Titel:
Berufung, Kaufvertrag, Schadensersatz, Inhaltskontrolle, Mangelhaftigkeit, Anspruch, Klage, Rechtsfehler, form, Schutzgesetz, Aktivlegitimation, Voraussetzungen, Herstellergarantie, Anlage, Aussicht auf Erfolg, Fortbildung des Rechts, keine Aussicht auf Erfolg
Schlagworte:
Berufung, Kaufvertrag, Schadensersatz, Inhaltskontrolle, Mangelhaftigkeit, Anspruch, Klage, Rechtsfehler, form, Schutzgesetz, Aktivlegitimation, Voraussetzungen, Herstellergarantie, Anlage, Aussicht auf Erfolg, Fortbildung des Rechts, keine Aussicht auf Erfolg
Vorinstanz:
LG Memmingen, Endurteil vom 07.08.2025 – 24 O 1854/24
Fundstelle:
BeckRS 2025, 33839
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 07.08.2025, Az. 24 O 1854/24, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Entscheidungsgründe
1
Die Klägerin verlangt (nun aus abgetretenem Recht) von der Beklagten als Herstellerin eines Batterieheimspeichers für Photovoltaikanlagen Schadensersatz in Höhe von 10.698,10 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe.
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Das Landgericht Memmingen wies die Klage ab. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
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Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung liegen vor. Das angefochtene Urteil des Landgerichts Memmingen weist weder Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
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1. Zunächst bestehen schon Bedenken im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Begründung der Berufung gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO, da die Berufungsbegründung des Klägervertreters weitestgehend nicht auf den vorliegenden Streitfall zugeschnitten ist und eine konkrete Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils vermissen lässt. Die Berufungsbegründung beschränkt sich im Kern auf die auf Zitate aus zahlreichen Gerichtsentscheidungen gestützte Behauptung, der Speicher sei mangelhaft.
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2. Jedenfalls ist die Berufung in der Sache unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Allerdings scheitert die Klage nicht mehr an der Aktivlegitimation der Klägerin. Denn der Ehemann der Klägerin hat mit Abtretungsurkunde vom 02.11.2025 (Anlage KGR BB 1) seine Ansprüche an sie abgetreten. Die Klägerin kann jedoch weder vertragliche noch deliktische Ansprüche gegen die Beklagte herleiten.
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a) Die Behauptung eines Sachmangels gemäß § 434 BGB genügt nicht, um einen Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller schlüssig darzulegen. Es fehlt vorliegend an einer Anspruchsgrundlage, auf die das Klagebegehren erfolgreich gestützt werden könnte. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, scheiden vertragliche Ansprüche aus.
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aa) Dies gilt zum einen für Gewährleistungsansprüche aus einem Kaufvertrag. Ein solcher wurde unstreitig zwischen den Parteien nicht geschlossen, so dass auch kein Kaufvertrag mit Montageverpflichtung – wie die Klägerin meint (S. 8 Berufungsbegründung) – vorliegt. Dass die Beklagte an dem Kaufvertrag zwischen der Klägerin und einer dritten Firma nicht beteiligt ist, erkennt auch die Klageseite, da in den erstinstanzlichen Ausführungen, die das Klagebegehren stützen sollen, in weiten Teilen von der „Streitverkündeten“ und nicht von der Beklagten die Rede ist (vgl. Bl. 98 bis 106 und 143 d. LG-Akte).
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bb) Zum anderen kann die Klägerin auch keine vertraglichen Ansprüche aus dem Garantievertrag mit der Beklagten herleiten (Herstellergarantie gemäß § 443 BGB, Bedingungen der Bauteilgarantie, Anlage KGR 2).
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Die Herstellergarantie unterliegt – namentlich in Bezug auf die eigentliche Leistungszusage und die Art der Garantieleistung – nicht der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB, da die Herstellergarantie die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer unberührt lässt und es dem Hersteller frei steht, ob er solche eigenen Zusagen überhaupt abgibt (Wurmnest in Münchener Kommentar zum BGB 10. Auflage 2025, § 309 Abs. 8 Rn. 22 m.w.N.).
