Inhalt

VGH München, Beschluss v. 28.02.2025 – 24 CS 24.1769
Titel:

Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse wegen Zweifeln an der Zuverlässigkeit - Strafbefehl wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Vorstoß gegen das Uniformverbot

Normenketten:
StGB § 86, 86a
VersG § 3, § 28
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 41 Abs. 1 S. 1, § 42a Abs 1, § 45 Abs. 2
Leitsatz:
Zur Annahme einer Gefahr iSv § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 WaffG berechtigt nicht jede Form der Unzuverlässigkeit iSv § 5 WaffG. Die notwendige Gebotenheit – als eine Gefahr mit höherer Dringlichkeit – ist namentlich dann anzunehmen, wenn der Betroffene durch gefahrgeneigtes Verhalten aufgefallen ist, er beispielsweise eine Straftat begangen hat, aus der auf eine rohe oder gewalttätige Gesinnung geschlossen werden kann oder die zumindest nicht selten unter Mitführen oder Anwendung von insbesondere erlaubnisfreien Waffen verwirklicht wird. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse, Anordnung eines Verbots, erlaubnisfreie Waffen zu besitzen und zu erwerben, Wiedergabe von Kampfszenen aus dem Zweiten, Weltkrieg als „Reenactment“, Führen von Anscheinswaffen, leichtfertige Verwendung von Waffen, Anforderung an die Ermessensausübung, Widerruf, waffenrechtliche Erlaubnis, Waffenbesitzkarte, kleiner Waffenschein, vorläufiger Rechtsschutz, Wehrmachtsuniform, NS-Devotionalien, Zuverlässigkeit, Ermessen, Unzuverlässigkeit
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 19.09.2024 – M 7 S 23.3363
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4304

Tenor

I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 19. September 2024 – M 7 S 23.3363 – wird in Nummer I geändert und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nummer I.1 des Bescheids vom 22. Juni 2023 wiederhergestellt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Unter Aufhebung der Nummer II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts haben der Antragsteller ¾ und die Antragsgegnerin ¼ der Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 9.125,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse (Waffenbesitzkarten, Kleiner Waffenschein) sowie diesbezüglicher Nebenentscheidungen und wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich eines Erwerbs- und Besitzverbots von erlaubnisfreien Waffen.
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Der Antragsteller ist seit dem 28. September 2018 Inhaber einer Erlaubnis zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen (Kleiner Waffenschein). Am 28. März 2019 wurde ihm aufgrund seines Bedürfnisses als Sportschütze eine Waffenbesitzkarte erteilt.
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Mit Schreiben vom 31. August 2021 teilte das Polizeipräsidium … der Landeshauptstadt München (nachfolgend: Antragsgegnerin) mit, dass gegen mehrere Personen, darunter auch den Antragsteller, ermittelt werde, da diese im Sommer 2020 auf einem privaten, aber jedermann frei zugänglichen Grundstück im Rahmen von nicht angemeldeten Veranstaltungen Szenarien aus dem Zweiten Weltkrieg nachgespielt und sich im öffentlichen Raum mit Uniformen, Fahrzeugen und Devotionalien des Dritten Reichs gezeigt hätten. Dabei seien auch Deko- bzw. Salutwaffen mitgeführt worden. Der Antragsteller sei in Wehrmachtsuniform mit verbotenen Abzeichen gesehen worden, während er einen Karabiner mit sich geführt habe. Anlässlich einer am 15. Oktober 2020 bei dem Antragsteller durchgeführten Hausdurchsuchung seien Waffen, Munition, Patronen, NS-Devotionalien und Wehrmachtsuniformen aufgefunden und sichergestellt worden.
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Am 28. November 2022 erließ das … … … … … gegen den Antragsteller einen Strafbefehl (Az.: * … * … …; rechtskräftig seit 23.2.2023) wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86a Abs. 1, Abs. 2, § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB in Tateinheit mit Vorstoß gegen das Uniformverbot gemäß § 28, § 3 VersG und verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 55 Tagessätzen. Nach den Feststellungen des Strafbefehls hat der Antragsteller am Wochenende des 18. bis 20. September 2020 eine Veranstaltung besucht, auf der er sich zumindest zeitweise im öffentlich zugänglichen und einsehbaren Bereich in Wehrmachtsuniformjacke und -mütze mit jeweils sichtbarem Hakenkreuz gezeigt habe, um mit den anderen Teilnehmern seine rechte politische Einstellung zum Ausdruck zu bringen.
