Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 14.01.2025 – B 1 K 23.39
Titel:

Kosten der Unterbringung fortgenommener Tiere

Normenkette:
TierSchG § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2
Leitsätze:
1. § 16 a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TierSchG bildet zum einen die Rechtsgrundlage zum Erlass einer Fortnahme- und Unterbringungsanordnung, die die Kostenerstattungspflicht für die anderweitige pflegliche Unterbringung des Tieres dem Grunde nach entstehen lässt, und enthält zum anderen die Befugnis zum Erlass eines Kostenerstattungsbescheides. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird eine Abrechnung nach Tagessätzen für zulässig erachtet. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es besteht keine Pflicht der Behörde, eine Offenlegung der Kostenkalkulation von Tierheimen oder Tierpensionen einzufordern und im Rahmen der dringlichen Beschaffung einer Unterbringungsmöglichkeit zeitraubende Recherchen und Kostenverhandlungen zu unternehmen, um eine möglichst kostengünstige und auch tatsächlich verfügbare Unterbringungsmöglichkeit zu erhalten. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kosten der Unterbringung fortgenommener Tiere, Zulässigkeit von Tagessätzen, anderweitige pflegliche Unterbringung, Tierheim, Tagessätze
Fundstelle:
BeckRS 2025, 3572

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 12. Mai 2020, in dem die Kosten für die Unterbringung und Pflege von vier Rauhaardackeln mit einem Betrag von 14.226,68 EUR beziffert und der Klägerin in Rechnung gestellt werden.
2
Die Klägerin hielt vier Hunde der Rasse Zwergrauhaardackel auf ihrem Wohnanwesen. Am 19. September 2019 wurde das Veterinäramt des Landratsamts telefonisch durch eine Nachbarin davon in Kenntnis gesetzt, dass sich die Klägerin seit 18. September 2019 für etwa eine Woche im Klinikum zur Behandlung befinde. Die Klägerin habe sie mit der Betreuung der Hunde beauftragt. Diese könne sie aufgrund eigener Erkrankung nicht leisten, da die Wohnung völlig verdreckt und vermüllt sei. Die vier Hunde wurden nach einer veterinärrechtlichen Kontrolle am selben Tag durch das Landratsamt ins Tierheim ... verbracht. Durch die Tierarztpraxis ... wurden die Hunde auf Veranlassung des Landratsamts nach Rücksprache mit dem Tierheim untersucht und behandelt, wobei das Tierheim auf einen Zustand extremer Vernachlässigung hinwies.
3
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2019 wurde die Klägerin verpflichtet, die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung ihrer vier Hunde auf ihre Kosten zu dulden (Ziff. 1). Sie habe die Veräußerung der Tiere durch das Landratsamt … zu dulden (Ziff. 2). Der Klägerin wurde es untersagt, zukünftig Hunde zu halten (Ziff. 3). Die sofortige Vollziehung der Ziffn. 1 bis 3 wurde angeordnet (Ziff. 4). Für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen Ziff. 3 dieses Bescheides wurde die Wegnahme der Hunde durch unmittelbaren Zwang angedroht (Ziff. 5).
4
Die Klägerin erhob Klage gegen diesen Bescheid und stellte einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, der durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 3. Dezember 2019 (Az. B 1 S 19.1092), bestätigt durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. März 2020 (Az. 23 CS 19.2486), abgelehnt wurde. Die Klage (Az. B 1 K 19.1093) wurde durch Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 14. September 2021 abgewiesen, die Zulassung der Berufung wurde durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs vom 3. Juni 2022 (Az. 23 ZB 21.2994) abgelehnt.
5
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12. Mai 2020 wurden die Kosten für die Unterbringung und Pflege der angeordneten Maßnahmen auf einen Betrag in Höhe von 14.226,68 EUR festgesetzt.
6
Die vier Zwergrauhaardackel der Klägerin seien am 28. März 2020 veräußert worden. Die Kosten setzten sich zusammen aus den Kosten der Unterbringung in Höhe von 11.762 EUR und den aus amtstierärztlicher Sicht erforderlichen tierärztlichen Behandlungen in Höhe von 2.664,68 EUR, abzüglich eines erzielten Kaufpreises in Höhe von 200 EUR.
