Titel:
Aussetzung der Vollziehung bei Zweifeln an Einfuhrabgabenbescheid und Steuerbefreiung trotz fehlerhafter Zollanmeldung
Normenketten:
UZK Art. 117, Art. 173 Abs. 3, Art. 174
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 18 Abs. 3 S. 1, § 22a
Schlagworte:
Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer: innergemeinschaftliche Anschlusslieferung und Fiskalvertretung, Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer, Zollanmeldung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 33908
Tenor
1. Die Vollziehung des Einfuhrabgabenbescheides vom 4. November 2024 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens ausgesetzt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
1
Die Antragstellerin ist eine französische Aktiengesellschaft. Sie handelt u.a. mit Kleidung aller Art.
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Die XY GmbH (XY) meldete bei dem Antragsgegner (Hauptzollamt – HZA) mit Zollanmeldung vom 9. September 2024 (…) in Vertretung der Antragstellerin Waren (Textilien) unter Angabe des Verfahrenscodes 4000 zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Versendungsland war die Türkei. Ausweislich der Zollanmeldung handelte die XY in direkter Vertretung der Antragstellerin. Im Datenfeld “Geschäftsart“ wurde die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr in einem Mitgliedstaat mit anschließender Ausfuhr in einen anderen Mitgliedstaat angeführt. Das Datenfeld “Zusätzliche Angaben“ enthält die Erklärung „Beantrage Abfertigung ohne Erhebung d. EUSt. Steuerfrei gemäß § 5 Abs. 1-3 Ustg.“ Die XY wurde als Fiskalvertreter genannt und ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) angegeben. Außerdem ist die USt-IdNr. der Antragstellerin genannt (FR…).
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Die Waren wurden am 9. September 2024 unter Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 8.672,27 € in den zollrechtlich freien Verkehr überlassen. Die Einfuhrumsatzsteuer wurde dem Aufschub-Konto der XY belastet.
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Im Zeitraum 19. September 2024 bis 4. Oktober 2024 meldete die XY in Vertretung der Antragstellerin beim HZA (weitere) Waren aus der Türkei unter dem Verfahrenscode 4200 an, die ohne Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen wurden.
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Mit Schreiben vom 14. Oktober 2024 wies das HZA die XY darauf hin, dass die Antragstellerin infolge der Überlassung der Waren am 9. September 2024 zum zollrechtlich freien Verkehr unter Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer (Verfahren 4000) steuerbare Umsätze getätigt habe. Dies schließe für das laufende Kalenderjahr Abfertigungen im Verfahren 4200 unter Beteiligung eines Fiskalvertreters aus. Es sei daher eine Nacherhebung der Einfuhrumsatzsteuer für die ab dem 19. September 2024 erfolgten Anmeldungen beabsichtigt.
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Mit Schreiben vom 18. Oktober 2024 ersuchte die XY das HZA von der Nacherhebung der Einfuhrumsatzsteuer abzusehen. Sie wies u.a. darauf hin, dass der Nachweis, dass die am 9. September 2024 eingeführten Gegenstände unmittelbar im Anschluss an die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in einen anderen Mitgliedstaat befördert wurden, durch den CMR-Frachtbrief … erbracht worden sei. Der Antrag auf Überlassung zum freien Verkehr sei eine Willensbekundung, der unzweifelhaft zu entnehmen sei, dass die Waren dazu bestimmt gewesen seien, nach der Überlassung in einen anderen als den Verzollungsmitgliedstaat verbracht zu werden.
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Mit weiterem Schreiben vom 18. Oktober 2024 beantragte die XY – in Vertretung der Antragstellerin – die Änderung der Zollanmeldung vom 9. September 2024 gemäß Art. 173 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex – UZK) im Hinblick auf den Zollverfahrenscode (von 4000 auf 4200). Der Verfahrenscode 4000 sei irrtümlich eingegeben worden. Des Weiteren stellte die XY als Vertreterin der Antragstellerin beim HZA am 18. Oktober 2024 einen Antrag auf Erstattung von Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 6.036,17 € nach Art. 117 UZK (…).