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Daraufhin leitete die Antragsgegnerin ein Verfahren zum Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers wegen Zweifeln an seiner Zuverlässigkeit ein. Im Rahmen der Anhörung widersprach der Antragsteller der Darstellung im Strafbefehl; er und sein Zwillingsbruder seien am Reenactment interessiert und nähmen seit vielen Jahren an unterschiedlichen Veranstaltungen zu unterschiedlichen Genres teil. Zu der besagten Veranstaltung habe ihn sein Bruder eingeladen, der bereits seit längerem Mitglied in dem privaten Laiendarsteller-Verein sei, der sich auf die Reenactment-Darstellung des Zweiten Weltkrieges spezialisiert und dieses Wochenende organisiert habe. Er habe seine Schreckschusswaffe mit entsprechender Erlaubnis (Kleiner Waffenschein) auf dem Gelände dabeigehabt.
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Ausweislich eines Aktenvermerks vom 5. Mai 2023 gab der in dem Strafverfahren zuständige Staatsanwalt gegenüber der Antragsgegnerin an, bei dem Antragsteller läge eine rechte politische, aber keine rechtsextreme politische Einstellung vor; es sei nicht davon auszugehen, dass er Bestrebungen verfolge oder unterstütze, welche gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet seien. Dies decke sich mit der Wahrnehmung der Antragsgegnerin und dem persönlichen Eindruck, den der Antragsteller bei seiner Vorsprache am 4. April 2023 auf den Sachbearbeiter gemacht habe.
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Mit Bescheid vom 22. Juni 2023 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller auf Dauer, erlaubnisfreie Waffen und Munition zu erwerben oder zu besitzen (Nr. I.1), widerrief ihm die Waffenbesitzkarte sowie den Kleinen Waffenschein (Nr. I.2) und verpflichtete ihn, zu deren Rückgabe (Nr. I.4). Ferner verpflichtete sie ihn, seine beiden erlaubnispflichtigen Waffen einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen (Nr. I.3), ordnete die sofortige Vollziehung der Nummern I.1, I.3 und I.4 an (Nr. I.5.) und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Rückgabe der Erlaubnisse gemäß Nr. I.4 ein Zwangsgeld an (Nr. I.6). Das Waffenbesitzverbot sei gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG gerechtfertigt, da erhebliche Bedenken gegen die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers bestünden, da er in einer Hakenkreuzuniform eine Schreckschusswaffe missbräuchlich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG verwendet habe; beim Antragsteller liege eine rechte Gesinnung vor, sodass ein nicht hinnehmbares Restrisiko bestehe. Zudem sei der Antragsteller aufgrund der Verherrlichung des Nationalsozialismus unzuverlässig gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. aa i.V.m. Nr. 3 Buchst. b und Buchst. c WaffG. Wegen der feststehenden Unzuverlässigkeit sei der Tatbestand des § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erfüllt und die Verhängung eines Waffenbesitzverbots geeignet, erforderlich und angemessen, um der missbräuchlichen Verwendung von erlaubnisfreien Waffen vorzubeugen. Da sich der Antragsteller als unzuverlässig erwiesen habe, seien auch seine waffenrechtlichen Erlaubnisse gemäß § 45 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. aa i.V.m. Nr. 3 Buchst. b und c WaffG zu widerrufen gewesen.
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Hiergegen ließ der Antragsteller am 8. Juli 2023 Klage erheben, über die nach Aktenlage noch nicht entschieden ist (Az.: M 7 K 23.3366), und zugleich einen Antrag auf Eilrechtsschutz stellen. Diesen lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 19. September 2024 ab. Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse sei voraussichtlich rechtmäßig, da sich der Antragsteller als unzuverlässig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG erwiesen habe. Gegen die weiteren Folgeanordnungen bestünden keine Bedenken. Auch die Untersagung gemäß Nr. I.1 des Bescheides, auf Dauer erlaubnisfreie Waffen und Munition zu erwerben und zu besitzen, dürfte sich (noch) als rechtmäßig erweisen; die Ermessensausübung sei nicht zu beanstanden.
