Titel:
Aktivlegitimation, Eigentum, Beweislast, Mangel, Garantievertrag, Leistungsreduzierung, Kostenentscheidung
Schlagworte:
Aktivlegitimation, Eigentum, Beweislast, Mangel, Garantievertrag, Leistungsreduzierung, Kostenentscheidung
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 08.12.2025 – 24 U 2844/25 e
Fundstelle:
BeckRS 2025, 33840
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 10.698,10 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über Ansprüche auf Schadensersatz und Rückgabe eines Batteriespeichers sowie Feststellung.
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Bei der Klägerin wurde durch die Firma eine Photovoltaik-Anlage nebst Batterieheimspeicher eingebaut. Die Beklagte als Herstellerin des Speichers gewährt allen Endkunden eine selbstständige Herstellergarantie über einen Zeitraum von grundsätzlich zehn Jahren ab Installation (Anlage KGR_2).
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Der Batterieheimspeicher ist bei der Beklagten auf den Ehemann der Klägerin registriert (Anlage CMS 2).
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In den ersten Monaten 2022 kam es an anderen von der Beklagten hergestellten Speichersystemen zu Explosionen und Bränden, die durch Kurzschlüsse ausgelöst worden waren. Am 09.03.2022 deaktivierte die Beklagte im Hinblick hierauf vorsorglich ca. 66.000 der von ihr hergestellten Speichersysteme. Nachdem sie die Software auf dieses aufgespielt hatte, durch die weitere Brände verhindert werden sollten, indem die kurzschlussgefährdeten Zellen kurzfristig abgeschaltet werden sollten, versetzte sie die Speicher wieder in Betrieb. Am 18.03.2023 kam es erneut zu einer Explosion eines der Speicher der Beklagten, so dass diese wieder verschiedene Speicher in den Stand-by-Modus versetzte und dann in den beschränkten Leistungsbetrieb mit einer Kapazität von zunächst 50% und später 70% Ladekapazität. Hiervon betroffen war auch der Speicher des Klägers. Im Mai 2023 stellte die Beklagte wieder die volle Ladekapazität mittels eines Software-Updates her. Am 09.08.2023 beschränkte die Beklagte nach erneuten Brandvorfällen die Kapazität auf 70%.
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Außergerichtlich forderten die Klägervertreter im Namen des Ehemanns der Klägerin die Beklagte zur Rückabwicklung auf unter Verweis, dass der Ehemann der Klägerin den Speicher erworben habe (Anlage CMS 3).
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Die Klagepartei behauptet, sie habe mit Rechnung vom 18.02.20223 eine Photovoltaik-Anlage nebst Batterieheimspeicher bei der Firma (Anlage KGR_1) erworben. Auch die in ihrer Speicherbatterie verbauten Zellmodule wiesen einen Mangel gemäß § 434 Abs. 2 S. 2 BGB dahingehend auf, dass hier Defekte in Gestalt physischer Verformungen der Ringstruktur der in den Zellmodulen verbauten Zellen vorlägen, was schon bei Gefahrübergang angelegt gewesen sei. Diese Defekte ließen sich nicht durch eine überarbeitete Software beseitigen, sondern erforderten einen Austausch der beschädigten Zellmodule.
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Die Klagepartei meint, ihr stünde ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. dem ProdSG, sowie aus § 826 BGB, § 823 Abs. 1 BGB und aus § 1004 BGB zu. In Kenntnis des Defekts hätte er den Speicher nicht erworben. Der habe daher einen Anspruch auf Rücknahme des Speichers und Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines angemessenen Nutzungsersatzes. Zudem liege auch ein Garantiefall vor, denn die Garantiebedingungen seien gemäß § 307 BGB unwirksam.
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Die Klagepartei beantragt,
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite 10.698,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.01.2025 Zug um Zug gegen Übergabe des -Batteriespeichers mit der Seriennummer zu zahlen.
- 2.
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Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug hinsichtlich des unter Antrag zu Ziffer 1 genannten Batteriespeichers befindet.
- 3.
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 527,05 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei.
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Sie behauptet, bei den verbauten Batteriezellen liege grundsätzlich ein gewisses Technologierisiko vor. Dies sei kein isoliertes Risiko bei den Speichern der Beklagten, sondern müsse hingenommen werden, wenn Lithium-Ionen-Batterien erworben werden. Bei den Abschaltungen im März 2022 habe es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme gehandelt, bis die Ursache der Vorfälle festgestellt werden konnte. Bei dem Brand im März 2023 habe es sich um einen isolierten Einzelfall gehandelt. Auch hier sei die Leistungsreduzierung aller baugleichen Speicher aus reiner Vorsicht geschehen. Dies bedeute jedoch nicht, dass auch tatsächlich ein Zellschaden in den einzelnen Speichern vorhanden sei. Bei der Leistungsreduzierung im August 2023 habe es sich ebenfalls um eine reine Vorsichtsmaßnahme gehandelt.
