Inhalt

VGH München, Urteil v. 24.02.2025 – 1 N 24.1985
Titel:

Festsetzung eines Dorfgebiets

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 2
BauGB § 1 Abs. 3, Abs. 7, § 2 Abs. 3
BauNVO § 1 Abs. 4, Abs. 5, § 5
BImSchG § 5 Abs. 1 Nr. 2
Leitsätze:
1. Ein Antragsteller kann mit seinem Antrag trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefassten Gesamtregelung darstellen (vgl. BVerwG BeckRS 2007, 26960 Rn. 11). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das von der Gemeinde für einen Ausschluss von sonstigen Wohngebäuden (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) herangezogene Vorsorgeprinzip kann nicht herangezogen werden, wenn die Immissionswerte der Geruchsimmissions-Richtlinie für ein Dorfgebiet bei den betreffenden Baufenstern unter Berücksichtigung der bestehenden Gebäudestruktur eingehalten werden können. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. § 1 Abs. 4 und 5 BauNVO erlauben dem Ortsgesetzgeber, innerhalb eines Baugebietes eine Gliederung und damit Verteilung der nach dem Baugebietstypus zulässigen Nutzungsweisen festzusetzen. In einem einheitlich festgesetzten Dorfgebiet sind alle drei Hauptfunktionen Land- und Forstwirtschaft, Wohnen und Gewerbe gewollt und realisierbar. Die für eine Differenzierung erforderlichen städtebauliche Gründe für einen Ausschluss sonstiger Wohngbäude als Hauptnutzung liegen mit der stärkeren Geruchsbelastung in einem Teilgebiet vor. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Festsetzung eines gegliederten Dorfgebiets, Geruchsimmissionen, Ausschluss sonstigen Wohnens in einem Teilbereich, Teilweise abwägungsfehlerhaft, Keine sonstigen Mängel, Bebauungsplan, Dorfgebiet, Teilnichtigkeit, Antragsbefugnis, sonstige Wohngebäude, Legehennen, Abwägungsgebot, GIRL, Vorsorgegrundsatz, Geruchsbelastung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4274

Tenor

I. In dem Bebauungsplan „Malching, Mitte“, bekannt gemacht am 27. Mai 2021, ist die textliche Festsetzung B 1.3 1. Spiegelstrich, die als Art der Nutzung sonstige Wohngebäude im MD 1 ausschließt, für die zwei südlichsten Baufenster im MD 1, die horizontal aneinandergrenzen, unwirksam.
II. Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.
III. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller 1/3, die Antragsgegnerin 2/3.
IV. Die Kostenentscheidung ist für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Der Antragsteller wendet sich gegen den im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellten Bebauungsplan „Malching, Mitte“, den die Antragsgegnerin am 15. April 2021 als Satzung beschlossen und am 27. Mai 2021 bekannt gemacht hat.
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Das Plangebiet mit einer Größe von ca. 10.595 m² liegt zentral in der Ortsmitte von Malching, nördlich der Pfarrer-Dippel Straße und östlich bzw. südlich der Dorf straße. Innerhalb des Geltungsbereichs, im südöstlichen Planbereich, befindet sich die katholische Dorfkirche „St. M. “ mit Friedhof. Das Plangebiet besteht im Übrigen neben zwei kleineren Flächen für die Feuerwehr aus zwei großflächigen Privatgrundstücken. Auf dem Grundstück FlNr. … befindet sich der ursprüngliche Teil der landwirtschaftlichen Hofstelle eines Vollerwerbslandwirts mit Tierhaltung (Pferdehaltung); zwei weitere Betriebsteile (Reithalle und ein großer Pferdehof) liegen ca. 120 m bzw. 225 m entfernt. Auf dem Grundstück FlNr. …, das im Eigentum des Antragstellers steht, befindet sich die ehemalige Dorfwirtschaft mit Saal und Anbauten, in der sich auch eine Wohnung befindet, sowie die Gebäude einer genehmigten landwirtschaftlichen Nutzung (Stall, Scheune, Maschinenhalle). Der Betrieb der Gastwirtschaft ruht seit 2011. Westlich der Dorf straße schließt sich der Bebauungsplan „Malching West“ an, der für den Kernbereich der landwirtschaftlichen Hofstelle eines Vollerwerbslandwirts mit Legehennenhaltung ein Dorfgebiet festsetzt (nur einfacher Bebauungsplan in diesem Bereich).
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Anlass für die Bebauungsplanaufstellung war ein Antrag auf Vorbescheid für das Grundstück FlNr. …, mit dem die landwirtschaftliche Hofstelle durch eine Wohnbebauung ersetzt werden sollte, sowie eine informelle Bauvoranfrage für das Grundstück des Antragstellers, die eine Aufstockung des westlichen Gebäudekomplexes der ehemaligen Dorfwirtschaft zum Inhalt hatte. Ziel des Bebauungsplans ist es, den Ortscharakter von Malching zu bewahren sowie eine sinnvolle Erschließung der Grundstücke und eine maßvolle, behutsame Nachverdichtung und Bestandsneuordnung des Gebietes zu erreichen. Die städtebauliche Entwicklung und Ordnung des Gebietes soll so durch die Verhinderung von städtebaulichen Missständen und Fehlentwicklungen sichergestellt werden.
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Die bestehende Dorfkirche St. M. mit Friedhof und Leichenhalle sowie die westlich bzw. nordwestlich an der Dorf straße liegenden kleineren Flächen für die Feuerwehr (Feuerwehrgerätehaus und Schulungsraum der Freiwilligen Feuerwehr) werden als Gemeinbedarfsflächen festgesetzt. Weiter wird die bestehende Trafostation südlich der Dorf straße als Fläche für Versorgungsanlagen ausgewiesen. Im Übrigen wird entsprechend der Darstellung des Flächennutzungsplanes ein Dorfgebiet festgesetzt, das in MD 1 und MD 2 gegliedert wird. Mit der Ausweisung des Grundstücks des Antragstellers als MD 1 soll dem Wunsch nach Erhalt der Betriebsstruktur und dem Belang der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse Rechnung getragen werden. Die allgemein zulässigen sonstigen Wohnungen werden ausgeschlossen, ausnahmsweise können Erweiterungen, Änderungen und Erneuerungen der bestehenden Wohnungen zugelassen werden. Mit dem Ausschluss der sonstigen Wohnungen solle eine unkontrollierte Umstrukturierung verhindert und dem Vorsorgeprinzip der Bauleitplanung Rechnung getragen werden. Nach den Ergebnissen der erstellten Immissionsprognose für Gerüche liege die Geruchshäufigkeit im MD1 zwischen 9% bis 25% der Jahresstunden (vgl. S. 27 der Begründung des Bebauungsplans). Eine zunächst vorgesehene Folgenutzung auf dem Grundstück des Antragstellers (mögliche Nutzung mit Wohngebäuden) wurde im Laufe des Aufstellungsverfahrens aufgegeben, da für eine solche Folgenutzung auf dem Grundstück des Antragstellers überwiegend keine gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse gesichert werden könnten. Die Zahl der zulässigen Wohnungen je Wohngebäude im MD 2 wird grundflächenbezogen festgesetzt. Das Maß der baulichen Nutzung im MD 1 wird mit einer zulässigen Grundflächenzahl und Geschossflächenzahl (GRZ von 0,47 mit Überschreitungsregelungen und GFZ von 0,71), der Zahl der Vollgeschosse (II) und einer maximal zulässigen traufseitigen Wandhöhe sowie einer Firsthöhe als Höchstmaß bestimmt. Dabei hat sich die Antragsgegnerin am Bestand orientiert, eine weitere Nutzungsintensivierung bzw. bauliche Verdichtung wird als städtebaulich nicht vertretbar angesehen. Im MD 2 wird die zulässige Grundfläche, die Zahl der Vollgeschosse (II) und die maximal zulässige traufseitige Außenwandhöhe sowie die Firsthöhe als Höchstmaß festgesetzt. Zusätzlich zu der erstellten Immissionsprognose für Gerüche wurde im Normaufstellungsverfahren eine schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung (Schallschutz gegen Gewerbegeräusche und Glockenläuten) sowie eine artenschutzrechtliche Überprüfung vorgenommen.