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Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde und beantragt,
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unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22. Juni 2023 hinsichtlich der Nummern I.1, I.3 und I.4 wiederherzustellen und hinsichtlich der Nummern I.2 und I.6 anzuordnen.
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Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, es seien bei ihm keine Merkmale eines unzuverlässigen Waffenbesitzers i.S.v. § 5 WaffG erfüllt. Die Widerrufsgründe seien konstruiert und zeichneten ein falsches Bild; das Verwaltungsgericht habe den Behördenvortrag unreflektiert übernommen. Der angefochtene Bescheid erschöpfe sich in der Verurteilung des Antragstellers mit Strafbefehl vom 28. November 2022, ohne dass die Behörde sonstige, entlastende Tatsachen berücksichtigt hätte; insbesondere liege bei dem Antragsteller keine rechtsextreme politische Einstellung vor, der Tatvorwurf sei auf das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Verstoß gegen das Uniformverbot beschränkt. Der Antragsteller habe zudem der Behörde glaubhaft versichert, sich von entsprechenden Veranstaltungen künftig fernzuhalten. Das angeordnete Waffenbesitzverbot des § 41 Abs. 1 WaffG sei schon nicht tatbestandsmäßig begründbar; zudem liege ein Ermessensfehlgebrauch vor.
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Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen und beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
14
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die geltend gemachten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, erfordern eine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.
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Hinsichtlich des Widerrufs der Waffenbesitzkarte, des Kleinen Waffenscheins und den damit zusammenhängenden Folgeanordnungen rechtfertigen es die Beschwerdegründe nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern (I.). Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts spricht jedoch viel dafür, dass die Anfechtungsklage gegen Nummer I.1. des Bescheids vom 22. Juni 2023 Erfolg haben wird, sodass die vorzunehmende Interessenabwägung insoweit zu einem Überwiegen des Suspensivinteresses des Antragstellers gegenüber dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin führt und der Beschluss abzuändern ist (II.).
I.
17
Nach § 45 Abs. 2 des Waffengesetzes (WaffG) i.d.F. d. Bek. vom 11. Oktober 2002 (BGBl I S. 3970), vor Erlass des Bescheids zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl I S. 1328), ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz – hier die Waffenbesitzkarte und der Kleine Waffenschein – zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Dies ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 WaffG insbesondere der Fall, wenn sich der Antragsteller in diesem Zeitpunkt als unzuverlässig erweist. Die Zuverlässigkeitsprüfung ist grundsätzlich prospektiv ausgerichtet und verlangt die Vornahme einer Prognose (vgl. ausführlich BayVGH, B.v. 20.4.2023 – 24 CS 23.495 – Rn. 21 f.). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage kommt es auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses an.
18
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG fehlt die Zuverlässigkeit stets, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Personen Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (vgl. Buchst. a) oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (vgl. Buchst. b). Darüber hinaus besitzen nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG in der Regel diejenigen Personen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen haben. Über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ist in beiden Fällen auf Grund einer Prognose des künftigen Verhaltens zu entscheiden, welche jeweils an das Verhalten des Betroffenen in der Vergangenheit anknüpft. Während in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG das zu prognostizierende künftige Verhalten genannt wird, nimmt der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG auf Basis des dort genannten und bereits verwirklichten Verhaltens eine „Regel-Prognose“ vor, die aber widerlegbar ist (vgl. Gade, Waffenrecht, 3. Aufl. 2022, WaffG § 5 Rn. 1).
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Vorbehaltlich einer weiteren Aufklärung im Hauptsacheverfahren ist derzeit nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht von der Unzuverlässigkeit des Antragstellers ausgeht. Aus Sicht des Senats spricht einiges dafür, dass sich der Antragsteller bereits deshalb als waffenrechtlich unzuverlässig erweist, weil er nach summarischer Prüfung den Tatbestand der Regelunzuverlässigkeit des § 5 Abs. 2 Nr. 5 Alt. 1 WaffG erfüllt haben dürfte. Nach Auswertung der vorgelegten Akten hat der Antragsteller wohl mehrfach gegen das Verbot des § 42a Abs. 1 WaffG verstoßen (1.). Dagegen bedürfte es gegebenenfalls einer weiteren Aufklärung im Hauptsacheverfahren, um abschließend beurteilen zu können, inwieweit der vom Verwaltungsgericht herangezogene Tatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG erfüllt ist (2.).
