Titel:
Versorgung, Leistungen, Krankenhausbehandlung, Krankenkasse, Krankenversicherung, Versorgungsvertrag, Krankenhaus, Auslegung, Leistungserbringung, Erkrankung, Behandlung, Rehabilitation, Versorgungsauftrag, Krankenbehandlung, Erbringung der Leistung, Bundesrepublik Deutschland, gesetzlichen Krankenversicherung
Schlagworte:
Versorgung, Leistungen, Krankenhausbehandlung, Krankenkasse, Krankenversicherung, Versorgungsvertrag, Krankenhaus, Auslegung, Leistungserbringung, Erkrankung, Behandlung, Rehabilitation, Versorgungsauftrag, Krankenbehandlung, Erbringung der Leistung, Bundesrepublik Deutschland, gesetzlichen Krankenversicherung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 34450
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 78.367,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Teilbetrag in Höhe von 17.556,80 Euro ab dem 08.08.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.778,40 Euro ab dem 28.08.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.778,40 Euro ab dem 10.10.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.778,40 Euro ab dem 16.10.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.108,00 Euro ab dem 05.11.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 9.923,73 Euro ab dem 20.11.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.336,26 Euro ab dem 31.12.2024 und auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.108,00 Euro ab dem 03.01.2025 zu zahlen.
II. Die Klägerin trägt 9%, die Beklagte trägt 91% der Kosten des Rechtsstreits.
III. Der Streitwert wird auf 86.004,11 Euro festgesetzt.
Tatbestand
1
Streitig blieb die Vergütung in Höhe von 78.367,99 Euro wegen der stationären Behandlung von neun Versicherten der Beklagten, S., W., B., E., G1., D., M1., H. und S1.. Es erfolgte jeweils eine Versorgung mit KniegelenkTotalendoprothesen bzw. im Fall von J. mit einer Schultergelenk-Totalendoprothese.
2
Die Klägerin ist Trägerin eines Vertragskrankenhauses am Münchner Flughafen. Der am 18.10.2005 zwischen der Klägerin und den Krankenkassenverbänden abgeschlossene Versorgungsvertrag lautet auszugsweise:
(1) Die Einrichtung erbringt für die Versicherten der Mitgliedskassen der Krankenkassenverbände akute vollstationäre Behandlung (§ 39 Abs. 1 SGB V) im Rahmen eines vorwiegend chirurgischen und internistischen Leistungsspektrums in insgesamt 8 Betten, wenn ambulante, vor- und nachstationäre oder teilstationäre Krankenbehandlung nicht ausreichen. Im Vordergrund des Leistungsangebotes steht ein interdisziplinärer Behandlungsansatz bei fachübergreifendem Zusammenschluss verschiedener Disziplinen. Die Einrichtung hat innerhalb der stationären Grundversorgung eine Sonderstellung, die durch eine spezielle Klientel gekennzeichnet ist (z.B. Versorgung von in- und ausländischen Fluggästen, Besuchern des Flughafens, Mitarbeitern am Flughafen in Einzelfällen).
(2) Mit dem Abschluss dieses Versorgungsvertrages ist eine Belegungsgarantie nicht verbunden.
3
Mit dem Bescheid vom 24.11.2005 genehmigte das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen den Versorgungsvertrag.
4
Im September 2023 wurde ein Wechsel der Gesellschafter der Klägerin bekannt gegeben. Die Klägerin zeigte mit E-Mail vom 02.05.2024 die erstmalige Erbringung der Leistung aus dem Katalog planbarer Leistungen gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen in Bayern an.
5
Die Klägerin behandelte neun Versicherte der Beklagten: S., W., B., E., G1., D., M1., H. und S1.. Es erfolgte eine Versorgung mit KniegelenkTotalendoprothesen bzw. im Fall von J. mit einer SchultergelenkTotalendoprothese.
S., geboren am 1957, ist versichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin behandelte ihn im Zeitraum vom 09.07.2024 bis 13.07.2024. Es handelte sich um eine operative Versorgung mit einer Kniegelenk-Totalendoprothese. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 17.07.2024 einen Betrag in Höhe von 8.778,40 Euro in Rechnung.
W., geboren am 1961, ist versichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin behandelte sie im Zeitraum vom 09.07.2024 bis 13.07.2024. Es handelt sich um eine operative Versorgung mit einer Kniegelenk-Totalendoprothese. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 17.07.2024 einen Betrag in Höhe von 8.778,40 Euro in Rechnung.
B., geboren am 1963, ist versichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin behandelte ihn im Zeitraum vom 31.07.2024 bis 04.08.2024. Es handelt sich um eine operative Versorgung mit einer Kniegelenk-Totalendoprothese. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 06.08.2024 einen Betrag in Höhe von 8.778,40 Euro in Rechnung.
E., geboren am 1961, ist versichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin behandelte sie im Zeitraum vom 10.09.2024 bis 14.09.2024. Es handelt sich um eine operative Versorgung mit einer Kniegelenk-Totalendoprothese. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 18.09.2024 einen Betrag in Höhe von 8.778,40 Euro in Rechnung.
G1., geboren am 1967, ist versichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin behandelte ihn im Zeitraum vom 20.09.2024 bis 24.09.2024. Es handelt sich um eine operative Versorgung mit einer Kniegelenk-Totalendoprothese. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 30.09.2024 einen Betrag in Höhe von 8.778,40 Euro in Rechnung.
D., geboren am 1968, ist versichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin behandelte ihn im Zeitraum vom 09.10.2024 bis 13.10.2024. Es handelt sich um eine operative Versorgung mit einer Kniegelenk-Totalendoprothese. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 14.10.2024 einen Betrag in Höhe von 8.108,00 Euro in Rechnung.
M1., geboren am 1966, ist versichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin behandelte ihn im Zeitraum vom 25.10.2024 bis 28.10.2024. Es handelt sich um eine operative Versorgung mit einer Schultergelenk-Totalendoprothese. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 29.10.2024 einen Betrag in Höhe von 9.923,73 Euro in Rechnung.
H., geboren am 1947, ist versichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin behandelte sie im Zeitraum vom 27.11.2024 bis 02.12.2024. Es handelt sich um eine operative Versorgung mit einer Kniegelenk-Totalendoprothese. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 09.12.2024 einen Betrag in Höhe von 8.336,26 Euro in Rechnung.
S1., geboren am 1970, ist versichertes Mitglied der Beklagten. Die Klägerin behandelte ihn im Zeitraum vom 04.12.2024 bis 08.12.2024. Es handelt sich um eine operative Versorgung mit einer Kniegelenk-Totalendoprothese. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 12.12.2024 einen Betrag in Höhe von 8.108,00 Euro in Rechnung.
