Inhalt

VG München, Urteil v. 09.12.2025 – M 1 K 23.6150
Titel:

Werbeanlage, Vorhabenbezogener Bebauungsplan, Sondergebiet Einzelhandel, Bestimmtheitsgebot

Normenketten:
BauGB § 30 Abs. 2
BauGB § 31 Abs. 2
Schlagworte:
Werbeanlage, Vorhabenbezogener Bebauungsplan, Sondergebiet Einzelhandel, Bestimmtheitsgebot
Fundstelle:
BeckRS 2025, 35492

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Werbeanlage auf FlNr. 357, Gemarkung … … … (im Folgenden: Baugrundstück).
2
Die Klägerin beantragte am 11. November 2022 die Baugenehmigung für eine wandmontierte, unbeleuchtete Großfläche für Werbung (3,83 m x 2,83 m) an der Stätte der Leistung wie auch für allgemeine Produktinformationen. Die Werbeanlage soll auf dem Baugrundstück an der Ostseite des Lebensmittel-Discounters P. gegenüber der …-Mittelschule angebracht werden.
3
Das Grundstück befindet sich im Plangebiet des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 90 „Nahversorgungsgebiet am G. weg / K. -Ring“ der Beigeladenen vom 10. Juni 2006 (im Folgenden: Bebauungsplan), der für den Bereich des Bauvorhabens ein Sondergebiet Einzelhandel festsetzt. § 3 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans legt fest: Der in der Planzeichnung mit SO Einzelhandel bezeichnete Bereich wird als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Einzelhandel im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO festgesetzt. Zulässig ist die Errichtung von Einzelhandelsbetrieben mit einer Verkaufsfläche von insgesamt höchstens 2.300 qm. […]. Im südöstlichen Bereich des Plangebiets wurde zeichnerisch und nach § 3 Abs. 2 der textlichen Festsetzungen ein Gewerbegebiet festgesetzt. Aus § 16 Abs. 2 der Festsetzungen ergibt sich, dass Werbeanlagen nur innerhalb der Baugrenzen sowie in den Bereichen der Einfahrt und Ausfahrt und im Bereich der Kreuzung K. -Ring / G. weg zulässig sind. Ausnahmen von dieser Festsetzung sind hiernach nur in Abstimmung mit der Bauverwaltung zulässig, wenn sichergestellt ist, dass das Gesamtbild der Fassaden und die Stadtgestalt nicht beeinträchtigt werden.
4
Die Beigeladene verweigerte mit Beschluss vom 16. Dezember 2022 das gemeindliche Einvernehmen und begründete dies u.a. mit entgegenstehenden Festsetzungen im Bebauungsplan und der unmittelbaren Sichtbeziehung der Werbeanlage zur Schule.
5
Mit Bescheid vom 20. November 2023, zugestellt am 23. November 2023, wurde der Antrag der Klägerin vom Landratsamt … kostenpflichtig abgelehnt. Die Werbeanlage sei zwar innerhalb der Baugrenzen, aber nicht im Bereich der Ein- und Ausfahrten bzw. an der Kreuzung situiert und widerspreche damit § 16 Abs. 2 des Bebauungsplans. Eine Ausnahme sei nicht möglich, da u.a. die Grundzüge der Planung berührt seien.
6
Hiergegen ließ die Klägerin am … Dezember 2023 Klage zum Verwaltungsgericht München erheben. Sie beantragt schriftsätzlich,
7
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20. November 2023 zu verpflichten, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zu erteilen.
8
Zur Begründung ließ sie im Wesentlichen vortragen, die Werbeanlage sei als sonstiger, nicht störender Gewerbebetrieb im Plangebiet zulässig und innerhalb der Baugrenzen. Entgegenstehende Regelungen des Bebauungsplans seien unwirksam.
9
Der Beklagte beantragt,
10
die Klage abzuweisen.
11
Am 9. Dezember 2025 fand die mündliche Verhandlung statt.
12
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2025 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13
Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2025 entschieden werden, obwohl für die Klagepartei niemand erschienen ist. Die Klägerin wurde ausweislich Empfangsbekenntnisses, unterzeichnet am 19. November 2025, rechtzeitig und ordnungsgemäß zum Termin geladen. Die Beteiligten wurden mit der Ladung auf die Möglichkeit hingewiesen, dass gemäß § 102 Abs. 2 VwGO bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
14
Die zulässige Klage ist unbegründet.
15
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbeanlage gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann nicht erteilt werden, da im einschlägigen vereinfachten Verfahren zu prüfende, bauplanungsrechtliche Vorschriften (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO) entgegenstehen. Hierbei unterliegt ein Bebauungsplan der Inzidentkontrolle durch das Verwaltungsgericht (vgl. Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 16. Aufl. 2025, § 10 Rn. 27 m.w.N.). Geht ein Gericht danach von der Ungültigkeit eines Bebauungsplans bzw. von einzelnen Festsetzungen aus, nimmt diese Feststellung nicht an der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung teil (Seith in BeckOK BauGB, 68. Ed. Stand: 25.10.2025, § 10 Rn. 64).