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Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 4. November 2024 erhob das HZA Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt 26.478,62 € betreffend die Zollanmeldungen im Zeitraum 19. September bis 4. Oktober 2024 nach. Die Antragstellerin legte hiergegen Einspruch ein, über den das HZA noch nicht entschieden hat, und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Nachforderungsbescheids. Zudem beantragte sie – zusätzlich zu den (bereits gestellten) Anträgen auf Änderung der Zollanmeldung vom 9. September 2024 gemäß Art. 173 Abs. 3 UZK und Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer gemäß Art. 117 UZK – die Zollanmeldung vom 9. September 2024 gemäß Art. 174 UZK für ungültig zu erklären. Zudem brachte sie vor, dass die Zollanmeldung eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung sei, die im Zweifelsfall auszulegen sei. Hier habe eine Zollanmeldung mit der eindeutigen Willensbekundung vorgelegen, die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 3 [gemeint ist Abs. 1 Nr. 3] des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Anspruch zu nehmen. Alle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung hätten vorgelegen.
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Nach Ablehnung des Antrags auf AdV durch das HZA mit Bescheid vom 19. November 2024 stellte die Antragstellerin am 10. Dezember 2024 Antrag auf AdV des Einfuhrabgabenbescheides vom 4. November 2024 beim Finanzgericht.
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Mit Bescheid vom 21. Januar 2025 lehnte das HZA den Antrag der Antragstellerin auf Änderung der Zollanmeldung vom 9. September 2024 ab. Dem Antrag auf Änderung der Zollanmeldung nach Art. 173 Abs. 3 UZK könne inhaltlich nicht entsprochen werden, weil ein Wechsel des Zollverfahrens nur über Art. 174 UZK geregelt werden könne. Die Voraussetzungen des Art. 174 UZK lägen indes nach Sachlage nicht vor. Am 23. Januar 2025 legte die Antragstellerin gegen diesen Bescheid Einspruch ein, über den das HZA noch nicht entschieden hat.
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Die Antragstellerin begründet ihren gerichtlichen Antrag auf AdV im Wesentlichen wie folgt:
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Sie habe die XY damit beauftragt, für sie in direkter Zollvertretung und als Fiskalvertreter Waren zum zollrechtlich freien Verkehr unter Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung nach Frankreich (Zollverfahrenscode 4200) anzumelden. Bei der Anmeldung vom 9. September 2024 habe ein Angestellter der XY irrtümlich den Zollverfahrenscode 4000 (Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr) angegeben. Die Waren seien – wie von vornherein vorgesehen – nachweislich an den angegebenen Empfänger (die Antragstellerin) befördert worden und hätten somit das deutsche Steuergebiet verlassen.
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Es liege bereits kein steuerbarer Umsatz im Inland vor. Es sei zweifelhaft, ob allein die Angabe des Zollverfahrenscodes 4000 und eine entsprechende Überlassung der Waren ausreichen, um einen Umsatz im Inland anzunehmen, wenn die Waren – was sich aus den bei Zollanmeldung vorgelegten Unterlagen ergebe – tatsächlich unmittelbar in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden sind.
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Die Rechtswidrigkeit des Abgabenbescheides vom 4. November 2024 ergebe sich im Übrigen daraus, dass das HZA noch nicht über die Anträge vom 18. Oktober 2024 auf Bereinigung des Arbeitsfehlers bei Vornahme der Zollanmeldung am 9. September 2024 – z.B. durch Auslegung, Zustimmung zur Änderung bzw. Ungültigerklärung der fehlerhaften Zollanmeldung – entschieden habe und trotzdem bereits davon ausgehe, dass ein steuerbarer Umsatz i.S. des § 22a UStG im Inland stattgefunden hat. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung darüber, ob überhaupt eine steuerpflichtige Einfuhr vorgelegen hat, sei eine Nacherhebung verfrüht.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe mit Urteil vom 30. Januar 2024 (C- 42/22) entschieden, dass Fehler eines Arbeitnehmers, die ohne Wissen und Zustimmung seines Arbeitgebers begangen wurden, diesem nicht zugerechnet werden dürften, es sei denn, der Steuerpflichtige habe nicht die zumutbare Sorgfalt an den Tag gelegt, um das Handeln des Arbeitnehmers zu überwachen. Der Antragstellerin, die nicht Arbeitgeberin des betreffenden Arbeitnehmers sei und deshalb dessen Handeln nicht überwachen konnte, dürften solche Fehler jedenfalls nicht zur Last gelegt werden.
