Inhalt

VGH München, Urteil v. 03.03.2025 – 1 N 22.929
Titel:

Antragsbefugnis für Normenkontrollantrag gegen Bebauungsplan

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 2
BauGB § 1 Abs. 7
Leitsätze:
1. Das Normenkontrollgericht ist nicht befugt, für die Entscheidung über die Antragsbefugnis den Sachverhalt von sich aus weiter aufzuklären. Es ist allerdings verpflichtet, den Tatsachenvortrag – auch unter Würdigung widerstreitenden Vorbringens des Antragsgegners – auf seine Schlüssigkeit und voraussichtliche Belastbarkeit zu prüfen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Schutz der öffentlichen Wasserversorgung dient dem öffentlichen Interesse und nicht dem Individualschutz. Dass ein Anwohner sein Wasser bei dem Versorger beziehen muss, der eine durch Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geschützte Trinkwassergewinnungsanlage betreibt, genügt in aller Regel nicht für eine qualifizierte und individualisierte Betroffenheit. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms kann zum Abwägungsmaterial gehören. Ist der Lärmzuwachs allerdings nur geringfügig oder wirkt er sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück aus, so muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrollantrag gegen Bebauungsplan, Antragsbefugnis (verneint), Grundwasseraufstau, Beeinträchtigung Trinkwasserschutzgebiet, Planbedingte Verkehrszunahme, Aufklärung des Sachverhalts, Trinkwasserversorgung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4287

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

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Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 8070 „Am Wiesengrund“ für das Gebiet zwischen Weilheimer Straße, Waldspielplatz und Prinzeneiche, Gemarkung Söcking, den die Antragsgegnerin im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB am 18. Oktober 2018 als Satzung beschlossen und am 10. Juli 2019 bekanntgemacht hat. Im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens wurde der Bebauungsplan am 26. April 2022 erneut als Satzung beschlossen, am 1. Juni 2022 bekanntgemacht und rückwirkend in Kraft gesetzt.
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Das ursprünglich unbebaute – zwischenzeitlich weitgehend bereits bebaute – Planungsgebiet umfasst eine Fläche von 3,68 ha und liegt am südwestlichen Ortsrand der Stadt Starnberg. Der Bebauungsplan weist in seinem Geltungsbereich ein reines Wohngebiet aus und sieht eine Bebauung mit 51 Reihenhäusern, mehreren Mehrfamilienhäusern sowie einer Kindertagesstätte vor. Die Bebauung ist im südlichen Teil des Planungsgebiets nach den dargestellten Höhenlinien im Bereich von ca. 634,5 m üNN vorgesehen. Die Erschließung erfolgt über eine Zufahrt im nordöstlichen Bereich des Planungsgebiets, die von der Jahn straße abzweigt. Die Anbindung an das weiterführende Straßennetz erfolgt nach Norden über die Straße „Am Waldspielplatz“. Der Bebauungsplan setzt eine öffentliche Verkehrsfläche in Verlängerung der Jahn straße bis zur südlich gelegenen Einmündung in die Straßen „A* …“ und „Prinzeneiche“ fest. Nach der Begründung des Bebauungsplans ist aufgrund von gering wasserdurchlässigen Böden eine Versickerung des Niederschlagswassers im Plangebiet nicht möglich. Das im Rahmen des Aufstellungsverfahren erstellte und mit dem Wasserwirtschaftsamt abgestimmte Konzept sieht vor, dass das Niederschlagswasser in zwei zentral im Bebauungsplan festgesetzten Retentionsflächen gesammelt und gedrosselt in den westlich verlaufenden namenlosen Bach geleitet wird, der nördlich des Planungsgebiets versickert. Um einen Aufstau bei stärkeren Regenereignissen zu vermeiden, wurde in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt ein Notüberlauf unter der nördlich gelegenen B2 geplant und verwirklicht, um das Niederschlagswasser in das Gebiet des Maisinger Bachs bzw. des Georgenbachs zu leiten.
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Mit der 1. Änderung des Bebauungsplans wurde im südöstlichen Bereich des Plangebiets, in dem im streitgegenständlichen Bebauungsplan eine Grünfläche vorgesehen ist, eine Fläche für Versorgungsanlagen (Nahwärme) ausgewiesen. Der Änderungsbebauungsplan wurde zwischenzeitlich vom Senat mit rechtskräftigem Urteil vom 5. April 2022 (1 N 20.1594) aufgehoben.