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Der Antragsteller stellte am 28. September 2021 einen Normenkontrollantrag und beantragt,
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den am 15. April 2021 beschlossenen und am 27. Mai 2021 bekannt gemachten Bebauungsplan „Malching, Mitte“ der Gemeinde Maisach für unwirksam zu erklären.
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Mit der angefochtenen Satzung sei ihm sein bestehendes Nutzungsrecht zum betriebsunabhängigen Wohnen genommen und sein Baurecht nach Maß und überbaubarer Grundstücksfläche auf den vorhandenen Bestand beschränkt worden. Für diese Eingriffe in sein Eigentum fehle es an hinreichender städtebaulicher Rechtfertigung. Der Bebauungsplan leide an verschiedenen Mängeln. Die Satzung sei unter Verstoß gegen § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB beschlossen worden. Der Entwurf des Bebauungsplans sei nach der zweiten Offenlage in der textlichen Festsetzung B 5.11 geändert bzw. ergänzt worden. Die Festsetzung des Dorfgebietes sei unzulässig bzw. nicht erforderlich. Die Antragsgegnerin habe im Bereich MD 1 und MD 2 ein gegliedertes Baugebiet festsetzen wollen, in dem es keine Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe gebe. Sie sei davon ausgegangen, dass es im MD 1 zwar ehemals einen landwirtschaftlichen Betrieb gegeben habe, dieser aber zur Zeit des Satzungsbeschlusses nicht mehr vorhanden gewesen sei und, dass der Pferdehof im MD 2 abgerissen und durch Wohnbebauung ersetzt werden solle. Ein Dorfgebiet ohne Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sei jedoch nicht festsetzbar. Die Prägung eines Gebiets ohne Wirtschaftsstellen durch landwirtschaftliche Betriebe in seiner näheren Umgebung sei nicht ausreichend. Eine externe Gliederung des Dorfgebiets im Hinblick auf landwirtschaftliche Betriebe in anderen Dorfgebieten außerhalb des Plangeltungsbereichs lasse § 5 BauNVO nicht zu. Im Übrigen sei zu bestreiten, dass es für den Legehennenbetrieb eine wirksame Genehmigung gebe; eine solche sei ihm nicht bekannt. Auch sei der Bebauungsplan „Malching West“ seinerseits nichtig. Der Ausschluss des betriebsunabhängigen sonstigen Wohnens im MD 1 sei weder erforderlich noch zulässig oder verhältnismäßig. Die Antragsgegnerin sei rechtsirrig von der Vorstellung ausgegangen, der Ausschluss des sonstigen Wohnens sei erforderlich gewesen, um eine Umstrukturierung zu Wohnanlagen durch ein Übergewicht von Wohngebäuden zu verhindern. Die Verhältnismäßigkeit werde auch nicht durch die Fremdkörperfestsetzung gewahrt, denn es gebe keine bestehende sonstige Wohnung, für die eine der Ausnahmen gewährt werden könnte. Die Ergebnisse des Geruchsgutachtens rechtfertigten den flächendeckenden Ausschluss nicht. Die Werte lägen nur in einem relativ kleinen Teilbereich im Nordwesten seines Grundstücks über dem als kritisch angesehenen Wert von 15%, sodass die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse im größeren Teil des Grundstückes nicht beeinträchtigt seien. Die zentimetergenaue Beschränkung auf die Bestandshöhen und Bestandsnutzungsmaße sowie die Festsetzung von fast ausschließlich den Bestand festschreibenden Baufenstern sei unverhältnismäßig. Er habe nie den Wunsch geäußert, die bestehenden Strukturen nicht ändern zu wollen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Normenkontrollantrag abzulehnen.
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Es habe keine Pflicht zu einer dritten Auslegung nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB bestanden. Die Anpassung des Wortlauts von Ziffer B 5.11 der Festsetzungen an den während des Aufstellungsverfahrens geänderten Art. 6 Abs. 5 BayBO habe lediglich redaktionellen Charakter gehabt, da die Verweisungen selbst nicht konstitutiv, sondern lediglich deklaratorisch gewesen seien. Die allgemeine Zweckbestimmung eines Dorfgebiets sei durch die Gliederung in die Gebiete MD 1 und MD 2 gewahrt. Es sei nicht zu beanstanden, wenn das sonstige Wohnen in einem Teil des Dorfgebietes vollständig ausgeschlossen werde. Der Ausschluss dürfe nur nicht im Ergebnis das gesamte Dorfgebiet betreffen. Die Gliederung des Gebiets erfolge auch aus einem legitimen städtebaulichen Grund. Das Geruchsgutachten habe ergeben, dass die Immissionswerte für Dorfgebiete im MD 1 in allen Baufenstern mit Ausnahme der beiden südlichen überschritten würden, während sie im MD 2 in allen Baufenstern gewahrt würden. Der Ausschluss sei gerechtfertigt, um eine Trennung von Wohnen und landwirtschaftliche Nutzung im Sinn des § 50 BImSchG zu erreichen. Es handele sich auch um keinen „Etikettenschwindel“. Zum einen blieben landwirtschaftliche Nutzungen in beiden Teilbereichen nach wie vor zulässig. Jedenfalls lägen aber die Voraussetzungen vor, nach denen ein Dorfgebiet festgesetzt werden könne, dass seine landwirtschaftliche Prägung „von außen“ erfahre. Für die Prägung des Neubaugebiets durch den landwirtschaftlichen Betrieb im unmittelbar benachbarten Dorfgebiet reiche es aus, dass wesentliche Teile des neuen Gebiets von den Immissionen des Betriebs im benachbarten Bebauungsplan betroffen seien. Der Bebauungsplan „Malching West“ sei als wirksam anzusehen. Der Antragsteller übersehe, dass zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses die Pferdehaltung in der Althofstelle im MD 2 noch ausgeübt worden sei. Der Ausschluss des sonstigen Wohnens im Teilbereich MD 1 sei auch bezogen auf die zwei südlichsten kleinen Baufenster zur Vorsorge gegen Luftverunreinigungen ausgeschlossen worden. Zum planerischen Element des Vorsorgeprinzips gehöre es, über Sicherheitsabstände unbelastete Freiräume zu schaffen als eine Art Puffer für die Wohnbevölkerung einerseits und als Belastungsreserve für die emittierenden Nutzungen andererseits. Zu einem gesunden Wohnumfeld gehöre die Möglichkeit zur Bewegung und Erholung im Freien. Den Interessen des Antragstellers habe sie dadurch Rechnung getragen, dass die Planung seine bestehende Wohnnutzung, die sich in den zwei südlichsten Baufenstern befinde, und darüber hinaus auch Erweiterungen, Änderungen und Erneuerungen über die Festsetzung Ziff. B.1.3 nach wie vor erlaube.
