Titel:
Baurecht, Sofortvollzug bei Beseitigungsanordnung, Besonderes Vollzugsinteresse, Wochenendhausgebiet, Kombination von zulässiger Grundfläche und Grundflächenzahl, Prüfungsmaßstab bei inzidenter Kontrolle eines Bebauungsplans im Eilverfahren, Offene Erfolgsaussichten
Normenketten:
BauNVO § 10 Abs. 3 S. 3
BauNVO § 16 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Nr. 1
BauNVO § 17
BauNVO § 19 Abs. 1, 2 und 4
BayBO Art. 76 S. 1
Schlagworte:
Baurecht, Sofortvollzug bei Beseitigungsanordnung, Besonderes Vollzugsinteresse, Wochenendhausgebiet, Kombination von zulässiger Grundfläche und Grundflächenzahl, Prüfungsmaßstab bei inzidenter Kontrolle eines Bebauungsplans im Eilverfahren, Offene Erfolgsaussichten
Fundstelle:
BeckRS 2025, 34266
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 22. Mai 2025 (M 1 K 25.3145) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom … April 2025 wird hinsichtlich der Nrn. 1 bis 6 wiederhergestellt und hinsichtlich der Nrn. 8 bis 14 angeordnet.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller ist Eigentümer der Anwesen S.-Str. 58 (FlNr. 1156/11) und S.-Str. 63 (FlNr. 1156/3 und 1156/9), P., die jeweils mit einem Wochenendhaus und Nebenanlagen bebaut sind. Er wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Beseitigungsanordnung des Antragsgegners, mit der er unter anderem zum Rückbau von Stellplatzüberdachungen und Versiegelungen auf den jeweiligen Grundstücken verpflichtet wurde.
2
Die Grundstücke liegen im Bereich des Bebauungsplans Nr. 31 „S.eufer“, ausgefertigt am … April 2015 und bekannt gemacht am … Mai 2015. Der Bebauungsplan enthält unter anderem folgende Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung im Sondergebiet 1 („Wochenendhausgebiet“), in dem sich die Grundstücke des Antragstellers befinden: GRZ 0,2 als Höchstmaß (Summenmaß aus Hauptanlagen, Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten sowie Nebenanlagen i.S.d. § 14 BauNVO). Zulässige Grundfläche GR von baulichen Anlagen als Höchstmaß: Wochenendhäuser max. 60 m² (Hauptanlage), Terrassen max. 15 m² (Hauptanlagen) sowie Stellplätze und Garagen, untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen insgesamt max. 30 m². Aus der Begründung des Plans vom … August 2014 in der Fassung vom ... November 2014 ergibt sich unter Nr. 10 „Festsetzungen“, dort Nr. 03 „Maß der baulichen Nutzung“: „Regelung über eine Grundflächenzahl, errechnet aus der kumulierten Grundfläche von Haupt- und Nebenanlagen einschließlich eines Flächenanteils für befestigte Wege und Zufahrten innerhalb der bebaubaren Grundstücksflächen/‚Knödellinie‘ gem. § 19 Abs. 4 und der Mindestgrundstücksfläche. Zusätzlich wurde die zulässige Grundfläche von baulichen Einzelanlagen begrenzt. Der Gemeinderat ist sich der Problematik der doppelten Festsetzung (GRZ und Einzelgrundflächen) bewusst, sieht aber nur so abgesichert, dass das festgesetzte Höchstmaß der Grundfläche der Hauptanlage (Wochenendhaus) nicht durch eine Verringerung der Nebenanlagen in zulässiger Weise erhöht werden kann. Die zulässigerweise errichteten Bestandsanlagen sind von einer solchen Regelung nicht betroffen (Bestandsschutz), sodass die Regelung dann nur für die wenigen möglichen Neubebauungen bzw. für Ersatzbauten bzw. Erweiterungsbauten gilt. Gemäß § 19 Abs. 4 Satz 4 BauNVO kann bei Nebenanlagen zusätzlich noch im Einzelfall davon abgewichen werden, wenn Überschreitungen geringfügige Auswirkungen auf die natürliche Funktion des Bodens haben oder wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde. Die zulässige Grundfläche ist kombiniert mit einer maximalen Wandhöhe/Firsthöhe. Zur Ermittlung des Summenmaßes als Grundlage für die Festsetzung der Grundflächenzahl im Bereich SO1 wurde die mittlere Grundfläche aus allen bestehenden baulichen Anlagen ermittelt (Anlagen 3e, 3f). Die Grundfläche der baulichen Anlagen pro Grundstück differiert zwischen 14 m² (FlNr. 1146) und 161 m² (FlNr. 