Inhalt

OLG München, Hinweisbeschluss v. 01.10.2025 – 25 U 912/25 e
Titel:

Reparaturkosten, Versicherungsnehmer, Versicherungsvertrag, Versicherungsleistung, Sondereigentum, Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen, Versicherer, Wohnung, Versicherung, Aktivlegitimation, Berufung, Schadensregulierung, Verfahrensfehler, berechtigtes Interesse, gerichtliche Geltendmachung, Aussicht auf Erfolg

Schlagworte:
Reparaturkosten, Versicherungsnehmer, Versicherungsvertrag, Versicherungsleistung, Sondereigentum, Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen, Versicherer, Wohnung, Versicherung, Aktivlegitimation, Berufung, Schadensregulierung, Verfahrensfehler, berechtigtes Interesse, gerichtliche Geltendmachung, Aussicht auf Erfolg
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 18.02.2025 – 12 O 16537/22
Fundstelle:
BeckRS 2025, 33559

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 18.02.2025, Az. 12 O 16537/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Hausverwaltung … GmbH unterhält als Verwalterin für die WEG … in … als Versicherungsnehmerin eine Wohngebäudeversicherung bei der Beklagten (vgl. Anlage B 1). Vereinbart sind „Allgemeine Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 2008 – BVV/BLBV)“ (fortan: VGB 2008; Anlage B 2). Der Kläger ist Wohnungseigentümer einer der Wohnungen in dem versicherten Gebäudekomplex der WEG.
2
Die Wohnung des Klägers war von einem am 16. April 2019 entdeckten Wasserschaden in dem Gebäudekomplex betroffen. Nach Teilzahlungen der Beklagten hat der Kläger weitere behauptete Reparaturkosten geltend gemacht.
3
Der Kläger hat Zahlung von 9.850,75 € nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Zinsen verlangt, ferner – nicht im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegeben – die Feststellung, dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz aller weiteren versicherten Kosten verpflichtet ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren einschließlich des Feststellungsantrags weiter.
II.
4
Die zulässige Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
5
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Kläger sei nicht „aktivlegitimiert“. Die Vorschrift des § 44 Abs. 2 VVG sei durch Teil B § 12 Nr. 1 VGB 2008 zulässig abbedungen. Eine Ermächtigung durch die WEG habe der Kläger nicht vorgetragen. Die Beklagte sei auch nicht wegen zweckwidrigen Verhaltens gehindert, sich auf die fehlende Aktivlegitimation zu berufen.
6
2. Mit der Sache nach zutreffender Begründung hat das Landgericht die Zahlungsanträge abgewiesen. Dem Kläger fehlt die Verfügungsbefugnis über den geltend gemachten Anspruch. Das Vorbringen in der Berufungsbegründung vom 19. Mai 2025 ist nicht geeignet, zu einer abweichenden Beurteilung zu gelangen.
7
a) Nicht weiterführend ist die Auffassung der Berufungsbegründung (S. 3), es sei anerkannt, dass ein einzelner Wohnungseigentümer einen Direktanspruch gegen den Gebäudeversicherer habe, wenn ein Leitungswasserschaden an seinem Sondereigentum entstanden sei. Versicherungsnehmerin ist unstreitig die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, während der Kläger lediglich Versicherter ist. Entscheidend ist im Streitfall nicht, dass bei der Versicherung für fremde Rechnung die Rechte aus dem Versicherungsvertrag gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 VVG dem Versicherten zustehen. Die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs auf Versicherungsleistung durch den Kläger scheitert vielmehr daran, dass nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag nicht dem Versicherten zusteht.
8
aa) Teil B § 12 Nr. 1 VGB 2008 lautet: „Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für das Interesse eines Dritten (Versicherten) schließen. Die Ausübung der Rechte aus diesem Vertrag steht nur dem Versicherungsnehmer und nicht auch dem Versicherten zu. Das gilt auch, wenn der Versicherte den Versicherungsschein besitzt.“ bb) Diese Bestimmung ist wirksam.