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Die Antragsteller sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus und einem Nebengebäude bebauten Grundstücks FlNr. …, Gemarkung Söcking, das im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 8028 „Oberer Seeweg“ vom 27. Mai 1993 der Stadt Starnberg liegt, der ein reines Wohngebiet ausweist. Das Anwesen der Antragsteller befindet sich durch die Straße „A* …“ und eine Grünfläche getrennt südöstlich des Plangebiets in erhöhter Lage. Die Unterkante der Gründung ihres Hauses liegt nach ihrem Vortrag bei 635,92 m üNN. Die im Bebauungsplan vorgesehene nächstgelegene Bebauung befindet sich in einer Entfernung von mehr als 100 m zu ihrem Wohngebäude.
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Am 10. Juli 2020 stellten sie einen Normenkontrollantrag und beantragten zuletzt,
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den Bebauungsplan der Stadt Starnberg Nr. 8070 „A* …“ für das Gebiet zwischen Weilheimer Straße, Waldspielplatz und Prinzeneiche, Gemarkung Söcking, zuletzt ortsüblich bekannt gemacht am 1. Juni 2022, für unwirksam zu erklären.
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Sie machen formelle und materielle Mängel des Bebauungsplans geltend. Die planbedingten Auswirkungen auf das Anwesen der Antragsteller seien weder in der immissionsschutzrechtlichen noch in der verkehrstechnischen Untersuchung berücksichtigt worden. Eine sachgerechte verkehrliche Erschließung des Plangebiets bestehe nicht. Das Plangebiet werde ausschließlich über die nicht ausreichend ausgebaute Straße „Am Waldspielplatz“ erschlossen. Der Antragsgegnerin sei bewusst gewesen, dass eine zweite Zufahrt erforderlich sei, sodass sie für eine eventuell später relevant werdende weitere Erschließung eine öffentliche Verkehrsfläche „Prinzeneiche“ festgesetzt habe die sich unmittelbar am Anwesen der Antragsteller befinde. Es werde im Anlieferbereich des Heizkraftwerks zu massivem Verkehrslärm kommen. Sachverständige Feststellungen, inwieweit diese Lärmsummierung sich nachteilig auf ihr Grundstück auswirkten, seien nicht getroffen worden. Im Rahmen des Bauleitplanungsverfahrens hätte die Antragsgegnerin ermitteln müssen, wann eine weitere Zufahrt „relevant“ sei. Die öffentliche Verkehrsfläche werde festgesetzt, ohne dass eine geeignete Straße existieren würde, die eine derartige Zufahrt ermögliche. Bei der Neuausweisung eines Baugebiets mit insgesamt ca. 100 Wohnungen liege es nicht von vornherein „auf der Hand“, dass eine zusätzliche Lärmbelastung durch die künftige Nutzung der Erschließungsstraße im abwägungsunerheblichen Bagatell- bzw. Irrelevanz-Bereich liegen werde. Der Bebauungsplan sei weiter zu Lasten der Antragsteller abwägungsfehlerhaft, da die Thematik eines Grundwasseraufstaus sowie der Niederschlagswasserbeseitigung nicht ausreichend geprüft worden sein. Nach Aushub der Baugrube für die Heizzentrale sei dort ein Grundwassersee entstanden. Der von ihnen beauftragte Sachverständige Dr. D* …, Grundwasser Ingenieurbüro, habe festgestellt, dass durch unterirdische Verbauungen im Planungsgebiet der Grundwasserspiegel an ihrem Grundstück bereits um mindestens 1,33 m gestiegen sei. Die Gründung des Kellers stehe nurmehr 1,67 m über der Grundwasseroberfläche, ihr Keller drohe bei Starkregenereignissen mit Grundwasser geflutet zu werden. Bereits kleinere Veränderungen des Grundwasserstands in einem Grundstück könnten zu erheblichen Auswirkungen auf die Bausubstanz führen. Zudem erfolge die Versickerung des Niederschlagswassers des Planungsgebiets in das zweite Grundwasserstockwerk, aus dem das Trinkwasservorkommen der Antragsgegnerin in der Maisinger Schlucht gespeist werde. Es stehe eine Schadstoffbelastung des Trinkwassers zu befürchten. Ihre Antragsbefugnis ergebe sich im Hinblick auf die nachteiligen Grundwasserveränderungen für ihr Anwesen sowie einer konkreten Gefährdung durch Verunreinigung des Trinkwassers, das sie vom Versorger bezögen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Normenkontrollantrag sei mangels Antragsbefugnis unzulässig. Zu einer planbedingten Verkehrszunahme an der am Anwesen der Antragsteller vorbeiführenden Straße „A* …“ komme es nicht, da eine Erschließung über diese Straße von Süden her rechtlich weder gesichert noch möglich sei. Die Straße „A* … …“ sei abweichend von der Widmung errichtet worden, sie verlaufe