Titel:
Versagung einer Außenstart- und -landeerlaubnis für Flugzeuge
Normenketten:
LuftVG § 1 Abs. 1, § 6 Abs. 2 S. 3, § 25 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1 S. 1
LuftVO § 18 Abs. 1 S. 1
LuftBO § 24 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
Anhang SERA.2010 lit. a VO (EU) 923/2012
GG Art. 12 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine Außenstart- und -landeerlaubnis nach § 25 Abs. 1 S. 1 LuftVG kann nur dann erteilt werden kann, wenn zum einen besondere Gründe für ihre Erteilung dargetan wurden und auch vorliegen und zum anderen im Rahmen der anzustellenden Ermessensbetätigung die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie die öffentliche Sicherheit durch die Luftfahrt mit Blick auf die an der zulässigen Höchstabflugmasse zu messende Eignung des eingesetzten Luftfahrzeugs damit vereinbar ist. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine solche betriebsbedingte Gefahr besteht unter anderem dann, wenn die Start- und Landebahn nicht die dem einzusetzenden Luftfahrzeugtyp entsprechende erforderliche Länge und Beschaffenheit ausweist. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ebenso wenig, wie unter dem Gesichtspunkt der Benutzungsfreiheit des Luftraums (§ 1 Abs. 1 LuftVG) die Schaffung oder das Vorhalten einer bestimmten bodenseitigen Luftverkehrsinfrastruktur verlangt werden kann, besteht ein Anspruch auf Benutzung von Flugplätzen über die Genehmigungsgrenzen hinaus. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage, Wiederholungsgefahr (bejaht), Unechte Außenstart- und -landeerlaubnis auf Sonderlandeplatz, Abwehr betriebsbedingter Gefahren, Ermessensentscheidung der Luftfahrtbehörde, Außenstarterlaubnis, Außenlandeerlaubnis, Versagung, Fluglehrer, Genehmigung, Ermessensentscheidung, besondere Gründe, Gefahrenabwehr, Gefahrenprognose, Sicherheit und Ordnung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 04.06.2025 – 8 ZB 25.423
Fundstelle:
BeckRS 2025, 4043
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger, nach seinen Angaben Verkehrsluftfahrzeugführer, Fluglehrer und vom Luftfahrt-Bundesamt anerkannter Prüfer für Luftfahrpersonal, begehrt die Rechtswidrigkeitsfeststellung der Versagung einer Erlaubnis für eine (sog. unechte) Außenstart und -landung an dem von dem Beigeladenen betriebenen Sonderlandeplatz O. (EDNX) mit dem Flugzeug vom Typ Pilatus PC-12, Eintragungszeichen D-FWPW. Dieses Flugzeug hat eine zulässige Höchstabflugmasse (MTOM – Maximum Take-Off Mass) von 4.740 kg und ist für den Betrieb am Sonderlandeplatz O. , der auf der Grundlage der Genehmigung nach § 6 LuftVG vom 16. Februar 1998, aktuell i.d.F. der Änderungsgenehmigung vom 8. August 2023 (im Folgenden: Flugplatzgenehmigung), erfolgt, als dort nicht beheimatetes Luftfahrzeug nicht zugelassen. Für solche sieht die Flugplatzgenehmigung (vgl. Nr. II.4 Satz 2 lit. c des verfügenden Teils) ein MPW (Maximum Permissible/Permitted Weight) von 2.000 kg vor. Für den Sonderlandeplatz O. besteht keine Betriebspflicht. Der gesamte Flugbetrieb bedarf der vorherigen Genehmigung (PPR – Prior Permission Required) durch den Platzhalter, wobei für Flugbewegungen u.a. nach Nr. II.4 Satz 2 lit. c des verfügenden Teils der Flugplatzgenehmigung das PPR in jedem Einzelfall ausdrücklich zu erteilen ist (vgl. Nr. II.4 Satz 3 bis 5 des verfügenden Teils).
