Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 27.02.2025 – W 9 S 25.245
Titel:

Sofortverfahren, Tierschutzrecht, Tierhaltungsverbot, schriftliche Bestätigung mündlicher Anordnung, Veräußerungsanordnung bzgl. fortgenommener Tiere (119 Katzen und ein Kaninchen), Auflösung des Schafbestands, Nachweis des Verbleibs, vorherige schriftliche Zustimmung des Veterinäramts, Verhältnismäßigkeit, fehlerfreie Ermessensausübung

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
TierSchG § 2
TierSchG § 16a
TierSchG § 16 Abs. 2
Schlagworte:
Sofortverfahren, Tierschutzrecht, Tierhaltungsverbot, schriftliche Bestätigung mündlicher Anordnung, Veräußerungsanordnung bzgl. fortgenommener Tiere (119 Katzen und ein Kaninchen), Auflösung des Schafbestands, Nachweis des Verbleibs, vorherige schriftliche Zustimmung des Veterinäramts, Verhältnismäßigkeit, fehlerfreie Ermessensausübung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4103

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen ein Tierhaltungsverbot sowie die Anordnung der Veräußerung des fortgenommenen Tierbestands und der Auflösung des Schafbestands.
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1. Das Landratsamt ... (im Folgenden: Landratsamt), Veterinäramt, führte nach Eingang einer Meldung am 15. November 2024 eine Kontrolle der Katzen- und Kaninchenhaltung der Familie des Antragstellers im Anwesen … Str., … …, durch. Am 20. November 2024 und 11. Dezember 2024 erfolgten Nachkontrollen. Hinsichtlich der Feststellungen und mündlich gegenüber dem Antragsteller, seiner Mutter und seiner Schwester getroffenen Anordnungen wird auf die Ergebnisprotokolle des Landratsamts vom 15. November 2024, 20. November 2024 und 11. Dezember 2024 Bezug genommen. Der Sachverhalt und die fachliche Beurteilung der Haltung von mindestens 127 Katzen und einem Kaninchen sind in einem 13-seitigen amtstierärztlichen Gutachten vom 12. Dezember 2024 enthalten, auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird.
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Mit Bescheid vom 16. Dezember 2024 ordnete das Landratsamt an, dass dem Antragsteller mit Wirkung zum 17. Dezember 2024 sämtliche Katzen und ein Kaninchen, die sich auf dem Anwesen … Str., … …, befänden, fortgenommen und auf seine Kosten anderweitig pfleglich untergebracht würden (Ziffer 1 des Bescheids). Der Antragsteller wurde verpflichtet, sämtliche mit der Fortnahme erforderlichen Maßnahmen durch die zuständige Behörde sowie von ihr beauftragte Personen, einschließlich des Betretens des Grundstücks … Str., … …, und sämtlicher darauf befindlicher Gebäude (Ställe, Wohnhaus) zu dulden (Ziffer 2) und die notwendigen Erstversorgungsmaßnahmen der fortgenommenen Katzen und des Kaninchens zu dulden und die Kosten hierfür zu tragen (Ziffer 3). Diese Regelungen wurden für sofort vollziehbar erklärt. Auf die weiteren Regelungen und die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Dem Antragsteller wurde dieser Bescheid am 17. Dezember 2024 ausgehändigt. Die vor Ort festgestellten 129 Katzen und ein Kaninchen wurden an diesem Tag fortgenommen und anderweitig untergebracht. Auf das Ergebnisprotokoll des Landratsamts vom 17. Dezember 2024, wonach gegenüber der Haltergemeinschaft mündlich durch Herrn Dr. K. ein sofortiges Tierhaltungs- und Betreuungsverbot angeordnet wurde, wird Bezug genommen.
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Am 3. Januar 2025 ließ der Antragsteller Klage gegen diesen Bescheid erheben (W 9 K 25.25), über die noch nicht entschieden ist. Den gleichzeitig gestellten Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bzgl. der Ziffern 1 bis 3 dieses Bescheids lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 14. Februar 2025 (W 9 S 25.26) ab. Auf die im Rahmen des Eilverfahrens erstellte amtstierärztliche Stellungnahme vom 10. Februar 2025 wird Bezug genommen.
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An die Mutter und die Schwester des Antragstellers wurden am 17. Dezember 2024 gleichlautende Bescheide vom 16. Dezember 2024 ausgehändigt, welche Gegenstand der Klageverfahren W 9 K 25.23 und W 9 K 25.24 sind, über welche ebenfalls noch nicht entschieden ist.
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Mit Schreiben des Landratsamts vom 24. Januar 2025 erhielt der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten Gelegenheit, sich zur beabsichtigten Bestätigung des mündlich angeordneten Tierhaltungsverbots, Anordnung der Veräußerung der fortgenommenen Tiere und Bestandsauflösung der fünf Schafe sowie der jeweils beabsichtigten Anordnung der sofortigen Vollziehung bis zum 31. Januar 2025 zu äußern. Mit Schreiben vom 31. Januar 2025 gewährte das Landratsamt dem Bevollmächtigten des Antragstellers Fristverlängerung bis 5. Februar 2025. Auf die Stellungnahme des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 5. Februar 2025 sowie den Aktenvermerk des Landratsamts zur Besprechung mit dem Amtsveterinär vom 6. Februar 2025 wird Bezug genommen.
