Inhalt

VG München, Urteil v. 12.11.2025 – M 7 K 24.4620
Titel:

Zulassung zu öffentlicher Einrichtung, Nutzung einer Sportanlage durch Sportverein, Zwei-Stufen-Theorie, Kündigung des zivilrechtlichen Nutzungsvertrags, Keine Beendigung des öffentlichrechtlichen Nutzungsverhältnisses

Normenketten:
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1
GO Art. 21
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2
BayVwVfG Art. 28
Schlagworte:
Zulassung zu öffentlicher Einrichtung, Nutzung einer Sportanlage durch Sportverein, Zwei-Stufen-Theorie, Kündigung des zivilrechtlichen Nutzungsvertrags, Keine Beendigung des öffentlichrechtlichen Nutzungsverhältnisses
Fundstelle:
BeckRS 2025, 35495

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass durch die Kündigung des Nutzungsvertrags vom 11. Februar 2015 einschließlich sämtlicher Nachträge mit Schreiben der Beklagten vom 2. Mai 2024 das öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnis nicht zum 31. Dezember 2024 beendet wurde.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger, ein Sportverein, wendet sich gegen die Kündigung des Nutzungsvertrags für das von ihm genutzte Sportgelände der Beklagten.
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Dem Kläger war von der Beklagten seit 1999 die gesamte städtische Sportanlage an der …straße mit Ausnahme der Tennisplatzanlage (zuletzt) mit Vertrag vom 11. Februar 2015 entgeltlich zur eigenständigen Nutzung übertragen worden.
3
Nach Stadtratsbeschluss vom 23. April 2024 kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 2. Mai 2024 den Nutzungsvertrag vom 11. Februar 2015 einschließlich sämtlicher Nachträge fristgerecht zum 31. Dezember 2024. Das Gelände sei sehr groß und solle auch anderen Vereinen zugänglich gemacht werden. Eine zunächst von Seiten der Beklagten diskutierte gänzliche Übernahme der Sportanlagen durch einen anderen Verein mit teilweiser Untervermietung an den Kläger war von diesem Verein abgelehnt worden.
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Dem Kläger wurde ein neuer Nutzungsvertrag, befristet bis 31. Dezember 2027, über einen Teil der Sportanlage angeboten. Der andere (kleinere) Teil (Bolzplatz sowie eine Garage) sollte einem anderen Sportverein vertraglich zur Nutzung überlassen werden. Bestimmte Teile (Vereinsheim) sollten (unter Aufteilung von Raumflächen) gemeinsam genutzt werden. Jeder Verein sollte für die ihm überlassenen Flächen und Räumlichkeiten eigenständig und eigenverantwortlich die Wartung, Pflege, Instandhaltung, Erneuerung und den Unterhalt übernehmen. Für die gemeinschaftlich genutzten Flächen sollte der Kläger dies allein übernehmen und entsprechend einen höheren Betrag in der noch abzuschließenden Zuschussvereinbarung erhalten. Die durch die Betriebskostenvorauszahlung und Betriebskostenabrechnung sowie das Nutzungsentgelt entstehenden Kosten sollten beide Vereine durch die jeweils abzuschließende Zuschussvereinbarung gegenüber der Beklagten geltend machen können. Die Betriebskosten und die Nutzungsentgelte sollten entsprechend des übertragenen Flächenanteils definiert werden (vgl. Beschlussvorlage Nr. 3258/2024).
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Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 26. Juni 2024 mit, dass einstimmig beschlossen worden sei, dass er den Nutzungsvertrag ab 2025 nicht unterzeichnen könne. Der sittenwidrige Vertrag sei dadurch erwirkt worden, dass von der Verwaltungsleitung, insbesondere vom Amtsleiter, der Stadtrat mehrfach falsch informiert worden sei.