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Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die XY nicht berechtigt gewesen sei, die für Frankreich bestimmte Ware unter dem Verfahrenscode 4000 anzumelden (vgl. Fiskalvertretervollmacht) und insoweit als vollmachtloser Vertreter gehandelt habe. Auch diese Tatsache würde ausschließen, dass in Bezug auf die fehlerhaft angemeldete Einfuhr ein steuerbarer Umsatz im Inland getätigt wurde.
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Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Einfuhrabgabenbescheides vom 4. November 2024 auszusetzen.
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Es bringt im Wesentlichen vor, dass die Fiskalvertretung nach § 22a UStG ausgeschlossen sei, wenn der Vertretene im Inland neben seinen steuerfreien Umsätzen auch steuerpflichtige Umsätze ausführt. Die Fiskalvertretung ende, sobald der Vertretene in einem Kalenderjahr (Besteuerungszeitraum nach § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG) einen oder mehrere steuerpflichtige Umsätze ausführe. Dies sei hier der Fall. Die Antragstellerin habe mit der Einfuhrabfertigung vom 9. September 2024 einen steuerpflichtigen Umsatz getätigt, was die Möglichkeit der Fiskalvertretung durch die XY beendet habe. Weitere steuerbefreite Einfuhrabfertigungen seien für den Rest des Kalenderjahres (2024) kraft Gesetzes nicht mehr zugelassen.
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Diese Rechtsfolge könne nicht durch eine Korrektur der Zollanmeldung vom 9. September 2024 nach Art. 173 Abs. 3 UZK, Art. 174 UZK oder durch eine Inanspruchnahme der XY als Vertreter ohne Vertretungsmacht “behoben“ werden.
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Die beantragte Änderung der Zollanmeldung nach Art. 173 Abs. 3 UZK sei u.a. nur zulässig, wenn der Anmelder seine Pflichten aus der Überführung der Waren in das betreffende Zollverfahren erfüllen kann. Dies sei hier nachträglich nicht möglich. Die Prüfung des Befreiungstatbestandes für die Einfuhrumsatzsteuer habe nicht stattfinden können, weil die Antragstellerin die Textilien für die Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr der Union im Verfahren 4000 (statt 4200) angemeldet habe. Der Verfahrenscode 42 gehe mit einem umsatzsteuerrechtlichen Erklärungsgehalt einher; die Verwendung des Verfahrenscodes 42 sei ein Zusatzantrag i.S. des Art. 22 UZK analog zur Zollanmeldung auf Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG. Die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer hänge davon ab, dass die Befreiungstatbestände gleichzeitig mit der Zollanmeldung zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr geltend gemacht werden; sie müssen im Zeitpunkt der Einfuhr, d.h. im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nachgewiesen und von der abfertigenden Zolldienststelle geprüft sein.
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Auch habe die Antragstellerin das Wahlrecht, ob sie im Falle einer sich an die Einfuhr an-schließenden innergemeinschaftlichen Lieferung die gewährte Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer geltend macht (Code 42) oder dies unterlässt (Code 40), wie im Streitfall geschehen.
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Auch der von der Antragstellerin alternativ beantragte Weg der Änderung der Zollanmeldung über die Ungültigkeitserklärung der Zollanmeldung gemäß Art. 174 UZK scheide aus, da die angemeldeten Waren bereits überlassen sind und im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbeteiligten im gleichen Geschäftsfeld kein besonderer Umstand vorliege, der die Überführung in ein anderes als das angemeldete rechtfertige (Art. 174 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 UZK).