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1. Unter den Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG fallen u.a. strafbare Verstöße gegen waffenrechtliche Vorschriften, die im Rahmen der Strafzumessung mit weniger als 60 Tagessätzen geahndet wurden und damit unterhalb der Schwelle des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c WaffG liegen, aber auch solche Verstöße gegen das Waffengesetz und die anderen abschließend aufgezählten Gesetze, die lediglich als Ordnungswidrigkeit oder aber gar nicht geahndet werden, weil von ihrer Verfolgung abgesehen oder das Verfahren eingestellt worden ist (vgl. BT-Drs. 14/8886, S. 110). Wiederholt sind Verstöße gegen das Waffengesetz i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG, wenn sie mindestens zweimal begangen wurden (vgl. Nr. 5.4. WaffVwV). Diese müssen weder in irgendeiner Art und Weise weiter qualifiziert sein, noch in einem engeren zeitlichen Zusammenhang stehen (BayVGH, B.v. 13.4.2021 – 24 B 20.2220 – juris Rn. 16).
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a) Wie bereits im angefochtenen Beschluss angedeutet (vgl. BA Rn. 37), ergeben sich vorliegend aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller („Stehordner …“; die nachfolgenden Paginierungsangaben beziehen sich auf die vierstellige Zahl im Kopfbereich der Original-Ermittlungsakte der „… … …“) mehrere – und damit wiederholte – Verstöße gegen § 42a Abs. 1 WaffG.
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Es ist verboten, Anscheinswaffen (§ 42a Abs. 1 Nr. 1 WaffG) zu führen, soweit § 42a Abs. 2 und Abs. 3 WaffG nicht unter engen Voraussetzungen Ausnahmen zulassen.
23
Eine Waffe wird geführt, wenn die tatsächliche Gewalt außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte über sie ausgeübt wird (Abschnitt 2 Nr. 4 der Anlage 1 zum WaffG). Unerheblich ist dabei, ob die geführte Waffe funktionstüchtig, zugriffsbereit oder schussbereit ist (Gade, Waffenrecht 3. Aufl. 2022, WaffG Anlage 1 zu § 1 Abs. 4, Begriffsbestimmungen Rn. 174).
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Der Ermittlungsakte lassen sich deutliche Hinweise auf mehrere Verstöße des Antragstellers gegen § 42a Abs. 1 Nr. 1 WaffG entnehmen. So dürfte der Antragsteller am 22. August 2020 zum einen (mutmaßlich, da auf dem konkreten Bild nur eine Langwaffe erkennbar ist) den unbrauchbar gemachten Karabiner K98 – und damit eine Anscheinswaffe gemäß Nr. 1.6.3 Unterabschnitt 1 Abschnitt 1 der Anlage 1 zum WaffG – außerhalb seines eigenen befriedeten Besitztums geführt haben (vgl. Bild 2 der Lichtbildmappe auf Bl. 0161 der Ermittlungsakte). Zum anderen hat er eine Maschinenpistole (vgl. Bild 3 der Lichtbildmappe auf Bl. 0162 der Ermittlungsakte) – mutmaßlich die bei ihm aufgefundene Schreckschusswaffe MP40 (mit PTB-Siegel) – geführt, welche ebenfalls eine Anscheinswaffe (Nr. 1.6.2 Unterabschnitt 1 Abschnitt 1 der Anlage 1 zum WaffG) darstellt. Des Weiteren ist der Antragsteller mit mutmaßlich demselben Karabiner K98 im Anschlag in einem Schützengraben stehend am 23. August 2020 abgebildet (vgl. Bild 4 der Lichtbildmappe auf Bl. 0163 der Ermittlungsakte). Die Aufnahmen scheinen alle auf demselben Gelände in … … aufgenommen worden zu sein. Zudem hat der Antragsteller bei seiner Vernehmung angegeben, dass er an dem Wochenende vom 18. bis 20. September 2020 seine MP40 (mit PTB-Siegel) zu der Veranstaltung mitgebracht habe (vgl. Bl. 0042 der Ermittlungsakte [Vernehmung]; Bl. 0211 der Ermittlungsakte [Observationsbericht]).
