Titel:
Akteneinsicht, CD, Dokumentenpauschale, Elektronische Akte, Versendungspauschale
Normenketten:
GKG Anmerkung Abs. 4 zu KV Nr. 9000
GKG KV Nr. 9000 Ziffer 3
GKG KV Nr. 9003
Leitsätze:
1. Eine Dokumentenpauschale nach KV Nr. 9000 GKG ist bei Gewährung von Akteneinsicht für die Versendung einer Patientenakte in Form einer vom Gericht aus der ihm vorliegenden elektronischen Akte hergestellten CD nach Anmerkung Abs. 4 zu KV Nr. 9000 GKG nur dann anzusetzen, wenn auf besonderen Antrag ein Datenträger mit dem Inhalt einer elektronischen Akte übermittelt wird.
2. Eine Versendungspauschale nach KV Nr. 9003 GKG ist im Fall der Übersendung eines Datenträgers mit dem Inhalt einer elektronischen Akte, die allein wegen einer in der Sphäre des Gerichts liegenden technischen Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung erfolgt ist, nicht anzusetzen.
Schlagworte:
Akteneinsicht, CD, Dokumentenpauschale, Elektronische Akte, Versendungspauschale
Vorinstanz:
SG Nürnberg, Beschluss vom 19.01.2024 – S 17 SF 128/23 E
Fundstelle:
BeckRS 2025, 32371
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.01.2024, S 17 SF 128/23 E, wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Auslagen im Rahmen einer auf Antrag gewährten Akteneinsicht.
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In dem der Gerichtskostenfeststellung zu Grunde liegenden am Sozialgericht Nürnberg (SG) geführten Klageverfahren S 7 KR 699/22 stellte die dortige Beklagte und hiesige Erinnerungsführerin und Beschwerdegegnerin (Bg) mit Schreiben vom 01.02.2023 Antrag auf Akteneinsicht in die vollständige Krankenakte der dortigen Klägerin. Die Übersendung könne gerne auf elektronischem Weg oder über das Akteneinsichtsportal erfolgen. Die Bevollmächtigten der Klägerin übersandten dem Gericht per beA eine Kopie der Behandlungsunterlagen (446 Blatt) in elektronischer Form. Die Geschäftsstelle des SG versuchte, die elektronische Akte zur Einsichtnahme an die Bg zu übersenden. Ausweislich eines Gesprächsvermerks teilte die Geschäftsstelle einer Mitarbeiterin der Bg am 01.03.2023 telefonisch mit, dass die elektronische Übermittlung auch bei Teilversendung nicht möglich gewesen sei. Die Patientenakte werde daher als CD an die Bg übersandt. Die Übersendung der CD per Post erfolgte mit Schreiben des Gerichts vom 07.03.2023. Um Rücksendung der CD wurde gebeten.
3
Mit Gerichtskostenfeststellung vom 18.07.2023 erhob die Kostenbeamtin gemäß § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. Gerichtskostengesetz (GKG) und Gebührentatbestand KV Nr. 9003 GKG Kosten für die Versendung von Akten in Höhe von 12,- Euro.
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Mit Schreiben vom 01.08.2023 hat die Bg Erinnerung eingelegt. Die Krankenakte sei auf CD übersandt worden. Eine Abrechnung hätte daher nach KV Nr. 9000 Ziffer 3 GKG i.H.v. 5,- Euro erfolgen müssen. Es werde um Erstattung der zu viel gezahlten Gerichtskosten gebeten. Die Bg habe um Übersendung der Krankenakte zur eigenen Einsicht in elektronischer Form oder per Akteneinsichtsportal gebeten, diese Übersendung sei sogar noch kostengünstiger. Die Übersendung der CD sei wegen technischer Probleme bei der elektronischen Übermittlung erfolgt. Dies könne nicht zu Lasten der Bg gehen.
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Der Erinnerungsgegner und Beschwerdeführer (Bf) hat ausgeführt, vorliegend sei zum einen die Aktenversendungspauschale (12,- Euro) für die Versendung der CD per Post zu erheben, zum anderen sei für die Fertigung der CD die Dokumentenpauschale nach KV Nr. 9000 Ziffer 1 GKG zu erheben. Bei 446 Blatt errechne sich ein zusätzlicher Betrag i.H.v. 84,40 Euro.