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Für das Grundstück FlNr. … wurde mit Bescheid vom 23. November 2022 eine Baugenehmigung für die Errichtung von 5 Mehrfamilienhäusern (29 Wohneinheiten) mit Tiefgarage (63 Pkw-Stellplätze) und vier oberirdischen Pkw-Stellplätzen erteilt, gegen die der Antragsteller Klage erhoben hat.
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Der Senat hat am 12. Dezember 2023 einen Augenschein durchgeführt und mündlich verhandelt. Bei dem Augenschein wurde festgestellt, dass in der ehemaligen Gastwirtschaft Wohnräume bestehen, einzelne Räume werden von dem Antragsteller nach dem Tod seiner Mutter weiterbewohnt. Die landwirtschaftlichen Gebäude werden zwar nicht mehr für eine Tierhaltung, aber im Wesentlichen zur Lagerung von landwirtschaftlichen Produkten und Abstellen von Arbeitsgeräten und -fahrzeugen genutzt. Der Antragsteller hat erklärt, dass er über 20 ha landwirtschaftliche Flächen verfüge und dort Ackerbau betreibe.
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Das Verfahren hat nach der mündlichen Verhandlung zunächst geruht, um zu prüfen, ob eine Verständigung zwischen den Parteien möglich ist. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens erklärten sich die Parteien mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakte mit dem Protokoll des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung sowie die vorgelegten Normaufstellungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Mit Einverständnis der Parteien konnte der Senat ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Der Normenkontrollantrag hat in dem in Ziff. I des Tenors ausgesprochenen Umfang Erfolg, im Übrigen war er abzulehnen.
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Der Normenkontrollantrag ist nur teilweise zulässig, dem Antragsteller fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine Überprüfung des gesamten Bebauungsplans (1.). Soweit er die als Dorfgebiet festgesetzten Flächen angreift, ist die textliche Festsetzung B 1.3 1. Spiegelstrich, die als Art der Nutzung sonstiges Wohnen im MD 1 ausschließt, für die zwei südlichsten Baufenster im MD 1, die horizontal aneinandergrenzen, unwirksam (2.). Weitere Mängel des Bebauungsplans bestehen nicht (3.) und die teilweise Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung B 1.3 1. Spiegelstrich führt nicht zur Gesamtnichtigkeit des festgesetzten Dorfgebiets (4.).
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1. Der Antragsteller ist antragsbefugt, allerdings kann er nicht die Unwirksamkeit des gesamten Plangebiets begehren.
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Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Eine die Antragsbefugnis begründende subjektive Rechtsposition ist vor allem das im Plangebiet befindliche Grundeigentum, dessen Inhalt und Schranken durch die planerischen Festsetzungen eines Bebauungsplans unmittelbar und rechtssatzmäßig bestimmt und ausgestaltet werden (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.2011 – 4 CN 1.10 – BVerwGE 140, 41). Die Antragsbefugnis ist grundsätzlich zu bejahen, wenn sich ein Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, B.v. 8.2.2024 – 4 BN 28.23 – juris Rn. 4; U.v. 10.3.1998 – 4 CN 6.97 – NVwZ 1998, 732). Damit ist die Antragsbefugnis des Antragstellers als Eigentümer eines Grundstücks, für das der Bebauungsplan Festsetzungen trifft, gegeben.
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Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilnichtig zu erklären ist. Der Antragsteller kann mit seinem Antrag lediglich dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefassten Gesamtregelung darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 9.4.2008 – 4 CN 1.07 – BVerwGE 131, 100; B.v. 20.9.2007 – 4 BN 20.07 – juris Rn. 11; B.v. 18.7.1989 – 4 N 3.87 – BVerwGE 82, 225; BayVGH, U.v. 27.6.2023 – 1 N 21.1762 – juris Rn. 16; B.v. 16.7.2018 – 1 N 14.1510 – juris Rn. 17).
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Nach diesen Maßgaben hat der Antragsteller nur ein Rechtsschutzbedürfnis, die Unwirksamkeit des festgesetzten Dorfgebiets geltend zu machen. Nur hiergegen richtet sich die Begründung seines Normenkontrollantrags, die Festsetzung der Gemeinbedarfsflächen für einerseits die Dorfkirche mit Friedhof und Leichenhalle sowie andererseits die Feuerwehr und die Ausweisung der bestehenden Trafostation als Fläche für Versorgungsanlagen werden nicht angegriffen. Insoweit ist der Bebauungsplan auch teilbar, es werden unterschiedliche städtebaulichen Zielsetzungen verfolgt. Bei den ausgewiesenen Gemeinbedarfsflächen handelt es sich zudem nur um einen einfachen Bebauungsplan. Mit dem Antrag, den Bebauungsplan insgesamt für unwirksam zu erklären, an dem der Antragsteller nach der mündlichen Verhandlung festgehalten hat, hat er zu weit gegriffen.
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2. Die textliche Festsetzung B 1.3, die nur für das MD 1 gilt, ist unwirksam, soweit auch in den zwei südlichsten Baufenstern, die horizontal aneinandergrenzen, sonstige Wohngebäude nicht zulässig sind. Es bestehen keine ausreichenden städtebaulichen Gründe, die im Dorfgebiet allgemein zulässige Nutzung (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) auf der gesamten Grundstücksfläche auszuschließen; insoweit erweist sich die Planung als abwägungsfehlerhaft. Das eingeholte Geruchsgutachten kann für eine sachgerechte Abwägung nur herangezogen werden, soweit es für den Bestandsfall des benachbarten Legehennenbetriebs die Immissionswerte auf dem Grundstück des Antragstellers ermittelt hat (2.1.). Die privaten Belange des Antragstellers überwiegen für diesen Teilbereich die städtebaulichen Argumente der Antragsgegnerin (2.2.)