1156/1). Die mittlere Grundfläche beträgt 89 m². Der Anteil von Terrassen sowie befestigten Wegen und Zufahrten ist in diesem Wert nicht enthalten und müsste bei der Summenmaßberechnung des Bestands noch zugerechnet werden, sodass das tatsächliche Summenmaß deutlich höher ist. Ersatzweise wurde der Wert des Summenmaßes aus der Summe der zulässigen Grundfläche für Wochenendhaus und Terrassen (Hauptanlage) und den festgesetzten Einzelgrundflächen für Nebenanlagen sowie einem Flächenanteil für Wege und Zufahrten gebildet. Dieser Wert von 0,2 liegt deutlich unter dem Summenmaß aus dem Höchstwert der Grundflächenzahl für Wochenendgebiete gem. § 17 BauNVO i.V.m. § 19 Abs. 4 Satz 2 (0,2 + 50% von 0,2 = 0,3). Zur Ermittlung der zulässigen Grundfläche Wochenendhaus wurde die mittlere Grundfläche aus allen bestehenden Wochenendhäusern ermittelt (Anlagen 3e, 3f). Die Grundfläche der Wochenendhäuser pro Grundstück differiert zwischen 14 m² (FlNr. 1146) und 130 m² (FlNr. 1142). Größtenteils liegen Baugenehmigungen vor. Die mittlere Grundfläche beträgt 66 m². Gemäß zitiertem Urteil ist auf der FlNr. 1155/3 die beantragte Grundfläche von 53 m² zulässig. In der Fachliteratur wird bei Wochenendhäusern von 60 m² ausgegangen. Dieser Wert wurde festgesetzt.“
3
Aufgrund einer Baukontrolle auf den Grundstücken des Antragstellers gab das Landratsamt R. (im Folgenden: Landratsamt) ihm mit Schreiben vom … Dezember 2024 im Hinblick auf eine beabsichtigte Beseitigungsanordnung Gelegenheit zur Stellungnahme. Es sei festgestellt worden, dass die vorhandenen Nebenanlagen im Anwesen S.-Str. 58 eine Grundfläche von rund 250 m² und im Anwesen S.-Str. 63 eine Grundfläche von rund 300 m² aufwiesen und damit die zulässigen Werte überschritten.
4
Hierauf ließ der Antragsteller am … Oktober 2024 dem Landratsamt unter anderem ein Entsiegelungskonzept vorlegen, dem jedoch – aus Sicht des Landratsamts – wegen verbleibender, dem Bebauungsplan nicht entsprechender Versiegelung nicht zugestimmt wurde.
5
Mit Bescheid vom … April 2025, zugestellt ausweislich Empfangsbekenntnisses am … April 2025, wurde der Antragsteller verpflichtet, den Stellplatz sowie die Überdachung des Stellplatzes (mit Stützen) nordwestlich des bestehenden Garagengebäudes auf dem Grundstück FlNr. 1156/11 bis … Juni 2025 vollumfänglich zu beseitigen (Nr. 1). Weiter wurde der Antragsteller verpflichtet, die Zufahrt und/oder die Terrasse und/oder den auf der Südwestseite des Wochenendhauses angelegten Weg und/oder den Weg vom Garten zum See insoweit bis … Juni 2025 zu beseitigen, als diese Anlagen die zulässige Gesamtversiegelung von 145,2 m² auf FlNr. 1156/11 überschreiten (Nr. 2). Dem Antragsteller wurde aufgegeben, den Stellplatz sowie die Überdachung des Stellplatzes (mit Stützen) nordwestlich des bestehenden Garagengebäudes auf dem Grundstück FlNr. 1156/3 bis … Juni 2025 vollumfänglich zu beseitigen (Nr. 3). Weiter wurde der Antragsteller verpflichtet, die Zufahrt und/oder die Terrasse und/oder den Weg zwischen Zufahrt und Wohnhaus und/oder den Weg durch den Garten zum See bis … Juni 2025 insoweit zu beseitigen, als diese Anlagen die zulässige Gesamtversiegelung von 133 m² auf dem Grundstück FlNr. 1156/3 überschreiten (Nr. 4). Ferner wurde der Antragsteller verpflichtet, die Einfriedungen (Sichtschutzwände aus Holz) auf FlNr. 1156/3 vollumfänglich zu beseitigen (Nr. 5). Schließlich wurde der Antragsteller verpflichtet, die gesamte gepflasterte Fläche (Zufahrt) auf FlNr. 1156/9 vollumfänglich zu beseitigen (Nr. 6). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1-6 wurde angeordnet (Nr. 7). Für den Fall der Nichtbefolgung der Nrn. 1-6 wurden Zwangsgelder in Höhe von 750,00 bis 1.500,00 EUR angedroht (Nrn. 8 bis 14). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Nr. 15). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Nebenanlagen zu den ehemals verfahrensfrei errichteten Gebäuden entsprächen nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans. Nach Feststellungen der Baukontrolle seien auf FlNr. 1156/11 und 1156/3 die Bereiche nordwestlich der Garage überdacht, die Zufahrt vergrößert und ein Weg zum See angelegt worden. Den Luftaufnahmen zufolge sei die zulässige GRZ deutlich überschritten. Auf FlNr. 1156/3 sei zudem eine 2 m hohe, geschlossene Sichtschutzwand ohne Bodenabstand errichtet worden. FlNr. 1156/9 sei vollständig versiegelt, obwohl der Bebauungsplan dort eine „aufgelichtete Waldfläche mit privater parkartiger Nutzung“ festsetze. Die auf FlNr. 1156/11 zu beseitigende Stellplatzüberdachung verstoße gegen Nr. 9 des Bebauungsplans (nur Satteldächer mit mittigem First zulässig) und gegen Nr. 6, wonach maximal zwei Stellplätze erlaubt seien. Da bereits eine Doppelgarage mit 30 m² Grundfläche bestehe, überschreite der zusätzliche Stellplatz auch das nach Nr. 3 festgesetzte Höchstmaß der Grundfläche für Nebenanlagen. Die Bodenversiegelungen (Zufahrt, Terrasse, Wege) verstießen gegen Nr. 3 des Bebauungsplans, der eine GRZ von 0,2 als Höchstmaß festlegt. Diese GRZ umfasst Hauptanlagen, Garagen, Stellplätze, Zufahrten und Nebenanlagen; eine Überschreitung nach § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO sei ausgeschlossen. Auf dem 726 m² großen Grundstück 1156/11 dürften daher nur 145 m² überbaut werden; tatsächlich seien ca. 340 m² versiegelt. Gleiches gelte für FlNr. 1156/3 (zulässig 133 m², tatsächlich ca. 280 m²). Die Einfriedung auf FlNr. 1156/3 verstoße gegen Nr. 9 des Bebauungsplans, wonach Einfriedungen max. 1 m hoch, sockellos, mit 10 cm Bodenabstand und 50 Prozent offener Ansichtsfläche zulässig seien. Die Zufahrt auf FlNr. 1156/9 liege außerhalb der festgesetzten Nebenanlagenfläche und überschreite ebenfalls die GRZ. Eine nachträgliche Legalisierung durch Befreiung komme nicht in Betracht, da die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung Grundzüge der Planung darstellten. Ziel des Plans sei der Schutz der sensiblen Landschaft und die Begrenzung der Bodenversiegelung; größere Baukörper und zusätzliche Stellplätze sollten ausgeschlossen werden. Auch die Regelung zu mittigen Firsten und offenen Einfriedungen diene ortsbildprägenden und naturschutzbezogenen Zielen. Die Anlagen seien materiell baurechtswidrig und genössen keinen Bestandsschutz, da sie nach Inkrafttreten des Bebauungsplans errichtet worden seien. Die Beseitigungsanordnungen erfolgten ermessensfehlerfrei zur Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände; mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Eine vorherige Aufforderung zur Antragstellung sei unverhältnismäßig, da eine Befreiung ohnehin ausscheide. Der Antragsteller habe die Anlagen in Kenntnis der Planfestsetzungen errichtet und trage das wirtschaftliche Risiko selbst. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei gewahrt, da andere Grundstücke ggf. Bestandsschutz genießen. Das Landratsamt greife die Verstöße auf den FlNrn. 1156/3, 1156/9 und 1156/11 vorrangig auf, da diese nach Planrechtskraft errichtet und als „Musterfälle“ geeignet seien. Der Bebauungsplan Nr. 31 „S.eufer“ sei wirksam; etwaige Abwägungsmängel seien nach § 215 BauGB unbeachtlich. Ein Teilrückbau komme nicht in Betracht, da auch dieser die Festsetzungen verletzen würde. Die sofortige Vollziehbarkeit sei anzuordnen, da sämtliche Anlagen grundsätzlich verfahrensfrei errichtet werden könnten und dem durchschnittlichen Bürger nicht bekannt sei, dass auch verfahrensfreie Vorhaben das materielle Recht beachten müssten, weswegen eine erhebliche Nachahmungsgefahr bei über 40 Grundstücksparzellen im Gebiet zukomme. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Anlagen mit nur geringem Arbeits- und Investitionsaufwand errichtet werden können und ein sofortiges Unterbinden der rechtswidrigen Anlagen daher erforderlich sei. Schließlich könnten alle Anlagen ohne großen Arbeits- und Kostenaufwand entfernte werden.