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Das SG hat mit Beschluss vom 19.01.2024 die Gerichtskostenfeststellung vom 18.07.2023 aufgehoben. Der Betrag in Höhe von 12,- Euro, den die Bg bereits entrichtet habe, sei an diese zu erstatten.
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Die zulässige Erinnerung sei begründet. Die Kammer gehe davon aus, dass sich die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung als solche richte, auch wenn die Bg zunächst eine Erstattung von 7,- Euro erbeten habe. Sie habe ergänzend ausgeführt, dass die von ihr beantragte Art der Akteneinsicht noch kostengünstiger gewesen sei.
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Streitig sei allein die Höhe der Kosten für die Versendung der von den Bevollmächtigten der Klägerin in elektronischer Form übersandten Patientenakte an die Bg. Soweit der Bf meine, die Bevollmächtigten der Klägerin hätten dem Gericht eine Papierakte übersandt, gehe er von einem unzutreffenden Sachverhalt aus.
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Die Dokumentenpauschale nach KV Nr. 9000 Ziffer 3 GKG setze nach dem Wortlaut voraus, dass eine elektronisch gespeicherte Datei überlassen werde. Die Art und Weise der Überlassung sei gesetzlich nicht vorgeschrieben. Ausreichend sei demnach auch, dass die auf einem Datenträger, also z.B. einer CD, einer DVD, einem USB-Speicherstick oder einer externen Festplatte gespeicherte Datei körperlich durch Übergabe des Datenträgers überlassen werde. Die Dokumentenpauschale nach Ziffer 3 entstehe deshalb auch, wenn (z.B. per Post) ein Datenträger übersandt werde, auf dem Dateien elektronisch gespeichert seien (vgl. Joachim Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage 2021, KV GKG Nr. 9000 Rn. 42). Nach der Anmerkung Abs. 4 zu KV Nr. 9000 GKG werde bei der Gewährung der Einsicht in Akten eine Dokumentenpauschale nur erhoben, wenn auf besonderen Antrag ein Ausdruck einer elektronischen Akte oder ein Datenträger mit dem Inhalt einer elektronischen Akte übermittelt werde.
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Nach KV Nr. 9003 GKG betrage die Pauschale für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen an Transport- und Verpackungskosten je Sendung 12,- Euro. KV Nr. 9003 GKG gelte nach der Änderung durch das zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (2. KostRMoG) zum 01.08.2013 nur noch für die Übersendung einer aus Papier bestehenden Akte (vgl. hierzu Joachim Volpert, a. a. O., KV GKG Nr. 9003 Rn. 8). Vorliegend scheide die Erhebung einer Versendungspauschale nach KV Nr. 9003 GKG in Anlehnung an die zitierte Kommentarliteratur, der die erkennende Kammer folge, bereits deshalb aus, weil es sich nicht um die Versendung einer Papierakte gehandelt habe. Der Gesetzgeber habe bis zum 31.07.2013 in KV Nr. 9003 GKG zwischen der Versendung einer Papierakte und der einer elektronisch geführten Akte unterschieden. Bei Übermittlung einer elektronisch geführten Akte seien bis zum 31.07.2013 lediglich Kosten in Höhe von 5,- Euro entstanden. Die Regelung in KV Nr. 9003 Ziffer 2 GKG a.F. sei zum 01.08.2013 deshalb aufgegeben worden, weil für die elektronische Übermittlung der Akte ausschließlich noch die Dokumentenpauschale nach KV Nr. 9000 Ziffer 3 GKG anfallen sollte (vgl. BT-Drs. 17/11471 (neu), S. 249).