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Die XY sei nicht als vollmachtlose Vertreterin aufgetreten. Anders als die Antragstellerin vorbringe, sei die XY bevollmächtigt gewesen, die Zollanmeldung in direkter Vertretung der Antragstellerin abzugeben. Neben der Fiskalvollmacht liege auch eine Zollvollmacht vor. Sie müsse sich das Handeln der XY als eigenes Handeln zurechnen lassen.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf die vorgelegten Unterlagen und Akten verwiesen.
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Der Antrag ist begründet.
27
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. Art. 45 Abs. 2 UZK setzt das Finanzgericht die Vollziehung einer angefochtenen Entscheidung der Zollbehörden u.a. aus, wenn es begründete Zweifel an deren Rechtmäßigkeit hat. Art. 45 Abs. 2 UZK gilt nicht nur für Zölle, sondern sinngemäß auch für die hier festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer (§ 21 Abs. 2 UStG).
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Begründete Zweifel i.S.v. Art. 45 Abs. 2 UZK sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung der angefochtenen Entscheidung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 11. August 2005 VII B 292/04, BFH/NV 2005, 2074 zur Vorgängerregelung in Art. 244 der Verordnung – EWG – Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften – ZK). Die Entscheidung ergeht aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (BFH-Beschluss vom 20. Januar 2015 XI B 112/14, BFH/NV 2015, 537).
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Hiervon ausgehend bestehen bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand der Aktenlage begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einfuhrabgabenbescheides vom 4. November 2024.
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1. Das HZA ist zutreffend davon ausgegangen, dass als Rechtsgrundlage für eine Nacherhebung von Einfuhrumsatzsteuer Art. 105 Abs. 4 UZK heranzuziehen ist.
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Nach Art. 105 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 UZK sind Einfuhrabgaben nachzuerheben, wenn sie mit einem geringeren als dem zu entrichtenden Betrag festgesetzt und buchmäßig erfasst wurden. Diese für Zölle geltenden Bestimmungen über die Nacherhebung in Art. 105 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 UZK sind sinngemäß auf die Einfuhrumsatzsteuer anzuwenden (BFH-Urteil vom 21. November 2023 VII R 10/21, BFH/NV 2024, 647, Rn. 33).
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Wird bei der Einfuhr die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG – durch Wahl des Verfahrenscodes 42 in der Zollanmeldung – in Anspruch genommen, wird die Steuerbefreiung durch die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer auf 0 € gewährt. Waren die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerbefreiung nicht erfüllt – weil z.B. die (materiellen) Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit der Einfuhr tatsächlich nicht vorlagen – ist Rechtsgrundlage für die Nacherhebung von Einfuhrumsatzsteuer § 21 Abs. 2 UStG i.V.m. Art. 105 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 UZK in sinngemäßer Anwendung (vgl. hierzu im Einzelnen: BFH-Urteil vom 21. November 2023 VII R 10/21, BFH/NV 2024, 647).
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2. Es bestehen auch keine begründeten Zweifel daran, dass die streitgegenständlichen Einfuhren im Zeitraum 19. September 2024 bis 4. Oktober 2024 in Deutschland steuerbar sind.
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Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG, der Art. 2 Abs. 1 Buchst. d, Art. 60 und 61 der RL 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 (im Folgenden: MwStSystRL) in nationales Recht umsetzt, unterliegt die Einfuhr von Gegenständen im Inland der Einfuhrumsatzsteuer und stellt somit einen steuerbaren Umsatz dar.