6
Hiergegen ließ der Antragsteller am 22. Mai 2025 Klage erheben (M 1 K 25.3145). Am 18. Juni 2025 beantragt er,
7
die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
8
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Bebauungsplan Nr. 31 „S.eufer“ sei insgesamt unwirksam, worauf der Antragsteller bereits mit Schreiben vom ... Mai 2016 nach § 215 BauGB hingewiesen habe. Die kombinierten Festsetzungen zur maximal zulässigen GRZ und zur absoluten Grundfläche seien rechtswidrig. Der Plan lege sowohl eine GRZ von 0,2 als Höchstmaß im Sinne eines Summenmaßes aus Hauptanlagen, Garagen, Stellplätzen mit Zufahrten und Nebenanlagen (§ 14 BauNVO) fest als auch zusätzlich absolute Höchstwerte in m² für Wochenendhäuser, Terrassen und Stellplätze. Eine solche Kombination sei nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO unzulässig, da nur entweder eine GRZ oder eine absolute Grundfläche festgesetzt werden dürfe. Überdies leide der Bebauungsplan an Abwägungsfehlern. Folglich richte sich die Zulässigkeit der Bebauung nach § 34 BauGB. Die vorhandene Bebauung füge sich im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Außerdem sei es ermessensfehlerhaft, den Antragsteller als „Musterfall“ heranzuziehen; der Sofortvollzug sei nicht ordnungsgemäß begründet.
9
Der Antragsgegner beantragt unter dem 10. Juli 2025,
10
den Antrag abzulehnen.
11
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Kombination von GRZ und einer absoluten Grundfläche sei zulässig. Das Wort „oder“ in § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO schließe eine kumulative Festsetzung nicht aus; vergleichbare Regelungen in der BauNVO böten der Gemeinde ebenfalls mehrere kumulativ anwendbare Festsetzungsmöglichkeiten. Maßgeblich sei allein, ob die Festsetzungen widerspruchsfrei aufeinander abgestimmt seien. Ein solcher Widerspruch liege hier nicht vor, da die Kombination gewählt worden sei, um zu verhindern, dass die zulässige Grundfläche der Hauptanlage durch Reduktion der Nebenanlagen erhöht werde. Ohne rasches Einschreiten drohten zahlreiche Nachahmungen, da Bauherren häufig annähmen, verfahrensfreie Vorhaben seien auch genehmigungsfrei. Gerade deshalb sei eine konsequente Durchsetzung der Festsetzungen erforderlich. Etwaige wirtschaftliche Nachteile des Antragstellers seien unbeachtlich, da er die Anlagen ohne erforderliche Genehmigung errichtet habe und die damit verbundenen Risiken selbst trage.
12
Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2025 erwiderte der Antragsteller, der Sofortvollzug lasse sich nicht mit der gesteigerten Vorbildwirkung der Bebauung auf seinem Grundstück für die übrigen Grundstücke im Geltungsbereich des vorliegenden Bebauungsplans herleiten, da diese bereits weitestgehend eingetreten sei. Eingedenk des Planungsziels der Gemeinde sei nicht ersichtlich, weshalb (untergeordnete) Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne von § 14 BauNVO sowohl bei der festgesetzten Grundfläche als auch bei der festgesetzten GRZ berücksichtigt würden. Vielmehr wäre vor dem Hintergrund des Planungsziels allein eine Berücksichtigung im Rahmen der GRZ zu rechtfertigen. Soweit der Antragsgegner unterstelle, die Steuerungsfunktion der absolut festgesetzten Grundfläche beziehe sich nicht auf Zufahrten und unterirdische Anlagen, lasse jedenfalls die Bebauungsplanbegründung keinen diesbezüglichen Planungswillen erkennen und löse den festzustellenden Widerspruch daher nicht auf. Weiter ergebe sich die Abwägungsfehlerhaftigkeit des Bebauungsplans aus der gänzlich fehlenden bzw. unzureichenden Ermittlung der Abwägungsgrundlagen. Eine bloße Durchschnittsbetrachtung im Plangebiet, bezogen auf die vorhandenen Hauptbaukörper, genüge nicht. Die Belange der betroffenen Eigentümer von Baugrundstücken mit baulichen Anlagen, deren Grundfläche über das im Bebauungsplan festgesetzte Maß hinausgehe, seien unberücksichtigt geblieben.