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b) Vorbehaltlich der Durchführung des Hauptsacheverfahrens und einer entsprechenden Darlegung des Antragstellers ist derzeit weder erkennbar noch drängt es sich auf, dass ein Ausnahmetatbestand des § 42a Abs. 2 Nr. 1 WaffG vorgelegen hat. Insbesondere hat der Antragsteller bei seiner Vernehmung selbst angegeben, dass lediglich mit dem Handy fotografiert oder gefilmt worden sei.
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Sollte im Rahmen des Hauptsacheverfahrens das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass dem Antragsteller mindestens zwei wiederholte Verstöße nach dem Regelunzuverlässigkeitstatbestand § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG anzulasten sind, wird zu prüfen sein, ob in der Tatsache, dass der Antragsteller selbst kein Mitglied des bereits vor Erlass des Bescheids aufgelösten Vereins gewesen ist und nur über seinen Bruder zu diesen Veranstaltungen gelangen konnte, ein Umstand liegt, der die im Gesetz angelegte Regelvermutung wiederlegen kann.
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2. Auch die vom Antragsteller sinngemäß erhobene Rüge, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG nicht vorliegen, rechtfertigt gegenwärtig nicht die Änderung des Beschlusses.
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a) Missbräuchlich verwendet derjenige eine Waffe i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 1 WaffG, der von ihr zumindest bedingt vorsätzlich einen Gebrauch macht, der vom Recht nicht gedeckt ist und dabei andere gefährdet. Der Begriff „Verwenden“ ist waffenrechtlich nicht legaldefiniert. Der Begriff ist semantisch und in Abgrenzung zum Umgang i.S.v. § 1 Abs. 3 WaffG weit zu verstehen und beschreibt grundsätzlich jede Situation, in der ein Waffenbesitzer seine Waffe handhabt und diese in irgendeiner Art und Weise zum Einsatz bringt. Gleichzeitig ist erforderlich, dass dieses Verwenden kausal mit – von der Rechtsordnung insoweit nicht mehr hinzunehmenden – Gefahren verbunden ist. Denn ausweislich der Begründung zum Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts aus dem Jahr 2002 soll von der Norm spezifisch waffenrechtlich bedenkliches Verhalten erfasst werden, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 54). Typischerweise ist das der Fall, wenn der Erlaubnisinhaber bzw. Waffenbesitzer sein (vermeintliches) Recht oder seine Interessen unter Einsatz der Waffe außerhalb der Rechtsordnung durchsetzen will, insbesondere andere bedroht oder mit dieser einschüchtert (vgl. BayVGH, B.v. 14.11.2016 – 21 ZB 15.648 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 8.1.2016 – 21 CS 15.2465 – juris Rn. 15 f,; BayVGH, U.v. 10.10.2013 – 21 B 12.964 – juris Rn. 20; Gade, Waffenrecht, 3. Aufl. 2022, WaffG § 5 Rn. 9). In Abgrenzung zur missbräuchlichen Verwendung ist eine solche leichtfertig (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 WaffG), wenn ein solches Verhalten fahrlässig erfolgt.
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Zu den Rechtsgütern in diesem Sinne gehören nicht nur Leib und Leben, die insbesondere bei der Verwendung von Schusswaffen regelmäßig gefährdet sein werden, sondern auch die Allgemeinheit in ihrem Interesse, von der einer Waffe naturgemäß innewohnenden Einschüchterungswirkung verschont zu bleiben. § 42a WaffG konstituiert insoweit ein waffenrechtlich relevantes Rechtsgut. Mit dem Verbotstatbestand reagiert der Gesetzgeber auf das von Anscheinswaffen ausgehende erhebliche Drohpotenzial, das zu kriminellen Zwecken oder zur Begehung groben Unfugs ausgenutzt werden kann. Hinzu kommt, dass die Polizei die täuschend echt wirkenden Nachbildungen im Einsatz mit echten Schusswaffen verwechseln und in der Annahme einer vermeintlichen Notwehr- oder Nothilfesituation mit schweren Folgen von der Dienstwaffe Gebrauch machen kann. Da diese Gefahr auch von Anscheinswaffen ausgehen kann, die in einem Holster nur leicht verdeckt getragen werden, wird sowohl das offene als auch das verdeckte Führen untersagt (BR-Drs. 838/07, S. 46 f.).
