Titel:
Vergütungsbemessung und Zuschlagsvoraussetzungen für den vorläufigen Insolvenzverwalter - Darlegung bei Zuschlägen für Betriebsfortführung und Sanierungsbemühungen
Normenketten:
InsO § 21 Abs. 1, § 63 Abs. 3
InsVV § 3 Abs. 1, § 11 Abs. 1
Leitsätze:
1. Ein Insolvenzverwalter, der einen Zuschlag beantragt, hat dessen Voraussetzungen und die erforderlich gewordenen Tätigkeiten konkret und substantiiert darzulegen. Anhand von belegbaren Tatsachen muss beschrieben werden, welche konkreten Erschwernisse oder Erleichterungen bei welchen Tätigkeiten und in welchem Kontext aufgetreten sind und weshalb Zu- oder Abschläge aus Antragstellersicht zwingend zu berücksichtigen sind, um ein Missverhältnis zwischen Vergütung und erbrachter Leistung zu verhindern. Die Darlegung muss darüber hinaus so detailliert erfolgen, dass dem Gericht und den übrigen Verfahrensbeteiligten eine Prüfung der Berechnung schon aufgrund des Antrags möglich ist. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Betriebsfortführung ist im vorläufigen Verfahren grundsätzlich vergütungserhöhend zu bewerten, soweit die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters hierdurch erschwert worden ist, und die Erhöhung der Berechnungsgrundlage nicht bereits zu einer entsprechenden Mehrung der Vergütung geführt hat. Es bedarf Informationen betreffend den zeitlich konkretisierten und personalisierten Einsatz sachkundiger Mitarbeiter im Unternehmen, die zeitliche und räumliche Präsenz des Verwalters, die Hinzuziehung von fachkundigen Dritten ebenso wie aus dem Unternehmen heraus gewonnener Informationen sowie deren nachfolgender Verarbeitung und operativer Umsetzung. Tatbestandliche Voraussetzung für einen begründeten Zuschlagsantrag ist bei der Fortführung des schuldnerischen Unternehmens die Vorlage einer Vergleichsberechnung, selbst dann, wenn eine Betriebsfortführung keinen Überschuss erwirtschaftet. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zusätzliche Belastungen des vorläufigen Insolvenzverwalters für Sanierungsbemühungen können grundsätzlich einen Zuschlag rechtfertigen. Die schlichte Angabe, man habe Investoren gesucht und mit vier Interessenten näher korrespondiert, lässt jedoch keine ausreichenden Rückschlüsse auf den tatsächlichen Aufwand und die für den Zuschlag im Antrag angesetzte Höhe zu. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, Zuschlag, Betriebsfortführung, Sanierungsbemühungen, Regelvergütung, Darlegungsanforderungen bei beantragten Zuschlägen, Gesamtschau
Fundstelle:
BeckRS 2025, 33601
Tenor
1. Die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, werden wie folgt
2. Dem vorläufigen Insolvenzverwalter wird gestattet, den Betrag von EUR der Insolvenzmasse zu entnehmen.
3. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Mit Schriftsatz vom 24.09.2025 beantragte der vorläufige Insolvenzverwalter die Festsetzung seiner Vergütung gem. § 63 Abs. 3 InsO zuzüglich Auslagen für den Zeitraum vom 31.03.2025 bis 02.06.2025 in Höhe von 25.105,91 EUR brutto. Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 29.09.2025 und 29.10.2025 im Sinne von § 139 ZPO auf verschiedene Unklarheiten hingewiesen und zur Nachbesserung seines Antrags aufgefordert, wobei in Teilen mit Schreiben vom 08.10.2025 und 30.10.2025 Erledigung erfolgte bzw. die Gegenstandslosigkeit der Monierungen festgestellt werden konnte. Die Schuldnerpartei wurde mit Schreiben vom 03.11.2025 zu dem Antrag angehört. Eine Stellungnahme ist binnen der gesetzten Frist nicht eingegangen.