6
Mit dem Schreiben vom 08.10.2024 teilte die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern mit, dass der Versorgungsvertrag vom 18.10.2005 eine Sonderstellung der Einrichtung im Rahmen der stationären Grundversorgung beinhalte, die durch eine spezielle Klientel gekennzeichnet sei. Der Vertrag beziehe sich im Rahmen dieser Sonderstellung z. B. auf die Versorgung von internationalen und nationalen Fluggästen, Besuchern des Flughafens sowie Mitarbeitern am Flughafen in Einzelfällen. Hinzu komme, dass der Versorgungsauftrag auf die Durchführung akuter vollstationärer Behandlung für die Versicherten ausgerichtet sei. Die Kniegelenk-Totalendoprothese stelle einen planbaren, komplexen orthopädischen Eingriff dar, der vom aktuellen Versorgungsauftrag der Einrichtung der Klägerin nicht abgedeckt sei.
7
Mit dem Schreiben vom 11.11.2024 teilte die Klägerin der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern mit, dass die Kniegelenk-Totalendoprothese eine Leistung sei, die unter den Begriff der Behandlung im Sinne des Versorgungsvertrages falle. Dass es sich um eine planbare Leistung handele, stehe dem nicht entgegen. Mit Ausnahme von § 1 Abs. 1 Satz 1 des Versorgungsvertrages sei stets die Rede von der „stationären Behandlung“. Die Ausnahme von planbaren Behandlungen sei an keiner Stelle geregelt. Vielmehr laute es in § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrages „stationäre Grundversorgung“ oder in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Versorgungsvertrages „bei der Erbringung der stationären Behandlung“. Dass durch den Begriff „akute“ keine Beschränkung auf eine notfällige Versorgung gemeint sein könne, zeige besonders deutlich § 4 Abs. 1 des Versorgungsvertrages, welcher zeige, dass die stationäre Behandlung durch planbare Leistungen vom Vertrag umfasst sein müsse. Der Versorgungsvertrag sei nicht auf eine spezielle Klientel beschränkt. Die Klausel des § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrages beschreibe, wie der Begriff „gekennzeichnet“ verdeutliche, lediglich den Status quo. Es handele sich um eine deskriptive Vertragsbestimmung. Dies mache auch eine Verwendung der Abkürzung „z. B.“ im Klammerzusatz deutlich.
8
Mit dem Schriftsatz vom 30.01.2025 hat die Klägerin die Klage erhoben. Eingangs verlangte sie eine Vergütung in Höhe von 86.004,11 Euro wegen der stationären Behandlung von neun Versicherten der Beklagten, S., W., B., E., G1., D., M1., H. und S1..
9
In der mündlichen Verhandlung am 09.12.2025 hat die Klägerin die Klage in Höhe von 7.736,12 Euro zurückgenommen – hinsichtlich der Vergütung für die Behandlung von Günter J. im Zeitraum vom 06.11.2024 bis 11.11.2024. Insofern hatte die Beklagte geltend gemacht, dass die Zahlung der Vergütung am 21.11.2024 erfolgt ist.
10
Die Klägerin trägt vor, dass der Zahlungsanspruch unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes entstehe, wenn die Versorgung – wie hier – in einem Vertragskrankenhaus durchgeführt werde und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich sei. Die von den Krankenhäusern erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen seien von den Krankenkassen innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen. Die Beklagte habe die grundsätzliche stationäre Behandlungsnotwendigkeit nicht bestritten, hielt es aber für unzulässig, dass die Behandlung im Vertragskrankenhaus der Klägerin durchgeführt wurde. Die streitgegenständliche Behandlung war jedoch vom Versorgungsauftrag der Klägerin umfasst. Mit medizinischen Einwendungen sei die Beklagte gemäß § 275c Abs. 1 SGB V ausgeschlossen, da sie kein Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst eingeleitet habe. Das Krankenhaus der Klägerin verfüge über eine Fachabteilung für Chirurgie. Der Versorgungsauftrag umfasse chirurgische Leistungen. Es bestanden keine vertraglichen oder gesetzlichen Einschränkungen.
11
Aus dem Versorgungsvertrag folgten keine Beschränkungen. Der Klammerzusatz zur Behandlung im Versorgungsvertrag zeige, dass die Klägerin zur Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 SGB V verpflichtet sei. Die Aufzählung der Formen der Krankenhausbehandlung sei abschließend. Eine Beschränkung oder Abgrenzung von zwischen planbaren und notfallmäßigen Krankenhausbehandlungen sehe das Gesetz nicht vor. Die Auslegung nach dem Wortlaut lege damit nahe, dass keine gesonderte Behandlungsform, sondern ein Gleichlauf mit der gesetzlichen Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V von den Parteien des Versorgungsvertrags gewollt sei. Eine Einschränkung folge auch nicht aus dem vorangestellten Wort „akute“. Eine „akute vollstationäre“ Behandlung sehe § 39 Abs. 1 SGB V nicht vor. Dies war auch im Jahr 2005 nicht anders. Dies zeige auch § 39 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 SGB V. Danach umfasse die akutstationäre Behandlung die Frührehabilitation. Akutstationäre Behandlung bezeichne dabei keine besondere Behandlungsform, sondern alle in § 39 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 SGB V genannten Behandlungsformen und grenze diese ab gegenüber der Rehabilitation. Hierdurch sollte klargestellt werden, dass im Rahmen der Krankenhausbehandlung frühestmöglich Chancen zur Rehabilitation genutzt werden sollen und dies von Beginn an Teil der medizinischen Versorgung sein soll. Es gebe keine Hinweise, dass der Begriff akute vollstationäre Behandlung im Versorgungsvertrag einen anderen Inhalt haben sollte als der Begriff der akutstationären Behandlung im Sinne des SGB V.
12
Auch die weiteren Regelungen des Versorgungsvertrags würden gegen eine Beschränkung sprechen. Es sei mit Ausnahme von § 1 Abs. 1 Satz 1 des Versorgungsvertrags stets die Rede von der stationären Behandlung. Eine Ausnahme von planbaren Leistungen aus dem Versorgungsauftrag sei an keiner Stelle geregelt. Vielmehr laute es in § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrags „stationäre Grundversorgung“ und in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Versorgungsvertrags „bei der Erbringung der stationären Behandlung“ und weiter in Satz 2 „Stationäre Behandlung darf…“. Dass durch den Begriff „akute“ gerade keine Beschränkung auf eine notfallmäßige Versorgung gemeint sein könne, zeige besonders deutlich § 4 Abs. 1 des Versorgungsvertrags. Dort lautet es, dass „die Erbringung der stationären Behandlung […], abgesehen von Notfällen, eine Kostenübernahmeerklärung der zuständigen Krankenkasse“ voraussetzt. Die systematische Auslegung zeige, dass die stationäre Behandlung durch planbare Leistungen von dem Vertrag umfasst sei.