13
Am 11. November 2025 wurde der Planaufstellungsakt zum Bebauungsplan „S.eufer“ vorgelegt.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten, auch im Verfahren M 1 K 25.3145, Bezug genommen.
15
Der zulässige (I.) Antrag ist begründet (II.), da kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung vorliegt, die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen zu bewerten sind und die vorzunehmende Interessensabwägung zugunsten des Antragstellers ergeht.
16
Soweit der Antragsteller am 18. Juni 2015 beantragen ließ, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, ist dies nach §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 22. Mai 2025 gegen die für sofort vollziehbar erklärten Rückbauanordnungen in den Nrn. 1 bis 6 im streitgegenständlichen Bescheid vom … April 2025 auszulegen, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 5 VwGO. Trotz rechtsanwaltlicher Vertretung geht das Gericht zugunsten des Antragstellers davon aus, dass mit dem Antrag auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid verfügten und mit dem jeweiligen Rückbauverpflichtungen korrespondierenden Zwangsgeldandrohungen (Nrn. 8-14) begehrt wird, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 5 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG.
17
Der so verstandene Antrag ist nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, insbesondere fehlt ihm nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, da die Klage in der Hauptsache am 22. Mai 2025 gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom … April 2025 fristgerecht eingereicht worden war.
18
Der Antrag ist auch begründet, soweit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nrn. 1 bis 6 des streitgegenständlichen Bescheids vom … April 2025 beantragt wurde.
19
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, wiederherstellen. Das Gericht prüft, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtmäßig ist. Weiter ist, da eine baurechtliche Beseitigungsanordnung in aller Regel eine schwerwiegende, schwer revidierbare Maßnahme ist, ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich, das im Falle der Baubeseitigung grundsätzlich nicht mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist und im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO einen strengen Maßstab fordert (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 23 m.w.N.). Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ab. Sind demzufolge die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BVerwG, B.v. 29.10.2020 – 7 VR 7.20 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 17.11.2025 – 1 CS 25.1369 – juris Rn. 21 ff.; B.v. 5.3.2015 – 10 CS 14.2244 – juris Rn. 25; Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 93). Dies führt bei Anordnungen der sofortigen Vollziehung in Zusammenhang mit einer Beseitigungsverfügung regelmäßig dazu, dass die aufschiebende Wirkung einer Klage wiederherzustellen ist (Decker in Busse/Kraus, BayBO, 159. EL September 2025, Art. 76 Rn. 360).
20
Gemessen hieran ist die Anordnung des Sofortvollzugs ordnungsgemäß begründet (1.), allerdings fehlt es an einem besonderen öffentlichen Vollzugsinteresse (2.). Weiter sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache als offen zu beurteilen (3.) und eine hierauf vorzunehmende, eigenständige Interessensabwägung ergeht zugunsten des Antragstellers (4.).
21
1. Zunächst sind die formellen Anforderungen an die Anordnung der sofortigen Vollziehung, insbesondere das Begründungserfordernis gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, erfüllt. Aus dieser Begründung muss hervorgehen, dass sich die Behörde bewusst war, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen. Hierzu müssen grundsätzlich die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen. An dieses Begründungserfordernis sind jedoch inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2025 – 9 CS 25.763 – juris Rn. 16; B.v. 18.10.2021 – 15 CS 21.2407 – juris Rn. 35; B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 16).
22
Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid vom … April 2025. Das Landratsamt hat den Sofortvollzug mit dem gesteigerten öffentlichen Interesse in einem mittels Bebauungsplan festgesetztem Wochenendhausgebiet, der Verfahrensfreiheit und einer etwaigen Nachahmungsgefahr durch die zahlreichen weiteren Wochenendhäuser begründet. Auch auf den aus Sicht des Landratsamts geringen Arbeits- und Investitionsaufwand bei dem Rückbau und die Tatsache, dass der Antragsteller bauliche Anlagen auf zwei Grundstücken vorgenommen hat, wurde abgestellt. Insofern ist ersichtlich, dass die Behörde sich des Ausnahmecharakters der Anordnung des Sofortvollzugs bewusst war und gab damit zu erkennen, dass die sofortige Beendigung des aktuellen Status aus ihrer Sicht erforderlich war.