teilweise über Grundstücke, die im Privateigentum bzw. im Eigentum der Nachbargemeinde ständen. Im Übrigen habe sie im Aufstellungsverfahren verkehrsbedingte Auswirkungen auf das Anwesen der Antragsteller geprüft. Hiernach ergebe sich eine Lärmzunahme am Wohngebäude der Antragsteller von 1 dB(A), sofern im worst-case-Szenario der gesamte planbedingte Verkehr über die Straße „A* …“ verlaufe. Es sei weder ein Aufstau von Grundwasser noch eine Gefährdung des Trinkwasservorkommens infolge der Versickerung des Niederschlagswassers aus dem Planungsgebiet zu befürchten. Nach den von ihr im Aufstellungsverfahren sowie im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten bestehe im Planungsgebiet kein zusammenhängender Grundwasserkörper, sodass keine nachteiligen Auswirkungen auf das Anwesen der Antragsteller zu befürchten ständen.
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Der Senat hat am 5. April 2022 mündlich verhandelt. Der Bebauungsplan – 1. Änderung – wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 5. April 2022 aufgehoben (1 N 20.1594). Das Verfahren gegen den Ursprungsbebauungsplan wurde abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 1 N 22.929 fortgeführt. Den Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans hat der Senat mit Beschluss vom 22. März 2021 (1 NE 20. 2322) abgelehnt. Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung sei weder zur Abwehr schwerer Nachteile noch aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Den weiteren Antrag auf Außervollzugsetzung des Bebauungsplans unter Abänderung des Beschlusses vom 22. März 2021 hat der Senat mit Beschluss vom 21. Juli 2023 abgelehnt (1 NE 21.1927). Eine Antragsbefugnis ergebe sich weder im Hinblick auf die geltend gemachte Grundwasser- noch die Trinkwasserthematik. Hinsichtlich einer planbedingten Verkehrszunahme liege bislang kein substantiierter Vortrag für eine Antragsbefugnis vor. Im Übrigen stände infolge des Planvollzugs weder ein für die Antragsteller nachteiliger Grundwasseraufstau noch eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch die Niederschlagswasserbeseitigung zu befürchten.
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Die Parteien haben mit Schriftsatz vom 9. November 2023 sowie vom 25. Juni 2024 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in den Eil- und Hauptsacheverfahren sowie auf die vorgelegten Normaufstellungsakten Bezug genommen.
II.
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Der Senat konnte im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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1. Der Normenkontrollantrag ist unzulässig, weil es den Antragstellern an der Antragsbefugnis fehlt.
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Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ist ein Bebauungsplan Gegenstand der Normenkontrolle und sind die Betroffenen – wie hier – nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB folgen (vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215). Abwägungserheblich sind dabei aber nur private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, B.v. 29.6.2015 – 4 CN 5.14 – BauR 2015, 1827; U.v. 30.4.2004 – 4 CN 1.03 – BayVBl 2005, 55). An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind keine anderen Anforderungen zu stellen als an die Geltendmachung einer Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Darlegungspflichtig sind die Antragsteller. Sie müssen hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es möglich erscheinen lassen, dass die angegriffene Rechtsvorschrift ihre Rechte verletzt. Die bloße Bezeichnung eigener Belange und die Behauptung, es liege eine Rechtsverletzung vor, reichen nicht aus. Die Prüfung der Antragsbefugnis ist jedoch nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffes vorzunehmen. Das Normenkontrollgericht ist nicht befugt, für die Entscheidung über die Antragsbefugnis den Sachverhalt von sich aus weiter aufzuklären. Es ist allerdings verpflichtet, den Tatsachenvortrag – auch unter Würdigung widerstreitenden Vorbringens des Antragsgegners – auf seine Schlüssigkeit und voraussichtliche Belastbarkeit zu prüfen (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.2018 – 4 BN 22.18 – ZfBR 2019, 272; B.v. 12.1.2015 – 4 BN 19.14 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 14.6.2024 – 1 N 22.1031 – juris Rn. 15).