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Der vorliegende Sachverhalt falle somit grundsätzlich unter den Tatbestand der KV Nr. 9000 Ziffer 3 GKG. Die Bevollmächtigten der Klägerin hätten die Patientenakte als elektronisch gespeicherte Datei per beA übersandt. Da es sich jedoch um die Gewährung von Akteneinsicht gehandelt habe, sei zur Überzeugung der erkennenden Kammer auch die Anmerkung Abs. 4 zu KV Nr. 9000 GKG zu beachten, auch wenn – wie der Bf anmerke – die Patientenakte nicht in einem bestimmten Format, namentlich dem XJustiz-Format, übermittelt worden sei. Die Patientenakte sei in elektronischer Form an das Gericht übermittelt worden und komme im Kontext der Gewährung von Akteneinsicht damit einer elektronischen Akte gleich. Eine Dokumentenpauschale könnte im vorliegenden Fall nur erhoben werden, wenn der Datenträger mit dem Inhalt der elektronischen Akte auf besonderen Antrag der Bg hin übermittelt worden wäre. Hieran fehle es jedoch. Vielmehr habe das Gericht als Einsicht gewährende Stelle den Weg der Übermittlung eines Datenträgers mit dem Inhalt der elektronischen Akte gewählt, da das Bereitstellen des Inhalts der Akte zum Abruf aufgrund technischer Probleme nicht möglich gewesen sei. Zwar habe die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle eine Mitarbeiterin der Bg auch hierüber telefonisch informiert und mitgeteilt, dass die Akte daher auf CD versandt werde. Ein dahingehender expliziter Antrag der Bg könne der in der Akte enthaltenen Gesprächsnotiz jedoch nicht entnommen werden. Somit sei vorliegend auch eine Dokumentenpauschale nicht angefallen. Der Erinnerung sei daher stattzugeben und die Gerichtskostenfeststellung vollständig aufzuheben.
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Das SG hat die Beschwerde gegen den Beschluss wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen zugelassen.
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Hiergegen hat der Bf mit Schriftsatz vom 23.01.2024 Beschwerde erhoben und beantragt, die Kosten für die Überlassung der vom Gericht in (mindestens) einem Arbeitsgang auf einen Datenträger (CD) übertragenen Dokumente (Patientenakte), die wegen technischer Probleme nicht kostenfrei in der vom Kläger übermittelten Form erfolgt sei, auf (mindestens) 5,- Euro gemäß KV Nr. 9000 Ziffer 3 GKG festzusetzen sowie weitere 12,- Euro für die Übersendung der CD nach KV Nr. 9003 GKG, insgesamt also (mindestens) 17,- Euro. Die Abänderung des zunächst beantragten Betrags sei notwendig geworden, weil die Berechnung auf einem Versehen beruht habe.
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Es sei der Tatbestand der KV Nr. 9000 Ziffer 3 GKG erfüllt und ein Betrag von 5,- Euro zu zahlen. Im Übrigen sei daneben für angefallene Auslagen an Transport- und Verpackungskosten für die Übersendung einer CD der Tatbestand der KV Nr. 9003 GKG erfüllt. Damit seien weitere 12,- Euro zu bezahlen. Die im Beschluss vom 19.01.24 zitierte BTDrs.17/11471 spreche von einer „elektronischen Übermittlung“, die aber aufgrund technischer Probleme nicht möglich gewesen sei – die Übermittlung sei althergebracht postalisch, nicht elektronisch auf einem sicheren Übermittlungsweg erfolgt.
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Die Bg hat ausgeführt, bei Überlassung einer Krankenakte auf CD sei die KV Nr. 9000 Ziffer 3 GKG anzuwenden. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Bestimmung, die auch die Übersendung des Datenträgers umfasse („Überlassung“). Eine Versendungspauschale nach KV Nr. 9003 GKG sei schon daher nicht zusätzlich zu erheben. Im Übrigen sei bei Übersendung eines Datenträgers der Aufwand des Gerichts geringer als bei Übersendung von Papierakten, auch sei das Gewicht eines Datenträgers geringer.
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Der Senat hat neben den Akten des Beschwerdeverfahrens auch die des Erinnerungs- und des Klageverfahrens beim SG beigezogen.
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Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der vom Beschwerdeführer angegriffene Beschluss des SG vom 19.01.2024, mit dem das SG die Gerichtskostenfeststellung vom 18.07.2023 aufgehoben hat. Streitig ist vorliegend die Frage, ob für die Versendung einer Patientenakte in Form einer vom Gericht aus der beim Gericht vorliegenden elektronischen Akte hergestellten CD eine Versendungspauschale nach KV Nr. 9003 GKG und/oder eine Dokumentenpauschale nach KV Nr. 9000 GKG anzusetzen ist.
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Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde das Verfahren dem Senat übertragen, § 66 Abs. 6 S. 2 GKG.
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Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zulässig, weil sie das Gericht, das sie angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.
