Inhalt

OLG München, Beschluss v. 08.07.2025 – 32 U 3124/24 e
Titel:

Berufung, Mietvertrag, Eintragung, Kaufvertrag, Zustimmung, Mietobjekt, Frist, Schriftform, Genehmigung, Mieter, Zeitpunkt, Rechtsmittel, Vermietung, Streitwert, Die Fortbildung des Rechts, eigenes Interesse, entsprechende Anwendung

Normenkette:
BGB § 566 Abs. 1, § 550
Leitsätze:
1. Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB liegen vor, wenn sich der Eigentümer nur aus steuerlichen Gründen einer OHG als Vermieterin bedient, die Vermietung also mit seiner Zustimmung und in seinem wirtschaftlichen Interesse erfolgt und er auch kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2021 – XII ZR 84/20).
2. Der Mietgegenstand muss zur Wahrung der Schriftform im Mietvertrag hinreichend bestimmbar bezeichnet sein. Einem Erwerber muss es deshalb im Zeitpunkt des Vertragsschlusses möglich sein, den Mietgegenstand unschwer an Ort und Stelle zu identifizieren und seinen Umfang festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2020 – XII ZR 4/20). Die Schriftform ist deshalb gewahrt, wenn sich aus der Beschreibung und Bezeichnung der Räume in dem mit dem Mietvertrag körperlich verbundenen Übergabeprotokoll das Mietobjekt eindeutig bestimmen lässt.
Schlagworte:
Berufung, Mietvertrag, Eintragung, Kaufvertrag, Zustimmung, Mietobjekt, Frist, Schriftform, Genehmigung, Mieter, Zeitpunkt, Rechtsmittel, Vermietung, Streitwert, Die Fortbildung des Rechts, eigenes Interesse, entsprechende Anwendung
Vorinstanz:
LG Traunstein, Urteil vom 21.08.2024 – 8 O 840/23
Fundstelle:
BeckRS 2025, 32694

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 21.08.2024, Aktenzeichen 8 O 840/23, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Traunstein ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 21.562,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin verlangt Räumung und Herausgabe von zu gewerblichen Zwecken vermieteten Räumlichkeiten.
2
Der Zeuge A.Z. war seit dem 06.04.2016 Alleineigentümer des Grundstücks in B mit der Adresse… Am 09.03.2019 vermietete die Z OHG, vertreten durch M.Z., Räumlichkeiten in dem Anwesen zum Betrieb eines Lebensmitteleinzelhandels beginnend zum 01.04.2019 zunächst an Herrn K bis zur Gründung der Beklagten.
3
Zur Beschreibung des Mietobjekts enthält der Mietvertrag die Eintragung: „siehe Skizze“.
4
Der in dem Formularmietvertrag enthaltene Text: „(1) Das Mietverhältnis läuft auf unbestimmte Zeit und kann von jeder Partei mit einer Frist von Monaten zum Ablauf eines Kalendervierteljahres gekündigt werden.“ enthält vor dem Wort Monaten die Eintragung der Zahl 6.
5
Unter § 14 enthält der Mietvertrag die handschriftliche Eintragung: „Indexmiete wird vereinbart. Index 10% Änderung. Mietdauer für 10 Jahre wird vereinbart.“
6
Gesellschafter der Vermieterin waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Z GmbH und Herr E.Z., der Vater des Eigentümers und Mann von M.Z.
7
Mit dem als K12 vorgelegten Kaufvertrag vom 19.08.2022 veräußerte A.Z. das Anwesen … an die Klägerin. Die Klägerin wurde am 23.02.2023 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
8
Mit dem als Anlage K06 vorgelegten Schreiben vom 27.01.2023 an die Beklagte kündigte die Klägerin den Mietvertrag vom 09.03.2019 ordentlich zum 30.09.2023. Die Klägerin wiederholte die Kündigung vorsorglich mit Schreiben vom 28.03.2023. Die Beklagte widersprach den Kündigungen.
9
Mit der Klage vom 03.04.2023 verlangte die Klägerin Räumung und Herausgabe der Mieträume.
10
Das Landgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen. Das Mietverhältnis sei durch die Regelung in Ziffer XIII.1 des notariellen Vertrags von der Klägerin übernommen worden. Die Kündigungen seien unwirksam. Der Vertrag sei dahin auszulegen, dass er fest auf eine Laufzeit von 10 Jahren geschlossen worden sei. Die Beschreibung des Mietgegenstandes in dem Vertragstext werde durch die Angaben in dem Übergabeprotokoll ausreichend ergänzt. Die vierte Seite des zusammenhängenden Vertragsformulars beinhalte dieses Übergabeprotokoll. Aufgrund der körperlichen Verbindung sei das Fehlen von Unterschriften nicht schädlich.
11
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Traunstein vom 21.08.2024 Bezug genommen.
12
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag auf Räumung und Herausgabe weiter. Das Landgericht habe fehlerhaft offengelassen, ob die Klägerin entsprechend § 566 Abs. 1 BGB in den Mietvertrag eingetreten sei. Unzutreffend habe das Landgericht angenommen, die Klägerin sei aufgrund des Erwerbsvertrags mit dem vorherigen Eigentümer in das Mietverhältnis eingetreten. Der Kaufvertrag habe keine Vertragsübernahme geregelt. Die Beklagte habe dieser auch nicht zugestimmt. Sofern die Klägerin eingetreten sei, habe jedenfalls die ordentliche Kündigung das Mietverhältnis beendet. Es sei schon keine feste Laufzeit vereinbart worden. Im übrigen ermangele der Mietvertrag der gesetzlichen Form nach § 550 BGB. Denn das Mietobjekt sei nicht hinreichend bestimmt.
13
Die Klägerin beantragt,
1.
Das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 21.08.2024, Az.: 8 O 840/23 wird aufgehoben.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr genutzten Geschäftsräume im Anwesen …, im EG gelegen, bestehend aus einem Eingangsbereich/Windfang, einer Ladenfläche mit ca. 80 m², einem Lagerraum mit ca. 40 m², ein WC, zwei Büroräume und zwei Kunden-Außen-WC‘s zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
14
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
15
Der Senat hat mit Beschluss vom 07.03.2025 einen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO erteilt.
II.
16
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 21.08.2024, Aktenzeichen 8 O 840/23, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
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Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 07.03.2025 Bezug genommen.
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1. Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung vom 26.03.2025 geben zu einer Änderung keinen Anlass.
19
Die Klägerin führt aus, die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB hätten nicht vorgelegen. Eine Zustimmung zur Vermietung durch den Eigentümer habe auch auf Grundlage der Aussage der Zeugin Z nicht vorgelegen. Aus dieser habe sich auch nicht ergeben, dass die Vermietung im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgt sei. Denn die Mieten seien nach der Zeugenaussage auf ein Konto der OHG geflossen. Da die Zeugin nach ihrem eigenen Bekunden die auf einer Empfehlung des Steuerberaters gewählte rechtliche Konstruktion nie verstanden habe, habe sie auch nicht bestätigt, dass diese allein dem Interesse des Eigentümers gedient habe. Es habe auch keine Vertragsübernahme stattgefunden. Die frühere Vermieterin sei an dem Kaufvertrag nicht beteiligt gewesen. Die Klägerin wiederholt und vertieft zudem ihren Vortrag zu dem Vorliegen eines Schriftformmangels.
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2. Auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Klägerin bleibt der Berufung der Erfolg versagt.
21
a) Die Klägerin ist entsprechend § 566 Abs. 1 BGB in den Mietvertrag zwischen der Z OHG und der Beklagten eingetreten. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB vor.
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Nach der Rechtsprechung des BGH kommt eine entsprechende Anwendung in Betracht, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung des Eigentümers und in dessen alleinigem wirtschaftlichen Interesse erfolgt und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2021 – XII ZR 84/20 –, Rn. 30, juris). Diese Voraussetzungen ergeben sich nach Auffassung des Senates aus den Angaben der Zeugin Z.
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Die Zeugin Z hat in ihrer Vernehmung vom 27.03.2024 ausgesagt, dass sie für ihren Sohn die Hausverwaltung gemacht habe in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Z OHG. Die Mieteinnahmen seien ihrem Sohn als Eigentümer zugeflossen. Die Zwischenschaltung einer Gesellschaft sei aufgrund der Beratung durch den Steuerberater erfolgt. Damit hat die Zeugin nach Auffassung des Senates bestätigt, dass die Vermieterin kein eigenes Interesse an dem Fortbestand des Mietvertrags mit ihr hatte und die Vermietung im wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgte. Dass die Mieten auf ein Konto gezahlt wurden, dass auf die Vermieterin lief, steht dieser Aussage nicht entgegen.
24
b) Der Mietvertrag vom 09.03.2019 gilt nicht gemäß §§ 550 Satz 1, 578 Abs. 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte von der Klägerin daher nicht ordentlich gekündigt werden. Der Mietvertrag wahrt auch hinsichtlich der Einigung über den Mietgegenstand die für die wirksame Vereinbarung einer festen Laufzeit von mehr als einem Jahr erforderliche schriftliche Form.
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Entgegen der Auffassung der Berufung ist das Mietobjekt aufgrund der Bezeichnung in dem mit dem Mietvertrag körperlich verbundenen Übergabeprotokoll hinreichend bestimmt.
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Der Mietgegenstand muss zur Wahrung der Schriftform so hinreichend bestimmbar bezeichnet sein, dass es einem Erwerber, dessen Schutz die Schriftform in erster Linie bezweckt, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses möglich ist, den Mietgegenstand unschwer an Ort und Stelle zu identifizieren und seinen Umfang festzustellen (BGH, Urteil vom 4. November 2020 – XII ZR 4/20, NZM 2021, 144 Rn. 14).
27
Diese Voraussetzungen sind mit der Bezeichnung der Mieträume mit „120 m² Ladenraum/-räume“ und „40 m² Lagerraum/-räume“ erfüllt. Denn im Erdgeschoss des Anwesens können damit nur die tatsächlich vermieteten Räumlichkeiten bezeichnet sein. Es kann dahinstehen, ob – wie nun erstmals vorgetragen – sich auch in den Untergeschossen entsprechend große Räumlichkeiten befinden. Die Räumlichkeiten sind zum Betrieb eines Lebensmitteleinzelhandels vermietet. Das Objekt bietet von außen nicht ohne weiteres Zugang zu den behaupteten Untergeschossen. Als Laden kommen grundsätzlich Räumlichkeiten im Erdgeschoss in Betracht. Ohne ausdrückliche abweichende Abrede sind die Vereinbarungen dahin auszulegen, dass Flächen vermietet werden sollen, die von außen für Kundschaft ohne weiteres zugänglich sind. Allein die theoretische Möglichkeit, dass die Parteien auch andere Flächen in dem Gebäude hätten vermieten können, steht der durch Auslegung zu ermittelnden Beurteilung der hinreichenden Bestimmtheit der Vereinbarung nicht entgegen.
28
Soweit die Klägerin vorträgt, es sei falsch, dass in dem Gebäude unter der Adresse keine anderen Mieträume in Betracht kämen, führt sie nicht aus, welche dies – abgesehen von den Untergeschossen – sein könnten.
29
c) Im übrigen ist nochmals auf den Hinweis des Senates vom 07.03.2025 zu verweisen. Der Senat hält auch an der Auffassung fest, dass die handschriftliche Ergänzung am Ende des Mietvertrags „Mietdauer für 10 Jahre wird vereinbart.“ als Vereinbarung einer festen Mietvertragslaufzeit von 10 Jahren auszulegen ist.
30
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
31
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
32
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.
Der Hinweisbeschluss des Senates vom 07.03.2025 lautet auszugsweise:
„1. Die Klägerin ist durch den Erwerb des gegenständlichen Grundstücks entsprechend § 566 Abs. 1 BGB auf Vermieterseite in den Mietvertrag mit der Beklagten eingetreten.
a) Grundsätzlich kommt es nach § 566 Abs. 1 BGB zu dem Eintritt des Grundstückserwerbers in einen bestehenden Mietvertrag über das Grundstück nur unter der Voraussetzung, dass das Grundstück gerade von dem Vermieter an einen Dritten veräußert wird. Die Anwendung des Gesetzes setzt folglich Identität zwischen Vermieter und Veräußerer voraus. Da das Identitätserfordernis in bestimmten Fallgruppen zu wenig befriedigenden Ergebnissen führen kann, lässt die Rechtsprechung deshalb in verschiedenen Fallgruppen unter engen Voraussetzungen Ausnahmen von dem Erfordernis der Identität von Vermieter und Veräußerer zu. Paradigmata sind die Einschaltung von Treuhändern oder Hausverwalter in den Abschluss von Mietverträgen (Staudinger/V. Emmerich (2024) BGB § 566 Rn. 52).
Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 566 Abs. 1 BGB liegen vor, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung des Eigentümers und in dessen alleinigem wirtschaftlichen Interesse erfolgt und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2021 – XII ZR 84/20 –, Rn. 30, juris).
b) Die Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Zeugin Z hat in ihrer Vernehmung vom 27.03.2024 ausgesagt, dass sie für ihren Sohn die Hausverwaltung gemacht habe in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Z Hausverwaltungs-OHG. Die Mieteinnahmen seien ihrem Sohn als Eigentümer zugeflossen. Die Zwischenschaltung einer Gesellschaft sei aufgrund der Beratung durch den Steuerberater erfolgt. Damit hat die Zeugin bestätigt, dass die Vermieterin kein eigenes Interesse an dem Fortbestand des Mietvertrags mit ihr hatte und die Vermietung im wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgte.
c) Im übrigen hat das Landgericht auch zutreffend eine ausdrückliche Vertragsübernahme durch die Klägerin angenommen. Denn die Vertragsübernahme kann auch durch zweiseitigen Vertrag mit Genehmigung des Dritten erfolgen. Die Genehmigung kann auch konkludent erteilt werden. Wenn der Mieter nach Mitteilung einer Vertragsübernahme die Mieten ab dem mitgeteilten Zeitpunkt an den neuen Vermieter zahlt, kann darin die Genehmigung der Vertragsübernahme gesehen werden.
2. Die Klägerin konnte den Mietvertrag nicht unter Berufung auf § 2 (1) des Mietvertrages ordentlich kündigen. Das Landgericht hat den Mietvertrag vom 09.03.2019 zutreffend dahin ausgelegt, dass eine feste Laufzeit von 10 Jahren ohne Möglichkeit der ordentlichen Kündigung vereinbart wurde.
a) Die Klägerin ist der Auffassung, es sei rechtlich zulässig, eine feste Mietdauer und zugleich die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung zu vereinbaren. Wenn sich der Widerspruch der verschiedenen Vertragsbedingungen nur aufgrund einer mündlichen Absprache der Parteien auflösen lasse, liege ein Schriftformmangel vor, da die Parteien die Laufzeit nicht schriftformgemäß vereinbart hätten.
b) Zutreffend verweist die Berufung darauf, dass ein für längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag über Gewerberäume die gemäß §§ 578 Abs. 1 und 2, 550 Satz 1 BGB erforderliche Schriftform grundsätzlich nur dann wahrt, wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses – aus der Vertragsurkunde ergeben (BGH, Urteil vom 4. November 2020 – XII ZR 4/20 –, Rn. 13, juris). Auch bei unklaren Regelungen ist die Schriftform allerdings gewahrt, wenn der Inhalt durch Auslegung bestimmbar ist und die Einigung über sie beurkundet ist.
Nach §§ 133, 157 BGB ist auch für einen Erwerber erkennbar, dass die handschriftliche Regelung in § 14 des Mietvertrages Vorrang haben soll und der Vertrag nicht ordentlich kündbar sein soll. Denn die Parteien haben handschriftlich eine Indexmiete und im Zusammenhang damit die feste Vertragslaufzeit vereinbart. Beide Regelungen stehen aufgrund § 3 Abs. 1 PrKG in einem engen rechtlichen Zusammenhang. Die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung würde der Wirksamkeit der Wertsicherung entgegenstehen (vgl. Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, 8. Aufl., Kap. 11 Rn. 40 ff.). Es ist davon auszugehen, dass die Parteien eine wirksame Regelung unter § 14 des Mietvertrags treffen wollten.
3. Der Mietvertrag vom 09.03.2019 gilt nicht gemäß §§ 550 Satz 1, 578 Abs. 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte von der Klägerin daher nicht ordentlich gekündigt werden. Der Mietvertrag wahrt auch hinsichtlich der Einigung über den Mietgegenstand die für die wirksame Vereinbarung einer festen Laufzeit von mehr als einem Jahr erforderliche schriftliche Form.
a) Im Grundsatz muss die eine über den Mietvertrag errichtete und unterzeichnete Urkunde selbst alle wesentlichen Abreden enthalten. Im Falle der Bezugnahme auf andere Urkunden ist die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform nur erfüllt, wenn diese der unterzeichneten Urkunde als Anlagen beigefügt und mit ihr im Augenblick der Unterzeichnung entsprechend dem Willen beider Parteien körperlich fest verbunden werden. Wenn eine Anlage wesentliche Vertragsbestimmungen enthält, müssen die Anlagen entweder körperlich fest mit dem Vertrag verbunden werden oder die gedankliche Einheit von Vertrag und Anlagen muss auf andere Weise zweifelsfrei kenntlich gemacht werden (BGH, Urteil vom 27. September 2017 – XII ZR 114/16, Rn. 17; Staudinger/V. Emmerich (2024) BGB § 550 Rn. 47). Sind die Voraussetzungen erfüllt, so bedarf es insbesondere nicht einer zusätzlichen Unterzeichnung oder Paraphierung der Anlagen (Staudinger/V. Emmerich (2024) BGB § 550 Rn. 49; BGH, Urteil vom 29. September 2004 – VIII ZR 341/03, NZM 2005, 61).
b) Nach den Feststellungen des Landgerichts, die es fehlerfrei und nachvollziehbar auf Grundlage der Aussagen der Zeugin Z getroffen hat, war das Übergabeprotokoll bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgefüllt und körperlich mit dem Vertragstext verbunden. Es bedurfte für die Wahrung der Schriftform deshalb keiner gedanklichen Bezugnahme des Vertrages auf die Anlage oder umgekehrt und es bedurfte auch keiner Unterschrift beider Parteien.
c) Aus dem Zusammenhang von Vertragstext und Übergabeprotokoll ist der Mietgegenstand hinreichend bestimmt. Der Mietgegenstand muss zur Wahrung der Schriftform so hinreichend bestimmbar bezeichnet sein, dass es einem Erwerber, dessen Schutz die Schriftform in erster Linie bezweckt, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses möglich ist, den Mietgegenstand unschwer an Ort und Stelle zu identifizieren und seinen Umfang festzustellen (BGH, Urteil vom 4. November 2020 – XII ZR 4/20, NZM 2021, 144 Rn. 14).
Das Landgericht hat überzeugend dargelegt, dass durch die genaue Auflistung der Räume in dem Übergabeprotokoll in Verbindung mit der Bezeichnung des Gebäudes und des Mietzwecks in dem Vertrag für einen Erwerber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbar war, welche Räume an die Beklagte vermietet worden sind. Die Räume sind mit Größe und Zweck bezeichnet. Andere Räume in dem Gebäude unter der gegenständlichen Adresse kommen als Mieträume nicht in Betracht, so dass keine Unklarheit über den Mietgegenstand besteht.“