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Hieran gemessen liegt eine Antragsbefugnis nicht vor. Die Antragsteller haben im Normenkontrollverfahren nicht hinreichend substantiiert Tatsachen vorgetragen, welche die unzureichende Beachtung eines abwägungserheblichen Belangs als möglich erscheinen lassen.
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1.1. Aus dem Vortrag zum Grundwasseraufstau ergibt sich keine Antragsbefugnis der Antragsteller.
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Die Antragsteller machen geltend, dass es durch die Bebauung im Plangebiet, insbesondere durch die vorgesehenen Retentionsbecken, zu einem Grundwasseraufstau komme, der bis zu ihrem Anwesen, das unterkellert sei, reiche und hierdurch Nachteile bzw. Schäden an ihrem Gebäude zu befürchten seien. Das umfangreiche Vorbringen zeigt die Beeinträchtigung eines abwägungsrelevanten Belangs nicht auf. Der Bebauungsplan erlaubt keinen Grundwasseraufstau. Für den Aufstau von Grundwasser ist eine gesonderte wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich. Der Bebauungsplan enthält den deklaratorischen Hinweis nach den textlichen Festsetzungen (B.2 § 5 Abs. 2), dass für den Fall eines Grundwasseraufschlusses das Landratsamt zu benachrichtigen ist, um gegebenenfalls wasserrechtliche Verfahren einzuleiten. Dafür, dass eine etwaige Grundwasserthematik im Rahmen der nachfolgenden Genehmigungsverfahren bei einer sachgerechten Behandlung mittels der üblichen baulichen Maßnahmen wie Auffüllung der Baugrube mit Kies, Verwendung von Drainagen etc. nicht bewältigt werden kann, ist hier nichts ersichtlich und auch nicht substantiiert vorgetragen. Die im Aufstellungsverfahren vorgenommenen Erkundungsbohrungen haben keine Anhaltspunkte für einen zusammenhängenden Grundwasserleiter – den der Gutachter der Antragsteller seinen Ausführungen zu Grunde legt – im Planungsgebiet ergeben. Ein möglicher Aufstau des Grundwassers durch die Baukörper bedurfte daher keiner besonderen Abwägung (vgl. auch BayVGH, B.v. 18.8.2022 – 1 NE 22.1002 – juris Rn. 14). Soweit in den von der Antragstellerseite eingeführten Gutachten auf einen Aufstau sowie einen Grundwasserleiter im Bereich der Heizzentrale abgestellt wird, sieht der streitgegenständliche Bebauungsplan dort – anders als der Änderungsbebauungsplan – keine Bebauung, sondern eine Grünfläche vor. Die durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan ermöglichte Bebauung beginnt erst in einer Entfernung von mehr als 100 m zum Anwesen der Antragsteller. Angesichts der Höhenverhältnisse sowie der Entfernung der vorgesehenen Bebauung ist eine grundwasserbedingte negative Auswirkung auf das Anwesen der Antragsteller ausgeschlossen. Im Übrigen verfügen die Antragsteller insoweit auch nicht über eine schützenswerte, abwägungsrelevante Rechtsposition. Der Bebauungsplan Nr. 8080 vom 27. Mai 1993, in dessen Geltungsbereich das Grundstück der Antragsteller liegt, sieht in den Hinweisen zur Wasserwirtschaft vor, dass jedes Bauvorhaben gegen hohe Grundwasserstände oder auftretendes Hangschichtwasser zu sichern ist. Sofern die Antragsteller bzw. ihre Rechtsvorgänger dies bei der Errichtung des Gebäudes unberücksichtigt gelassen haben sollten, verfügen sie insoweit auch nicht über eine abwägungserhebliche Rechtsposition, unabhängig davon, dass die Ausführungen der Antragsteller bereits unklar bzw. widersprüchlich dahingehend sind, ob der Keller ihres Gebäudes wasserundurchlässig ausgeführt wurde.
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1.2. Eine Antragsbefugnis für die Antragsteller kann auch nicht auf die geltend gemachte Beeinträchtigung des Trinkwasservorkommens der Antragsgegnerin gestützt werden.
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Der Schutz der öffentlichen Wasserversorgung dient dem öffentlichen Interesse und nicht dem Individualschutz. Dass ein Anwohner sein Wasser bei dem Versorger beziehen muss, der eine durch Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geschützte Trinkwassergewinnungsanlage betreibt, genügt in aller Regel – und so auch hier – nicht für eine qualifizierte und individualisierte Betroffenheit (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2018 – 3 A 16.15 – BVerwGE 161, 356).
