Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 31.01.2025 – B 3 K 24.875
Titel:

Rundfunkbeitrag, Verfassungsmäßigkeit, Funktionsauftrag, individueller Vorteil

Normenketten:
RBStV § 2
RBStV § 3
RBStV § 7
RBStV § 10
Schlagworte:
Rundfunkbeitrag, Verfassungsmäßigkeit, Funktionsauftrag, individueller Vorteil
Fundstelle:
BeckRS 2025, 3574

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen.
2
Mit Festsetzungsbescheid vom 01.03.2024 setzte der Beklagte für die Wohnung der Klägerin für den Zeitraum von 10.2023 bis 12.2023 Rundfunkbeiträge in Höhe von 55,08 EUR zuzüglich eines Säumniszuschlages von 8,00 EUR, d.h. insgesamt einen Betrag von 63,08 EUR fest. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2024 zurück. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
3
Mit Schreiben vom 09.09.2024, welches am 11.09.2024 bei dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth einging, erhob die Klägerin Klage und beantragte,
Der Festsetzungsbescheid der Beklagten vom 01.03.2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2024 wird aufgehoben.
4
In dem 230-seitigen Klagebegründungstext wird im Wesentlichen ausgeführt:
I.
5
Der Festsetzungsbescheid sei formell rechtswidrig.
6
Er sei nicht durch eigene Bedienstete des Beklagten erlassen worden, sondern durch Mitarbeiter des Beitragsservice. Dies stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft dar. Der Beklagte selbst sei keine Behörde im eigentlichen Sinne. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG vor. Die vollautomatisierte Erstellung des Festsetzungsbescheides sei rechtswidrig. Es fehle an einer Rechtsgrundlage. § 10 a RBStV ermächtige allenfalls zum „Erlass“ des Bescheides, nicht aber zur automatisierten „Erstellung“ des Bescheides.
7
Die vollautomatisierte Erstellung des Bescheides sei mit § 37 VwVfG nicht vereinbar.
II.
8
Der Festsetzungsbescheid sei materiell rechtswidrig.
9
Es liege ein Verstoß gegen das RDG vor. Das ausgegliederte Inkasso an einen „nicht-rechtsfähigen“ Beitragsservice sei rechtswidrig.
10
Es werde zudem der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dargestellte verfassungsmäßige Auftrag des Rundfunks nicht erfüllt. Es sei schon eine Fehlannahme, dass der Rundfunkbeitrag aus sachlichen Gründen notwendig sei. Der Festsetzungsbescheid sei rechtswidrig, weil der Beklagte und der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt den Auftrag, ein der Vielfaltsicherung dienendes Programm anzubieten, strukturell verfehlten, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle. Die Fachgerichte seien zu einer Überprüfung der Frage angehalten, ob der Rundfunk diesen Auftrag erfülle; sie hätten einen entsprechenden Kontrollmaßstab darzulegen. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Beschluss vom 24.04.2023 (Az. 1 BvR 601/23) darauf hingewiesen, dass die Fachgerichte verpflichtet seien, den genannten Einwand zu überprüfen. Die Entscheidung des BVerfG sei ein Fingerzeig an die Fachgerichte, Einwände gegen die Qualität und Vielfalt des Programms bei der Überprüfung von Rundfunkbeitragsbescheiden nicht einfach als unbeachtlich abzutun. Der verfassungsgemäße Auftrag des Rundfunks einer unabhängigen und sorgfältigen Berichterstattung werde verfehlt. Die Möglichkeit, sich an irgendwelche Gremien zu wenden, bedinge nicht den Entzug der gerichtlichen Kontrolle. Die Kontrollgremien kämen zudem schon seit Jahren nicht mehr ihrer Kontrollpflicht nach. Die Aufsichtsgremien seien außerdem nicht ordnungsgemäß besetzt, es gäbe einen zu hohen Anteil von staatlichen und staatsnahen Mitgliedern. Es liege insoweit ein verfassungsrechtlicher Verstoß vor. Die Frage, ob die Zusammensetzung und die Arbeit der Gremien verfassungskonform sei, sei dem Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle vorzulegen (Art. 100 GG). Es liege weiter eine Verfehlung des verfassungsrechtlichen Auftrages einer vielfältigen Berichterstattung vor. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass der Rundfunk seine Neutralitätspflicht ernst nehme und sicherstelle, dass seine Berichterstattung fair, ausgewogen und unvoreingenommen sei. Das Gericht sei verpflichtet, den genannten Einwand im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu überprüfen. Bereits die abnehmende und mangelnde Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bevölkerung zeige, dass unausgewogen und wenig vielfältig berichtet werde. Zudem lägen auch massive Verletzungen von journalistischen Sorgfaltspflichten vor. Der größere Teil der Bevölkerung lehne die Zahlung des Rundfunkbeitrags deshalb ab. Gerügt wurde die Berichterstattung zur Corona-Politik (vgl. Bl. 81-145 der Klagebegründung), zur UNO/WHO (vgl. Bl. 145 – 151), zum Ukraine-Krieg (vgl. Bl. 151-156) und die mangelnde unparteiliche bzw. regierungsnahe Berichterstattung (vgl. Bl. 156-184). Weiter sei es zu historischen Falschdarstellungen gekommen (vgl. Bl. 184-185). Zu Nordstream sei weder neutral noch ausgewogen berichtet worden (vgl. Bl. 185-186) und in Talkshows seien die Parteien nicht ausgeglichen vertreten gewesen (vgl. Bl. 186-191). Es würden unsinnige Programme ohne jeden Bildungsauftrag produziert und verbreitet (vgl. Bl. 191-192). Aussagen des Moderators Jan Böhmermann seien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht zu verbreiten (vgl. Bl. 192-193). Schließlich würden auch Kinder gezielt „indoktriniert“ werden (vgl. Bl. 193-195).
11
Der Festsetzungsbescheid erweise sich auch deshalb als rechtswidrig, weil der Grundsatz der Sparsamkeit durch den Beklagten verletzt werde und die Gebühren nicht zweckentsprechend verwendet würden. Insbesondere die Bezüge der Intendanten aller 11 Rundfunkanstalten seien nicht „leistungsgerecht“. Mittel würden auch für viel zu hohe Gagen verschwendet werden (vgl. Bl. 196- 223).
12
Der Rundfunkbeitrag sei eine verfassungswidrige Steuer und eine europarechtswidrige Beihilfe.
13
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 28.09.2024,
das Verfahren nach § 94 VwGO auszusetzen, weil das Bundesverwaltungsgericht den in der Klage vorgebrachten Einwendungen eine grundsätzliche Bedeutung zumesse und die „erhobenen Klagen“ selbst grundsätzliche Bedeutung hätten.
14
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragte mit Schreiben vom 22.11.2024,
die Klage abzuweisen.
15
Es wurde ausgeführt, dass aufgrund der eindeutigen Rechtslage mit einem Ruhen bzw. mit einer Aussetzung des Verfahrens kein Einverständnis bestehe. Der Festsetzungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides sei rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen sei der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV). Diese Rechtsgrundlage verstoße weder gegen das Grundgesetz noch gegen EU-Recht. Die Verfassungsmäßigkeit bzw. die Vereinbarkeit mit EU-Recht sei höchstrichterlich durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Urt.v. 18.07.2017, 1 BvR 1675/16), des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 18.03.2016, 6 C 6/15) sowie des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 13.12.2018, C -492/17) entschieden. Das Bundesverfassungsgericht habe auch entschieden, dass es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer handele (Urt. V. 18.07.2018, 1 BvR 1675/16). Die Bescheide seien auch formell rechtmäßig. Die Landesrundfunkanstalten handelten im Zusammenhang mit der Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge und der Entscheidung über hiergegen gerichtete Rechtsmittel als Behörden. Verwaltungsakte könnten auch vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen werden, es könne dann auch die Unterschrift fehlen. Die Bescheide seien materiell rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 RBStV seien erfüllt. Ob der Beklagte, gegen die Pflicht umfassend und neutral über alle gesellschaftlichen Strömungen in der Bundesrepublik Deutschland zu berichten, verstoße, sei in diesem Verfahren nicht zu prüfen und zu entscheiden. Als Träger der Rundfunkfreiheit seien die Rundfunkanstalten berechtigt und verpflichtet, die sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebenden Anforderungen an die Erfüllung des Rundfunkauftrages eigenverantwortlich zu gewährleisten. Es obliege ihnen zu entscheiden, wie sie ihre Programme gestalten. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, über die Qualität öffentlich-rechtlicher Programminhalte, Tatsachengrundlagen und die Richtigkeit der Berichterstattung zu befinden und zu bewerten, welche Aufgaben dem Beklagten oblägen und wie er diese erfülle. Es werde überdies darauf hingewiesen, dass dem von der Klägerin übersandten Schriftsatz offensichtlich eine Vorlage zugrunde liege. Diese stamme von den Webseiten www.beitragsblocker.de und www.keinrundfunkbeitragmehr.de. Von dort würden gegen Zahlung von 55,08 EUR Musterschreiben an Beitragszahlende mit dem Versprechen verkauft, dass mit diesen die Zahlung des Rundfunkbeitrages abgewendet werden könne. Diese Musterschreiben stellten keinen individuellen Bezug zu einzelnen Sachverhalten her, sondern erschöpften sich in der Wiederholung von Rechtsansichten, welche bereits wiederholt durch Rechtsprechung anders entschieden worden seien.