16
Zwar sind die Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Zulässigkeit von Werbeanlagen unwirksam (I.), allerdings ist die Werbeanlage nach der Art der baulichen Nutzung im festgesetzten Sondergebiet Einzelhandel unzulässig (II.) und ein Anspruch auf Befreiung besteht nicht (III.).
I.
17
Die Festsetzung in § 16 Abs. 2 des Bebauungsplans (i.V.m. § 30 Abs. 2 BauGB), wonach Werbeanlagen nur innerhalb der Baugrenzen sowie in den Bereichen der Einfahrt und Ausfahrt und im Bereich der Kreuzung K. -Ring / G. weg zulässig sind, verstößt gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und ist unwirksam (1.). Dies führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans (2.).
18
1. Ein Bebauungsplan muss als Rechtsnorm dem aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit entsprechen. Ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit begründet die Unwirksamkeit der Festsetzung, ohne dass es auf die Planerhaltungsvorschriften nach §§ 214 f. BauGB ankommt. Speziell für Bebauungspläne folgt die Notwendigkeit hinreichender Bestimmtheit sowohl für zeichnerische als auch für textliche Festsetzungen daraus, dass die Festsetzungen gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des grundrechtlich geschützten Eigentums unmittelbar berühren und ausgestalten. Die von den Festsetzungen des Bebauungsplans Betroffenen müssen deshalb wissen, welche Nutzungen auf den Grundstücken zulässig sind. Der planenden Gemeinde steht es dabei frei zu entscheiden, welcher Mittel sie sich bedient, um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen. Sie hat die Wahl zwischen zeichnerischer Festsetzung und textlicher Beschreibung; sie kann auch beide Elemente kombinieren. Entscheidend ist nur, dass hinreichend klar ist, welche Regelungen mit welchem Inhalt normative Geltung beanspruchen (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 – 15 N 18.636 – juris Rn. 26 m.w.N.). Die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit fehlt nicht schon dann, wenn die Festsetzung der Auslegung bedarf. Es ist ausreichend, wenn der Inhalt des Bebauungsplans durch Auslegung ermittelt werden kann, wobei die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut beschränkt wird. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Plangebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Satzungstext einen Niederschlag gefunden hat (vgl. BayVGH, U.v. 7.3.2023 – 1 N 20.331 – juris Rn. 19; U.v. 6.12.2019 – 15 N 18.636 – juris Rn. 26; OVG NW, U.v. 2.12.2016 – 2 D 121/14.NE – juris Rn. 62).
19
Diesen Grundsätzen folgend ist die textliche Festsetzung in § 16 Abs. 2 des Bebauungsplans nicht hinreichend bestimmt und damit unwirksam. Die Vorgabe, dass Werbeanlagen nur innerhalb der Baugrenzen sowie in den Bereichen der Einfahrt und Ausfahrt und im Bereich der Kreuzung K. -Ring / G. weg zulässig sein sollen, lässt nicht klar erkennen, an welchen Orten Werbeanlagen konkret zulässig sind. Die verwendeten Begriffe wie „Bereiche der Einfahrt und Ausfahrt“ sowie „Bereich der Kreuzung“ lassen sich räumlich nicht eindeutig definieren. Ohne klare Abgrenzung – etwa durch Entfernungsangaben, Linien oder exakt bezeichnete Flächen – können Betroffene nicht sicher erkennen, welche Standorte erlaubt sind. Auch das Zusammenspiel der verschiedenen Bereiche mit den Baugrenzen bleibt unklar. Immerhin sollen die Vorhaben zwar innerhalb der Baugrenzen, aber auch in den jeweils genannten Bereichen zulässig sein. Geht man mit der Auslegung des Beklagten und der Beigeladenen davon aus, dass die Festsetzung dahingehend zu verstehen ist, als dass Werbeanlagen innerhalb der Baugrenzen in den Bereichen der Einfahrt und Ausfahrt oder innerhalb der Baugrenzen in den Bereichen der Kreuzung zulässig sind, lässt sich hierdurch, auch nicht durch Auslegung, ermitteln, inwieweit diese Bereiche die Baugrenzen berühren. Mangels hinreichender Bestimmtheit der Festsetzung in § 16 Abs. 2 des Bebauungsplans ist diese zwischen den Beteiligten im vorliegenden Verfahren nicht zu beachten. Deswegen kommt auch die im Bebauungsplan unter § 16 vorgesehene und untrennbar mit § 16 Abs. 2 des Bebauungsplans verknüpfte Ausnahme nicht in Betracht, so dass offen bleiben kann, ob sie den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 BauGB („nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen“) genügt oder auch aus diesen Gründen zu unbestimmt ist.