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a) Zwar regelt das UStG nicht, unter welchen Voraussetzungen von einer steuerbaren “Einfuhr“ i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG auszugehen ist; der Begriff der “Einfuhr“ lässt sich jedoch anhand von Art. 30 MwStSystRL bestimmen. Danach gilt als Einfuhr eines Gegenstands die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr im Sinne des Artikels 24 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV; jetzt: Art. 29 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) befindet, in die Gemeinschaft.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH reicht es für die Verwirklichung des Tatbestandes der Einfuhrumsatzsteuer jedoch nicht aus, dass Gegenstände (körperlich) in das Gebiet der EU gelangen. Vielmehr setzt eine Einfuhr i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und Art. 30 MwStSystRL voraus, dass der in das Gebiet der Union verbrachte Gegenstand in den Wirtschaftskreislauf der Union eingeht und einem Verbrauch zugeführt werden kann (vgl. EuGH-Urteile vom 2. Juni 2016 C-226/14 und C-228/14, Eurogate Distribution, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern – ZfZ – 2016, 193, Rn. 65, vom 18. Mai 2017 C-154/16, Latvijas Dzelzceļš, ZfZ 2017, 241, Rn. 69, vom 1. Juni 2017 C-571/15, Wallenborn Transports, ZfZ 2017, 238, Rn. 54, 56 und vom 10. Juli 2019 C-26/18, Federal Express Corporation Deutsche Niederlassung, ZfZ 2019, 231, Rn. 34).
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Von einem Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Union ist regelmäßig auszugehen, wenn die Gegenstände – wie im Streitfall – zum freien Verkehr überlassen werden (Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 25. Januar 2021 4 K 47/18, BeckRS 2021, 1747, im Ergebnis bestätigt durch BFH-Urteil vom 21. November 2023 VII R 10/21, BFH/NV 2024, 647).
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b) Es bestehen keine begründeten Zweifel daran, dass die Einfuhr in Deutschland besteuert werden darf, weil die Waren dort in den Wirtschaftskreislauf der Union eingetreten sind.
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Das nationale Recht enthält für die Fälle einer Einfuhr keine spezielle Ortsbestimmungsregelung. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG muss deshalb in einer den Art. 30, 60 und 61 MwStSystRL entsprechenden Weise ausgelegt werden.
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Grundsätzlich wird ein Gegenstand dort eingeführt, wo er sich im Zeitpunkt des Verbringens in die Gemeinschaft befindet (Art. 60 MwStSystRL). Nach Aktenlage wurden die streitgegenständlichen Waren per LKW über den Landweg aus der Türkei nach Deutschland befördert und dort zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen. Mit dem Überfahren der Außengrenze des Zollgebiets der Union unterlagen die Waren der zollamtlichen Überwachung (Art. 134 Abs. 1 UZK); diese endete (erst) durch die Überlassung zum freien Verkehr (Art. 194 Abs. 1 und Art. 201 Abs. 3 UZK). In solchen Fällen erfolgt die Einfuhr abweichend von Art. 60 MwStSystRL in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet die zollamtliche Überwachung endete (Art. 61 Abs. 1 MwStSystRL), hier also in Deutschland.
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Aus dem Umstand, dass die eingeführten Gegenstände zur Weiterlieferung in einen anderen Mitgliedstaat bestimmt sind, folgt nicht, dass im Verzollungsmitgliedstaat keine steuerbare Einfuhr stattfindet. Denn die Gegenstände, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG steuerfrei eingeführt werden sollten, wurden im Verzollungsmitgliedstaat Deutschland zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen und dort in der Folge wie Inlandswaren behandelt (BFH-Urteil vom 21. November 2023 VII R 10/21, BFH/NV 2024, 647, Rn. 49).
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3. Es bestehen jedoch ernstliche Zweifel daran, dass die Einfuhren im Zeitraum 19. September 2024 bis 4. Oktober 2024 steuerpflichtig sind. Bei summarischer Prüfung kommt vielmehr in Betracht, dass bei diesen – der Nacherhebung zugrundeliegenden – Einfuhren bei unions-rechtskonformer Auslegung die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG erfüllt sind.
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a) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG ist die Einfuhr der Gegenstände steuerfrei, die von einem Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) verwendet werden.