2
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat gem. § 63 Abs. 3 Satz 1 InsO einen gesonderten Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit und Ersatz der ihm entstandenen Auslagen. Bei der Festsetzung war von dem der vorläufigen Insolvenzverwaltung unterliegenden Vermögenswert in Höhe von 119.204,73 EUR auszugehen. Die Bemessungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist gemäß § 63 Abs. 3 InsO und § 11 Abs. 1 InsVV der Wert des insgesamt gesicherten und verwalteten materiellen wie immateriellen Vermögens (Aktivvermögen), das seiner Tätigkeit während der vorläufigen Verwaltung zugrunde lag, ohne hierbei einen Abzug für Aus- und Absonderungsrechte an der Insolvenzmasse vorzunehmen, soweit er sich damit in erheblichem Umfang befasst hat. Die Befassung als solche muss dabei zunächst vom gerichtlichen Auftrag an den vorläufigen Insolvenzverwalter gedeckt sein – was hier der Fall ist, da Auftragsgegenstand im Sinne von § 21 Abs. 1 und 2 InsO allgemein die Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen war, vgl. MüKoInsO/Stephan, 5. Aufl. 2025, InsVV § 11 Rn. 53. Die Befassung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter wird als erheblich angesehen, wenn er über das gewöhnliche Maß hinaus in Anspruch genommen worden ist. Entscheidend ist der real gestiegene Arbeitsaufwand, vgl. MüKoInsO/Stephan, 5. Aufl. 2025, InsVV § 11 Rn. 54. Trotz vorliegend nur knapper Ausführungen im Vergütungsantrag erkennt das Gericht insbesondere anhand der nachfolgenden Tätigkeiten eine erhebliche Befassung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV an:
− Sichtung und Sicherstellung des beweglichen Anlagevermögens sowie Korrespondenz mit den betroffenen Sicherungsgläubigern und Prüfung der rechtlichen Vertragsgrundlagen
− Korrespondenz mit dem Vermieter bezüglich dessen Vermieterpfandrechts
− Prüfung von Sicherungsrechten im Zusammenhang mit den offenen aber auch bereits vereinnahmten Neuforderungen
− Überwachung des Forderungseinzugs mittels Einrichtung eines Treuhandkontos Konkret waren damit folgende Vermögenswerte in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen:
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− Technische Anlagen und Maschinen zu 103.205,00 EUR
− Betriebs- und Geschäftsausstattung zu 2.085,00 EUR
− Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe zu 2.100,00 EUR
− Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zu 2.013,59 EUR
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− Kontoguthaben zu 9.791,14 EUR (nachgewiesen zum
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20.05.2025)
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sowie
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Kassenguthaben zu 10,00 EUR
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Die Werte können dem Gutachten bzw. der beigefügten sachverständigen Verkehrswertermittlung entnommen werden. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) InsVV sind die auf der Betriebsfortführung beruhenden Ausgaben in Abzug zu bringen. Der Insolvenzverwalter wurde mit Schreiben vom 29.09.2025 und 29.10.2025 um Klarstellung gebeten, ob in der angesetzten Berechnungsmasse lediglich der Fortführungsüberschuss enthalten ist. In Reaktion wurde auf die vorgelegte Schlussrechnung für den Zeitraum 31.03.2025 bis 01.06.2025 verwiesen, welche Einnahmen von 14.514,00 EUR und Ausgaben von 3.823,78 EUR, somit einen Überschuss von 10.690,22 EUR ausweist. Da dieser Betrag dem Verfahrenskontoguthaben zum Stichtag der Verfahrenseröffnung entspricht, wird gerichtlicherseits davon ausgegangen, dass ein weiterer Abzug nicht mehr erfolgen muss.
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Aus der Berechnungsgrundlage i.H.v. 119.204,73 EUR folgt nach § 2 InsVV eine Regelvergütung von ... EUR. Die regelmäßige Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters beträgt nach § 63 Abs. 3 Satz 1 InsO 25% hieraus, also .. EUR.
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Der vorläufige Insolvenzverwalter beantragt Zuschlagsgewährung i.H.v. insgesamt 50%. Nach § 11 Abs. 3 InsVV sind Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Verwalters bei der Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen, sodass grundsätzlich auch die Gewährung von Zuschlägen entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV infrage kommen kann (Haarmeyer / Lissner, Die Prüfung von Vergütungsanträgen im Insolvenzverfahren, 2. Auflage 2024, Kapitel 10: Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, Rn. 39).
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Maßgeblich für die Bewertung ist grundsätzlich der real gestiegene oder gefallene Arbeitsaufwand des Verwalters sowie die sich dadurch ergebende Abweichung zum Normalfall, wobei eine Gesamtbetrachtung der Tätigkeit notwendig ist; vgl. BGH, Beschluss v. 08.03.2012 – IX ZB 162/11 sowie Beschluss v. 11.10.2007 – IX ZB 15/07. Zu- und Abschläge auf die Vergütung sind dabei erst dann vorzunehmen, wenn die Abweichung vom Normalfall erheblich ist; sie muss eine Erhöhung oder Herabsetzung der Regelvergütung von mindestens fünf Prozent rechtfertigen, vgl. BGH, Beschluss v. 22.04.2010 – IX ZB 199/07. Die Zu-/Abschlagssätze sind dabei als Prozentsätze aus der Regelvergütung i.H.v. 26.790,35 EUR zu bestimmen, vgl. BGH, Beschluss v. 27.09.2012 – IX ZB 243/11.
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Konkret beantragt der vorläufige Insolvenzverwalter Zuschläge für folgende Erschwernisse im Antragsverfahren:
− Betriebsfortführung: Der Geschäftsbetrieb wurde während des vorläufigen Insolvenzverfahrens fortgeführt. Dies habe regelmäßige Korrespondenz (mittels Besprechungsterminen, E-Mail und Telefon) erfordert, um die Voraussetzungen für eine Zustimmung zur Fortführung des Betriebs zu schaffen und zu überwachen. Gemäß ergänzender Mitteilung des Antragstellers vom 08.10.2025 sei in diesem Kontext besonders auf die Abgrenzung von Rechtsgeschäften und Verfügungen der Schuldnerin von deren Tochtergesellschaft zu achten gewesen. Exemplarisch sei es erst nach Eröffnung gelungen, ein Kraftfahrzeug korrekt der Tochtergesellschaft zuzuordnen. Es wird ein Zuschlag von 25% angesetzt.
− Sanierungsbemühungen: Im vorläufigen Insolvenzverfahren sei zudem aktiv nach Investoren gesucht und zu diesem Zwecke intensiv mit vier potenziellen Erwerbern korrespondiert und verhandelt worden. Trotz zeitaufwendiger Bemühungen konnte die Übernahme nicht realisiert werden. Es wird ein weiterer Zuschlag von 25% geltend gemacht.
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Die Zuschlagsgewährung war im vorliegenden Fall vollumfänglich abzulehnen. Dies begründet sich wie folgt:
1. Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag:
9
Ein Insolvenzverwalter, der einen Zuschlag beantragt, hat dessen Voraussetzungen und die erforderlich gewordenen Tätigkeiten nach gängiger Rechtsprechung konkret und substantiiert darzulegen. Anhand von belegbaren Tatsachen muss also beschrieben werden, welche konkreten Erschwernisse oder Erleichterungen bei welchen Tätigkeiten und in welchem Kontext aufgetreten sind und weshalb Zu- oder Abschläge aus Antragstellersicht zwingend zu berücksichtigen sind, um ein Missverhältnis zwischen Vergütung und erbrachter Leistung zu verhindern. Die Darlegung muss darüber hinaus so detailliert erfolgen, dass dem Gericht und den übrigen Verfahrensbeteiligten eine Prüfung der Berechnung schon aufgrund des Antrags möglich ist (dazu BGH, Beschlüsse v. 06.05.2010 – IX ZB 123/09, 07.12.2006 – IX ZB 1/04 Rn. 11 ff, 11.05.2006 – IX ZB 249/04 sowie 16.06.2005 – IX ZB 285/03).
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Im Rahmen einer Betriebsfortführung ist die Darlegungs- und Feststellungslast notwendigerweise verbunden mit Informationen betreffend den zeitlich konkretisierten und personalisierten Einsatz sachkundiger Mitarbeiter im Unternehmen, der zeitlichen und räumlichen Präsenz des Verwalters, der Hinzuziehung von fachkundigen Dritten ebenso wie die aus dem Unternehmen heraus gewonnenen Informationen sowie deren nachfolgende Verarbeitung und operative Umsetzung (vgl. Haarmeyer / Lissner, Die Prüfung von Vergütungsanträgen im Insolvenzverfahren, 2. Auflage 2024, Kapitel 3: Die Prüfung und Festsetzung im Einzelfall, Rn. 54). Die Zuschlagsbegründung des Antragstellers erstreckt sich im konkreten Fall trotz zweimaligen Hinweises des Gerichts im Sinne des § 139 ZPO auf lediglich wenige, pauschal gehaltene Angaben („Korrespondenz mit Geschäftsführer“ sowie „Abgrenzung von Rechtshandlungen der Tochtergesellschaft“). Dass im Rahmen einer Betriebsfortführung Gespräche mit dem Geschäftsführer stattfinden, dürfte als Grundlage einer jeden Betriebsfortführung als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt als selbstverständlich vorauszusetzen sein, ebenso wie die Abgrenzung von Rechtshandlungen der Schuldnerin von solchen der