Inhalt

LG München I, Endurteil v. 15.01.2025 – 1 S 6774/24 WEG
Titel:

Einräumung eines Sondernutzungsrechts, Eigentümerversammlung, Eigentümergemeinschaft, Änderung der Teilungserklärung, Wohnungseigentümergemeinschaft, Einzelner Wohnungseigentümer, Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, Übrige Wohnungseigentümer, Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, Wohnungseigentümerversammlung, Änderung der Gemeinschaftsordnung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Sondereigentum, Grundbucheintragung, Beschränkte persönliche Dienstbarkeit, Veräußerung von Wohnungseigentum, Wohnungseigentumsgesetz, Wohnungseigentumsrecht, Beschlusskompetenz, Grundbuchamt

Schlagworte:
Anfechtungsklage, Wohnungseigentümergemeinschaft, Beschlusskompetenz, Kostenverteilungsschlüssel, Teilungserklärung, Grundbucheintragung, Vollmachterteilung
Vorinstanz:
AG Rosenheim, Endurteil vom 17.05.2024 – 13 C 1645/23 WEG
Fundstelle:
BeckRS 2025, 3609

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 17.05.2024, Az. 13 C 1645/23 WEG, abgeändert:
Der Beschluss unter TOP 3 a der Eigentümerversammlung am 25.10.2023 „Die Eigentümergemeinschaft beschließt, den Verteilerschlüssel der Verwaltergebühr von bisher Umlage nach Miteigentumsanteilen auf dann nach Anzahl der Einheiten zu ändern.“ wird für nichtig erklärt.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H. von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H. von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Klägerin, teilende Eigentümerin und Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft begehrt mit ihrer Anfechtungsklage die Überprüfung der Gültigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 25.10.2023, mit welchen der Kostenverteilungsschlüssel für die Verwaltergebühr geändert wurde.
2
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird nach § 540 Absatz 1 S. 1 Nr. 1 ZPO zunächst auf den Tatbestand im Endurteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 17.05.2024 Bezug genommen.
3
Die teilende Eigentümerin war in der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung zu deren Änderung und Ergänzung wie folgt ermächtigt worden:
„10 Änderung der Teilungserklärung
Die teilende Eigentümerin ist ermächtigt, solange sie selbst zur Eigentümergemeinschaft gehört und zumindest als Eigentümerin einer Sondereigentumseinheit im Grundbuch eingetragen ist, längstens jedoch bis zum 31.12.2025, die Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung beliebig zu ändern und zu ergänzen.
Hier ist insbesondere ausdrücklich gestattet (Änderungsvorbehalt):
- Weitere Sondernutzungsrechte zu begründen, bestehende Sondernutzungsrechte und die Kostenverteilungsschlüssel der GO zu ändern, die Befugnisse der Verwaltungsgemeinschaften in der GO zu erweitern oder einzuschränken, sowie durch Änderung der Zweckbestimmung aus Wohnungseigentum Teileigentum, bzw. aus Teileigentum Wohnungseigentum zu bilden. Sie ist ferner befugt, zulasten des Wohnungs- und Teileigentums Dienstbarkeiten (Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Reallasten) zu bestellen oder bestellte Dienstbarkeiten zu ändern,
- Abweichende Aufteilung, Zusammenlegung und Unterteilung von Sondereigentumseinheiten und Sondernutzungsrechten einschließlich dazu zweckdienlicher baulicher Veränderungen. Die Ermächtigung gilt auch für die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum oder umgekehrt, und für die Änderung der Miteigentumsanteile. Einschränkungen dieser Vollmacht werden in die einzelnen Erwerbsverträge aufgenommen. Klargestellt wird: In keinem Fall ist die teilende Eigentümerin befugt, Sondereigentum oder Sondernutzungsrechte baulich zu verändern, die bereits veräußert sind.“
„§ 23 Änderung der Gemeinschaftsordnung, Befugnis zu baulichen Veränderungen
1. Der teilende Eigentümer ist ohne Zustimmung der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer, des Verwalters und der dinglich Berechtigten befugt, die GO zu ändern, solange er noch Wohnungs- oder Teileigentümer zumindest einer Einheit ist. Er darf insbesondere weitere Sondernutzungsrechte begründen, bestehende Sondernutzungsrechte und die Kostenverteilungsschlüssel ändern, die Befugnisse der Verwaltungsgemeinschaften erweitern oder einschränken, sowie durch Änderung der Zweckbestimmung aus Wohnungseigentum Teileigentum, bzw. aus Teileigentum Wohnungseigentum bilden. Er ist ferner befugt, zulasten des Wohnung- und Teileigentums Dienstbarkeiten (Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Reallasten) zu bestellen oder bestellte Dienstbarkeiten zu ändern, solange er noch Wohnungs- oder Teileigentümer zumindest einer Einheit ist, längstens aber bis zum 31.12.2025.