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2.1. Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB). Denn die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB setzt deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 12.6.2018 – 4 B 71.17 – ZfBR 2018, 601).
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Als Grundlage für ihre Abwägungsentscheidung hat die Antragsgegnerin u.a. eine Geruchsimmissionsprognose in Auftrag gegeben, die nach den Vorgaben der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) erstellt wurde. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Gerüchen aus Tierhaltung kann als Orientierungshilfe auf die Geruchsimmissionsrichtlinie zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.9.2022 – 4 C 3.21 – NVwZ 2023, 928). Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtigt die im Umgriff des geplanten Geltungsbereiches befindlichen aktiven landwirtschaftlichen Betriebe mit Tierhaltung; dabei handelt es sich zum einen um die Legehennenhaltung westlich des Plangebiets und zum anderen um den Pferdehof mit Reithalle auf zwei weiter südlich gelegenen Grundstücken. Das Gutachten hat ergeben, dass der gemäß der Geruchsimmissions-Richtlinie zulässige Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 (bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden bezogen auf ein Jahr) innerhalb des geplanten MD 1 bei den meisten Baufeldern überschritten wird und nur in einem Teilbereich des südlichen gelegenen Gebäudes eingehalten werden kann. Dabei hat es bei der Legehennenhaltung sowohl die Bestandssituation (8.000 Legehennen) als auch eine frühere Genehmigung als „worst case“ (12.000 Legehennen) geprüft. Für die Einschränkung der Eigentumsrechte des Antragstellers kann nur auf die Bestandssituation mit 8.000 Legehennen auf dem benachbarten Grundstück abgestellt werden. Zwar ist in der Baugenehmigung vom 22. Juni 1999 für die Errichtung eines Hühnerstalls (die Baugenehmigung wurde im Verfahren digital vorgelegt) als Auflage des Immissionsschutzes enthalten, dass die Tierplatzzahl auf dem Betriebsgelände auf 12.000 begrenzt ist. Nachdem sich die Haltungsvorschriften für Legehennen geändert haben (Verbot der Käfighaltung), können in den genehmigten Ställen aber nur 8.000 Legehennen untergebracht werden. Für eine darüberhinausgehende Anzahl müsste ein weiteres Gebäude errichtet werden (vgl. S. 16 der Immissionsprognose sowie S. 19 der immissionsfachlichen Stellungnahme im Aufstellungsverfahren des Bebauungsplans „Malching West“). Konkrete Erweiterungsabsichten des Landwirts wurden nicht vorgetragen (vgl. auch sein Schreiben im Aufstellungsverfahren vom 20.7.2020) und der Bebauungsplan „Malching West“ sieht auch keine Festsetzungen für die Zulässigkeit eines weiteren Gebäudes vor. Auf die Wirksamkeit dieses Bebauungsplans kommt es bei dieser Sachlage nicht an. Soweit der Antragsteller meint, dass die Reduzierung der Tierplatzzahl aufgrund der Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (Verbot der Käfighaltung) zu einem Erlöschen der Baugenehmigung für die Errichtung des Hühnerstalls geführt habe, entsteht durch die Verringerung der Zahl der Tierplätze kein aliud, mit der in der Baugenehmigung enthaltenen Auflage des Immissionsschutzes wird nur der Tierbestand bestimmt, der in den baulichen Anlagen maximal gehalten werden darf.
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Der Senat hat sich die Zahlen für die Bestandssituation mit 8.000 Legehennen vom Gutachter in der mündlichen Verhandlung erläutern lassen. Die Berechnungsergebnisse wurden ausgehend von der Abbildung 21 in der Immissionsprognose näher dargestellt. Danach ergibt sich an den Gebäudefassaden auf dem Grundstück des Antragstellers folgende maximale Geruchsbelastung (relative Häufigkeiten der Geruchsstunden als Anteil an den Jahresstunden): bei der Maschinenhalle an der nördlichen Fassade eine Belastung von maximal 21%, bei dem Stalltrakt mit landwirtschaftlicher Halle maximale Werte von 17%, bei dem Geräteschuppen bzw. der Garage maximal 18% an der Nordfassade, bei dem Anbau der Gaststätte im Norden eine maximale Belastung von 17% und bei dem südlichen Baufenster der bestehenden ehemaligen Gastwirtschaft an der nordöstlichen Ecke Werte von 12% bzw. 13%. Weiter hat der Gutachter ausgeführt, dass die Darstellung von Nullwerten in den Baufenstern aus der Gebäudeabschirmung resultiere; in der Modellrechnung werde simuliert, dass in den Baufenstern Gebäude ständen. So würde auch für den Fall, dass der nördliche Anbau der Gaststätte entfalle, sich an der Nordfassade eines Gebäudes, das die beiden südlichen Baufelder ausnutze, ein maximaler Wert von 17% ergeben. Der Gutachter hat insoweit auf die im Aufstellungsverfahren zunächst verfolgte Nachfolgenutzung auf dem Grundstück des Antragstellers (MD 3) mit einem Baufenster am südlichen Grundstücksrand verwiesen (vgl. Abbildung 22), die er mituntersucht hat. Geht man von diesen Zahlen aus, die der Gutachter in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert hat und deren Herleitung im schriftlichen Gutachten nachvollziehbar dargestellt ist – substantiierte Einwendungen gegen das Gutachten werden vom Antragsteller nicht erhoben –, können die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Gründe den Ausschluss sonstiger Wohngebäude in den beiden südlichsten Baufenstern nicht rechtfertigen.
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2.2. Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – NVwZ 2015, 1537; B.v. 15.5.2013 – 4 BN 1.13 – ZfBR 2013, 573; U.v. 12.12.1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301). Die Gemeinde darf durch ihre Bauleitplanung die (bauliche) Nutzbarkeit von Grundstücken verändern und dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. Allerdings setzt eine wirksame städtebauliche Planung voraus, dass hinreichend gewichtige, städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange für sie bestehen. Der Satzungsgeber muss ebenso wie der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden (vgl. BVerfG, B.v. 19.12.2002 – 1 BvR 1402/01 – NVwZ 2003, 727). Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks muss daher von der Gemeinde als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen in der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange beachtet werden (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2017 – 4 BN 25.16 – ZfBR 2017, 589; B.v. 15.5.2013 a.a.O.; B.v. 16.1.1996 – 4 NB 1.96 – ZfBR 1996, 223).