Tochtergesellschaft. Zur Gewährung eines Zuschlags für eine Betriebsfortführung ist im Übrigen anzumerken, dass eine solche im vorläufigen Verfahren grundsätzlich vergütungserhöhend zu bewerten ist, soweit die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters hierdurch erschwert worden ist, und die Erhöhung der Berechnungsgrundlage nicht bereits zu einer entsprechenden Mehrung der Vergütung geführt hat (BGH, Beschluss v. 13.04.2006 – IX ZB 158/05). Auf Nachfrage hin stellt der vorläufige Insolvenzverwalter klar, dass bei der Betriebsfortführung ein Betrag von 10.690,22 EUR erwirtschaftet worden sei. Dieser Betrag kann der vorgelegten Schlussrechnung für den Zeitraum 31.03.2025 bis 01.06.2025 entnommen werden. Grundsätzlich ist bei der Fortführung des schuldnerischen Unternehmens die Vorlage einer Vergleichsrechnung tatbestandliche Voraussetzung für einen begründeten Zuschlagsantrag und mithin vom Antragsteller zu erfüllen. Eine solche Vergleichsberechnung ist dabei stets vorzunehmen, selbst dann, wenn eine Betriebsfortführung keinen Überschuss erwirtschaftet, allein schon aus Prüfungsgesichtspunkten heraus (Haarmeyer / Lissner, Die Prüfung von Vergütungsanträgen im Insolvenzverfahren, 2. Auflage 2024, Kapitel 10: Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, Rn. 31). Vorliegend ist festzustellen, dass eine solche Vergleichsrechnung nicht vorliegt, obgleich der Fortführungsüberschuss zumindest im angesetzten Kontoguthaben enthalten sein dürfte. Der Zuschlag ist damit bereits aus diesem Grund abzuerkennen (zur Notwendigkeit der Vergleichsberechnung siehe auch Beschlüsse des BGH v. 22.07.2021 – IX ZB 85/19, 21.09.2017 – IX ZB 28/14 Rn. 24; 04.11.2004 – IX ZB 52/04; Haarmeyer/Mock, 7. Aufl. 2024, InsVV § 3 Rn. 102). Abschließend sei zur Würdigung der Zuschlagshöhe auch anzuführen, dass die Schuldnerin nach Aktenlage nur einen einzigen Mitarbeiter beschäftigt hat und auch der Umfang der vorgelegten Rechnungslegung mit 16 (teilweise unsortiert gelisteten) Buchungen bis zur Verfahrenseröffnung nur einen überschaubaren Aufwand indiziert.
11
Auch hinsichtlich des Zuschlags für die Sanierungsbemühungen mangelt es an einer ausreichend substantiierten Begründung. Zusätzliche Belastungen des vorläufigen Insolvenzverwalters in diesem Zusammenhang können grundsätzlich einen Zuschlag rechtfertigen (so auch BGH, Beschluss v. 11.03.2010 – IX ZP 122/08; Zimmer, InsVV, 2. Aufl. 2021, § 3, Rn. 175 ff.; Haameyer/Mock, in: Vergütung in Krise, Sanierung und Insolvenz, 7. Aufl. 2024, InsVV § 3 Rn. 248). Die schlichte Aussage, man habe Investoren gesucht und mit vier Interessenten näher korrespondiert, lässt jedoch keine ausreichenden Rückschlüsse auf den tatsächlichen Aufwand zu und inwiefern dieser einen Zuschlag in der angesetzten Höhe begründe. Insofern sind die vom BGH postulierten Anforderungen an einen schlüssigen Vergütungsantrag auch in dieser Hinsicht nicht erfüllt. Der Aufforderung zur Nachbesserung ist der vorläufige Insolvenzverwalter nicht nachgekommen.
12
Beide geltend gemachten Zuschläge sind daher bereits aufgrund mangelhafter Antragstellung zumindest in Frage zu stellen, da sich aus dem Vortrag nicht ausreichend ergibt, welche tatsächlichen und personellen Belastungen mit den konkreten Umständen und Tätigkeiten verbunden waren, welche Qualifikationen gefordert wurden oder welcher Zeitaufwand damit einherging (vgl. auch Graeber: Vergütung in Insolvenzverfahren nach der InsVV, Edition v. 2022, S. 181), bzw. inwiefern sich die Tätigkeit bereits auf eine Erhöhung der Berechnungsmasse ausgewirkt hat.