16
Mit Schreiben vom 25.11.2024 erklärte die Klägerin, sie rüge den Mangel der Vollmacht des Bevollmächtigten des Beklagten nach § 67 Abs. 6 Satz 3 VwGO. Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes auf Beklagtenseite sei nicht notwendig oder geboten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und der Beklagte verfüge über eine eigene Rechtsabteilung. Der Bevollmächtigte des Beklagten übersandte eine von der Intendantin des Beklagten unterzeichnete Vollmacht für einen Mitarbeiter der juristischen Direktion, welche auch die Beauftragung einer externen Rechtsanwaltskanzlei zum Gegenstand hat.
17
Die Klägerin führte in einem weiteren Schreiben vom 08.12.2024 aus, es werde um Erteilung eines Hinweises zum Prüfungsmaßstab gebeten. Das Bundesverfassungsgericht sehe die Fachgerichte verpflichtet, von Verfassungswegen einen Kontrollmaßstab darzustellen. Es stelle sich die Frage, wann das Gericht eine Rüge als hinreichend substantiiert ansehe. In erster Linie hätten die Fachgerichte den verfassungsrechtlich vorgegebenen Grundrechtsschutz sicherzustellen. Eine Auslagerung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes auf anstaltsinterne Aufsichtsgremien komme nicht in Betracht. Der Beitragspflicht stehe keine adäquate Gegenleistung gegenüber. Eine Aussetzung des Verfahrens bzw. das Ruhendstellen des Klageverfahrens erscheine aus prozessökonomischen Gründen sinnvoll. Mehrere Verwaltungsgerichte würden Rechtsstreitigkeiten dieses Themenkomplexes aussetzen.
18
Weiter wurde erklärt, dass auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werde.
19
Mit Beschluss der Kammer vom 29.01.2025 wurde der Rechtstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen.
20
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21
Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
I.
22
Das Gericht setzt das Verfahren nicht nach § 94 VwGO aus. Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht, wenn eine Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Vorgreiflichkeit im Sinne dieser Regelung liegt nur dann vor, wenn die Entscheidung in einem anhängigen Verfahren kraft Gesetzes oder rechtslogisch von dem Bestehen oder Nichtbestehen des in dem anderen Verfahren anhängigen Rechtsverhältnisses abhängt. Um eine Vorgreiflichkeit handelt es sich nicht, wenn in dem anderen Verfahren nur über dieselbe oder eine vergleichbare Rechtsfrage zu entscheiden ist. Die Klägerin bezieht sich in ihrem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens auf das bei dem Bundesverwaltungsgericht anhängige Verfahren (Az. 6 C 5/24). Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 23.05.2024 die Revision zugelassen und ausgeführt, dass das Revisionsverfahren Gelegenheit zur Klärung der Frage geben könne, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden könne, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle. Die Beurteilung dieser Frage mag auch in diesem Verfahren von Bedeutung sein, einer Entscheidung steht dies aber nicht entgegnen. Eine kraft Gesetzes oder rechtslogisch bestehende Abhängigkeit von dem bei dem Bundesverwaltungsgericht anhängigen Revisionsverfahren besteht für die Entscheidung aber gerade nicht. Für eine analoge Anwendung des § 94 VwGO besteht insbesondere vor dem Hintergrund der mangelnden Zustimmung des Beklagten zu einer entsprechenden Aussetzung kein Raum. Die bloße Gleichheit der Rechtsfrage rechtfertigt es grundsätzlich nicht, die Rechtsschutzgewährung aufzuschieben, bis über den „Parallelfall“ entschieden wurde. Angesichts dessen ist die ausgesprochene Ablehnung des Beklagten zu einer entsprechenden Aussetzung nicht zu beanstanden.