2. Der teilende Eigentümer ist ferner ohne Zustimmung der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer, des Verwalters und der dinglich Berechtigten befugt, Baumaßnahmen zu treffen oder treffen zu lassen, die gegenüber den Aufteilungsplänen bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum sind. Auch diese Befugnis endet, sobald der teilende Eigentümer nicht mehr Miteigentümer ist, spätestens aber zum 31.12.2025.
3. In keinem Fall ist der teilende Eigentümer befugt, Sondereigentum oder Sondernutzungsrechte baulich zu verändern, die bereits veräußert sind.“
4
Mit Nachtrag vom 22.07.2021 war die Teilungserklärung um folgende Bestimmung ergänzt worden:
„9. Die vorstehenden in den Abschnitten (2) bis (8) festgelegten Kostenverteilungsschlüssel sind nur durch einstimmige Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer abänderbar. § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG wird abbedungen und findet keine Anwendung.“
5
Dieser Nachtrag wurde beurkundet und im Grundbuch vollzogen. In allen Bauträgerverträgen befinden sich im Außenverhältnis gegenüber dem Grundbuchamt und dem Notariat entsprechend unbeschränkte Vollmachten aller Erwerber. Die Einschränkungen dieser Vollmacht im Innenverhältnis sind dort ergänzend wiedergegeben. Nach dem Vollzug im Grundbuch kam es zu Veräußerungen von Sondereigentumseinheiten in der Gemeinschaft.
6
In § 3 der Gemeinschaftsordnung ist bestimmt
„Die Häuser 1 bis einschließlich 13 bilden jeweils eine von den anderen Häusern abgegrenzte Wirtschafts- und Verwaltungseinheit (im Folgenden: als Wirtschaftseinheit und/oder Verwaltungseinheit bezeichnet). Eine jede Wirtschafts- und Verwaltungseinheit ist als selbständige Eigentümergemeinschaft zu behandeln, soweit nicht gemeinsame Einrichtungen bestehen.
Insbesondere verwalten die jeweiligen Eigentümer der Verwaltungseinheiten diese allein soweit dies tatsächlich und rechtlich möglich ist und nicht gemeinsame Einrichtungen betroffen sind.“
Davor befindet sich der Zusatz, dass die einzelnen Häuser nur aus Gründen des öffentlichen Rechts nicht real geteilt worden sind und wirtschaftlich selbstständig sind.
7
In der Teilversammlung der Untergemeinschaft … der Beklagten vom 25.10.2023 wurde unter anderem unter TOP 3 a der hier angefochtene Beschluss gefasst:
„Die Eigentümergemeinschaft beschließt, den Verteilerschlüssel der Verwaltergebühr von bisher Umlage nach Miteigentumsanteilen auf dann nach Anzahl der Einheiten zu ändern.“
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Mit Endurteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 17.05.2024 wurde die hiergegen erhobene Anfechtungsklage abgewiesen, das Urteil wurde der Klägerin am 29.05.2024 zugestellt. Gegen diese Entscheidung wendet sie sich mit ihrer am 10.06.2024 eingegangenen Berufung, welche sie mit Schriftsatz vom 17.07.2024, eingegangen am selben Tag, begründete.