13
Die Beschränkung auf Notfallversorgung sei dem einschlägigen Versorgungsvertrag nicht zu entnehmen. Mitnichten war eine solche Einschränkung, wie von der Beklagten behauptet, seitens der Vertragsparteien gewollt. Die beklagtenseitig vertretene Lesart sei mit der Formulierung des § 4 Abs. 1 des Versorgungsvertrags nicht vereinbar. Dieser sehe eine Ausnahme von der grundsätzlichen Erforderlichkeit einer Kostenübernahmeerklärung der zuständigen Krankenkasse vor. Sollte aber gleichzeitig – gemäß den Ausführungen der Beklagten – der Versorgungsauftrag auf Notfälle begrenzt sein, würde der durch diese Formulierung eindeutig als Ausnahmefall statuierte Notfall zum einzigen Anwendungsfall des Versorgungsvertrags werden, was den Regelfall der Kostenübernahmeerklärung faktisch aushöhlen würde. Die Interpretation des Versorgungsvertrags dahingehend, dass dieser nur Notfälle erfasse, sei bereits angesichts des Wortlauts des Versorgungsvertrags widersprüchlich. Darüber hinaus wäre dies mit der Regelung des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V unvereinbar. Aus dieser gehe gerade hervor, dass Notfallbehandlungen ohnehin abrechnungsfähig seien und gerade keines Vertrags bedürfen. Auch im Falle einer stationären Notfallbehandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus bestehe nämlich ein Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegen die jeweilige Krankenkasse. (vgl. BSG, 9.10.2001 – B 1 KR 6/01 R). Eine Auslegung des Versorgungsvertrags dahingehend, dass lediglich Notfälle erstattungsfähig seien, wäre daher entweder eine unrechtmäßige Einschränkung des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V oder würde bedeuten, dass der Versorgungsvertrag lediglich die Rechtslage im Hinblick auf Notfälle widerspiegele und damit obsolet wäre. Die Beklagte bleibe eine Erklärung schuldig, weshalb der angeblich lediglich Notfälle erfassende Rechtsbegriff der akuten vollstationären Behandlung lediglich in § 1 Satz 1 des Versorgungsvertrags verwendet werde, im weiteren Versorgungsvertrag allerdings nicht mehr aufgegriffen wurde. Hätte hierdurch eine Abgrenzung von planbaren vollstationären Leistungen erfolgen sollen, so wäre diese Formulierung durchgehend verwendet worden. Vielmehr bestätige dies, dass keine Beschränkung auf Notfälle durch die Formulierung des § 1 Satz 1 des Versorgungsvertrags statuiert werden sollte. Diese systematischen Bedenken könne der bloße Verweis auf die Duden-Definition des Begriffs „akut“ (S. 3) mitnichten zerstreuen. Die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung des BSG verwende in ihrer Definition des Notfallbegriffs nicht das Wort „akut“, sodass die Eignung der Rechtsprechung zur Untermauerung des beklagtenseitigen Standpunkts bezweifelt werden dürfe. Im Übrigen bleibe von Beklagtenseite unbeantwortet, weshalb der gesamte Versorgungsvertrag die Bezeichnung „Notfall“ – bis auf in der Ausnahmekonstellation in § 4 Abs. 1 – nicht enthalte, obwohl diese gerade höchstrichterlich definiert sei und angeblich den Anwendungsbereich des Versorgungsvertrags definieren sollte. Im Ergebnis stehe dies in Einklang damit, dass die bloße Versorgung von Notfallpatienten schwer kalkulierbar sei. Die Behandlung von Patienten außerhalb der Notfallversorgung sichere die Wirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebs und der Leistungserbringung in Bezug auf die vom Versorgungsvertrag erfassten acht Betten.
14
Der Versorgungsauftrag sei nicht beschränkt auf eine spezielle Patientenklientel. Die Klausel des Versorgungsvertrages beschreibe, wie der Begriff „gekennzeichnet“ deutlich mache, lediglich den Status quo. Es handele sich um eine deskriptive Vertragsbestimmung. Dies mache die Verwendung der Abkürzung „z. B.“ im Klammerzusatz deutlich. Als Krankenhaus „der stationären Grundversorgung“ bestehe eine Verpflichtung nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V und diese umfasse die Kniegelenk-Totalendoprothese als planbare Leistung. Gleiches gelte im Übrigen für andere chirurgische Leistungen der Grundversorgung. Eine von der Beklagten geltend gemachte Beschränkung auf Fluggäste, Besucher und Mitarbeiter des Flughafens München ist dem Versorgungsvertrag nicht zu entnehmen. Eine solche Lesart berücksichtige nicht nur die Interessen der Klägerin an einer wirtschaftlichen Teilnahme an der Gesundheitsversorgung von Versicherten nicht ausreichend, sondern sei vor allem in mehrerlei Hinsicht mit dem Wortlaut, der Systematik und dem Zweck des Versorgungsvertrags unvereinbar.