7
Die Kosten der Betreuung und Unterbringung im Tierheim ... seien angemessen. Eine vergleichbare Unterbringung in einem anderen Tierheim, einer Tierpension o.ä. würde sich in einem vergleichbaren Kostenrahmen bewegen. Auch dort müssten die Tiere tierschutzgerecht untergebracht, betreut und gefüttert werden. Die in Rechnung gestellten Kosten für tierärztliche Maßnahmen und abgegebene Medikamente seien aus amtstierärztlicher Sicht aus Tierwohlgründen erforderlich gewesen. So sei unter anderem die Behandlung der Zähne aus den schon im Bescheid vom 24. Oktober 2019 erläuterten Gründen unumgänglich gewesen.
8
Aufgrund des Gesundheitszustands und des Alters der Tiere sei ein Kaufpreis in Höhe von 50 EUR pro Tier nach fachlicher Stellungnahme des Amtstierarztes als angemessen anzusehen.
9
Ausweislich der dem Bescheid beigefügten Rechnungen des Tierschutzvereins ... (Betreiber des Tierheims) vom 13. Januar 2020 bzw. 30. März 2020 wurden dem Landratsamt für den Zeitraum vom 19. September bis 31. Dezember 2019 für die ersten 69 Tage (19. September bis 26. November 2019) ein Tagessatz in Höhe von 16 EUR pro Hund, für die restlichen 35 Tage (27. November bis 31. Dezember 2019) ein Tagessatz von 15 EUR in Rechnung gestellt, zuzüglich einer Fahrtkostenpauschale in Höhe von 26 EUR, für den Zeitraum vom 1. Januar bis 27. März 2020 (87 Tage) pro Hund weitere 15 EUR pro Tag, abzüglich 200 EUR Schutzgebühr. Die Rechnung der Tierklinik ... vom 21: April 2020 betrug 2.664,68 EUR.
10
Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte mit einem am 25. Mai 2020 eingegangenen Schriftsatz Klage erheben und beantragen,
den Bescheid vom 12. Mai 2020 aufzuheben.
11
Mit Schriftsatz vom 7. April 2021 wurde die Klage dahingehend begründet, dass die Kosten vollumfänglich unverhältnismäßig seien, dies betreffe insbesondere die Kosten, die der Tierschutzverein für die relativ kleinen Tiere aufgestellt habe. Der Tagessatz pro Hund von 15 oder 16 EUR pro Tag sei zu hoch, bei großzügiger Rechnung kämen auf einen Halter maximal 50 EUR monatliche Futterkosten zu. Die Kosten stünden in einem krassen Missverhältnis zu den tatsächlich entstehenden Kosten. Die Geltendmachung dieses Betrags würde die Klägerin in den finanziellen Ruin treiben, während der Tierschutzverein eine ordentliche Summe Geld verdienen würde. Der Tierschutzverein wolle sich mittels einer sittenwidrigen Berechnung bereichern. Die Wegnahme der Hunde und die Unterbringung im Tierheim seien massivst rechtswidrig gewesen.
12
Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021 beantragte der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
13
Rechtsgrundlage für die Erhebung der Unterbringungskosten sei die Befugnis zur Fortnahme der Tiere nach § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG. Durch den streitgegenständlichen Bescheid werde lediglich die genaue Kostenhöhe festgesetzt. Die Kosten seien seitens des Landratsamts möglichst geringgehalten worden und deshalb auch angemessen im Sinn der Verhältnismäßigkeit.
14
Die Veräußerung sei nach dem Abschluss des von der Klägerin angestrengten Eilverfahrens am 27. März 2020 erfolgt. Die Kosten der Unterbringung seien angemessen. Erstattungsfähig seien unter anderem die Kosten für Hin- und Rücktransport, Ernährung, Pflege und Unterbringung sowie für medizinisch indizierte tierärztliche Behandlungs- und Prophylaxemaßnahmen. Bei der Unterbringung selbst seien nicht nur Futterkosten angefallen. Der Einwand, eine Unterbringung in einer anderen Einrichtung wäre günstiger gewesen, sei unsubstantiiert. Die Gesamtunterbringungskosten seien durch die Verkaufserlöse reduziert worden.