9
Sie stellt keinen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Satz 1 VVG dar. Es kann nach allgemeiner Ansicht grundsätzlich vereinbart werden, dass nur der Versicherungsnehmer – und nicht der Versicherte – zur Geltendmachung des Versicherungsanspruchs berechtigt sein soll. Der Versicherte ist nach einer solchen Klausel auch dann nicht legitimiert, wenn er den Versicherungsschein besitzt oder wenn der Versicherungsnehmer zugestimmt hat. Derartige Klauseln sind nicht nach § 307 BGB zu beanstanden, da der Versicherer ein berechtigtes Interesse daran hat, es nur mit dem Versicherungsnehmer zu tun zu haben (keine Überprüfung der Versicherteneigenschaft, kein Prozesskostenrisiko im Hinblick auf den Versicherten, keine Auseinandersetzung mit einer Vielzahl unbekannter Personen, keine Doppelklage des Versicherungsnehmers und des Versicherten auf die Versicherungsleistung, keine Einvernahme des Versicherungsnehmers als Zeugen). An dieser Interessenlage hat sich auch infolge der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes nichts geändert (vgl. OLG Frankfurt, VersR 2018, 931, 932 mwN; Prölss/Martin/Klimke, VVG, 32. Aufl., § 44 Rn. 25 mwN).
10
Die Vorschrift des § 44 Abs. 2 VVG, wonach der Versicherte ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers nur dann über seine Rechte verfügen und diese Rechte gerichtlich geltend machen kann, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist, kann abbedungen werden. Der Versicherer hat ein berechtigtes Interesse daran, festzulegen, dass er sich nur mit seinem Vertragspartner, dem Versicherungsnehmer, auseinandersetzen muss, unter anderem auch deshalb, weil er dann nur in Bezug auf diesen das Prozesskostenrisiko tragen muss. Der Versicherte hingegen ist ausreichend dadurch geschützt, dass der Versicherer sich bei für den Versicherten unerträglichen Härten nach § 242 BGB (Rechtsmissbrauch) nicht auf die Klausel berufen darf (vgl. OLG Hamm, VersR 2005, 934 unter 2 mwN).
11
b) Die Beklagte ist nicht nach § 242 BGB daran gehindert, sich auf die fehlende Verfügungsbefugnis des Klägers zu berufen.
12
aa) Die Grundsätze zum rechtsmissbräuchlichen Berufen des Versicherers auf das ausschließliche Verfügungsrecht des Versicherungsnehmers sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit langem geklärt. Ob das Verhalten des Versicherers rechtsmissbräuchlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2006 – IV ZR 261/04, juris). Nach ständiger Rechtsprechung darf sich der Versicherer auf eine Klausel, wie sie hier in Rede steht, gegenüber dem Versicherten nicht berufen, wenn der Versicherungsnehmer ohne billigenswerten Grund nicht gewillt ist, sein Einziehungsrecht zugunsten des Versicherten wahrzunehmen, und der Versicherte deshalb Gefahr läuft, seinen Anspruch nicht durchsetzen zu können (vgl. OLG Hamm, VersR 2005, 934 unter 4 a mwN).
13
bb) Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ohne billigenswerten Grund nicht gewillt wäre, ihr Einziehungsrecht zugunsten des Klägers wahrzunehmen.
14
Als Vertreterin der Gemeinschaft meldete die Verwalterin der Beklagten den Rohrbruch und betreute die Schadensbearbeitung (vgl. Berufungserwiderung vom 28. Mai 2025, S. 1 f; Anlagen B 4 bis 6, 11). Sie führte die Geltendmachung der Schadensregulierung durch die Beklagte in den vom Wasserschaden betroffenen Wohnungen des versicherten Gebäudekomplexes durch und bearbeitete und behandelte unter anderem auch die Schäden des Klägers gegenüber der Beklagten nach dessen eingereichten Kostenvoranschlägen (vgl. Urteil des Landgerichts, S. 4; Anlagen B 5 und 6). Der Kläger hat keine tatsächlichen Umstände dargelegt, aus denen sich eine Verweigerung der Wahrnehmung des Einziehungsrechts ohne billigenswerten Grund ergeben würde.
15
c) Die Beklagte hat sich nicht unter Verzicht auf die Anwendung von Teil B § 12 Nr. 1 Satz 2 VGB 2008 damit einverstanden erklärt, das Deckungsverhältnis in einem Rechtsstreit mit dem Kläger zu klären.
16
aa) Unbeschadet des Zwecks einer solchen Regelung ist es dem Versicherer unbenommen, auf diesen Schutz zu verzichten und sich damit einverstanden zu erklären, dass das Deckungsverhältnis im Rechtsstreit zwischen ihm und der mitversicherten Person geklärt wird. Dieses Einverständnis kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch durch Schweigen erklärt werden; dies soll der Fall sein, wenn der Versicherer jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug keine Einwendungen gegen die Aktivlegitimation (richtig: Verfügungsbefugnis) der mitversicherten Person erhebt (vgl. OLG Stuttgart, VersR 2006, 1489 unter 2 a mwN).
