Titel:
Ausweisung, togoischer Staatsangehöriger, faktischer Inländer
Normenketten:
AufenthG § 54 Abs. 1 Nr. 1
AufenthG § 55 Abs. 1 Nr. 2
Schlagworte:
Ausweisung, togoischer Staatsangehöriger, faktischer Inländer
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4104
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung.
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1. Der Kläger ist togoischer Staatsangehöriger und wurde am ... 1998 als Sohn togoischer Eltern in W. geboren. Er hat zwei 1996 und 2000 geborene Brüder und eine 2002 geborene Schwester, die jeweils mittlerweile deutsche Staatsangehörige sind. In seinen ersten Lebensjahren wurden ihm Aufenthaltsbefugnisse nach dem damaligen Ausländergesetz erteilt. Am 19. April 2005 erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis, weil seine Mutter als Flüchtling anerkannt worden war. Der Vater erwarb am 10. November 2011 die deutsche Staatsangehörigkeit, die Kinder wurden nach der zwischenzeitlichen Trennung der Eltern im Jahr 2005 zunächst nicht miteingebürgert. Der Vater litt an Diabetes, hatte beide Beine verloren und war pflegebedürftig. Bis zu seiner Haft im Jahr 2022 übernahm in erster Linie der Kläger die Betreuung des Vaters, danach sein Bruder. Später verstarb der Vater. Die Mutter und die Geschwister leben weiterhin in W … Der Kläger besuchte in W … die Grundschule, sodann die Hauptschule. Mit einem Schreiben der Schule vom 30. April 2014 an die Staatsanwaltschaft teilte seine Lehrerin angesichts eines gegen den Kläger eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens mit, dass dieser sich in seiner Klasse mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung positiv entwickele, insbesondere seit er das Medikament Ritalin einnehme. Später erwarb er den qualifizierenden Mittelschulabschluss. Ab dem 13. September 2016 besuchte er eine private Wirtschaftsschule mit dem Ziel des mittleren Schulabschlusses, brach diese schulische Ausbildung aber ohne Abschluss ab.
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Er begann eine Ausbildung als Kinderpfleger, arbeitete auf Montage, bei einer Firma zur Reinigung von … und bei … Keine dieser Stellen übte er längerfristig aus. Unmittelbar vor seiner Haftstrafe im Jahr 2022 bezog er Sozialleistungen.
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Der Kläger ist im Bundesgebiet wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zahlreiche ab seiner Jugend im Jahr 2011 aufgenommene strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurden gegen Weisungen und Auflagen nach dem JGG, teils auch wegen Geringfügigkeit oder mangels Tatverdachts eingestellt. Der Kläger wurde in dieser Zeit von der Polizei als jugendlicher Intensivstraftäter geführt.
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Schließlich wurde der Kläger mit Urteil des Landgerichts … vom 1. Februar 2023 (Az. 8 KLs 822 Js …) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit bewaffnetem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Nach einem Vorwegvollzug von zehn Monaten der Freiheitsstrafe wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Im Wesentlichen hatte der Kläger an einen nicht öffentlich ermittelnden Polizeibeamten zu drei Gelegenheiten Kokain verkauft bzw. dies versucht. Insgesamt ging es um ca. 100 Gramm Kokain mit einem Gesamtkaufpreis von ca. 7.000 EUR. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurden ca. 700 Gramm Marihuana gefunden, wovon 90% zum Verkauf bestimmt waren. Zudem wurden im Eingangsbereich der Wohnung griffbereit ein Teleskopschlagstock, ein Baseballschläger, Tierabwehrspray, eine kleine Axt, Quarzhandschuhe und ein Einhandmesser mit einer Klingenlänge von 9 cm gefunden.
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Ein weiteres Ermittlungsverfahren (1 KLs 891 Js …) wegen räuberischer Erpressung wurde mit Beschluss des Landgerichts … vom 21. Dezember 2022 nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, weil es neben der zu erwartenden Verurteilung im Verfahren 8 KLs 822 Js … nicht beträchtlich ins Gewicht fallen würde. Laut Zeugenvernehmung vom 14. Januar 2022 handelte es sich um eine körperliche Auseinandersetzung, um Geldforderungen aus einem Drogengeschäft durchzusetzen. Am 9. Juni 2016 wurde in einem Ermittlungsverfahren wegen Nötigung nach § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung abgesehen (Az. 633 Js … jug), ebenso am 5. April 2016 in einem Verfahren wegen Unterschlagung (623 Js … jug). Am 28. Juli 2015 wurde ein Verfahren wegen Erschleichens von Leistungen nach § 47 JGG eingestellt (507 Ds 623 Js …), am 14. Oktober 2014 ein Verfahren wegen Körperverletzung nach § 45 Abs. 1 JGG (623 Js … jug) und ein weiteres Verfahren wegen Körperverletzung am 5. Juni 2013 nach § 47 JGG (Ds 623 Js …).
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Laut Gesprächsnotiz der Beklagten wurde der Kläger am 18. Dezember 2014 darauf hingewiesen, dass bei weiterer Straffälligkeit ggf. aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergriffen werden oder statt der Aufenthaltserlaubnis nur eine Duldung erteilt werden könnte.
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Ab dem 17. Juni 2016 wurden dem Kläger angesichts zahlreicher strafrechtlicher Ermittlungsverfahren Fiktionsbescheinigungen ausgestellt. Am 15. März 2017 wurde ihm wegen einer günstigen strafgerichtlichen Sozialprognose erneut eine Aufenthaltserlaubnis nach § 34 Abs. 2 AufenthG erteilt und sodann verlängert, zuletzt bis 23. Oktober 2019. Ab 23. Oktober 2019 wurden erneut Fiktionsbescheinigungen erteilt.
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Nachdem der Kläger daraufhin anwaltlich die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beantragte, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 13. Februar 2020 mit, der Kläger müsse hierzu einen gültigen togoischen Nationalpass vorlegen. Zudem liege angesichts der strafrechtlichen Auffälligkeit ein Ausweisungsinteresse vor und der Kläger beziehe Leistungen nach SGB II. Eine Antragsablehnung sei daher beabsichtigt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. März 2020 wurde die Beschaffung eines Reisepasses in Aussicht gestellt und um eine Aufenthaltserlaubnis gebeten, damit der Kläger sich eine Arbeit suchen könne.
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Nach Vorlage eines togoischen Reisepasses wurde dem Kläger am 6. November 2020 wegen der besonderen Situation mit Geburt in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt und zuletzt bis 5. November 2022 verlängert. Mit Antrag vom 25. Januar 2023, bei der Beklagten am 6. Februar 2023 eingegangen, beantragte der Kläger die Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnis.
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Am 25. Juli 2022 wurde der Kläger anlässlich der am 1. Februar 2023 abgeurteilten Straftat vorläufig festgenommen und aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts … vom 26. Juli 2022 (Az. 13 S Gs …) in Untersuchungshaft genommen, die in die Strafhaft überging. Am 24. Mai 2023 wurde er zur stationären Behandlung in den Maßregelvollzug nach § 64 StGB verlegt.
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Ein in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts … am 1. Februar 2023 mündlich erstattetes Sachverständigengutachten diagnostizierte beim Kläger eine Abhängigkeit von Kokain. Aus dem Urteil ergibt sich ferner, dass der Kläger im Alter von 12 bis 13 Jahren mit dem Alkoholkonsum begonnen habe, der sich gesteigert habe, als er in eine Jugendhilfeeinrichtung gekommen sei. Dort habe er zudem im Alter von ca. 17 Jahren täglich Marihuana konsumiert. Im Alter von 18 bis 19 Jahren habe er Kokain konsumiert, am Wochenende ein bis zwei Gramm täglich, in geringeren Mengen auch unter der Woche. Bei seiner Verhaftung sei er positiv auf Kokain getestet worden.