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Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist in sinngemäßer Anwendung der Zollvorschriften der Anmelder (§ 13a Abs. 2 und § 21 Abs. 2 UStG i.V.m. Art. 77 Abs. 3 UZK), im Streitfall also jeweils die Antragstellerin. Sie hat die aus der Türkei eingeführten Waren zwar nicht zur Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung verwendet; gemäß § 6a Abs. 2 UStG gilt als innergemeinschaftliche Lieferung aber auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstandes (§ 3 Abs. 1a UStG). Nach Aktenlage bestehen keine begründeten Zweifel daran, dass die Voraussetzungen für ein solches innergemeinschaftliches Verbringen bei den Einfuhren zwischen dem 19. September und dem 4. Oktober 2024 erfüllt waren.
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b) Der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer hat zum Zeitpunkt der Einfuhr seine im Geltungsbereich des UStG erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die im Geltungsbereich des UStG erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Fiskalvertreters (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UStG) und die im anderen Mitgliedstaat erteilte UmsatzsteuerIdentifikationsnummer des Abnehmers mitzuteilen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b UStG).
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Die Mitteilung der zutreffenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummern ist seit dem 1. Januar 2020 eine materielle Voraussetzung der Steuerbefreiung (vgl. auch BFH-Urteil vom 21. November 2023 VII R 10/21, BFH/NV 2024, 647, Rn. 75). Diese Anforderung beinhaltet auch, dass die Fiskalvertretung im Zeitpunkt der Mitteilung der UmsatzsteuerIdentifikationsnummer des Fiskalvertreters noch besteht.
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Unabhängig davon, dass der Fiskalvertreter nach §§ 22a ff UStG im Fall der direkten Vertretung nicht die Steuer schuldet und insofern Abweichungen zu Art. 143 Abs. 2 UAbs. 1 Buchst. a MwStSystRL bestehen, ist bei summarischer Prüfung fraglich, ob – wie das HZA meint – die Fiskalvertretung der Antragstellerin durch die XY im Zeitpunkt der betreffenden Einfuhren, die ab 19. September 2024 stattfanden, beendet war bzw. ob die Antragstellerin insofern Gutglaubensschutz in den Fortbestand einer wirksamen Fiskalvertretung in Anspruch nehmen kann.
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aa) Nach § 22a Abs. 1 UStG kann ein Unternehmer, der – wie nach Aktenlage die Antragstellerin – weder im Inland noch in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete seinen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat, sich im Inland durch einen Fiskalvertreter vertreten lassen. Weitere Voraussetzung hierfür ist, dass der Unternehmer im Inland ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführt und keine Vorsteuerbeträge abziehen kann. Der Fiskalvertreter bedarf der Vollmacht des im Ausland ansässigen Unternehmers (§ 22a Abs. 3 UStG). Gemäß § 22b Abs. 1 Satz 1 UStG hat er die Pflichten des im Ausland ansässigen Unternehmers nach dem UStG als eigene zu erfüllen. Er erhält für seine Tätigkeit eine gesonderte Steuernummer und eine gesonderte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unter der er für alle von ihm vertretenen im Ausland ansässigen Unternehmer auftritt (§ 22d Abs. 1 UStG).
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Die Fiskalvertretung endet nach bisher herrschender Meinung u.a. mit Wegfall der für sie in § 22a Abs. 1 UStG aufgestellten Voraussetzungen. Das ist z.B. der Fall, wenn der Unternehmer im maßgebenden Zeitraum steuerpflichtige Umsätze im Inland ausführt (Korn in Bunjes, UStG, § 22a, Rn. 9; vgl. auch UStAE Abschn. 22a.1 Abs. 8). Maßgebender Zeitraum ist der allgemein für die umsatzsteuerrechtlichen Verhältnisse eines Unternehmers geltende Besteuerungszeitraum der §§ 16 Abs. 1, 18 Abs. 3 UStG, also in der Regel das Kalenderjahr. Dies wird auch anhand der Regelung des § 22b Abs. 2 UStG deutlich, der den Fiskalvertreter zur Abgabe einer Steuererklärung für den von ihm vertretenen ausländischen Unternehmer gemäß § 18 Abs. 3 und 4 UStG verpflichtet (Heuermann in Sölch/Ringleb, UStG, § 22a, Rn. 20).