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Am 1. August 2024 erhob der Kläger zu Protokoll Klage mit dem Ziel, dass die Beklagte erneut über die Kündigung des Nutzungsvertrags vom 11. Februar 2015 bzw. die Inhalte des neuen Nutzungsvertrags entscheiden solle, wobei ihren Organen korrekte Informationen zum Sachverhalt darzulegen seien. Der neue Vertrag würde den Kläger finanziell massiv beeinträchtigen bzw. das Aus für den Verein bedeuten, da dieser u.a. regele, dass der Kläger die Betriebskosten des gesamten Geländes zu tragen habe, obwohl weitere Vereine die Anlage nutzten. Außerdem werde der Kläger zu städtischen Obliegenheiten, wie die Instandsetzung der Flutlichtanlage und der Pflege des großen städtischen Baumbestands des Geländes verpflichtet. Dies seien keine Bestandteile des alten Vertrags gewesen. Aufgrund der „Sittenwidrigkeit“ des neuen Vertrags bzw., da die Unterzeichnung des Vertrags aufgrund der massiven beeinträchtigenden Regelungen das Aus für den Verein bedeute, könne der Kläger den Vertrag nicht unterschreiben. Die Kündigung und der neue Vertrag seien durch den Stadtrat nur beschlossen worden, da der Sachvortrag Unwahrheiten enthalten habe (bzw. Punkte angedeutet worden seien, die den Kläger negativ darstellten), aufgrund derer die Stadtratsmitglieder dem Beschlussvorschlag zugestimmt hätten. Es sei u.a. impliziert worden, dass der Verein der Stadt falsche Informationen habe zukommen lassen, um städtische Zuschüsse zu erhalten. Dass es sich um Unwahrheiten gehandelt habe, bzw. die Informationen, die durch die Stadtverwaltung vorgetragen worden seien, zu Lasten des Klägers negativ aufgefasst worden seien, sei erst nach der Sitzung im Austausch zwischen den Stadtratsmitgliedern und dem Kläger deutlich geworden. Der Kläger habe die Beklagte im April 2024 erstmals um Einsicht in die Unterlagen zum Stadtratsbeschluss gebeten. Die Einsicht sei bis heute nicht erteilt worden.
7
Am 18. November 2024 stellte der Kläger einen Eilantrag (M 7 E 24.6849) zu Protokoll des Gerichts mit dem Ziel der Fortdauer der Überlassung der von ihm genutzten städtischen Sportanlage. Zur Begründung trug er vor, er dürfe gegen bestimmte Geländepflegemaßnahmen das Sportgelände seit 1999 nutzen, zuletzt geändert durch Vertrag von 2015. Im Laufe der Zeit seien die dafür vereinbarten finanziellen Leistungen immer weiter gekürzt worden. Durch den neuen Vertrag müsste der Kläger vier seiner Mitarbeiter entlassen, da ihm durch die Änderungen die Mittel für deren Bezahlung fehlen würden. Die Beklagte plane, den Kläger bereits in einer nichtöffentlichen Stadtratssitzung am 26. November 2024 vom Gelände zu werfen, weshalb der Eilantrag gestellt werde. Durch den Amtsleiter der Beklagten seien diverse Einigungsgespräche mit dem Kläger so geändert worden, dass im Stadtrat Stimmung gegen diesen gemacht worden sei. Die Darstellungen entsprächen jedoch nicht der Wahrheit. Auf dem beigefügten Plan sei ersichtlich, welche Baumflächen auf dem Grundstück gepflegt werden müssten. Die dort befindlichen Bäume hätten alle besondere Kennzeichnungen und bedürften einer besonderen Pflege. Laut dem Amtsleiter müsse diese Pflege in Höhe von 30.000 Euro vom Kläger übernommen werden. Dieser habe hierfür jedoch nicht die Mittel, weshalb die Baumpflege bislang aus den Pflegemaßnahmen herausgenommen gewesen sei. Des Weiteren habe der Kläger erfahren, dass sich auf dem Gelände seit September 2023 zwei einsturzgefährdete Flutlichtmasten befänden, worüber ihn die Beklagte nicht informiert habe. In den Schriftsätzen der Verwaltungsleitung werde der Eindruck erweckt, dass zwei Sportvereine von dem Kläger nicht auf das Sportgelände gelassen würden. Dies sei falsch, es werde auf ein Schreiben des Präsidenten an die Beklagte aus dem Jahr 2002 verwiesen, in dem festgehalten sei, dass die beiden betroffenen Vereine schon immer Zugang zu dem Gelände gehabt hätten. In diesem Schreiben werde auch schon auf die erheblichen Mängel der Bauwerke und des Stadions mit der Flutlichtanlage hingewiesen. Mit dem neuen Vertragswerk solle sich der Kläger bereit erklären, sämtliche Sanierungskosten dieser Gebäude zu übernehmen, was den Verein in die sofortige Insolvenz treiben würde. Es könne nicht sein, dass der Verein die Sanierung der städtischen Gebäude komplett zahlen müsse. Laut dem beigefügten Gutachten solle allein die Elektrosanierung der Flutlichtanlage über 100.000 Euro kosten. Das sei für einen Sportverein nicht leistbar.