23
2. Allerdings liegt ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht vor. Eine baurechtliche Beseitigungsanordnung ist in aller Regel eine schwerwiegende Maßnahme, deren Vollzug dem Betroffenen hohe Kosten verursacht und nur mehr schwer rückgängig zu machende Zustände schafft. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung verstärkt, weil dadurch die Entscheidung in der Hauptsache im Kern vorweggenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 – 2 CS 98.2373 – juris Rn. 16). Erforderlich ist deshalb ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Falle der Baubeseitigung grundsätzlich nicht mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist und regelmäßig im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO nur ausnahmsweise vorliegen wird.
24
Gemessen hieran ist ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der Antragsteller wird verpflichtet, eine Vielzahl an baulichen Anlagen zurückzubauen, darunter Überdachungen von Stellplätzen mit Stützen, Sichtschutzwände sowie wahlweise Zufahrten, Wege oder Terrassen. Diese Anlagen sind teilweise fest mit dem Erdboden verbunden und müssen über erheblichen Flächen (teils 150 m²) zurückgebaut werden, so dass nicht ohne weiteres klar ist, dass dies tatsächlich mit überschaubarem Kosten- und Arbeitsaufwand möglich sein dürfte. Auch die vom Antragsgegner vorgetragene Nachahmungs- und Bezugsfallwirkung ist nicht weiter belegt; zumindest ist nicht vorgetragen, dass andere Bauherren im Plangebiet ähnliche Vorhaben unmittelbar ausführen wollen.
25
Eine andere Einschätzung würde sich grundsätzlich nur dann ergeben, wenn von den Anlagen selbst eine erhebliche Gefahr ausgehen würde (z.B. die Lagerung gefährlicher Stoffe, vgl. BayVGH B.v. 18.6.2025 – 9 CS 25.763 – juris Rn. 30) oder sie nahezu aufwandslos entfernt werden könnten. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
26
Insofern hat der Antrag bereits mangels besonderem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung Erfolg.
27
3. Unabhängig hiervon und die Entscheidung selbstständig tragend sind nach einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache diese als offen zu bewerten.
28
Im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Nrn. 1 bis 6 im streitgegenständlichen Bescheid vom 22. April 2025 rechtswidrig sind und den Antragsteller daher in seinen Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 1 BayBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen kann, wurden diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Aufgrund der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ist jedoch neues, für den Betroffenen günstigeres Recht zu berücksichtigen, wenn eine solche Rechtsänderung zur Zulässigkeit der Anlage führen würde. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist daher die Entscheidung des Gerichts (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 159. EL September 2025, Art. 76 Rn. 131 ff.).
29
Zwar ist der Bescheid formell rechtmäßig ergangen (3.1.). Allerdings kann die materielle Rechtmäßigkeit nicht ohne weitergehende Beweiserhebungen vor Ort abschließend beurteilt werden (3.2.).
30
3.1. Der Bescheid vom … April 2025 ist formell rechtmäßig, insbesondere wurde der Antragsteller mit Schreiben vom … Dezember 2024 ordnungsgemäß angehört,
31
3.2. Die materielle Genehmigungsfähigkeit lässt sich nach summarischer Prüfung nicht abschließend beurteilen.
32
3.2.1. Dahinstehen kann vorliegend zunächst, ob die Anlagen formell illegal errichtet wurden, da die Genehmigungsfreiheit nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden, entbindet, vgl. Art. 55 Abs. 2 BayBO.
33
3.2.2. Allerdings ist weder eine offensichtliche Rechtswidrigkeit noch eine offensichtliche Rechtmäßigkeit festzustellen, da nach Aktenlage nicht beurteilt werden kann, ob die Anlagen materiell illegal sind und daher im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurden, Art. 76 Satz 1 BayBO.