II.
23
Das Gericht sieht ferner keine Veranlassung, das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle vorzulegen. Bereits die Fragestellung, ob trotz der verfassungsrechtlichen Mängel bezüglich der Funktionssicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Beitragserhebung noch rechtmäßig ist, zeigt die Notwendigkeit einer entsprechenden Vorlage nicht auf. Es ist schon nicht dargelegt, welche Regelung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages verfassungswidrig sein soll und welcher konkrete Verstoß vorliegen soll. Das Gericht hält aber auch nicht den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag bzw. einzelne Bestimmungen, auf die es hier ankommt, für verfassungswidrig. Dies wäre jedoch für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG notwendig.
III.
24
Es bestehen ferner keine Bedenken gegen die Vertretung des Beklagten durch einen Prozessbevollmächtigten. Dies ist nach § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässig. Es wurde auch eine wirksame schriftliche Prozessvollmacht übersandt.
IV.
25
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Festsetzungsbescheid vom 01.03.2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2024 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
26
1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
27
a. Der Beklagte ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk“ – BayRG). Als rechtsfähige öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ist er Subjekt der mittelbaren Staatsverwaltung und erfüllt – jedenfalls bei Ausführung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags – eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung. Durch § 10 Abs. 5 RBStV ist dem Beklagten die einseitig berechtigende Befugnis übertragen, als zuständige Landesrundfunkanstalt rückständige Rundfunkbeiträge durch Bescheid festzusetzen. Als Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung durch Verwaltungsakt wahrnimmt, erfüllt der Beklagte den Behördenbegriff (vgl. BayVGH, B.v.12.12.2022 – 7 ZB 20.1120 – juris Rn. 21 ff).
28
b. Der Beklagte war für den Erlass des Beitragsbescheides zuständig. Dem steht nicht entgegen, dass der Ausgangsbescheid von dem Beitragsservice von A..., Z... und D.-radio erstellt wurde. Nach § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV nimmt jede Landesrundfunkanstalt die ihr nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer nichtrechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten selbst wahr. Nach § 10 Abs. 7 Satz 2 RBStV ist die Landesrundfunkanstalt ermächtigt, einzelne Tätigkeiten bei der Durchführung des Beitragseinzugs und der Ermittlung von Beitragsschuldnern auf Dritte zu übertragen und das Nähere durch die Satzung nach § 9 Abs. 2 zu regeln. Die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2 Satz 1 RBStV beruhende Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Rundfunkbeitragssatzung) regelt in deren § 2, dass die im Rahmen einer nicht rechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene gemeinsame Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten – der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio – die der Rundfunkanstalt zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV ganz oder teilweise für diese wahrnimmt.
29
Demzufolge hat sich der Beklagte zulässigerweise bei Erlass des streitgegenständlichen Festsetzungsbescheides des „Beitragsservice von A... , Z...  und D.-radio“ bedient.
(vgl. auch BayVGH, U.v.6.12.2022 – 7 B 21.1315 – juris Rn. 24 ff).
30
Soweit die Klägerin rügt, der Beklagte bediene sich einer „Inkassostelle“ und es fehle an der notwendigen Erlaubnis nach § 10 RDG, ist auszuführen, dass der Beitragsservice namens und im Auftrag des Beklagten und damit nicht selbstständig tätig wird. Wie bereits ausgeführt, liegt mit § 10 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 RBStV zudem eine gesetzliche Erlaubnis im Sinne des § 3 RDG vor, die zusätzlich von der Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 2 RDG flankiert wird; dem Beklagten ist es danach erlaubt, im Rahmen seines Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs Rechtsdienstleistungen zu erbringen.
(vgl. VG Hamburg, U.v. 8.11.2024 – 3 K 2358/24 – juris Rn. 60).