15
Mit beigefügtem Schreiben vom 3. Mai 2021 erläuterte der Tierschutzverein … den Pflege- und Betreuungsaufwand für die Hunde.
16
Im Hinblick auf das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren B 1 K 19.1093 wurde das vorliegende Verfahren auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 20. Dezember 2021 ruhend gestellt und mit Schriftsatz des Beklagten vom 16. Januar 2023 unter dem neuen Az. B 1 K 23.39 wieder aufgenommen.
17
Mit Schriftsätzen vom 20. April und 2. Mai 2023 trug die Bevollmächtigte der Klägerin vor, dass der Kostenfestsetzungsbescheid mangels ordnungsgemäßer Begründung rechtswidrig sei.
18
Es werde lediglich pauschal behauptet, dass die bei der Betreuung der Tiere angefallenen Kosten im Tierheim angemessen gewesen seien. Die Kostenbestandteile der Tagessätze würden nicht näher aufgeschlüsselt. Gleiches gelte für die Kosten der tierärztlichen Behandlungen. Diese würden in der Anlage zwar aufgeschlüsselt, eine Begründung im Bescheid selbst sei jedoch nicht erfolgt.
19
Die Klägerin hätte die Hunde nach Ablauf von 10 Tagen problemlos wieder versorgen können. Es könne nicht zu Ihren Lasten gehen, dass man ihr die Hunde nicht ausgehändigt habe. Die Zahnextraktionen seien in keiner Weise mit ihr abgesprochen gewesen. Sie hätte diese abgelehnt. Es müsse geklärt werden, ob diese Maßnahmen tatsächlich in irgendeiner Form notwendig gewesen seien, was bestritten werde. Die Hunde seien stubenrein gewesen und hätten Gassi gehen können.
20
Darauf erwiderte das Landratsamt mit Schriftsatz vom 12. Mai 2023, dass die Kostenpositionen in den Rechnungen detailliert aufgeführt seien. Hinsichtlich der Unterbringungskosten werde auf die Tagessätze verwiesen. Die tierärztlichen Maßnahmen seien anhand der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) berechnet worden und somit problemlos nachvollziehbar. Eine Rückgabe der vier Zwergrauhaardackel an die Klägerin sei gerade nicht möglich gewesen aufgrund des für sofort vollziehbar erklärten Hundehaltungsverbots, das gerichtlich bestätigt worden sei.
21
Eine günstigere Unterbringungsmöglichkeit werde nicht substantiiert dargelegt. Tierheime und Tierpensionen rechneten üblicherweise die Kosten über Tagessätze ab, auch dann, wenn Tiere von Privatpersonen vorübergehend dort in Pension gegeben würden. Die Tagessätze würden im Rahmen von Mischkalkulationen unter Berücksichtigung der für die jeweilige Tierart durchschnittlich anfallenden Kosten ermittelt. Nach amtsärztlicher Beurteilung seien die vom Tierheim ... geltend gemachten Tagessätze nicht zu beanstanden. Es stehe zu vermuten, dass eine einzeltätigkeitsbezogene Abrechnung, wie sie der Klägerbevollmächtigten vorschwebe, zu deutlich höheren Unterbringungskosten geführt hätte. Nach Mitteilung des Tierheims ... hätten die Hunde aufgrund der fehlenden Impfung in einem Isolationszimmer untergebracht werden müssen. Die täglich notwendige Desinfektion habe zu einem erhöhten Arbeitsaufwand geführt. Außerdem habe der Hund „…“ wegen seiner extrem schlechten Zähne zweimal täglich per Hand gefüttert werden und die Zahntaschen hätten gespült werden müssen, damit sich dort keine Keime hätten einnisten können.