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Mit Schreiben/Bescheid vom 7. Februar 2025, dem Bevollmächtigten des Antragstellers laut Postzustellungsurkunde am 10. Februar 2025 zugestellt, bestätigte das Landratsamt gegenüber dem Antragsteller die mündliche Anordnung der Untersagung des Haltens und Betreuens von Tieren mit sofortiger Wirkung vom 17. Dezember 2024 (Ziffer 1 des Bescheids). Die Veräußerung der gemäß dem Bescheid vom 16. Dezember 2024 vom Anwesen … Str., … …, fortgenommenen Tiere (119 Katzen, ein Kaninchen) wurde angeordnet (Ziffer 2). Gegenüber dem Antragsteller wurde angeordnet, den Bestand der von ihm auf dem Anwesen … Str., … …, bzw. den Nutzflächen (Fl.Nrn. 3, 3/1 und 3/2 der Gemarkung …*) gehaltenen fünf Schafe aufzulösen und den Verbleib der Tiere dem Veterinäramt schriftlich nachzuweisen. Vor Abgabe der Tiere sei die schriftliche Zustimmung des Veterinäramts des Landratsamts einzuholen. Hierfür sei die Person, an die ein Tier abgegeben werden solle, spätestens drei Tage vor Abgabe zu benennen (Ziffer 3). Die Regelungen in Ziffern 1 bis 3 des Bescheids wurden für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer 4). Auf den weiteren Inhalt des Bescheids sowie die Ausführungen im zugrundeliegenden amtstierärztlichen Gutachten des Veterinäramts des Landratsamts vom 16. Januar 2025, in welchem u.a. die Ergebnisse der tierärztlichen Untersuchung der Katzen nach der Fortnahme dargestellt sind, wird Bezug genommen.
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Laut den vorliegenden Behördenakten übereignete das Landratsamt zwischen dem 12. Februar 2025 und dem 15. Februar 2025 21 Katzen an Tierschutzvereine/Tierheime.
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2. Am 17. Februar 2025 ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid erheben (W 9 K 25.244), über welche noch nicht entschieden ist, und gleichzeitig im vorliegenden Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bzgl. der Ziffern 1 bis 3 des Bescheids anzuordnen.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 24. Februar 2025 und 25. Februar 2025 ließ der Antragsteller beantragen, die von Seiten des Gerichts mit Schreiben vom 18. Februar 2025 bis 25. Februar 2025 verlängerte Frist zur Antragsbegründung bis einschließlich 10. März 2025, hilfsweise bis zum 6. März 2025 zu verlängern. Auf die ablehnenden Schreiben des Gerichts vom 25. Februar 2025 sowie 26. Februar 2025 wird Bezug genommen.
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3. Das Landratsamt beantragte mit Schriftsatz vom 27. Februar 2025 für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wurde unter Verweis auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen ausgeführt, nach Zustellung des Bescheides am 10. Februar 2025 seien die fortgenommenen Tiere vorübergehend zur Vermittlung freigegeben worden. Bis zum Verzicht auf weitere Vollzugsmaßnahmen anlässlich des Eilverfahrens und dem damit einhergehenden Vermittlungsstopp seien 21 Katzen vermittelt worden. Zudem seien weitere drei Katzen und das Kaninchen verstorben, sodass es sich nunmehr um 116 Katzen handele, von welchen noch 95 in Tierschutzeinrichtungen untergebracht seien.
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In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Alt. 2 VwGO sei jedenfalls unbegründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei formell rechtmäßig. Das Suspensivinteresse des Antragstellers übersteige nicht das öffentliche Vollzugsinteresse. In der Hauptsache bestünden keine Erfolgsaussichten. Das Vorbringen des Antragstellers führe zu keiner anderen Beurteilung. Soweit der Antragsteller vortragen lasse, dass die Form der Katzenhaltung durch die Haltergemeinschaft neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen entspreche, werde zunächst nochmals auf die vorrangige Beurteilungskompetenz des beamteten Tierarztes verwiesen. Das pauschale Vorbringen über wissenschaftliche Erkenntnisse ohne erkennbaren Bezug zu den tatsächlichen Gegebenheiten in der Katzenhaltung könne die fachliche Beurteilung der Amtstierärztin nicht entkräften. Zum (Sozial-)Verhalten von Katzen seien von amtstierärztlicher Seite in der Stellungnahme vom 10. Februar 2025 im Verfahren W 9 S 25.26 bereits ergänzende Darlegungen vorgenommen worden. Soweit von den in der Klagebegründung im Verfahren W 9 K 25.25 genannten Personen anderslautende Ansichten vertreten würden, handele es sich allenfalls um Einzelmeinungen, die nicht dem allgemein anerkannten wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprächen. Es sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass die vom Antragsteller bestrittene Notwendigkeit der Kastration der Katzen auch in der vom Bevollmächtigten zitierten Quelle (Dr. I. M. Reichler, Vor- und Nachteile der Kastration von Kätzinnen und Katern, im Internet unter www.gstsvs.ch) empfohlen werde. Ungeachtet dieser Ausführungen würde selbst die Anerkennung alternativer Haltungsformen die Bewertung der durch die Haltergemeinschaft ausgeübten Katzenhaltung nicht ändern. Die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahmen beruhten auf den im konkreten Einzelfall getroffenen Feststellungen: unterlassene Reinigung, Instandhaltung und Pflege der Haltungseinrichtungen; unterlassene Pflege und tiermedizinische Behandlung kranker Tiere; massive Überbelegung der Räumlichkeiten; Einsperren von Katzen in engen Käfigen und Transportboxen; Haltung in reizloser Umgebung bei geringem Tageslichteinfall und schlechtem Raumklima – auch im „Auslauf“; Einzelhaltung des Kaninchens in engem Käfig; Bestätigung der Katzenhaltung als privater Tierversuch; mangelhafte Kenntnisse und Fähigkeiten der Haltergemeinschaft; fehlende Einsicht. Diese wiederholten und groben Zuwiderhandlungen hätten, ausweislich des amtstierärztlichen Gutachtens vom 16. Januar 2025, welches durch die inzwischen vorliegenden Befunde der behandelnden Tierärzte bzw. einen Sektionsbefund des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 6. Februar 2025 bestätigt werde, bei den Tieren zu erheblichen und länger anhaltenden Schmerzen und Leiden sowie erheblichen Schäden geführt.