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Weiter hat jeder Bebauungsplan die von ihm geschaffenen oder ihm zurechenbaren Konflikte zu lösen. Das Gebot der Konfliktbewältigung hat seine rechtliche Wurzel im Abwägungsgebot und besagt, dass die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden müssen. Nach § 50 Satz 1 Alt. 1 BImSchG sind bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, zu denen auch die Aufstellung von Bebauungsplänen gehört, die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete so weit wie möglich vermieden werden. Dabei umfasst der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen nicht nur Gefahren im sicherheitsrechtlichen Sinne, sondern auch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 CN 3.11 – BVerwGE 143, 24). Die Geruchsimmissions-Richtlinie kann für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Gerüchen nicht rechtssatzartig, insbesondere nicht im Sinne einer Grenzwertregelung, sondern lediglich in ihrer Bedeutung eines antizipierten generellen Sachverständigengutachtens als Orientierungshilfe herangezogen werden. Maßgeblich für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze bleiben die konkreten Umstände des Einzelfalls, die einer umfassenden Würdigung zu unterziehen sind (vgl. BVerwG, B.v. 4.12.2018 – 4 B 3.18 – juris Rn. 8; B.v. 5.8.2015 – 4 BN 28.15 – juris Rn. 5).
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Soweit in der Abwägung darauf abgestellt wird, dass nach der textlichen Festsetzung B 1.3 2. Spiegelstrich ausnahmsweise Erweiterungen, Änderungen und Erneuerungen von bestehenden Wohnungen zugelassen werden können, gab es auf dem Grundstück des Antragstellers zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses keine sonstigen Wohnungen im Sinn von § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO. Wie der Senat beim Augenschein festgestellt hat, existieren Wohnräume nur in der ehemaligen Gastwirtschaft. Der Antragsteller hat glaubhaft versichert, dass diese Wohnung von seinen Eltern genutzt wurde, die auch die Landwirtschaft betrieben haben. Nach dem Tod seiner Mutter bewohnt der Antragsteller als Landwirt einzelne Räume selbst. Die Wohnung gehörte daher immer zu der bestehenden Landwirtschaft (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Eine Nutzungsänderung dieser Wohnung zu einer sonstigen Wohnung wird mit der Definition des Begriffs „Änderung“ in der Begründung des Bebauungsplans ausgeschlossen (vgl. S.27). Die Vorschrift geht daher ins Leere.
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Das von der Antragsgegnerin für einen Ausschluss von sonstigen Wohngebäuden (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) herangezogene Vorsorgeprinzip kann nicht für den gesamten Grundstücksbereich herangezogen werden. Wie oben dargestellt, können die Immissionswerte der Geruchsimmissions-Richtlinie für ein Dorfgebiet bei den zwei südlichsten Baufenstern unter Berücksichtigung der bestehenden Gebäudestruktur eingehalten werden. Der Antragsteller hatte im Aufstellungsverfahren vorgetragen, dass er die Gebäude- und Betriebsstruktur nicht verändern wolle (vgl. sein Schreiben vom 19.12.2017 „keine Beseitigung der Gastwirtschaft“). Auch wenn man davon ausgeht, dass der nördliche Anbau der Gaststätte entfernt wird, schließt der dann vorliegende Wert von maximal 17% Geruchsstundenhäufigkeit an Teilen der Nordfassade eine schutzbedürftige Wohnnutzung nicht aus. Wie in dem immissionsschutzfachlichen Gutachten zu einer möglichen Nachfolgenutzung mit Wohngebäuden auf dem Grundstück des Antragstellers ausgeführt wird, kann durch Maßnahmen zur architektonischen Selbsthilfe (keine zu öffnenden Fenster in diesem Bereich, Positionierung von Nebenräumen, kontrollierte Wohnraumbe- und entlüftung) das Auftreten von erheblichen Belästigungen am südlichen Baufeld im Bestandsfall (8.000 Legehennen) ausgeschlossen werden (vgl. S. 5 und 52 des Gutachtens). Diese Bewertung kann auf die zwei südlichen Baufenster im MD 1 übertragen werden (vgl. die Darstellung des südlichen Baufeldes einer Nachfolgenutzung in Abbildung 22 des Gutachtens); so hat auch der Gutachter für die anzunehmen Maximalwerte an der Nordfassade eines Gebäudes, das die vorliegenden zwei südlichen Baufenster ausnutzt, auf die Berechnungsergebnisse bei dem südlichen Baufeld der untersuchten Nachfolgenutzung Bezug genommen.
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Soweit sich die Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren auf den Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG bezieht, lässt sich hieraus keine weitergehende Beschränkung für den Antragsteller herleiten. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG regelt die Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr greift ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts besteht. Sie dient der Abwehr erkannter Gefahren und der Vorbeugung gegenüber künftigen Schäden, die durch solche Gefahren hervorgerufen werden können. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen erfasst mithin mögliche Schäden, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, weshalb noch keine Gefahr, sondern nur ein Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotential besteht. Gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen, ist es Aufgabe der Vorsorge, solche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.2003 – 7 C 19.02 – BVerwGE 119, 329). Gesundheitsrisiken sind im Bereich der beiden südlichsten Baufelder aber nicht zu befürchten, zumal es bei Gerüchen vorrangig um Belästigungen geht (vgl. BVerwG, U.v. 23.7.2015 – 7 C 10.13 – BVerwGE 152, 319). Selbst wenn man davon ausgeht, wie der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin vorträgt, dass der Vorsorgegrundsatz weitergehend auch der Schaffung von Freiräumen dienen soll, einerseits für die in der Nachbarschaft der Anlage lebenden Personen, deren Umwelt und Lebensraum gesichert werden soll, andererseits als Forderung nach einem ausreichenden Sicherheitsabstand von der Schädlichkeitsgrenze aus Gründen der planenden Verteilung des Emissions- und Immissionspotentials im Hinblick auf künftige Betreiber (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1982 – 7 C 42.80 – BVerwGE 65, 313; Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2024, § 5 BImSchG Rn. 139 m.w.N.) und die Gemeinden im Rahmen ihrer Bauleitplanung auch ermächtigt sind, entsprechend dem Vorsorgeprinzip des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, vorbeugenden Umweltschutz zu betreiben (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 – 4 C 52.87 – DVBl 1989, 1050) führt dies hier zu keiner anderen Beurteilung. Die Antragsgegnerin hat ein Dorfgebiet festgesetzt, in dem Geruchsimmissionen aus der Landwirtschaft ortsüblich sind, der Antragsteller betreibt selbst eine Landwirtschaft auf dem Grundstück, unzumutbare Belästigungen für ein Wohnbauvorhaben in den beiden südlichsten Baufenster liegen nicht vor bzw. stärkere Belastungen können durch mögliche und zumutbare Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe vermieden werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.9.2022 – 4 C 3.21 – NVwZ 2023, 928) und abstrakte Erweiterungsinteressen des benachbarten Landwirts rechtfertigen im Hinblick auf die in weiten Grundstücksteilen des Antragstellers schon bestehende Belastung mit Gerüchen aus der Legehennenhaltung keine Einschränkung, die über das notwendige Maß hinausgeht bzw. für die keine rechtfertigenden städtebaulichen Gründe sprechen.