9
Die Klägerin beantragte im Berufungsrechtszug
Das Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 17.05.2024, zugestellt am 29.05.2024, wird abgeändert und der Beschluss unter TOP 3 a der Eigentümerversammlung am 25.10.2023 „Die Eigentümergemeinschaft beschließt, den Verteilerschlüssel der Verwaltergebühr von bisher Umlage nach Miteigentumsanteilen auf dann nach Anzahl der Einheiten zu ändern.“ wird für nichtig, hilfsweise für ungültig erklärt.
10
Die Beklagte beantragte
Zurückweisung der Berufung.
11
Die Kammer verhandelte am 11.12.2024 mündlich zur Sache. Auf das Protokoll der Verhandlung wird zur Vervollständigung des Tatbestandes ebenso Bezug genommen wie auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze.
II.
12
Die zulässige Berufung erweist sich als begründet. Die Klage war zulässig als Anfechtungsklage im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 WEG und wurde innerhalb der Frist des § 45 Satz 1 Variante 1 WEG erhoben. Die Klage, und damit auch die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts, erweist sich als begründet, da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keine Beschlusskompetenz zur Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels besaß. Zur kurzen Begründung nach § 540 Absatz 1 S. 1 Nr. 2 ZPO ist hierzu das Folgende auszuführen:
13
1. In Übereinstimmung mit der Entscheidung des Amtsgerichts geht die Kammer zunächst davon aus, dass die Gemeinschaft in zulässiger Weise eine Teilversammlung zur Beschlussfassung abhalten durfte. Die maßgebliche Teilungserklärung räumt den Untergemeinschaften die Beschlusskompetenz und die Befugnis zur Abhaltung von Teilversammlungen ein.
14
Bei Mehrhausanlagen können bei entsprechender Vereinbarung getrennte Versammlungen von Wohnungseigentümern einzelner Häuser oder Gebäudeteile innerhalb der Gesamtanlage durchgeführt werden, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die ausschließlich die Wohnungseigentümer der Untergemeinschaft einer geregelten Mehrhausanlage betreffen. Es sind dann die betroffenen Wohnungseigentümer zu laden und auch nur diese haben das Stimmrecht. Ob auch die übrigen Wohnungseigentümer ein Teilnahme-, Antrags- und Rederecht haben, ist umstritten und durch Auslegung der zugrunde liegenden Vereinbarung zu ermitteln (Bärmann/Merle, 15. Aufl. 2023, WEG § 24 Rn. 61, m.w.N.), kann vorliegend aber dahinstehen.
15
Die Beschlusskompetenz für Untergemeinschaften kann durch Vereinbarung eingeräumt werden. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer nämlich von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Diese Regelung ist Ausdruck der Privatautonomie der Wohnungseigentümer und lässt ihnen und dem teilenden Eigentümer bei der Ordnung des Gemeinschaftsverhältnisses weitgehend freie Hand (BGH, Urteil vom 10. November 2017 – V ZR 184/16 –, Rn. 23, juris). In den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümer würde nur eingegriffen, wenn die Regelung den Untergemeinschaften die Kompetenz einräumte, über Maßnahmen zu entscheiden, die das Grundstück, mehrere – nicht sämtlich zu der Untergemeinschaft gehörende – Gebäude oder gemeinschaftliche Anlagen beträfen (BGH, Urteil vom 10. November 2017 – V ZR 184/16 –, Rn. 25, juris).
16
In den, zwischen den Parteien diskutierten, vom Bundesgerichtshof bereits entschiedenen Fällen, in denen dieser eine Beschlusskompetenz von Untergemeinschaften und Zulässigkeit von Teilversammlungen angenommen hat, war zwar jeweils in der Gemeinschaftsordnung ausdrücklich die Kompetenz zur Ladung zur eigenen Eigentümerversammlungen noch expressis verbis beinhaltet („Sie sind weiter befugt, zu eigenen Eigentümerversammlungen zu laden und Beschlüsse mit Wirkung für die Untergemeinschaft zu fassen“ in BGH, Urteil vom 10. November 2017 – V ZR 184/16 –, Rn. 1; „Die für die Gemeinschaft aller Eigentümer getroffenen Regelungen gelten für sie entsprechend. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Abhaltung von Sondernutzungsgemeinschaftsversammlungen“ in BGH, Urteil vom 12. November 2021 – V ZR 204/20 –, Rn. 3, juris) doch ergibt die vorzunehmende Auslegung von § 3 GO, dass die Gemeinschaft auch hier Teilversammlungen der jeweiligen Wirtschafts- und Verwaltungseinheit mit korrespondierender Beschlusskompetenz abhalten durfte.