31
Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG liegt nicht vor. Nach dieser Norm ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Die in Art. 33 Abs. 4 GG ausdrücklich zugelassenen Abweichungen vom Grundsatz des Funktionsvorbehalts bedürfen der Rechtfertigung durch einen besonderen sachlichen Grund. Als solcher kommt nur ein spezifischer, dem Sinn der Ausnahmemöglichkeit entsprechender – auf Erfahrungen mit gewachsenen Strukturen oder im Hinblick auf den Zweck des Funktionsvorbehalts relevante Besonderheiten der jeweiligen Tätigkeit Bezug nehmender – Ausnahmegrund in Betracht z.B. bei einer Aufgabe, die, wie hier, gerade aus verfassungsrechtlichen Gründen möglichst in einer gewissen Staatsferne wahrgenommen werden sollte.
(vgl. OVG Berlin-BbG, B.v. 8.11.2019 – OVG 11 N 89/19 – juris).
32
c. Der Bescheid leidet auch an keinen Formfehlern.
33
Es entspricht einhelliger Rechtsprechung, dass Rundfunkbeitragsbescheide nicht formell rechtswidrig sind, weil sie automatisiert erlassen wurden und nicht etwa die erlassende Behörde erkennen ließen bzw. keine Unterschrift tragen (vgl. z.B. BayVGH, B.v.12.12.2022 – 7 ZB 20.1120 – juris Rn. 27 – 37, VGH BW, B. v. 13.11.2020 – 2 S 2134/20 – juris Rn. 15 ff.).
34
2. Der streitige Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
35
a. Der dem angefochtenen Bescheid als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zugrundeliegende Rundfunkbeitragsstaatsvertrag stellt eine taugliche Rechtsgrundlage dar. Er verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
36
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 15.05.2014 auf zwei Popularklagen hin unanfechtbar und für alle bayerischen Verfassungsorgane, Gerichte und Behörden bindend (Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof – VfGHG) u.a. entschieden, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RBStV über die Erhebung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung mit der Bayerischen Verfassung – BV – vereinbar ist (E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris). Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bestätigt, dass die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung (§ 2 RBStV), unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Sie verletzt weder die Informationsfreiheit (Rundfunkempfangsfreiheit) noch die allgemeine Handlungsfreiheit oder den allgemeinen Gleichheitssatz. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor (BayVGH, U.v. 19.7.2015 – 7 BV 14.1707 – juris). Bestätigt wurde die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags auch durch das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 18.3.2016 – 6 C 6/15 – juris). Mit Urteil vom 18.07.2018 (Az. 1 BvR 1675/16 u.a.) hat schließlich das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Erhebung des Rundfunkbeitrags für die Erstwohnung mit dem Grundgesetz im Einklang steht. Beim Rundfunkbeitrag handelt es sich finanzverfassungsrechtlich um eine nichtsteuerliche Abgabe und nicht etwa um eine Steuer, so dass den Ländern hierfür die Gesetzgebungskompetenz zusteht. Die Landesgesetzgeber durften die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich an das Innehaben von Wohnungen in der Annahme anknüpfen, das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werde typischerweise in der Wohnung in Anspruch genommen. Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt es nicht an. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bindet nach § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) die Verfassungsorgane des Bundes der Länder sowie alle Gerichte und Behörden und hat Gesetzeskraft.
37
Die Frage eines in der Empfangsmöglichkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks liegenden individuellen Vorteils ist durch das Bundesverfassungsgericht in positiver Weise beantwortet worden. Diese Entscheidung haben die Fach- und Instanzengerichte bei ihrer rundfunkbeitragsrechtlichen Rechtsprechung zugrunde zu legen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.07.2018 geklärt, dass die Empfangsmöglichkeit einen hinreichend individuellen Vorteil des Beitragsschuldners bedingt. Auch aus diesem Grund ist es dem Gericht verwehrt, diese Frage anders zu beurteilen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 19.12.2024 – 5 Bf 204/24.Z – juris Rn. 10 ff). Das Bundesverfassungsgericht hat in der genannten Entscheidung explizit ausgeführt, dass in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Funktion zu nutzen, der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigende individuelle Vorteil liege (vgl. BVerfG, U.v.18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 – juris Rn. 74 ff.). Den Gerichten ist es damit verwehrt, die Frage, ob ein die Beitragserhebung rechtfertigender Vorteil in der Empfangs- bzw. Nutzungsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht bzw. ob ein solcher aufgrund des „strukturellen Versagens“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinsichtlich seines Auftrages, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, für den einzelnen Rundfunknutzer nicht mehr angenommen werden könne, (erneut) zum Gegenstand einer fachgerichtlichen Entscheidung zu machen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 19.12.2024 – 5 Bf 204/24.Z – juris Rn. 16).
