 18.3.2023 – 2 NE 23.916/954 – juris Rn. 31). Vielmehr geht es diesbezüglich allein um eine Lärmabschirmung der rückwärtigen Flächen im WA 8 selbst. Daher ist nicht ersichtlich, dass es zur Sicherung bzw. Umsetzung des Lärmschutzkonzepts der Antragsgegnerin der Festsetzung einer Baureihenfolge im Sinn von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB im Bebauungsplan bedurft hätte (zu einem solchen Fall vgl. HessVGH, U.v. 29.3.2012 – 4 C 694/10.N – juris Rn. 67) und zudem hätte sichergestellt werden müssen, dass die als Riegelbebauung umsetzende Bebauung im WA 8 nach erstmaliger Errichtung fortbesteht (vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2023 – 2 NE 23.916/954 – juris Rn. 31), um in den südlich und südwestlich gelegenen Teilen des Plangebiets die vom Lärmschutzkonzept angenommenen und der Abwägung zugrunde gelegten lärmabgeschirmten Bereiche entstehen und bestehen zu lassen.
56
2.5.3.9 Ebenso wenig ist ein Fehler im Abwägungsvorgang in Gestalt eines Verstoßes gegen das Gebot der Konfliktbewältigung ersichtlich, als der Bebauungsplan – für den Fall der fehlenden baurechtlichen Genehmigungspflicht im Sinne von Art. 55 Abs. 1 Halbs. 2 BayBO von dort zugelassenen Vorhaben – nicht sicherstellt, dass insbesondere die Einhaltung der textlichen Festsetzungen der §§ 13 f. des Bebauungsplans im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens (präventiv) geprüft wird. Denn die Antragsgegnerin ist – abgesehen von den in Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayBO genannten, vorliegend nicht einschlägigen Fällen – nicht befugt, die baurechtliche Genehmigungspflicht entgegen Art. 55 Abs. 1 Halbs. 2 BayBO auszuweiten. Der bayerische Gesetzgeber geht in den Fällen, in denen die Durchführung eines präventiven (baurechtlichen) Genehmigungsverfahrens gem. Art. 55 Abs. 1 Halbs. 2 BayBO entbehrlich ist, vielmehr davon aus, dass die Einhaltung der (bau-)rechtlichen Vorgaben im Rahmen der Eigenverantwortung des Bauherrn sowie durch eine (repressive) bauaufsichtliche Kontrolle hinreichend sichergestellt wird.
57
2.6 Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ist trotz offener Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags weder zur Abwehr schwerer Nachteile noch aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Die durchzuführende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Der etwaig vorliegende (Verfahrens-)Fehler in Bezug auf eine Änderung des Umweltberichts kann bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB einer Heilung zugeführt werden. Bestehende offene Fragen können entweder im Hauptsacheverfahren geklärt werden oder Anlass für die Antragsgegnerin sein, hier gutachterlich nachzubessern. Der Senat hat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass das Problem der schadlosen Beseitigung des Niederschlagswassers – ebenso wie im Gebiet des Bebauungsplans M1. Straße – innerhalb des Plangebiets bewältigt werden kann. Möglicherweise ist bei einer höheren Wertigkeit der bisher landwirtschaftlich genutzten Grünfläche ein größerer Ausgleichsbedarf anzunehmen. Nach alldem sind beim Vollzug des Bebauungsplans keine Auswirkungen auf die Grundstücke des Antragstellers zu erwarten, die es rechtfertigen würden, zur Vermeidung schwerer Nachteile die Verwirklichung des Bebauungsplans auch nur teilweise vorläufig zu verhindern. Dass es im Hinblick auf die Problematik der Niederschlagswasserbeseitigung nicht ausgeschlossen ist, dass die Antragsgegnerin ihre bereits in Gang befindlichen Bauarbeiten betreffend die Erschließungseinrichtungen gegebenenfalls neu konzipieren muss, vermag keinen schweren Nachteil im Sinn von § 47 Abs. 6 VwGO zu begründen. Denn dieses Risiko ist die Antragsgegnerin durch den Beginn der Erschließungsarbeiten vor Ablauf der Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und vor rechtskräftiger Entscheidung über den Normenkontrollantrag bewusst eingegangen; sie ist insofern ebenso wenig schutzwürdig wie der Bauherr eines Einzelbauvorhabens im Fall einer Nachbarklage. Auch eine erforderlich werdende erneute Auslegung des Umweltberichts kann vorliegend keinen Vollzugsstopp begründen; eine der von der Antragsbegründung zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vergleichbare Sachverhaltskonstellation liegt nicht vor (vgl. VGH BW, B.v. 9.8.2016 – 5 S 437/16 – BauR 2016, 2073).
58
3. Mit dieser Entscheidung wird der Antrag auf Erlass einer Zwischenentscheidung (eines sog. „Hängebeschlusses“) gegenstandslos (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2022 – 9 NE 22.2048 – juris Rn. 15).
59
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO und § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG i.V.m. Ziffern 1.1.3, 1.5 und 9.8.1.
60
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).