15
Weiterhin sei zurückzuweisen, dass dem Versorgungsvertrag eine Beschränkung des Versorgungsauftrags auf eine spezielle Klientel zu entnehmen sei. Aus der allgemeinen Formulierung der Erbringung von Behandlungsleistungen „für die Versicherten der Mitgliedskassen der Krankenkassenverbände“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Versorgungsvertrags gehe hervor, dass der Versichertenstatus des jeweiligen Patienten, und nicht zusätzlich dessen Zugehörigkeit zu einer speziellen „Klientel“ die Berechtigung der Klägerin zur Leistungserbringung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen maßgeblich sei. Diese Auffassung stütze der in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Versorgungsvertrags zitierte § 39 Abs. 1 SGB V, der in Satz 2 allgemein für Versicherte den Anspruch auf Behandlung in einem Krankenhaus, das nach § 108 SGB V zugelassen wurde, statuiere. Darüber hinaus könne der Formulierung des § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrags eine solche Beschränkung nicht entnommen werden. Entgegen der Behauptung der Beklagten, dass der Versorgungsauftrag auf eine „spezielle Klientel“ beschränkt sei, beschreibe § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrags vielmehr schlicht eine atypische Besonderheit der Patientenstruktur aufgrund der örtlichen Nähe zum Flughafen München. Die Formulierung einer Kennzeichnung der Einrichtung durch eine spezielle Klientel sei dahingehend zu verstehen, dass im Vergleich zu anderen Leistungserbringern eine mit einem Flughafen assoziierte Klinik durch ein erhöhtes Aufkommen solcher Fälle von flughafentypischen Patienten, wie Fluggästen oder Mitarbeitern, geprägt sei. Selbst wenn man hieraus die Schlussfolgerung ziehen möchte, dass diese Klientel für die Erteilung des Versorgungsauftrags gemäß § 108 Nr. 3 SGB V anlassgebend gewesen sein sollte, so gehe aus dem Versorgungsvertrag dennoch keine Beschränkung auf ausschließlich diese Klientel hervor. Auch die Konkretisierung der speziellen Klientel in § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrags durch einen Klammerzusatz mit vorangestelltem „z. B.“ zeige, dass keine personelle Beschränkung des Kreises der an diesem Standort Versorgungsberechtigten durch eine abschließende Aufzählung etabliert werden sollte. Denn wenn dies der Fall wäre, hätte die Zugehörigkeit eines Patienten zu dieser Gruppe direkte Auswirkungen auf die Erstattungsfähigkeit der stationären Behandlung. Ein solches Kriterium müsste also, in Anbetracht der Bedeutsamkeit der Abrechenbarkeit der von der Klägerin erbrachten Leistungen im Lichte des Grundrechts der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG, eindeutig und explizit statuiert sein. Eine Formulierung, die allenfalls in einem Klammerzusatz beispielhaft und nicht abschließend Personengruppen aufzähle, die zu der zuvor genannten Klientel gehören, würde diesen strengen Anforderungen nicht gerecht. Auch die Formulierung „in Einzelfällen“ in § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrags bestätige die dargelegte Auslegung. Dass flughafentypische Klientel stationär versorgt werden müsse, sei gerade typisch für den Klinikstandort der Klägerin. Dass ausschließlich diese schwer kalkulierbaren Einzelfälle den gesamten Versorgungsauftrag darstellen sollen, erscheine hingegen fernliegend.
16
Schließlich sei der Formulierung „innerhalb der stationären Grundversorgung“ in § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrags zu entnehmen, dass sich diese Beschreibung der Patientenstruktur lediglich auf einen Teil der Versorgung bezieht. Für planbare Leistungen, die die Grundversorgung überschreiten, beispielsweise die streitgegenständliche Kniegelenk-Totalendoprothese, sei die Beschreibung des speziellen typischen Patienten-Klientel begrifflich gar nicht einschlägig. Dass die behandelten Patienten – wie von der Beklagten bestätigt – gesetzlich krankenversichert und die einzelnen Fälle medizinisch indiziert waren, genüge für die Abrechenbarkeit der streitgegenständlichen Leistungen. Ergänzend sei zu beachten, dass sämtliche anderen elektiven Eingriffe bislang ebenfalls ohne Beanstandungen durch die Kostenträger vergütet werden und die Abrechenbarkeit nicht infrage gestellt wurde. Die aktuelle Problematik betreffe ausschließlich die Endoprothetik, sodass eine abweichende Handhabung hier nicht nachvollziehbar erscheine. Es sei festzuhalten, dass die Kostenträger über einen längeren Zeitraum hinweg die Abrechnung medizinisch indizierter Leistungen akzeptiert und vergütet haben, ohne zwischen verschiedenen Patientengruppen oder Eingriffsarten zu differenzieren. Dies spreche für eine konsistente und einheitliche Auslegung des Versorgungsvertrages, die nicht nachträglich zu Lasten einzelner Leistungsbereiche eingeschränkt werden könne. Sollte dennoch eine abweichende Handhabung beabsichtigt sein, wäre eine transparente Kommunikation und vertragliche Anpassung erforderlich; eine einseitige und rückwirkende Änderung der Vergütungsmodalitäten sei aus rechtlichen Gesichtspunkten nicht zulässig.
17
Die Klägerin sei zur Erbringung planbarer Leistungen aus dem Mindestmengenkatalog berechtigt. Beschränkungen würden nicht aus dem Gesetz folgen. Es bestehe insbesondere kein Leistungsbewirkungs- und Abrechnungsverbot gemäß § 136b Abs. 5 Satz 1, 2 SGB V. Die Klägerin habe die erstmalige Leistungserbringung gemäß § 6 Mm-R angezeigt und eine Prognose abgegeben, die von Seiten der Kostenträger nicht widerlegt worden sei. Die Klägerin habe die Leistungserbringung innerhalb von 9 Tagen aufgenommen, sodass die Frist von 6 Monaten gemäß § 6 Abs. 2 Satz 4 Mm-R gewahrt sei. Der geltend gemachte Zinsanspruch ergebe sich aus der Pflegesatzvereinbarung.
18
Die Beklagte trägt vor, dass für die streitgegenständlichen Behandlungsfälle kein Vergütungsanspruch gegen die Beklagte bestehe. Es sei unschädlich, dass die Beklagte kein Prüfverfahren durchführte. Der Krankenkasse stehe es frei, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses aus jeglichem Grund zu bestreiten und mit anderen Beweismitteln als den Behandlungsunterlagen des Krankenhauses zu widerlegen. Im vorliegenden Fall wurde die Zurückweisung des Zahlungsanspruchs nicht mit medizinischen Argumenten begründet, sondern wurde auf den fehlenden Versorgungsauftrag für die durchgeführten Behandlungen gestützt. Mit diesen Einwänden war die Beklagte nicht ausgeschlossen.
19
Die Klägerin war nicht zur Erbringung der mindestmengenrelevanten Leistungen berechtigt. Diese Leistungen seien nicht vom Versorgungsauftrag der Klägerin umfasst. Die Klägerin versuche aus der Formulierung zum Gegenstand in § 1 „akute stationäre Behandlung (§ 39 Abs. 1 SGB V)“ herzuleiten, dass der Versorgungsvertrag alle Arten der stationären Krankenbehandlung umfasse und eine Beschränkung auf eine notfallmäßige Behandlung nicht erlaubt sei. Hierzu sei anzuführen, dass bereits davon ausgegangen werden muss, dass die Vertragsparteien durch die Verwendung des Wortes „akut“ ausdrücken wollten, dass nur Behandlungen im Notfall zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen. Dies folge bereits daraus, dass im Duden zur medizinischen Begriffserklärung des Wortes „akut“ zu lesen sei, dass darunter „unvermittelt [auftretend], schnell und heftig [verlaufend]“ zu verstehen sei. Diese Definition unterscheide sich nicht sehr von der Definition des Notfallbegriffs, die das BSG anwende. Danach sei unter Notfall zu verstehen, dass ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden müsse (BSG, 25.09.2000 – B 1 KR 5/99 R). Allein vom Begriffsverständnis her sei die Annahme gerechtfertigt, dass nur Notfalleingriffe zur Abrechnung gebracht werden durften.