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4. Die Schwester des Antragstellers erhielt einen gleichlautenden Bescheid (Schreiben) vom 7. Februar 2025, welcher Gegenstand des Klageverfahrens W 9 K 25.247 ist. Der die Mutter des Antragstellers betreffende weitgehend gleichlautende Bescheid vom 7. Februar 2025, in welchem dieser ohne vorherige mündliche Anordnung mit sofortiger Wirkung das Halten und Betreuen von Tieren untersagt wird, ist Gegenstand des Klageverfahrens W 9 K 25.246. Über diese Klagen wurde ebenfalls noch nicht entschieden.
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5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der Akten der Klageverfahren W 9 K 25.23, W 9 K 25.24, W 9 K 25.25, W 9 K 25.244, W 9 K 25.246 und W 9 K 25.247 sowie des Eilverfahrens W 9 S 25.26) und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag, über den entschieden werden konnte, ohne dem Antragsteller eine weitere Fristverlängerung zur Antragsbegründung zu gewähren, hat keinen Erfolg.
18
Die dem Bevollmächtigten des Antragstellers nach einmaliger Fristverlängerung eingeräumte Frist zur Antragsbegründung bis zum 25. Februar 2025 war angemessen. Der Bewilligung einer weiteren Fristverlängerung, um „eine oder mehrere weitere Glaubhaftmachungen seitens fachspezifisch studierter Veterinärmediziner zur Glaubhaftmachung des Vortrags des Antragstellers und Erschütterung der Auffassung des Antragsgegners in das Verfahren einzuführen“ bedurfte es nicht. Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz sind auf der Grundlage eines in jeder Weise beschleunigten Verfahrens mit entsprechend verkürzten Äußerungsfristen grundsätzlich umgehend zu bescheiden (vgl. BVerfG, NVwZ-RR 2001, 695). Aufgrund der nur summarischen Prüfung des Sachverhalts bei der Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage im Rahmen der Interessenabwägung des Gerichts und aus zeitlichen Gründen kommt eine Beweisaufnahme in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig – so auch hier – nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 6.12.2024 – 15 CS 24.1037 – juris Rn. 13). Dementsprechend musste die Vorlage eines privaten Gutachtens im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abgewartet werden. Davon abgesehen ist auch nicht ersichtlich, dass es sich bei der angekündigten Beurteilung der Tierhaltung des Antragstellers durch einen oder mehrere Tierärzte um ein geeignetes Beweismittel handeln würde (vgl. näher hierzu unten).
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1. Der Antrag ist überwiegend zulässig.
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Soweit sich der Antrag auf die in Ziffer 1 schriftlich bestätigte mündlich ausgesprochene Untersagung des Haltens und Betreuens von Tieren und die in Ziffer 3 angeordnete Auflösung des Schafbestands bezieht, ist er statthaft, da die gegen Ziffern 1 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids erhobene Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat, und auch im Übrigen zulässig.
21
Soweit der Antrag auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids gerichtet ist, bezieht er sich bei verständiger Würdigung des Begehrens des Antragstellers unter Berücksichtigung seines Interesses (§ 88, 122 VwGO) nur auf seine noch lebenden Tiere und ist zulässig, insbesondere statthaft, soweit die fortgenommenen Tiere noch nicht übereignet worden sind. Bezüglich der nach Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids und vor dem Vollzugsverzicht während des Eilverfahrens an Tierheime/Tierschutzvereine übereigneten Katzen kann das Rechtsschutzziel der Verhinderung der Übereignung hingegen nicht mehr erreicht werden, so dass der Antrag insoweit unzulässig ist. Auch eine Vollzugsfolgenbeseitigung nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO ist bei bereits erfolgter Veräußerung rechtlich unmöglich und kommt – abgesehen davon, dass sie vom anwaltlich vertretenen Antragsteller nicht beantragt wurde – insoweit ebenfalls nicht in Betracht.
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2. Soweit er zulässig ist, ist der Antrag nicht begründet.
23
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht der Hauptsache in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 85 ff.). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der unter Ziffer 1 schriftlich bestätigten und Ziffern 2 und 3 verfügten Verpflichtungen ist formell rechtmäßig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO). Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Im Bescheid hat das Landratsamt sich vorliegend ausreichend mit den Umständen des Einzelfalls und den Interessen des Antragstellers auseinandergesetzt. Dabei wurde insbesondere dem besonderen öffentlichen Interesse am sofortigen Wirksamwerden des Tierhaltungs- und Betreuungsverbots sowie der Auflösung des Schafbestands unter Verweis auf den Schutz der Tiere vor Schmerzen, Leiden und Schäden vor von Seiten des nach Auffassung des Landratsamts persönlich zur Tierhaltung und -betreuung ungeeigneten Antragstellers zu befürchtenden weiteren schweren Tierschutzverstößen der Vorrang eingeräumt. In Bezug auf eine Veräußerungsanordnung ist es im Tierschutzrecht als Begründung des Sofortvollzugs in der Regel ausreichend, wenn bei einem Zuwarten bis zur Bestandskraft die Unterbringungs- und Pflegekosten den zu erwartenden Erlös deutlich übersteigen würden (vgl. Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 30, 35; Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 16a Rn. 23 m.w.N.). Der Antragsgegner hat vorliegend zum Ausdruck gebracht, dass die bisher entstandenen Kosten der Unterbringung bereits jetzt einen möglichen Verkaufspreis übersteigen. Zudem sei es im Interesse eines effektiven Tierschutzes, die Tiere möglichst zeitnah in eine dauerhafte artgerechte Haltung zu verbringen und somit auch wieder freie Kapazitäten in den Tierheimen zur Aufnahme anderer hilfsbedürftiger Tiere zu schaffen. Damit ist der Forderung, die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs anzugeben, auch mit Blick darauf, dass die hier zur Begründung des Verwaltungsakts angestellten Erwägungen zugleich für die Dringlichkeit der Vollziehung sprechen, Rechnung getragen. Die weitere Frage, ob die vom Antragsgegner angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (vgl. NdsOVG, B.v. 29.11.2017 – 11 ME 268/17 – juris; OVG LSA, B.v. 27.10.2017 – 3 M 240/17 – juris; BayVGH, B.v. 14.9.2017 – 9 CS 17.456 – juris).
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Eine summarische Prüfung, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geboten, aber auch ausreichend ist, ergibt, dass der Rechtsbehelf des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die streitgegenständlichen Ziffern des Bescheids vom 7. Februar 2025 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Unabhängig davon ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu erkennen. Dass die Voraussetzungen der einzelnen Maßnahmen gemäß § 16a TierSchG zur Beseitigung und Verhütung tierschutzwidriger Zustände (vgl. § 1 und 2 TierSchG) im vorliegenden Fall gegeben sind, hat der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 7. Februar 2025, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO analog), zutreffend begründet.
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Darüber hinaus ist auszuführen:
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Die Anordnung unter Ziffer 1 des Bescheids findet ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG. Danach kann die Behörde demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird. Richtiger Adressat eines Tierhaltungs- und Betreuungsverbots ist der Halter der Tiere im weiteren Sinne und somit neben dem Halter im engeren Sinne auch der Betreuer und/oder der Betreuungspflichtige (vgl. Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 44).
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Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die bei den Kontrollen und bei der Fortnahme der streitgegenständlichen Tiere vorgefundenen Zustände belegen ohne Zweifel, dass der Antragsteller, bei dem es sich um den (Mit-)Halter der betroffenen Tiere handelt (vgl. Beschluss der erkennenden Kammer vom 14.2.2025 – W 9 S 25.26), den Vorschriften des § 2 TierSchG wiederholt und grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen und betreuten Katzen und dem Kaninchen erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat. Die Beurteilung obliegt dem Amtstierarzt (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG), dessen fachliche Beurteilungen jedenfalls nicht durch schlichtes Bestreiten und auch nicht durch pauschale und unsubstanziierte gegenteilige Behauptungen entkräftet werden können (Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Auflage 2023, § 16a Rn. 23a). Die Einschätzung des beamteten Tierarztes, dem vom Gesetzgeber ausdrücklich eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt ist, ist im Regelfall als maßgeblich anzusehen. Denn Amtstierärzte sollen als Sachverständige bei der Durchführung des Tierschutzgesetzes beteiligt werden (vgl. hierzu B.v. 14.2.2025 – W 9 S 25.26). Laut detaillierter amtstierärztlicher Stellungnahme vom 16. Januar 2025 ist die dauerhafte Haltung der 129 Katzen und des einzelnen Kaninchens in den ehemaligen Nutztierställen auf dem Anwesen der Familie des Antragstellers als in höchstem Maße tierschutzwidrig zu bewerten. Hiernach hat der Antragsteller mehrere Gebote des § 2 TierSchG durch unterlassene Reinigung, Instandhaltung und Pflege der Haltungseinrichtungen, unterlassene Pflege und tiermedizinische Behandlung kranker Tiere, massive Überbelegung der