8
Der Kläger beantragt zuletzt,
Es wird festgestellt, dass durch die Kündigung des Nutzungsvertrags vom 11. Februar 2015 einschließlich sämtlicher Nachträge mit Schreiben der Beklagten vom 2. Mai 2024 das öffentlichrechtliche Nutzungsverhältnis nicht zum 31. Dezember 2024 beendet wurde.
9
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
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Sie trägt vor, der Verwaltungsrechtsweg sei nicht eröffnet, da es um einen zivilrechtlichen Nutzungsvertrag gehe. Bei der Sportanlage handele es sich um keine öffentliche Einrichtung nach Art. 21 GO, sondern um eine Sportanlage im Eigentum der Beklagten, die nur an einen oder mehrere Sportvereine für deren Nutzung vermietet bzw. verpachtet werde, ohne dass sie „allen Gemeindeangehörigen“ im Sinne des Art. 21 GO zur Nutzung überlassen würde. Der Nutzungsvertrag vom 11. Februar 2015 könne gemäß dessen § 12 Nr. 1 mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Die Angabe eines besonderen Kündigungsgrunds sei nicht erforderlich. Die Beklagte habe sich aus verschiedenen Gründen entschieden, den Nutzungsvertrag fristgemäß zu kündigen und für die Folgezeit eine Neuregelung zu treffen. So hätte der Kläger seine erste und zweite Herrenmannschaft vom Spielbetrieb abgemeldet. Bislang hätten laut Aufteilung der Raum- und Außenflächen dem Kläger 90,94% der Anlage zur Verfügung gestanden, 9,06% dem Tennisclub. Die Beklagte möchte nunmehr den „… …“ (American Football) des Turn- und Sportverein … e.V. weitere 18,86% der Anlage überlassen, sodass (mittels eines neuen Nutzungsvertrags) dem Kläger 72,08% überlassen würden. Nach Ansicht der Beklagten sei das für den Bedarf des Klägers ausreichend. Schon innerhalb des ungekündigten ehemaligen Nutzungsvertrags hätten für den Kläger diverse Duldungs- und Mitwirkungspflichten im Falle von Änderungen städtischer Planungen bestanden. So heiße es in § 1 Nr. 4 des Vertrags vom 11. Februar 2015: „Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass durch städtische Planungen in Bezug auf die Sportplätze als auch auf das Gebäude sich während der Vertragslaufzeit Änderungen ergeben können. Der Verein verpflichtet sich, soweit nicht schon in diesem Vertrag geregelt, Einschränkungen der Nutzung durch die Stadt hinzunehmen und gegebenenfalls bei einer Anpassung des Vertrages mitzuwirken.“ Umso weniger sei es nachvollziehbar, dass nach Kündigung des Vertrags, für welche kein Grund erforderlich gewesen sei, der Abschluss eines neuen Nutzungsvertrags so energisch verweigert werde. Die Beklagte habe sich nachhaltig bemüht, mit dem Präsidenten des Klägers eine einvernehmliche Regelung zu finden. Eine Unwirksamkeit der Kündigung sei nicht ansatzweise ersichtlich. Es gebe keinen Kontrahierungszwang. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, dem Kläger die Anlage nach Ende des Nutzungsvertrags überhaupt zur Verfügung zu stellen. Der Kläger müsse den neuen Nutzungsvertrag nicht abschließen und die Beklagte keinen neuen Nutzungsvertrag vereinbaren. Dessen ungeachtet habe die Beklagte über eine Räumung der Anlage durch den Kläger ab dem 1. Januar 2025 noch nicht entschieden. Wenn es soweit käme, hätte der Kläger entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Räumung.