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Die Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Gerichtskostenfeststellung vom 18.07.2023 aufgehoben, mit der ein Betrag in Höhe von 12.- Euro nach der KV Nr. 9003 GKG festgesetzt worden war.
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Auch der Senat legt die von der Bg erhobene Erinnerung dahingehend aus, dass sie sich gegen die Gerichtskostenfeststellung insgesamt wendet.
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Bei dem der Kostenentscheidung zu Grunde liegenden Hauptsacheverfahren handelt es sich um ein Verfahren, für das nach § 197a SGG das GKG anzuwenden ist. Auslagen werden nach KV Nrn. 9000 ff. GKG geschuldet, die für sämtliche Verfahren gelten, auf die das GKG anzuwenden ist (vgl. Touissant, Kostenrecht, 54. Auflage, 2024, GKG KV Teil 9, Rn. 2). Nach § 19 Abs. 4 GKG werden die Dokumentenpauschale sowie die Auslagen für die Versendung von Akten bei der Stelle angesetzt, bei der sie entstanden sind.
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Im Teil 9 der Anlage 1 zum GKG (Kostenverzeichnis) sind die Auslagentatbestände geregelt. Auslagen sind die dem Staat bei der Ausübung der Erfüllung seiner Rechtspflegetätigkeit im Einzelfall entstehenden besonderen Aufwendungen.
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Unter der KV Nr. 9000 GKG ist die Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten geregelt. Hierbei ist unter Ziffer 3 die Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien oder deren Bereitstellung zum Abruf anstelle der in Ziffern 1 und 2 genannten Ausfertigungen, Kopien und Ausdrucke geregelt. Die Gebühr beträgt je Datei 1,50 Euro, für die in einem Arbeitsgang überlassenen, bereitgestellten oder in einem Arbeitsgang auf denselben Datenträger übertragenen Dokumente insgesamt höchstens 5,00 Euro. Nach den Anmerkungen Absatz 4 wird bei der Gewährung der Einsicht in Akten eine Dokumentenpauschale nur erhoben, wenn auf besonderen Antrag ein Ausdruck einer elektronischen Akte oder ein Datenträger mit dem Inhalt einer elektronischen Akte übermittelt wird.
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Unter KV Nr. 9003 GKG ist die Pauschale für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen an Transport- und Verpackungskosten geregelt. Diese beträgt je Sendung 12,- Euro. Die Hin- und Rücksendung der Akten durch Gerichte oder Staatsanwaltschaften gelten zusammen als eine Sendung. Die Regelung in § 19 Abs. 4 GKG und die Regelung KV Nr. 9003 GKG sind mit dem 2. KostRMoG zum 01.08.2013 geändert worden. Bis dahin war unter der Ziffer 9003 GKG zum einen eine Pauschale für die Versendung von Akten auf Antrag in Höhe von 12,- Euro je Sendung sowie zum anderen eine Pauschale für die elektronische Übermittlung einer elektronisch geführten Akte auf Antrag von 5,- Euro geregelt. Mit der Gesetzesänderung entfiel zum einen die Pauschale für die elektronische Übermittlung einer elektronisch geführten Akte, zum anderen wurden die Worte „anfallenden Auslagen an Transport- und Versandkosten“ aufgenommen. In der Gesetzesbegründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 14.11.2012 (BT-Drs. 17/11471 (neu) S. 244, 249) ist zu den Änderungen ausgeführt, die elektronische Übermittlung der Akte solle gestrichen werden, weil dafür ausschließlich die Dokumentenpauschale anfallen solle. Die Auslagenpauschale solle sich auch bei der elektronischen Übermittlung der Akte nach KV Nr. 9000 GKG bestimmen. Aus der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zur weiteren Änderung des Wortlauts ergibt sich, dass damit klarer zum Ausdruck kommen sollte, dass mit der Pauschale der Ersatz barer Auslagen gemeint ist (vgl. BT-Drs. 17/13537, Seite 268).