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Die Zulassung von sonstigen Wohnungen im Bereich der beiden südlichsten Baufenster führt auch nicht zu einer unkontrollierten Umstrukturierung des festgesetzten Dorfgebiets, sondern wahrt das Recht des Antragstellers, auch auf seinem Grundstück die im Dorfgebiet zulässige Nutzungsart „sonstige Wohngebäude“ zu verwirklichen. Ihm wird damit ermöglicht, eine betriebsunabhängige Wohnung in dem Gaststättengebäude einzurichten. Im Übrigen kann auf dem großflächigen Grundstück des Antragstellers weiterhin eine Hofstelle untergebracht werden.
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3. Soweit der Antragsteller den Ausschluss von betriebsunabhängigem Wohnen auch in den übrigen Grundstücksbereichen im MD 1 angreift, ist dieser Ausschluss nicht abwägungsfehlerhaft (3.1.). Weiter war das Planaufstellungsverfahren weder fehlerhaft (3.2.) noch bestehen sonstige materielle Fehler (3.3.).
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3.1. Die von der Antragsgegnerin berücksichtigten städtebauliche Gründe für den Ausschluss von sonstigem Wohnen im festgesetzten Dorfgebiet MD 1 rechtfertigen den Ausschluss in den übrigen Baufeldern. Wie oben dargestellt wird der nach der Geruchsimmissions-Richtlinie vorgegebene Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 (Geruchsbelastung bei 15% der Jahresstunden) im nördlichen und im mittleren westlichen Grundstücksbereich mit 18 – 21% der Jahresstunden deutlich überschritten. Nach Osten schwächen sich die Immissionswerte ab, es werden bei dem Stalltrakt mit landwirtschaftlichen Halle aber immer noch maximale Immissionswerte von 17% der Jahresstunden erreicht. Die Aussage des Antragstellers, dass die Werte nur in einem relativ kleinen Teilbereich im Nordwesten des Grundstücks des Antragstellers über dem für das Dorfgebiet als kritisch angesehenen Wert von 15% der Jahresstunden liegen, ist daher nicht richtig. Neben dem Belang der gesunden Wohnverhältnisse konnte die Antragsgegnerin auch ihre Zielvorstellung für eine dörfliche Struktur auf dem Grundstück des Antragstellers bei der Abwägung berücksichtigen. Aufgrund der Aussage des Antragstellers im Aufstellungsverfahren, dass er die Gebäude- und Betriebsstruktur auf seinem Grundstück nicht verändern wolle, hat die Antragsgegnerin die Baufelder und das Maß der baulichen Nutzung nach dem vorhandenen Bestand festgesetzt. Dabei konnte sie berücksichtigen, dass das relativ dicht bebaute Grundstück mit der ehemaligen Gastwirtschaft mit Anbauten und den landwirtschaftlichen Hallen bzw. Nebengebäuden städtebaulich ein anderes Erscheinungsbild gibt, als wenn auch nur teilweise Wohngebäude mit den gleichen Standorten und Maßen auf dem Grundstück errichtet werden. Der Ausschluss von sonstigen Wohngebäuden ist daher auch städtebaulich insoweit gerechtfertigt, als bestehende landwirtschaftliche Hallen oder ein ehemaliger Stall nicht zu Wohngebäuden umgebaut werden sollten. Eine unkontrollierte Umnutzung mit gewerblichen Nutzungen, die der Antragsteller in den Raum stellt, musste die Antragsgegnerin nicht befürchten und im Übrigen ist eine gewerbliche Umnutzung bestehender Gebäude auch immissionsschutzrechtlich anders zu beurteilen als eine Wohnnutzung. Die in der Geruchsimmissions-Richtlinie genannten Werte beziehen sich auf Wohnnutzungen innerhalb der jeweiligen Gebiete.
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3.2. Der gerügte Fehler im Normaufstellungsverfahren liegt nicht vor.
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Für die Abstandsflächen galt in dem ausgelegten Bebauungsplanentwurf in der Fassung vom 28. Mai 2020 folgende Regelung: B 5.11 Die Geltung des Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO wird angeordnet, soweit nicht durch Baugrenzen mit Unterschreitungen der Abstandsflächen (Ziffer B 6.3 – offensichtlicher Schreibfehler, Bezug auf B 5.3) andere Abstände vorgegeben werden. Die Endfassung lautet: B 5.11 Für die Festsetzung „Baugrenze mit Unterschreitung der Abstandsflächen“ (Ziffer B 5.3) gilt Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO; Sodass für diese Festsetzung des Bebauungsplans, als städtebauliche Satzung, ein abweichendes Maß der Tiefe der Abstandsflächen zugelassen wird. Der Antragsteller trägt vor, dass es nach dieser Änderung einer erneuten Offenlage nach § 3 Abs. 2 BauGB bedurft hätte, da die neue Regelung entgegen der alten Regelung nicht kraft Gesetzes eingetreten sei, sondern erst mit der Zulassung einer geringeren Abstandsfläche.
36
Wird der Entwurf eines Bauleitplans nach dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB geändert oder ergänzt, ist er gemäß § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB erneut auszulegen. Das gilt nicht nur, wenn er in einer die Grundzüge der Planung berührenden Weise geändert oder ergänzt wird, sondern auch bei weniger grundlegenden Änderungen oder Ergänzungen. Entbehrlich ist eine erneute Auslegung allerdings, wenn eine Änderung lediglich klarstellende Bedeutung hat, weil sich am Planentwurf dann inhaltlich nichts ändert. Entsprechendes gilt, wenn der Entwurf nach der Auslegung in Punkten geändert wird, zu denen die betroffenen Bürger, Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zuvor bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, die Änderungen auf einem ausdrücklichen Vorschlag eines Betroffenen beruhen und Dritte hierdurch nicht abwägungsrelevant berührt werden (vgl. BVerwG, B.v. 23.3.2022 – 4 BN 46.21 – juris Rn. 6; B.v. 3.1.2020 – 4 BN 25.19 – ZfBR 2020, 676; B.v. 31.7.2018 – 4 BN 41.17 – juris Rn. 6; B.v. 18.4.2016 – 4 BN 9.16 – ZfBR 2016, 589).