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Selbst wenn zwischen akuten Behandlungen und Notfallbehandlungen zu unterscheiden sei, so könne die Auslegung doch nicht so weit gehen, dass die Klägerin geplante und hochkomplexe Eingriffe erbringen durfte. Denn die Klägerin unterschlage in ihrer Begründung, dass der Vertragsgegenstand durch die Aufnahme der folgenden Passage noch weiter definiert und eingegrenzt werde: „Die Einrichtung hat innerhalb der stationären Grundversorgung eine Sonderstellung, die durch eine spezielle Klientel gekennzeichnet ist (z. B. Versorgung von in- und ausländischen Fluggästen, Besuchern des Flughafens, Mitarbeiter am Flughafen in Einzelfällen).“ Daraus gehe hervor, dass sich der Versorgungsvertrag speziell auf das Flughafenpublikum beziehe, um insbesondere Fluggästen oder Besuchern eine Akutversorgung vor Ort zu ermöglichen, ohne dass diese in angrenzende Krankenhäuser verbracht werden müssen. Es war damit nur beabsichtigt, plötzlich auftretende Behandlungsbedarfe abzudecken. Hätte man anderes Patientenklientel für geplante Eingriffe umfassen wollen, hätte die Eingrenzung auf in- und ausländische Fluggäste, Besucher des Flughafens und Mitarbeiter am Flughafen in Einzelfällen keinen Sinn ergeben; man hätte es auf alle Patienten erstreckt. Insgesamt nehme der Versorgungsvertrag damit nicht nur eine Eingrenzung in medizinischer Hinsicht („akut“) vor, sondern auch eine Eingrenzung hinsichtlich der Art der zu behandelnden Versicherten.
21
Die Erbringung geplanter (mindestmengenrelevanter) Kniegelenk-Totalendoprothese Operationen könne dieser Eingrenzung des Versorgungsvertrages nicht unterfallen. Denn diese Art der Eingriffe, seien nicht erforderlich, weil ein plötzlich auftretender Behandlungsbedarf spontan befriedigt werden müsse. Diese Operationen seien vielmehr von langer Hand geplant und beinhalten in der Regel ein Vorgespräch in der Klinik. All dies widerspreche dem Begriff der „akuten Behandlung“. Zudem habe die interne Auswertung ergeben, dass die Versicherten, die in den streitgegenständlichen Behandlungsfällen operiert wurden, nicht unter das im Versorgungsvertrag genannte Patientenklientel fallen. Hierbei handele es sich nicht um Mitarbeiter des Flughafens, sondern um Versicherte, die im Einzugsgebiet des Flughafens leben. Insofern sei naheliegend, dass sich diese Versicherten schlicht aufgrund der Wohnortnähe im Klinikum der Klägerin hätten operieren lassen.
22
Es komme nicht darauf an, ob die Definition im Versorgungsvertrag mit der Definition des Notfallbegriffs des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V übereinstimme. Denn was vom Versorgungsvertrag als umfasst anzusehen sei, sei durch Auslegung zu ermitteln. Hier vereinbarten die Vertragsparteien, dass „akute“ Krankheitsgeschehen vom Versorgungsvertrag erfasst werden. Dies griff das Bayerische Gesundheitsministerium in seiner Genehmigung auf und gab zusätzlich an, dass der Versorgungsvertrag die Bedarfssituation und das spezielle Klientel am Flughafen erfasse und die Klinik demnach eine Sonderstellung der stationären Grundversorgung einnehme. Auch das Ministerium ging davon aus, dass die Klägerin nicht die Funktion eines „normalen“ Grundversorgers zukommen sollte. Sollte die Klägerin indes weder hinsichtlich des Begriffs „akute Behandlungsfälle“ noch im Hinblick auf die Patientenklientel eingeschränkt sein, so stelle sich die ernsthafte Frage, worin die Sonderstellung in der stationären Grundversorgung, die das Ministerium genehmigte, bestehen sollte. Darüber hinaus gehe mit dem Begriff „akut“ sehr wohl ein plötzlich auftretendes Behandlungsgeschehen einher. Totalendoprothesen seien aber zweifellos eine elektive Leistung, die zur Therapie von chronischem Gelenkverschleiß eingesetzt werden. Es seien definitiv geplante Eingriffe.
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Ferner könne sich aus Sicht der Beklagten aus dem Gebot der Wahlfreiheit der Versicherten nichts anderes ergeben. Denn die Wahlfreiheit der Versicherten bestehe nur innerhalb der Grenzen des Versorgungsauftrages, also der Reichweite des Versorgungsvertrages. Sehe der Versorgungsvertrag also vor, dass nur bestimmte Krankheitsbilder und eine bestimmte Klientel zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt werden dürfen, so könne das Wahlrecht der Versicherten nicht weiter reichen als die Vorgaben des Versorgungsauftrages. Nicht gefolgt werden könne auch der Angabe, dass das im Versorgungsvertrag definierte Klientel „Fluggäste, Besucher des Flughafens, Mitarbeiter des Flughafens“ nicht ausreichend sei, um als verbindlich gelten zu können. Mit dieser Formulierung werde eindeutig erkennbar, dass es den Vertragsparteien darauf ankam, dass Patienten, die sich am Flughafen aufhalten, kurzfristig behandelt werden können und nicht auf die umliegenden Krankenhäuser ausweichen müssen. Selbst wenn die Aufzählung nicht abschließend sein sollte, so könne daraus doch im umgekehrten Sinne geschlossen werden, dass planbare Behandlungen von Versicherten, die keine Berührungspunkte zum Flughafen haben, als nicht vom Versorgungsvertrag erfasst werden müssten.
24
Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass die Klägerin die Leistungen erbrachte, obwohl sie von Seiten der Arbeitsgemeinschaft darauf hingewiesen wurde, sie nicht erbringen zu dürfen. Die Klägerin durfte bei der Leistungserbringung nicht darauf vertrauen, eine Vergütung zu erhalten.
25
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 78.367,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Teilbetrag in Höhe von 17.556,80 Euro ab dem 08.08.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.778,40 Euro ab dem 28.08.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.778,40 Euro ab dem 10.10.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.778,40 Euro ab dem 16.10.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.108,00 Euro ab dem 05.11.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 9.923,73 Euro ab dem 20.11.2024, auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.336,26 Euro ab dem 31.12.2024 und auf einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.108,00 Euro ab dem 03.01.2025 zu zahlen.