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Das Gericht kann zwar im Rahmen der Festsetzung einzelne Zu- und Abschläge als angemessen benennen, anschließend muss es jedoch in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen und einer auf das Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung den jeweils maßgebenden Gesamtzuschlag oder Gesamtabschlag festlegen (ständige Rechtsprechung seit BGH, Beschluss v. 11.05.2006 – IX ZB 249/04). Insofern ist das Insolvenzgericht zwar gehalten, sich mit jedem von einem Antragsteller geltend gemachten Zu- oder Abschlagstatbestand auseinander zu setzen, jedoch nicht verpflichtet, für jeden in Betracht kommenden Zu- oder Abschlagstatbestand isolierte Feststellungen dazu zu treffen, in welcher Höhe dieser eine Erhöhung oder Ermäßigung rechtfertigt, dies kann vielmehr im Rahmen der Gesamtwürdigung auch pauschaliert erfolgen (BGH, Beschluss v. 12.05.2011 – IX ZB 125/08). Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung (unter Verweis auf die BT-Drucks. 17/13535 S. 31) hat das Insolvenzgericht bei der Festsetzung der Vergütung für das vorläufige Insolvenzverfahren dabei regelmäßig zu prüfen, ob die Erhöhung der Vergütung, die sich aus der Einbeziehung des mit einem Absonderungsrecht belasteten Guthabens in die Berechnungsgrundlage ergibt, der Korrektur durch einen Abschlag nach §§ 10, 3 Abs. 2 InsVV bedarf (vgl. BGH, Beschluss v. 14.07.2016 – IX ZB 46/14; BGH, Beschluss v. 12.09.2019 – IX ZB 28/18). Auch generell ist in einem größeren Insolvenzverfahren der regelmäßig anfallende Mehraufwand des Insolvenzverwalters im Grundsatz bereits dadurch abgegolten, dass die größere Vermögensmasse zu einer höheren Vergütung führt (BGH, Beschluss v. 29.04.2021 – IX ZB 58/19). In einem kleineren (vorläufigen) Insolvenzverfahren dürfte dies im Fall einer im Verhältnis relativ großen Berechnungsmasse umso mehr gelten. Vorliegend ist die Berechnungsgrundlage von 119.204,73 EUR primär durch im Betrieb vorgefundene Vermögenswerte geprägt, welche lediglich aufgrund der als erheblich zu klassifizierenden Befassung des vorläufigen Insolvenzverwalters berücksichtigt werden können und voraussichtlich keinen oder nur in geringem Umfang einen Teil der endgültigen Insolvenzmasse darstellen. Dies betrifft insbesondere die mit Absonderungsrechten belasteten technischen Anlagen der Schuldnerin, welche mit 103.205,00 EUR bewertet wurden und bislang noch keiner Verwertung zugeführt werden konnten. Da die Berechnungsgrundlage für den vorläufigen Verwalter nach § 63 Abs. 3 InsO aufgrund ihres Gesamtvermögensbezuges regelmäßig deutlich höher ausfällt als die nach § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO zum Maßstab der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters heranzuziehende verteilungsfähige Insolvenzmasse, soll nach der Begründung zur Neuregelung zu § 63 Abs. 3 InsO die regelmäßige Höhe eines Vergütungssatzes von 25% bereits dann deutlich unterschritten werden, wenn die Vermögensmasse besonders groß gewesen ist (BGH, Beschluss v. 12.09.2019 – IX ZB 28/18; vgl. auch Haarmeyer / Lissner, Die Prüfung von Vergütungsanträgen im Insolvenzverfahren, 2. Auflage 2024, Kapitel 10: Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, Rn. 9). Hier lässt sich somit konstatieren, dass bereits die Tatsache, dass der vorläufige Insolvenzverwalter die mit Absonderungsrechten belasteten technischen Anlagen und Maschinen, die Betriebs- und Geschäftsausstattung, die weiteren Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie den Forderungsbestand im Unternehmen vorgefunden hat, zu einer ausreichend hohen Vergütung für die zweimonatige Tätigkeit bis zur Verfahrenseröffnung geführt hat, sodass die Festsetzung von Zuschlägen in der Gesamtschau abgelehnt wird.
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Der Berechnung der Auslagenpauschale gem. § 8 Abs. 3 InsVV wurde eine Regelvergütung in Höhe von ... EUR zugrunde gelegt. Die Auslagenpauschale von 15% der Regelvergütung für das erste Jahr der Tätigkeit sowie von 10% für jedes weitere Jahr gem. § 8 Abs. 3 InsVV wurde – unter Beachtung der maximalen Monatspauschale in Höhe von 350,00 EUR und der Höchstgrenze des § 8 Abs. 3 Satz 2 InsVV – festgesetzt.
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Die Umsatzsteuer war gem. § 7 InsVV in der derzeit gültigen Höhe von 19% hinzuzusetzen.