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Die Beklagte meint, ein angeblicher Zellschaden in den Batteriemodulen des klägerischen Speichers werde durch die Klagepartei schon nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Ein Garantiefall liege nicht vor, da diese bei einer Leistungsreduzierung des Stromspeichers nur im Falle der Degradation greife (Anlage KGR 2 Ziff. B (1)).
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Die am 20.12.2024 bei dem Landgericht Memmingen eingegangene Klageschrift vom gleichen Tag ist der Beklagten ausweislich der bei der Akte befindlichen Postzustellungsurkunde am 22.01.2025 zugestellt worden.
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Das Gericht hat am 08.05.2025 mündlich zur Sache verhandelt und mit den Parteien die Sach- und Rechtslage erörtert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteivertreter nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 08.05.2025.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Memmingen ist gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich und gemäß § 29 ZPO örtlich zuständig.
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Die Klage ist unbegründet.
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1. Es fehlt bereits an einer gesicherten Feststellung zur Aktivlegitimation der Klägerin.
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Vorliegend trägt die Klageseite in der Klageschrift vor, die Klägerin hätte den Speicher erworben und verweist hierzu auf die als Anlage KGR_1 vorgelegte Rechnung vom 18.02.2022.
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Diesen Umstand hat die Beklagte bereits in der Klageerwiderung bestritten und dabei darauf hingewiesen, dass ausweislich des Anlagenzertifikats der Speicher auf den Ehemann der Klägerin registriert und angemeldet ist. Auch im außergerichtlichen Schreiben vom 06.12.2024 zeigten die Klägervertreter die Vertretung des Ehemanns der Klägerin an und wiesen darauf hin, dass der Mandant „von der Firma u.a. einen Batteriespeicher vom Typ mit der Seriennummer erworben“ hat (Vgl. Außergerichtliches Schreiben vom 06.12.2024, Anlage CMS 3).
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Die Klagepartei positionierte sich zur Frage der Aktivlegitimation bzw. zur Frage, wer Eigentümer des Speichers sowie Garantienehmer ist nicht weiter. Insbesondere wird seitens der Klagepartei nicht aufgeklärt, woher die Widersprüche im außergerichtlichen Schreiben und im hiesigen Klageverfahren stammen und wie diese zu erklären sind.
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Mit Schreiben vom 05.05.2025 teilten die Klägervertreter mit, dass „der Kläger“ am Termin teilnehmen werde und teilten die E-Mail-Adresse „für den Kläger“ wie folgt mit: (vgl. Schriftsatz vom 05.05.2025, Bl. 133 d.A.).
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In der mündlichen Verhandlung selbst waren die Klägerin anwesend sowie deren Ehemann, welcher als Bevollmächtigter der Klägerin auftrat. Der Ehemann der Klägerin gab in der informatorischen Anhörung an: „wir haben damals den Speicher gekauft“ (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2025, Bl. 146 d.A.).
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Auch aus der informatorischen Anhörung ergaben sich daher keine Anhaltspunkte, wer letztlich Eigentümer des Speichers und Garantienehmer geworden ist.
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Unter diesen unklaren Umständen konnte das Gericht die Aktivlegitimation der Klägerin damit nicht gesichert feststellen. Die Klageseite klärte die vorhandenen Widersprüche nicht auf, sodass sie dahingehend für die von ihr zu beweisenden Umstände der Aktivlegitimation und der Anspruchinhaberschaft beweisfällig blieb.
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Einer Hinweispflicht nach § 139 ZPO unterlag das Gericht dabei nicht weitergehend, da die Beklagtenpartei bereits zu Beginn der Klageerwiderung auf die fehlende Aktivlegitimation und die daraus ergebende Unbegründetheit der Klage hinwies (vgl. Seite 4 und 5 der Klageerwiderung vom 19.03.2025, Bl. 30/31 d.A.).
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2. Lediglich hilfsweise ist darüber hinaus festzuhalten, dass der Klägerin weder ein vertraglicher noch ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. ProdSG, § 1004 BGB, § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 826 BGB zusteht.
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a) Vertragliche Ansprüche aus §§ 434 ff. BGB kommen bereits dem Grunde nach nicht in Betracht.
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Wenngleich die Klageseite immer wieder Anspruchsgrundlagen aus dem Kaufrecht in ihren Schriftsätzen bemüht, ergibt sich ein entsprechender Anspruch nicht. Zwischen den Parteien bestand unstrittig kein Kaufvertrag, sodass die Klageseite hierauf auch keine Ansprüche stützen kann. Insofern erübrigen sich sämtliche Ausführungen der Klägerseite zu den §§ 434 ff. BGB.
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b) Für das Vorliegen eines Mangels ist die Klageseite darlegungs- und beweisbelastet. Dass der Speicher als solcher mangelhaft ist, ist nach dem Vortrag der Parteien nicht anzunehmen. Ein schlüssiger Vortrag zum Mangel des bei der Klagepartei bzw. ihrem Ehemann verbauten Batteriespeichers liegt nicht vor.
