Titel:
Zulässigkeit der Verpflichtungsklage, Anspruch auf endgültige Zulassung zur Prüfung für Psychotherapeutinnen und, Psychotherapeuten, konsekutiver Studienverlauf, Voraussetzung für die Zulassung zur staatlichen psychotherapeutischen Prüfung, § 33 Abs. 1 PsychThApprO Ausstellen des Prüfungszeugnisses
Normenketten:
PsychThApprO § 23 Abs. 1, 2
PsychThApprO § 22
PsychThApprO § 33
§ 42 Abs. 1 (2. Alt.) VwGO
Schlagworte:
Zulässigkeit der Verpflichtungsklage, Anspruch auf endgültige Zulassung zur Prüfung für Psychotherapeutinnen und, Psychotherapeuten, konsekutiver Studienverlauf, Voraussetzung für die Zulassung zur staatlichen psychotherapeutischen Prüfung, § 33 Abs. 1 PsychThApprO Ausstellen des Prüfungszeugnisses
Fundstelle:
BeckRS 2025, 33221
Tenor
1. Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin endgültig zur psychotherapeutischen Prüfung im Termin März 2025 zuzulassen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die endgültige Zulassung zur Prüfung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im Prüfungszeitraum März 2025.
2
Sie verfügt über einen Hochschulabschluss (Bachelor Psychologie) der …-Universität … (im Folgenden Universität …*) vom 28.03.2024 und einen Bachelor of Science Fach Psychologie der … Fernhochschule (*FH) vom 30.11.2022, an welcher sie bereits 2019 als Gasthörerin zu studieren begonnen hatte und im Sommersemester 2020 (24.03.2020) als ordentliche Studentin zugelassen wurde.
3
Am 01.09.2020 wurden das neue Psychotherapeutengesetz (PsychThG) und die neue Approbationsordnung für Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen (PsychThApprO) erlassen. Der erste Bachelorstudiengang unter Geltung der neuen Approbationsordnung und des neuen Psychotherapeutengesetzes wurde an der Universität … im Wintersemester 2020/2021 (ab Oktober 2020) angeboten.
4
Ab dem Wintersemester 2022/2023 (beginnend im Oktober 2022) war es den Studierenden möglich, sich im ersten Masterstudienjahrgang „Klinische Psychologie und Psychotherapie“ an der Universität … zu immatrikulieren. In Absprache mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst ist der erste Masterstudienjahrgang im Wintersemester 2022/23 ein Jahr vor dem regulären Ende des ersten polyvalenten Bachelorstudiengangs angeboten worden.
5
Mit Bescheid der Regierung von Oberbayern – Landesprüfungsamt – vom 01.09.2020 stellte diese fest, dass der Bachelorstudiengang „Psychologie“ der Universität … die berufsrechtlichen Voraussetzungen einhält. Weiter stellte die Regierung von Oberbayern die Einhaltung der berufsrechtlichen Voraussetzungen des Masterstudienganges „Klinische Psychologie und Psychotherapie“ (abgekürzt KliPPt) mit Bescheid vom 05.09.2022 fest.
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Die Klägerin hat mit Antrag vom 11.10.2024 die Zulassung zur Psychotherapeutischen Prüfung nach der Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten für den Prüfungszeitraum Frühjahr 2025 bei dem Landesprüfungsamt begehrt und die für eine Zulassungsentscheidung relevanten Dokumente vorgelegt.
7
Mit Bescheid vom 07.01.2025, zugestellt am 08.01.2025, lehnte das Landesprüfungsamt den Antrag der Klägerin auf Zulassung zur psychotherapeutischen Prüfung für den Prüfungszeitraum Frühjahr 2025 ab. Gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 3 PsychThApprO sei die Zulassung zur psychotherapeutischen Prüfung zu versagen, wenn die erforderlichen Unterlagen gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 6 PsychThApprO nicht beigefügt seien. Es ergebe sich ein Überschneidungszeitraum der Studienzeiten im Bachelor- und Masterstudiengang von ca. 1,5 Jahren, weshalb kein konsekutiver Studienverlauf gegeben sei, was aber Voraussetzung für die Zulassung zur staatlichen psychotherapeutischen Prüfung sei. Es sei ein Bachelorabschluss erforderlich, der die Anforderungen der Approbationsordnung erfülle, (§ 9 Abs. 4 Satz 5 PsychThG). Demnach setze der mit der Approbation zum / zur Psychotherapeut/ – in endende konsekutive Masterstudiengang gemäß der PsychThApprO einen berufsrechtlich anerkannten (polyvalenten) Bachelor-Abschluss von mindestens 180 ECTS-Punkten voraus, was bei den Studiengängen der Klägerin nicht der Fall sei.
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Mit Schriftsatz vom 07.02.2025, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 07.01.2025 und hat beantragt,
1) unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 07.01.2025, Aktenzeichen: …, den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin zur psychotherapeutischen Prüfung für den Prüfungszeitraum Frühjahr 2025 zuzulassen,
2) dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,
3) das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären,
4) der Klägerin zu gestatten, eine zulässige oder erforderliche Sicherheit auch durch Bankbürgschaft zu erbringen.
9
Mit weiterem Schriftsatz vom 07.02.2025, eingegangen ebenfalls am 07.02.2025, stellte sie Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und beantragte, „den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, die Antragstellerin zur psychotherapeutischen Prüfung für den Prüfungszeitraum Frühjahr 2025 zuzulassen.“
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Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 21.02.2025 (Az. B 8 E 25.119) wurde der Beklagte vorläufig verpflichtet, die Klägerin zur psychotherapeutischen Prüfung im Termin Frühjahr 2025 zuzulassen, unter der Maßgabe, dass sie die Masterurkunde innerhalb der vom Antragsgegner noch zu bestimmenden Frist nachreicht, spätestens aber bis zum Ablauf von drei Monaten nach dem vollständigen Abschluss der psychotherapeutischen Prüfung, es sei denn die Hochschule übermittelt die Masterurkunde dem Antragsgegner elektronisch.
11
Gegen den Beschluss wurde innerhalb der Frist keine Beschwerde erhoben.
12
Mit Schreiben vom 17.04.2025 teilte die Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass die Klägerin beide Teile der psychotherapeutischen Prüfung im Frühjahr 2025 bestanden sowie weiterhin alle erforderlichen Unterlagen zur Zeugnisausstellung eingereicht hat. Für die anwendungsorientierte Parcoursprüfung legte sie eine schriftliche Ergebnismitteilung des Landesprüfungsamts vom 08.04.2025 vor. In dem beiliegenden Schreiben des Landesprüfungsamts vom 08.04.2025 werde mitgeteilt, dass gemäß § 33 Abs. 1 PsychThApprO das Prüfungszeugnis aufgrund der nur vorläufigen Zulassung derzeit nicht ausgestellt werden könne.
13
Die Klägerin benötige die Ausstellung dieses Prüfungszeugnisses für ihre erforderliche Teilnahme an der Weiterbildung bei dem Weiterbildungsinstitut „…“, wo für sie bereits ein – fristgebundener – Platz reserviert sei. Die Weiterbildung, die Voraussetzung für das von der Klägerin angestrebte Berufsziel „Fach-Psychotherapeutin“ sei, beginne am 01.08.2025.
14
Für den Tatbestand wird auf die Entscheidung der Kammer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom 21.02.2025 verwiesen (B 8 E 25.119).
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf den Inhalt der Gerichtsakte (auch im Verfahren B 8 E 25.119) und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
16
Das Gericht kann im Wege des Gerichtsbescheids entscheiden, da die Beteiligten mit Schreiben vom 28.04.2025 diesbezüglich angehört wurden (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und auch sonst die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 VwGO gegeben sind.
17
Mit ihrer Klage vom 07.02.2025 begehrt die Klägerin die endgültige Zulassung zur psychotherapeutischen Prüfung im Frühjahr 2025.
18
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf endgültige Zulassung zur psychotherapeutischen Prüfung im Prüfungszeitraum März 2025, § 113 Abs. 5 VwGO.
19
Der geltend gemachte Anspruch auf Zulassung zur staatlichen Prüfung für Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen im Prüfungszeitraum Frühjahr 2025 besteht gegenüber dem Landesprüfungsamt (Regierung von Oberbayern) als nach § 20 PsychThApprO für die Entscheidung über die Zulassung zur Prüfung (gemäß § 23 Abs. 1 PsychThApprO, § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Heilberufeverordnung (HeilBV) zuständiger Stelle.
20
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Zulassung zur Prüfung ist § 23 Abs. 1 i.V.m. § 22 PsychThApprO. Das Landesprüfungsamt konnte die Versagung der Prüfungszulassung nicht auf § 23 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 6 PsychThApprO stützen.
21
1. Die von der Klägerin am 07.02.2025 erhobene Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 (2. Alt.) VwGO nach wie vor zulässig.
22
Aus der im Frühjahr 2025 bestandenen Prüfung der Klägerin kann nicht automatisch ein Anspruch auf endgültige Zulassung zur Prüfung abgeleitet werden. Die vorläufig gewährte Zulassung zur Prüfung im Frühjahr 2025 durch die Beklagte auf Grund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21.02.2025 geschah unter dem Vorbehalt der Hauptsacheentscheidung und führt nicht dazu, dass mit Bestehen der Prüfung auch der endgültige Zulassungsanspruch gegeben ist.
23
Die Entscheidung über das Bestehen der Prüfung und die Zulassung zur Prüfung sind voneinander zu trennende Verwaltungsakte (vgl. VGH BW, U.v. 19.6.2017 – 9 S 168/15 – juris Rn. 45, 46). Wird die Prüfung bestanden, kann daher nicht allein daraus (rückschließend) die Rechtswidrigkeit der Nichtzulassung hergeleitet werden. Die Behörde behält das Prüfungszeugnis bis zur Entscheidung im Hauptverfahren zurück, es sei denn, die Eilbedürftigkeit des klägerischen Anliegens und die Erfolgsaussichten der Klage rechtfertigen im Einzelfall die vorläufige Aushändigung eines (vorläufigen) Prüfungszeugnisses. Die Prüfungszulassung und Prüfungsteilnahme aufgrund einer einstweiligen Anordnung erfolgen grundsätzlich auf „eigenes Risiko“ des Prüflings; seine vorläufige Rechtsposition ist ungesichert und kann durch Unterliegen im Hauptsacheverfahren trotz zwischenzeitlichen Bestehens der Prüfung rückwirkend wieder entfallen. Jedoch kann dem erfolgreichen Prüfling später nicht mehr entgegengehalten werden, dass er (allein) aufgrund beschränkter Ausbildungskapazitäten von der Prüfung und der vorangehenden Ausbildung ausgeschlossen sein sollte. Denn die Kapazitätsgrenzen sind nach dem Ende der Ausbildung und dem Erfolg der Abschlussprüfung gegenstandslos; es stünde in keinem angemessenen Verhältnis zu der Risikoverteilung im einstweiligen Anordnungsverfahren, wenn unter diesen Umständen der Prüfungserfolg nicht akzeptiert würde, weil sich etwa aufgrund genauerer Berechnungen im Hauptverfahren ergibt, dass die Ausbildungskapazität tatsächlich überschritten worden war. Prozessual erledigt sich bei dieser Sachlage der Rechtsstreit um die Zulassung zur Ausbildung und zu der sie abschließenden Prüfung in der Hauptsache (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2001 – 2 C 16/00 – juris). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da inhaltliche Gründe für die Versagung zur Zulassung zur Psychotherapeutenprüfung gemäß § 23 Abs. 1 i.V.m. § 22 PsychThApprO fraglich sind und Kapazitätsgrenzen keine Rolle spielten (vgl. Dieterich in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 911). Durch das Bestehen der Psychotherapeutischen Prüfung im Frühjahr 2025 hat sich daher die am 07.02.2025 erhobene Klage nicht erledigt, so dass es einer Umstellung des Klageantrags in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog nicht bedurfte (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO,16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 127).
24
2. Für die Begründung wird vollumfänglich auf die Entscheidung der Kammer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom 21.02.2025 verwiesen (B 8 E 25.119), die die Kammer auch im Hauptsacheverfahren für weiterhin zutreffend erachtet.
25
Neuer entscheidungserheblicher Sach- oder Rechtsvortrag ist nach Erlass dieser Entscheidung nicht erfolgt.
26
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 709 der Zivilprozessordnung.