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Laut Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt vom 30. Oktober 2023 sei die Führung des Klägers immer hausordnungsgemäß gewesen. Es sei kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Er habe dreimal Besuch von seinem Bruder erhalten, mit dem er auch einmal telefoniert habe. Mit seiner in … lebenden Mutter habe er regelmäßig telefoniert. Er habe sich dreimal an die Suchtberatung des Diakonischen Werks gewandt.
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Laut Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses vom 14. November 2023 habe es zu Beginn des Maßregelvollzugs einige Verstöße gegen die Stationsordnung wie Fernsehen nach 0 Uhr, Zimmerübertritt und den Besitz eines unerlaubten Handys gegeben. Sodann habe sich der Kläger einsichtig gezeigt und seit dem 17. Oktober 2023 keine Verstöße mehr begangen. Er habe Lockerungsstufe A2 erreicht, sei therapiemotiviert und habe zahlreiche Angebote wahrgenommen. Er erhalte meist positive Rückmeldungen für seine selbstständige Arbeit und die gezeigte Initiative. Er hole aktuell seinen mittleren Bildungsabschluss nach. Zu Terminen erscheine er pünktlich und zuverlässig, Drogenscreenings seien unauffällig gewesen. Der Behandlungsverlauf sei insgesamt zufriedenstellend. Derzeit bestehe aber noch die hohe Wahrscheinlichkeit eines Suchtmittelrückfalls. Die Abstinenz- und Legalprognose bei regulärem Abschluss der Therapie sei günstig.
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Eine weitere Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses vom 20. November 2024 führt aus, am 9. Juli 2024 sei der Kläger auf die Entlassstation verlegt worden, um sich in höheren Freiheitsgraden zu bewähren. Er befinde sich in Lockerungsstufe C 3 mit Tagesurlaub von 6:00 bis 20:00 Uhr und täglicher Beurlaubung zur Arbeitsaufnahme. Der Arbeitsaufnahme stehe die fehlende Arbeitserlaubnis entgegen, die für die Einhaltung des Behandlungsplans sehr wichtig wäre. Er habe einen rückfallfreien und zufriedenstellenden Verlauf zu verzeichnen. Die therapeutische Entwicklung sei insgesamt positiv. Er sei therapiemotiviert, habe Fortschritte erreicht und erfolgreich an einem Anti-Aggressions-Training teilgenommen. An unangenehmen und emotional belastenden Themen wie dem Tod seines Vaters habe er gearbeitet. Die drohende Abschiebung sei ein großer Belastungsfaktor. Togo habe der Kläger nur einmal besucht, das Land kenne er nicht und Französisch spreche er nicht. Eine Erprobung und Aufarbeitung im sozialen Umfeld in W. sei empfehlenswert, um den Kontakt zur Mutter zu intensivieren und das Grab des Vaters zu besuchen. In der Arbeitstherapie entwickle er sich positiv. Auf der Enlassstation seien einige nicht-sicherheitsrelevante Regelverstöße aufgetreten. Am 8. Oktober 2024 sei ihm klar gesagt worden, dass eine Trendwende bzgl. Regelverstößen erwartet werde. Er habe Besserung gelobt und bislang nur bei einem weiteren Ereignis im November 2024 Musik in hoher Lautstärke mit seinem Smartphone gehört. Dieses sei für drei Tage eingezogen worden, der Kläger habe sich entschuldigt. Die Resozialisierung sei nun ein zentrales Anliegen der Therapie. Es werde die Fortführung der Behandlung empfohlen, ohne Aufenthaltsrecht sei diese aber schwierig, insbesondere bzgl. der Aufnahme einer Arbeit. Besuche seien durch Mutter, Bruder und Freunde erfolgt.
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Mit Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 14. November 2024 (Az. 1 StVK …) wurde die Fortdauer der Unterbringung in der Entziehungsanstalt mit erneuter Überprüfung bis 13. Mai 2025 angeordnet. Das Ziel der Maßregel sei noch nicht erreicht, es sei nun sinnvoll, dem Kläger die Arbeitsaufnahme zu ermöglichen und wieder Kontakt zur Familie zu erlauben.
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Mit Schreiben vom 4. Juni 2024 erbat der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Arbeitserlaubnis. Mit Schreiben vom 4. November 2024 wiederholte sein Bevollmächtigter diesen Antrag und verwies auf nicht in der Akte befindliche vorherige Schreiben der Beklagten in dieser Sache. Die beabsichtigte Versagung wurde als den Therapiezielen entgegenwirkend kritisiert. Mit Bescheid der Beklagten vom 1. Oktober 2024 wurde der Aufenthalt des Klägers auf das Gebiet „Landkreis …“ beschränkt. Zur Begründung wurde angegeben, bei Besuchen in W. sei nicht auszuschließen, dass der Kläger in sein altes Umfeld zurückkehre. Hiergegen ist ein eigenes Klageverfahren anhängig (W 7 K 24.1701). Ein zuvor ergangener Bescheid in gleicher Sache vom 9. August 2024 war zwischenzeitlich aufgehoben worden, dagegen eingeleitete gerichtliche Verfahren wurden eingestellt (W 7 K 24.1503 und W 7 S 24.1504).
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2. Mit Schreiben 14. September 2023 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Ausweisung an. Am 29. Dezember 2023 ließ dieser mitteilen, er mache deutliche Therapiefortschritte. Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse stehe das besonders schwerwiegende Bleibeinteresse des § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gegenüber. Er sei faktischer Inländer und vollständig in Deutschland sozialisiert und integriert. Der Kläger habe keinerlei Bezug zum Land seiner Staatsangehörigkeit. Er habe dort keine Verwandten, spreche keine der Landessprachen und auch nicht Französisch. Nach seiner Entlassung könne er sich eine wirtschaftliche Existenz in Deutschland aufbauen. Er wolle die mittlere Reife ablegen. Eine Gefahr gehe von ihm nicht mehr aus. In einem persönlichen Schreiben vom selben Tag teilte der Kläger zudem mit, mit 23 Jahren habe er die vollständige Pflegeverantwortung für seinen Vater übernehmen müssen, der Dialysepatient gewesen sei und durch seine Erkrankung beide Beine verloren habe. Dies sei eine extreme psychische Belastung gewesen, bei der ihn niemand unterstützt habe. Sein Tag habe morgens um 5 Uhr damit begonnen, den Vater für die Dialyse um 6 Uhr fertig zu machen. Mittags habe er für ihn gekocht und ihn den ganzen Tag begleitet. Heute wisse er, dass er sich Hilfe hätte suchen müssen. Schon damals sei er kokainabhängig gewesen. Dies sei sein einziger Ausweg aus der Situation gewesen. Es sei ein Teufelskreis aus Konsum und Beschaffungskriminalität entstanden. Auch sein Umfeld zu dieser Zeit sei kein guter Umgang gewesen. Das habe er nicht erkannt. Auch dieses habe den Drogenkonsum begünstigt. Heute wisse er, wie viel damals falsch gelaufen sei. In Haft und in der Therapie habe er viel Zeit gehabt, um zu reflektieren. In vielen Bereichen habe er Fortschritte gemacht. Er wisse, dass er nicht am Ziel sei, aber doch auf dem besten Weg. Er konsumiere nichts mehr, habe den Kontakt zu seinem alten Umfeld abgebrochen und treibe regelmäßig Sport, habe „Skills“ zur Stressregulation entwickelt und wolle die mittlere Reife ablegen. Der Vater sei nun verstorben, dieser Überbelastung werde er nicht mehr ausgesetzt sein. Für Stress sei er nun auch deutlich besser gewappnet. Er wolle eine Ausbildung als Automobilkaufmann beginnen. Er wolle nicht mehr nach … zurück, sondern ein neues Leben mit neuem Umfeld beginnen, ohne den Kontakt zu seiner Familie zu verlieren.