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Nach diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin die Änderung der textlichen Festsetzung zu Recht als redaktionelle Änderung angesehen; an deren materiellen Regelungsgehalt hat sich nichts geändert. Es sollte für die Abstandsflächen jeweils die gesetzliche Regelung (durch den Landesgesetzgeber bzw. die Gemeinde) gelten mit Ausnahme im Bereich der gekennzeichneten Baugrenzen, wo es bei Ausschöpfung der überbaubaren Flächen und festgesetzten Höhenmaße zu einer Unterschreitung der gesetzlichen Abstandsflächen kommen kann. Die Tatsache, dass sich der Wortlaut der textlichen Festsetzung an die Regelung in Art. 6 Absatz 5 Satz 2 BayBO in der Fassung vom 23. Dezember 2020 angepasst hat, während zuvor Art. 6 Absatz 5 Satz 3 BayBO in der Fassung vom 10. Juli 2018 für eine Ausnahme von den gesetzlichen Abstandsflächen einschlägig war, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Regelungsmöglichkeit von verkürzten Abstandsflächen im Bebauungsplan ist geblieben, eine inhaltliche Änderung ist hier nicht erfolgt (vgl. auch S. 14 der amtlichen Begründung LT-Drs. 18/8547). Die Verkürzung gesetzlich geltender Abstandsflächentiefen setzte auch in der früheren Fassung von Art. 6 Abs. 5 BayBO eine Regelung durch den Bebauungsplan voraus. Der vom Antragsteller konstruierte Unterschied kann nicht nachvollzogen werden. Die Antragsgegnerin musste den Bebauungsplan nicht erneut auslegen.
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3.3. Dem Bebauungsplan fehlt nicht die städtebauliche Erforderlichkeit, insbesondere ist die Ausweisung der Grundstücksflächen als Dorfgebiet im Sinn von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, die allgemeine Zweckbestimmung eines Dorfgebiets ist gewahrt (3.3.1.). Mit den festgesetzten Baufenstern und dem zulässigen Maß der baulichen Nutzung im MD 1 wird das Eigentumsrecht des Antragstellers nicht unzulässig beschränkt (3.3.2.).
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3.3.1. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung wird der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Die Frage der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit planerischer Festsetzungen unterliegt der Abwägungskontrolle und darf nicht zum Maßstab der städtebaulichen Rechtfertigung gemacht werden. Die Gemeinde betreibt bereits dann städtebauliche Planung, wenn sie sich im Rahmen ihrer durch Planungsziele konkretisierten eigenen städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen hält und den Festsetzungen in Bezug auf diese Ziele Förderpotential zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2017 – 4 BN 2.17 – juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 – 4 CN 8.14 – BVerwGE 153, 16; U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – NVwZ 2015, 1537). Dabei gilt das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit nicht nur für den Anlass der Bauleitplanung, sondern auch für deren Inhalt und damit für jede Festsetzung (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2020 – 4 BN 55.20 – juris Rn. 4; U.v. 18.3.2004 – 4 CN 4.03 – BVerwGE 120, 239).
40
Nach § 5 BauNVO dienen Dorfgebiete der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben; auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen. Der Gebietscharakter eines Dorfgebiets als ländliches Mischgebiet hängt zwar grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis dieser Hauptfunktionen ab. Indes wandelt sich der Gebietscharakter eines Dorfgebiets, wenn die landwirtschaftliche Nutzung völlig verschwindet und auch eine Wiederaufnahme ausgeschlossen erscheint. Ein Baugebiet ganz ohne Gebäude land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen ist kein Dorfgebiet. Die Festsetzung des Baugebiets MD ist nur rechtmäßig, wenn auf diesen Flächen die für dieses Baugebiet auch wesensbestimmenden Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe in einer für die Prägung des Gebiets hinreichenden Zahl und Größe vorhanden sind oder dort untergebracht werden können (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2023 – 4 CN 7.21 – BVerwGE 179, 160; U.v. 23.4.2009 – 4 CN 5.07 – BVerwGE 133, 377; B.v. 29.5.2001 – 4 B 33.01 – NVwZ 2001, 1055). Die nicht überplante Umgebung eines Baugebiets ist für die Bestimmung des Gebietscharakters unbeachtlich. Ein Baugebiet, das nicht selbst Standort für die Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sein kann, ist kein Dorfgebiet; es genügt nicht, dass sich ein solcher Betrieb in der angrenzenden Nachbarschaft befindet. Ein Dorfgebiet kann auch nicht gemäß § 1 Abs. 4 BauNVO im Verhältnis zu seiner landwirtschaftlich geprägten näheren Umgebung gegliedert werden. Weiter besteht keine Gliederungsmöglichkeit zu einem anderen festgesetzten Dorfgebiet; eine externe Gliederungsmöglichkeit sieht § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO nur für Gewerbe- und Industriegebiete vor (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2009 a.a.O.).
41
Die städtebauliche Erforderlichkeit für eine Neuordnung der Plangebietsflächen unter Bewahrung des Ortscharakters (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB) liegt zweifelsfrei vor. Weiter ist die Festsetzung als Dorfgebiet städtebaulich erforderlich. Auf den Grundstücksflächen sollen auch Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe untergebracht werden, die allgemeine Zweckbestimmung eines Dorfgebiets ist damit gewahrt.
42
Zwar ist es nach den genannten Maßgaben nicht schon ausreichend, dass westlich und auch südlich des Plangebiets landwirtschaftliche Betriebe bestehen. Die Antragsgegnerin hat aber nicht allein darauf abgestellt. Mit der Ausweisung als Dorfgebiet soll die bestehende Betriebsstruktur auf dem Grundstück des Antragstellers erhalten bleiben (vgl. S. 26 der Begründung des Bebauungsplans). Dass der Antragsteller auf seinem Grundstück eine Landwirtschaft betreibt und als Landwirt weiterhin tätig bleiben will, haben Augenschein und mündliche Verhandlung ergeben. Auch die städtebauliche Absicht der Antragsgegnerin, auf dem Nachbargrundstück die beabsichtigte Umnutzung der Flächen der landwirtschaftlichen Hofstelle zu Wohnnutzung zu strukturieren, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Antragsgegnerin hat das einheitlich festgesetzte Dorfgebiet entsprechend ihren städtebaulichen Absichten gegliedert (MD 1 und MD 2) und entsprechend den unterschiedlichen Zielvorstellungen auch die überbaubaren Flächen festgesetzt und Maßfestsetzungen getroffen. Der Gebietscharakter als Dorfgebiet ändert sich nicht deshalb, weil keine gleichmäßige Durchmischung der Nutzung beabsichtigt ist, sondern im MD 2 künftig verstärkt Wohnnutzung stattfinden soll (vgl. OVG Rh-Pf; U.v. 7.3.2024 – 1 C 10416/22 – BauR 2024, 1173; NdsOVG, U.v. 15.6.2023 – 1 KN 122/21 – ZfBR 2023, 595). Es liegt auch kein unzulässiger „Etikettenschwindel“ vor. Die Festsetzung eines Dorfgebiets widerspricht in diesem Sinn § 1 Abs. 3 BauGB, wenn die diesen Gebietstyp kennzeichnende Mischung von Landwirtschaft, Wohnen und Gewerbe bzw. Handwerk nicht beabsichtigt ist, sondern die Ausweisung nur erfolgt, um die Schutzwürdigkeit der in Wirklichkeit allein geplanten Wohnbebauung zu verringern (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.1995 – 14 N 94.1158 – BayVBl 1996, 48). Die Antragsgegnerin strebt hier ein Nebeneinander von Landwirtschaft, nicht wesentlich störendem Gewerbe und Wohnen an.
43
Soweit die Antragsgegnerin die Teilgebiete MD 1 und MD 2 nach der Art der Nutzung dahingehend gegliedert hat, dass auf den Flächen des MD 1 sonstige Wohngebäude als Hauptnutzung im Dorfgebiet ausgeschlossen sind, erlaubt § 1 Abs. 4 und 5 BauNVO dem Ortsgesetzgeber, innerhalb eines Baugebietes eine Gliederung und damit Verteilung der nach dem Baugebietstypus zulässigen Nutzungsweisen festzusetzen. Dass dabei nicht jeder Teilbereich des so gegliederten Baugebiets – wird er für sich allein betrachtet – alle Anforderungen der allgemeinen Zweckbestimmung erfüllt, widerspricht dem nicht, solange das Baugebiet bei einer Gesamtbetrachtung noch seinen planerischen Gebietscharakter bewahrt (vgl. BVerwG, B.v. 6.5.1996 – 4 NB 16.96 – juris Rn. 8; B.v. 22.12.1989 – 4 NB 32.89 – BauR 1990, 186). In dem einheitlich festgesetzten Dorfgebiet sind alle drei Hauptfunktionen Land- und Forstwirtschaft, Wohnen und Gewerbe gewollt und realisierbar. Die für eine Differenzierung erforderlichen städtebauliche Gründe (vgl. BVerwG, B.v. 6.5.1996 a.a.O.) liegen mit der stärkeren Geruchsbelastung der Flächen im MD 1 vor. Erforderlich sind bauplanerische Festsetzungen nicht erst dann, wenn sie zur Bewältigung planungsrechtlicher Problemlagen zwingend geboten sind, sondern schon, wenn hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange für sie sprechen. Dabei liegt es im planerischen Ermessen der Gemeinde, welche städtebaulichen Ziele sie sich setzt (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – BauR 1999, 1136; NdsOVG, U.v. 4.5.2000 – 1 K 4196/98 – BauR 2000, 1710). Ob sich die städtebaulichen Gründe gegen die privaten Belange des Antragstellers insgesamt durchsetzen, ist eine Frage der Abwägung und wird vom Senat für einen Teilbereich im MD 1 verneint.
44
3.3.2. Auch ist im MD 1 weder die Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen, die im Wesentlichen dem Bestand entsprechen noch die Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung, die entsprechend den vorhandenen baulichen Anlagen erfolgte, abwägungsfehlerhaft erfolgt. Die Wand- und Firsthöhen der Bestandsgebäude im Plangebiet sowie die vorhandene Geschossigkeit in der Umgebungsbebauung wurden als Grundlage für die Festsetzungen im Plangebiet ermittelt. Wie der Augenschein des Senats gezeigt hat, ist das Grundstück des Antragstellers bereits relativ dicht bebaut. Die als Maß der baulichen Nutzung festgesetzte Grundflächenzahl von 0,47 im MD 1 ist höher, als die im MD 2 festgesetzten Grundflächen für eine künftige Nutzung, die etwa eine Grundflächenzahl von 0,25 ergeben (vgl. S. 29 der Begründung des Bebauungsplans). Soweit der Antragsteller im Normenkontrollverfahren vortragen lässt, dass er nie den Wunsch geäußert habe, die bestehenden Strukturen nicht verändern zu wollen, durfte die Antragsgegnerin diese Äußerung in dem Schreiben des Antragstellers vom 17. Dezember 2017 ihrer Planung zugrunde legen. Die von ihm mit einer informellen Voranfrage angedachte Aufstockung des Gaststättengebäudes konnte sie aufgrund einer damit entstehenden, nicht mehr städtebaulich vertretbaren Höhe abwägungsfehlerfrei ablehnen (vgl. die Abwägungsentscheidung in der Gemeinderatssitzung vom 28.5.2020). Nach dem Augenschein (vgl. die gefertigten Bilder in der Gerichtsakte) tritt das bestehende Gaststättengebäude auch mit seiner Höhenentwicklung bereits jetzt dominant in Erscheinung. Soweit es der Antragsteller zuletzt noch als abwägungsfehlerhaft ansieht, dass eine Umstrukturierung der vorhandenen Hofstelle im MD 2 zu (vor allem) Wohnen nicht möglich sei, da im MD 2 alle Hauptnutzungen des Dorfgebiets möglich seien und damit realisiert werden müssten, verkennt er, dass es für die Frage, ob eine spätere Bebauung den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO entspricht, auf das insgesamt festgesetzte Dorfgebiet und nicht auf die jeweiligen Teilgebiete ankommt (vgl. OVG Rh-Pf, U.v. 7.3.2024 – 1 C 10416/22 – BauR 2024, 1173).
45
4. Die teilweise Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung B 1.3 1. Spiegelstrich im MD 1, die sonstige Wohngebäude ausschließt, führt nicht zur Gesamtunwirksamkeit des zulässigerweise angegriffenen festgesetzten Dorfgebiets.
46
Mängel, die einzelnen Festsetzungen des Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zu dessen Gesamtnichtigkeit, wenn – erstens – die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn – zweitens – die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Die Feststellung der Teilnichtigkeit setzt zunächst objektiv eine Teilbarkeit voraus. Weiter ist zu prüfen, ob bei der geltend gemachten Rechtsverletzung, die sich auf einen räumlichen Teil des Plangebiets oder auf bestimmte Festsetzungen im Bebauungsplan beschränkt, die Feststellung der Nichtigkeit gerade dieses Teils dem (hypothetischen) Willen der Gemeinde am besten entspricht (vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2008 – 4 B 5.08 – juris Rn. 8 f.; B.v. 6.11.2007 – 4 BN 44.07 – juris Rn. 3).
47
Nach diesen Maßgaben ist keine Gesamtunwirksamkeit anzunehmen. Die textliche Festsetzung ist teilbar, ihre Unwirksamkeit kann auf einzelne Baufelder beschränkt werden. Dass die Antragsgegnerin auch einer Wohnbebauung auf dem Grundstück des Antragstellers nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstand, zeigt die im Aufstellungsverfahren erwogene Nachfolgenutzung (MD 3), die aufgrund der ermittelten Geruchsbelastung aufgegeben wurde. Wie oben ausgeführt, konnten aber nicht alle zugrunde gelegten Werte bzw. Maßstäbe berücksichtigt werden.
48
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
49
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
50
Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).