34
Zunächst gilt für die Überprüfung eines Bebauungsplans im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab. Es handelt sich in der Hauptsache jeweils um eine Anfechtungsklage gegen die Beseitigungsanordnungen. Schon aus dem Umstand, dass die VwGO eine konkrete Normenkontrolle zur Überprüfung einer Satzung, wie sie der zugrundeliegende Bebauungsplan darstellt, in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO vorsieht, ergibt sich, dass im Rahmen der Anfechtungsklage zwar eine inzidente, jedoch keine umfassende Kontrolle des Bebauungsplanes erfolgen muss bzw. darf bzw. kann. Nichts Anderes kann (erst recht) im vorliegenden Antragsverfahren mit seinem gegenüber der Hauptsache eingeschränkten Prüfungsmaßstab gelten, der gerade keine umfassende und abschließende, sondern nur eine summarische Überprüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache gebietet. Dies steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, da auch die Normenkontrolle in § 47 Abs. 6 VwGO ein Eilverfahren zur Verfügung stellt, und nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die inzidente Überprüfung des Bebauungsplans nur eingeschränkt dahingehend erfolgt, dass offensichtliche Fehler vorliegen müssen und für die geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe eine hohe Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2024 – 1 CS 23.2032 – juris Rn. 12; VG München, B.v. 17.12.2024 – M 9 SN 24.5557 – juris Rn. 27).
35
Ein solcher, offensichtlicher Fehler des Bebauungsplans Nr. 31 „S.eufer“ liegt nicht vor. Insbesondere ist ein solcher Fehler nicht in der dem Rechtsstreit hauptsächlich zugrundeliegenden Festsetzung der Grundflächenzahl (GRZ) und der zulässigen Grundfläche (GR) zu sehen. Zwar lässt sich der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und der einschlägigen Kommentarliteratur entnehmen, dass eine – wie hier – vorgenommene Kombination der GRZ und der GR grundsätzlich unzulässig sein dürfte und insofern die Vorgaben in § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, wonach im Bebauungsplan das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden kann durch Festsetzung der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen, ein Exklusivitätsverhältnis der Regelungen festlegen. Somit stehen beide Festsetzungen ohne weiter hinzukommende Umstände in einem auch durch Auslegung nicht auflösbaren Widerspruch. Denn eine solche Kombination beider Festsetzungen scheidet dem Grunde nach aus regelungstechnischen Gründen aus: Während die Grundflächenzahl nach § 19 Abs. 1 BauNVO angibt, wie viele Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Abs. 3 BauNVO zulässig sind, mithin Flächen im Verhältnis zur Grundstücksfläche festlegt, handelt es sich bei der GR um einen absoluten Wert, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf, § 19 Abs. 2 BauNVO (vgl. zu alldem BayVGH, U.v. 21.10.2014 – 1 N 11.1456 – juris Rn. 16; Jaeger in BeckOK BauNVO, 43. Ed., Stand: 15.10.2025, § 16 Rn. 13).
36
Demgegenüber steht allerdings im zu entscheidenden Fall, dass es sich vorliegend um ein nach dem Bebauungsplan Nr. 31 „S.eufer“ festgesetztes Sondergebiet handelt, das der Erholung in Form eines Wochenendhausgebiets nach § 10 Abs. 1 BauNVO dient. Hier ergibt sich die Besonderheit, dass nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BauNVO im Bebauungsplan die GR der Wochenendhäuser festzusetzen ist, begrenzt nach der besonderen Eigenart des Gebiets unter Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten. Nimmt man diese spezielle Verpflichtung für Wochenendhausgebiete in Zusammenschau mit den Regelungen des § 17 Satz 1 BauNVO – der die GRZ von 0,2 als Orientierungswert für Wochenendhausgebiete festlegt – widerspricht dies der (grundsätzlichen) Feststellung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass eine Kombination der beiden Regelungsinstrumente unzulässig sein soll. Denn ginge man davon aus, dass auch bei Wochenendhausgebieten ein Exklusivitätsverhältnis zwischen GR und GRZ bestehen würde, der Gesetzgeber aber andererseits die Festsetzung der GR für verpflichtend hält (§ 10 Abs. 3 Satz 3 BauNVO) und zugleich einen Orientierungswert einer GRZ von 0,2 (§ 17 Satz 1 BauNVO) festlegt, ergäbe sich ein nicht ohne Weiteres auflösbarer Widerspruch. Zwar spricht vieles dafür, dass es sich bei § 10 Abs. 3 Satz 3 BauNVO um eine spezielle (und damit vorrangige) Regelung handelt (vgl. OVG NW, U.v. 26.6.2006 – 7 A 3730/04 – juris Rn. 68; Jaeger in BeckOK BauNVO, 43. Ed., Stand: 15.10.2025, § 16 Rn. 19), allerdings ist insoweit weiterhin unklar, ob eine gemeinsame Festsetzung zulässig bleibt. Letztlich ist offenkundig, dass es sich hierbei nicht um einen offensichtlichen Fehler des Bebauungsplans Nr. 31 „S.eufer“ handelt, der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes inzident zu überprüfen wäre.