11
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 25. November 2024 (M 7 E 24.6849) hat die Kammer die Beklagte verpflichtet, dem Kläger vorläufig bis zu einer Entscheidung in diesem Klageverfahren die von ihm derzeit genutzte Sportanlage der Beklagten über den 31. Dezember 2024 hinaus nach Maßgabe der derzeit gültigen Bedingungen zur Fortführung dieser Nutzung zu überlassen.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Eilverfahren (M 7 E 24.6849) sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13
Für die Klage ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14
Es handelt sich um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art. Die Beteiligten streiten zwar vordergründig um die Wirksamkeit der Kündigung des zuletzt mit Vertrag vom 11. Februar 2015 geschlossenen Nutzungsvertrags und damit um ein privatrechtliches Vertragsverhältnis. Bei der von der Beklagten errichteten und zur Nutzung durch Sportvereine bereitgestellten Sportanlage im städtischen Eigentum handelt es sich jedoch um eine öffentliche Einrichtung im Sinne von Art. 21 GO. Bei der Zulassung zu einer solchen Einrichtung besitzt die Gemeinde keine Wahlfreiheit zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht. Gleichgültig welche Rechtsnatur das Benutzungsverhältnis besitzt, die Zulassung zur Einrichtung unterliegt stets der Beurteilung durch das öffentliche Recht und damit der Erkenntniszuständigkeit der Verwaltungsgerichte (vgl. BayVGH, B.v 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – juris Rn. 35 m.w.N.).
15
Öffentliche Einrichtungen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO sind alle Verwaltungsressourcen (Personal- und Sachmittel), die von einer Gemeinde durch Widmungsakt der allgemeinen Benutzung durch Ortsansässige zur Verfügung gestellt und von ihr im öffentlichen Interesse unterhalten werden. Eine Einrichtung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO setzt demnach voraus, dass die Gemeinde eine ihr obliegende Aufgabe wahrnimmt und im Wege einer Widmung, die auch durch konkludentes Handeln geschehen kann, den Einrichtungszweck sowie den Benutzerkreis festlegt (vgl. BayVGH, B.v. 3.7.2018 – 4 CE 18.1224 – juris Rn. 13 m.w.N.; U.v. 30.9.2020 – 4 B 20.1116 – juris Rn. 24).
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Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Mit der Überlassung der von der Beklagte errichteten und finanziell geförderten Sportanlagen an örtliche Sportvereine, wie auch dem Kläger, erfüllt die Beklagte eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe. Nach Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO sollen die Gemeinden im eigenen Wirkungskreis in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit u. a. die öffentlichen Einrichtungen schaffen und erhalten, die nach den örtlichen Verhältnissen für die Förderung des Gemeinschaftslebens ihrer Einwohnerinnen und Einwohner erforderlich sind. Der Förderung des Gemeinschaftslebens dienen vor allem sportliche, soziale und kulturelle Einrichtungen (vgl. Bauer/Böhle/Ecker/Kuhne, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Februar 2024, Art. 57 GO Rn. 6). Für eine gemeindeeigene, mit öffentlichen Mitteln gebaute Sportanlage besteht die Vermutung, dass die Gemeinde sie zur Benutzung durch Sportler und Sportvereine aus ihrem Gebiet geschaffen und gewidmet hat (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.1990 – 4 CE 90.2468 – BayVBl. 1990,86; Bauer/Böhle/Ecker/Kuhne, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Februar 2024, Art. 21 GO Rn. 19, 60).
17
Es gibt bei der Beklagten insgesamt fünf städtische Fußball-Sportanlagen, die per Nutzungsvertrag an die jeweiligen Fußballvereine zur eigenständigen sportlichen Vereinsnutzung überlassen sind; eine jeweilige Zuschussvereinbarung regelt den anteiligen städtischen Ausgleich der den Vereinen entstehenden Kosten für Wart und Pflege der Anlagen (vgl. Beschlussvorlage Nr. 3133/2023). Neben dem Kläger wird das (hier betroffene) Sportgelände auch von einem Tennisverein genutzt, zudem erhalten entsprechend einer vertraglichen Verpflichtung des Klägers auch andere Vereine bzw. Teile von diesen Zugang zu den Sportanlagen (vgl. § 2 Nr. 4 und Anlage 3 Nutzungsvertrag 2015). Weiterhin hat sich die Beklagte vorbehalten, dass sie selbst oder die Schulen bei Bedarf die Sportanlage (einvernehmlich) nutzen können (vgl. § 2 Nr. 5 Nutzungsvertrag 2015). Die für die Annahme einer öffentlichen Einrichtung unabdingbare Widmung durch den Einrichtungsträger ist zwar nicht ausdrücklich erfolgt. In der tatsächlichen Vergabepraxis der Beklagten kann aber eine konkludente Widmung gesehen werden (vgl. BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 4 B 20.1116 – juris Rn. 26 m.w.N.; VG München, B.v. 25.11.2024 – M 7 E 24.6849 – Rn. 18). Die Beklagte hat sich hierzu im Übrigen im weiteren Verfahren nicht weiter geäußert, sodass eine von der im Eilverfahren zugrunde gelegten Bewertung abweichende Beurteilung nicht veranlasst ist.
18
Die zulässige Klage hat Erfolg.
19
Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig.
20
Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss „in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig“ sein. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2010 – 8 C 19/09 – juris Rn. 24).
21
Ein solches Rechtsverhältnis liegt hier vor, da die Beteiligten darüber streiten, ob es sich bei der von dem Kläger genutzten Sportanlage um eine öffentliche Einrichtung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 GO handelt und darüber, welche rechtlichen Folgen sich daraus ggf. ergeben. Der Kläger kann seine Rechte auch nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage geltend machen (vgl. § 43 Abs. 2 GO), da konkret das Bestehen oder Nichtbestehen eines öffentlichrechtlichen Benutzungsverhältnisses zwischen den Beteiligten streitig ist (vgl. auch BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 4 B 20.1116 – juris Rn. 19 ff.).
22
Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung. Das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse, insbesondere auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2010 – 8 C 19/09 – juris, Rn. 37). Der Kläger hat als Sportverein, der auf die Nutzungsmöglichkeit von Sportanlagen existenziell angewiesen ist, ein offensichtliches Interesse an einer weiteren Nutzung des ihm überlassenen Sportgeländes und die Beklagte hält weiterhin an ihrem Vorhaben fest, den Nutzungsvertrag zu kündigen bzw. das Nutzungsverhältnis zu beenden, sodass auch eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht. Zudem vertritt sie weiterhin die Auffassung, dass es sich bei der Sportanlage nicht um eine öffentliche Einrichtung im Sinne der Gemeindeordnung handelt (vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 4 B 20.1116 – juris Rn. 21).
23
Die Klage ist auch begründet.
24
Der Kläger hat gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 GO einen Anspruch auf Zugang, d.h. Nutzung der Sportanlage als öffentliche Einrichtung. Das öffentlichrechtliche Nutzungsverhältnis wurde durch die wirksame Kündigung des bestehenden Nutzungsvertrags allein nicht beendet.
25
Der Kläger wurde konkludent zu der Nutzung des Sportgeländes zugelassen und hat dadurch neben dem vertraglichen Nutzungsrecht auch eine öffentlichrechtliche Rechtsstellung erlangt. Erfolgt der Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung wie hier in einem zweistufigen Verfahren, bei dem zunächst durch einen (ausdrücklich oder konkludent erlassenen) Verwaltungsakt über das „Ob“ der Nutzung und sodann durch zivilrechtlichen Vertrag über das „Wie“ und somit über die konkrete Art und Weise der Nutzung entschieden wird, war strittig, inwieweit diese beiden rechtlichen Ebenen voneinander abhängig sind bzw. aufeinander einwirken. Nunmehr ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt, dass sich mit dem Zustandekommen des zivilrechtlichen Vertrags die vorhergehende öffentlichrechtliche Zulassungsentscheidung nicht durch Vollzug auf „andere Weise“ im Sinne des Art. 43 Abs. 2 Var. 5 BayVwVfG erledigt, sondern das durch Verwaltungsakt begründete öffentlichrechtliche Rechtsverhältnis parallel zu der zivilrechtlichen Vertragsbeziehung fortbesteht (vgl. BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 4 B 20.1116 – juris Rn. 30 m.w.N.). Die auf Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO beruhende gemeindliche Zulassungsentscheidung vermittelt bei sach- und interessengerechter Auslegung nicht lediglich ein Recht auf Vertragsschluss, sondern zugleich ein subjektivöffentliches Recht auf Festhalten an dem geschlossenen Vertrag. Der den Zugangsanspruch feststellende Verwaltungsakt fungiert insoweit als Rechtsgrund für das Behaltendürfen der erlangten Rechtsstellung. Die dadurch erlangte Rechtsposition, die als öffentlichrechtliches Benutzungsrecht bezeichnet werden kann, verliert der Einrichtungsbenutzer nicht schon durch eine Kündigung des zivilrechtlichen (Miet- bzw. Pacht-) Vertrags, auch wenn deren gesetzliche Voraussetzungen vorliegen. Der aus der Gemeindeordnung folgende öffentlichrechtliche Zulassungsanspruch darf nicht mit den Mitteln des Zivilrechts unterlaufen werden. Will der kommunale Einrichtungsträger das zweistufig begründete Benutzungsverhältnis vollständig beenden, muss er daher über die zivilrechtliche Kündigung hinaus auch seine frühere Zulassungsentscheidung aufheben oder das damit verbundene Recht auf Gewährung des Zugangs zur Einrichtung auf andere Weise zum Erlöschen bringen (vgl. BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 4 B 20.1116 – juris Rn. 31 m.w.N.).
26
Erlässt eine Gemeinde gegenüber dem Nutzer einer öffentlichen Einrichtung keinen ausdrücklichen Zulassungsbescheid, sondern ergibt sich die (positive) Entscheidung über die Zugangsgewährung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO nur mittelbar aus dem Abschluss eines die Nutzungsmodalitäten regelnden zivilrechtlichen Vertrags, so ist durch Auslegung zu ermitteln, wie weit die damit konkludent gewährte öffentlichrechtliche Rechtsposition reicht. Von maßgebender Bedeutung ist dabei, dass nach dem Willen des Einrichtungsträgers die Überlassung an die Benutzer immer nur für widmungsgemäße Nutzungen erfolgen soll. Im Regelfall muss danach angenommen werden, dass Verstöße gegen den Widmungszweck zumindest dann, wenn sie eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung des zivilrechtlichen Vertrags rechtfertigen, auch das öffentlichrechtliche Nutzungsrecht ohne weiteres entfallen lassen sollen. Die konkludente Zulassung zu der öffentlichen Einrichtung steht insoweit unausgesprochen unter der auflösenden Bedingung (Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG), dass das vertraglich begründete Nutzungsrecht nicht vorzeitig aufgrund einer gravierenden Pflichtverletzung entfällt (vgl. BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 4 B 20.1116 – juris Rn. 36).
27
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die Kündigung des Nutzungsvertrags erfolgte hier nicht außerordentlich im Hinblick auf eine gravieren Pflichtverletzung. Vielmehr erfolgte die Kündigung ordentlich vor dem Hintergrund, dass die Zulassung für die Zukunft eingeschränkt werden sollte.
28
Daher war der Erlass eines (Teil-)Widerrufsbescheids (vgl. Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG) erforderlich (vgl. auch BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 4 B 20.1116 – juris Rn. 33f.). Ein solcher könnte hier allenfalls konkludent in der zivilrechtlichen Kündigung des Nutzungsvertrags gesehen werden können. Jedoch wurden damit zum einen die an das Verfahren zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt, zum anderen fehlt es an der Ausübung des Widerrufsermessens. Folglich ist das bestehende öffentlichrechtliche Nutzungsverhältnis durch die Kündigung mit Schreiben der Beklagten vom 2. Mai 2024 nicht zum 31. Dezember 2024 rechtmäßig beendet worden.
29
Ein ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG war nicht erfolgt. Vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Eine ernstliche Gelegenheit zur Stellungnahme besteht nur dann, wenn für den Beteiligten hinreichend erkennbar ist, dass, weshalb und wozu er sich äußern kann und mit welcher Entscheidung er zu rechnen hat. Dazu muss der Betroffene von dem Sachverhalt und dem Verfahren, in dem dieser verwertet werden soll, überhaupt Kenntnis erhalten; ferner muss deutlich werden, dass eine Anhörung im Sinne des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erfolgt und dass Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird. Die Anhörung beginnt deshalb mit der aktiven Ankündigung (Anhörungsmitteilung), dass in einem konkreten Fall der Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts beabsichtigt ist und Gelegenheit zur Stellungnahme i.S.v Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG gegeben werde. Dies schließt die Konkretisierung der beabsichtigten behördlichen Maßnahme ein. Die Behörde muss den beabsichtigten Verwaltungsakt nach Art und Inhalt mit der geforderten Handlung, Duldung oder Unterlassung so konkret umschreiben, dass für den Beteiligten hinreichend klar oder erkennbar ist, weshalb und wozu er sich äußern können soll und mit welcher eingreifenden Entscheidung er zu welchem ungefähren Zeitpunkt zu rechnen hat. Hierbei muss sie die tatsächlichen und rechtlichen Aspekte des Einzelfalls herausstellen, die für die Entscheidung bestimmend sind. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst dabei auch die Möglichkeit der Akteneinsicht (vgl. Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Auflage 2023, § 28 Rn. 35 f.).
30
Aus den von Seiten der Beklagten dem Gericht vorgelegten Unterlagen geht nicht hervor, dass dem Kläger vor dem Stadtratsbeschluss vom 23. April 2024 die beabsichtigten Maßnahmen und die hieraus sich konkret für den Kläger ergebenden – insbesondere auch finanziellen Folgen – mitgeteilt worden wären. Für den Kläger war offensichtlich nicht erkennbar, mit welchen konkreten finanziellen Belastungen er bei Neuabschluss des Vertrags nach dessen geändertem Inhalt zu rechnen hätte und mit welchen Zuschüssen er demgegenüber von Seiten der Antragsgegnerin rechnen könnte.
31
Weiterhin fehlt es an der nach Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG erforderlichen Ausübung des Widerrufsermessens (vgl. Art. 40 BayVwfG). Es ist nicht erkennbar, dass die Nutzungsinteressen des Klägers und die Folgen eines Ausschlusses für ihn von der Beklagten berücksichtigt und abgewogen worden wären – hier insbesondere im Hinblick auf bei Vertragsunterzeichnung zu erwartende unvorhersehbare finanzielle Lasten bzw. anderenfalls drohender vollständiger Nutzungsausschluss mit wahrscheinlichen existenzbedrohenden Folgen. Denn vorliegend geht es nicht nur um eine Neuaufteilung des Sportgeländes, sondern auch um gravierende Änderungen in den Nutzungsbedingungen für den Kläger, u.a. sollte er nunmehr auch die Erneuerung der ihm überlassenen Flächen und Räumlichkeiten übernehmen (vgl. § 7 Nr. 1 des Vertragsentwurfs). Auch diese und deren Zumutbarkeit für den Kläger wären bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen.
32
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.v.m. §§ 708 ff. ZPO.