Inhalt

OLG München, Beschluss v. 26.05.2025 – 12 UF 225/25 e
Titel:

Befangenheit, Zustellung, Verfahren, Ablehnung, Ablehnungsgesuch, Akteneinsicht, Ausschluss, Eilentscheidung, Besorgnis, Unparteilichkeit, Teilnahme, Befangenheitsgesuch, Schriftsatz, Kosten des Verfahrens, Besorgnis der Befangenheit

Schlagworte:
Befangenheit, Zustellung, Verfahren, Ablehnung, Ablehnungsgesuch, Akteneinsicht, Ausschluss, Eilentscheidung, Besorgnis, Unparteilichkeit, Teilnahme, Befangenheitsgesuch, Schriftsatz, Kosten des Verfahrens, Besorgnis der Befangenheit
Vorinstanz:
AG Rosenheim vom -- – 8 F 1350/24
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 18.06.2025 – 12 UF 225/25 e
BVerfG, Beschluss vom 01.10.2025 – 1 BvR 1236/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 33554

Tenor

Das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers vom 16.5.2025 gegen die Richterin am OLG … wird zurückgewiesen.

Gründe

1
Der Beschwerdeführer hat die zuständige Richterin am OLG … erneut mit Schriftsatz vom 16.5.2025 abgelehnt, nachdem bereits ein Ablehnungsgesuch vom 27.3.2025 durch Beschluss vom 14.4.2025 zurückgewiesen wurde. Die hiergegen erhobene Anhörungsrüge vom 18.4.2025 wurde durch Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8.5.2025 zurückgewiesen.
2
Der Antragsteller wendet sich mit der Beschwerde gegen eine mit Beschluss vom 23.01.2025 getroffene Umgangsregelung des Amtsgerichts. Die Entscheidung über die Beschwerde wurde der Richterin am OLG München … als Einzelrichterin übertragen.
3
Zur Begründung des erneuten Ablehnungsgesuchs stützt sich der Beschwerdeführer darauf, dass das Verhalten der Richterin ein selektives Vorgehen offenbare, das nicht auf einer neutralen und sachgerechten Verfahrensführung beruhe. Insbesondere liege eine systematische Verzögerung und Intransparenz vor, die darauf hinweise, dass die Richterin … gezielt versuche, die Teilnahme des Beschwerdeführers am Verfahren zu behindern. Das Verhalten der Richterin sei nicht nachvollziehbar und begründe so die Besorgnis der Befangenheit.
4
So habe Richterin … im Befangenheitsverfahren gegen Richterin … innerhalb von weniger als 24 Stunden über die Voreingenommenheit der Richterin entschieden und dabei den substantiierten Vortrag des Beschwerdeführers vollständig ignoriert.
5
Richterin … verweigere zudem die Übersendung der Verfügung vom 14.4.2025. Es existiere nach Angaben des Gerichts eine Verfügung vom 14.4.2025, die dem Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Nachfrage verweigert werde. Dieser gezielte Ausschluss der Verfügung beeinträchtige die Möglichkeit des Beschwerdeführers aktiv am Verfahren teilzunehmen.
6
Der Antrag auf Akteneinsicht vom 2.5.2025 sei bisher unbeantwortet geblieben. Hier werde dem Beschwerdeführer der Zugang zur Akte gezielt verweigert. Besonders auffällig sei, dass die Richterin im Befangenheitsverfahren ohne jede inhaltliche Prüfung den Antrag in Windeseile abgelehnt habe, während hier der Zugang zu den Akten gezielt verweigert werde.
7
Es erfolge eine selektive Zustellung und Verzögerung der Entscheidung über elektronische Zustellung. Der Beschwerdeführer habe am 21.3.2025 einen Antrag gestellt, dass ihm alle gerichtlichen Schriftstücke ausschließlich auf elektronischem Wege gemäß § 174 Abs. 3 i.V.m. § 113 FamFG zugestellt werde. Über diesen Antrag habe die zuständige Richterin … trotz Mitteilung des Gerichts, dass diese ab 14.4.2025 wieder für das Verfahren zuständig sei, nicht entschieden. Diese Verzögerung sei nicht nachvollziehbar, insbesondere im Hinblick auf die Eilentscheidung im Befangenheitsverfahren.
8
Es werde zudem eine isolierte Entscheidung über die Entpflichtung der Verfahrensbeiständin verweigert. Bereits im Beschwerdeschreiben vom 3.2.2025 habe der Beschwerdeführer nachvollziehbar belegt, dass die Verfahrensbeiständin parteiisch agiere und das Verfahren einseitig zugunsten der Mutter beeinflusse. Dieser Antrag sei am 17.4.2025 erneut gestellt worden. Die Richterin … verweigere bis heute über die Entpflichtung zu entscheiden. Diese fortgesetzte Verzögerung der Entscheidung über die Entpflichtung zeige – vor allem im Hinblick auf die Eilentscheidung im Befangenheitsverfahren – die selektive Verfahrensführung.
II.
9
Der Ablehnungsantrag des Beschwerdeführers ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet, da die Voraussetzungen für eine Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 6 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
10
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 FamFG i.V.m. § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Von Bedeutung sind dabei nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 42 Rn. 9). Nicht notwendig ist dabei, dass der Richter tatsächlich befangen ist (Sternal/ Jockisch, FamFG, 21. Aufl. 2022, § 6 FamFG, Rn. 24).
11
Eine angebliche oder tatsächliche Unrichtigkeit einer richterlichen Entscheidung kann ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht im Wege einer Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit geltend gemacht werden, da diese grundsätzlich kein Mittel zur Fehler- oder Verfahrenskontrolle ist (BVerfG, Beschluss vom 06.05.2010 – 1 BvR 96/10 [juris Rz. 11]; OLG München OLGR 2006, 119 m.w.N., st. Rspr.).
12
Rechtsanwendungsverstöße im Rahmen der Verfahrensleitung stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar, es sei denn, das prozessuale Vorgehen des Richters entbehrt jeglicher gesetzlichen Grundlage und entfernt sich so sehr von den gesetzmäßigen Verfahren, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 33. Aufl., § 42 ZPO, Rn. 24).
13
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer genannten Verfügung vom 14.4.2025 liegt bereits keine fehlerhafte Verfahrensführung vor. Die gerichtliche Verfügung vom 14.4.2025 betrifft die Hinausgabeverfügung des Beschlusses vom 14.4.2025 an die Verfahrensbeteiligten. Der Beschwerdeführer fragte mit seinen Schreiben vom 14.4.2025 und 15.4.2025 an, das Gericht möge die Klärung der richterlichen Anordnung herbeiführen. Am 16.4.2025 verfügte die zuständige Richterin …, dass dem Beschwerdeführer mitgeteilt wird, dass es eine richterliche Anordnung vom 14.4.2025 nicht gibt, sondern lediglich eine richterliche Verfügung und die Serviceeinheit diese als Anordnung bezeichnet hat. Inhaltlich handelt es sich um obengenannte Hinausgabeverfügung. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass man ihm diese Verfügung verweigert. Eine Hinausgabeverfügung enthält gerade keinen Inhalt, sondern dient der Anweisung der Geschäftsstelle, an wen der Beschluss in welcher Form mitgeteilt werden soll.
14
Auch soweit sich der Beschwerdeführer auf eine Verweigerung der Akteneinsicht beruft, ist eine fehlerhafte Verfahrensführung der zuständigen Richterin … nicht erkennbar. Sie verfügte bereits am 5.5.2025, dass dem Beschwerdeführer Akteneinsicht zu gewähren ist. Aktenkundig sind zwei Fehlermeldungen hinsichtlich der elektronischen Übermittlung an den Beschwerdeführer vom 5.5.2025 13:37 und 13:38 Uhr. Eine Erkundigung bei der zuständigen Geschäftsstelle ergab, dass ein weiterer Versuch der Übermittlung der Zugangsdaten an den Beschwerdeführer nicht mehr stattgefunden hat. Diese wurde mit heutiger Verfügung erneut angeordnet. Ein bewusstes Zurückhalten der Akteneinsicht seitens der Richterin ist demnach nicht erkennbar.
15
Ein Verfahren, wonach über einen Antrag zu entscheiden wäre, dass auf eine bestimmte Art an den Beschwerdeführer zugestellt wird, sieht das Gesetz nicht vor. Dass ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 173 ZPO gegeben ist, schließt eine Zustellung gemäß §§ 175, 176 ZPO, wonach das elektronische Dokument ausgedruckt und in Schriftform zugestellt wird, nicht aus (Thomas/ Putzo/ Hüßtege, ZPO, 46. Aufl. 2025, § 173 Rn. 2 unter Hinweis auf BT-Drs. 19/28399/35). Im Übrigen ist die Zustellung von Schriftstücken gemäß §§ 173 bis 176 ZPO Aufgabe der Geschäftsstelle, § 168 ZPO. Die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens ist hiervon unbeeinflusst.
16
Soweit der Beschwerdeführer erneut rügt, dass die zuständige Richterin im Verfahren 12 WF 182/25e eine Eilentscheidung ohne Würdigung substantiierter Argumente erlassen hat, wird auf den Beschluss über die Entscheidung der Ablehnung wegen Befangenheit derselben Richterin vom 14.4.2025 verwiesen. Insoweit ist der Antrag des Beschwerdeführers bereits unzulässig, da es sich um eine reine Wiederholung des Vorbringens seines Ablehnungsantrags vom 27.3.2025 handelt (Thomas/ Putzo/ Hüßtege, a.a.O., § 42 Rn. 5, 6).
17
Eine Verweigerung einer Entscheidung über den Antrag auf Abberufung der Verfahrensbeiständin ist nicht erkennbar. Der zuständigen Richterin ist im Falle eines Antrags wegen Besorgnis der Befangenheit sowie der Anhörungsrüge hiergegen bis zu einer Entscheidung über diese Anträge die Entscheidung in der Sache verwehrt, vgl. § 47 ZPO. Eine relevante Verfahrensverzögerung ist nicht erkennbar. Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht … hat mit Verfügung vom 3.3.2025 die Verfahrensbeteiligten zu einer Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen bis zum 24.3.2025 aufgefordert. Es erfolgte eine Fristverlängerung bis 24.3.2025. Am 27.3.2025 erfolgte bereits der erste Ablehnungsantrag, am 18.4.2025 Anhörungsrüge und am 16.5.2025 ein erneuter Ablehnungsantrag.
18
Eine dienstliche Stellungnahme der Richterin zum Befangenheitsgesuch vom 16.5.2025 war entbehrlich, da hinsichtlich der dort erhobenen Rügen ausschließlich auf aktenkundige Vorgänge zurückgegriffen werden konnte (Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.O., § 44 Rn. 3).
19
Demnach ist das Ablehnungsgesuch vom 16.5.2025 vollumfänglich zurückzuweisen.
20
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da es sich insoweit um Kosten des Verfahrens handelt.