22
Mit Schriftsätzen vom 10. und 13. Januar 2025 führte die Klägerseite aus, die fehlende Notwendigkeit der Behandlungen könne durch Zeugen belegt werden. Außerdem werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach Auswahl des Gerichts beantragt. Das Unterlassen einer Rücksprache mit der Klägerin vor der Behandlung der Tiere sei rechtswidrig gewesen. Die Hunde hätten keine Zahnschmerzen gehabt. Die Mischkalkulation bei den Unterbringungskosten benachteilige die Halter von Kleintieren schwer und sei rechtswidrig. Die weiteren Maßnahmen (wird näher ausgeführt) seien völlig unnötig gewesen, man sei wohl nach Schema 08/15 vorgegangen.
23
Der Beklagte trug mit Schriftsatz vom 13. Januar 2025 ergänzend vor, dass die bei den Hunden durchgeführten tiermedizinischen Maßnahmen gemäß dem mit dem Fall betrauten Amtstierarzt ausnahmslos tiermedizinisch indiziert gewesen seien. Ein schlichtes Bestreiten reiche nicht, um diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen.
24
Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten, auch im Verfahren B 1 K 19.1093, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Landratsamts vom 12. Mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
26
1. Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu den Kosten für die anderweitige Unterbringung der vier Zwergrauhaardackel der Klägerin ist § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG. Nach dieser Vorschrift kann ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderung des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortgenommen und solange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich untergebracht werden, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist. Diese Vorschrift bildet zum einen die Rechtsgrundlage zum Erlass einer Fortnahme- und Unterbringungsanordnung, die die Kostenerstattungspflicht für die anderweitige pflegliche Unterbringung des Tieres dem Grunde nach entstehen lässt, und enthält zum anderen die Befugnis zum Erlass eines Kostenerstattungsbescheides, wobei der Leistungsbescheid die Kostenerstattungspflicht der Höhe nach konkretisiert (vgl. BVerwG U.v. 7.8.2008 – 7 C 7/08 -juris Rn. 23; BayVGH B.v. 7.11.2007 – 25 CS 07.1574 – juris Rn. 2). Es können Kosten für Transport, Unterbringung, Ernährung, Pflege und gegebenenfalls notwendige tierärztliche Behandlung eines dem Halter weggenommenen Tieres von diesem verlangt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass eine bestandskräftige oder für sofort vollziehbar erklärte Anordnung der Wegnahme und anderweitigen Unterbringung nach § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG vorliegt.
27
Die Kostenerstattungspflicht der Klägerin für die anderweitige pflegliche Unterbringung der fortgenommenen Hunde ergibt sich dem Grunde nach bereits aus Ziff. 1 des Bescheids vom 24. Oktober 2019. Darin wurde die bereits am 19. September 2019 durchgeführte Zwangsmaßnahme nachträglich gegenüber der Klägerin begründet. Die Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass über den konkreten Betrag eine gesonderte Kostenrechnung ergeht. Die Kostentragungspflicht wurde zum einen für sofort vollziehbar erklärt, zum anderen wurde die Klage gegen diesen Bescheid abgewiesen. Es steht damit rechtskräftig fest, dass die anfallenden Kosten für die anderweitige pflegliche Unterbringung der fortgenommenen Hunde von der Klägerin zu tragen sind.
28
2. Der streitgegenständliche Bescheid vom 12. Mai 2022 konkretisiert diese rechtskräftig feststehende Kostenerstattungspflicht lediglich noch in der Höhe. Vorliegend sind für die anderweitige Unterbringung der Hunde der Klägerin Aufwendungen dritter Personen entstanden, für die der Beklagte in Vorleistung getreten ist und diese verauslagt hat (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.6.2005 – 25 CS 05.295 – juris Rn. 5).
29
a. Dem streitgegenständlichen Bescheid waren die Rechnungen des Tierheims ... und der Tierklinik ... als Anlagen beigefügt, so dass sich der Gesamtrechnungsbetrag aus den Rechnungen, die wiederum in einzelne Rechnungspositionen aufgeschlüsselt waren, rechnerisch problemlos ermitteln lässt. Gegen das Rechenwerk im Bescheid selbst wurden auch keine substantiierten Einwendungen erhoben.
30
aa. Soweit die Klägerseite einwendet, die vom Tierheim ... in Rechnung gestellten Tagessätze seien zu hoch bzw. es hätte eine günstigere Unterbringungsmöglichkeit bestanden, dringt sie damit nicht durch.
31
Die nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG zu erstattenden Kosten bestimmen sich danach, welche Kosten durch die Unterbringung der Tiere dem Landratsamt tatsächlich entstanden sind, im konkreten Fall, welche Kosten dem Landratsamt durch Dritte in Rechnung gestellt worden sind. Bei den Tagessätzen des Tierheims handelt es sich um Kosten, die vom Landratsamt im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Tierheim zu bezahlen sind und an die Klägerin als Kostenschuldnerin für die tierschutzrechtliche Maßnahme weitergegeben werden. Dies entspricht den vertraglichen Bedingungen, unter denen das Tierheim generell bereit ist, einen Unterbringungsvertrag abzuschließen, unabhängig davon, wer das Tier vorübergehend in die Obhut des Tierheims gibt. Es ist nicht ersichtlich, dass das Landratsamt hier überhöhte Kostenansätze ungeprüft zu Lasten der Klägerin akzeptiert hätte. Dieser Abrechnungsmodus ist auch allgemein üblich, wie ein Vergleich zeigt, zumal laut Klägerin auch die von ihr in der Vergangenheit in Anspruch genommene Tierpension so verfahren ist, ohne dass die Klägerin dies moniert hätte.
32
Von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird eine Abrechnung nach Tagessätzen für zulässig erachtet (vgl. z.B. VG Sigmaringen, U. v. 22.6.1999 – 4 K 297/97 – BeckRS 2004, 24523; VG Cottbus, U.v. 4.9.2018 – 3 K 168/17 – juris Rn. 41; VG Ansbach, U.v. 7.12.2006 – AN 16 K 05.01664 – juris Rn. 65).
33
In dem hier vorliegenden Kontext ist es nicht die Aufgabe des Landratsamts, eine Offenlegung der Kostenkalkulation von Tierheimen oder Tierpensionen einzufordern und im Rahmen der dringlichen Beschaffung einer Unterbringungsmöglichkeit zeitraubende Recherchen und Kostenverhandlungen zu unternehmen, um eine möglichst kostengünstige und auch tatsächlich verfügbare Unterbringungsmöglichkeit zu erhalten (vgl. für den Fall einer Ersatzvornahme: VG München, U.v. 6.7.2016 – M 23.K 16.2107 – juris Rn. 39; Wernsmann/Wernsmann, 1. Aufl. 2020, VwZVG Art. 32 Rn. 26; siehe auch VG Würzburg; B.v. 27.1.2021 – W 9 S 20.2019 – juris Rn. 32). Vielmehr ist es ausreichend, wenn sich die Kosten im üblichen Rahmen bewegen und nicht überhöht erscheinen. Im Übrigen wäre es Sache der Klägerin gewesen, nach der Unterbringung in dem von der Behörde ausgewählten Tierheim konkrete Angebote anderer Einrichtungen vorzulegen, die geeignet und auch bereit gewesen wären, die Tiere aufzunehmen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 25.7.2022 – 3 L 125/21 -juris Rn. 36).
34
Wie bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert, lässt sich durch eine einfache Internetrecherche ersehen, dass sich die Tagessätze des Tierheims ... im durchaus üblichen Rahmen halten und nicht überhöht waren. Soweit die Klägerin vorbringt, man hätte die Tiere in der bereits von ihr in Anspruch genommenen Tierpension kostengünstiger unterbringen können, stellt sie dies lediglich unsubstantiiert in den Raum. Tierpensionen im Bereich … verlangen, was ebenfalls durch eine Internetrecherche ersichtlich ist, vergleichbare, wenn nicht sogar höhere Tagessätze als Tierheime. Zudem hat die Beklagtenseite darauf hingewiesen, dass in der Regel von Tierpensionen eine umfassende Versorgung mit Tierarztbesuchen, etc. nicht geleistet wird bzw. zusätzlich vergütet werden muss. In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass die Hunde keinen ordnungsgemäßen Impfstatus hatten, so dass bereits bezweifelt werden kann, ob eine nach regelgerechten Standards arbeitende Tierpension die Tiere ohne vorherige Impfung überhaupt aufgenommen hätte. Diese zwar von der Klägerin nach wie vor in Abrede gestellte Notwendigkeit vom Wiederholungsimpfungen führt auch dazu, dass vor einer Aufnahme ins Tierheim der Impfschutz überprüft und ggf. nachgeholt wird, um die Gefahr eines Weitertragens von evtl. bestehenden Erkrankungen zu vermeiden. Dies wird von den Tierheimen standardmäßig so gehandhabt, wie der im Termin anwesende Amtsveterinär ausgeführt hat. Die hiervon abweichende Einschätzung der Klägerin zur generellen Sinnhaftigkeit von Impfungen und ihr Vorbringen, von ihren Tieren sei bereits deshalb keine Gefahr ausgegangen, weil diese in ihrem Wohnanwesen völlig isoliert gelebt hätten, ist unmaßgeblich.
35
Das Gericht teilt auch die Auffassung des Landratsamts, dass eine exakte Auflistung einzelner Tätigkeiten in einem Tierheimbetrieb nicht leistbar wäre und zudem – würde man dafür inklusive der dazugehörigen verwaltungsmäßigen Erfassung und Nachweisbarkeit – eine „Gebührenliste“ aufstellen, es nicht auszuschließen wäre, dass bei dieser Verfahrensweise noch höhere Beträge herauskämen.
36
Dass die Klägerin einzelne, vom Tierheim in seiner Stellungnahme vom 3. Mai 2021 explizit aufgeführte Maßnahmen der Pflege und Unterbringung für unnötig ansieht, hat erkennbar auf die Höhe der Tagessätze keinen Einfluss. Zudem ist dies ihre Sicht der Dinge, die aber nicht dazu führen kann, die vom Tierheim nach bestem Wissen und Gewissen getroffenen Maßnahmen in Zweifel zu ziehen. Soweit die Klägerin vorbringt, die konkreten Umstände und Erschwernisse bei der Betreuung im Tierheim seien ihr nicht anzulasten, verkennt sie, dass dies zum einen auf den Tagessatz keinen Einfluss hat und sie zum anderen seit dem Verbringen der Tiere ins Tierheim mit einem Haltungs- und Betreuungsverbot belegt ist. Der Vorwurf, das Tierheim wolle sich an der Unterbringung ihrer Hunde bereichern, entbehrt jeder Grundlage.
37
Das Landratsamt musste auch nicht deshalb auf eine Aufschlüsselung der Tagessätze oder eine Reduzierung drängen, weil – wie die Klägerin vorträgt – die Zwergrauhaardackel weniger an Futterkosten verursachen als größere Hunde. Die übrigen Kosten entstehen unabhängig von der Größe und dem Appetit des Hundes.
38
bb. Soweit die Klägerin anführt, das Landratsamt habe zu hohe Kosten auflaufen lassen, weil es die Tiere zu spät an das Tierheim übereignet habe, ist dem entgegenzuhalten, dass dies dem laufenden Gerichtsverfahren geschuldet war und die Folge der von der Klägerin eingelegten Rechtsbehelfe ist. Denn mit dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, währenddessen das Landratsamt eine Veräußerung zurückgestellt hat, hat die Klägerin zu erkennen gegeben, dass sie eine Rückgabe der Tiere begehrt und mit einem Weiterverkauf nicht einverstanden ist. Hätte sie Erfolg gehabt, wäre für eine Kostenüberbürdung kein Raum gewesen. Andererseits muss sie aber auch das Risiko eines für sie negativen Verfahrensausgangs tragen.
39
cc. In dem Aktenvermerk vom 27. September 2019 über ein Telefonat eines Mitarbeiters des Landratsamts mit dem Tierheim (Bl. 17 der Behördenakte I im Verfahren B 1 K 19.1093), wonach diesem eine Summe von 40 EUR pro Tag für alle Hunde genannt worden ist, ist keine rechtsverbindliche Zusicherung im Sinne von Art. 38 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) zu sehen. Dieser stellt ein bloßes Verwaltungsinternum dar. Auch mit dem Hinweis im Bescheid vom 24. Oktober 2019 wurde der Klägerin nicht rechtsverbindlich zugesagt, dass für die Unterbringung der Hunde im nachfolgend noch zu erlassenden Kostenbescheid lediglich 40 EUR pro Tag in Rechnung gestellt würden. Vielmehr handelt es sich dabei zunächst um eine Erläuterung, welche Kosten der Klägerin überbürdet werden können und um die Weitergabe der zum damaligen Zeitpunkt der Behörde bekannten Information aus dem Telefonat mit dem Tierheim, was auch durch das Wort „derzeit“ kenntlich gemacht wurde. Hinweisen und Auskünften fehlt es generell an einem Rechtsbindungswillen der Behörde dahingehend, dass ein entsprechender Verwaltungsakt erlassen werde (vgl. Schoch/Schneider/Schröder, 5. EL Juli 2024, VwVfG § 38 Rn. 24-26). So liegt es auch hier.
40
b. Die Klägerin hat die Rechtmäßigkeit der Rechnung der Tierklinik ... vom 21. April 2020 nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Die Abrechnung der einzelnen Positionen erfolgte auf der Grundlage der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Insbesondere die Kosten für die Zahnbehandlungen und die Impfungen waren gerechtfertigt, da diese Maßnahmen aus tierärztlicher Sicht notwendig waren. Hierzu wird auf die Ausführungen in den Verfahren B 1 S 19.1092 und B 1 K 19.1093 sowie in den dazugehörigen zweitinstanzlichen Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verwiesen. Die amtstierärztliche Feststellung sowie der Bericht der Tierklinik ..., wonach der Zustand der Zähne der vier Zwergrauhaardackel in einem derart schlechten Zustand gewesen seien, dass die durchgeführten Behandlungen zwingend notwendig gewesen seien (hochgradiger Zahnsteinbefall mit unter Eiter stehenden, faulen Zähnen, bei einem Hund fast vollkommen frei liegende Zahnwurzeln und beginnende Auflösung des Kieferknochens), belegen einen massiven Verstoß gegen die Grundpflichten einer artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG und begründen damit auch die Notwendigkeit der Behandlung. Diese rechtskräftig festgestellten Mängel können damit nicht erneut zum Gegenstand des vorliegenden Kostenerstattungsverfahrens gemacht werden. Die von der Klägerin bereits im Verfahren B 1 K 19.1093 geäußerte Ansicht in Bezug auf die Notwendigkeit von Impfungen und eine regelmäßige Entwurmung ist irrelevant. Gleiches gilt für ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung, wonach die Hunde keinen regulären Impfschutz hatten, weil ihrer Ansicht nach eine einmalige Impfung im Welpenalter lebenslang ausreiche. Ihr Beharren auf ihrer Position vermag die Notwendigkeit der durchgeführten Impfungen und Entwurmung der Hunde nicht in Zweifel zu ziehen, da dies bereits ein (wenn auch untergeordneter) Grund für das ausgesprochene Haltungs- und Betreuungsverbot war. Ergänzend hat der Amtsveterinär unter Hinweis auf die Aufnahmebedingungen im Tierheim die Notwendigkeit der Impfungen nachvollziehbar erläutert (siehe hierzu auch die Ausführungen unter 2.a.aa).
41
Da die Klägerseite die einzelnen Kostenpositionen im streitgegenständlichen Bescheid nicht ansatzweise in Zweifel ziehen konnte, war für die angeregte Einholung eines Sachverständigengutachtens kein Raum.
42
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegende Beteiligte hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
43
4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – jedenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.