17
Die Formulierung „Eine jede Wirtschafts- und Verwaltungseinheit ist als selbständige Eigentümergemeinschaft zu behandeln, soweit nicht gemeinsame Einrichtungen bestehen.“ legt insbesondere unter der vorangestellten Prämisse, dass die Häuser nur aus Gründen des öffentlichen Rechts nicht realgeteilt worden sind, und der Tatsache, dass selbstständige Eigentümergemeinschaften stets eigene Eigentümerversammlungen abhalten dürfen, die Kompetenz zur Abhaltung von Teil- bzw. Unterversammlungen bereits sehr nahe. Nachdem die Regelung aber zudem fortfährt, „[i]nsbesondere verwalten die jeweiligen Eigentümer der Verwaltungseinheiten diese allein soweit dies tatsächlich und rechtlich möglich ist und nicht gemeinsame Einrichtungen betroffen sind“, und die Verwaltung des Eigentums durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 18 Abs. 1 WEG) gerade nach § 23 WEG in der Wohnungseigentümerversammlung erfolgt, ist nach dem Verständnis der Kammer die Möglichkeit zur Abhaltung von Teilversammlungen zwingend, um der nach § 3 GO eingeräumten Kompetenz nachkommen zu können. Eine Alleinverwaltung ist nur dann möglich, wenn die für die Verwaltung erforderliche Versammlung auch allein abgehalten werden kann.
18
Eine Regelung in einer Teilungserklärung, welche bestimmt, dass sich Untergemeinschaften „selbständig nach Maßgabe dieser Teilungserklärung unter ergänzender Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes“ verwalten, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits im Zweifel umfassend gemeint (BGH, Urteil vom 12. November 2021 – V ZR 204/20 –, Rn. 18, juris), woraus der Bundesgerichtshof über die Beschlusskompetenz hinaus auch eine Kostenlast ableitet. Die in der vorliegenden Gemeinschaftsordnung folgende Einschränkung in § 3 GO, wonach die Teilgemeinschaften als selbständiger Eigentümergemeinschaft zu behandeln sind, soweit nicht gemeinsame Einrichtungen betroffen sind, nimmt gerade den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümer entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 10. November 2017 – V ZR 184/16 –, Rn. 25) aus der eingeräumten Kompetenz hinaus und erweist sich auch deshalb als rechtmäßig.
19
Die Regelung § 11 GO nimmt sodann zwar keinen ausdrücklichen Bezug auf Teilversammlungen. Nachdem aber gerade in § 11 Nr. 5 GO zum teilweisen Stimmrecht nur noch von Wirtschaftseinheiten und nicht mehr von Verwaltungseinheiten die Rede ist, bestätigt die Vorschrift die bereits zuvor aus § 3 GO abgeleitete Auslegung, dass auch die Verwaltungseinheit die Trägerin der Eigentümerversammlung sein kann. Andernfalls hätte es nahegelegen, auch diese in § 11 Nr. 5 GO für ein ihr zustehendes Blockstimmrecht zu erwähnen.
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2. Mit dem Nachtrag vom 20.07.2021 wurde aber in zulässiger Weise § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG abbedungen, weswegen der Eigentümergemeinschaft keine Beschlusskompetenz zur Fassung des Beschlusses TOP 3 a der Eigentümerversammlung am 25.10.2023 zustand.
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Die gänzliche Abbedingung der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer ist möglich. Dem einzelnen Wohnungseigentümer steht dann nur noch ein Anspruch auf Änderung des gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels nach § 10 Abs. 2 WEG zu. Gegen Sondernachfolger wirken solche Vereinbarungen, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind (§ 10 Abs. 3 S. 1; Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 16 Rn. 158; BeckOGK/Falkner, 1.4.2024, WEG § 16 Rn. 177).
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Solange die Vereinbarungen nicht im Grundbuch eingetragen sind, sind sie nach §§ 133, 157, 242 BGB auszulegen. Grundbucheintragungen sind dagegen normativ – objektiv auszulegen. Mit Eintragung der Vereinbarung ändert sich die Auslegung, weil sie auch Sonderrechtsnachfolger bindet: Maßgebend sind dann Wortlaut und Sinn der Vereinbarung, wie sie sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutungen der Eintragung ergeben. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind (Elzer, StichwortKommentar Wohnungseigentumsrecht, Vereinbarung Rn. 13, 14).
23
Der Nachtrag vom 20.07.2021 wurde nicht nur im Grundbuch eingetragen, es sind auch unstreitig seit seiner Eintragung Veräußerungen von Wohnungseigentum in der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt. Damit haben aber die Erwerber ihr jeweiliges Wohnungseigentum so erworben, wie es im Grundbuch eingetragen ist, womit die Verdinglichung des Nachtrags eingetreten ist. Da die Wirkung des Ausschlusses des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG ebenso wie auch der in der Rechtsprechung häufige Fall der Einräumung eines Sondernutzungsrechts (siehe etwa OLG Hamm, Beschluss vom 21.10.2008 – I-15 Wx 140/08, ZWE 2009, 169) nicht auf das Verhältnis zwischen dem gutgläubigen Erwerber und der Gemeinschaft beschränkt sein kann, sondern als Vereinbarung aller Eigentümer innerhalb der gesamten GdWE gelten muss, wirkt eine solche Verdinglichung auch für und gegen alle Eigentümer.
24
Für den Schutz des guten Glaubens kommt es auf den Inhalt des Grundbuchs an, wofür schon der Wortlaut des § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB spricht, nach dem zugunsten des Erwerbers der Inhalt des Grundbuchs als richtig gilt. Die Vorschrift entscheidet den Konflikt zwischen dem Interesse der Rechtsinhaber an der Erhaltung ihrer tatsächlich bestehenden, jedoch nicht eingetragenen Rechte an Grundstücken und dem Interesse des Verkehrs an der Verlässlichkeit des Inhalts des Grundbuchs zugunsten eines weitgehenden Verkehrsschutzes. Der Schutz des rechtsgeschäftlichen Erwerbs beruht auf der Verlässlichkeit der amtlichen Verlautbarung und ist nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers umfassend gedacht (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2015 – V ZB 1/14 –, Rn. 18, juris). Der Schutz des Erwerbers nach § 892 I BGB beruht dabei nicht auf dem konkreten Vertrauen auf die Buchlage, sondern auf der Verlässlichkeit der amtlichen Verlautbarung; der Erwerber wird durch die (unrichtige) Eintragung selbst dann geschützt, wenn er den Inhalt des Grundbuchs überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat (BGH, Urteil vom 29.6.2007 – V ZR 5/07, NJW 2007, 3204). Durch die Grundbucheintragung wird die Vereinbarung mit schuldrechtlicher Herkunft zum Inhalt des Sondereigentums und nimmt am dinglichen Charakter des Eigentums als dessen Inhalt teil; Fehler bei Zustandekommen und im Eintragungsverfahren sowie eine fehlende Berechtigung werden durch gutgläubigen Erwerb überwunden (BeckOGK/Falkner, 1.12.2024, WEG § 10 Rn. 318, 320). Auch in Fällen, in denen die Vereinbarung mit ihrem eingetragenen Inhalt so wirksam bestehen könnte, die Grundbucheintragung dennoch zu Unrecht erfolgt ist, z.B. wenn Einigungsmängel vorliegen, nicht alle Wohnungseigentümer oder dinglich Berechtigten zugestimmt haben oder versehentlich ein falscher Inhalt der Vereinbarung angegeben ist (z.B. Zubuchung eines Sondernutzungsrechts an eine falsche Einheit, Kostentragungslast des falschen Eigentümers) ist ein gutgläubiger Erwerb gem. § 892 BGB zulässig und notwendige Folge der Grundbuchpublizität (BeckOGK/Falkner, 1.12.2024, WEG § 10 Rn. 323).
25
3. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die teilende Eigentümerin aus § 25 Ziff. 1 GO zur Änderung der Teilungserklärung befugt war, kommt es damit nicht entscheidungserheblich an, da sie nicht die materielle Unzulässigkeit, sondern nur die mögliche Unrichtigkeit der Eintragung betrifft. Allerdings ist die teilende Eigentümerin aus der Teilungserklärung insbesondere berechtigt, die Kostenverteilungsschlüssel zu ändern; die Aufzählung ist also schon nicht abschließend. Aus der Regelung geht hervor, dass eine möglichst umfassende Vollmacht gewollt ist, welche im Wesentlichen nur ausschließt, bereits veräußerte Sondereigentum oder Sondernutzungsrechte baulich zu verändern (§ 23 Ziff. 3). Die Regelung ist demnach weit auszulegen. Selbst wenn man die Abbedingung von § 16 Abs. 2 S. 2 WEG nicht bereits unmittelbar unter den Begriff der Befugnis zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels subsumiert, folgt diese aus der vorangegangenen umfassenden Kompetenz. Ein Vertrauensschutz der Eigentümer darauf, die Kostenverteilung entsprechend § 16 Abs. 2 S. 2 WEG ändern zu können, konnte schon deswegen nicht bestehen, weil es diese gesetzliche Regelung zum Zeitpunkt der Abfassung der Gemeinschaftsordnung noch gar nicht gab.
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Dem Bauträger konnte auch, nachdem hierfür schutzwürdige Interessen bestehen können, eine im Außenverhältnis unbeschränkt wirkende Vollmacht erteilt werden, wobei der Erwerber dadurch geschützt wurde, dass der Bauträger im Innenverhältnis sachgerechten Beschränkungen unterworfen ist. Diese müssen den Bauträger verpflichten, Lage, Größe und Umfang des Sondereigentums und etwaiger Sondernutzungsrechte nicht zu verändern sowie den Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums des betreffenden Erwerbers bei Änderungen nicht unzumutbar zu beeinträchtigen (Hügel/Elzer, 4. Aufl. 2025, WEG § 8 Rn. 30).
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Eine wirksame Vollmachterteilung kann, wie vorliegend geschehen, in den jeweiligen Erwerbsvertrag zwischen dem aufteilenden Bauträger und dem Erwerber aufgenommen werden. Solche Änderungsvorbehalte unterliegen zwar der Kontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB, wonach die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam ist, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Die in einem Kaufvertrag erteilte Vollmacht muss auch grundbuchrechtlich hinreichend bestimmt sein. Diesem Grundsatz ist jedenfalls dann Genüge getan, wenn die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt wird, was dementsprechend in der Literatur empfohlen wird und von der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung auch nicht beanstandet wird. Hinsichtlich der Beschränkungen im Innenverhältnis setzt die Vereinbarkeit mit § 308 Nr. 4 BGB eine solche Fassung der Vollmacht voraus, dass für den anderen Vertragsteil zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderung besteht. In Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des BGH zu Leistungsänderungsvorbehalten im Allgemeinen ist dies zu bejahen, wenn für die Änderung ein triftiger Grund vorliegt (BGH NJW 2020, 610 Rn. 27). Für eine Änderungsmöglichkeit der Kostenverteilung bestand aber schon im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung deswegen Anlass, weil eine solche im Rahmen der Änderung der noch nicht veräußerten Sondereigentumseinheiten erforderlich sein könnte. Eine Kalkulierbarkeit lag aber auch deswegen vor, weil die umfassende Möglichkeit der Abänderung nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG zum Zeitpunkt der Teilungserklärung noch gar nicht bestand und die erwerbenden Eigentümer daher auch nicht auf eine solche vertrauen konnten.
III.
28
1. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO, die Kostenentscheidung aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin und Berufungsklägerin obsiegte mit der Anfechtung gegen den Beschluss.
29
2. Die Revision war gemäß § 543 I Nr. 1, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich ist. Es ging nur um die Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen reinen Einzelfall.