26
Die Beklagte beantragt,
27
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Streitig blieb die Vergütung in Höhe von 78.367,99 Euro wegen der stationären Behandlung von neun Versicherten der Beklagten, S., W., B., E., G1., D., M1., H. und S1.. Es erfolgte jeweils eine Versorgung mit KniegelenkTotalendoprothesen bzw. im Fall von M1. mit einer Schultergelenk-Totalendoprothese.
30
Die Klage ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 90, 92 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhoben worden. Die Klage ist als echte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft.
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Die Klage ist begründet.
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Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung in Höhe von 78.367,99 Euro wegen der stationären Behandlung von neun Versicherten der Beklagten, S., W., B., E., G1., D., M1., H. und S1..
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Die Vergütung für Krankenhausbehandlungen der Versicherten bemisst sich bei DRGKrankenhäusern nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlungen der Versicherten in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 KHEntgG und § 17b KHG. Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als „Vertragsparteien auf Bundesebene“ mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zu Verlegungsfällen und zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Fallpauschalenvereinbarungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG (BSG, Urt. v. 26.05.2020 – B 1 KR 26/18 R – BeckRS 2020, 24869 Rn. 12-17).
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Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm (Grouper) greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (z. B. die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung, die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) sowie die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den DKR. Die Anwendung der normenvertraglichen Abrechnungsbestimmungen unterliegt grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehenen Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (BSG, Urt. v. 26.05.2020 – B 1 KR 26/18 R – BeckRS 2020, 24869 Rn. 12-17).
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Die Krankenkasse ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22.6.2022 – B 1 KR 19/21 R, BeckRS 2022, 21616 Rn. 25-39) trotz der Nichtdurchführung eines Prüfverfahrens von Rechts wegen nicht gehindert, das Vorliegen der Sachleistungsvoraussetzungen im konkreten Fall und damit den Vergütungsanspruch des Krankenhauses wirksam zu bestreiten und dies gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Krankenkasse ist nicht verpflichtet, ein Prüfverfahren durchzuführen. Sie ist mit ihren Einwänden gegen den in Betracht kommenden Vergütungsanspruch des Krankenhauses nicht ausgeschlossen (BSG 22.6. 2022 – B 1 KR 19/21 R, BeckRS 2022, 21616 Rn. 25-39). Der Verzicht auf eine Sachverhaltsermittlung durch den Medizinischen Dienst im Prüfverfahren beschränkt allerdings die Amtsermittlungspflicht des Gerichts und ist bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Hat die Krankenkasse von einem Prüfverfahren abgesehen, besteht eine auf die Einwände der Krankenkasse beschränkte Ermittlungspflicht des Gerichts. Daran muss das Krankenhaus nicht mitwirken. Die Erhebung und Verwertung derjenigen Daten, die nur im Rahmen des Prüfverfahrens durch den Medizinischen Dienst beim Krankenhaus hätten erhoben werden können, ist dem Gericht verwehrt (BSG 22.06.2022 – B 1 KR 19/21 R, BeckRS 2022, 21616 Rn. 25-39).
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Es besteht ein Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten S. im Zeitraum vom 09.07.2024 bis 13.07.2024 in Höhe von 8.778,40 Euro gemäß DRG I44C.
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Es besteht ein Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten W. im Zeitraum vom 09.07.2024 bis 13.07.2024 in Höhe von 8.778,40 Euro gemäß DRG I44C.
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Es besteht ein Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten B. im Zeitraum vom 31.07.2024 bis 04.08.2024 in Höhe von 8.778,40 Euro gemäß DRG I44C.
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Es besteht ein Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten E. im Zeitraum vom 10.09.2024 bis 14.09.2024 in Höhe von 8.778,40 Euro gemäß DRG I44C.
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Es besteht ein Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten G1. im Zeitraum vom 20.09.2024 bis 24.09.2024 in Höhe von 8.778,40 Euro gemäß DRG I44C.
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Es besteht ein Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten D. im Zeitraum vom 09.10.2024 bis 13.10.2024 in Höhe von 8.108,00 Euro gemäß DRG I44C.
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Es besteht ein Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten M1. im Zeitraum vom 25.10.2024 bis 28.10.2024 in Höhe von 9.923,73 Euro gemäß DRG I05B. Insofern ist anzumerken, dass sich die Einwendungen der Beklagten in erster Linie auf die Befugnis zur Versorgung mit Kniegelenk-Endoprothesen beziehen, es sich bei dieser Behandlung jedoch um eine Schulter-Endoprothese handelt.
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Es besteht ein Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten H. im Zeitraum vom 27.11.2024 bis 02.12.2024 in Höhe von 8.336,26 Euro gemäß DRG I44C.
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Es besteht ein Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten S1. im Zeitraum vom 04.12.2024 bis 08.12.2024 in Höhe von 8.108,00 Euro gemäß DRG I44C.
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Die Klägerin ist gemäß § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V als Vertragskrankenhaus zur Erbringung der streitgegenständlichen stationären Krankenhausbehandlungen berechtigt und verpflichtet.
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Die Krankenkassen dürfen gemäß § 108 Nr. 3 SGB V Krankenhausbehandlung durch Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben, erbringen lassen. Der Versorgungsvertrag wird nach § 109 Abs. 1 SGB V mit den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossen. Der Versorgungsvertrag und damit der Status als zugelassenes Krankenhaus wird existent und wirksam mit der Bekanntgabe des genehmigten Versorgungsvertrages an das betreffende Krankenhaus. Das Vertragskrankenhaus bleibt zugelassenes Krankenhaus, bis der Versorgungsvertrag einvernehmlich aufgehoben oder die Kündigung des Versorgungsvertrages nach § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB V rechtswirksam geworden ist (BeckOK KHR/Stollmann, 12. Ed. 1.11.2025, SGB V § 108 Rn. 10).
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Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 SGB V kommt gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB V durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Der Versorgungsvertrag ist gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 SGB V für alle Krankenkassen im Inland unmittelbar verbindlich. Abschluss und Ablehnung des Versorgungsvertrags werden gemäß § 109 Abs. 3 Satz 2 SGB V mit der Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden wirksam. Mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 wird gemäß § 109 Abs. 4 Satz 1 SGB V das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist gemäß § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet.
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Die rechtlichen Voraussetzungen für die Leistungserbringung der Klägerin als Vertragskrankenhaus liegen vor. Grundlage ist der Versorgungsvertrag, der am 18.10.2005 zwischen der Klägerin, den Krankenkassenverbänden abgeschlossen worden ist. Mit dem Bescheid vom 24.11.2005 genehmigte das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen diesen Versorgungsvertrag.