20
2. Hieraus folgt nicht die Unwirksamkeit des Bebauungsplans in Gänze. Die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen führt dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bebauungsplans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck kommenden Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – juris Rn. 19; BayVGH, U.v. 21.6.2016 – 9 N 12.218 – juris Rn. 49). Dies ist vorliegend der Fall. Es ist nicht ersichtlich, dass die Regelung hinsichtlich der – dem Einzelhandel offenkundig untergeordneten – Werbeanlagen für die Beigeladene von derart tragender Bedeutung gewesen sein sollte, dass ohne sie kein Sondergebiet Einzelhandel in der jetzigen Form hätte beschlossen werden sollen. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine planerische bzw. teils gestalterische Vorgabe, die sich nur auf das Baugebiet begleitende und dieses nicht maßgeblich prägende Werbeanlagen bezogen hatte. Hierfür spricht auch, dass Werbeanlagen nicht gänzlich, sondern nur in Teilen des Plangebiets ausgeschlossen waren und auch eine Ausnahmeregelung für derartige Anlagen vorgesehen war. Insofern ist davon auszugehen, dass dem Ausschluss von Werbeanlagen an bestimmten Stellen keine tragenden Erwägungen der Beigeladenen für den Bebauungsplan zugrunde lagen.
II.
21
Insofern richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Werbeanlage nach § 30 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 1 des Bebauungsplans, wonach der in der Planzeichnung mit SO Einzelhandel bezeichnete Bereich als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Einzelhandel im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO festgesetzt wird und die Errichtung von Einzelhandelsbetrieben mit einer Verkaufsfläche von insgesamt höchstens 2.300 qm zulässig ist. Die Rechtsgrundlage dieser Festsetzung ergibt sich aus § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, nach dem großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind. Die seitens der Klägerin geplante Werbeanlage widerspricht dieser festgesetzten Art der baulichen Nutzung und ist daher unzulässig. Eine Werbeanlage der Außenwerbung, die – wie hier – bauliche Anlage i.S.d. § 29 Satz 1 BauGB ist und Fremdwerbung zum Gegenstand hat, stellt bauplanerisch eine eigenständige Hauptnutzung gemäß §§ 2 ff. BauNVO dar (BVerwG, U.v. 3.12.1992 – 4 C 27/91 – juris Rn. 25 ff.). Damit wäre sie gemäß § 3 Abs. 2 des Bebauungsplans zwar im südöstlichen Teil des überplanten Gebiets allgemein zulässig, da hier ein Gewerbegebiet festgesetzt ist, vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO. Allerdings entspricht sie als gewerbliche Nutzung gerade nicht den Voraussetzungen des konkret gewählten Standorts (Sondergebiet Einzelhandel), da es sich bei der Werbeanlage offenkundig nicht um einen Einzelhandelsbetrieb handelt.
22
Sie ist auch nicht als Nebenanlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zulässig. Hiernach sind, außer den in §§ 2 bis 13 genannten Anlagen, auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Dies wäre allein dann der Fall, wenn die Werbeanlage ausschließlich für Eigenwerbung „an der Stätte der Leistung“ genutzt werden würde und unter der Voraussetzung, dass sie sich auf eine auf dem Baugrundstück erbrachte Tätigkeit bezieht (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 6. Aufl. 2025, § 14 Rn. 27 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht ersichtlich oder vorgetragen. Vielmehr ergibt sich aus der Baubeschreibung „an der Stätte der Leistung wie auch für allgemeine Produktinformationen“ zweifelsohne, dass (zumindest auch) Fremdwerbung platziert werden soll. Auch die Klagepartei geht offenkundig von einem nicht unerheblichen Anteil an Fremdwerbung aus, da sie im Rahmen der Klagebegründung gerade keine Ausführungen zu einer Nebenanlage, sondern zu einem sonstigen Gewerbebetrieb macht. Demzufolge scheidet eine Einordnung der Werbeanlage als Nebenanlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO aus. Sie ist nach ihrer Art der baulichen Nutzung als Gewerbebetrieb im Sondergebiet Einzelhandel unzulässig.
III.
23
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Befreiung. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans nur befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung zu beseitigen. Sie darf – jedenfalls von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind – nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – juris Rn. 6 m.w.N.). Das streitgegenständliche Grundstück ist nach dem Bebauungsplan als Sondergebiet Einzelhandel vorgesehen und stellt sich auch tatsächlich als solches dar. Nach der zuvor festgestellten Unwirksamkeit von § 16 Abs. 2 des Bebauungsplans führt die Zulassung eines Gewerbes in Form einer Anlage für Werbung zu einer erstmaligen und im Bebauungsplan grundsätzlich nicht zugelassenen Abweichung von der festgesetzten Art der baulichen Nutzung. Hierbei handelt es sich um die wichtigste städtebauliche Gestaltungsfunktion des Bebauungsplans, deren Änderung zwar nicht automatisch zu einer Beeinträchtigung der Grundzüge der Planung führt, der aber erhebliches Gewicht zukommt (vgl. Siegmund in BeckOK, 68. Ed. Stand: 1.11.2025, § 31 BauGB Rn. 59 m.w.N.). Hier würde die erstmalige Zulassung von Werbeanlagen den Gebietscharakter maßgeblich verändern und berührt daher die Grundzüge der Planung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Anlage, wie hier, auch für Fremdwerbung genutzt werden soll. Abgesehen von der fehlenden Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Befreiung sind Gründe für eine Befreiung von der Klägerin weder dargetan worden noch sonst ersichtlich.
24
Nach alldem war die Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da sie keinen Antrag gestellt hat und sich damit nicht in ein Kostenrisiko begeben hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
25
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.