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Den Antrag vom 10./14. Mai 2024, zuletzt gerichtet auf Erteilung einer Außenstart- und -landeerlaubnis für den 18. Mai 2024, 10.00 Uhr MESZ, hat der Beklagte zunächst per E-Mail vom 14. Mai 2024 und sodann mit Bescheid vom 3. Juni 2024 abgelehnt. Er ist der Auffassung, dass eine Außenstart- und -landeerlaubnis am Sonderlandeplatz O. nur dann erteilt werden dürfe, wenn das Luftfahrzeug auch mit der zulässigen Höchstabflugmasse innerhalb der verfügbaren Bahnlänge betrieben werden könne.
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Der Kläger hat am 2. Juli 2024 durch seine Bevollmächtigten Klage erhoben. Er beantragt sinngemäß,
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festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2024 rechtswidrig ist.
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Er vertritt in den Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten vom 2. Juli 2024 und 26. September 2024 die Auffassung, dass sich eine Versagung der Erlaubnis, die auf eine Nutzung des Luftfahrzeugs unter maximalen Bedingungen abstelle, über seine Verantwortlichkeit als Luftfahrzeugführer hinwegsetze und ihm damit die Möglichkeit nehme, das Flugzeug in einem zulässigen und sicheren Rahmen eigenverantwortlich zu betreiben. Die Versagung der Erlaubnis sei ermessensdefizitär, stelle insbesondere eine Verletzung von Art. 12 GG dar und erweise sich als unverhältnismäßig.
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Mit Schreiben vom 29. August 2024 und 22. Oktober 2024 tritt er der Klage entgegen und verteidigt den streitbefangenen Bescheid unter Vertiefung des bisherigen Vorbringens.
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Mit Beschlüssen vom 17. Januar 2025 wurde der Platzhalter zum Verfahren beigeladen und der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Sein infolge Zeitablaufs bereits vorprozessual i.S.d. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigtes Begehren, zuletzt mit Antrag vom 14. Mai 2024 gerichtet auf Erteilung einer (sog. unechten) Außenstart- und -landeerlaubnis (§ 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 LuftVO; zur Begrifflichkeit Dölp in: Reidt/Wysk, LuftVG, Stand. 23. EL Mai 2024, § 25 Rn. 1) am Sonderlandeplatz O. für den 18. Mai 2024, 10:00 MESZ, mit dem Flugzeug Pilatus PC-12, Eintragungszeichen D-FWPW, durch den Beklagten, kann der Kläger in statthafter Weise in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO mit der Fortsetzungsfeststellungsklage geltend machen. Insbesondere kommt ihm dabei ein berechtigtes Interesse an der beantragten Rechtswidrigkeitsfeststellung unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zu, weil die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass weitere Anträge des Klägers auf Zulassung von Außenstarts und -landungen mit einer Pilatus PC-12 am Sonderlandeplatz O. unter unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen in gleicher Weise vom Beklagten abgelehnt werden.
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Die Klage ist jedoch unbegründet.
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Der die beantragte Außenstart- und -landeerlaubnis versagende Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2024 war rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Erteilung dieser Erlaubnis, §§ 113 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 5, 114 VwGO.