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Die Klägerin ist zur Erbringung planbarer (elektiver) Leistungen als Vertragskrankenhaus gemäß § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V berechtigt und verpflichtet. Die Kammer folgt nicht der Ansicht der Beklagten, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, planbare Totalendoprothesen zu erbringen, weil diese gemäß § 1 des Versorgungsvertrages als „akute stationäre Behandlung (§ 39 Abs. 1 SGB V)“ nicht vom Versorgungsauftrag umfasst seien.
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Nach dem Wortlaut des Versorgungsvertrages ist die Klägerin zu den streitgegenständlichen stationären Behandlungen berechtigt. Ausdrücklich wird in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Versorgungsvertrags auf § 39 Abs. 1 SGB V Bezug genommen, welcher planbare Krankenhausbehandlungen umfasst. Entsprechend § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V wird vereinbart, dass stationäre Krankenhausbehandlung gegenüber ambulanter, vor- und nachstationärer oder teilstationärer Krankenbehandlung nachrangig ist. Auch aus dieser Formulierung ergibt sich, dass die Erbringung von planbaren Leistungen nicht ausgeschlossen ist. Ferner kommt in § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrags zum Ausdruck, dass das Krankenhaus Teil der stationären Grundversorgung ist, welche planbare Krankenhausbehandlungen umfasst. Auch die Auslegung nach dem allgemeinen Wortlaut kann eine Beschränkung auf Notfallbehandlungen nicht rechtfertigen. Im Duden ist unter anderem folgende die Definition zum Adjektiv „akut“ zu finden: „unvermittelt [auftretend], schnell und heftig [verlaufend]“. Gegensatz ist insofern eine chronische Erkrankung, die sich langsam entwickelt und lange dauert. Auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist ein akuter Behandlungsbedarf also nicht mit einem Notfall gleichzusetzen.
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Bei systematischer Auslegung des Begriffs „akute stationäre Behandlung“ war die Klägerin zu den streitgegenständlichen Behandlungen berechtigt. Akutstationäre Krankenhausbehandlung und stationäre Rehabilitation bilden ein Gegensatzpaar. Zweck ist die Unterscheidung zwischen Versorgungsverträgen gemäß § 108 Nr. 3 SGB V für Vertragskrankenhäuser und Versorgungsverträgen gemäß § 111 SGB V für stationäre Rehabilitationseinrichtungen. Unter Berücksichtigung dieser Unterscheidung haben die Vertragspartner im Versorgungsvertrag vom 18.11.2025 festgelegt, dass der Vertrag sich auf stationäre Krankenhausbehandlung bezieht. Die Verwendung des Begriffs „akutstationär“ und „Akutkrankenhaus“ ist sowohl in der BSG-Rechtsprechung (BSG, 10.03.2015 – B 1 KR 4/15, NZS 2015, 422) als auch in Versorgungsverträgen üblich. Auch nach der gesetzlichen Definition des § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V wird die akutstationäre Behandlung als stationäre Krankenhausbehandlung gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V definiert, indem ausdrücklich bestimmt wurde: "[…] die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation.“
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Bei systematischer Auslegung ergibt sich ferner aus § 4 Abs. 1 des Versorgungsvertrages, dass die Klägerin nicht nur zu Krankenhausbehandlungen in Notfällen berechtigt ist, indem für die Erbringung der stationären Behandlung, abgesehen von Notfällen, eine Kostenübernahmeerklärung der zuständigen Krankenkasse verlangt wird.
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Nach teleologischer Auslegung besteht ebenfalls eine Berechtigung zu Erbringung der streitgegenständlichen planbaren stationären Krankenhausbehandlungen. Denn die stationäre Notfallversorgung wäre der Klägerin auch ohne einen Versorgungsvertrag gestattet. Rechtliche Grundlage für die Erbringung von ambulanten Notfallleistungen durch Krankenhäuser außerhalb des organisierten Notdienstes ist § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Nach der Rechtsprechung des BSG gewährt § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V den Versicherten das Recht, in der besonderen Situation eines Notfalles nach freier Wahl auch Nichtvertragsärzte – und damit auch Krankenhäuser – für erforderliche ambulante Behandlungen zu konsultieren (BSG Urt. v. 6.9.2006 – B 6 KA 31/05 R, GesR 2007, 228 Rn. 20; BeckOGK/ Rademacker, 1.12.2016, SGB V § 76 Rn. 13). Im Sinne eines Argumentum ad absurdum würde die Beschränkung auf eine Notfallversorgung somit zu einem widersinnigen Ergebnis führen.
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Im Sinne der teleologischen Auslegung sprechen die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin ebenfalls dafür, dass die streitgegenständlichen planbaren Behandlungen zulässig sind. Schließlich unterhält die Klägerin tatsächlich eine Notfallambulanz, welche ohne die Zulassung als Vertragskrankenhaus mit der Befugnis, planbare Krankenhausbehandlungen zu erbringen, kaum wirtschaftlich zu betreiben wäre. Die Argumentation der Beklagten ist insofern fragwürdig, als der klägerische Vortrag unbestritten blieb, dass die Befugnis zur Abrechnung anderer planbarer Krankenhausbehandlungen als KniegelenkTotalendoprothesen bislang nicht beanstandet worden ist.
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Die Kammer folgt nicht der Ansicht der Beklagten, dass die Klägerin nicht zur streitgegenständlichen Leistungserbringung berechtigt war, weil die behandelten Versicherten nicht zu der im Versorgungsvertrag definierten Klientel „z. B. Versorgung von in- und ausländischen Fluggästen, Besuchern des Flughafens, Mitarbeitern des Flughafens in Einzelfällen“ gehörten.
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Dem Wortlaut lässt sich eine so weitgehende Einschränkung nicht entnehmen. Bereits bei wörtlicher Auslegung des Versorgungsvertrags wird deutlich, dass keine Einschränkung der zu behandelnden Versicherten vereinbart wurde. Schließlich wurde gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 des Versorgungsvertrags vereinbart, dass das Krankenhaus „für die Versicherten der Mitgliedskassen der Krankenkassenverbände“ stationäre Behandlungsleistungen erbringt. Eine Differenzierung hinsichtlich der Klientel findet sich an dieser Stelle ebenso wenig wie in § 2 Satz 1 des Versorgungsvertrages, da hier festgehalten wird, dass das Krankenhaus den übrigen gesetzlichen Krankenkassen in der Bundesrepublik Deutschland die Versorgung der Versicherten zu den gleichen Bedingungen und Vergütungssätzen anbietet.