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b) Vor diesem Hintergrund spricht derzeit einiges dafür, dass sich im Ergebnis dem vorliegenden Aktenmaterial, welches die Behörde umfassend heranziehen darf, ausreichend Tatsachen entnehmen lassen, dass der Antragsteller künftig Waffen zumindest leichtfertig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG verwenden wird.
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Für diese Prognose kommt es nicht darauf an, ob die Annahme des Gerichts, das vom Antragsteller in der Vergangenheit festgestellte Verhalten verwirkliche bereits eine missbräuchliche Verwendung, zutreffend ist oder ob möglicherweise Rechtsgüter der Allgemeinheit im jeweiligen Fall zumindest konkret durch den Antragsteller nicht in ausreichendem Maße gefährdet waren; insofern bedürfen sich etwaig stellende Fragen nach der Wirkung seines Verhaltens auf die Öffentlichkeit oder der Zurechnung des (öffentlichkeitswirksamen) Verhaltens anderer Teilnehmer keiner Beantwortung.
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Denn das vom Antragsteller an den Tag gelegte Verhalten lässt eine Leichtfertigkeit bei der Verwendung von (Anscheins-)Waffen auf einem der Öffentlichkeit grundsätzlich zugänglichen Gelände erkennen, welche jedenfalls die Annahme rechtfertigt, es werde zukünftig zu einem Verhalten im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 WaffG kommen. Wer wiederholt mit Anscheinswaffen und angezogener Wehrmachtsuniform auftritt sowie sich hierbei ablichten lässt (s. o. Rn. 24), bietet Grund zur Annahme, dass er mit hinreichender Wahrscheinlichkeit andere künftig zumindest leichtfertig einschüchtern wird.
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Auch wenn im Hauptsacheverfahren gegebenenfalls noch näher zu klären sein wird, wie sich der Umstand, dass der Antragsteller nur über seinen Zwillingsbruder den Zugang zu dem sich zwischenzeitlich aufgelösten Verein erlangt hatte, auf das zu prognostizierende Verhalten des Antragstellers auswirkt, kommt es aufgrund der feststehenden Tatsachen unter Berücksichtigung der summarischen Prüfungstiefe nicht in Betracht, eine andere Prognose vorzunehmen als das Verwaltungsgericht.
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3. Der Senat weist in diesem Zusammenhang allerdings darauf hin, dass im Hinblick auf die Heranziehung des Tatbestands des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b und c WaffG durch die Antragsgegnerin erhebliche Bedenken bestehen.
35
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c WaffG besitzt eine Person die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, wenn – erstens – Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren eine Vereinigung unterstützt hat, die – zweitens – ihrerseits im Unterstützungszeitpunkt nachweislich eine der in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG genannten Bestrebungen verfolgt hat. Das Verfolgen von verfassungsfeindlichen Bestrebungen durch eine unterstützte Vereinigung muss für die zuständige Behörde demnach feststehen; es genügt nicht, dass Tatsachen die Annahme der Verfolgung einer solchen Bestrebung nur rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2023 – 24 CS 23.1709 – juris Leitsatz).
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Anhaltspunkte hierfür sind jedoch den vorgelegten Akten nicht zu entnehmen. So war nach Aktenlage der Antragsteller – im Gegensatz zu seinem Bruder (Az.: 24 CS 24.2004) – kein Mitglied der Laienspielgruppe, sodass die Anwendung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b WaffG nicht in Betracht kommt. Zweifelhaft ist auch die Heranziehung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c WaffG, da nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller eine entsprechende Vereinigung mit den Zielen nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG unterstützt hätte: Zwar spricht der Strafbefehl vom 28. November 2022 insoweit von einer Gruppe mit „größtenteils rechtsgerichteter politischer Einstellung“. Es erscheint jedoch höchst fraglich, ob damit vorliegend bereits Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung verbunden sind. Auch fehlen Hinweise darauf, dass die Laienspielgruppe als solche selbst nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung eingenommen hätte und deshalb eine entsprechende Bestrebung dargestellt hat (vgl. SächsOVG, B.v. 12.2024 – 6 B 48/24 – Rn. 11). Darüber hinaus steht die Annahme der Antragsgegnerin in jedenfalls derzeit nicht aufgelöstem Widerspruch zu der von ihr selbst eingeholten Stellungnahme des Staatsanwalts, nach der beim Antragsteller keine rechtsextremistische Einstellung vorläge.