Räumlichkeiten, Haltung in reizloser Umgebung bei geringem Tageslichteinfall und schlechtem Raumklima, Einzelhaltung des Kaninchens in engem Käfig und durch die Bestätigung der Katzenhaltung als privater Tierversuch sowie seine mangelhaften Kenntnisse und Fähigkeiten gravierend missachtet. Die dargelegten Haltungsbedingungen zeigen eine wiederholte und grobe Zuwiderhandlung gegen die Anforderungen des § 2 TierSchG. Infolge der massiven Überbelegung der Räumlichkeiten sowie der Käfig- und Boxenhaltung von Einzeltieren und der Haltung in hochgradig verschmutzten Haltungseinrichtungen verursachte der Antragsteller nach dem Gutachten der beamteten Tierärztin erhebliche und länger anhaltende Leiden der Katzen. Die Einzelhaltung des Kaninchens führte bei diesem ebenfalls zu erheblichen und länger anhaltenden Leiden. Die unterlassene Pflege und tiermedizinische Behandlung kranker Tiere durch den Antragsteller verursachte ebenso wie mangelhafte Kenntnisse, Fähigkeiten und Einsicht des Antragstellers erhebliche und länger anhaltende Schmerzen und Leiden sowie erhebliche Schäden bei den Tieren. Die Verstöße des Antragstellers gegen die Gebote des § 2 TierSchG sind in mehreren Kontrollberichten und amtstierärztlichen Gutachten sowie mit Lichtbildern und Videoaufnahmen dokumentiert. Die fachliche Bewertung der dokumentierten Verstöße durch die beamteten Tierärzte, die sich auch eingehend mit der Einschätzung der Tierhaltung durch die behandelnde Tierärztin O. sowie deren Fachkompetenz auseinandersetzt, ist nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Die amtstierärztliche Bewertung der Haltungsbedingungen sowie der qualifizierten Folgen für die betroffenen Tiere wird nicht zuletzt durch eine vorläufige Auswertung (Stand: 20.1.2025) der eingegangenen Befundbögen zu 103 der fortgenommenen Katzen bestätigt. Ihnen ist bezüglich der Katzen zu entnehmen, dass 70% an Untergewicht litten, 78% einen schlechten Pflegezustand mit stumpfem, struppigem und verfilztem Fell aufwiesen, 27% zusätzlich Schmutzeinlagerungen und Verklebungen aufwiesen, 20% einen vermehrten Speichelfluss zeigten, 69% Zähne fehlten und 68% Zahndefekte aufwiesen. Im Übrigen sind ausweislich des streitgegenständlichen Bescheids und der Antragserwiderung des Landratsamts 14 fortgenommene Katzen, ein nachgeborener Katzenwelpe sowie das fortgenommene Kaninchen inzwischen verstorben.
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Angesichts der hier von den beamteten Tierärzten konkret dargelegten Haltungsmängel genügen die gegenteiligen Einlassungen des Antragstellers nicht zur Rechtfertigung einer anderen Beurteilung. Dies gilt sowohl bei der Frage, ob grobe oder wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorliegen als auch hinsichtlich der Frage, ob den Tieren die in § 16a Abs. 1 TierSchG vorausgesetzten qualifizierten Folgen zugefügt worden sind. Der Antragsgegner hat in der Antragserwiderung ausgeführt, dass zum einen die von Antragstellerseite dargelegten Ansichten zum (Sozial-)Verhalten von Katzen nicht dem allgemein anerkannten wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprächen und auch in einer in der Klagebegründung im Verfahren W 9 K 25.25 zitierten Quelle eine Kastration empfohlen werde. Zum anderen hat der Antragsgegner nachvollziehbar erläutert, dass selbst die Anerkennung alternativer Haltungsformen die Bewertung der streitgegenständlichen Katzenhaltung nicht ändern würde. Wie bereits im Beschluss der Kammer vom 14. Februar 2025 ausgeführt, kann sich der Antragsteller auch nicht darauf berufen, die behandelnde Tierärztin sehe die Katzenhaltung der Familie des Antragstellers als tierschutzkonform an. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung der behandelnden Tierärztin vom 2. Februar 2025 kann die dokumentierte fachliche Einschätzung des Veterinäramts nicht erschüttern, denn sie zeigt keine Mängel der Begutachtung des Veterinäramts auf, die diese zur Sachverhaltsfeststellung als ungeeignet, zumindest aber als nicht ausreichend tragfähig erscheinen lassen.
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Das Gericht musste dem Antragsteller auch nicht durch entsprechende Verlängerung der Antragsbegründungsfrist Gelegenheit geben, eine fachliche Beurteilung der Haltungszustände durch einen Tierarzt vorzulegen. Abgesehen davon, dass eine weitere Fristverlängerung die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits verzögert hätte und in diesem Zeitraum weitere Kosten für die anderweitige pflegliche Unterbringung der Tiere angefallen wären, wäre das durch den Antragsteller angebotene Beweismittel voraussichtlich nicht geeignet gewesen, die fachliche Beurteilung der Zustände der Tierhaltung des Antragstellers sowie der sich daraus ergebenden qualifizierten Folgen für die gehaltenen Tiere durch die beamteten Tierärzte zu widerlegen. Wie bereits im Beschluss vom 14. Februar 2025 (W 9 S 25.26) ausgeführt, können die von Amtstierärzten getroffenen Feststellungen substanziiert (nur) durch fachliche Stellungnahmen von Amtstierärzten anderer Körperschaften und bei anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften beschäftigten Fachtierärzten im Einzelfall erfolgreich in Frage gestellt werden, da deren Stellungnahme einen beachtlichen Gegenvortrag begründen könnte (vgl. VG Oldenburg, B.v. 30.6.2020 – 7 B 1487/20 – juris Rn. 30). Eine solche beachtliche fachliche Aussage liegt jedoch nicht vor und der Antragsteller hat auch nicht vortragen lassen, dass er eine Fristverlängerung zur Vorlage einer solchen Stellungnahme benötige.
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Zu Recht ist der Antragsgegner auch davon ausgegangen, dass anzunehmen ist, dass der Antragsteller auch weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird. Denn haben sich im Verantwortungsbereich bereits Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorgaben ereignet, kann mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Die Voraussetzungen für ein Eingreifen sind gegeben, sobald eines der durch § 2 TierSchG geschützten Verhaltensbedürfnisse erheblich zurückgedrängt wird bzw. objektive Anhaltspunkte einen entsprechenden Verdacht begründen. Es genügt, wenn – wie hier – einzelne Gebote aus § 2 TierSchG für einen längeren Zeitraum und/oder in besonders intensiver Form verletzt worden sind. Die Gefahr von Schmerzen, Leiden oder Schäden reicht aus. Bei zahlreichen oder schwerwiegenden tierschutzrechtlichen Verstößen kann ein Haltungs- und Betreuungsverbot auch dann ausgesprochen werden, wenn den Tieren teilweise nur deshalb keine oder weniger Schmerzen, Leiden oder Schäden entstanden sind, weil das Veterinäramt in der Vergangenheit durch entsprechende Anordnungen teilweise rechtzeitig entgegenwirken konnte, diese Maßnahmen aber gleichwohl zu keiner nachhaltigen Verbesserung der Tierhaltung geführt haben (vgl. Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 2, 45 ff. mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Bei begangenen Verstößen sind die (mangelnde) Einsichtsfähigkeit des Tierhalters, eine an den Tag gelegte Bagatellisierungs- und Verharmlosungstendenz sowie die zu erwartende oder fehlende Kooperationsbereitschaft in die Prognose einzubeziehen. Die Behörde ist angehalten, aus dem Verhalten des Betroffenen, Tun oder Unterlassen, Schlüsse für die Zukunft zu ziehen; (vgl. Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 48 m.w.N.). Vorliegend lässt der Antragsteller jede Einsicht, etwas falsch gemacht zu haben, vermissen. Vielmehr lassen seine Einlassungen im Verwaltungsverfahren vermuten, gar nichts an seinem Verhalten ändern zu wollen. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zweifel am Vorliegen einer Wiederholungsgefahr.
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Anhaltspunkte dafür, dass das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot war auch verhältnismäßig. Der Antragsgegner hat das grundsätzlich bestehende Auswahlermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Haltungsanordnungen stellen kein zu berücksichtigendes milderes Mittel dar, wenn der Halter durch Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Pflichten zu erkennen gegeben hat, dass er nicht in der Lage oder willens ist, die Tiere zuverlässig zu versorgen (vgl. VG Cottbus B.v. 6.9.2017 – 3 L 509/17 – juris). Ferner ist anerkannt, dass ein Verbot der Tierhaltung und Tierbetreuung – wie hier – im Fall gravierender und zahlreicher Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen und Anordnungen bereits dann gerechtfertigt ist, wenn die (bloße) Gefahr besteht, dass den Tieren andernfalls erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden zugefügt werden (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2020 – 23 CS 20.383 – juris Rn. 52). Unter Berücksichtigung der Vielzahl der auf zwei Tierarten bezogenen Verstöße ist vorliegend kein milderes, gleich effektives Mittel ersichtlich, als die Tierhaltung und -betreuung durch den Antragsteller generell auf Dauer zu untersagen, um tierschutzwidrige Zustände in Zukunft zu vermeiden. Das Landratsamt war nicht gehalten, das Haltungs- und Betreuungsverbot auf bestimmte Tierarten – etwa die bisher betroffenen – zu beschränken. Insbesondere bestand hierzu nicht deswegen Veranlassung, weil das Landratsamt bislang bezogen auf die Schafhaltung der Familie des Antragstellers keine tierschutzrechtlichen Verstöße festgestellt hat, denn der Antragsteller hat diesbezüglich tierseuchenrechtliche Vorgaben vollständig außer Acht gelassen. Außerdem gibt das bisherige Verhalten des Antragstellers zu erkennen, dass er weder in der Lage noch willens ist, Tiere mit der erforderlichen tierschutzrechtlichen Halterzuverlässigkeit zu versorgen. Es ist – auch vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller die tierschutzwidrig betriebene Katzenhaltung als Versuchsprojekt ansieht – nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller künftig Tiere gleich welcher Art unter tierschutzgerechten Bedingungen halten würde. Eine Beschränkung des Haltungs- und Betreuungsverbots auf bestimmte Tierarten kam daher nicht in Betracht. Das Haltungs- und Betreuungsverbot für Tiere war auch angemessen. Das öffentliche Interesse der Allgemeinheit an der Sicherstellung einer art- und verhaltensgerechten Tierhaltung überwiegt das private Interesse des Antragstellers. Denn es wären ernsthaft weitere tierschutzrechtliche Verstöße zu befürchten, denen vor dem Hintergrund des Schutzauftrages aus Art. 20a GG auch im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung vorzubeugen ist. Demgegenüber ist das private Interesse des Antragstellers in Bezug auf Art. 14 GG und Art. 2 Abs. 1 GG wohl von verhältnismäßig geringem Gewicht. Wie das Landratsamt zutreffend ausgeführt hat, kann sich der Antragsteller auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht berufen, denn der Schutzbereich der Wissenschafts- oder Forschungsfreiheit ist vorliegend nicht eröffnet, da es sich bei der bisherigen Katzenhaltung des Antragstellers nicht um ein nach wissenschaftlichen Maßstäben durchgeführtes Forschungsprojekt gehandelt hat.