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Falls die von der Beklagten angenommen, weitgehende Einschränkung des Versorgungsauftrags vereinbart werden sollte, hätte dies im Wortlaut eindeutig zum Ausdruck gebracht werden müssen. Dies verlangt eine grundrechtskonforme Auslegung unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz. Für einen Ausschluss von bestimmten Versicherten ist eine hinreichender Rechtbindungswillen der Vertragspartner nicht ersichtlich. Da im Versorgungsvertrag Einschränkungen keinesfalls eindeutig festgelegt wurden, handelt es sich aufgrund des Wortlautes um eine reine Beschreibung der erwarteten Klientel des Krankenhauses, welche aufgrund der Verwendung der Abkürzung „z. B.“ zudem nicht abschließend ist. Der Ausdruck „spezielle Klientel“ ist in Verbindung mit den aufgeführten Beispielen „… Fluggästen, Besuchern des Flughafens, Mitarbeitern am Flughafen in Einzelfällen“ nicht ausreichend, um verbindlich eine Beschränkung auf eine flughafentypische Klientel zu vereinbaren. Die Angabe der flughafentypischen Klientel ist vielmehr als Beschreibung des bestehenden Zustandes zu verstehen.
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Der Hinweis auf die flughafentypische Klientel (z. B. in- und ausländische Fluggäste, Besucher des Flughafens, Mitarbeiter am Flughafen in Einzelfällen) erschließt sich unter Berücksichtigung der historischen Auslegung des Vertrages. Nach dem Verständnis der Kammer dient § 1 Abs. 1 Satz 3 des Versorgungsvertrages der Begründung, aus welchen Gründen der Landesverband der Krankenkasse ein Vertragskrankenhaus am Münchner Flughafen zulässt. Zur Rechtfertigung dient ersichtlich der stationäre Versorgungsbedarf, welcher speziell mit dem Betrieb eines Verkehrsflughafens verbunden ist. Auf diesen Versorgungsbedarf hat auch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in der Genehmigung vom 24.11.2005 ausdrücklich hingewiesen. Entgegen der Ansicht der Beklagten wurde dem Krankenhaus der Klägerin damit keine Sonderstellung zugewiesen, sondern die Notwendigkeit der Genehmigung des Versorgungsvertrages begründet.
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Auch die systematische Auslegung spricht gegen eine Beschränkung des Versorgungsauftrags auf eine flughafentypische Klientel. Zunächst genießen die gesetzlich Versicherten grundsätzlich Wahlfreiheit gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB V (BT-Drs. 11/2237, Seite 158; Krauskopf/Vossen, 125. EL April 2025, SGB V § 2 Rn. 31). Aus der Zulassung ergibt sich zudem, vergleichbar mit der Zulassung des Kassenarztes, die Verpflichtung zur Teilnahme an der Krankenhausbehandlung der Versicherten (RegE-GRG BT-Drucks 11/2237 S. 198 zu § 117 Abs. 4; BeckOGK/Hess, 1.5.2020, SGB V § 109 Rn. 12). Das zugelassene Krankenhaus ist also gemäß § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) verpflichtet, sofern die medizinische Notwendigkeit für eine Krankenhausbehandlung besteht. Eine Unterscheidung zwischen Versichertengruppen ist in § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht vorgesehen. Der Kammer ist nicht bekannt, dass es entsprechende Einschränkungen hinsichtlich der zu behandelnden Versicherten nach nicht-medizinischen Gründen in anderen Versorgungsverträgen gibt. Dass ein Leistungserbringer sich nicht nach allein am Behandlungsbedarf eines Versicherten orientieren soll, sondern zusätzlich noch zu prüfen hat, ob der Versicherte einer bestimmten Klientel zuzuordnen ist, ist fernliegend. Ferner bleibt die praktische Umsetzung ungeklärt. Dies ergibt sich aus der fehlenden Bestimmtheit der vorliegenden vertraglichen Aufzählung im Versorgungsvertrags. Offen ist bereits, wer unter den Begriff „Besucher“ fällt. Hinzu kommt, dass die Aufzählung aufgrund der Verwendung von „z. B.“ nicht abschließend ist. Zudem stehen die Anforderungen des Datenschutzes der Umsetzung auch entgegen. Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass der klägerische Vortrag blieb unbestritten, dass die Beklagte erst 2024 eine Begrenzung auf die flughafentypische Klientel verlange und dies in Zusammenhang mit der Ablehnung der Vergütung von Kniegelenk-Totalendoprothesen erfolgt sei.
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Die Vergütung der streitgegenständlichen Leistungen ist nicht wegen des Abrechnungsverbotes gemäß § 136b Abs. 4 Satz 2 SGB V ausgeschlossen.
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Wenn die nach § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V erforderliche Mindestmenge bei planbaren Leistungen voraussichtlich nicht erreicht wird, dürfen gemäß § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V entsprechende Leistungen nicht bewirkt werden. Einem Krankenhaus, das die Leistungen dennoch bewirkt, steht gemäß § 136b Abs. 4 Satz 2 SGB V kein Vergütungsanspruch zu. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Mindestmengenregelungen (zuletzt geändert am 17.07.2025, BAnz AT 02.09.2025 B2) Bestimmungen hinsichtlich der Ermittlung der erbrachten Leistungen, Berechtigung der Leistungserbringung sowie Form und Frist der Darlegung der Prognose und Mitteilungspflichten getroffen (BeckOK KHR/ Rieke, 12. Ed. 1.11.2025, SGB V § 136b Rn. 22-25). Der Krankenhausträger hat gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Mindestmengenregelungen vorab die beabsichtigte Erbringung einer Leistung den zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. Mit der ersten erbrachten Leistung beginnt ein Zeitraum von zwölf Monaten, in dem das Krankenhaus gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Mindestmengenregelungen zur Leistungserbringung berechtigt ist.
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Mit E-Mail vom 02.05.2024 hat die Klägerin die erstmalige Leistungserbringung bezüglich Kniegelenk-Totalendoprothesen angezeigt und eine Prognose von 120 Behandlungen abgegeben. Demnach war die Klägerin im Zeitraum von zwölf Monaten gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Mindestmengenregelungen zur Leistungserbringung berechtigt. Die Vergütung der streitgegenständlichen Leistungen ist also nicht wegen des Abrechnungsverbotes gemäß § 136b Abs. 4 Satz 2 SGB V ausgeschlossen.
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Die Ansprüche auf Verzinsung der Vergütungsansprüche der Versicherten ergeben sich aus der Entgeltvereinbarung. Die Klage – soweit sie nicht zurückgenommen wurde – ist begründet, so dass die Beklagte zur Zahlung der Vergütung zu verurteilen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Die teilweise Klagerücknahme wurde gemäß § 155 Abs. 2 VwGO berücksichtigt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.