38
b. Auch europarechtliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung bestehen nicht (vgl. BVerwG, U.v. 30.10.2019 – 6 C 10/18 juris Rn. 14 mit Verweis auf EuGH, U.v. 13.12.2018 – C-492/17 – juris; BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 – juris Rn. 145, 149; BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12-juris Rn. 87).
39
Der EuGH hat mit Urteil vom 13.12.2018 entschieden, dass die Änderung der Finanzierung für den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland keine Änderung einer bestehenden Beihilfe im Sinne des Art. 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstelle, von der die Kommission nach Art. 108 Abs. 3 AEUV zu unterrichten sei. Die Änderung betreffe nicht die wesentlichen Bestandteile der Finanzierungsregelung für den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Lediglich der Entstehungsgrund für die Beitragspflicht sei vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung an vereinfachte Voraussetzungen geknüpft worden, ohne dass dies zu einer wesentlichen Erhöhung der Vergütung der öffentlich-rechtlichen Sender geführt habe.
40
Darüber hinaus hat er auch entschieden, dass Art. 107 und 108 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung, die öffentlich-rechtlichen Sendern vom allgemeinen Recht abweichende Befugnisse einräumt, die es ihnen erlauben, die Zwangsvollstreckung von Forderungen aus rückständigen Rundfunkbeiträgen selbst zu betreiben, nicht entgegensteht. Diese hoheitlichen Vorrechte hätten den öffentlich-rechtlichen Sendern schon bei der Beitreibung der Rundfunkgebühr zugestanden und seien als solche bei der Entscheidung der Europäischen Kommission nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 vom 21.04. 2004 zur Prüfung der Finanzierungsregelung berücksichtigt worden und zudem ein Aspekt des öffentlichen Auftrags der Rundfunkanstalten.
(Vgl. EuGH, U. v. 13.12. 2018 – C-492/15 –, juris Rn. 53 – 73; VG Aachen, U.v. 30.9.2024 – 8 K 1352/24 – juris Rn. 42 ff, zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht: VG Freiburg, GB. v. 11.9.2024 – 9K 2585/24 – juris Rn. 121 ff.).
41
c. Die Voraussetzungen zum Erlass des streitigen Beitragsbescheides lagen vor.
42
Nach § 10 Abs. 5 RBStV werden rückständige Rundfunkbeiträge durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides mit der Zahlung der Rundfunkbeiträge im Rückstand. Sie war als Inhaberin der im Rubrum näher bezeichneten Wohnung nach § 3 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 RBStV im streitgegenständlichen Zeitraum, kraft Staatsvertrages, zur Zahlung des monatlichen Rundfunkbeitrags verpflichtet.
43
aa. Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Beklagte seinen öffentlich-rechtlichen Programmauftrag nicht erfülle, weil keine vielfältige Berichterstattung erfolge, Verstöße gegen die Neutralitätspflicht gegeben seien, das Programmangebot geschmacklos sei bzw. journalistische Verfehlungen vorlägen und damit ein die Beitragserhebung rechtfertigender individueller Vorteil fehle, ist auszuführen, dass dieser Einwand im Verfahren gegen die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen nicht zu prüfen ist.
44
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigende Vorteil alleine in der individuellen Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können. Auf die Frage, ob eine vielfältige, neutrale oder „stets richtige“ Programmgestaltung vorliegt, kommt es damit nicht an.