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Rechtsgrundlage für die Beurteilung des klägerischen Begehrens ist § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG (i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 LuftVO). Danach dürfen Luftfahrzeuge, wie hier das verfahrensgegenständliche Flugzeug vom Typ Pilatus PC-12 (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LuftVG), außerhalb der für sie genehmigten Flugplätze nur starten und landen, wenn hierzu u.a. die zuständige Luftfahrtbehörde eine Erlaubnis erteilt hat. Die Erteilung einer solchen (unechten) Außenstart- und -landeerlaubnis stellt eine Ermessensentscheidung dar und ermöglicht eine Ausnahme vom Grundsatz des Flugplatzzwangs, wie er sich vorliegend aus den Bestimmungen zum Betrieb des Sonderlandeplatz O. durch die Beigeladene in der Genehmigung des Beklagten nach § 6 LuftVG vom 16. Februar 1998, zuletzt i.d.F. der Änderungsgenehmigung vom 8. August 2023, ergibt. Aus §§ 6, 25 LuftVG folgt ein repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, das der Sicherheit und Ordnung des Luftverkehrs, insbesondere der Besatzung, der Passagiere und potentiell betroffener Dritter, dient. Dies erschließt sich aus einer Zusammenschau von § 25 LuftVG mit § 6 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG. Damit stellt § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG eine Vorschrift zur Abwehr betriebsbedingter Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch den Luftverkehr bei Außenstarts und -landungen dar. Der normativen Wertung der §§ 6, 25 LuftVG ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei Außenstarts und -landungen allgemein von erhöhten Gefahren für die Betriebssicherheit des Luftverkehrs ausgeht und solche daher nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen behördlich zugelassen werden dürfen (vgl. rechtsgrundsätzlich BVerwG, U.v. 20.10.1993 – 11 C 43/92 – juris Rn. 9 f.; VGH BW, U.v. 5.4.2006 – 8 S 1976/05 – juris Rn. 16; Dölp in: Reidt/Wysk, LuftVG, Stand 23. EL Mai 2024, § 25 Rn. 19 f.; Baumann, ZLW 2002, 330, 342 ff.; Zuck, NZV 1991, 218, 221).
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Damit korrespondiert vorliegend die hier maßgebliche Regelung in Nr. II.4 Satz 2 lit. c, Satz 3 bis 5 des verfügenden Teils der Flugplatzgenehmigung. Danach dient der Sonderlandeplatz O. , für den keine Betriebspflicht besteht, nur bei Vorliegen besonderer Gründe auch den An- und Abflügen von Luftfahrzeugen bis 2.000 kg MPW, wenn diese nicht in Oberschleißheim beheimatet sind. Dabei ist das PPR zudem in jedem Einzelfall durch den Beigeladenen ausdrücklich zu erteilen.
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Dass der in der Flugplatzgenehmigung verwendete Begriff „MPW“ dabei im Sinne der zulässigen Höchstabflugmasse zu verstehen ist, erschließt sich, entgehen der klägerischen Auffassung, ohne weiteres bereits aus der Historie und Begründung der Flugplatzgenehmigung vom 16. Februar 1998. Gegenstand des Genehmigungsantrages des Rechtsvorgängers des Beigeladenen (vgl. zur Übertragung der Platzhalterschaft Bescheid vom 13.9.2002) waren ausdrücklich Flugzeuge mit einer maximalen Abflugmasse bis 2.000 kg, vgl. dort S. 9. Auch die Erfassung und Abwägung der lärmphysikalischen Belange und damit die Bewältigung des Fluglärmschutzes in der Flugplatzgenehmigung fußen explizit auf diesem Verständnis, vgl. dort S. 28. Zudem ergibt sich aus den Änderungsgenehmigungen vom 2. Februar 2007 und 7. August 2015 eindeutig, dass die Betriebsbeschränkungen der Flugplatzgenehmigung allein auf die zulässige Höchstabflugmasse (dort unter Verwendung des hierzu technisch präziseren Begriffs MTOM) abstellen. Dass durch diese Änderungsgenehmigungen eine entsprechende begriffliche Präzisierung (MTOM statt MPW) allein in Nr. II.5 lit. a des verfügenden Teils der Flugplatzgenehmigung erfolgt ist, stellt hinsichtlich der unverändert gebliebenen Formulierung in Nr. II.4 Satz 2 lit. b und c lediglich ein redaktionelles Defizit, indes aber kein inhaltliches dar. Dieses Verständnis entspricht im Übrigen auch der Systematik und Terminologie der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung, die bei der Gewichtserfassung von Luftfahrzeugen ausschließlich auf die – dort als solche bezeichnete – höchstzulässige Startmasse abstellt (vgl. Nr. II.2 der Anlage 1 zur LuftVZO).