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Im Übrigen sind im Hinblick auf die Möglichkeit eines Wiedergestattungsantrags gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 letzter Halbsatz TierSchG an die Verhältnismäßigkeit keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Dem Antragsteller wird so durch die Wiedergestattungsmöglichkeit Gelegenheit zur Abhilfe eingeräumt. Ihm bleibt unbenommen, bei grundlegender Änderung der Verhältnisse einen Antrag auf Wiedergestattung der Tierhaltung oder -betreuung zu stellen (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 letzter Halbsatz TierSchG). Erforderlich ist der Nachweis, dass der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen weggefallen ist und sich die Basis für die frühere Prognose zwischenzeitlich verändert hat. Der Antragsteller müsste einen individuellen Lernprozess belegen, der bei ihm zu einer Reifung und Läuterung in seinem Verhalten gegenüber potenziell zu haltenden Tieren geführt hat und der über ein bloßes zeitweiliges oder situationsbedingtes Unterlassen der früheren tierschutzwidrigen Handlungsweise hinausgeht (vgl. Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Auflage 2023, § 16a Rn. 55; OVG SH, B.v. 5.6.2019 – 4 MB 42/19 – juris; BayVGH, B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 18.756 – juris und B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – KommunalPraxis BY 2019, 270; B.v. 30.4.2019 – 23 CS 19.662 – juris; B.v. 23.11.2018 – 9 ZB 16.2467 – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 8.10.2018 – OVG 5 S 52.17 – RdL 2019, 221).
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Die in Ziffer 2 des Bescheids angeordnete Veräußerung der dem Antragsteller am 16. Dezember 2024 fortgenommenen Tiere (119 noch lebende bzw. nachgeborene Katzen, ein Kaninchen) durch das Landratsamt findet ihre Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 TierSchG. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde die sichergestellten Tiere veräußern, wenn nach Fristsetzung eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung der Tiere durch den Halter nicht sichergestellt ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Wegen des sofort vollziehbaren Haltungsverbotes aus dem streitgegenständlichen Bescheid bedurfte es keiner gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 TierSchG für die Veräußerung erforderlichen Setzung einer Frist, in der dem Halter der anderweitig untergebrachten Tiere die Gelegenheit eingeräumt wird, eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung sicherzustellen (vgl. Hirt, Maisack, Moritz/Felde, TierSchG, 4. Auflage 2023, § 16a Rn. 33). Im Übrigen ist das Gericht der Auffassung, dass es unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles (insbesondere des Fehlverhaltens des Antragstellers und seiner mangelnden Sachkunde) vorliegend ausgeschlossen erscheint, dass der Antragsteller die nötigen Haltungsbedingungen zeitnah wird sicherstellen können (vgl. zur Entbehrlichkeit einer Fristsetzung in einem solchen Fall Hirt, Maisack, Moritz/Felde, TierSchG, 4. Auflage 2023, § 16a Rn. 33). Weitere Voraussetzung für die Veräußerung ist, dass die Fortnahme, soweit sie nicht bereits bestandskräftig verfügt ist, rechtmäßig erfolgt ist. Ein Fehler der Fortnahme setzt sich grundsätzlich in der Veräußerung fort und kann jedenfalls so lange geltend gemacht werden, wie eine erlassene Fortnahmeanordnung nicht bestandskräftig ist (vgl. BVerwG, U.v.12.1.2012 – 7 C 5/11, NVwZ 2012, 1184). Die mit Bescheid des Landratsamts vom 16. Dezember 2024 angeordnete Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung der Katzen und der Kaninchen des Antragstellers war rechtmäßig. Auf den Beschluss der Kammer vom 14. Februar 2025 im Verfahren W 9 S 25.26 wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Die getroffene Maßnahme ist auch ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Es ist insbesondere kein geeignetes milderes Mittel ersichtlich, als die streitgegenständlichen Tiere zu veräußern. Der vom Antragsgegner gewährte Vorrang des in Art. 20a GG verfassungsrechtlich verbürgten und in § 1 TierSchG sowie den übrigen Regelungen des TierSchG einfachgesetzlich niedergelegten öffentlichen Interesses des Tierschutzes ist gegenüber den privaten Interessen des Antragstellers nicht als unverhältnismäßig gewichtet anzusehen. Im Übrigen hätten neben der vom Landratsamt berücksichtigten Gewährleistung eines effektiven Tierschutzes auch weitere gewichtige Gründe zur Begründung des öffentlichen Interesses in die Abwägung eingestellt werden können, wie die inzwischen durch die pflegliche Unterbringung des Tierbestands beim Antragsgegner aufgelaufenen Kosten und die Schaffung freier Kapazitäten in den betroffenen Tierheimen. Der gegebenenfalls vorliegende Eingriff in das Eigentumsrecht des Antragstellers aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG wird vom Landratsamt zu Recht als gerechtfertigt angesehen.