45
Wie bereits ausgeführt, hat das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 1675/16) – nach § 31 Abs. 1 BVerfGG bindend – entschieden, dass der Rundfunkbeitrag wegen der rechtlichen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung als Vorzugslast ausgestaltet ist. Die Erhebung einer Vorzugslast ist dann sachlich gerechtfertigt, wenn die Abgabepflichtigen aus der staatlichen Leistung einen besonderen Nutzen ziehen oder ziehen können. Dieser Vorteil liegt beim Rundfunkbeitrag in der individuellen Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können. Der Rundfunkbeitrag wird für die konkrete Gegenleistung der Rundfunkempfangsmöglichkeit erhoben, um die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Mithin stellt die Rundfunkempfangsmöglichkeit einen personenbezogenen Vorteil dar, der durch den Beitrag abgegolten wird, ohne dass es auf die tatsächliche Nutzung und die Nutzungsgewohnheiten der Empfänger oder darauf ankommt, ob die Beitragspflichtigen von der Nutzungsmöglichkeit nahezu geschlossen Gebrauch machen. Die Möglichkeit der Rundfunknutzung ist für alle Beitragspflichtigen auch realistisch, weil das flächendeckende Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei Vorhandensein geeigneter Empfangsgeräte jederzeit abgerufen werden kann. Besteht damit der ausgleichspflichtige individuelle Vorteil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Möglichkeit, das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks empfangen zu können, kann die Zahlung des Rundfunkbeitrags erst dann verweigert werden, wenn die zur Rundfunkbeitragspflicht herangezogene Person nachweislich über keine Möglichkeit verfügt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen, weil beispielsweise aufgrund der Lage der Wohnung jede Empfangsmöglichkeit objektiv ausgeschlossen ist, oder Gründe in ihrer Person liegen, die eine Empfangsmöglichkeit – wie etwa bei taubblinden Menschen – unmöglich machen.
46
Der Verweis auf ein unzureichendes oder unerwünschtes Programmangebot bei der Erfüllung des Funktionsauftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitragsbescheides in Zweifel zu ziehen oder die Zahlung des Rundfunkbeitrags zu verweigern (vgl. BayVGH, U.v. 17.7.2023 – 7 BV 22.2642 – juris Rn. 17 ff).
47
Eine Bindungswirkung ist für das Gericht auch nicht entfallen, weil etwa die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits aus dem Jahr 2018 stammt. Mangels einer wesentlichen Änderung der Sachlage hat sich die gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG zu beachtende Bindung zeitlich so lange zu erstrecken, bis das Bundesverfassungsgericht selbst seine Entscheidung vom 18.07.2018 bzw. deren Gründe durch eine neue auf die Frage eines in der Empfangsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegenden individuellen Vorteils bezogene Entscheidung aufhebt oder korrigiert. Eine solche Aufhebung oder Korrektur ist bislang nicht vorgenommen worden. Auch aus dem Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.04.2023 (1 BvR 601/23) ergibt sich keine Korrektur der Rechtsprechung.
(vgl. ausführlich OVG Hamburg B.v. 19.12.2024 – 5 Bf 204/24.Z – juris Rn. 24 ff).
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bb. Der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen verfassungsmäßigen Funktionsauftrag verfehle, braucht das Gericht im vorliegenden Verfahren nicht nachzugehen. Es wird auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 17.07.2023 (7 BV 22.2642) verwiesen. Unter Rn. 22-24 wird zu dieser Thematik ausgeführt:
„Die Überprüfung der Einhaltung der staatsvertraglichen Vorgaben durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten obliegt vielmehr den jeweils zuständigen Gremien (vgl. Hartstein/Dörr in Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner/Cole/Wagner, HK-MStV, Stand November 2022, § 104 MStV S. 3), deren Zusammensetzung am Gebot der Vielfaltsicherung auszurichten ist und dem Gebot der Staatsferne genügen muss. So wacht beispielsweise nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayRG der – plural besetzte – Rundfunkrat darüber, dass der beklagte Bayerische Rundfunk seine Aufgaben gemäß dem Gesetz erfüllt und übt das hierzu nötige Kontrollrecht aus. Seine Mitglieder sind verpflichtet, sich in ihrer Tätigkeit für die Gesamtinteressen des Rundfunks und der Rundfunkteilnehmer einzusetzen (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayRG). Denn Aufsichtsgremien wie der Rundfunkrat sind Sachwalter des Interesses der Allgemeinheit (vgl. BVerfG, U.v. 25.3.2014 – 1 BvF 1/11 u.a. – BVerfGE 136, Rn. 40; BVerwG, B.v. 4.12.2017 a.a.O. Rn. 7). Zudem können Verstöße gegen die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, zu der die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von Verfassungswegen bei der Erfüllung ihres Auftrags verpflichtet sind, von jedem Rundfunkempfänger im Wege der Programmbeschwerde