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Daraus folgt, dass eine Erlaubnis nach § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG als Ausnahme zu Nr. II.4 Satz 2 lit. c des verfügenden Teils der Flugplatzgenehmigung nur dann erteilt werden kann, wenn zum einen besondere Gründe für ihre Erteilung vom Antragsteller dargetan wurden und auch vorliegen (1.) und zum anderen im Rahmen der anzustellenden Ermessensbetätigung die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie die öffentliche Sicherheit durch die Luftfahrt mit Blick auf die an der zulässigen Höchstabflugmasse zu messende Eignung des eingesetzten Luftfahrzeugs damit vereinbar ist (2.). An beidem fehlt es vorliegend.
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1. Zutreffend weist der Beklagte sinngemäß darauf hin, dass Flugbetrieb, der über den der am Standort beheimateten Luftsportvereine i.S.d. Nr. II.4 Satz 2 lit. a des verfügenden Teils der Flugplatzgenehmigung hinausgeht, bereits nach deren Nr. II.4 Satz 2 lit. b, c und d mit Blick auf die besondere Zweckbestimmung des Sonderlandeplatzes O. eine qualitativ wie quantitativ (vgl. insbesondere das hierbei einschlägige Kontingent von 1.000 jährlichen Flugbewegungen gem. Nr. II.5 lit. d der Flugplatzgenehmigung i.d.F. des Änderungsbescheids vom 7.9.2000) untergeordnete Ausnahme bleiben soll. Diesem restriktiven Verständnis und der Systematik der Flugplatzgenehmigung entspricht es, wenn der Beklagte – erst recht – auch für die Erteilung einer Außenstart- und -landeerlaubnis bei solchen Fremdflugzeugen, die, wie hier die vom Kläger einzusetzende Pilatus PC-12, die zulässige Höchstabflugmasse i.S.d. Nr. II 4 Satz 2 lit. c des verfügenden Teils überschreiten, das Vorliegen besonderer Gründe ebenfalls im Vollzug von § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG für erforderlich erachtet (vgl. ausdrücklich Klageerwiderung vom 22.10.2024, S. 2). Nachvollziehbar verweist der Beklagte dazu insbesondere auch auf die alternative Nutzbarkeit vor allem der Verkehrslandeplätze Augsburg und Landshut, deren Tonnagebegrenzungen den Betrieb einer Pilatus PC-12 allgemein zugelassen. Bereits allein aus diesem Grund kam eine Erteilung der beantragten Erlaubnis nicht in Betracht.
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Nachdem der Kläger gegenüber dem Beklagten schon keine substantiierten Angaben zu den (Hinter-) Gründen seines Antrags auf Erteilung der Außenstart- und -landeerlaubnis im Sinne einer Erforderlichkeit gerade der Inanspruchnahme des Sonderlandeplatzes O. gemacht hat, bedarf es vorliegend keiner weiteren Aufklärung und Entscheidung dazu, wann und unter welchen Umständen besondere Gründe i.S.d. Nr. II.4 Satz 2 lit. c des verfügenden Teils der Flugplatzgenehmigung – und sodann auch im daran anknüpfenden Vollzug von § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG an diesem Flugplatz – tatsächlich anzunehmen wären. Ohne dass es hier folglich noch darauf ankäme, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass wirtschaftliche Gründe hierfür zur Überzeugung des Gerichts mit Blick auf Zweckbestimmung und Charakter des Sonderlandeplatzes O. allein nicht ausreichen können. Unerheblich ist schließlich auch, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang vom Beklagten in der Vergangenheit Außenstart- und -landeerlaubnisse ohne (ausreichende) Prüfung des Vorliegens besonderer Gründe erteilt worden sind. Denn es besteht für das (erledigte) Verpflichtungsbegehren des Klägers kein Anspruch auf eine etwaige behördliche Fehlerwiederholung oder Gleichheit im Unrecht.
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2. Unabhängig davon durfte der Beklagte die Erlaubnis nach § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG unter pflichtgemäßer Ermessensbetätigung auch und gerade deshalb versagen, weil hierfür aus Gründen der Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie die öffentliche Sicherheit durch die Luftfahrt ausreichender Anlass bestanden hat. Die gegenteilige Auffassung des Klägers verfängt nicht.
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Die vom Kläger beabsichtigte Nutzung einer Pilatus PC-12 würde bei Ansatz ihrer höchstzulässigen Startmasse von 4.740 kg wegen der daraus resultierenden erheblichen Überschreitung der am Sonderlandeplatz O. verfügbaren Startbahnlänge zu einer betriebsbedingten Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit durch die Luftfahrt führen. Dieser Gefahr durfte der Beklagte bei pflichtgemäßer Ermessensbetätigung durch die Versagung der beantragten Außenstart- und -landeerlaubnis begegnen.
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Eine solche betriebsbedingte Gefahr besteht u.a. dann, wenn die Start- und Landebahn nicht die dem einzusetzenden Luftfahrzeugtyp entsprechende erforderliche Länge und Beschaffenheit ausweist (vgl. z.B. Zuck, NZV 1991, 218, 221). Mit der Systematik der Betriebsgenehmigung für den Sonderlandeplatz O. durfte der Beklagte objektiv-typisierend auf die dortige Begrenzung in Gestalt der Festlegung einer absolut-abstrakt – und somit gerade nicht relativ-konkret i.S.d. klägerischen Vortrags – zu bestimmenden zulässigen Höchstabflugmasse abstellen. Dies deshalb, weil die Betriebsgenehmigung – wie vorstehend bereits ausgeführt – eine solche abstrakt-objektive Gewichtsbegrenzung aus gutem Grund gerade auch zur Sicherstellung der Eignung des Flugplatzgeländes und damit zur Gewährleistung einer sicheren Abwicklung des Flugbetriebs vorsieht. Dabei entspricht die Heranziehung der zulässigen Höchstabflugmasse als maßgeblicher Parameter im Übrigen auch dem von der ICAO vorgesehenen Verfahren zur Ermittlung von Bahnlängen. Nach Band I Nr. 3.1.7 des ICAO-Anhangs 14 i.V.m. Nr. 3.2.1 bis 3.2.4 des ICAO-Dokuments Nr. 9157 (Aerodrome Design Manual – ADM, Teil 1), Nr. 1.3 des Anhangs 3 zum ADM und der dort wiederum in Bezug genommenen Nr. 102 b Abs. 2 des AC 150/5325-4B der Federal Aviation Administration (FAA) ist zur Bestimmung der notwendigen Länge einer Start- und Landebahn grundsätzlich auf die zulässige Höchstabflugmasse des Referenzluftfahrzeugs abzustellen. Diese internationalen Bestimmungen in den Regelwerken der ICAO sind als fachliche Expertenaussagen bzw. als antizipierte Sachverständigengutachten zu werten und haben als solche im Rahmen des nationalen Luftrechtsvollzugs maßgebliche rechtliche (Indiz-) Wirkung (vgl. dazu z.B. Eckart in: Reidt/Wysk, LuftVG, Stand 23. EL Mai 2024, § 29 Rn. 53). Neben dieser unmittelbar der Wahrung der Betriebssicherheit geschuldeten Funktion der in der Flugplatzgenehmigung verfügten abstrakt-absoluten Gewichtsgrenze dient diese als fester Wert im behördlichen Vollzug zudem mittelbar auch – wie der vorliegende Fall beispielhaft zeigt – der Wahrung größtmöglicher Rechtssicherheit und Rechtsanwendungsgleichheit (vgl. dazu Baumann, ZLW 2002, 330, 336).
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Dies zugrunde gelegt, durfte der Beklagte, gerade auch mit Blick auf die hier ganz erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstabflugmasse i.S.d. Nr. II.4 Satz 2 lit. c des verfügenden Teils der Flugplatzgenehmigung um mehr als das Doppelte durch das vom Kläger einzusetzende Flugzeug, im Interesse der Abwehr flugbetriebsbedingter Gefahren einen möglichst hohen Sicherheitsstandard verlangen und dazu auf die zulässige Höchstabflugmasse als maßgeblichen, objektivierten und absolut-abstrakten Parameter rekurrieren.
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Bei einer – vom Beklagten rechnerisch wie methodisch unbestritten zutreffend bei Standardbedingungen errechneten – Startstrecke von ca. 860 m und einer am Flugplatz verfügbaren Bahnlänge von lediglich 808 m kann ein sicherer Außenstart dort nicht ausreichend verlässlich gewährleistet werden. Im Falle seiner Zulassung hätte eine betriebsbedingte konkrete Gefahr bestanden, deren Abwehr aus der notwendig anzustellenden ex-ante Perspektive des Beklagten hinreichenden Anlass gab, die beantragte Erlaubnis zu versagen.
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Eine betriebsbedingte konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass bei ungehinderten Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit durch die Benutzung eines Luftfahrzeugs ein Schaden an rechtlich geschützten Gütern – Leben, Gesundheit oder andere Rechtsgüter – eintreten wird. Der Gefahrenbegriff im Luftverkehr erfordert dabei regelmäßig, wie auch hier, mit Blick auf die Höchstwertigkeit gerade der potentiell insbesondere betroffenen Rechtsgüter Leben und Gesundheit und die Folgenschwere der dabei drohenden Schäden eine nur sehr geringe Eintrittswahrscheinlichkeit. Mithin dürfen in Bezug auf die Gefahrenabwehr im Luftverkehr keine übersteigerten Anforderungen an die Eintrittswahrscheinlichkeit gestellt werden. Ziel ist der bestmögliche Schutz vor betriebsbedingten Gefahren. Ausreichend ist, dass ein Flugunfall nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, wenn nicht ein möglichst hoher Sicherheitsstandard des Flugbetriebs gewährleistet wird (vgl. BVerwG, U.v. 20.10.1993 – 11 C 43/92 – juris Rn. 10; B.v. 14.9.2017 – 3 C 4/16 – juris Rn. 19 f.; Eckart in: Reidt/Wysk, LuftVG, Stand 23. EL Mai 2024, § 29 Rn. 51 und 54; Baumann ZLW 2002, 331, 339).
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Der Kläger verschiebt in rechtlich nicht zulässiger Weise den Blickwinkel auf den Prüfungsgegenstand und -maßstab, wenn er maßgeblich darauf abhebt, dass sich eine Versagung der Erlaubnis, die auf eine Nutzung des Luftfahrzeugs unter maximalen Bedingungen abstellt, über seine Verantwortlichkeit als Luftfahrzeugführer hinwegsetze und ihm damit die Möglichkeit nehme, das Flugzeug in einem zulässigen und sicheren Rahmen eigenverantwortlich zu betreiben. Mit dem damit sinngemäß angebrachten Hinweis auf die Verantwortlichkeit des Luftfahrzeugführers (Anhang SERA.2010 lit. a der Durchführungsverordnung (EU) 923/2012) für die Wahrung eines ordnungsgemäßen Flugbetriebs hebt der Kläger nicht auf die mit Blick auf §§ 6, 25 LuftVG hier maßgeblich flugplatzanlagenbezogen anzustellende Betrachtungsweise, sondern vielmehr auf eine luftfahrzeugbetriebsbezogene Perspektive ab. Ein solcher Perspektivwechsel verändert indes den Bezugspunkt der Gefahrenprognose in unzulässiger Weise. Es ist eine notwendige, indes aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Wahrung der Sicherheit beim Betrieb eines Luftfahrzeugs auf einem Flugplatz, dass der verantwortliche Luftfahrzeugführer prüft, ob die Startmasse begrenzt werden muss und dabei die Leistung des Luftfahrzeugs beeinflussende Faktoren, insbesondere Masse des Luftfahrzeugs, Luftdruck, Temperatur, Wind sowie Höhe, Beschaffenheit und Zustand der Start- und Landebahn berücksichtigt. Er genügt damit seiner luftfahrzeugbetriebsbezogenen Verpflichtung aus § 24 Abs. 2 LuftBO, vermag aber gerade noch nicht hinreichend die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme vom allein anlagenbezogenen Gebot der Einhaltung der Grenzen der Flugplatzbetriebsgenehmigung nach §§ 6 Abs. 2 Satz 3, 25 Abs. 1 LuftVG zu gewährleisten. Nachvollziehbar weist der Beklagte dazu darauf hin, dass er der Wahrung der Belange der Betriebssicherheit und dem Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren durch die Luftfahrt oberste Priorität eingeräumt und diese vorliegend nur als sichergestellt erachtet, wenn der Berechnung der erforderlichen Startstrecke abstrakt-typisierend die zulässige Höchstabflugmasse des eingesetzten Luftfahrzeugs zugrunde gelegt wird. Dabei durfte der Beklagte auch berücksichtigen, dass ein Abstellen auf das vom Kläger als relevanten Maßstab postulierte tatsächliche Abfluggewicht (TOW – Takeoff Weight; vgl. ausdrücklich S. 2 des Erlaubnisantrags vom 14.5.2024) des Luftfahrzeugs im konkreten Einzelfall ohne eine dazu notwendige behördliche Vor-Ort-Kontrolle für die Gewährleistung einer effektiven Gefahrenabwehr nicht ausreichend belastbar wäre, entsprechende personelle Kapazitäten des Beklagten aber unverhältnismäßig stark binden würde. Auch diese Erwägung liegt im Rahmen des dem Beklagten eröffneten weiten Ermessensspielraums zur Gewährleistung eines möglichst hohen Sicherheitsstandards im Luftverkehr im Allgemeinen und hier im Besonderen beim Betrieb von Flugplätzen. Vor diesem Hintergrund scheidet beispielsweise auch eine Auflage (oder auch eine sonstige [Neben-] Bestimmung) zur Begrenzung des tatsächlichen Abfluggewichts in einer Außenstart- und -landeerlaubnis jedenfalls hier als taugliches Mittel der Gefahrenabwehr aus.
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Auch die gerügte Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG liegt schließlich nicht vor.
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Das wirtschaftliche Interesse an der Nutzung des Sonderlandeplatzes O. durch den Kläger und seine Berufsausübungsfreiheit sind vorliegend allein in den Grenzen der Flugplatzgenehmigung überhaupt schutzwürdig. Ebenso wenig, wie unter dem Gesichtspunkt der Benutzungsfreiheit des Luftraums (§ 1 Abs. 1 LuftVG) die Schaffung oder das Vorhalten einer bestimmten bodenseitigen Luftverkehrsinfrastruktur verlangt werden kann, besteht ein Anspruch auf Benutzung von Flugplätzen über die Genehmigungsgrenzen hinaus. Vielmehr rechtfertigen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, hier die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit durch die Luftfahrt, eine entsprechende Beschränkung (vgl. VGH BW, U.v. 5.4.2006 – 8 S 1976/05 – juris Rn. 20). Auch und gerade damit geht im Übrigen eine (weitere) systematische Begründung des weiten behördlichen Ermessensrahmens bei der ausnahmsweisen Erteilung von Erlaubnissen nach § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG einher (Baumann, ZLW 2002, 330, 337).
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 und 3 VwGO abzuweisen. Der Beigeladenen trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, § 162 Abs. 3 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.