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Das Erstgericht hat zutreffend dargelegt, dass ein Garantiefall nicht eingetreten ist. Maßgebliche Grundlage ist hierbei der Wortlaut des Garantieversprechens (B. (1) der Anlage KGR 2), das vom Landgericht zutreffend ausgelegt wurde. Danach liegt ein Garantiefall vor, wenn das Produkt/der Akkumulator innerhalb des Garantiezeitraums defekt ist. Das Produkt/der Akkumulator ist defekt im Sinne dieser Garantie, wenn ein Material- und/oder Verarbeitungsfehler vorliegt, der seine Funktionsfähigkeit beeinträchtigt (Materialgarantie) und/oder die gemäß C. (4) garantierte nutzbare Kapazität infolge der Degradation der Module unterschritten wird (Leistungsgarantie). Einen solchen Defekt hat die Klägerin – wie das Landgericht Memmingen zutreffend ausgeführt hat – nicht ausreichend vorgetragen. Die Leistungsgarantie wurde allein in Richtung einer Degradation versprochen.
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Völlig unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der Materialgarantie oder der Leistungsgarantie der Beklagten dem Grunde nach vorliegen, scheitert der Anspruch jedenfalls auf der Rechtsfolgenseite. Die Garantie der Beklagten gewährt dem Käufer nämlich nur ein Nachbesserungsrecht (Instandsetzung oder Austausch des defekten Bauteils, C. (1) der Anlage KGR 2) und schließt Schadensersatzansprüche ausdrücklich aus (C. (6) der Anlage KGR 2).
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b) Ein Anspruch nach dem ProdHaftG scheidet mangels Verletzung eines Rechtsguts i.S.d. § 1 ProdHaftG von vornherein aus. Aber auch eine deliktische Haftung der Beklagten kommt nicht in Betracht. Der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch kann nicht auf die §§ 823 ff. BGB gestützt werden.
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aa) Ein absolut geschütztes Recht der Klägerin i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB wurde von der Beklagten selbst dann nicht verletzt, wenn man zugunsten der Klägerin eine Mangelhaftigkeit des Speichers unterstellen würde.
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bb) Eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung i.S.d. § 826 BGB, welche ein Verhalten voraussetzt, das nach seinem Gesamtcharakter gegen das im Zeitpunkt der Handlung herrschende Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt und besonders verwerflich ist (Sprau in Güneberg, BGB, 84. Auflage 2025, § 826 Rn. 4 unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BGH) wurde von der Klägerin nicht ansatzweise dargelegt.
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cc) Der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises ergibt sich schließlich auch nicht auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem von der Beklagten verletzten Schutzgesetz.
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Die Klägerin meint, dass ihre Ansprüche „u. a. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § ProdSG begründet“ sind (so wörtlich auf S. 2 Berufungsbegründung). Ob und wenn ja in welchem Umfang einzelne Vorschriften des ProdSG, namentlich § 6 ProdSG, Schutzgesetzcharakter haben, ist strittig (ablehnend Kappor in Klindt, ProdSG, 3. Auflage 2021, § 6 Rn; 113, differenzierend Schütte in Ehring/Taeger, Produkthaftungs- und Produktsicherheitsrecht, 1. Auflage 2022, § 6 ProdSG Rn. 124). Vorliegend bedarf diese Frage aus zwei Gründen keiner abschließenden Klärung:
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Soweit die Klägerin auf die Verpflichtung des Herstellers nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ProdSG abstellt, Verbrauchern die Informationen zur Verfügung zu stellen, die benötigt werden, um die mit dem Produkt verbundenen, ohne Hinweis nicht unmittelbar erkennbaren Risiken zu erkennen, ist zu berücksichtigen, dass eine für den Schaden kausale Schutzgesetzverletzung dem Kauf des Produkts im Februar 2022 zeitlich vorausgegangen sein müsste.
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Zum anderen reicht es für einen Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB nicht aus, dass es sich bei dem (schuldhaft) verletzten Gesetz um ein Schutzgesetz handelt, d.h. ein Gesetz, das zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen bzw. einzelne Personenkreise zu schützen. Vielmehr muss auch der eingetretene Schaden in den Schutzbereich der Norm fallen. Wenn – wie vorliegend – die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Speichers als großer Schadensersatz geltend gemacht wird, müsste deshalb das Interesse der Klägerin, nicht am Vertrag festgehalten zu werden, als Ausfluss des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts der Klägerin vom sachlichen Schutzbereich des Schutzgesetzes umfasst sein (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2023, Az. VIa ZR 335/21). Der Schutzbereich des ProdSG erstreckt sich jedoch nicht auf dieses wirtschaftliche Interesse, sondern ist auf Personenschäden beschränkt (Wagner in Münchner Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2024, § 823 Rn. 1152).
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Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).