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Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids findet ihre Stütze ebenfalls in § 16a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TierSchG. Diese Rechtsgrundlage deckt sowohl die generelle Untersagung des Haltens und Betreuens von Tieren als auch die Verpflichtung zur Abgabe der vom Antragsteller konkret (noch) gehaltenen Tiere, hier der Schafe. Denn die Behörde kann bei Erlass eines Tierhaltungsverbots einen weiteren Grundverwaltungsakt mit dem Ziel der Auflösung des Tierbestands erlassen (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2008 – 9 CS 07.3231 – juris), wenn sonst der Tierhalter gegen das Tierhaltungsverbot verstößt. Die zusätzliche Anordnung, wonach der Antragsteller den Verbleib der Tiere nachzuweisen, vor Abgabe der Tiere die schriftliche Zustimmung des Veterinäramts des Landratsamts einzuholen und hierfür die Person, an die ein Tier abgegeben werden soll, spätestens drei Tage vor der Abgabe zu benennen hat, beruht auf § 16a TierSchG i.V.m. § 16 Abs. 2 TierSchG. Die Anordnung ist akzessorisch zu dem Haltungs- und Betreuungsverbot und der damit verbundenen Abgabepflicht und soll sicherstellen, dass die Tiere tatsächlich abgegeben wurden und nach ihrer Abgabe tierschutzgemäße Zustände vorfinden. Auch die neuen Halter müssen die Vorschriften des Tierschutzgesetzes einhalten. Außerdem soll auch der etwaigen Gefahr von Scheinabgaben an Verwandte, Freunde etc. vorgebeugt werden (vgl. VG Mainz, B.v. 11.9.2019 – 1 L 636/19.MZ – BeckRS 2019, 37538 Rn. 60 f. m.w.N.).
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Die Anordnung in Ziffer 3 des Bescheids ist auch ermessensgerecht und verhältnismäßig. Gegenüber der Anordnung, dass der Halter die Veräußerung durch die Behörde dulden muss, stellt sich die Anordnung, dass er selbst das Tier/die Tiere veräußern und einen Nachweis über ihren Verbleib führen muss, als ein milderes Mittel dar, weil der Halter so die Möglichkeit hat, seine Geschäftskenntnisse und Verbindungen zu nutzen, um einen höheren Erlös zu erzielen (vgl. Hirt/Maisack/Moritz/Felde, TierSchG, 4. Aufl. 2023, § 16a Rn. 33a). Die in Ziffer 5 des Bescheids enthaltene Fristsetzung von drei Wochen nach Bekanntgabe des Bescheids zur Auflösung des Tierbestands ist im vorliegenden Fall, in welchem sich der Eilantrag auf Ziffern 1 bis 3 des streitgegenständlichen Schreibens/Bescheids beschränkt, nicht ausdrücklich angegriffen, davon abgesehen aber auch angemessen.
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Abgesehen davon spricht auch eine reine Interessenabwägung für die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs. Denn die sofortige Vollziehung der im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahmen ist zur Vermeidung künftiger weiterer Verstöße gegen § 2 TierSchG erforderlich. Nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles ist es nicht verantwortbar, dass durch den Antragsteller Tiere bis zur eventuellen Bestandskraft des Bescheids gehalten bzw. betreut werden. Im Rahmen der zu treffenden Güterabwägung ist der nicht zu verkennende Nachteil, den die getroffenen Anordnungen dem Antragsteller auferlegen, nicht schwerer zu gewichten als das entgegenstehende öffentliche Interesse. Dem Grundrecht des Antragstellers aus Art. 2 GG steht das Tierwohl, das ebenfalls durch das Grundgesetz geschützt ist (Art. 20a GG), entgegen. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Tierhaltungs- und Betreuungsverbots sowie der Auflösung des Schafbestands überwiegt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, weil es darum geht, Tiere vor Schmerzen oder vermeidbaren Leiden und Schäden infolge einer Haltung und Betreuung durch den Antragsteller zu bewahren. Wie die Einlassung des Antragstellers zeigt, würde bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache eine erneute Tierhaltung durch den Antragsteller drohen und dieser sein bisheriges tierschutzwidriges Verhalten aller Voraussicht nach fortsetzen und die berechtigten Belange der Allgemeinheit zusätzlich gefährden. In Obhut von Menschen gehaltene Tiere sind aber auf deren ausreichende Pflege, Versorgung und Schutz angewiesen (vgl. OVG LSA, B.v. 27.10.2017 – 3 M 240/17 – juris). Im Rahmen der zu treffenden Güterabwägung ist hinsichtlich der im Bescheid verfügten Veräußerung der fortgenommenen Tiere des Antragstellers der nicht zu verkennende Nachteil, den die getroffene Anordnung dem Antragsteller – auch unter Vorwegnahme der Hauptsache – auferlegt, nicht schwerer zu gewichten als das entgegenstehende öffentliche Interesse. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage. Die Sicherstellung einer den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechenden Tierhaltung durch den Antragsteller ist nicht zu erwarten. Durch die anderweitige pflegliche Unterbringung der Tiere durch das Landratsamt sind Unterbringungs- und Pflegekosten entstanden, die einen zu erwartenden Verkaufserlös bei Weitem übersteigen. Nicht zuletzt liegt es im Interesse des Wohls die Tiere, die nun seit mehreren Monaten in Tierheimen untergebracht sind, möglichst bald dauerhaft an geeignete Interessenten vermittelt zu werden.
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Nach alledem war der Antrag insgesamt abzulehnen, ohne dass es noch auf das sonstige etwa unerörtert gebliebene Vorbringen ankommt.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs. 1 und Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Nach Nr. 35.2 des Streitwertkatalogs ist bei Anordnungen gegen den Tierhalter vom Auffangwert von 5.000,00 EUR auszugehen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Anordnungen für den Antragsteller einer Gewerbeuntersagung gleichkommen, liegen nicht vor. Nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs war der volle Streitwert von 5.000,00 EUR im Sofortverfahren zu halbieren, so dass letztlich 2.500,00 EUR festzusetzen waren.