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4. Die Beschwerde hat im Übrigen ungeachtet der erhobenen Rügen des Antragstellers auch deshalb keinen Erfolg, weil bei der gebotenen Interessenabwägung die differenzierte gesetzgeberische Wertung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO – hier in Verbindung mit § 45 Abs. 5 WaffG – einerseits und § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO andererseits zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, B.v. 17.1.2017 – 2 BvR 2013/16 – Rn. 17).
38
Aus diesem Grund überwiegt vorliegend das Vollzugsinteresse der Behörde das Suspensivinteresse des Antragstellers. Vom Antragsteller sind keine Gründe vorgetragen, die über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hinausreichen. Dieses öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug besteht auch – wie regelmäßig – für die bislang (vgl. aber nunmehr § 46 Abs. 6 WaffG) nicht vom gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug erfassten mit der Widerrufsentscheidung verbundenen Folgeanordnungen (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WaffG) sowie Vollstreckungsmaßnahmen.
II.
39
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung hat der Antragsteller mit seiner gegen die Anordnung in Nummer I.1. des Bescheids erhobenen Rügen im Ergebnis Erfolg.
40
Das gegenüber dem Antragsteller verfügte Verbot, erlaubnisfreie Waffen und Munition zu erwerben und zu besitzen, stellt einen Dauerverwaltungsakt dar. Die Rechtsgrundlage dieser Anordnung ist § 41 Abs. 1 des Waffengesetzes (WaffG) i.d.F. d. Bek. vom 11. Oktober 2002 (BGBl I S. 3970), im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Senatsentscheidung zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Oktober 2024 (BGBl I Nr. 332). Die Anordnung kann vorliegend tatbestandlich nicht auf § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG gestützt werden (1.). Soweit sie auch auf § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG gestützt wird, ist sie – jedenfalls derzeit – ermessensfehlerhaft (2.).
41
1. Ausweislich der Aktenlage ist nicht ersichtlich und von der Antragsgegnerin auch nicht vorgetragen, dass vom Antragsteller hinsichtlich erlaubnisfreier Waffen eine zu verhütende Gefahr für die Sicherheit ausgeht (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WaffG) oder die Untersagung zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 WaffG).
42
Zur Annahme einer Gefahr i.S.v. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 WaffG berechtigt nicht jede Form der Unzuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG (vgl. BayVGH, U.v. 16.12.2024 – 24 B 23.1800 – Leitsatz 3 – juris). Die notwendige Gebotenheit – als eine Gefahr mit höherer Dringlichkeit – ist namentlich dann anzunehmen, wenn der Betroffene durch gefahrgeneigtes Verhalten aufgefallen ist, er beispielsweise eine Straftat begangen hat, aus der auf eine rohe oder gewalttätige Gesinnung geschlossen werden kann oder die zumindest nicht selten unter Mitführen oder Anwendung von insbesondere erlaubnisfreien Waffen verwirklicht wird (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30.11 – juris Rn. 34 i.V.m. Rn. 31; s.a. Nr. 41.3 WaffVwV). Dies ist vorliegend nicht erkennbar. Darüber hinaus ist – jedenfalls zur Zeitpunkt der Entscheidung des Senats – nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 WaffG vorliegen und die Untersagung zur Kontrolle des Umgangs (vgl. § 1 Abs. 3 WaffG) mit erlaubnisfreien Waffen geboten ist. Anhaltspunkte, dass der Antragsteller einen regelwidrigen Umgang mit solchen Waffen an den Tag legen wird, sie etwa Nichtberechtigten überlassen (vgl. § 34 WaffG) oder nach § 36 WaffG erforderliche Vorkehrungen außer Acht lassen würde (in diese Richtung Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 11. Aufl. 2022, § 41 Rn. 5; zur Vorgängernorm vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1978 – I C 94.76 – juris 15 f.), lassen sich weder den Akten entnehmen noch wurden sie seitens der Antragsgegnerin dargelegt.
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2. Soweit die Antragsgegnerin ihre Anordnung (auch) auf § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG stützt, kann vorliegend offenbleiben, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen mit Blick auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG bejaht werden können, da derzeit von einer fehlerhaften Ermessensausübung auszugehen ist.