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3. Mit Bescheid vom 13. Mai 2024, für den ein Zustellungsdatum nicht aktenkundig ist, wurde der Antrag des Klägers auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis abgelehnt (Ziffer 1) und der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziffer 2). Es wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für den gesamten Schengen-Raum für die Dauer von acht Jahren ab Ausreise oder Abschiebung verhängt (Ziffer 3) und die Abschiebung nach Togo oder einen anderen aufnahmebereiten oder zur Rücknahme verpflichteten Staat unmittelbar aus der Haft bzw. dem Maßregelvollzug angedroht (Ziffer 4). Im Fall der Entlassung aus der Haft bzw. dem Maßregelvollzug wurde eine Ausreisefrist von einer Woche gesetzt, anderenfalls ebenfalls die Abschiebung nach Togo angedroht (Ziffer 5). Es wurde auf die Kostenpflicht des Klägers bzgl. einer Abschiebung hingewiesen (Ziffern 6) und angegeben, dass die Kosten für den Bescheid 93,00 EUR betragen (Ziffer 7).
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In den Gründen wurde zur Ausweisung im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage sei § 53 Abs. 1 AufenthG. Der Kläger gefährde die öffentliche Sicherheit und Ordnung, was sich an seiner strafrechtlichen Verurteilung zeige. Das Urteil des Landgerichts … mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten erfülle die Voraussetzungen von § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Die Höhe des Strafmaßes sei nach den Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz ein Indiz für die Gefährlichkeit des Täters. Ein vertyptes Bleibeinteresse gebe es nicht. Denn nach § 55 Abs. 3 AufenthG sei ein Aufenthalt mit Fiktionsbescheinigung nur als Bleibeinteresse zu berücksichtigen, wenn dem Antrag auf Verlängerung entsprochen werde. Die letzte Aufenthaltserlaubnis des Klägers sei bis 5. November 2022 gültig gewesen, der Kläger habe am 6. Februar 2023 einen verspäteten Verlängerungsantrag gestellt. Selbst wenn man von einer Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG ausgehen sollte, sei der Verlängerungsantrag mit diesem Bescheid nun abgelehnt worden.
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Bei einer Interessenabwägung überwiege das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers dessen Bleibeinteressen. Die wiederholt begangenen Straftaten begründeten schwerwiegende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Ausweisung sei sowohl generalpräventiv als auch spezialpräventiv angezeigt. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu beachten, dass der Kläger angesichts seiner Geburt in Deutschland als faktischer Inländer gelten könnte. Hier sei aber auch die sonstige Integration zu beachten. Es sei eine Vielzahl an strafrechtlichen Verstößen aktenkundig. Der Kläger verfüge weder über Einkommen noch weitere berufliche Qualifikationen. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich die beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch wesentlich ändern werden. Es sei ihm zumutbar, sich in Togo eine Existenz aufzubauen, auch wenn er dort keine Verwandten habe. Insgesamt betrachtet sei der Kläger nicht als faktischer Inländer zu sehen. Ohnehin gelte auch für faktische Inländer kein generelles Ausweisungsverbot. Der Kläger sei seit seinem Heranwachsen immer wieder in sich steigernder Weise, auch wegen Gewaltdelikten, straffällig geworden. Es gebe zahlreiche Ermittlungsverfahren und auch Verurteilungen. Seine Mutter, sein Vater und drei Geschwister würden sich im Bundesgebiet aufhalten. Eine besondere Abhängigkeit, die über die gewöhnliche emotionale Bindung hinausgehe, gebe es aber nicht. Die Familie habe ihn auch nicht von der Begehung von Straftaten abhalten können. Es sei angesichts der Umstände zumutbar, den Kontakt auch mit Telefonaten, E-Mails, Internet und Besuchen in Togo aufrecht zu erhalten. Der Beklagten sei erstmals im Jahr 2011, als der Kläger mit 13 Jahren noch nicht strafmündig gewesen sei, ein Ermittlungsverfahren bzgl. des Klägers weitergeleitet worden. Im Jahr 2016 sei er von der Polizei als jugendlicher Intensivtäter geführt worden. Im Jahr 2018 sei er zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt worden. Im Jahr 2022 habe sich die jetzige Straftat angeschlossen. Zuletzt habe der Kläger mit Kokain gehandelt, obwohl er wissen müsse, dass das eine harte Droge mit sehr hohem Gefährdungspotential für die Allgemeinheit sei. Durch den Handel mit Kokain könne die Gesundheit vieler Menschen gefährdet werden. Solchen Delikten müsse mit allen rechtlich zulässigen Mitteln des Ausländerrechts begegnet werden. Es handele sich nicht nur um Beschaffungskriminalität. Die unauffällige Führung im Strafvollzug sei lediglich mit dem Wunsch zu begründen, ausländerrechtlichen Maßnahmen zu entgehen. Im Bezirkskrankenhaus habe der Kläger zwischen Juli und Oktober 2023 achtmal gegen die Stationsordnung verstoßen. Es sei davon auszugehen, dass er mit dem unerlaubt beschafften Mobiltelefon illegale Aktivitäten fortgesetzt habe. Mit der Familie hätte er auch legal telefonieren können. Auch auf Grundlage des Berichts aus dem Maßregelvollzug sei von einer Rückfallgefahr auszugehen. Im Fall des Klägers genüge angesichts der in Art. 83 Abs. 1 AEUV gelisteten schwerwiegenden Straftat eine geringere Wiederholungsgefahr. Ohnehin sei von einer hohen Wahrscheinlichkeit der Wiederholung auszugehen. Diese folge aus der nicht therapierten Kokainabhängigkeit. Eine Bewährung außerhalb des Maßregelvollzugs habe nicht erfolgen können. Außerdem habe der Kläger bereits im Vollzug gegen die Stationsordnung verstoßen. Sein gesamter Lebensweg spreche gegen eine Verhaltensänderung in der Zukunft. Auch ein jetzt angestrebter höherer Bildungsabschluss belege keine Verhaltensänderung. Es sei insbesondere nicht zu erwarten, dass der Kläger vorerst wieder mit einem geringeren Ausbildungslohn oder als Berufsschüler zurechtkommen werde. Die Ausweisung sei das einzige erfolgversprechende Mittel der Gefahrenabwehr. Eine ausländerrechtliche Verwarnung genüge nicht mehr. Es werde gesehen, dass die Ausweisung einen belastenden Eingriff in die Rechte des Klägers darstelle. Trotz lebenslangen Aufenthalts habe dieser es aber nicht geschafft, sich in die deutsche Gesellschaftsordnung zu integrieren. Ein weiterer Verbleib in Togo sei ihm möglich und zumutbar.
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Das Einreise- und Aufenthaltsverbot stütze sich auf § 11 Abs. 1, Abs. 5 AufenthG. Die vom Kläger begangenen Straftaten hätten die Schutzgüter der körperlichen Unversehrtheit und generell die Rechtsordnung beeinträchtigt. Die hohe Rückfallgeschwindigkeit und die nicht therapierte Sucht begründeten eine hohe Wiederholungsgefahr, die eine Fristlänge von acht Jahren rechtfertige. Seine persönlichen Beziehungen und der lebenslange Aufenthalt rechtfertigten keine kürzere Frist. Eine Verkürzung könne gegebenenfalls erfolgen, wenn der Kläger seine Drogentherapie abschließe und nicht erneut straffällig werde. Neue Straftaten könnten auch eine Verlängerung rechtfertigen. Die Überwachung der Ausreise sei nach § 58 Abs. 3 Nr. 1, 3 und 4 AufenthG erforderlich. Es werde eine Ausreisefrist von einer Woche nach der Entlassung gewährt.
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Gegen den Bescheid vom 13. Mai 2024 erhob der Kläger am 6. Juni 2024 Klage und beantragt im vorliegenden Verfahren zuletzt:
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Der Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 2024, in der Fassung vom 10. Februar 2025, wird in den Ziffern 2 bis 5 aufgehoben.