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1.3. Auch im Hinblick auf eine planbedingte Verkehrszunahme zeigen die Antragsteller keine Möglichkeit einer Rechtsverletzung auf.
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Zwar kann eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms zum Abwägungsmaterial gehören. Ist der Lärmzuwachs allerdings nur geringfügig oder wirkt er sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück aus, so muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 1.7.2020 – 4 BN 49.19 – juris Rn. 8 m.w.N.). Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht anhand fester Maßstäbe beurteilen; die Frage ist jeweils unter Würdigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BVerwG, B.v. 24.8.2017 – 4 BN 35.17 – juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 9.3.2020 – 15 N 19.210 – BayVBl 2020, 413; B.v. 28.11.2019 – 1 NE 19.1502 – juris Rn. 21).
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Hieran gemessen ist eine Abwägungserheblichkeit einer planbedingten Verkehrszunahme zu Lasten der Antragsteller nicht dargetan. Nach der Verkehrskonzeption des Bebauungsplans erfolgt die Erschließung des Planungsgebiets von Norden über die Jahn straße und die Straße „Am Waldspielplatz“, sodass die Antragsteller, deren Grundstück südlich der Abzweigung zum Plangebiet gelegen ist, durch eine Verkehrsmehrung nicht betroffen sind. Zwar ist im Bebauungsplan in südlicher Verlängerung zur Jahn straße eine öffentliche Verkehrsfläche bis zur Abzweigung „A* …“ bzw. „Prinzeneiche“ vorgesehen. Die hieran westlich anschließende Straße „A* …“ ist in ihrem tatsächlichen Verlauf jedoch nicht gewidmet. Sie verläuft teilweise abweichend von der Widmung über das Gebiet der Gemeinde Pöcking und steht zum Teil im Privateigentum, sodass eine rechtlich gesicherte Erschließung über die Straße „A* …“ nicht besteht und deshalb auch von der Antragsgegnerin nicht zu Grunde gelegt wurde. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin vorsorglich auch die Auswirkungen einer planbedingten Verkehrszunahme auf das Anwesen der Antragsteller bei einer Erschließung von Süden her über die Straße „A* …“ ermittelt. Hiernach kommt es unter der Prämisse, dass der gesamte planbedingte An- und Abfahrtsverkehr über die Straße „A* …“ erfolgt, zu einem Anstieg des Verkehrslärms an den Immissionsorten am Anwesen der Antragsteller um 1 db(A). Im Hinblick auf den Umstand, dass sich bei einer unterstellten Verkehrsanbindung von Süden her der planbedingte Verkehr gleichwohl nach Norden und Süden aufteilt und der wesentlich größere Teil des Ziel-/Quellverkehrs aus dem Plangebiet Richtung Starnberg erfolgt (ca. 60% bis 70%, vgl. S. 12 des verkehrstechnischen Gutachtens), stellt sich ein planbedingter Lärmzuwachs auf das Anwesen der Antragsteller als unwesentlich und damit nicht als abwägungserheblich dar. Soweit die Antragsteller zusätzlich Ermittlungs- und Abwägungsdefizite im Hinblick auf den An- und Ablieferverkehr der Heizzentrale geltend machen, lassen sie unberücksichtigt, dass der streitgegenständliche Bebauungsplan – anders als die 1. Änderung – keine Heizzentrale vorsieht, sodass hierauf eine Antragsbefugnis gegen den Ursprungsbebauungsplan nicht gestützt werden kann.
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2. Dem in der mündlichen Verhandlung am 5. April 2022 gestellten Beweisantrag, wonach das Planungsgebiet sowie die zur Versickerung des Niederschlagswassers vorgesehenen Flächen im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen der städtischen Wasserversorgung liegen, war nicht zu entsprechen, da diese Frage für den Rechtsstreit nach den vorstehenden Ausführungen nicht entscheidungserheblich ist.
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Auf Grund des im Nachgang zur mündlichen Verhandlung erklärten Verzichts auf eine mündliche Verhandlung war eine Vorabentscheidung über den Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) nicht erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.1989 – 1 C 57.87 – BVerwGE 82, 117; BayVGH, B.v. 16.2.2022 – 24 ZB 20.442 – juris Rn. 13).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.