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a) In § 41 Abs. 1 WaffG ist der Behörde Ermessen eingeräumt, das sie gemäß Art. 40 BayVwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und hierbei die gesetzlichen Ermessensgrenzen einzuhalten hat, welche verwaltungsgerichtlich in den Grenzen des § 114 Satz 1 VwGO überprüfbar sind. Für eine Anordnung nach § 41 Abs. 1 WaffG ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich nach der amtlichen Überschrift des § 41 WaffG um Waffenverbote für den Einzelfall handelt und eine pauschale Verhängung – etwa in allen Fällen eines Widerrufs einer Waffenbesitzkarte – nicht dem Sinn der Vorschrift entspricht. Daher kann die Behörde von den erforderlichen Ermessenserwägungen auch dann nicht absehen, wenn mangels waffenrechtlicher Zuverlässigkeit oder Eignung die Voraussetzungen für einen Widerruf der Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG vorliegen (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 6 C 36.15 – juris Rn. 20). Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG müssen der Begründung entsprechende Ausführungen zur Ausübung des Entschließungsermessens zu entnehmen sein, aus denen ersichtlich wird, weshalb die Behörde im jeweiligen Fall die Anordnung eines Waffenverbots für erforderlich hält. Auch nach Nr. 41.1 WaffVwV ist stets eine besondere Prüfung der Erforderlichkeit notwendig.
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b) Vorliegend erweist sich die (bisherige) Ermessensausübung deshalb als rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin ihrer Entscheidung fehlerbehaftete Tatsachenbewertungen zu Grunde gelegt hat, die die vorgenommene Ermessensausübung erheblich geprägt haben.
46
Ausweislich der Bescheidsbegründung stellt die Antragsgegnerin wesentlich darauf ab, dass der Antragsteller durch Teilnahme an der Veranstaltung vom 18. bis 20. September 2020 eine Vereinigung unterstützt habe, die den Nationalsozialismus verherrliche und damit verfassungsfeindliche Bestrebungen zumindest unterstützt habe; hierbei habe er eine Schreckschusswaffe missbräuchlich verwendet. Obwohl der Antragsteller wiederholt gegen einschlägige Vorschriften verstoßen haben dürfte und wohl auch Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass er künftig Waffen leichtfertig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 WaffG verwenden wird, konnte die Antragsgegnerin durch ihr maßgebliches Abstellen auf ein anderes Verhalten bzw. auf dessen unzutreffende Bewertung auf der Ebene der Rechtsfolge ihr Ermessen nicht treffend ausüben. So ist nicht nur die Bejahung von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG unzutreffend (vgl. Rn. 36), sondern es erscheint auch die Annahme missbräuchlicher Verwendung fehlerhaft (vgl. Rn. 32). Dies ist hier relevant, da der Unterscheidung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG zwischen vorsätzlichem („missbräuchlich“) und fahrlässigem („leichtfertig“) Handeln gerade im Hinblick auf die Erforderlichkeit eines Waffenbesitzverbots Bedeutung zukommt; aus vorsätzlich regelwidrigem Verhalten kann für Rechtsgüter Dritter prognostisch höheres Gefahrenpotenzial erwachsen als aus bloßer Leichtfertigkeit.
47
Diese unzutreffende Bewertung des Sachverhalts führt zu einer unzutreffenden Gegenüberstellung und Gewichtung der jeweils betroffenen Belange des Antragstellers und der Öffentlichkeit und damit (derzeit) zu einem Ermessensfehler. Unberücksichtigt blieb in der Ermessensausübung darüber hinaus, dass der Antragsteller nicht selbst Mitglied in der Laienspiel-Gruppe war, diese sich zwischenzeitlich aufgelöst hat und ausweislich eines Aktenvermerks die Antragsgegnerin selbst angenommen hat, dass der Antragsteller glaubhaft versichert hat, nicht mehr an derartigen Veranstaltungen teilzunehmen.
III.
48
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
IV.
49
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5, 50.1 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013, wobei das Waffenbesitzverbot mit dem Auffangstreitwert anzusetzen ist, und entspricht der nicht beanstandeten erstinstanzlichen Festsetzung.
50
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).