37
Nachdem keine weiteren Fehler des Bebauungsplans, insbesondere hinsichtlich der gerügten Abwägungsfehlerhaftigkeit, offensichtlich erscheinen und Weitergehendes nicht vom Prüfungsmaßstab erfasst ist, kann die Frage der materiellen Illegalität nicht abschließend beurteilt werden. Denn sowohl für den Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans als auch im Falle von dessen Unwirksamkeit ist eine Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme der örtlichen Gegebenheiten erforderlich. Für eine solche Beweisaufnahme ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich kein Raum; tatsächliche Unsicherheiten werden auf einer nur summarischen Bewertung des Sachvortrags der Beteiligten einschließlich der von ihnen ggf. glaubhaft gemachten Tatsachen geführt, bei der der allein nur überwiegend wahrscheinliche Sachverhalt zugrunde gelegt werden kann und muss (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 103).
38
Hiernach gilt für den vorliegenden Fall Folgendes:
39
Erweist sich der Bebauungsplan als wirksam, ist entscheidungserheblich, ob eine Ausnahme von dessen Festsetzungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB zu gewähren wäre. Dies folgt aus Art. 76 Satz 1 BayBO („wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände herbeigeführt werden können“), wonach eine Ausnahme zu prüfen ist, sofern das Bauvorhaben nicht bereits aus anderen Gründen zulässig gestellt werden kann. Maßgeblich für die Erteilung einer solchen Ausnahme ist insbesondere die Frage, ob durch das Vorhaben die Grundzüge der Planung berührt werden. Ob eine solche Berührung der Grundzüge vorliegt, lässt sich regelmäßig nur anhand einer Besichtigung und Würdigung der örtlichen Verhältnisse zuverlässig feststellen. Sollte der Bebauungsplan hingegen – unterstellt – unwirksam sein, hätte das Gericht Beweis darüber zu erheben, ob das betreffende Grundstück bzw. die baulichen Anlagen nach den Kriterien des Bauplanungsrechts dem Innenbereich (§ 34 BauGB) oder dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen sind. Von dieser Einordnung hängt ab, nach welchen materiell-rechtlichen Voraussetzungen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu beurteilen ist.
40
4. Nachdem die Erfolgsaussichten der Hauptsache als offen einzuschätzen sind, hat das Gericht eine eigenständige Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Diese Abwägung ergeht zugunsten des Antragstellers. Hierzu wird zunächst auf die Ausführungen zum besonderen Vollzugsinteresse (Rn. 23 f.) Bezug genommen. Weder geht von den errichteten Anlagen eine erhebliche Gefahr aus, noch ist ersichtlich, dass die zu beseitigenden Anlagen tatsächlich ohne größeren Arbeits- oder Investitionsaufwand beseitigt werden können. Immerhin handelt es sich vorliegend um eine Vielzahl zurückzubauender Anlagen, eine relativ große versiegelte Fläche und um Anlagen auf zwei Grundstücken. Gründe, die dafür sprechen, dass die Anlagen noch vor Entscheidung in der Hauptsache beseitigt werden müssten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist seitens des Antragsgegners nicht weiter belegt, dass sich aus einer etwaigen Bezugswirkung der Anlagen ergeben würde, dass ähnliche Vorhaben weiterer Bauherren im Sondergebiet unmittelbar bevorstehen oder Nachahmungen zeitnah zu erwarten sind.
41
Die aufschiebende Wirkung ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen anzuordnen. Deren Rechtsgrundlage findet sich in Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, 31, 36 VwZVG. Die Voraussetzungen liegen jedoch durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Beseitigungsverfügung selbst nicht (mehr) vor; es fehlt an einem Verwaltungsakt, dessen Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VwZVG).
42
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43
Der Streitwert ergibt aus 52 Abs. 2 GKG. Das Gericht geht für jede Beseitigungsanordnung vom Regelstreitwert in Höhe von 5.000,00 EUR aus. Die Zwangsgeldandrohungen bleiben gemäß Ziffer 1.7.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit außer Betracht. Der sich ergebende Wert ist im Rahmen des Eilverfahrens zu halbieren (Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges).