Inhalt

VG München, Beschluss v. 27.11.2025 – M 8 S 25.6393
Titel:

Anordnung von Sicherungsmaßnahmen, Bestimmtheit der Anordnung

Normenketten:
BayBO Art. 54 Abs. 2
BayBO Art. 9 Abs. 1
VwVfG Art. 37 Abs. 1
Schlagworte:
Anordnung von Sicherungsmaßnahmen, Bestimmtheit der Anordnung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 35502

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom ... September 2025 wird hinsichtlich Nr. 1 b wiederhergestellt und hinsichtlich Nr. 3 insoweit angeordnet als darin ein Zwangsgeld zu Nr. 1 b angedroht wurde.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf 2.500…. EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine bauaufsichtliche Anordnung der Antragsgegnerin zur Absicherung der Baustelle während der Bauausführung.
2
Die Antragstellerin ist Bauherrin eines Vorhabens zur energetischen Sanierung und zum Dachgeschossausbau mit Firstanhebung auf dem Grundstück Fl.Nr. 542/54 Gem. N. , R. straße 35 (im Folgenden: Baugrundstück).
3
Die Antragsgegnerin hielt in einem Aktenvermerk vom ... September 2025 fest, die Feuerwehr habe bei einem Einsatz am … August 2025 festgestellt, dass sich bei dem Anwesen auf dem Baugrundstück Konstruktionsteile des Daches in einem maroden Zustand befänden und Gefahr durch lose Dachziegel bestehe, die herabfallen könnten. Die Gefahr habe sich verschärft, da ein bisher vorhandenes Gerüst mittlerweile abgebaut worden sei und somit keine Sicherungsmaßnahmen mehr bestünden.
4
Mit Bescheid vom ... September 2025, der Antragstellerin per Postzustellungsurkunde am … September 2025 zugestellt, traf die Antragsgegnerin folgende Verfügung:
5
„1. Folgende Mängel sind unverzüglich, spätestens innerhalb von 8 Tagen nach Zustellung dieser Verfügung zu beseitigen:
6
a. Das Dach des genannten Gebäudes bzw. des genannten Bauvorhabens ist gegen herabfallende Ziegel entsprechend zu sichern.
7
b. Der Nachweis einer Statikprüfung zur Feststellung, ob die Holzkonstruktion weiterhin tragfähig ist, ist vorzulegen.
8
2. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wird angeordnet.
9
3. Für den Fall, dass die in Ziffer 1a und b aufgeführten Mängel bzw. die Auflagen nicht fristgerecht beseitigt bzw. erfüllt wird, werden folgende Zwangsgelder angedroht:
10
hinsichtlich 1 a: 750,00 Euro
11
hinsichtlich 1 b: 250,00 Euro.“
12
In den Gründen wurde ausgeführt, es sei am … August 2025 durch die Feuerwehr festgestellt worden, dass sich Konstruktionsteile des Daches in einem maroden Zustand befinden würden und die Gefahr durch lose Dachziegel, die herabfallen könnten, bestehe. Das nicht gesicherte Dach stelle eine Gefährdung für Leben und Gesundheit dar und widerspreche Art. 9 Abs. 1 BayBO, wonach Baustellen so einzurichten seien, dass keine Gefahren von der Baustelle ausgingen. Aufgrund der genannten Mängel sei die Verkehrssicherheit nicht gewährleistet. Vorbeigehende Passanten oder andere Nutzer des Grundstücks könnten durch das Herabfallen loser Dachziegel verletzt werden. Die Vorlage des geprüften Standsicherheitsnachweises sei notwendig, „um die Verkehrssicherheit der Maßnahme und ähnliches zu bestätigen“. Die Verfügung sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens notwendig geworden.
13
Mit Schriftsatz vom 19. September 2025 hat die Antragstellerin Klage gegen die Antragsgegnerin erhoben und die Aufhebung des Bescheids vom ... September 2025 beantragt (Verfahren M 8 K 25.6392). Über diese wurde bisher nicht entschieden.
14
Darüber hinaus beantragt sie vorliegenden Verfahren
15
die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom ... September 2025
16
hilfsweise, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung davon abhängig gemacht wird, dass die Antragstellerin die bestehende Absperrung der Baustelle aufrechterhält und temporäre Sicherheitsmaßnahmen am Dach innerhalb einer angemessenen Frist (zum Beispiel 8-10 Wochen) umsetzt.
17
Die Antragstellerin sei Eigentümerin und Verfügungsberechtigte des Anwesens R. straße 35. Das Gebäude werde derzeit saniert. Ein mit der Sanierung beauftragter Werkunternehmer habe am … August 2025 eigenmächtig und gegen den Willen der Antragstellerin das Gerüst entfernt. Trotz der Verständigung der Polizei durch die Antragstellerin habe diese den Abbau unterstützt, obwohl die Antragstellerin der Polizei mitgeteilt habe, dass der Werkunternehmer nicht zum Abbau des Gerüsts befugt sei. Durch die Entfernung des Gerüsts sei die nunmehr behauptete Situation entstanden, die sich nicht als Gefahrenlage darstelle. Die Baustelle sei nach Abbau des Gerüsts durch Absperrmaßnahmen gesichert. Es bestehe keine Gefahr für Passanten oder den öffentlichen Verkehr. Das Mobilitätsreferat der Antragsgegnerin habe am … September 2025 einen Antrag auf Sondernutzungserlaubnis für die Absperrung verlangt, obwohl diese Absperrung durch die Antragsgegnerin selbst veranlasst worden sei. Die von der Antragsgegnerin gesetzte Frist von 8 Tagen zur Errichtung eines Gerüsts bzw. Vorlage eines Sachverständigengutachtens sei objektiv nicht einhaltbar. Die kurzfristige Wiedererrichtung eines Gerüsts sei praktisch unmöglich, ebenso wie ein fachgerechtes Gutachten. Der Antrag sei begründet, da die Tatbestandsvoraussetzungen der angefochtenen Verfügung nicht vorliegen würden. Eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit liege nicht vor, da das Mansarddach im oberen Teil bereits eingedeckt sei. Die behauptete Gefahrenlage sei nur durch die eigenmächtige Entfernung des Gerüsts und das Dulden/Unterstützen dieses Handelns durch die Polizei entstanden. Eine Gefahrenzurechnung gegenüber der Antragstellerin sei daher zweifelhaft. Die angeordneten Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Die Frist zur Errichtung eines Gerüsts sei objektiv unerfüllbar und ermessensfehlerhaft. Bei einer Interessenabwägung überwiege das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da eine sofortige Durchsetzung der Anordnungen erhebliche irreversible Kostenfolgen habe, während konkrete Anhaltspunkte für Herabfallen die Ziegel fehlen würden.
18
Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2025 beantragt die Antragsgegnerin
19
den Antrag abzulehnen.
20
Die Bauaufsichtsbehörde könne an bestandsgestützte Anlagen Anforderungen stellen, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig sei. Hier liege eine konkrete Gefahr im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 BayBO vor, da mangels gesicherter Baustelleneinrichtung in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich zu rechnen sei. Es sei vor Ort am … August 2025 festgestellt worden, dass sich Konstruktionsteile vom Dach in einem maroden Zustand befänden und eine konkrete Gefahr durch lose Dachziegel bestehe. Hierauf sei die Antragstellerin auch schon vor Erlass der Verfügung telefonisch hingewiesen worden. Trotz einer bereits erfolgten Aufforderung der Polizei, unverzüglich Maßnahmen zur Sicherung und Beseitigung der Gefahr zu ergreifen, sei zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung nicht bekannt, ob dieser Aufforderung schon nachgekommen worden sei. Die mit der Zwangsgeldandrohung verbundene Fristsetzung sei rechtmäßig. Sie sei angesichts der konkreten Gefährdung für Leben und Gesundheit angemessen. Eine Aufforderung zur Wiederaufstellung eines Gerüsts beinhalte die Verfügung nicht. Vielmehr solle das Vorhaben gegen herabfallende Dachziegel gesichert werden. Der Bauherr könne selbst entscheiden, auf welche Art und Weise er dies umsetze. Bei der Anordnung zur Vorlage eines Nachweises der Statikprüfung hinsichtlich der Holzkonstruktion handle es sich um eine vorbereitende Maßnahme, um den Erlass möglicher repressiver Maßnahmen prüfen zu können.
21
Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und im Verfahren M 8 K 25.6392 Bezug genommen.
II.
22
Der als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen in Nr. 3 und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 1 des Bescheids vom ... September 2025 zu verstehende Antrag ist zulässig und teilweise begründet.
23
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, wiederherstellen bzw. im Fall eines gesetzlichen Sofortvollzugs anordnen. Das Gericht prüft, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtmäßig ist. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage abzuwägen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535 – juris Rn. 18; Hoppe in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 85 ff.).
24
1. Die Anordnung des Sofortvollzugs erfolgte formell rechtmäßig, da die Antragsgegnerin gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich begründet und sich damit auseinandergesetzt hat, wieso gerade im konkreten Fall ein Aufschub der Anordnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht hingenommen werden kann. Ob die Begründung rechtlich zutreffend ist, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit.
25
2. Bei summarischer Überprüfung erweist sich Nr. 1 b des Bescheides vom ... September 2025 als rechtswidrig. Die hiergegen und gegen die hierauf bezogene Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids gerichtete Klage wird daher voraussichtlich Erfolg haben, weshalb deren aufschiebende Wirkung insoweit wiederherzustellen bzw. anzuordnen war.