17
bb) Es kann dahinstehen, ob Einwendungen gegen die Verfügungsbefugnis, die nach diesem Zeitpunkt erhoben werden, aus Gründen des sachlichen Rechts keine Berücksichtigung finden könnten. Im Streitfall hat sich die Beklagte schon im ersten Rechtszug auf Teil B § 12 Nr. 1 VGB 2008 berufen. Ihr prozessuales Verhalten kann nicht als Einverständnis mit einer gerichtlichen Geltendmachung durch den Kläger ausgelegt werden. Unerheblich ist hierbei, dass die Beklagte – wie das Landgericht – die genannte Bestimmung dem rechtlichen Gesichtspunkt der Aktivlegitimation (Anspruchsinhaberschaft) zugeordnet hat.
18
cc) Ebenso wenig liegt ein Einverständnis der Beklagten mit der Geltendmachung eines Anspruchs auf die Versicherungsleistung durch den Kläger darin, dass die Beklagte vorgerichtlich mit dem anwaltlichen Vertreter des Klägers über die Entschädigungshöhe korrespondiert hat.
19
Mit Schreiben an eine Rechtsanwaltskanzlei vom 15. Dezember 2020 (Anlage K 3), das die Berufungsbegründung (S. 4) insoweit anführt, nahm die Beklagte Bezug auf ein Schreiben vom 26. November 2020 und teilte mit, dass ein Angebot der … GmbH über 12.772,15 € (Anlage K 4) durch den Gutachter der Beklagten geprüft worden sei. Die Beklagte teilte mit, aus welchen Gründen das Angebot auf 4.822,36 € korrigiert und in dieser Höhe freigegeben worden sei, und dass höhere Kosten aufgrund der aktuell vorliegenden Unterlagen nicht anerkannt werden könnten.
20
Damit ist die Beklagte auf vorgerichtliches Vorbringen des Klägers zur Höhe der auf seine Wohnung entfallenden Entschädigung eingegangen. Dies ist vereinbar mit einer Schadensabwicklung, bei der – wie vertraglich vorgesehen (s.o. unter a) – die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Anspruch auf die Versicherungsleistung geltend macht. Durch Teil B § 12 Nr. 1 VGB 2008 ist die Beklagte nicht gehindert, bei der Schadensregulierung auch unmittelbar mit einzelnen versicherten Personen (oder deren Vertretern) zu korrespondieren, was insbesondere einer Verbesserung des Informationsflusses und einer Vereinfachung der Abwicklung dienen kann und deshalb auch im Interesse der versicherten Personen liegt. Diesem Interesse widerspräche es, dürfte der Versicherer nur dann mit versicherten Personen korrespondieren, wenn er sich auch mit einer unmittelbaren Geltendmachung von Ansprüchen durch die jeweilige Person einverstanden erklärte. Dies liefe dem – auch der versicherten Person erkennbaren – Zweck der Klausel zuwider, dass der Versicherer sich nur mit dem Versicherungsnehmer auseinandersetzen und insbesondere nur dessen Klage gewärtigen muss. Der Kläger konnte deshalb die Korrespondenz mit dem Versicherer nicht in dem Sinne verstehen, dass dieser auf die Anwendung von Teil B § 12 Nr. 1 Satz 2 VGB 2008 verzichte.
21
Aus den gleichen Gründen handelt die Beklagte insoweit auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf die fehlende Verfügungsbefugnis der versicherten Person beruft, mit der sie im Zuge der Schadensregulierung korrespondiert hat. Die Beklagte hat kein besonderes Vertrauen darauf veranlasst, dass der Kläger einen Anspruch auf die Versicherungsleistung – auch gerichtlich – selbst werde verfolgen dürfen. Dies ergibt sich überdies schon daraus, dass die Beklagte eine weitergehende Entschädigung gerade abgelehnt hat.
22
d) Nicht entscheidungserheblich ist die Beanstandung der Berufungsbegründung (S. 3), das Landgericht habe den Kläger nicht persönlich angehört.
23
Nach dem Protokoll der Sitzung des Landgerichts vom 14. Januar 2025, in der das Landgericht die Sache mündlich verhandelt hat, ist der Kläger schon nicht persönlich zur Sitzung erschienen. Entsprechend ist auch nicht gemäß § 137 Abs. 4 ZPO beantragt worden, ihm das Wort zu gestatten. Es liegt kein Verfahrensfehler vor.