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Mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (EAkteJEG) wurden zum 01.01.2018 die Anmerkungen zu KV Nr. 9000 GKG durch Anfügung von Absatz 4 geändert. Danach wird bei der Gewährung der Einsicht in Akten eine Dokumentenpauschale nur erhoben, wenn auf besonderen Antrag ein Ausdruck einer elektronischen Akte oder ein Datenträger mit dem Inhalt einer elektronischen Akte übermittelt wird. In der Gesetzesbegründung ist hierzu ausgeführt, für die Einsicht in gerichtliche Akten würden nach geltendem Recht keine besonderen Kosten erhoben, vielmehr sei die Akteneinsicht durch die Gebühren des zugrundeliegenden Verfahrens abgegolten. Lediglich für die Versendung der Akten werde eine nach allen Kostengesetzen einheitliche Gebühr von 12,- Euro erhoben. Hieran solle festgehalten werden. Da bei der in Papierform geführten Akte nunmehr die Akteneinsicht auch durch die Übermittlung von Abschriften und bei der elektronischen Akte auch durch die Übermittlung eines Aktenausdrucks oder eines Datenträgers mit dem Inhalt der Akte erfolgen könne, sei eine Änderung der kostenrechtlichen Bestimmungen zur Dokumentenpauschale erforderlich. Das Bereitstellen des Inhalts einer Akte zum Abruf, die Einsichtnahme einer Akte in Diensträumen und die Übergabe einer Akte zur Mitnahme sollten in jedem Fall kostenfrei bleiben. Eine Dokumentenpauschale solle nur für die Fälle der Übermittlung eines elektronischen Aktenausdrucks oder eines Datenträgers mit dem Inhalt der elektronischen Akte vorgesehen werden, da in diesen Fällen der besondere Aufwand durch einen Antrag des Einsichtnehmenden verursacht werde. Wähle im Einzelfall die Einsicht gewährende Stelle den Weg der Übermittlung eines Datenträgers mit dem Inhalt der elektronischen Akte, weil z.B. das Bereitstellen des Inhalts einer Akte zum Abruf nicht möglich sei, solle diese Pauschale nicht anfallen (vgl. BR-Drs. 236/16, S. 85 f.).
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In KV Nr. 9000 GKG ist nach allem die „Dokumentenpauschale“ geregelt. Es handelt sich um eine Pauschale für Aufwendungen des Gerichts für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten. Dahingegen ist unter KV Nr. 9003 GKG die Pauschale für die bei der Aktenversendung anfallenden Auslagen an Transport- und Verpackungskosten geregelt.
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Zu Recht ist das SG zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Dokumentenpauschale nicht anzusetzen war. Vorliegend sind zwar Aufwendungen im Sinne einer Herstellung von Dokumenten nach der KV Nr. 9000 Ziffer 3 GKG im Zusammenhang mit der von der Bg beantragten Akteneinsicht in die Patientenakte entstanden. Die Geschäftsstelle hat die von den Bevollmächtigten der Klägerin per beA übermittelte Patientenakte, eine beim Gericht elektronisch gespeicherte Beiakte, auf einen Datenträger übertragen. Es ist dem Gericht damit ein Aufwand entstanden, der grundsätzlich mit der Dokumentenpauschale zu vergüten wäre. Es hatte eine von ihm auf einer Festplatte oder einem anderen Datenträger gespeicherte Datei zu übermitteln, wobei dies nicht zum Zweck der Überlassung erfolgt ist; das SG hat vielmehr um Rückübersendung der CD zur weiteren Verwendung gebeten.