26
2.1 Der Anordnung in Nr. 1 b fehlt es bereits an einem hinreichend bestimmten Inhalt i.S.v. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.
27
Weder aus dem Wortlaut der Anordnung noch aus der Begründung des Bescheids oder den der Antragstellerin bekannten Umständen ist zu erkennen, was mit der Anordnung vom Adressaten verlangt wird.
28
Zwar lässt sich aus dem Wortlaut der Anordnung noch erschließen, dass ein Nachweis vorgelegt werden soll, der belegt, dass durch einen Statiker die Tragfähigkeit einer Holzkonstruktion beurteilt wurde. Es ist jedoch weder erkennbar, auf welche Holzkonstruktion sich die Prüfung bezieht noch welches Ziel und welchen Inhalt die Prüfung haben soll. In den Gründen des Bescheids wird lediglich ausgeführt, dass „sich Konstruktionsteile vom Dach in einem maroden Zustand“ befinden würden. Im Übrigen wird eine Gefahrenlage maßgeblich mit losen Dachziegeln begründet. Welche Holzkonstruktionen beanstandet werden, bleibt im Dunkeln. Eine Klärung, ob es sich um eine Statikprüfung der gesamten Dachkonstruktion handeln soll oder einzelne Teile der Dachlattung untersucht werden sollen, ist weder anhand der Behördenakten noch aus dokumentierten Informationen gegenüber der Antragstellerin ersichtlich. In den von der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Fotos ist lediglich erkennbar, dass eine einzelne Dachlatte gebrochen ist. Zwar würde dies dafür sprechen, dass eine Prüfung der Dachlattung gewollt ist. Dies widerspricht indes dem weiten Wortlaut der Anordnung. Zudem erscheint eine Prüfung der Dachlattung durch einen Statiker kaum sinnvoll. Insoweit läge eine bloße Sichtprüfung auf Beschädigungen nahe.
29
Unabhängig von der fehlenden Bestimmtheit der Anordnung erschließt sich dem Gericht auch nicht, aufgrund welcher konkret festgestellten Gefahrenlage eine Prüfung der gesamten Holzkonstruktion veranlasst sein sollte. Obwohl dem Grunde nach auch ein Gefahrverdacht als Grundlage einer Anordnung nach Art. 54 Abs. 2 BayBO in Betracht kommt, hat die Antragsgegnerin keine Umstände genannt oder ermittelt, die einen solchen Gefahrverdacht bezogen auf den gesamten Dachstuhl begründen könnten. Die Übernahme eines nur behaupteten Eindrucks der Feuerwehr reicht für den erforderlichen konkreten Gefahrverdacht zweifelsohne nicht.
30
2.2 Da durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Nr. 1 b des Bescheids vom … September 2025 die Vollstreckbarkeit der Anordnung innerhalb des Fristablaufs entfällt, fehlt es auch an den Voraussetzungen für die Androhung des auf diese Anordnung bezogenen Zwangsgeldes i.H.v. 250 EUR in Nr. 3 des Bescheids (Art. 19 Abs. 1 VwZVG). Insoweit war daher die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
31
3. Soweit sich der Antrag auf die Nr. 1 a des Bescheids vom ... September 2025 und das hierzu angedrohte Zwangsgeld bezieht, bleibt er ohne Erfolg, da auch die Klage in der Hauptsache insoweit voraussichtlich erfolglos bleiben wird
32
3.1 Rechtsgrundlage für die mit Bescheid vom ... September 2025 erlassene bauaufsichtliche Maßnahme in Nr. 1 a ist Art. 54 Abs. 2 BayBO i.V.m. Art. 9 Abs. 1 BayBO.
33
Danach kann die Antragsgegnerin als Bauaufsichtsbehörde (Art. 53 Abs. 1 Satz 1 BayBO) in Wahrnehmung der ihr nach Satz 1 obliegenden Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen. Zu den Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde nach Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO gehört dabei, bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlichrechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Im vorliegenden Fall dient die Anordnung der Einhaltung der Vorgaben des Art. 9 Abs. 1 BayBO, wonach die Baustelle so beschaffen sein muss, dass bauliche Anlagen den Vorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik gemäß errichtet, geändert, instandgehalten oder beseitigt werden können und durch sie weder Gefahren noch vermeidbare Nachteile oder vermeidbare Belästigungen entstehen noch von ihr ausgehen können. Die Regelung dient auch dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 u.a. – juris Rn. 40).