24
Im Übrigen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass entscheidungserhebliche Feststellungen davon beeinflusst sein könnten, dass sich der Kläger nicht mündlich in der Sitzung geäußert hat. Solches versucht die Berufungsbegründung auch nicht aufzuzeigen, die überdies nicht darlegt, was der Kläger angegeben hätte, wenn er erschienen wäre und sich mündlich geäußert hätte.
25
e) Da der Kläger mangels Verfügungsbefugnis keinen Anspruch auf eine Versicherungsleistung geltend machen kann, kommt es auf die Einwendungen der Beklagten zur Entschädigungshöhe nicht mehr an.
26
f) Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
27
3. Über den Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz aller weiteren versicherten Kosten verpflichtet ist, wird im Verfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO voraussichtlich nicht zu entscheiden sein.
28
a) Eine zweitinstanzliche Klageerweiterung hindert das Berufungsgericht nicht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Beschuss nach § 522 Abs. 2 ZPO zu erlassen. Wird die den erstinstanzlichen Streitgegenstand betreffende Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, verliert die Klageerweiterung entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung (BGH, Urteil vom 3. November 2016 – III ZR 84/15, NJW-RR 2017, 56 Rn. 14 mwN; zu Ausnahmen: BGH, Beschluss vom 10. März 2016 – VII ZR 47/13, NJW 2016, 2508 Rn. 11).
29
b) Der Feststellungsantrag stellt eine zweitinstanzliche Klageerweiterung dar. Zwar hat der Kläger im ersten Rechtszug einen entsprechenden Feststellungsantrag gestellt, indem er eingangs der Klageschrift vom 31. Dezember 2022 den Feststellungsantrag als Klageantrag zu 3 hat ankündigen und in der mündlichen Verhandlung dadurch hat stellen lassen, dass er erklären ließ, „den Antrag aus dem Schriftsatz vom 31.12.2022“ zu stellen (vgl. Protokoll der Sitzung vom 14. Januar 2025, S. 3). Trotzdem liegt eine zweitinstanzliche Klageerweiterung vor. Der erstinstanzlich gestellte Feststellungsantrag ist im angefochtenen Urteil übergangen worden, nach Ablauf der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO nicht mehr rechtshängig und nur noch durch Klageerweiterung in den Rechtsstreit einzuführen.
30
aa) Hat das Erstgericht über einen vom Kläger gestellten Feststellungsantrag nicht entschieden und diesen Antrag auch nicht in den Tatbestand seines (unvollständigen) Urteils aufgenommen und hat der Kläger weder Tatbestandsberichtigung noch Urteilsergänzung beantragt, ist die Rechtshängigkeit der Klage, soweit sie Gegenstand des übergangenen Antrags gewesen ist, mit dem Ablauf der Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO entfallen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – VI ZR 209/14, NJW 2015, 1826 Rn. 5; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. November 1965 – VIII ZR 300/63, BGHZ 44, 237, juris Rn. 46; vom 16. Februar 2005 – VIII ZR 133/04, NJW-RR 2005, 790, 791). Ist die Rechtshängigkeit eines übergangenen prozessualen Anspruchs mit Ablauf der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO erloschen, kann im Berufungsrechtszug über diesen Anspruch nur dann entschieden werden, wenn ihn der Kläger durch Klageerweiterung wieder in den Prozess eingeführt hat, weil Ansprüche, über die das angefochtene Urteil nicht entschieden hat, in der Berufungsinstanz nicht anfallen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1990 – I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684 mwN; BeckOK-ZPO/Elzer, 2025, § 321 Rn. 32; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Februar 2005, aaO).
31
bb) Das Landgericht hat den Feststellungsantrag übergangen im Sinne des § 321 Abs. 1 ZPO. Es hat über den Antrag versehentlich nicht entschieden.