gegenüber dem jeweiligen Aufsichtsgremium geltend gemacht werden. Dass inhaltliche Programmkritik, wie sie von der Klägerin angeführt wird, die durch die Beitragserhebung gewährleistete Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht in Frage stellen kann, sondern Einwände im Wege der Eingabe- und Beschwerdemöglichkeiten gegenüber den hierzu normativ vorgesehenen Stellen der Rundfunkanstalten vorzubringen sind, entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2017 – 7 ZB 17.60 – juris Rn. 9 m.w.N.; so auch in stRspr. zuletzt OVG NW, B.v. 27.4.2023 – 2 A 383/23 – juris Rn. 9 ff. m.w.N.; OVG Berlin-Bbg, B.v. 15.2.2021 – OVG 11 N 95.19 – juris Rn. 12). Daher ist die Klägerin – anders als sie meint – nicht rechtlos gestellt. Die Frage, ob und inwieweit dem Rundfunkbeitragspflichtigen in diesem Zusammenhang der Weg zu den Gerichten offensteht, ist im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich. Da die Klägerin der Erhebung von Rundfunkbeiträgen durch den Beklagten weder ihre Einschätzung zur Qualität der öffentlich-rechtlichen Programminhalte noch andere Fragen der Programm- und Meinungsvielfalt mit Erfolg entgegenhalten kann, bestand nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Senats keine Veranlassung, im Wege der Amtsermittlung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO der Frage nachzugehen, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen verfassungsrechtlichen Funktionsauftrag verfehlt und damit – wie die Klägerin meint – ein „strukturelles Versagen“ gegeben ist.
Nichts anderes folgt aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2023 – 1 BvR 601/23 – (juris), mit dem dieses eine Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfung nicht zur Entscheidung angenommen hat. Mit der Verfassungsbeschwerde hatte sich der Beschwerdeführer gegen die Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich mit der Begründung gewandt, der Rundfunkbeitrag sei nicht mehr gerechtfertigt, weil Mängel hinsichtlich der Ausgewogenheit und Vielfalt des Programmangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorlägen. Die von der Klägerin zitierte Aussage unter Randnummer 9 des Beschlusses, „damit ist jedoch die vom Beschwerdeführer aufgeworfene und mit Blick auf die aus Art. 19 Abs. 4 GG erwachsene Verpflichtung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes naheliegende Frage nicht beantwortet, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen vor Gericht gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfalt dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle“, ist (allein) im Hinblick auf die Prozessvoraussetzung der fehlenden Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) zu sehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere die Verwendung der Formulierung „naheliegende Frage“ nicht als Feststellung zu werten, dass dieses eine verwaltungsgerichtliche Klärung der aufgeworfenen Frage für angezeigt hielte.“
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cc. Auch die Rüge der Klägerin, dass das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot den Grundsatz der Sparsamkeit verletze, ist nicht Gegenstand der Prüfung des Gerichts. Auch hierfür sind zuallererst die dafür berufenen Gremien zuständig (Verwaltungsrat, Rundfunkrat, Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, Rechnungshöfe oder ggf. auch die Strafjustiz). Sollten die hierzu berufenen Gremien ihren Kontrollpflichten nicht oder nur ungenügend nachkommen, stehen entsprechende rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung.
(vgl. hierzu näher: VG Freiburg, GB. v. 11.9.2024 – 9 K 2585/24 – juris Rn. 138 ff; vgl auch: VG Aachen, U.v. 30.9.2024 – 8 K 1352/24 – juris Rn. 156). Es würde zudem dem Grundsatz der Gewaltenteilung zuwiderlaufen, würde dem einzelnen Beitragszahler im Wege der verwaltungsgerichtlichen Anfechtung eines Festsetzungsbescheides eine Möglichkeit eröffnet, unter Umgehung der Gremien mit Hilfe der Gerichte die Mittelverwendung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach seinem Dafürhalten zu beeinflussen (vgl. OVG Hamburg, B.v. 19.12.2024 – 5 Bf 204/24.Z – juris Rn. 62 m.w.N.).
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Nachdem keine zur Rechtswidrigkeit des streitigen Bescheides führende Fehler ersichtlich sind, bleibt festzustellen, dass der Beklagte die Klägerin zu Recht zu Rundfunkbeiträgen für den streitgegenständlichen Zeitraum herangezogen hat.
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Auch der festgesetzte Säumniszuschlag ist nicht zu beanstanden. Die Erhebung eines Säumniszuschlags folgt aus § 11 Abs. 1 Rundfunkbeitragssatzung. Danach wird dann, wenn geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von 1% der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 EUR fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt.
V.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.