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bb) Die XY war von der Antragstellerin bevollmächtigt worden, für sie als Fiskalvertreterin in Deutschland tätig zu werden (vgl. Vollmacht vom 28. März 2024). Bei summarischer Prüfung endete die Fiskalvertretung jedoch nicht aufgrund der Einfuhr am 9. September 2024. Nach Ansicht des Senats ist ernstlich zweifelhaft, dass die Antragstellerin bei dieser Einfuhr einen in Deutschland steuerpflichtigen Umsatz ausgeführt hat. Bei im AdV-Verfahren gebotener summarischer Prüfung ist die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG zu gewähren, da die materiellen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Einfuhr am 9. September 2024 vorlagen.
51
Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG vorlagen, dürfte sich nach vorläufiger Ansicht des Senats nach der zutreffenden umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung und nicht nach der formellen Bescheidlage (Einfuhrabgabenbescheid vom 9. September 2024) richten. Daher kann an dieser Stelle insbesondere dahinstehen, ob die Zollanmeldung vom 9. September 2024 in entsprechender Anwendung des Art. 173 Abs. 3 UZK im Hinblick auf den Verfahrenscode (4200 statt 4000) noch geändert werden kann. Die Rechtsgrundlage für die Steuerbefreiung ergibt sich ausschließlich aus den gesetzlichen Bestimmungen; auf die informationstechnische Abbildung der Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer sowie auf Verfahrensanweisungen dazu kommt es nicht an (BFH-Urteil vom 21. November 2023 VII R 10/21, BFH/NV 2024, 647 Rn. 56).
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aaa) Bei der am 9. September 2024 angemeldeten Einfuhr von Textilien aus der Türkei war die Antragstellerin als Anmelderin Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer. Die Waren wurden in Deutschland zollamtlich abgefertigt und waren nach den Angaben der Antragstellerin zum Weitertransport nach Frankreich bestimmt. Der von der Antragstellerin angesprochene CMR-Frachtbrief … liegt dem Senat zwar nicht vor; mit der in den Akten befindlichen Gelangensbestätigung vom 11. September 2024 ist aber glaubhaft gemacht, dass die Waren in Frankreich angekommen sind.
53
bbb) Die Antragstellerin hat zum Zeitpunkt der Einfuhr auch die im Geltungsbereich des UStG erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres Fiskalvertreters (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UStG) und ihre eigene in Frankreich erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b UStG). Dass der Bearbeiter der XY diese Angaben nicht über die entsprechenden Funktionscodes, sondern über die Unterlagencodierungen Y041 und Y042 angemeldet hat, und dass diese Angaben in der Folge von der Zollbehörde ungeprüft blieben, steht der Gewährung der Steuerbefreiung nach vorläufiger Einschätzung nicht entgegen. Denn die Prüfung der USt-IdNr. kann im Rahmen des Nacherhebungsverfahrens nachgeholt werden.
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ccc) Allerdings fehlt es in der Zollanmeldung vom 9. September 2024 an einer eindeutigen Ausübung des Wahlrechts, ob die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG in Anspruch genommen wird. Denn einerseits ist in den „Zusätzlichen Angaben“ ein Antrag auf Gewährung der Steuerbefreiung aufgenommen; andererseits ist mit dem Verfahrenscode 4000 die Überführung in den freien Verkehr ohne mehrwertsteuerbefreiende Lieferung angemeldet.
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Fraglich ist bei summarischer Prüfung bereits, ob die Antragstellerin nicht nachträglich klarstellen konnte, dass sie das Wahlrecht auf Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG in Anspruch nehmen wollte, oder ob insoweit allein auf den „Zeitpunkt der Einfuhr“ abzustellen ist. Hinzu kommt, dass die Wahlrechtsausübung bzw. ein entsprechender Antrag vom Wortlaut des Gesetzes nicht gefordert wird, sondern lediglich die Vorlage von Nachweisen, die hier erfolgt ist. Dennoch hängt die Gewährung der Steuerfreiheit von der Mitteilung an die Zollverwaltung ab (vgl. BFH-Urteil vom 21. November 2023 VII R 10/21, BFHE 283, 117, Rn. 40, m.w.N.).
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Bei der Mitteilung an die Zollverwaltung, dass die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG in Anspruch genommen wird, dürfte es sich nach summarischer Beurteilung allerdings nicht um eine materielle Voraussetzung, sondern um eine formale Anforderung handeln. Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfen Verstöße gegen formelle Anforderungen nicht zur Versagung der Steuerbefreiung führen, wenn feststeht, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung vorliegen (vgl. hierzu EuGH-Urteil vom 20. Juni 2018 C-108/17, ZfZ 2019, 77, Rn. 51; BFH-Urteil vom 21. November 2023 VII R 10/21, BFH/NV 2024, 647, Rn. 74).
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Auf der anderen Seite ist auch zu berücksichtigen, dass die Befreiung von der Mehrwertsteuer materiell-rechtlich davon abhängt, dass der Befreiungstatbestand – die innergemeinschaftliche Lieferung – unmittelbar auf die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr er-folgt und dies erst bei Mitteilung an die Zollverwaltung von dieser überprüft werden kann. Insofern ist zum einen fraglich, ob das ungeschriebene Antragserfordernis eine unverhältnismäßige Voraussetzung darstellt; zum anderen ist zu beachten, dass der Verstoß gegen eine formelle Anforderung nach der Rechtsprechung des EuGH nicht den sicheren Nachweis verhindern darf, dass die materiellen Anforderungen erfüllt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 20. Juni 2018 C-108/17, ZfZ 2019, Rn. 59). Ein derartiger Fall dürfte hier jedoch nicht vorliegen.
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cc) Aber selbst wenn davon auszugehen sein sollte, dass die Voraussetzungen der Fiskalvertretung der Antragstellerin durch die XY im Zeitpunkt der betreffenden Einfuhren, die ab 19. September 2024 stattfanden, nicht mehr vorlagen, käme bei summarischer Prüfung in Betracht, dass der gute Glauben der Antragstellerin in den Fortbestand der Fiskalvertretung geschützt ist und dementsprechend die Angabe der USt-IdNr. der XY die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Einfuhren ab dem 19. September 2024 erfüllte.
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Dafür spricht, dass der nach der Rechtsprechung des EuGH zu gewährende Gutglaubensschutz auch für Art. 143 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL gilt (EuGH-Urteil Bozicevic Jezovnik vom 25.Oktober 2018 – C-528/17, ECLI:EU:C:2018:868, Rn. 38). Allerdings wird im Hauptsacheverfahren zu erwägen sein, ob etwas anderes gilt, weil eine endgültige Belastung der Antragstellerin durch Wahl des Vergütungsverfahrens vermieden werden kann.
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Im Übrigen wird zu klären sein, ob die Antragstellerin – obwohl die Einfuhrumsatzsteuer dem Konto der XY belastet wurde und ihr selbst der Steuerbescheid nicht bekanntgegeben wurde – alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, die Wirksamkeit der Fiskalvertretung sicherzustellen.
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dd) Ist – wie hier (vgl. oben) – die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH-Beschlüsse vom 15. Februar 2022 I B 55, 56/21 (AdV), BFH/NV 2022, 801, Rn. 9, und vom 7. März 2022 XI B 2/21 (AdV), BStBl II 2023, 198, Rn. 38, m.w.N.).
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4. Die angeordnete AdV gilt für die Dauer des Einspruchsverfahrens. Ist das außergerichtliche Vorverfahren – wie im Streitfall – noch nicht abgeschlossen, ist die AdV in der Regel nur bis zum Ergehen der Einspruchsentscheidung zu gewähren (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, 9. Aufl., § 69 Rz. 231; Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 5. Oktober 2020 11 V 112/20, juris, m.w.N.).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.