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Zur Klagebegründung wird insbesondere vorgetragen, beim Kläger handele es sich um einen faktischen Inländer, der in Deutschland geboren sei und sich sein ganzes Leben hier aufgehalten habe. Zu Togo, dem Land der Staatsangehörigkeit seines verstorbenen Vaters, habe er keinen Bezug. Selbst der Vater sei dort jahrelang nicht mehr gewesen, die ganze Familie habe keine Verbindung dorthin. Dass die Beklagte davon ausgehe, der Kläger sei angesichts seiner Straftaten kein faktischer Inländer, widerspreche Art. 2 GG. Es ergebe sich aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. April 2024, dass die Begehung von Straftaten nicht der Bezeichnung als faktischer Inländer entgegenstehe. Die Ausweisung sei unverhältnismäßig, weil sie auf schematischen bzw. statistischen Bewertungen aufbaue und die aktuelle Persönlichkeitsentwicklung des Klägers nicht berücksichtige. Er werde bald in Lockerungsstufe D1 aufsteigen, wenn die Beklagte dies nicht durch neue Auflagen und Restriktionen unterbinde. Der Bescheid arbeite viel mit Mutmaßungen, etwa zum Thema, dass der Kläger mit einem Mobiltelefon illegale Aktivitäten fortführen werde. Durch die Bekämpfung seiner Suchtproblematik habe er eine Wesensveränderung durchlaufen, die ihm ein künftig straffreies Leben ermögliche. Die Familie unterstütze ihn hierbei erheblich, was der Kläger mittlerweile annehme. Früher sei er dafür nicht zugänglich gewesen. Regelmäßige Besuche in W., die das Bezirkskrankenhaus befürworte, würden durch die aktuelle räumliche Beschränkung des Aufenthalts durch die Beklagte verhindert. Insgesamt sei die Ausweisung rechtswidrig, weil die Beklagte die Stellung des Klägers als faktischer Inländer verkannt habe.
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Die Beklagte beantragt,
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Zur Begründung wird insbesondere vorgetragen, die Erwägungen im Bescheid seien nicht schematisch oder statisch. Die aktuellen Erkenntnisse seien eingestellt worden. Illegale Aktivitäten mit dem unerlaubten Handy seien zumindest nicht auszuschließen, weil laut Auskunft des Krankenhauses ein eigenständig nutzbares Patiententelefon zur Verfügung stehe. Die zwischenzeitlichen Beschlüsse im Vollstreckungsverfahren und Berichte aus dem Maßregelvollzug bestätigten die Einschätzung der Beklagten. Die Therapie sei nicht abgeschlossen. Die geschilderte Wesensveränderung habe es bislang nicht oder nicht in ausreichendem Maße gegeben. Es gebe auch kein Kontaktverbot zu seiner Familie, diese könne ihn besuchen, auch wenn der Kläger selbst nicht nach W. dürfe. Die angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verhalte sich nicht zum Begriff des faktischen Inländers, sondern rüge eine unzureichende Einstellung in die Abwägungsentscheidung, die hier erfolgt sei. Beim Kläger sei keine berufliche Integration erfolgt. Er sei unverheiratet, kinderlos und habe vor der Haft nicht in einer familiären Lebensgemeinschaft gelebt. Es seien ausschließlich die in Deutschland lebende Herkunftsfamilie und der Aufenthalt seit Geburt zu beachten. Der sozialen Integration stünden die Straftaten entgegen. Eine verlässliche Verwurzelung in die hiesige Rechts- und Gesellschaftsordnung gebe es nicht. Die sehr weitreichende Entwurzelung des Klägers in Togo, wo dieser nie gelebt habe, sei unzweifelhaft. Mit 26 Jahren, gesund und arbeitsfähig sei es dem Kläger aber möglich, sich in Togo einzuleben. Der Kläger habe angegeben, weder Französisch noch eine andere togoische Landessprache zu sprechen. Nachdem seine Mutter aber laut deren Ausländerakte noch im Jahr 2005 wegen schlechter Deutschkenntnisse Hilfe beim Behördenkontakt gebraucht habe, sei es unwahrscheinlich, dass diese in seiner Kindheit mit ihm deutsch gesprochen habe. Die Mutter spreche zumindest Kotokoli. Es sei anzunehmen, dass der Kläger zumindest zweisprachig aufgewachsen sei. Selbst ohne Sprachkenntnisse sei es dem Kläger aber zumutbar, solche Kenntnisse zu erwerben. Die Beklagte habe Kontakt zur Rückkehrberatung der Regierung von Unterfranken aufgenommen. Der Kläger könne eine finanzielle Unterstützung in Anspruch nehmen und auf beratende Unterstützung bei der Existenzgründung zurückgreifen. Diese Integrationsmöglichkeit stehe einer vollkommenen Entwurzelung entgegen, sodass der Kläger nicht als faktischer Inländer zu behandeln sei. Die Folgen der Ausweisung würden den Kläger schwer treffen. Unverhältnismäßig sei die Ausweisung aber nicht. Nach seiner Haftentlassung habe der Kläger keinen positiven Empfangsraum, sondern werde wieder in sein altes Umfeld zurückkehren, in dem er seit Jahren Straftaten begehe. Seine Familie habe ihn bislang nicht positiv beeinflusst. Zudem ergebe sich aus der Besucherliste des Klägers im Bezirkskrankenhaus, dass er Besuch von einem Freund erhalten habe, der zumindest auch Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen im Strafverfahren gewesen sei. Eine umfassende Wesensänderung sei angesichts dieses Kontakts zum früheren Umfeld nicht anzunehmen. Zudem ergebe sich aus der Strafakte des Klägers, dass bei einer Telefonüberwachung vereinzelt Gespräche in einer afrikanischen Sprache mit Familienangehörigen registriert worden seien. Außerdem sei der Kläger vom 8. bis 29. März 2022 zusammen mit seinem Vater in Togo gewesen. Bei der Hausdurchsuchung beim Kläger sei nur sein Vater zugegen gewesen, der französisch gesprochen habe und der deutschen Sprache nur schlecht mächtig gewesen sei. Es sei anzunehmen, dass der Kläger eine afrikanische Sprache – mutmaßlich Kotokoli – und Französisch zumindest in Grundzügen beherrsche.
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Mit Beschluss vom 17. Juli 2024 hat das Gericht das Klagebegehren vom Verfahren abgetrennt, soweit es sich auf die Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis richtet, unter dem Aktenzeichen W 7 K 24.1255 fortgeführt und bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dieser Sache ausgesetzt.
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In der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2025 hat die Beklagte Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids dahingehend abgeändert, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf drei Jahre verkürzt wurde. Diese Befristung wurde unter die Bedingung gestellt, dass der Kläger seine Drogenfreiheit zum Ablauf der Frist durch Vorlage einer geeigneten Bescheinigung gegenüber der deutschen Auslandsvertretung nachweist.
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Zur Begründung dieser Ermessenentscheidung hat der Beklagtenvertreter angegeben, entscheidend für die Fristlänge seien die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten sowie die eingestellten Strafverfahren in der Vergangenheit gewesen. Es handele sich um die Vorwürfe der räuberischen Erpressung, der Nötigung und der Körperverletzung.
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Weiter hat der Beklagtenvertreter den Bescheid in Ziffer 5 geändert. Die Ausreisefrist wurde auf 30 Tage festgesetzt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren W 7 K 24.1255, W 7 K 24.1701, W 7 K 24.1503 und W 7 S 24.1504 Bezug genommen. Die Strafakte (Az. 8 KLs 822 Js 1903/22), auf die ebenfalls verwiesen wird, wurde zum Verfahren beigezogen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage gegen Ziffern 2 bis 5 des Bescheids vom 13. Mai 2024 ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid in seiner Fassung nach den Änderungen am 10. Februar 2025 erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Die unter Ziffer 1 des Bescheids tenorierte Ausweisung ist rechtmäßig.
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Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 1 AufenthG. Die besonderen Schutzvorschriften der Abs. 3, 3a, 4 sind auf den Kläger nicht anwendbar.
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Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise (sog. Ausweisungsinteressen) mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet (sog. Bleibeinteressen) ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Dabei steht der Behörde weder hinsichtlich der Gefahrenprognose noch hinsichtlich der Abwägung ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zu. Ob sie diese Tatbestandsvoraussetzungen zu Recht angenommen hat, muss das Gericht vielmehr anhand einer eigenständigen Gefahrenprognose sowie einer Abwägung der Ausweisungs- und der Bleibeinteressen im Einzelfall, bezogen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der gerichtlichen Entscheidung, überprüfen (vgl. BVerwG, U.v. 27.7.2017 – 1 C 28.16 – juris Rn. 16; U.v. 30.7.2013 – 1 C 9.12 – juris Rn. 8). Liegen danach die gesetzlichen Voraussetzungen vor, so ergibt sich die Ausweisung als gebundene Rechtsfolge.
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aa) Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass der Aufenthalt des Klägers zu einer Gefahr i.S.d. § 53 Abs. 1 AufenthG führt.
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Insbesondere hat der Kläger ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verwirklicht. Denn er wurde zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt.
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Mit Urteil des Landgerichts … vom 1. Februar 2023 (Az. 8 KLs 822 Js …) wurde der Kläger wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit bewaffnetem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt.
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Ein weiteres schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 10 AufenthG folgt aus eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger. Im Einzelnen sind dies ein Verfahren wegen räuberischer Erpressung, das mit Beschluss des Landgerichts … vom 21. Dezember 2022 nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde (1 KLs 891 Js …), weil es neben der zu erwartenden Verurteilung im am 1. Februar 2023 abgeurteilten Verfahren nicht beträchtlich ins Gewicht fallen würde. Hinzu treten ein Ermittlungsverfahren wegen Nötigung, in dem am 9. Juni 2016 nach § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung abgesehen wurde (Az. 633 Js … jug), ebenso wie am 5. April 2016 in einem Verfahren wegen Unterschlagung (623 Js … jug). Am 28. Juli 2015 wurde ein Verfahren wegen Erschleichens von Leistungen nach § 47 JGG eingestellt (507 Ds 623 Js …), am 14. Oktober 2014 ein Verfahren wegen Körperverletzung nach § 45 Abs. 1 JGG (623 Js … jug) und ein weiteres Verfahren wegen Körperverletzung am 5. Juni 2013 nach § 47 JGG (Ds 623 Js …).
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Diese Verfahren begründen erheblich geringere Ausweisungsinteressen als die strafrechtliche Verurteilung des Klägers. Einzustellen ist auch, dass das am 21. Dezember 2022 eingestellte Ermittlungsverfahren – wie der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung betonte – auch gegenüber dem Mitbeschuldigten eingestellt wurde, sodass es in seiner strafrechtlichen Bedeutung eher gering eingeschätzt werden muss. Gleichwohl handelt es sich insgesamt um Verfahren, die zwar wegen gering zu gewichtender Verstöße, nicht aber mangels Tatverdachts eingestellt wurden. Auch diese Häufung führt zu einem schwerwiegenden Ausweisungsinteresse unter § 54 Abs. 2 Nr. 10 AufenthG, indem die für sich genommen geringfügigen Taten nicht vereinzelt geblieben sind. Einer strafrechtlichen Verurteilung bedarf es zur Annahme eines solchen Ausweisungsinteresses nicht (Fleuß, in Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Stand: 31.10.2024, § 54 AufenthG Rn. 397, 410).
42
Diese Ausweisungsinteressen sind auch weiterhin aktuell. Die Verurteilung des Klägers ist weder getilgt noch tilgungsreif (vgl. Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 14. Aufl. 2022, § 53 AufenthG Rn. 34). Bzgl. der eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gibt es keine § 51 Abs. 1 BZRG entsprechende Norm, die einer Verwertung entgegenstehen könnte. Eine erweiternde Auslegung dieser Ausnahmevorschrift verbietet deren klarer Wortlaut, der eine Verurteilung und deren Eintragung im Zentralregister voraussetzt. Zweck des Verwertungsverbots ist es, den Verurteilten vom Strafmakel zu befreien und dadurch seine Resozialisierung zu fördern. Dieser Normzweck greift nicht, wenn eine Verurteilung nicht stattgefunden hat (Bücherl, in BeckOK StPO, Stand: 1.10.2024, § 51 BZRG Rn. 7 m.w.N.).
43
Auch einen entgegenstehenden Vertrauenstatbestand, der zum Verbrauch des Ausweisungsinteresses führen könnte, hat der Beklagte nicht geschaffen (vgl. BVerwG, U.v. 22.02.2017 – 1 C 3.16 – juris Rn. 39). Insbesondere führt es nicht zum dauerhaften Verbrauch von Ausweisungsinteressen, dass bereits am 18. Dezember 2014 und damit teilweise nach Einstellung der angeführten Ermittlungsverfahren eine ausländerrechtliche Verwarnung erfolgt ist. Ebenso wenig führt die zwischenzeitliche Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zum Verbrauch der Ausweisungsinteressen. Ist schon die Schaffung eines entgegenstehenden Vertrauenstatbestands ausgesprochen zweifelhaft, so wurden die Ausweisungsinteressen jedenfalls mit der Verurteilung des Klägers am 1. Februar 2023 wieder aktualisiert.
44
bb) Für die Ausweisung als Mittel der Gefahrenabwehr sprechen hier sowohl Gründe der Spezialprävention (1) als auch der Generalprävention (2).
45
(1) Die Beklagte hat zu Recht angenommen, dass von dem persönlichen Verhalten des Klägers weiterhin eine konkrete Wiederholungsgefahr in Bezug auf die Begehung weiterer Straftaten und damit eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG ausgeht.
46
Diese Gefahrenprognose stützt sich insbesondere auf die mit Urteil vom 1. Februar 2023 geahndete Tat. Hier wurde ein Kokainhandel von erheblichem Umfang abgeurteilt. Zugrunde gelegt wurde ein Umsatz von ca. 7.000 EUR, wobei zusätzlich 700 Gramm der „weichen Droge“ Marihuana in der Wohnung gefunden wurden. Darüber hinaus wurden zahlreiche Waffen in der Wohnung des Klägers gefunden. Diese Waffen und die eingestellten Ermittlungsverfahren, insbesondere die neben der Verurteilung eingestellte räuberische Erpressung und die eingestellten Verfahren wegen Körperverletzung aus der Jugend des Klägers, lassen – wenn auch mit klar reduzierter Bedeutung der eingestellten Verfahren – auch eine gewisse Gewaltbereitschaft des Klägers erkennen.
47
Dieser hat erheblich gegen die geschriebene Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland verstoßen und durch den Handel mit Kokain insbesondere das hochrangige Rechtsgut der öffentlichen Gesundheit erheblich gefährdet bzw. verletzt. Der illegale Drogenhandel ist auch ausweislich von Art. 83 Abs. 1 UAbs. 1 AEUV ein Kriminalitätsbereich, dessen Bekämpfung angesichts der verbreitet grenzüberschreitenden Begehung eine europaweit herausragende Bedeutung zukommt. Dies zugrunde gelegt, genügt für die Annahme einer konkreten Wiederholungsgefahr bereits eine nicht allzu hohe Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls (sog. gleitender Wahrscheinlichkeitsmaßstab, vgl. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 16; U.v. 3.8.2004 – 1 C 30.02 – juris Rn. 26).
48
Im Rahmen der Gefahrenprognose ist zwar gefahrverringernd einzustellen, dass die Berichte aus dem Maßregelvollzug im Wesentlichen positiv sind. Der Therapieverlauf wird in der letzten Stellungnahme aus dem Bezirkskrankenhaus vom 20. November 2024 als rückfallfrei und zufriedenstellend beschrieben, wobei die therapeutische Entwicklung insgesamt positiv sei. Einer Arbeitsaufnahme stehe die fehlende Arbeitserlaubnis entgegen, die für die Einhaltung des Behandlungsplans sehr wichtig wäre. Der Kläger sei therapiemotiviert, habe Fortschritte erreicht und an unangenehmen und emotional belastenden Themen gearbeitet. Berichtet wird allerdings auch von gehäuften, nicht-sicherheitsrelevanten Regelverstößen, weshalb diesbezüglich am 8. Oktober 2024 eine Trendwende von ihm eingefordert worden sei. In der mündlichen Verhandlung ist außerdem zur Sprache gekommen, dass der Kläger wegen eines Verstoßes gegen seine Aufenthaltsbeschränkung von seiner bereits erreichten Lockerungsstufe C3 auf C1 zurückgestuft worden ist. Gerade befinde er sich wieder auf Stufe C2 und habe C3 kurz vor der mündlichen Verhandlung beantragt. Die Therapieziele sind – auch mit Blick auf den Beschluss des Landgerichts … vom 14. November 2024 (Az. 1 StVK …) – noch nicht erreicht, die Therapie wird aber auch dort als erfolgversprechend bewertet. Gefahrverringernd ist auch einzustellen, dass sich der Kläger bei Begehung der am 1. Februar 2023 abgeurteilten Straftat in einer besonderen Belastungssituation befand, indem er zu dieser Zeit die Hauptverantwortung für die Pflege seines schwer erkrankten Vaters übernommen hatte.
49
Auch in Anbetracht dieser positiven Umstände geht das Gericht jedoch im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung von einer fortbestehenden Wiederholungsgefahr aus. Der Kläger hat eine erhebliche Straftat begangen und gleichzeitig in auffälliger Häufung Anlass für polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen geliefert. Zur Überzeugung des Gerichts haben sich die Umstände seit Tatbegehung und Therapiebeginn nicht derart geändert, dass von einem Entfallen der Wiederholungsgefahr ausgegangen werden kann. Dass der Kläger auch in der Haft und jetzt im Maßregelvollzug regelmäßigen Besuch seiner Mutter, eines Bruders und von Freunden erhält, ist zwar positiv zu werten. Familiäre und freundschaftliche Bindungen haben den Kläger aber auch in der Vergangenheit nicht von der Begehung von Straftaten abgehalten. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage, inwieweit der Kläger sich glaubhaft von seinem alten Umfeld distanziert hat, nachdem das am 21. Dezember 2022 eingestellte Ermittlungsverfahren auch gegen eine Person geführt wurde, die den Kläger im Maßregelvollzug weiterhin besucht.
50
Die bereits deutlich fortgeschrittene rückfallfreie Suchttherapie im Maßregelvollzug, die sich auf die im Urteil vom 1. Februar 2023 festgestellte Kokainabhängigkeit des Klägers gründet, kann die Gefahr jedenfalls noch nicht vollständig ausschließen. Zum einen hat das Strafgericht den Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe vor der Entlassung in den Maßregelvollzug angeordnet und so zu erkennen gegeben, dass die Suchterkrankung des Klägers nicht als einziger Auslöser der Straffälligkeit eingeordnet werden kann. Zum anderen konnte sich der Kläger, der seit 25. Juli 2022 freiheitsentziehenden Maßnahmen ausgesetzt ist, angesichts des fortdauernden Maßregelvollzugs noch nicht in Freiheit bewähren und es kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf einen Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung geschlossen werden, die zu einem Entfallen der Wiederholungsgefahr führen würde (vgl. BayVGH, B.v. 12.6.2023 – 19 CS 23.708 – juris Rn. 6). Dass Verzögerungen der Therapie ihren Grund vielfach in Verwaltungsentscheidungen der Beklagten finden, ist zwar unverkennbar. Die im Rahmen der Prüfung der Ausweisungsverfügung zu beurteilende reale Gefahr besteht allerdings ungeachtet dieser Gründe fort. Trotz der weit fortgeschrittenen Therapie kann auch nicht von einem durchwegs regelkonformen, beanstandungsfreien Verlauf die Rede sein, nachdem der Kläger immer wieder mit Verstößen gegen die Stationsordnung in Erscheinung getreten ist. Die Gefahr eines Rückfalls in alte Verhaltensmuster ist auch vor diesem Hintergrund unverkennbar.
51
Darüber hinaus genügt angesichts der schwerwiegenden Betäubungsmittelstraftat ohnehin eine geringere Wiederholungsgefahr, um von einem spezialpräventiven Ausweisungsinteresse ausgehen zu können. Diese liegt in der Person des Klägers in jedem Fall vor.
52
(2) Gleichzeitig sieht die Kammer unabhängig von der Wiederholungsgefahr auch die Voraussetzungen einer generalpräventiven Ausweisung als gegeben an. Denn insbesondere erhebliche Straftaten im Betäubungsmittelbereich mit zahlreichen involvierten Abnehmern und hier außerdem mit einem öffentlichkeitswirksamen Verkauf aus einem Taxi heraus sollten eine ausländerrechtliche Reaktion nach sich ziehen, um andere von der Begehung vergleichbarer Delikte abzuhalten (vgl. Fleuß in Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Stand: 1.7.2024, § 53 AufenthG Rn. 29a). Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es sich bei den abgeurteilten Taten allesamt um Verkäufe an einen nicht offen ermittelnden Polizeibeamten handelte. Das Tatbild des Verkaufs aus einem Taxi zusammen mit den in der Wohnung des Klägers bzw. seines Vaters aufgefundenen Betäubungsmittelvorräten unterstreichen allerdings zumindest eine gewisse öffentliche Wirkung.
53
Das Ausweisungsinteresse ist auch weiterhin aktuell. Die Höchstgrenze für die Aktualität einer generalpräventiven Ausweisung ist noch nicht überschritten. Diese orientiert sich an §§ 78c Abs. 3 Satz 2, 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB und sieht daher für das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Aktualität von maximal vierzig Jahren ab der Beendigung der Tat vor (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn. 18 ff.). Diese – angesichts der Anwendbarkeit des Höchstmaßes der zeitigen Freiheitsstrafe gemäß § 38 Abs. 2 StGB sehr lange – Frist ist offenkundig noch nicht verstrichen, sodass weiterhin von der Aktualität des Ausweisungsinteresses ausgegangen werden muss.
54
cc) Diesen besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteressen stehen zwar keine vertypten Bleibeinteressen gegenüber.
55
Insbesondere ist § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht einschlägig. Denn eine Aufenthaltserlaubnis hatte der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des Ausweisungsbescheids nicht mehr. Zwar ist in Anbetracht des verspäteten Verlängerungsantrags des Klägers eine Anwendung der Härtefallregelung des § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG denkbar. Selbst wenn man hier von einer Ermessensreduzierung auf Null ausginge, würde der bloße Verlängerungsantrag mit Fiktionswirkung aber nicht zur Anwendbarkeit des § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG führen, der – wie auch § 55 Abs. 3 AufenthG zeigt – explizit auf Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis abstellt (Fleuß, in Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Stand: 31.10.2024, § 55 AufenthG Rn. 21).
56
Allerdings sind im Fall des Klägers enorm gewichtige einfache Bleibeinteressen i.S.d. § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG einzustellen. Gemäß § 53 Abs. 2 AufenthG sind nach den Umständen des Einzelfalls insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. Bei diesem Kriterienkatalog hat sich der Gesetzgeber an den Maßstäben orientiert, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung im Rahmen von Art. 8 Abs. 2 EMRK als maßgeblich ansieht. Die in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Umstände sollen sowohl zugunsten als auch zulasten des Ausländers wirken können und sind nach Auffassung des Gesetzgebers nicht als abschließend zu verstehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn. 13; U.v. 25.7.2017 – 1 C 12.16 – juris Rn. 15; U.v. 22.2.2017 – 1 C 3.16 – juris Rn. 20 ff.).
57
Hier ist insbesondere zu beachten, dass der Kläger in Deutschland geboren und aufgewachsen ist. Seine drei Geschwister sind Deutsche, ebenso wie es der mittlerweile verstorbene Vater war. Die Mutter des Klägers besitzt zwar keine deutsche Staatsbürgerschaft, lebt aber ebenfalls mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Die Mutter und ein Bruder besuchen den Kläger seit Jahren regelmäßig, sowohl in der Untersuchungshaft als auch jetzt im Maßregelvollzug Die Hauptsprache des Klägers ist – wie er in der mündlichen Verhandlung betont hat – deutsch. In Deutschland hat er angesichts seines lebenslangen Aufenthalts auch seinen Freundeskreis, mit dem er weiterhin – auch im Rahmen von Besuchen – in Kontakt steht. Der Kläger hat einen qualifizierenden Mittelschulabschluss erworben und diverse berufliche Tätigkeiten ausgeübt, wenn auch für häufig wechselnde Arbeitgeber und jeweils nur für kurze Dauer. Im Maßregelvollzug hat er den Wunsch geäußert zu arbeiten. Der Arbeitsaufnahme steht derzeit lediglich die fehlende Arbeitserlaubnis entgegen.
58
dd) Bei der weiter gebotenen Abwägung des öffentlichen Ausweisungsinteresses mit dem entgegenstehenden Bleibeinteresse des Klägers überwiegt das Ausweisungsinteresse, § 53 Abs. 1 AufenthG. Den besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteressen stehen zwar nicht gesetzlich vertypte, aber unverkennbar hochrangige Bleibeinteressen gegenüber. Zur Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung führen diese allerdings nicht.
59
Zwar bedeutet die Ausweisung einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte des Klägers auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG sowie auf Familie gemäß Art. 6 GG, die auch von Art. 8 EMRK geschützt werden.
60
Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Kläger seit Jahren Beschuldigter in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist und zuletzt eine Straftat mit erheblichem Umfang begangen hat. Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, das den Anlass für die Ausweisung lieferte, hatte einen enormen, gewerbsmäßigen Umfang erreicht, was die erhebliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten unterstreicht.
61
Der Ausweisung steht auch eine Stellung des Klägers als „faktischer Inländer“ nicht entgegen. Dieser Begriff ist nicht einheitlich definiert, sondern wird in der Rechtsprechung unterschiedlich umschrieben. Das Bundesverwaltungsgericht bezeichnet faktische Inländer als „im Bundesgebiet geborene und aufgewachsene Kinder, deren Eltern sich hier erlaubt aufhalten“ (BVerwG, U.v. 16.7.2002 – 1 C 8.02 – juris Rn. 23). Das Bundesverfassungsgericht umschreibt den Begriff mit „hier geborene bzw. als Kleinkinder nach Deutschland gekommene Ausländer“ (BVerfG, B.v. 19.10.2016 – 2 BvR 1943/16 – juris Rn. 19). Bei faktischen Inländern handelt es sich letztlich um Personen, die tiefgreifend in die Lebensverhältnisse des Aufenthaltsstaats integriert sind („Verwurzelung“) und (kumulativ) den Lebensverhältnissen des Herkunftsstaats entfremdet sind („Entwurzelung“), mit der Folge, dass sie faktisch zum Inländer geworden sind und sie nur noch das rechtliche Band der Staatsangehörigkeit mit dem Herkunftsstaat verbindet (BayVGH, B.v. 7.2.2024 -19 ZB 23.1962 – Rn. 17).
62
Für eine Verwurzelung wird nicht nur nach sozialer Integration, sondern auch nach wirtschaftlicher Integration verlangt. Angesichts des brüchigen beruflichen Werdegangs des Klägers, der sich auf verschiedene kurzzeitige Tätigkeiten beschränkt, ist ausgesprochen fraglich, inwieweit von gelungener wirtschaftlicher Integration ausgegangen werden kann. Bzgl. der Entwurzelung aus den Verhältnissen in Togo zu beachtende Gesichtspunkte sind vor allem, inwieweit Kenntnisse der dort gesprochenen Sprache bestehen bzw. erworben werden können, inwieweit der Kläger mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist und inwieweit er dort bei der (Wieder-)Eingliederung auf Hilfestellung durch Verwandte und sonstige Dritte rechnen kann, soweit dies erforderlich sein sollte (BayVGH, B.v. 11.7.2007, 24 ZB 07.743 – juris). Der Kläger hat zumindest begrenzte Kenntnisse der in Togo verbreiteten Sprache Kotokoli, wie er in der mündlichen Verhandlung angeführt hat, sodass es auf die Frage nach der Verwertbarkeit der von der Beklagten vorgebrachten Erkenntnisse aus privaten Gesprächen des Klägers im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung nicht ankommt. Es ist dem Kläger durchaus zumutbar, darauf aufzubauen und diese Kenntnisse zu vertiefen, wobei ihm auch seine Englischkenntnisse helfen werden. Ausweislich der beigezogenen Strafakte (Bl. 272) und der Stellungnahme aus dem Bezirkskrankenhaus vom 20. November 2024 hat der Kläger Togo im März 2022 auch bereits einmal als Urlauber besucht. Angesichts seiner togischen Eltern und der Tatsache, dass er das Land als Urlauber kennengelernt hat, ist davon auszugehen, dass ihm die dortigen Lebensverhältnisse nicht vollkommen fremd sind. Es ist zwar nach dem Vortrag des Klägers ausgesprochen fraglich, inwieweit er in Togo Hilfe von dort lebenden Verwandten erlangen könnte. Ebenso wenig ist allerdings ersichtlich, dass der Kläger auf besondere Hilfe angewiesen wäre. Selbst wenn der erwachsene Kläger in Togo nicht mit der Unterstützung von Verwandten rechnen könnte, würde dies für sich genommen keine unzumutbare Härte begründen (BayVGH, B.v. 19.1.2015 – 10 CS 14.2656, 10 C 14.2657 – BeckRS 2015, 42415 Rn. 28; B.v. 7.2.2008 – 10 ZB 07.1993 – BeckRS 2008, 27508; NdsOVG, B.v. 12.12.2013 – 8 ME 162/13 – BeckRS 2013, 59604). Zur Überzeugung des Gerichts ist er durchaus in der Lage, sich – auch unter Rückgriff auf die von der Beklagten im schriftlichen Verfahren betonten Rückkehrhilfen, die sich der im gerichtlichen Verfahren übersendeten Nachricht vom 12. November 2024 samt Anlagen entnehmen lassen, – in die dortigen Lebensverhältnisse zu integrieren und sich eine Existenz aufzubauen, auch wenn das angesichts eingeschränkter Sprachkenntnisse mit Schwierigkeiten verbunden sein wird.
63
Vor diesem Hintergrund kann auch die insbesondere im schriftlichen Verfahren zwischen den Beteiligten diskutierte Frage um die genaue begriffliche Definition des faktischen Inländers dahinstehen. Auch wenn der vom Klägerbevollmächtigten angeführte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. April 2024 (2 BvR 29/24 – juris Rn. 30) anders als vorgebracht offen lässt, ob bei nicht vollständiger Entwurzelung im Land der Staatsangehörigkeit von einem faktischen Inländer gesprochen werden kann, ist jedenfalls unstreitig, dass der lebenslange Aufenthalt des Klägers angemessen unter Art. 2 Abs. 1 GG zu würdigen ist, was auch der vorgenannte Beschluss betont. In jedem Fall begründet auch die Rechtsstellung als „faktischer Inländer“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung kein generelles Ausweisungsverbot. Bei der Ausweisung im Bundesgebiet geborener Ausländer ist vielmehr im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der besonderen Härte, die eine Ausweisung für diese Personengruppe darstellt, in angemessenem Umfang Rechnung zu tragen (BVerfG, B.v. 19.10.2016 – 2 BvR 1943/16 – juris Rn. 19; BVerwG, U.v. 16.2.2022 – 1 C 6.21 – BeckRS 2022, 10733 Rn. 33 m.w.N.; BayVGH, B.v. 2.8.2021 – 19 CS 21.330 – BeckRS 2021, 20968 Rn. 33 m.w.N.).
64
Selbst wenn man unterstellt, dass es sich beim Kläger um einen faktischen Inländer handelt, würde dies nicht zu einem Überwiegen seiner Bleibeinteressen führen. Denn zu seinen Lasten ist insbesondere zu berücksichtigten, dass der Kläger bereits am 18. Dezember 2014 ausländerrechtlich verwarnt worden ist. Zwar war er damals noch minderjährig. Selbst wenn man von einer damals noch geringeren Einsichtsfähigkeit in die Folgen seines Tuns ausgeht, hatten auch die langen Zeiträume, während derer dem Kläger wegen laufender Strafverfahren von der Beklagten nur Fiktionsbescheinigungen erteilt worden sind, warnenden Charakter. Konkret sind damit die Zeiträume von Juni 2016 bis März 2017 und von Oktober 2019 bis November 2020 angesprochen. Insbesondere die ab November 2020 erteilte letzte Aufenthaltserlaubnis des Klägers nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist zum einen nur mit der besonderen familiären Situation des Klägers zu erklären und hätte ihm angesichts des langen Prüfungszeitraums verdeutlichen müssen, dass künftiges strafbares Fehlverhalten aufenthaltsbeendende Maßnahmen nach sich ziehen wird. Dies alles hat den Kläger nicht von der Begehung der am 1. Februar 2023 abgeurteilten Tat abgehalten, sodass mildere Mittel als eine Ausweisung nicht zur Gefahrenabwehr geeignet erscheinen.
65
Es handelte sich um eine Straftat mit erheblichem Umfang, die eine entsprechend hohe Freiheitsstrafe nach sich zog. Angesichts der Suchterkrankung des Klägers besteht diesbezüglich eine unverkennbare Rückfallgefahr. Vorangegangen ist dieser Tat eine Lebensgeschichte des Klägers als jugendlicher Intensivstrafttäter mit zahlreichen eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die teilweise auf eine Gewalttätigkeit hindeuten.
66
Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Ausweisung einen erheblichen Eingriff in das klägerische Recht auf Familie begründet. Elektronische Kommunikation mit der Familie wird allerdings weiterhin möglich sein, ebenso wie Besuche in Togo und Gegenbesuche des Klägers im Bundesgebiet mit Betretenserlaubnissen zu besonderen Anlässen.
67
Zum Schluss der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung trotz der ohne Zweifel herausragend gewichtigen Bleibeinteressen gelangt die Kammer dabei insbesondere angesichts der vorangegangenen ausländerrechtlichen Verwarnung und der hinzutretenden Warnfunktion der durch strafrechtliche Ermittlungen gegen den Kläger bedingten Fiktionsbescheinigungen. Aufenthaltsrechtliche Folgen weiterer Straffälligkeit wurden dem Kläger damals direkt vor Augen geführt. Die nun begangene erhebliche Straftat lässt mildere Mittel als eine Ausweisung zur Gefahrenabwehr unzureichend erscheinen.
68
2. Die unter Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids erfolgte Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, in der Fassung nach der Änderung des Bescheides in der mündlichen Verhandlung, begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
69
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen wurde, gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Das gegen den Kläger erlassene Einreise- und Aufenthaltsverbot kann sich mit der Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid auch auf eine gemäß Art. 11 Abs. 1a) der RL 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie, ABl. L 348, 98) erforderliche Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Nr. 4 der Rückführungsrichtlinie stützen (vgl. BVerwG, U.v. 16.2.2022 – 1 C 6.21 – juris Rn. 53 ff.; EuGH, U.v. 3.6.2021 – BZ, C-546/19 – juris Rn. 53 ff.).
70
Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot von Amts wegen zu befristen, wobei die Frist mit der Ausreise beginnt. Diese allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzende Frist liegt gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG im Ermessen der Beklagten, darf aber nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG außer in den Fällen des § 11 Abs. 5 bis Abs. 5b AufenthG fünf Jahre nicht überschreiten. Gemäß § 11 Abs. 5 AufenthG soll die Frist zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Dabei besteht nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 5 AufenthG die Möglichkeit, die Befristungsentscheidung zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung zu versehen, insbesondere einer nachweislichen Straffreiheit.
71
Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Höchstfrist muss sich an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und ggf. relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Verwaltungsgerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen (BVerwG, U.v. 6.3.2014 – 1 C 2.13 – BeckRS 2014, 49495, Rn. 12; U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.1 – BeckRS 2012, 56736, Rn. 42).
72
Gemessen daran ist die zuletzt vorgenommene Befristung auf drei Jahre unter der Bedingung zwischenzeitlicher Drogenfreiheit nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die aus § 11 AufenthG resultierenden Vorgaben beachtet, das ihr hinsichtlich der Länge der Frist eingeräumte Ermessen erkannt und bei seiner Ausübung weder die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten noch von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Die Beklagte stützt die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG zu Recht auf das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse, das den wesentlichen Ausweisungsanlass liefert sowie die weiterhin verwertbaren eingestellten Strafverfahren. Die Bleibeinteressen des Klägers, in Form des lebenslangen Aufenthalts (s.o.), berücksichtigt die Beklagte dabei hinreichend. Insbesondere hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung angesichts dieser besonderen Situation das Einreise- und Aufenthaltsverbot von zunächst acht Jahren ganz erheblich verringert und die Ermessenserwägungen dadurch aktuell gehalten. Auch die Bedingung der Drogenfreiheit begegnet keinen rechtlichen Bedenken und steht in direktem Zusammenhang mit der Gefahrenursache. Die ohne einen solchen Nachweis gesetzte Frist von vier Jahren begegnet vor dem Hintergrund der Wesentlichkeit der Suchterkrankung für die Tatbegehung ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
73
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung wegen der Verwertung aus dem Bundeszentralregister getilgter Straftaten hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeräumt. Zwar thematisiert der Bescheid bei den Ausführungen zur Ausweisung auch eine unverwertbare Straftat und die Ermessenserwägungen zum Einreise- und Aufenthaltsverbot legen zumindest die Vermutung nahe, dass unverwertbare Verurteilungen auch dort eine Rolle gespielt haben. Der Beklagtenvertreter hat allerdings deutlich gemacht, dass ermessensrelevant für die in der mündlichen Verhandlung festgesetzte Befristung lediglich verwertbares Verhalten des Klägers – und damit auch nicht die spekulativen Erwägungen zur unerlaubten Nutzung eines Mobiltelefons – war. Nachdem die ursprünglich gesetzte Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots erheblich reduziert wurde, sind Ermessensfehler des Bescheids in seiner am 10. Februar 2025 geänderten Fassung nicht erkennbar.
74
3. Die Abschiebungsandrohung aus der Haft unter Ziffer 4 des Bescheids begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie beruht auf §§ 58 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3, 59 Abs. 1 AufenthG. Insbesondere bedarf es nach § 59 Abs. 5 AufenthG im Fall der Abschiebung aus dem Maßregelvollzug keiner Fristsetzung. Auch familiäre Bindungen stehen der Abschiebung nicht nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG entgegen. Zwar ist das möglicherweise vom Gesetzgeber in § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG erklärte Opt-Out von der Rückführungsrichtlinie, das ausdrücklich die Entbindung von der Prüfung solcher Belange im Rahmen der Abschiebungsandrohung bei Abschiebungen infolge strafrechtlicher Verurteilungen vorsieht, auf den Kläger in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar (vgl. HessVGH, B.v. 18.3.2024 – 3 B 1784/23 – juris). Die einschneidenden Folgen für das Familienleben des Klägers werden aber von den besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteressen überwogen (s.o.). Dies muss insbesondere gelten, weil die Interessen minderjähriger Familienangehöriger hier nicht berührt sind.
75
4. Für den Fall der Abschiebung nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug wurde nach den Änderungen in der mündlichen Verhandlung eine Ausreisefrist von 30 Tagen nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG festgesetzt, die als Regelfrist keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Der Beklagtenvertreter hat außerdem die Bereitschaft geäußert, beim Auftreten besonderer Umstände auch eine längere Frist zu gewähren.
76
5. Aus diesen Gründen war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.