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Dem Vortrag ist allenfalls zu entnehmen, dass die Klagepartei subjektiv von einer Brandgefahr des bei ihr verbauten Speichers ausgeht. Konkrete Einzelheiten oder mit Bezug auf den bei ihm verbauten Speicher hierzu vorgetragene Informationen fehlen indes. Der Verweis der Klagepartei auf einzelne Brandereignisse führt angesichts der hohen Zahl ausgelieferter und benutzter Speicherelemente der Beklagten nicht dazu, dass generell von einem Mangelverdacht ausgegangen werden kann. Einzelheiten zu den in Brand geratenen Speichergeräten und technische Einzelheiten der Vorfälle trägt die Klageseite nicht vor. Auch die seitens der Beklagten vorgenommenen Leistungsdrosselungen lassen einen Schluss auf einen Sachmangel des bei der Klageseite verbauten Speichers nicht hinreichend zu.
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Letztlich erfolgt der Vortrag der Klagepartei zu einem Sachmangel des bei ihr verbauten Speichers völlig unsubstantiiert und ins Blaue hinein. Er beschränkt sich im Tatsachenvortrag darauf, eine Batterie eines bestimmten Herstellers, der Beklagten, sei bei ihr verbaut und bei Batterien dieses Herstellers habe es Brandereignisse gegeben.
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Ein Bauherr muss aber einen Mangel zu genau bezeichnen, dass der in Anspruch genommene Unternehmer weiß, was ihm vorgeworfen und was von ihm als Abhilfe erwartet wird. Ein Besteller genügt also im Allgemeinen seiner Darlegungspflicht, wenn er einen Mangel in seinem äußeren Erscheinungsbild behauptet und belegt (Symptomtheorie). Erforderlich ist somit nur eine hinreichend genaue Bezeichnung von Mangelerscheinungen. Der Besteller ist nicht genötigt, auch die Gründe seiner Entstehung, also die Menge Ursachen im einzelnen anzugeben (vgl. Werner/Pastor, 18. Aufl., Rdn. 1940). Allgemein sind die Anforderungen an eine Substantiierung nicht hoch. Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist schon schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Für die Rechtsfolge nicht näher erforderliche Einzelheiten müssen nicht dargelegt werden.
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Das Gericht muss jedoch in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Hat eine Partei keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrunde liegenden Vorgängen, darf sie auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptungen in den Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von den Einzeltatsachen hat. Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei jedoch dann, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl, gleichsam ins Blaue hinein aufgestellt oder aus der Luft gegriffen sind (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 05.09.2022, 5a U 762/22, OS1, Rdn. 20 m.W.N., OLG Stuttgart, Urteil vom 16.06.2020, 16a U 228/19, Rdn. 87 f., BGH, Beschluss vom 28.01.2020, VIII ZR 57/19, Rdn. 7 f., BGH, Urteil vom 08.05.2012, XI ZR 262/10, Rdn. 40, je nach juris).
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Greifbare Anhaltspunkte für einen physischen Defekt des bei der Klagepartei verbauten Batteriespeichers trägt dieser nicht vor. Alle Speicher der Beklagten als schadhaft einzustufen, stellt eine reine Spekulation der Klagepartei dar.
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Die Beklagte hat nachvollziehbar dargestellt, dass es sich bei der Leistungsreduzierung der Speicher, bei der auch der Speicher der Klagepartei betroffen war, um eine Vorsichtsmaßnahme handelte, die nicht auf einen konkreten Mangel bei den einzelnen Speichern schließen lässt.
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3. Der Klagepartei stehen auch keine Ansprüche aus dem Garantievertrag zu. Denn dessen Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Leistungsreduzierung erfolgte auf Grund bewussten Eingriffs von außen und nicht auf Grund einer Degradation. Dies ist aber gemäß Ziff. B. (1) Voraussetzung für einen Garantiefall.
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Diese Klausel ist auch wirksam und stellt keine unangemessene Benachteiligung dar. Dies wurde auch vom OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.02.2025, 12 U 164/24 (Anlage CMS 20) so gesehen. Selbst wenn sie jedoch unwirksam wäre, würde dies nicht zu einer uneingeschränkten Garantie führen. Vielmehr wären dann die ganze Klausel unwirksam und die Rechtsfolge würde sich nach § 306 Abs. 2 BGB richten, wonach die gesetzlichen Regelungen Anwendung fänden.
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4. Aus den genannten Gründen war auch der Feststellungsantrag abzuweisen.
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5. Mangels bestehen eines Hauptanspruchs steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu, zumal die Klägervertreter außergerichtlich explizit im Namen des Ehemanns der Klägerin tätig wurden. Eine Ersatzfähigkeit scheidet damit schon von vornherein aus.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
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Der Streitwert richtet sich nach § 48 Abs. 1 GKG, §§ 3 ff. ZPO.
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Das weitere Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung aus dem Schriftsatz der Klageseite vom 21.07.2025 war auch im Übrigen gemäß § 296a S. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen. Eine weitere Frist zur Stellungnahme war nicht nachgelassen. Ein Grund für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO lag ebenfalls nicht vor.