34
Der derzeitige Zustand der Dacheindeckung stellt eine Gefahr im vorgenannten Sinne dar. Aus den von der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Fotos ist ersichtlich, dass die Dacheindeckung derzeit unvollständig ist. In weiten Teilen des Daches ist die offene Dachlattung zu erkennen und die bereits verlegten Dachplatten enden ohne absichernden Abschluss. Aufgrund der teilweise offenen Dachhaut besteht die Gefahr, dass die bereits verlegten Dachplatten bei Starkwind abgehoben werden und vom Dach stürzen. Nachdem das Gebäude auf der Grenze des Baugrundstücks steht und unmittelbar an öffentliche Verkehrsflächen anschließt, ist zu befürchten, dass die nicht gesicherten Dachplatten beim Herabfallen Passanten erheblich verletzen.
35
Die Gefahrenlage ist auch nicht dadurch entfallen, dass derzeit eine provisorische Absperrung der öffentlichen Straße besteht, um Passanten zu schützen. Denn die faktische Sperrung der Straße ist nicht rechtlich gesichert und kann damit entfallen, ohne dass die als Bauherrin für die Baustellensicherung verantwortliche Antragstellerin (vgl. Art. 49 BayBO) dies beeinflussen könnte. Eine zeitlich begrenzte Straßensperrung durch am Bau unbeteiligte Dritte reicht zur Erfüllung der Bauherrenpflichten zur Gefahrenabwehr nicht aus (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2024 – 15 CS 24.1646 – juris Rn. 15).
36
Im Rahmen des gem. § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkten Überprüfungsumfangs ist auch die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden. Die Anordnung ist insbesondere verhältnismäßig. Anders als die Antragstellerin annimmt, beinhaltet die Anordnung in Nr. 1 a des streitgegenständlichen Bescheids keine Verpflichtung zur Erstellung eines Baugerüsts. Vielmehr wird die Antragstellerin nur zur Sicherung des Gebäudes gegen herabfallende Dachziegel verpflichtet. Damit kann die Antragstellerin jedes geeignete Mittel wählen, um das Herabfallen zu verhindern. Dabei kommt beispielsweise auch eine Sicherungsmaßnahme an der Traufe der des Gebäudes oder eine Sicherung des gesamten Daches durch Planen in Betracht, wenn damit das Herabfallen von Dachziegeln verhindert wird. Aufgrund der der Antragstellerin eingeräumten Wahlmöglichkeit hat die Antragsgegnerin das mildeste Mittel gewählt, das geeignet ist, die Gefahr zu beseitigen.
37
Die Antragstellerin ist als Bauherrin auch richtige Adressatin der Anordnung. Die mit der Anordnung geforderte Einhaltung der Anforderungen des Art. 9 Abs. 1 BayBO obliegt in allererster Linie dem Bauherrn (vgl. Kraus in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand September 2025, Art. 9 Rn. 25). Der Vortrag der Antragstellerin, die Gerüstbaufirma oder die Polizei hätten die Gefahrenlage verursacht, lässt diese Verantwortlichkeit nicht entfallen. Bei der gebotenen raschen und effektiven Gefahrenabwehr ist es nicht zu beanstanden, den nach Art. 49 BayBO für die Baustelle verantwortlichen Bauherren für die Maßnahme heranzuziehen. Eine Ermittlung von anderen Verantwortlichen widerspräche dem Zweck der unmittelbaren Gefahrenabwehr.
38
3.2 Die Zwangsgeldandrohung und die Fristsetzung erweisen sich als rechtmäßig. Die Voraussetzungen des Art. 19, 29 VwZVG liegen vor. Die Höhe des Zwangsgeldes, das sich im gesetzlichen Rahmen befindet (vgl. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG), begegnet keinen Bedenken. Die gesetzte Frist (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) ist angemessen.
39
Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass die Frist von 8 Tagen nicht einhaltbar sei, beruht dies auf der unzutreffenden Annahme, die Anordnung unter Nr. 1a beinhalte zwingend die Aufstellung eines Baugerüsts. Nachdem die Sicherung auch auf einfachere Weise erfolgen kann, ist die Frist ausreichend, um geeignete Maßnahmen durchzuführen. Die Antragsgegnerin konnte bei der Fristsetzung die erhebliche Unfallgefahr durch das ungesicherte Dach berücksichtigen. Angesichts des bedrohten Rechtsguts in Form der körperlichen Unversehrtheit war ein unverzügliches, kurzfristiges Tätigwerden geboten.
40
4. Die hilfsweise beantragte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unter bestimmten Bedingungen kommt nicht in Betracht. Eine solche gerichtliche Entscheidung unter Auflagen kommt nur in Frage, wenn dies im Rahmen der gerichtlichen Interessenabwägung bei offenen Erfolgsaussichten geboten wäre. Wie vorstehend ausgeführt, sind die Erfolgsaussichten nicht als offen anzusehen.
41
5. Die Kosten des Verfahrens waren angesichts des gleichmäßigen Unterliegens und Obsiegens der Parteien gegeneinander aufzuheben (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
42
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs.