Titel:
Berufung, Mieter, Wirtschaftlichkeitsgebot, Vermieter, Dienstleistungen, Abrechnung, Gutachten, Betriebskosten, Feststellung, Rechtsverfolgungskosten, Widerklage, Mietvertrag, Angemessenheit, Gewerbemiete, Treu und Glauben, vertragliche Nebenpflicht, vertragliche Vereinbarung
Leitsätze:
1. Zum Verstoß des Vermieters gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Abrechnung über die Betriebskosten in der Gewerbemiete.
2. Bei der Abrechnung von Betriebskosten darf der Vermieter maximal den marktüblichen oberen Preis für vergleichbare Dienstleistungen ansetzen; eine diese Grenze übersteigende „obere Spanne“ steht dem Vermieter darüber hinaus nicht zu.
3. Liegt ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nach diesen Vorgaben vor, stehen dem Vermieter nicht etwa die noch zulässigen oberen marktüblichen Kosten, sondern nur die üblichen Durchschnittskosten zu.
4. Auch im Bereich der Gewerbemiete hat der Mieter einen Anspruch auf Einsicht in die zu den Rechnungen gehörenden Zahlungsbelege (Anschluss an BGH NZM 2021, 31).
5. Verweigert der Vermieter die Einsicht in die Zahlungsbelege und legt nur die entsprechenden Rechnungen vor, so steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der geforderten Nachzahlungsbeträge zu.
Schlagworte:
Berufung, Mieter, Wirtschaftlichkeitsgebot, Vermieter, Dienstleistungen, Abrechnung, Gutachten, Betriebskosten, Feststellung, Rechtsverfolgungskosten, Widerklage, Mietvertrag, Angemessenheit, Gewerbemiete, Treu und Glauben, vertragliche Nebenpflicht, vertragliche Vereinbarung
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 27.02.2025 – 34 O 6418/22
Weiterführende Hinweise:
Verfahren erledigt durch Berufungsrücknahme.
Fundstelle:
BeckRS 2025, 32683
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klagepartei gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 27.02.2025 (Az.: 34 O 6418/22) durch einstimmigen Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
II. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gegeben.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten in Klage und Widerklage über Betriebskosten im Rahmen eines Gewerberaummietverhältnisses. Am 27.07./28.07.2010 schlossen die Parteien einen Mietvertrag über eine circa 1.000 qm große Fläche im Objekt … bei …, …, zum Betrieb eines Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäftes. Zur Umlage von Betriebskosten enthält der Mietvertrag „Allgemeine Bestimmungen“ in Teil B Ziffer 5 sowie individuell ausgehandelte Vereinbarungen in Teil C Ziffern 11 bis 14. Danach hat die beklagte Mieterin anteilig unter anderem die (Hausmeister-)Kosten für die Grünanlagenpflege, sowie die Kosten für den Winterdienst zu tragen. Vorauszahlungen auf die Betriebskosten sind in Höhe von € 1.000,- monatlich geschuldet. Gemäß Teil C Ziffer 14 des Mietvertrages ist zwischen den Parteien weiterhin vereinbart, dass der jährlichen Betriebskostenabrechnung die zugrunde liegenden Belege in Fotokopie beizufügen sind.
2
Am 15.11.2017 schloss die Klägerin mit der „…“, Inhaberin …, die zugleich Gesellschafterin der Komplementärin der Kläger und mit deren Geschäftsführern verwandt ist, einen Hausmeistervertrag ab, der mit Nachtrag vom 10.12.2018 abgeändert wurde. Danach schuldete die Klägerin der … im streitgegenständlichen Zeitraum für die Sommerreinigung der Verkehrsfläche monatlich 2.000,00 € und für die Grünanlagenpflege 1.000,00 €, sowie für den Winterdienst der Verkehrsflächen von November bis einschließlich März monatlich 2.400,00 €. Diese Beträge verstanden sich jeweils zuzüglich Umsatzsteuer.
3
Mit ihrer Klage macht die Klägerin einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von € 7.770,68 hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung für 2019 geltend. Mit ihrer Widerklage begehrt die Beklagte zum einen die teilweise Rückzahlung von geleisteten Vorauszahlungen auf die Betriebskosten 2019 und zum anderen darüber hinaus die Feststellung, dass sie hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung 2020 bis 2022 keinen Nachzahlungsbetrag gegenüber der Klägerin schulde. Soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse, macht die Beklagte im Wesentlichen einen Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 HS 2 BGB geltend und führt aus, dass die Kosten für den Sommer- und Winterdienst gemäß der Hausmeisterverträge vom 15.11.2017 und 10.12.2018 massiv überhöht seien.
4
Mit Endurteil vom 27.02.2025 wies das Landgericht die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Angemessenheit der Hausmeisterkosten – teilweise als derzeit unbegründet – ab und gab der Widerklage bezüglich der Feststellung, dass der Klägerin bezüglich der Betriebskostenabrechnungen 2020 bis 2022 ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von € 1.935,72 (Abrechnung für 2020), € 1.624,74 (Abrechnung für 2021), € 1.447,07 (Abrechnung für 2022) nicht zustehe, statt. Es stellte im Wesentlichen unter Berufung auf das erholte Gutachten Högl fest, dass die Hausmeisterkosten für die Sommermonate gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz verstoßen würden, während sich die Kosten für den Winterdienst noch im Rahmen des Vertretbaren halten würden. Die auf Zahlung gerichtete Widerklage in Höhe eines Betrages von € 1.271,14 zuzüglich Zinsen hinsichtlich der geleisteten Vorauszahlungen auf die Betriebskosten für 2019 wies das Landgericht ab.
5
Gegen dieses Urteil legten beide Parteien am 10.04.2025 (Klagepartei) bzw. 14.04.2025 (Beklagte) Berufung ein. Die Klägerin begründete ihre Berufung mit Schriftsatz vom 11.06.2025, während die Beklagte ihre Berufung mit Schriftsatz vom 16.06.2025 wieder zurücknahm.
6
Die Klagepartei führt zur Rechtfertigung ihrer Berufung im Wesentlichen aus, dass das Landgericht den Maßstab für den Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verkannt habe. Maßgeblich sei nicht die durchschnittliche Marktlage, sondern der obere Wert der noch marktüblichen Preisspanne. Nach den sachverständigen Feststellungen des Gutachters … sei bei den Sommerreinigungs- und Grünanlagepflegekosten ausgehend von den laut Gutachten … noch festgestellten marktüblichen Kosten lediglich eine Abweichung nach oben von 16,67% feststellbar. Damit liege eine Abweichung von mehr als 20% nicht vor. Ein evidenter oder signifikanter Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sei daher nicht gegeben.
7
Soweit das Landgericht hinsichtlich eines Nachzahlungsbetrages von € 3.548,28 mangels erteilter Belegeinsicht ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten hinsichtlich der geltend gemachten Nachzahlung angenommen habe, sei maßgeblicher Vortrag der Klagepartei nicht zur Kenntnis genommen worden. Bereits am 13.01.2021 seien die im Mietvertrag geforderten Rechnungen und Belege vorgelegt worden. Nach der Rechtsprechung des BGH genüge es, die bereits übersandten Belege zu übermitteln; ein Zurückbehaltungsrecht bestehe daher nicht mehr.
8
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 27.02.2025, Az.: 34 O 6418/22, wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 7.770,68 nebst Zinsen in Höhe von 9%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, seit dem 02.01.2021, zu bezahlten.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 672,60 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, hieraus seit dem 09.07.2021, zu bezahlen.
IV. Die Widerklage wird abgewiesen.
9
Die Beklagte hat bisher zur Berufung der Klagepartei keine Stellung genommen.
10
Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht erfordern und auch im Übrigen eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
11
Das Endurteil des Landgerichts München I vom 27.02.2025 begegnet aus Sicht des Senats jedenfalls im angegriffenen Umfang keinen rechtlichen Bedenken. Der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts bemisst sich nach § 529 ZPO. Demnach sind die vom Gericht der ersten Instanz festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen. Berücksichtigungsfähige neue Tatsachen im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wurden nicht dargelegt. Auch eine Rechtsverletzung zu Lasten der Klagepartei ist im angefochtenen Urteil nicht erkennbar. Hierbei kann zunächst auf die zutreffenden und sorgfältig dargelegten Gründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen werden. Hinsichtlich der Angriffe der Berufung ist Folgendes auszuführen:
12
1. Hinsichtlich der teilweisen Kürzung der Betriebskostenabrechnung 2019 ist das Landgericht zu Recht von einem Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz ausgegangen. Es hat insbesondere zu Recht die Klage wegen der überhöhten Kosten für den Sommerdienst (Sommerreinigung der Verkehrsflächen, sowie Grünanlagenpflege) durch die Jost Hausverwaltung abgewiesen und insoweit der Beklagten einen Schadensersatzanspruch zugesprochen. Aus dem gleichen Grund hat es auch zu Recht der Widerklage auf Feststellung teilweise entsprochen.
13
a) Gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB ist über die Vorauszahlungen für Betriebskosten jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Dieses Gebot bezeichnet die auf Treu und Glauben beruhende vertragliche Nebenpflicht des Vermieters, den Mieter nur mit Nebenkosten zu belasten, die erforderlich und angemessen sind. Nur solche Kosten darf der Vermieter in Ansatz bringen (vgl. BGH NZM 2008, 78). Für die Wohnraummiete ist diese Verpflichtung in § 556 Abs. 3 Satz 1, 560 BGB und § 24 Abs. 2 Satz 1 der II. Berechnungsverordnung, sowie § 20 Abs. 1 Satz 2 NMVO geregelt. Nach allgemeiner Meinung gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung gemäß § 242 BGB auch für die Geschäftsraummiete. Der Vermieter von Geschäftsräumen darf nach Treu und Glauben nur solche Kosten auf den Mieter umlegen, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen (BGH NZM 2010, 864 unter Rn. 17). Zur Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes kann nach der Rechtsprechung des BGH auf dessen Definition in § 20 Abs. 1 Satz 2 NMVO und § 24 Abs. 2 der II. BerechnungsVO zurückgegriffen werden. Danach darf der Vermieter nur solche Kosten auf die Mieter umlegen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind (BGH NZM 2010, 864 Rn. 18). Maßgebend hierbei ist der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält (BGH NZM 2008, 78). Dabei steht dem Vermieter ein Entscheidungsspielraum zu. Er ist nicht gehalten, stets die billigste Lösung zu wählen, sondern kann auch andere für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung relevante Kriterien mit in seine Entscheidungsfindung einbeziehen (vgl. BGH NZM 2010, 864 unter Rn. 18).
14
Die Verletzung der Pflicht des Vermieters, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten, führt nach der Rechtsprechung des BGH zu einem Schadensersatzanspruch des Mieters aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung mietvertraglicher Nebenpflichten, den er dem an sich berechtigten Nachforderungsanspruch des Vermieters entgegenhalten kann (BGH NZM 2022, 949 Rn. 36; Staudinger/Artz (2024), § 556 Rn. 93). Da eine solche Nebenpflicht nur während des bestehenden Vertragsverhältnisses gegenüber dem Mieter verletzt werden kann, scheidet allerdings eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes aus, wenn der entsprechende die Kosten verursachende Vertrag bereits vor Abschluss des Wohnraummietverhältnisses geschlossen wurde (BGH NZM 2008, 78; Staudinger/Artz (2024) § 556 Rn. 93).
15
b) Vorliegend hat die Klägerin die streitbefangenen Verträge am 15.11.2017 und damit nach Abschluss des streitgegenständlichen Mietvertrages im Jahr 2010 abgeschlossen, nach dem auf den 10.12.2018 datierten Nachtrag zum Hausmeistervertrag schuldet die Klägerin der … vom 01.04. bis 31.10. jeweils für die Sommerreinigung der Verkehrsflächen und die Grünanlagenpflege einen monatlichen Betrag von netto 3.000,00 €. Sie schuldet der Firma … ferner für den Winterdienst vom 01.11. bis 31.03. (des Folgejahres) jeweils einen Betrag von € 2.400,00 netto. Diese Beträge liegen nach den Feststellungen des vom Landgericht erholten Gutachtens über die marktüblichen Winterdienst-, Sommerreinigungs- und Grünanlagenpflegekosten des Sachverständigen … teilweise erheblich über den durchschnittlichen bzw. noch marktüblichen Vergleichskosten. Nach den von der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen liegen die hier mit der … vereinbarten Kosten für den Winterdienst um 10,21% über den durchschnittlichen Kosten sowie um 4,29% über den oberen noch marktüblichen Winterdienstkosten. Hinsichtlich der Sommerreinigungskosten und Grünanlagepflegekosten liegen die vereinbarten Beträge lt. Gutachten um 29,07% über den durchschnittlichen Kosten, sowie immer noch um 16,65% über den noch marktüblichen oberen Kosten.
16
c) Entgegen der Rechtsauffassung der Berufung steht der Klagepartei nach dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebotes kein Ermessen dahingehend zu, den oberen noch marktüblichen Preis gemäß Sachverständigengutachten mit einem weiteren Aufschlag von 20% auszuschöpfen, so dass erst ab diesem Betrag ein evidenter oder signifikanter Verstoß vorliegen würde. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge zu behalten, für die Beurteilung der noch angemessenen bzw. ermessensgerechten Kosten maßgeblich (BGH NZM 2010, 864 Rn. 18; BGH NZM 2008, 78). Keiner ordentlichen Geschäftsführung entspricht es, wenn sich der Vermieter auf unangemessene, marktunübliche oder überhöhte Entgeltvereinbarungen mit Dritten einlässt (vgl. MüKo/Zehelein, § 556 Rn. 118). Der Vermieter ist aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot heraus grundsätzlich zu kostengünstiger Beschaffung, auch unter Ausnutzung besonders günstiger Beschaffungsmöglichkeiten verpflichtet, soweit ihm dies zumutbar ist. Maßgeblicher Ansatz für die Kontrollüberlegung ist daher keine Wertgrenze, sondern die Frage, ob ein verständiger Vermieter die Kosten auch veranlasst hätte, wenn er sie selbst tragen müsste (vgl. MüKo/Zehelein, § 556 Rn. 118 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen kann als obere Grenze unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 556 Abs. 3 Satz 1 HS 2 BGB maximal der marktübliche obere Preis für vergleichbare Dienstleistungen angesetzt werden. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Klägerin Verträge mit einem ihr nahestehenden, wirtschaftlich verflochtenen Unternehmen abgeschlossen hat, deren Inhaberin zugleich Gesellschafterin der Komplementärin der Klägerin ist. Vorliegend ergibt sich der marktübliche obere Preis (die „obere Spanne“), bereits unmittelbar aus dem Gutachten des Sachverständigen … vom 12.09.2023, dessen sachverständige Feststellungen von den Parteien nicht in Abrede gestellt bzw. nicht angegriffen wurden. Soweit in Teilen der Literatur teilweise unter Heranziehung der Wesentlichkeitsgrenze des § 5 WiStG zugelassen wird, dass die aufgewendeten Beträge die üblichen Kosten um 20% übersteigen können (vgl. MüKo BGB/Zehelein, § 556 Rn. 118; Guhling/Günter/Both § 556 Rn. 138) handelt es sich augenscheinlich um einen Schätzwert über eine prozentuale Abweichung vom Durchschnittswert für den Fall, dass eine marktübliche Spanne nicht festgestellt werden kann. Vorliegend hat der Sachverständige indes für die streitgegenständliche Hausmeister-Tätigkeit einen oberen gerade noch marktüblichen Wert ermittelt, bei dessen Überschreitung von Rechts wegen bereits ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot festzustellen ist. Diese Auffassung steht auch in Übereinstimmung mit dem Wortlaut von § 5 Abs. 2 WiStG, wonach Entgelte dann unangemessen hoch sind, wenn sie die üblichen Entgelte um mehr als 20 vom Hundert übersteigen. Auch insoweit kann das verlangte Entgelt nicht in jedem Fall mit dem höchsten Wert einer entsprechenden Spanne übereinstimmen, weil andernfalls die Ausweisung von Spannen jegliche Funktion verlieren würde (BGH NJW 2011, 2284 für die Einordnung in die Spanne eines Mietspiegels).
17
Nach alledem liegt hinsichtlich der Sommerreinigung/Grünanlagenpflege für 2019 ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot schon deshalb vor, weil die verlangten Kosten über dem noch marktüblichen Betrag liegen. Dass diese mit 16,65% die in einigen Quellen genannten 20% nicht überschreiten, ist indes – wie ausgeführt – unerheblich.
18
d) Die Verletzung der Pflicht der Klägerin, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten, führt danach zu einem Schadensersatzanspruch des Mieters aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung mietvertraglicher Nebenpflichten, mit dem die Beklagte gegen den – grundsätzlich ja bestehenden – Nachzahlungsanspruch aufrechnen kann. Hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist zu berücksichtigen, dass der Vermieter nicht die dann noch zulässigen oberen marktüblichen Kosten, sondern vielmehr nur die üblichen Durchschnittskosten in Ansatz bringen darf (vgl. OLG Düsseldorf, BeckRS 2011, 7467; AG Frankfurt am Main, WOM 2002, 376). Ausgehend hiervon hat das Landgericht zu Recht von den geltend gemachten Kosten für den Sommerdienst gemäß den Feststellungen des Sachverständigen … einen Prozentsatz von 29,07 abgezogen und entsprechend auch der Klage auf Feststellung für die Betriebskostenabrechnungen 2020 bis 2022 teilweise stattgegeben. Das umfangreiche Rechenwerk des Landgerichtes ist von der Berufung nicht angegriffen.
19
e) Ob nach diesen Erwägungen auch die Kosten für den Winterdienst zu kürzen gewesen wären, ist nach der Rücknahme der Berufung seitens der Beklagten nicht mehr zu prüfen.
20
2. Zu Recht hat das Landgericht auch ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten mangels vollständiger Belegeinsicht angenommen.
21
a) Eine von dem Vermieter gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag vorzunehmende Abrechnung dient dazu, Betriebskosten des jeweiligen Abrechnungszeitraums zu erfassen, zusammenzustellen und unter Abzug der geleisteten Vorauszahlungen auf die einzelnen Mieter zu verteilen. Dazu muss sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 Abs. 1 BGB entsprechen, also eine aus sich heraus verständliche, geordnete Zusammenstellung der zu den umzulegenden Betriebskosten getätigten Einnahmen und Ausgaben enthalten, um es dem Mieter zu ermöglichen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen (BGH NZM 2018, 458 Rn. 15). Darüber hinaus bestimmt § 259 Abs. 1 BGB, dass Belege, soweit sie erteilt zu werden pflegen, dem Mieter vorzulegen sind. Dementsprechend gehört es auch zu einer vom Vermieter vorzunehmenden ordnungsgemäßen Abrechnung, dass er auf dessen Verlangen zusätzlich die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen durch deren Vorlage ermöglicht, soweit dies zur sachgerechten Überprüfung der Nebenkostenabrechnung oder zur Vorbereitung etwaiger Einwendungen erforderlich ist. Der Darlegung eines besonderen Interesses bedarf es hierbei nicht. Es genügt vielmehr das allgemeine Interesse des Mieters, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren (vgl. BGH NJW 2021, 693 Rn. 13).
22
b) Soweit die Berufung meint, das Landgericht habe entscheidungserheblichen Sachvortrag übergangen und die Entscheidung des BGH vom 27.10.2021 (VIII ZR 102/21) verkannt, trifft dies allerdings nicht zu. Die von der Berufung zitierte Entscheidung vom 27.10.2021 betrifft allein die Frage, ob ein Recht des Mieters auf Einsichtnahme in die Vertrags- und Abrechnungsunterlagen zwischen den vom Vermieter beauftragten Unternehmen und dessen Subunternehmer besteht, um hierdurch die Gewinnmarge des beauftragten Unternehmens überprüfen zu können (BGH NZM 2022, 133 unter Rn. 41). Vorliegend hat das Landgericht der Beklagten allerdings ein Zurückbehaltungsrecht wegen der verweigerten Belegeinsicht in die Zahlungsbelege zuerkannt (vgl. BGH NZM 2021, 31).
23
c) In Übereinstimmung mit den Gründen des angefochtenen Urteils geht auch der Senat von einem bestehenden Zurückbehaltungsrecht aus. Zu den Abrechnungsunterlagen, auf die sich das Einsichtsrecht des Mieters bezieht, gehören neben den Rechnungen auch die dazugehörenden Zahlungsbelege über die in der Abrechnung auf die Mieter umgelegten Betriebskosten. Denn nur mit Hilfe dieser Belege wird der Mieter in die Lage versetzt, die Berechtigung der jeweils in Rechnung gestellten Beträge zu überprüfen (BGH NZM 2031, 31 Rn. 13). Es entspricht dem allgemeinen Interesse des Mieters, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren, um auch mögliche bloße Versehen bei der Abrechnung aufzudecken (BGH NZM 2021, 31 Rn. 15). Ob ein gesteigertes Interesse des Mieters zur Vorlage von Zahlungsbelegen gerade in Fällen wirtschaftlicher Verflechtung zwischen Vermieter und Dritten besteht, muss an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden.
24
d) In Abschnitt C Ziffer 14 des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages ist geregelt, dass die Klägerin eine kostenneutrale Abrechnung „mit den entsprechenden Belegen (Fotokopien)“ vorzunehmen habe. Da die Parteien des Mietvertrages keine einschränkende bzw. konkretisierende Regelung darüber getroffen haben, von der Vorlage welcher Belege im Mietverhältnis zwischen ihnen auszugehen ist, gelten die allgemein und oben bereits dargestellten Grundsätze der Rechtsprechung. Wegen des schon über § 242 BGB gebotenen Gleichlaufs von Wohnraummiete und Geschäftsraummiete ist eine hiervon abweichende Beurteilung auch bei gewerblicher Vermietung nicht geboten, so dass sich das Belegeinsichtsrecht der Beklagten nicht nur auf die Rechnungsbelege, sondern vielmehr auch auf die entsprechenden Zahlungsbelege bzw. Zahlungsnachweise erstreckt.
25
Dass die Klägerin dem entsprochen hat, ist bereits nicht vorgetragen. Die Berufung rügt lediglich, dass die Rechnungen und Belege durch Herrn Rechtsanwalt S. bereits am 13.01.2021 vorgelegt worden seien. Das Schreiben vom 13.01.2021 (Anlage K 4) enthält in Anlage aber ausschließlich Rechnungsbeträge, keine Zahlungsbelege. Da die unterbliebene Vorlage von Zahlungsbelegen bereits in der Klageerwiderung vom 12.08.2022 (dort Seite 5) ausdrücklich gerügt worden war, hat das Landgericht der Beklagten zu Recht hinsichtlich des in der Höhe noch relevanten Nachzahlungsbetrages ein Zurückbehaltungsrecht zugebilligt.
26
Da das Landgericht daher die Klage zu Recht insgesamt als (teilweise derzeit) unbegründet abgewiesen hat, besteht seitens der Klagepartei auch kein Anspruch auf Zubilligung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren.
27
Die Berufung ist nach alledem ohne Aussicht auf Erfolg. Es wird angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Für diesen Fall reduzieren sich die Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren von 4,0 auf 2,0.