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Eine Dokumentenpauschale wird aber nach Anmerkung Abs. 4 zur KV Nr. 9000 GKG bei der Gewährung der Einsicht in die Akten – wie hier – nur dann erhoben, wenn auf besonderen Antrag, der gem. § 120 Abs. 2 S. 3 SGG unter Darlegung eines berechtigten Interesses zu begründen ist, ein Ausdruck einer elektronischen Akte oder ein Datenträger mit dem Inhalt einer elektronischen Akte übermittelt wird. Vorliegend hat jedoch die Bg gerade nicht einen besonderen Antrag auf Übermittlung einer auf einem Datenträger gespeicherten Datei zum Zwecke der Überlassung gestellt. Vielmehr hat die Bg mit Schreiben vom 01.02.2023 Antrag auf Akteneinsicht in die vollständige Krankenakte gestellt und ausdrücklich mitgeteilt, die Übersendung könne gerne auf elektronischem Weg oder über das Akteneinsichtsportal erfolgen. Keinesfalls kann ein „besonderer Antrag“ auf Übermittlung mit einem Datenträger darin gesehen werden, dass die Bg sich auf die telefonische Auskunft der Geschäftsstelle, dass die elektronische Überlassung der Behandlungsunterlagen auch in Teilstücken nicht gelungen sei und daher eine Übermittlung auf einer CD erfolgen werde, nicht gegen dieses Vorgehen gewehrt, sondern die Übermittlung akzeptiert hat. Ein in diesen Fällen erforderlicher besonderer Aufwand, der gerade durch einen Antrag des Einsichtnehmenden verursacht worden ist, ist dem Gericht hier also nicht entstanden. Aus der Gesetzesbegründung des zum 01.01.2018 zu den Anmerkungen zu KV Nr. 9000 GKG angefügten Absatzes 4 ergibt sich, dass keine Dokumentenpauschale anfallen soll, wenn im Einzelfall die gewährende Stelle den Weg der Übermittlung eines Datenträgers mit dem Inhalt der elektronischen Akte wählt, weil z.B. das Bereitstellen des Inhalts einer Akte zum Abruf nicht möglich ist. So liegt der Fall hier. Wie sich aus den Akten und dem darin enthaltenen Telefonvermerk ergibt, ist es der Geschäftsstelle des SG wegen der Größe der die Patientenakte enthaltenden Datei nicht gelungen, diese auf elektronischem Weg – und damit kostenfrei – zu übermitteln. Nur aus diesem Grund ist die Übermittlung durch Versendung einer CD erfolgt.
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Anzusetzen ist vorliegend auch nicht die Pauschale für die bei der Versendung von Akten anfallenden Auslagen an Transport- und Verpackungskosten nach KV Nr. 9003 GKG. Auslagen für das Verpackungsmaterial (Briefumschlag) und den Transport der CD (Porto) sind dem Gericht zwar entstanden. Auch handelt es sich um eine Versendung einer „Akte“, die nicht auf eine auf Dauer angelegte Überlassung gezielt war, sondern die die Einsichtnahme der Patientenakte an einem anderen Ort ermöglichen sollte. Die Regelung differenziert entgegen der Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss nicht zwischen Akten in Papierform und anderen „physischen“ Akten (vgl. Beschluss des Senats vom 22.09.2025, L 12 SF 185/22). Insbesondere weist die durch das 2. KostRMoG erfolgte Änderung nicht darauf hin, dass eine Aktenversendungspauschale nur noch für die Versendung von Papierakten angesetzt werden konnte. Vielmehr ist lediglich die zuvor in der KV Nr. 9003 GKG enthaltene Pauschale für die elektronische Übermittlung einer elektronisch geführten Akte in Höhe von 5,- Euro entfallen. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass damit klarer zum Ausdruck kommen sollte, dass mit der Pauschale der Ersatz barer Auslagen – wie eben die Kosten für Verpackungsmaterial und Porto – gemeint ist, die bei elektronischer Übermittlung einer elektronischen Akte gerade nicht anfallen.
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Allerdings ist die Übersendung der Akte per CD ausschließlich deshalb erfolgt, weil es der Geschäftsstelle des SG nicht gelungen war, die ihm vorliegende elektronische Patientenakte wie beantragt elektronisch – und damit kostenfrei – zu übermitteln. Nur aus diesem Grund hat das SG eine CD hergestellt und diese CD an die Bg übersandt. Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Bg in ihrem Antrag auf Akteneinsicht ausdrücklich mitgeteilt hat, die Übersendung könne gerne auf elektronischem Weg oder über das Akteneinsichtsportal erfolgen. Die Aktenversendung ist daher jedenfalls im Fall der Übersendung eines Datenträgers mit dem Inhalt einer elektronischen Akte, die – wie hier – nicht aufgrund eines besonderen Antrags sondern allein wegen der in der Sphäre des Gerichts liegenden technischen Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung erfolgt ist, nach dem sich aus den oben dargestellten Gesetzesänderungen sowohl der KV Nr. 9003 GKG als auch den Anmerkungen zu KV Nr. 9000 GKG erkennbaren Willen des Gesetzgebers, dass Kosten für die Akteneinsicht in elektronische gerichtliche Akten bei Nichtvorliegen eines „besonderen Antrags“ nicht erhoben werden sollen, in entsprechender Anwendung der Anmerkung Abs. 4 zu KV Nr. 9000 GKG kostenfrei.
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Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Sie ergeht gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).