32
(1) Der übergangene (prozessuale) Anspruch muss nach dem ursprünglichen oder dem berichtigten Tatbestand (§ 320 ZPO) erhoben und noch anhängig gewesen sein sowie in der Entscheidung, das heißt regelmäßig in der Formel des Urteils, versehentlich übergangen worden sein. Sofern ein nicht beschiedener Antrag auch nicht in den Urteilstatbestand aufgenommen wurde, hat der Urteilsergänzung eine Berichtigung des Tatbestands voranzugehen, wobei die Anträge aber miteinander verbunden werden können. Die Ergänzung findet nicht statt, wenn das Gericht über einen Anspruchsteil nicht entschieden hat, weil es das Begehren der Partei (wenn auch unrichtig) enger ausgelegt hat. Eine Ergänzung scheitert ferner, falls durch richtige Auslegung ein Übergehen des (prozessualen) Anspruchs im Urteil vermieden wird, zum Beispiel das Urteil nach dem erkennbaren Willen des Gerichts als Teilurteil anzusehen ist, sollte dies auch nicht ausdrücklich ausgesprochen sein. Von einem versehentlichen Übergehen kann auch nicht gesprochen werden, wenn das Urteil sich an der Entscheidung über den Anspruch rechtlich verhindert glaubt. Hat das Gericht über den (prozessualen) Anspruch in den Gründen entschieden, aber nur versehentlich den Ausspruch im Tenor unterlassen, so ist eine offenbare Unrichtigkeit des Urteils gegeben und daher § 319 ZPO anzuwenden (Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 23. Aufl., § 321 Rn. 10 ff mwN).
33
(2) Daran gemessen liegt im Streitfall ein versehentliches Übergehen des Feststellungsantrags vor.
34
In der Entscheidungsformel des angefochtenen Urteils hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Für sich genommen inhaltsleere Entscheidungsformeln, zu denen namentlich der Ausspruch der Klageabweisung gehört, sind unter Heranziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen auszulegen (BGH, Urteil vom 8. November 1965 – VIII ZR 300/63, BGHZ 44, 237, juris Rn. 42). Diese Auslegung ergibt, dass die Klageabweisung sich nicht auf einen Feststellungsantrag des Klägers erstreckt.
35
Im Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 3 Mitte) ist zwar zur mündlichen Verhandlung auf das Sitzungsprotokoll und wegen des „weiteren Sachvortrags“ allgemein auf die Schriftsätze samt Anlagen und den gesamten Akteninhalt Bezug genommen. Daraus allein ist aber nicht zu schließen, dass das Landgericht den eingangs der Klageschrift an dritter Stelle angekündigten und in der mündlichen Verhandlung (lediglich) durch Bezugnahme gestellten Antrag berücksichtigt hat. Bei der Wiedergabe der Klageanträge im Urteilstatbestand (S. 2 f) wird der Klageantrag zu 3 nicht erwähnt; wiedergegeben sind nur die mit 1 und 2 nummerierten (Zahlungs-)Anträge.
36
Auch in den Entscheidungsgründen hat sich das Landgericht nicht mit einem Antrag auf Feststellung befasst, dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz aller weiteren versicherten Kosten verpflichtet ist. Die Ausführungen des Landgerichts, wonach der Kläger nicht aktivlegitimiert sei (vgl. Urteil, S. 3 f), betreffen zunächst die Entscheidung über die – im Tatbestand wiedergegebenen – Zahlungsanträge. Es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht über einen Feststellungsantrag hat entscheiden wollen.
37
Auch wollte das Landgericht, das sein Urteil als Endurteil bezeichnet und eine Kostenentscheidung getroffen hat, kein Teilurteil erlassen und die Entscheidung über den Feststellungsantrag einem späteren Urteil vorbehalten. Es ist sonach davon auszugehen, dass es eine Entscheidung über den Klageantrag zu 3 nur versehentlich nicht getroffen hat.
38
cc) Der Kläger hat weder die Aufnahme des Feststellungsantrags in den Tatbestand des Urteils des Landgerichts gemäß § 320 ZPO beantragt noch die Ergänzung des Urteils um eine Entscheidung über den Feststellungsantrag gemäß § 321 ZPO. Die Frist des § 321 Abs. 2 ZPO ist abgelaufen. Damit ist die Rechtshängigkeit des Feststellungsantrags entfallen. Der Kläger könnte den Feststellungsantrag im Berufungsrechtszug nur durch Klageerweiterung in den Rechtsstreit einführen. Über eine solche wäre im Verfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nicht zu entscheiden.
39
c) Selbst wenn über den Feststellungsantrag im Berufungsverfahren zu entscheiden wäre, hätte dieser in der Sache keinen Erfolg. Wie bereits ausführlich dargestellt (s.o. unter 2) fehlt dem Kläger die Verfügungsbefugnis über den Anspruch auf die Versicherungsleistung.
40
4. Es wird erwogen, den Berufungsstreitwert auf 11.820,19 € festzusetzen.
41
5. Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).